Hambi 9 – ABC Rhineland https://abcrhineland.blackblogs.org Anarchist Black Cross Rhineland - Freiheit für alle Gefangenen! Freedom for all prisoners! Wed, 24 Mar 2021 10:04:53 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Freispruch durch Erinnerungslücken https://abcrhineland.blackblogs.org/2021/03/24/freispruch-durch-erinnerungsluecken/ Wed, 24 Mar 2021 10:04:53 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=2267 Continue reading Freispruch durch Erinnerungslücken ]]> deutsch

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Folgender Bericht wurde uns zugesandt. Vielen Dank!

Im heutigen [Anm. 22. März 2021], vorraussichtlich letzten Verhandlungstag gegen ein*e der Hambi9 bot sich der Verteidigung ein müheloser Erfolg. Angeklagt war Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB.

Dieser Vorwurf benötigt irgendeine Handlung, die die Repressionsorgane als "Gewalt" auslegen können, wozu auch Anketten zählt. Die Anklage schwafelte denn auch irgendwas von "Stahlseilen", mit denen sich die angeklagte UP an der Seilkonstruktion des über einem Tripod hängenden Skypod befestigt hätte. Mehr als diese Anklageschrift kannte der wie üblich glorreich unvorbereitete Staatsanwalt jedoch nicht von der Akte.

Nun konnten sich von den vier anwesenden Polizeizeugen drei zwar mit Müh und Not daran erinnern, dass es diese Konstellation "Skypod über Tripod" gegeben habe, außer dem Schriftführer Schleich, der nur im Auto saß und anhand des Funkverkehrs seinen Bericht schrieb, konnte sich aber keiner erinnern, dass der Skypod geräumt wurde.

Der erste Zeuge, Herr Berghauer vom Kölner "Höheninterventionsteam", meinte sich sogar zu erinnern, dass die Person nicht geräumt worden wäre, sondern selbstständig sich in ein Baumhaus neben dem Weg (DeathPop, Anm. des protokollierenden Zuschauis) begeben hätte. Er, ebenso wie der zweite Klettercop, konnten nur von der Räumung des Tripods berichten. Jener war sich nicht einmal sicher, ob der Skypod, an dessen Existenz er sich durchaus erinnerte, zu der Räumung dieses Tripods gehörte oder nicht vielmehr während der Großräumung im September 2018 angetroffen wurde. Glück für uns, dass das HIT erst zur Reulung begonnen hat, ihre Einsätze selbst zu dokumentieren, so waren die Zeugen ausnahmsweise mal tatsächlich auf ihre Erinnerungen angewiesen, statt sich wie üblich eigentlich nur an ihre Berichte zu erinnern.

Abgerundet wurde das ganze durch Pauli, Kölner Klettercop, mit so tollen Zitaten wie: "Ich hab in der Zeit - ich übertreib jetzt bestimmt - bestimmt im dreistelligen Bereich Leute runtergeholt von irgendwo" und "Das ist für mich ja nichts besonderes, da fährste nach Hessen, holst Leute runter vom Baum, fünf Minuten später bist du schon wieder woanders." An den Einsatz, um den es ging, konnte er sich aber gar nicht mehr erinnern.

Es folgte ein Rechtsgespräch zwischen Anwältin, Staatsanwalt und Richter hinter verschlossenen Türen, bei denen nochmal um eine Einstellung verhandelt wurde, um zu vermeiden, was unausweichlich folgte: Das skurrilste Plädoyer der Staatsanwaltschaft seit längerem: "Wie ja schon besprochen, ich wiederhol jetzt nur für die, die nicht dabei waren, was der Richter eben gesagt hat…"

Einziger Streitpunkt war am Ende die Frage, ob es für die sieben Wochen U-Haft Entschädigung geben sollte, was Richter und Staatsanwalt verneinten, aber dagegen ist das Rechtsmittel der Beschwerde möglich.

Damit geht ein Verfahren in der Hauptsache wohl zu Ende, das nie wäre begonnen worden, wenn Staatsanwaltschaft und Gericht bereits 2018 auf die  Polizeiführung gehört hätte, die nach dem schriftlichen Bericht des Zeugen Schleich die vorgeworfene Handlung nicht als Widerstand, sondern als nicht strafbare Sitzblockade einstufte und die jetzt freigesprochene Person nur zur Personalienfeststellung in Gewahrsam nahm.

Die UP fand das ganze Verfahren lehrreich und äußerte mit ihren letzten Worten ihre Dankbarkeit für das Gelernte:

“Liebe Staatsanwaltschaft, lieber Richter,

Vielleicht sollte ich mich bei euch bedanken. Bevor ihr euch entschieden habt, mich ins Gefängnis zu schicken, hatte ich volles Vertrauen in die Justiz. Ich wollte eigentlich studieren, voll integriert in die Gesellschaft sein.

Ich dachte "Gefängnisse sind für böse Menschen, dadurch werden sie sicher besser" aber ihr habt mir gezeigt, dass die Menschen, die in U-Haft sitzen, einfach sehr arm sind oder aus dem falschen Land kommen.

Ihr habt mich etwas über strukturellen Rassismus und Klassismus gelehrt. Da hab ich gelernt, solidarisch zu sein, indem ich für analphabete Menschen Briefe an ihre Verwandtschaft geschrieben habe, die keinen anderen Weg hatten mit ihnen zu kommunizieren. Dank ihnen habe ich gesehen, die bösen Menschen sind vielleicht die, die die Freiheitsberaubung der anderen organisiert, nicht die, die um ein mal schön zu riechen ein Parfum geklaut haben. Nicht die, die wegen Mundraub den ersten Geburtstag von ihrem Kind nicht mitfeiern werden.

Ihr habt mich besser überzeugt als alle Bücher über anarchistische Theorien. Ich werde für meine Rechte und die von anderen kämpfen und dabei das Gesetz so oft wie nötig brechen, was ich vorher noch nie gemacht hatte. Ihr habt meinem Leben ein Ziel gegeben. Danke für die Radikalisierung.“
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Zwei Prozesse am Montag 22. März 2021 https://abcrhineland.blackblogs.org/2021/03/19/zwei-prozesse-am-montag-22-maerz-2021/ Fri, 19 Mar 2021 14:20:16 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=2260 Continue reading Zwei Prozesse am Montag 22. März 2021 ]]> deutsch

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Am Montag, den 22. März 2021 finden zwei weitere Strafgerichtsverhandlungen im Hambi-Kontext statt. Die Betroffenen freuen sich über solidarische Prozessbegleitung!

In Aachen wird ab 13 Uhr erneut in der Berufungsverhandlung über einen "tätlichen Angriff /Körperverletzung" (= Cop am Ellenbogen verletzt) verhandelt. In der 1. Instanz vorm AG Düren wurde bereits eine Geldstrafe über 60 Tagessätze verhängt.

In Kerpen wird ab 9 Uhr nun nach drei Jahren ein dritter Versuch für die Hauptverhandlung gegen eine UP der Hambi9 gewagt. Die UP wurde 2018 noch vor der großen September-Räumung während einer Barrikadenräumung festgenommen und saß mehrere Wochen in Untersuchungshaft.

Beim ersten Verhandlungstag im März 2018 wurde die Person aus der Haft entlassen, das Verfahren allerdings vom Hauptverfahren abgetrennt und an den Jugendrichter übergeben. Im Dezember 2020 wurde erneut verhandelt, aber nur kurz: während Richter Königsfeld nach seinen bisherigen, stark politisch motivierten, Auftritten u.a. gegen Eule oder UPIII fast gelangweilt auf sämtliche Sicherheitspolizeilichen Vorkehrungen (Ausweiskontrolle, Cops, Taschenkontrollen usw.) verzichtete und zu einer Einstellung bereit schien, pochte die Staatsanwaltschaft auf die Angabe der Personalien bzw. das Einwilligen in eine Erkennungsdienstliche Behandlung als Auflage für eine Einstellung.

Dazu kam, dass wieder einmal keine für "die Aufklärung des Sachverhalts" hilfreiche Zeugen geladen waren, sodass der Prozess erneut verschoben wurde. Da der Mangel an Dokumentation von Polizeieinsätzen bereits in mehreren Hambi-Prozessen, insbesondere in den Hambi9 - Prozessen auseinandergepflückt wurde, bleibt also abzuwarten, ob diesen Montag tatsächlich das Verfahren zumindest in der 1. Instanz beendet werden wird.
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Hambi 9 Kerpen – es geht weiter… https://abcrhineland.blackblogs.org/2020/12/03/hambi-9-kerpen-es-geht-weiter/ https://abcrhineland.blackblogs.org/2020/12/03/hambi-9-kerpen-es-geht-weiter/#comments Thu, 03 Dec 2020 22:19:11 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=2230 Continue reading Hambi 9 Kerpen – es geht weiter… ]]> deutsch

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Was lange währt, wird endlich... naja, wird endlich überhaupt etwas. Fast drei Jahre nach der Festnahme findet am Montag, 7. Dezember 2020 ein Prozess der ersten Instanz gegen eins der Hambi 9 in Kerpen statt.

Die Person heißt im Justizsystem UP3, saß von Januar bis März 2018 in Untersuchungshaft, weil mensch vorgeworfen wird, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 Abs. I StGB) geleistet zu haben. Laut Anklage soll das am 22. Januar 2018 so passiert sein:

Anarchist Black Comic

Nach einem ersten, spannenden Prozesstag im März 2018 wurde UP3 entlassen und das Verfahren ans Jugendgericht übergeben. Und hier sind wir nun. Kommt zahlreich - und vermummt, aber trotzdem mit Ausweis, wenn ihr ins Gebäude wollt.

Wann & Wo:

7. Dezember 2020, 9 Uhr
Amtsgericht Kerpen, Raum 112
Nordring 2 - 8
50171 Kerpen
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Prozessbericht Hambi9 Kerpen Tag 1 https://abcrhineland.blackblogs.org/2020/12/03/prozessbericht-hambi9-dueren-tag-1/ https://abcrhineland.blackblogs.org/2020/12/03/prozessbericht-hambi9-dueren-tag-1/#comments Thu, 03 Dec 2020 17:59:10 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=2227 Continue reading Prozessbericht Hambi9 Kerpen Tag 1 ]]> deutsch

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Lang ist's her. Endlich ein Bericht: Am 15. März 2018 fand der erste Verhandlungstag gegen die Hambi4 vor dem Amtsgericht Kerpen statt. Um die Frage Warum? hier überhaupt verhandelt wird, wird es an diesem Tag nicht gehen. Dafür umso ausführlicher um das Wie?.

Eigens für den Prozesstag hatte Joachim Rau, Direktor des Amtsgerichts, eine sitzungspolizeiliche Anordnung verfügt, nach der Besucher*innen das Gerichtsgebäude und insbesondere den Verhandlungssaal nur gegen Vorlage des Personalausweises betreten dürfen.

Der Prozess beginnt mit etwas Verzögerung um 14.30 Uhr, was den zahlreich erschienenen Pressevertreter*innen genügend Zeit gibt, die Angeklagten mit ihren Kameras abzulichten.

Die vier Angeklagten, zu diesem Zeitpunkt alle bereits zwei Monate in Untersuchungshaft, sitzen mit ihren Verteidiger*innen und zwei Dolmetscher*innen auf der linken Seite im Saal. Ihnen gegenüber Staatsanwalt (StA) Schützeberg aus Aachen als Vertreter der Anklage.

Direkt nach dem Aufruf der Vorsitzenden Richterin Pretzell zur Sache beanstandet RA Hatlé die ausgebliebene Ladung seines Mandanten UP2 zur Haftprüfung am 23. Februar. Bis zum Prozesstermin hatte sich die Vorsitzende nicht zu dem entsprechenden Antrag geäußert. Die Vorsitzende kommt dem nach, indem sie ankündigt, diese direkt vor Ort nachzuholen: „Dann klären wir das jetzt im Haftkeller!“

UP2, RA Hatlé und die Richterin verlassen den Saal, in der Wartezeit verteilt die Französisch-Dolmetscherin Bonbons an die Angeklagten und Justizwachteln.

Das Ergebnis der Haftprüfung ist wenig überraschend: der Haftbefehl wird weiter aufrecht erhalten.

Was nun folgt, ist ein 60minütiges Stühlerücken und Aktenzerren inkl. zahlreicher Rügen der Verteidiger*innen mit dem Ergebnis, dass an diesem Verhandlungstag die StA nicht einmal mehr dazu kommen wird, die Anklageschrift zu verlesen.

Die Pressevertreter

RA Hatlé macht darauf aufmerksam, dass die Pressevertreter in seine Unterlagen schauen können, da die für sie vorgesehenen Stühle weniger als einen Meter von ihm entfernt sind. Die Situation scheint überfordernd für Frau Pretzell: „Was soll ich da machen?“ StA Schützeberg hilft aus, bietet der Presse die Sitzplätze neben seinem an, die Presse rückt auf, RA Hatlé kann seine Verteidigung (vorerst) ohne ungewünschte Mitleser*innen fortsetzen.

Die Öffentlichkeit

Nun meldet sich RA Mertens, Verteidiger von UP11, mit einer Rüge der Verletzung der Öffentlichkeit, die Frau Pretzell allerdings nicht entgegen nehmen möchte, da sie ihrer Meinung nach zum falschen Zeitpunkt in der Verhandlung gestellt wurde. Auf Nachfrage von RA Mertens, wann die Strafprozessordnung (StPO) seine Wortmeldung denn vorsehe, antwortet die Richterin mit einem charmanten: „Ich diskutiere hier nicht mit Ihnen, Herr Anwalt!“ RA Mertens beanstandet irgendwas, die anderen drei Verteidiger*innen schließen sich an.

Die Z werge eugen

Richterin Pretzell will endlich die Zeugen aufrufen, was sie auch tut. Als sich die Tür öffnet, treten sechs Polizeibeamte, fast alle in Uniform inklusive Schusswaffen, schwungvoll in den Saal. Lediglich der von gesangsfreudigen Unterstützer*innen, die entweder ihre ID nicht angeben konnten oder wollten oder aber keinen Sitzplatz mehr bekommen haben, angestimmte „Hey Zwerge, hey Zwerge, hey Zwergo, ho!“ – Gesang, der aus dem Gang in den Verhandlungssaal dringt, schafft es die Ernsthaftigkeit der Zeugen angemessen zu würdigen. Das schallende Gelächter des Publikums gefällt Frau Pretzell gar nicht. Mit mürrischen Blick zum Publikum belehrt sie die Zeugen.

Die Angeklagten

Wenigstens die Personalienaufnahme der Angeklagten erfolgt kurz und knapp. Diese äußern sich nämlich einfach gar nicht.

Die Sitzungspolizei

Jetzt erhält RA Mertens offiziell das Wort. Er rügt den Ausschluss der Öffentlichkeit, da die sitzungspolizeilichen Maßnahmen sich nur auf den Sitzungssaal nicht aber auf das gesamte Gerichtsgebäude beziehen dürften. Außerdem seien die RAe im Vorfeld nicht über die Maßnahme informiert worden. Frau Pretzell beschließt und verkündet daraufhin: „Ist mir egal.“

Die Akten

Mit der nächsten Rüge kommen wir dann auch schon zum Hauptpunkt des ersten Verhandlungstages. RA Hatlé beantragt die Aussetzung des Verfahrens wegen fehlender hinreichender Akteneinsicht. Ihm sei die Akte nur bis Blatt 156 zur Verfügung gestellt worden. Auch einem telefonischen Antrag auf vollständige Akteneinsicht sei das Gericht bis zum Verhandlungsbeginn nicht nachgekommen. Hinzu fehle in seiner Aktenkopie ein für die Verhandlung wichtiger Bescheid des Oberlandesgerichts über seine Haftbeschwerde – auch vor Ort wurde diesem Antrag bisher noch nicht nachgekommen.

RA Hatlé sieht die unvollständige Akteneinsicht vor allem als Problem, da aus Blatt 1 bis 156 für ihn nicht hervorgeht, dass sein Mandant UP2 „unlösbar an einem Holzpfosten des Tripod“ befestigt wäre oder „in seiner Jackentasche die ganze Zeit ein Messer mit sich geführt hätte“.

Ihm wurde heute unmittelbar vor Verhandlungsbeginn die zweibändige Akte mit augenscheinlich mehr als 400 Blatt ausgehändigt. Ein ausführliches Gespräch um seinen Mandaten in die aktuelle Lage einzuführen war ihm nicht möglich. Als er dies im Vorfeld der Verhandlung (damit erklärt sich auch die Verzögerung zu Beginn um 30 Minuten) versuchte, wurde er mindestens zweimal von Justizwachtmeistern unterbrochen, er und sein Mandant mögen doch bitte zum Saal kommen.

RA Hatlé sieht sich als Verteidiger in dieser Situation “naturgemäß außer Stande den weiteren Ermittlungsverlauf in der Akte nachzuvollziehen und kann somit die notwendige Befragung der Zeugen nicht dergeartet vorbereiten”.

Für die StA zählt das alles nicht. Auf Blatt 62 und 66 beziehe sich die Anklage auf den Tatablauf und den Fundort des Messers, alles danach sei doppelt oder Schriftsätze und Entscheidungen.

Die Aktendoppel

Nun mischt sich wieder die Verteidigung des Angeklagten UP11 ein: die Anklage beziehe sich klar auf Teile der Akte, die seinem Kollegen nicht vorlägen. Stellt sich die Frage, ob die Rechtsanwälte überhaupt identische Bände haben?

RA Hatlé setzt nach: Er vertraue natürlich der Staatsanwaltschaft, möchte sich aber nicht wegnehmen lassen, die Ermittlungen selbst zu würdigen, was für ihn einschließt Kenntnis über diese Ermittlungen zu erlangen. Als Reaktion darauf: Lacher im Publikum.

Und es geht weiter, er zitiert den Staatsanwalt mit einer Aussage aus der heutigen Verhandlung: „Was weiß ich denn, was in welchem Aktenteil steht.“

Nun scheint auch die Richterin einzuknicken. Sie gibt zu, dass die Verteidigung da „in der Tat ein Problem anspreche“.

Die Inhaftierten

Es wird klar, dass hier heute nicht mehr weiter verhandelt wird. Bleibt noch die Frage nach den Haftbefehlen.

Die StA beantragt eine Abtrennung der Verfahren gegen die Angeklagten UP1 und UP3, da gegen beide aufgrund der Altersuntersuchung womöglich ein Jugendgericht entscheiden müsse. Weiter beantragt er die Haftfortdauer für den Angeklagten UP2, da gegen diesen Vorwürfe mit einer Mindeststrafe von 6 Monaten erhoben werden.

Dessen Anwalt Hatlé beantragt die Entscheidung über die Haftfortdauer nur auf Grundlage des ihm vorliegenden Teils der Akte zu treffen, da die Verzögerung der Verhandlung klar Justizmängeln zuzuschreiben sei. UP2 dafür „büßen zu lassen“ sei unverhältnismäßig. Wofür trägt er an diesem Ablauf Verantwortung? Dafür, dass er nicht auf sein Recht auf eine faire Verteidigung verzichtet?

Die Richterin folgt in ihrem Beschluss den Forderungen der Staatsanwaltschaft: Die Haftbefehle gegen UP1, UP3 und UP11 werden aufgehoben, die Verfahren gegen UP1&UP3 an das Jugendgericht übergeben, UP2 bleibt bis zum Fortsetzungstermin in zwei Wochen in Haft.

Immerhin eins hat der Tag gebracht: nun sollen alle Verteidiger*innen jeweils eine identische Kopie der Hauptakte bekommen.

Die Sitzblockade

Im Gericht mag der Tag vorbei sein, doch vor dem Gerichtsgebäude ist noch lange nicht Schluss. An der Hofausfahrt, der einzigen Möglichkeit durch die der nun letzte Inhaftierte der Räumung vom 22. Januar „UP2“ per Justiztransporter zurück in die JVA gebracht werden kann, errichtet sich spontan eine wütend skandierende und singende Sitzblockade.

Eine Soliaktion, die nicht nur eine zusätzliche Besuchsmöglichkeit schafft, da zwei Menschen während der ungeplanten Wartezeit zu UP2 kurz in den Haftkeller dürfen, sondern die auch von den Cops erst über zwei Stunden später geräumt werden kann, da wegen eines Fußballsspieles keine freie Hundertschaften zur Verfügung steht. Als die Cops eintreffen und sich im Regen für einen weiteren Einsatz fertig machen, löst sich die Blockade auf.
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Hambi 9 Kerpen: 1. Berufungstermin https://abcrhineland.blackblogs.org/2019/06/06/hambi-9-kerpen-1-berufungstermin/ Thu, 06 Jun 2019 09:57:45 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=1949 Continue reading Hambi 9 Kerpen: 1. Berufungstermin ]]> deutsch

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Am heutigen Donnerstag, den 6. Juni 2019, geht das Verfahren gegen einen unbekannten Anarcho Hole aus dem Hambacher Forst in die zweite Runde. Vor dem Landgericht wird erneut über die Festkettaktion im Hambacher Forst im Januar 2018 verhandelt. Anlass war damals eine Räumung der Barrikaden auf einem der Hauptwege.

Über den Fall haben erstinstanzlich bereits zwei Amtsgerichte sehr unterschiedlich geurteilt: während die vorsitzende Richterin in Düren (Prozessbericht hier: LINK) die formellen Voraussetzungen der zugrundeliegende Polizeimaßnahme als nicht erfüllt ansah, war die Richterin aus Kerpen von einem ordnungsgemäßen Einsatz überzeugt.

Der Angeklagte, bei den Behörden bekannt unter dem Namen "UP11", saß von Januar bis März 2018 über zwei Monate in Untersuchungshaft, weil er sich – ebenso wie die acht andere am selben Tag festgenommene – weigerten seine Personalien anzugeben. Das AG Kerpen verurteilte ihn wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nach §113 StGB zu 40 Tagessätze.

Zu Beginn der Verhandlung lief das Verfahren gegen den ebenfalls unbekannten Mittäter "UP2", der ab Januar 2018 zehn Wochen in UHaft saß. Er war in Kerpen wegen gemeinschaftlichen Widerstands zu einer Haftstrafe von 6 Monaten ausgetzt zur Bewährung verurteilt worden. Nach einem langen Streit über Vertretungsvollmachten wurde das Verfahren gegen UP2 abgetrennt. Die Hauptverhandlung gegen UP11 wird weiter fortgeführt.

UPDATE:

Das Landgericht Köln bestätigt die Verurteilung aus Kerpen. "Mit dem Identitätsverweigern haben Sie sich selbst ins Knie geschossen, Sie hätten sich einiges ersparen können und wären am nächsten Morgen freigekommen", so die Richterin in der Urteilsbegründung.

Auch wird es erneut keine Haftentschädigung für die UHaft geben. Richterin beruft sich hier wie - auch schon ihr Kollege im Eule Verfahren - auf §5 Abs 2 StrEG, da Hole die UHaft grob fahrlässig selbst verursacht habe.

Gegen das LG Urteil ist das Rechtsmittel Revision möglich.
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Hambi9 Düren: Ein Bericht https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/12/06/hambi9-dueren-ein-bericht/ https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/12/06/hambi9-dueren-ein-bericht/#comments Thu, 06 Dec 2018 13:39:25 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=1804 Continue reading Hambi9 Düren: Ein Bericht ]]> deutsch

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Am frühen Morgen des 13. November versammelten sich ca. 40 solidarische Prozessbeobachter*innen vor dem Seiteneingang des Dürener Amtsgericht, welcher immer häufiger für die Hambi “spezial” Einlasskontrollen genutzt wird.

Die zeitaufwendigen Taschen- und Körperkontrollen führten zu einer Verzögerung um eine halbe Stunde, bis auch der*die letzte Angeklagte* den Verhandlungssaal betreten hatte und keine Besucher*in mehr draußen vor dem Gebäude wartete.

Von den fünf vor Gericht Zitierten waren insgesamt drei erschienen: UP4, UP5 & UP6.

Zu UP9 gab es auch von der Verteidigung keine weiteren Angaben, das Gericht entschied, dass das Verfahren nicht abgetrennt, sondern in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt werde.

Die Verteidigung von UP8 gab bekannt, dass ihr Mandant in der Zwischenzeit in Syrien verstorben sei. Da UP8 bis zu diesem Zeitpunkt weder seiner Rechtsanwältin noch dem Gericht/Behörden hier vor Ort namentlich bekannt war, steht dies noch zu überprüfen. Das Verfahren gegen UP8 wurde vorläufig eingestellt.

Die Anklage

Verlesung der Anklage: Am 22.Januar 2018 räumte RWE die Rettungs- und Zufahrtswege im Hambacher Forst um ihrer Verkehrssicherheitspflicht nachzugehen. Aufgrund von Erfahrungen in der Vergangenheit sei mit Angriffen seitens der Bewohner*innen des Waldes zu rechnen gewesen, sodass die Räumung unter Polizeischutz erfolgte. Dabei sollen die Angeklagten folgende Taten begangen haben, um so ihren Unmut gegen den Braunkohleabbau zum Ausdruck zu bringen:

UP4 Gegen 14.30 Uhr habe der Angeklagte UP4 bei einer Tripodbeseitigung auf einem Zufahrtsweg durch Hubsteiger eben diesen erklettert und sich dann bei der Räumung durch Beamt*innen des Höheninterventionsteams mit aller Kraft an den Träger des Hubsteigers festgeklammert, um die Maßnahme zu verhindern. Nach Bergung soll sich UP4 massiv gesperrt haben und musste durch Beamt*innen transportiert werden. Durch seine “Gegenwehr” erlitt er eine ca. 1cm lange blutige Schürfwunde unter dem rechten Auge, die keine ärztliche Versorgung erfordert habe.

UP5 Um 12.40 Uhr trafen die Beamt*innen der Hundertschaft auf den Angeklagten UP5, der sich auf einem 10 m hohen Baumstamm mit Palette – welcher senkrecht in den Boden auf der Mitte des Zufahrtswegs und mit Seilen an umstehenden Bäumen befestigt gewesen sein soll – befunden habe. Am Stamm war ein 5 m langes Banner mit einem Schriftzug, welcher sich gegen die Räumung richtete, befestigt. Der Angeklagte soll mit einem Bügelschloss um den Hals, das über eine Öse am Baumstamm befestigt war, festgekettet gewesen sein. Die Öse musste durch das Höhenrettungsteam durchschnitten und der Angeschuldigte so befreit werden, womit er die Räumung, wie von ihm vermeintlich gewusst und gewollt, erheblich erschwert habe.

UP6 Gegen 14.30 Uhr sei die Angeklagte UP6 auf einen der Hubsteiger geklettert und musste von Forstmitarbeiter*innen entfernt werden. Von diesen sei sie an die Polizeibeamt*innen übergeben worden und habe sich beim Transport zum Einsatzfahrzeug, wo die Personalien festgestellt werden sollten, mehrfach zu Boden fallen lassen, um sich der Maßnahme zu entziehen. Dieses “massives Sperren” habe ihre Verbringung und die Räumungsarbeiten im Allgemeinen erheblich erschwert.

Die Angeklagten

Auf die Anklage folgten die (Nicht-)Angaben zur Person und Sache:

UP4 äußerte sich vorerst nicht zu seiner Person. Zur Sache ließ er über seinen Anwalt verkünden, dass er sich am Tattag im Wald aufgehalten habe, um dort den Polizeieinsatz und die Räumung im Allgemeinen zu beobachten und seine Solidarität mit der Besetzung auszudrücken. Er erkletterte einen Träger eines Hubsteigers/Hebebühne und sei dann auf diesem “hin und her gelaufen”. Bei seiner Räumung habe er sich wegen der Sturzgefahr auf den Träger gelegt und daran festgehalten, während er am Bein gezogen und ins Gesicht gefasst wurde, wodurch die Schürfwunde am Auge entstand. Beim Wegtragen leistete er passiven Widerstand, indem er sich durch die Cops “schieben ließ” und dadurch seine Beine beim Transport zu Einsatzfahrzeug über den Boden schleiften.

UP5 äußerte sich ebenfalls nicht zur Person, aber zur Sache: Er sei vor Sonnenaufgang auf den Stamm geklettert, Dritte hätten ihn dort oben mit dem Bügelschloss um den Hals festgekettet und die Schlüssel in seine Jackentasche gesteckt, bevor sie mit den Klettermaterialien wieder hinunter seien. Ziel der Aktion sei es nicht gewesen, etwaigen Widerstand gegen RWE-Mitarbeiter*innen oder Polizeibeamt*innen zu leisten, sondern die Öffentlichkeit weiter auf den Konflikt um den Hambacher Forst aufmerksam zu machen. Mit diesem „Medienstunt“ wollte er auf die Problematik des Kohleabbaus aufmerksam machen.

UP6 äußerte sich weder zur Person noch zur Sache. Anarchy-Rules!

Die Zeugen

Die Beweisaufnahme beginnt mit der Vernehmung des ersten Zeugen, Polizeibeamter D. aus Stolberg, 51 Jahre. Warum die Polizei gerade an dem Tag im Forst war, kann er jetzt nicht mehr sagen. Grundsätzlich seien die Räumungen der Barrikaden aber zu 95% erfolgt, um der Verkehrssicherungspflicht nachzugehen.

Er selbst war auch nicht am Einsatzort, zu seiner genauen Aufgabe könne er nur sagen, dass er tätig werde, wenn Personen festgenommen werden. Weitere Fragen zu seinen Aufgaben will er nicht beantworten. Als Zeuge der StA soll er eigentlich dazu beitragen, herauszufinden, ob der Polizeieinsatz, der ja erst zu den vermeintlichen Straftaten führte, rechtmäßig gewesen sei.

Also konkretisiert Zeuge D. sein Arbeitsfeld: Er stehe als Bindeglied zwischen den Beamt*innen im Einsatz vor Ort und der Staatsanwaltschaft in Aachen.

Auf die Rückfrage des Verteidigers Hatlé, wie diese Arbeit denn nun tatsächlich aussehe, wird er auf einmal sehr konkret:

RA Hatlé: „Wie muss ich mir das vorstellen? Die Beamten vor Ort geben Ihnen die Umstände der Festnahme am Telefon durch und fragen Sie dann, ob das nun schon für einen Anfangsverdacht reicht? Fragen sie Sie auch, wie die Umstände denn nun genau sein müssten, damit der Anfangsverdacht gegeben ist? Ist es also so, dass Sie Ihnen den Sachverhalt schildern und Sie diesen daraufhin würdigen, um zu entscheiden, welche Personen blablabla Staatsanwaltschaft Haftbefehl? Oder erfolgt zuerst die Würdigung und der Sachverhalt wird daraufhin angepasst?“

Der Zeuge antwortet daraufhin mit einem kurzen „Beides – mal so, mal so!“

Die zweite Zeugin R., 28, ist Teil der 10. Hundertschaft der Bereitschaftspolizei Wuppertal. Sie ist seit Dezember 2017 nicht mehr in der Hundertschaft und war auch am Tattag nicht im Dienst. Sie geht davon aus, dass sie mit ihrem Kollegen Herrn R. aus der 9. Hundertschaft verwechselt wurde.

Richterin Bleser zuckt dazu nur die Schulter und weist darauf hin, wie schwierig es in diesem Verfahren war, die richtigen Zeugen zu laden. Den Hinweis der Verteidigung, wie nützlich auch hier eine Polizeikennzeichnung wäre, kommentiert sie nicht.

Die dritte Zeugin S., 26, 9. Hundertschaft, Wuppertal. Und auch hier muss erst mal geklärt werden, ob die Person überhaupt an dem Einsatz beteiligt war. Laut Aktenvermerken wird das Geschlecht der Zeugin übrigens als männlich angegeben, während sonst die Anrede „Frau“ verwendet wird. Die Frage der Richterin, ob sie geschlechtsneutral angesprochen werden will, verneint sie.

S. war immerhin tatsächlich an dem Tag vor Ort: Sie sei zur polizeilichen Sicherung an einem Tripod auf Weg 4, Ecke 0, eingesetzt gewesen, als zwei Personen die Polizeikette umgingen und auf den Hubwagen kletterten. Forstamtsmitarbeiter*innen brachten die Angeklagte UP6 wieder auf den Boden und übergaben sie an die Zeugin.

Da UP6 keine Angaben zu ihren Personalien machte, sollte sie zum Einsatzfahrzeug verbracht werden. UP6 wehrte sich, indem sie sich auf den Boden fallen ließ. Erst nach Einsatz des Kieferkontrollgriffs durch ihren Kollegen ging UP6 selbstständig zum Fahrzeug.

Nach dieser Schilderung beginnt eine Befragung durch die Verteidigung, die die Richterin später in ihrem Urteil einzig mit dem Wort „bemerkenswert“ zu würdigen weiß.

RA Hatlé fragt nach dem Grund der polizeilichen Maßnahme. Warum wurde UP6 überhaupt an die Polizei übergeben und auf welcher rechtlichen Grundlage wurde die Angabe der Personalien gestützt? Die Antwort ist vage, die Zeugin wirkt unsicher. Sie spricht von fremdem Eigentum, was betreten wurde; dass eine polizeiliche Maßnahme gestört worden sei; und dass sie da natürlich eingreifen müsse.
Die Rückfrage der Richterin, ob sie die Personalien feststellen wollte, um ein privatrechtliches Vorgehen gegen die Störerin zu ermöglichen, bleibt unbeantwortet, ebenso kann die Zeugin die genaue Art der gestörten Maßnahme nicht benennen.

Für RA Hatlé sind die Antworten nicht mehr vereinbar mit einer wahrheitsgemäßen Aussage. Auf der einen Seite schien die Zeugin die Personalien für eine zivilrechtliche Verfolgung sichern zu wollen – immerhin erfolgte die Räumung ja durch RWE-Mitarbeiter*innen – und diese wurde durch UP6 zeitlich verzögert, gleichzeitig sei die polizeiliche Maßnahme gestört worden, doch diese war ja zum Schutz der RWE Mitarbeiter,*innen. Ein Verdacht auf begangene Straftaten lag hier nicht vor. Richterin Bleser hingegen hat viele Zweifel bei der Zeugin. Dass diese ihrer Erinnerung und ihrem Verständnis nach wahrheitsgemäß aussagt, gehört allerdings nicht dazu. Es ist offensichtlich, dass die Zeugin absolut keine rechtliche Grundlage für ihr Handeln kennt, sondern einfach das tut, was sie immer im Einsatz tut. Wo sie das gelernt habe? In ihrer Ausbildung.

Wofür sie die Personalien noch wollte? Um einen Platzverweis zu erteilen. Ob sie einen Platzverweis nicht auch mündlich und ohne Kenntnis der Personalien erteilen könne? Nein, dafür brauchen wir doch einen Namen! Dass das auch anders geht, beweist die Richterin mit einem schlichten „Ich bin da liberaler. Ich hab Menschen 14 Tage in Untersuchungshaft gelassen, ohne Namen, dass hat auch funktioniert!“ – begleitet von Schnauben und Rufen des Entsetzens aus dem Publikum, ob dieses abgeklärten Kommentars.

Weiter in der Vernehmung von S. Wir fassen hier kurz noch einmal zusammen. Die Zeugin war vor Ort im Wald. Die Angeklagte UP6 wurde ihr von Forstamtsmitarbeiter*innen übergeben, sie wollte die Personalien feststellen, um einen Platzverweis zu erteilen oder einen Platzverweis erteilen und dann zur Umsetzung die Personalien feststellen – so richtig weiß das niemand, vor allem nicht die Zeugin selbst. Da UP6 keine Angaben zu ihrer Person machte, sollte sie zum Einsatzfahrzeug verbracht werden. Dagegen sperrte sie sich, indem sie sich auf den Boden fallen ließ. Da die Cops UP6 nicht tragen wollten, setzten sie „unmittelbaren körperlichen Zwang“ ein, um UP6 zu ermutigen, doch ihre Beine und Füße zum Gehen zu benutzen.

Warum sollte UP6 überhaupt zum Fahrzeug gebracht werden? Wäre der nächste Schritt nicht eine Person, die sich nicht ausweisen möchte oder kann, nach Ausweispapieren zu durchsuchen? Warum konnte UP6 nicht direkt am Ort der Übergabe durchsucht werden?

Aus Sicherheitsgründen sei UP6 zum Fahrzeug gebracht worden: Es sei ja immer mit Angriffen aus dem Wald zu rechnen. Die Personen, die im Wald leben, seien allgemein schwer einzuschätzen, vermummt mit Mütze und Schal.

Was bewirkt der sogenannte „Kieferkontrollgriff“, ein Schmerzgriff, der am Gesicht durchgeführt wird? Kann UP6 danach besser ihre Beine benutzen bzw. wie hilft der Griff den Beamt*innen, ihr Ziel – die Person nicht selbst tragen zu müssen – zu erreichen? Und wo soll die Widerstandshandlung der Angeklagten erfolgt sein?

Die Stimmung im Saal wird immer hitziger. Dass Sperren gleich Widerstand ist, habe die Zeugin in der Ausbildung gelernt. Allgemein erhärtet sich das Gefühl, dass sie eine Menge gelernt, wenig hinterfragt und jetzt im Einsatz einfach mal gemacht hat. RA Mertens nun mit einen klaren Vorwurf: „Wissen sie, dass in unserer Verfassung steht, dass man in Polizeigewahrsam vor körperlicher Gewalt geschützt ist? Ich schimpfe nicht nur mit Ihnen – also hauptsächlich mit Ihrem Kollegen, der den Schmerzgriff angewandt hat, aber mit Ihnen, weil Sie daneben gestanden und nichts getan haben!“

Und gerade als RA Hatlé zur weiteren Befragung ansetzt, unterbricht die vorsitzende Richterin und bittet die Zeugin, den Saal für einen Moment zu verlassen.

Worauf die Verteidigung noch hinaus möchte mit ihrer Befragung? Auf die strukturellen Probleme allgemein im Einsatz. Und die Richterin bestätigt dies: für sie sei eine weitere Befragung der Zeugin nicht nötig, um zu zeigen, dass die Polizeimaßnahme hier nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.

Eine kurze letzte Verwirrung folgt, denn noch ist die Zeugin nicht entlassen: für heute wird Fr. S. jedoch nur aus dem Zeugenstand, nicht etwa aus dem Polizeidienst, entlassen.

Die nächsten beiden Zeugen sind die Beamten, die UP5 von der Stehle räumten. Den Schlüssel zu seinem Lock haben sie nicht gefunden – allerdings auch gar nicht gesucht, da die Konstruktion “so instabil” gewesen sei. An eine konkrete Ansprache an UP5 – um ihn über den Zweck der Maßnahme zu informieren – kann sich keiner der beiden genau erinnern.

Zeuge Nummer Sechs, 26 Jahre, ist Polizeibeamter D. aus Aachen. Wie schon bei dem Verfahren gegen UP2 und UP11 der Hambi9, wo er ebenfalls als Zeuge geladen war, kann er sich auch bei dieser Verhandlung an nichts erinnern und gibt nur vage Antworten.

Vor der Mittagspause will Richterin Bleser noch die nächsten beiden Zeugen vernehmen. Weiter gehts mit…

…dem siebten Zeugen T., 26, Bereitschaftspolizei Wuppertal. Er tritt in zivil auf, trägt aber seine Waffe, da er mit dem Polizeifahrzeug hergekommen sei. Ob er gerade im Dienst ist oder nicht, bleibt offen. Fahrtkosten und Entschädigung gibt es für ihn heute aber auf jeden Fall nicht.

T. war schon oft zu Einsätzen im Hambacher Forst eingeteilt. Bei dem Einsatz im Januar war er einer der Betroffenen, als die Polizeikette durchflossen wurde. Dabei sei keine Person verletzt worden.

Er selbst hat die direkte Räumung von UP4 beobachtet und den Angeklagten danach übernommen. Er gibt vor, sich daran erinnern zu können, dass UP4 sich an dem Querbalken des Hubsteigers festgehalten habe und nur mit körperlicher Gewalt von seinem Kollegen gelöst werden konnte. Am Gesicht seines Kollegen will er die körperliche Anstrengung, die dieser leisten musste, um die Person von dem Hubsteiger zu entfernen, gesehen haben. Eine Personenbeschreibung des räumenden Kollegen gelingt ihm nicht mal in Ansätzen.

Der Verteidigung von UP4 gelingt es, sämtliche relevanten Aussagen zu widerlegen. Allen im Saal ist klar, dass diese Aussage den Angeklagten eindeutig entlastet.

Es folgt der achte Zeuge K, 28, Polizeibeamter, der UP4 von dem Hubsteiger runter holte. Die Verteidigung konzentriert sich hier in der Vernehmung auf die Ansprache vor Ort und die Vermittlung des bevorstehenden Polizeiaktes. Schnell wird klar, dass auch dieser Cop nicht nur mit der Fragestellung überfordert ist, sondern auch keine Erinnerung an irgendeine mündliche Anordnung gegenüber der Person auf dem Hubsteiger durch die Polizei hat.

Dass es überhaupt an diesem Tag eine Ansprache an die Personen auf Weg 4 gegeben hat, bleibt auch mit Zeuge Acht ein Mythos.

Die Mittagspause

Prozessbeobachter*innen werden auf dem Platz vor dem Gerichtsgebäude von einer Passantin angesprochen, ob wieder mal ein Hambi-Prozess sei und es wird viel Erfolg gewünscht.

Und weiter gehts – die Zeugen Teil 2

Gegen 15 Uhr geht es weiter. Die Staatsanwaltschaft sieht mittlerweile den Vorwurf des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte gegen die Angeklagten UP4 & UP6 als nicht mehr gegeben an.

Eine Abtrennung möchte die Richterin hier allerdings nicht vornehmen. Die Angeklagten haben schon den ganzen Tag hier gesessen, da werden sie eine weitere Stunde schon noch aushalten. Die zwei Wochen U-Haft Anfang des Jahres sind da nicht mit einbezogen.

Zeuge 9, 25, ist Polizeibeamter M. Er war am Tripod im Einsatz, wo die Angeklagte UP9 angekettet gewesen sein soll. Er kann sich nur an den technischen Widerstand durch das Lock-on erinnern, tätlichen Widerstand gab es seiner Erinnerung nach nicht, am Anfang habe sie sich ein wenig gesträubt, sei dann aber mitgegangen.

Grund des Einsatzes? Schutz der Maßnahme vor Ort.

Zeuge 10, 34, aus Köln ist Polizeibeamter M. des Höheninterventionsteams. Insgesamt habe er an diesem Tag drei Personen „runtergeholt“. Das Lock von UP9 habe er selbst gelöst, sie mit einer sog. „Windel“ gesichert und zum Boden herabgelassen. Die Angeklagte habe sich dabei nicht gewehrt.

Die Nachfrage der Verteidigung wirkt fast schon grotesk: Natürlich habe er die Person vor der Maßnahme angesprochen. Gefragt, ob sie sich freiwillig lösen kann und/oder möchte. Immerhin mache er das immer so.

RAin Krenzel hält ihm ihre Eindrücke von dem Video der Situation vor: Darauf sei er klar zu hören, wie er beim Hochfahren in der Baggerschaufel zu der Plattform, auf der die Angeklagte saß, immer wieder dem Kranfahrer Anweisungen gab. Sobald er und sein Kollege allerdings auf die Höhe der Angeklagten gelangt waren, ging alles recht schnell. Eine Aufforderung sei nicht zu hören. Die nun folgende Inaugenscheinnahme des Videos bestätigt dies.

Wohl aber zu erkennen ist, dass die Angeklagte sich nicht gegen die Maßnahme wehrt. Auch ein Tritt ist nicht sichtbar. Zumindest nicht von ihr aus. Die Tritte der Polizeibeamte gegen sie sind deutlich, aber in diesem Verfahren unwichtig. Damit dürfte die versuchte gefährliche Körperverletzung weg vom Tisch sein.

Auch beim letzten Zeugen E., 36, Teil des Höheninterventionsteams geht es hauptsächlich um die Ansprache. Er war ebenfalls mit der Räumung von UP9 befasst. Er kann sich hingegen klar erinnern. Mist nur, dass ihn die Frage nach der verwendeten Sprache überfordert.

Und somit wird nun – nach 11 Zeugen, die scheinbar alle keinen Plan haben, warum sie eigentlich was machen und machen dürfen – die Beweisaufnahme geschlossen.

Die Plädoyers

Es folgen die Plädoyers.

Der Staatsanwalt legt vor, und das mit einem erstaunlichen, ersten Argument: Er habe keinen Zweifel daran, dass der Grund der Maßnahme an die Angeklagten per Megaphon kommunziert wurde. Aufmerksame Prozessbeobachter*innen werden an dieser Stelle beeindruckt sein, denn es steht außer Frage, dass das Wort “Megaphon” exakt einmal!!! während der letzten Stunden in einem genuschelten Nebensatz gefallen ist. Da hat er aber gut aufgepasst.

Für UP4 & UP6 fordert er einen Freispruch, da er hier den Straftatbestand des §113er nicht erfüllt sieht. Bei UP5 & UP9 sei die Situation anders: Wo jemand angeschlossen ist und nicht mit den Cops kooperiert, da sei es egal, ob man den Schlüssel dabei habe oder nicht. Zu Gunsten der Angeklagten lässt er die Nichtüberprüfbarkeit der Vorstrafen durch die Personalienverweigerung einfließen. Er geht von keinen Vorstrafen aus, dazu den Widerstand im niedrigen Bereich und das ja dann doch gerechtfertigte Anliegen des Demonstrationsrechts. Macht insgesamt 50 Tagessätze a 12€ nach HarzIV-Satz.

Als nächstes spricht RAin Krenzel, die Verteidigerin von UP9: Für sie haben die formalen Anforderungen an den Einsatz eindeutig nicht stattgefunden, eine Kommunikation mit der Angeklagten vor Ort habe nicht festgestellt werden können. Damit fehlte es dem polizeilichen Vorgehen an der rechtlichen Grundlage. Der Einsatz sei eine “private Räumungsaktion für RWE” gewesen. Sie fordert Freispruch für ihre Mandantin und endet mit einer simplen Feststellung: Der Einsatz war nicht nur völlig unkoordiniert und schlecht dokumentiert (jeder Ladendiebstahl sei besser dokumentiert), sondern lässt auch vermuten, dass mit dem Einsatz vor allem eins gezeigt werden sollte: Wenn du dich im Forst aufhältst, kann es schnell passieren, dass du mal für zwei Wochen in Haft kommst, also überleg dir gut, ob du da hin willst.

RA Westkamp, Verteidiger von UP5, fordert ebenfalls den Freispruch. Die Frage der Beamt*innen nach dem freiwilligem Runterkommen sei keine Aufforderung, den Ort zu räumen. Dass diese Aufforderung stattgefunden haben soll, ergebe sich nicht aus einem “das machen wir immer so”.

RA Halté, Verteidiger von UP4, fokussiert sich auf die Polizeizeug*innen. Offensichtliches Lügen oder eingeschränkte Fähigkeiten haben (nicht nur) seiner Meinung nach die Aussagen bestimmt. Polizeizeug*innen werden vor den Gerichten oft als Übermenschen dargestellt, die eben nie lügen oder Blödsinn erzählen. Einzig auf Grundlage eines lückenhaften Vermerks habe Richterin Bleser seinen Mandanten in U-Haft gesteckt. Ein Verhör mit dem Beamten T. am Tattag hätte dazu geführt, dass über UP4 gar nicht erst die Untersuchungshaft verhängt worden wäre.

RA Mertens, Verteidiger von UP6, fordert ebenfalls den Freispruch. Seine Mandantin sei nach Art. 104 GG in Festnahmen durch die Polizei vor körperlicher Misshandlung geschützt – dem entgegen sprechend wurde sie bei diesem Einsatz unter Anwendung eines schmerzhaften Griff in den Kieferknochen dazu gebracht, einer – jeder Grundlage entbehrenden – polizeilichen Handlung Folge zu leisten. Was den Grund der Maßnahme angeht, so zieht er folgenden Vergleich: Wenn bei einem Räumungsgesuch ein Vermieter die Polizei anruft, so wird dort als erstes die Rechtsgrundlage geprüft. Bei RWE scheint dies nicht so zu laufen. Ohne zu Hinterfragen werden hier Befehle umgesetzt. Dass RWE-Verfügungen kein Verwaltungsakt sind, scheint den Beamten nicht klar zu sein.

Das letzte Wort ergreift die Angeklagte UP6 und verliest folgendes Statement: LINK

Das Urteil – Freispruch

Richterin Bleser verliest ihr Urteil. Freispruch für alle Angeklagten. Ihrer Beurteilung nach sei eine Begleitung der RWE Mitarbeiter*innen durch die Polizei durchaus zulässig, aber die formellen Voraussetzungen seien nicht erfüllt gewesen. Es gab keine Beweise für eine rechtmäßige Verlautbarung. Selbst wenn es eine Ansage durch ein Megaphon gegeben habe, so sei nicht klar, wann diese stattgefunden habe und welche der Angeklagten diese überhaupt vernehmen konnten. Allgemein sei die Dokumentation mangelhaft gewesen, allein einige der Zeugen seien für das Gericht nicht “findbar” gewesen. Die Aussage der Zeugin S. quittiert sie mit einem schlichten “bemerkenswert”. Für UP6 habe es mildere Mittel als einen Platzverweis geben, bei UP6 und UP5 lagen die notwendigen Voraussetzungen nach dem Stuttgart21-Urteil nicht vor und das Video zur Tripodräumung zeige für die Festnahme von UP9 einen vollkommen anderen Fall als die Polizeiberichte.

Später wird sie sich der Aachener Zeitung gegenüber wie folgt äußern: Richterin Sabine Bleser dagegen sah die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Inhaftierung nicht gegeben, da die Formalien für „rechtmäßige polizeiliche Handlungen“ in der Akte nicht dokumentiert waren. Solange aber die polizeilichen Vollzugshandlungen nicht ordnungsgemäß nachgewiesen seien, könne einem Bürger nicht der Vorwurf der Widerstands gemacht werden. “Ich schicke die Leute nicht mehr in Haft, wenn sich am Ende herausstellt, dass die Dokumentation in den Akten nicht ausreicht.” - Aachener Zeitung

Staatsanwalt Schützenberg als Dezernatsleiter legte innerhalb der einwöchigen Frist Rechtsmittel gegen das Urteil ein, damit ist der Freispruch nicht rechtskräftig. Alle vier Fälle werden damit höchstwahrscheinlich erneut vor dem Landgericht Aachen verhandelt werden.
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„Wirkliche Veränderung vollzieht sich in Beziehungen…“ https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/12/06/wirkliche-veraenderung-vollzieht-sich-in-beziehungen/ Thu, 06 Dec 2018 13:28:52 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=1805 Continue reading „Wirkliche Veränderung vollzieht sich in Beziehungen…“ ]]> deutsch

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Letztes Wort der Angeklagten UP6 im Hambi9-Prozess am 13. November 2018 vor dem AG Düren:

"Seit unserer Festnahme vor über neun Monaten ist politisch sehr viel um den Wald herum aber auch darüber hinaus passiert.

Die Anordnung von Untersuchungshaft bei Personalienverweigerung für solch geringe Straftatvorwürfe hat für Repressionsbehörden neue Möglichkeiten eröffnet. Das hat deutlich gemacht, dass unsere Widerstandsstrategie der Identitätsverweigerung keine langfristige Option sein wird, aber wir werden andere Wege finden.

Auf der einen Seite steht all dies in einem Kontext der allgemeinen autoritären Zuspitzung in Deutschland. Das neue Polizeigesetz NRWs, das den vielen bereits beschlossenen Verschärfungen anderer Länder in nichts nachsteht, ist nur das offensichtlichste Anzeichen hierfür. Laut diesem Gesetz soll die Zeit der Festnahme zur Personalienfeststellung von 12 Stunden auf 7 Tage ausgeweitet werden und mit Terrorismusverdacht auf einen Monat. Dies gibt der Polizei die Möglichkeit Menschen nach ihrem Belieben festzuhalten.

Darüber hinaus soll es künftig für den Straftatvorwurf keine Rolle mehr spielen, ob polizeiliche Maßnahmen rechtmäßig waren oder nicht. Und da Klagen gegen Polizist*innen selten zu irgendwas führen, räumt das der Polizei praktisch uneingeschränkte Macht ein. Das hat dann selbst aus einem konservativen Verständnis heraus nicht mehr viel mit „Demokratie“ zu tun sondern ähnelt viel eher einem Polizeistaat.
 
Doch nicht nur die exekutive Staatsgewalt befindet sich im Wandel auch in der judikativen finden gerade gravierende Veränderungen statt. Die neue Auslegung des 113ner Widerstandsparagraphen ermöglicht es, Aktivist*innen zu Haftstrafen zu verurteilen, wenn sie sich selbst irgendwo anketten.

Dies ist, meiner Meinung nach, eine der äußersten Formen, um das Nicht-Einverstanden-sein mit bestimmten Verhältnissen auszudrücken. Menschen, die so entschlossen sind, dass sie ihren eigenen Fluchtinstinkt außer Kraft setzen und sich Polizei und Security praktisch ausliefern. Solch eine – von ihrem Wesen her - komplett passive Aktion wird jetzt bereits als Widerstand ausgelegt.

Im Zuge der allgemeinen Diskurs Verschiebung zur „Sicherheitsgewährleistung“ in Deutschland wird der Widerstandsbegriff so umdefiniert, dass er praktisch für jegliche Meinungsverschiedenheit mit Staat und Polizei eingesetzt werden kann. Kein bereitwilliges Mitlaufen zum Gefangenentransporter scheint nun schon ausreichend zu sein.

Die bisherige Spitze dieser neuen Repressionspolitik war die Verurteilung von UP3. Sie* wurde zu neun Monaten Haft bei keiner Vorstrafe und für bloßes Trommeln während einer Barrikaden Räumung im März 2018 verurteilt. „Generalprävention“ wurde diese Maßnahme liebevoll vom Gericht genannt. So wurde UP3 stellvertretend für alle Menschen, die sie noch nicht gekriegt haben und für die, die sich uns in Zukunft anschließen sollten, in den Knast gesteckt. 

Das alles ist ziemlich gruselig und erschreckend, doch ich glaube oder möchte es verstehen als eine Reaktion auf eine wachsende Bewegung. Ich möchte es auch verstehen als Angst der "herrschenden Klasse", als Angst vor einem Macht- und Einflussverlusts. Gezeigt hat sich die Vergrößerung der Bewegung schon in der  breiten solidarischen Reaktion auf unsere Festnahme.

Und überdeutlich wurde sie in den letzten zwei Monaten während der Räumung der Waldbesetzung, in der die Aktivist*nnen im Hambacher Forst in den öffentlichen Medien von „militanten Ökoterrorist*nnen“ zu praktisch „Volksheld*innen“ wurden und so viele Menschen mehr sich unserem Widerstand anschlossen.

Auch möchte ich glauben, dass es uns gelungen ist über das Thema der Braunkohleindustrie auch eine tiefergehende Kritik am kapitalistischen System und ein verstärktes Misstrauen in Staat und Polizei zu etablieren.

Wirkliche Veränderung findet meiner Meinung nach nicht auf institutioneller Ebene statt (dies sind nur die Symptome davon). 

Wirkliche Veränderung vollzieht sich in Beziehungen. Allem voran in den Beziehungen von Menschen untereinander, in der Beziehung die wir zu unserer Umwelt und anderen Lebewesen haben.

Und hier, denke ich, ist viel geschehen die letzter Zeit. Hierfür ist die Waldbesetzung ein ideales Beispiel wie Widerstandsformen und Lebensweisen zusammen gedacht werden können. Die letzten Monate waren nur der Anfang, der erste Schritt.

Trotz aller Repression sind mehr Menschen denn je von der Notwendigkeit einer Veränderung überzeugt und wir werden weiter machen bis alle Menschen, alle Lebewesen die Chance auf ein gutes Leben haben! 

An den Diskursverschiebungen der staatlichen Institution sowie der öffentlichen Meinung wird mehr als deutlich, dass Widerstand und seine Auslegung dynamisch sind und es keine kategorisch eindeutige Einteilung gibt. Daher ist auch die Differenzierung in friedliche und „gewaltvolle“ Aktionen vollkommen unsinnig. Die Repressionsbehörden reagieren auf die Stärke unseres Protests und wir müssen unsere Handlungsstrategien dementsprechend anpassen. Daher sollten wir uns nicht spalten an der Militanzfrage, sondern eher konstruktive Kritik an der Sinnhaftigkeit bestimmter Aktionen üben. Und dabei sollten wir immer im Hinterkopf haben, dass es verschiedenste Perspektiven und dadurch auch unterschiedliche Gründe für bestimmte Handlungen gibt.

Die Vielfältigkeit unseres Widerstands ist kein Problem, sondern unsere Stärke!"
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Freispruch im Hambi9 Prozess https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/11/13/freispruch-im-hambi9-prozess/ https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/11/13/freispruch-im-hambi9-prozess/#comments Tue, 13 Nov 2018 16:09:10 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=1724 Continue reading Freispruch im Hambi9 Prozess ]]> deutsch

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Heute, am 13.November 2018, wurde gegen die im Kreis Düren Festgenommenen der Hambi9 am dortigen Gericht verhandelt. Nach ca. 5 Stunden Verhandlung wurde das Urteil verkündet: Freispruch für alle Angeklagten.

Für die Angeklagten UP4 & UP6 plädierten sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung auf Freispruch. Bei UP5 & UP9 hatte die StA hingegen eine Verurteilung auf 50 Tagessätze a 12Euro gefordert. Die Frist zur Einlegung von Rechtsmitteln beträgt eine Woche.

Ein ausführlicher Prozessbericht folgt. Oder halt nicht.
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Gerichtsprozess gegen Hambi9-Aktivist*innen https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/11/05/gerichtsprozess-gegen-hambi9-aktivistinnen/ https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/11/05/gerichtsprozess-gegen-hambi9-aktivistinnen/#comments Mon, 05 Nov 2018 00:56:58 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=1710 Continue reading Gerichtsprozess gegen Hambi9-Aktivist*innen ]]> deutsch

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Im Zuge einer Barrikaden Räumung durch die Polizei im Hambacher Forst Ende Januar 2018, entschieden sich 9 Menschen dazu der staatlichen Repression zu trotzen, die Angabe ihrer Personalien zu verweigern und unter diesen Umständen für bis zu 10 Wochen ins Gefängnis zu gehen. 

Die letzten Monate haben deutlich gemacht wie sehr unser Widerstand gewachsen ist und damit einhergehend auch die staatliche Repression: Angefangen mit der Anordnung von U-Haft bei geringen Straftatvorwürfen für Identitätsverweigerung über die Fortführung der S21-Interpretation des Widerstandsparagraphen bis hin zur neunmonatigen Haftstrafe für UPIII zur „Generalprävention“. Dies alles steht im Kontext einer allgemeinen autoritären Zuspitzung, von der die Verschärfung der Polizeigesetze nur die Spitze des Eisbergs ist. 

Jeder Angriff staatlicher Repression auf Einzelne, ist ein Angriff auf uns alle! 

Durch das gefühlt willkürliche Einsetzen hoher Bestrafungen wird versucht Exempel zu statuieren und uns alle davor abzuschrecken weiterhin Widerstand gegen die Gesamtscheiße zu leisten.

Gezielt wird versucht uns zu spalten. Unsere Aktionen in „gut“ und „böse“ in „legal“ und „illegal“ zu unterteilen. Doch Vielfältigkeit ist unsere stärkste Waffe! Darum lasst uns solidarisch miteinander sein. Gemeinsam stellen wir uns der Repression entgegen, hören nicht auf widerspenstig zu sein und machen weiter bis alle Lebewesen die Möglichkeit auf ein Gutes Leben haben!

Nun, nach Monaten voller Aktionen, voller Repressionen, Trauer und Erfolgen, werden Mitte November, fünf der Hambi9 - Aktivist*innen für zwei Verhandlungstage vor Gericht zitiert. 

Wir rufen alle Menschen dazu auf, in Solidarität mit den Aktivist*innen des Hambacher Forsts und allen Unterdrückten zu stehen, die Gerichtsprozessen aufzumischen, sich zu organisieren und weiter zu kämpfen!

„Nimm deinen Mut zusammen und lass dich nicht abschrecken, denn sie können uns nicht alle in den Knast stecken“ - Mike

Wann&Wo:

13. & 20. November 2018
Beginn: 9:00 Uhr
Amtsgericht Düren 
August-Klotz-Str. 14
52349 Düren
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UP2 entlassen – Prozessbericht folgt https://abcrhineland.blackblogs.org/2018/03/31/up2-entlassen-prozessbericht-folgt/ Sat, 31 Mar 2018 09:33:04 +0000 http://abcrhineland.blackblogs.org/?p=1032 Continue reading UP2 entlassen – Prozessbericht folgt ]]> deutsch

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Nach dem 2. Verhandlungstag am letzten Donnerstag steht das Urteil des AG Kerpen fest:

UP11 wird wegen Widerstands zu 40 Tagessätze a 10 Euro, UP2 zu 6 Monate Haft ausgesetzt auf 2 Jahre Bewährung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, UP2 entlassen. Somit sind alle Hambi9 wieder auf freien Fuß. Der Prozessbericht folgt.
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