Beate Fischer – Antifaschistisches Kaffeekränzchen Berlin https://akkberlin.blackblogs.org Thu, 23 Jul 2020 21:42:37 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://akkberlin.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/851/2019/03/cropped-AKKLogo.cleaned-32x32.jpg Beate Fischer – Antifaschistisches Kaffeekränzchen Berlin https://akkberlin.blackblogs.org 32 32 Fotos & Kurz-Bericht: Beate Fischer Gedenken 23.07.2020 https://akkberlin.blackblogs.org/2020/07/23/fotos-kurz-bericht-beate-fischer-gedenken-23-07-2020/ Thu, 23 Jul 2020 21:42:37 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=846 Continue reading Fotos & Kurz-Bericht: Beate Fischer Gedenken 23.07.2020 ]]>

Ca. 50 Menschen gedachten heute in Berlin Reinickendorf Beate Fischer, die dort 1994 von drei Neonazis nach stundenlanger Folter ermordet wurde. In bewegenden Redebeiträgen wurde rechte Gewalt, Gewalt gegen Frauen und die Stigmatisierung von Sexarbeiter*innen thematisiert.

Erinnern heißt kämpfen!
Niemand ist vergessen!

www.berlin.niemandistvergessen.net

Infos und Aufruf zum Gedenken:
Unser Aufruf zum Gedenken 2020
Aufruf der Kampagne zum Gedenken 2019
Text zum Mord von Berlin Rechtsaußen

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Beate Fischer Gedenken – Hass auf Frauen und Sexarbeiter_innen tötet! https://akkberlin.blackblogs.org/2020/07/17/beate-fischer-gedenken-hass-auf-frauen-und-sexarbeit-toetet/ Fri, 17 Jul 2020 08:06:36 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=822 Continue reading Beate Fischer Gedenken – Hass auf Frauen und Sexarbeiter_innen tötet! ]]>

Donnerstag, 23. Juli 2020 um 18 Uhr
Residenzstr. Ecke Emmentaler Str.
U-Bhf. Residenzstr. | Berlin-Reinickendorf

Beate Fischer war 32 Jahre alt, Ehefrau und Mutter zweier Kinder, sie lebte mit ihrer Familie in Berlin-Weißensee. Zudem war sie als Sexarbeiterin tätig. Am 23.Juli 1994 wurde sie von drei jungen Neonazis nach stundenlanger Folter ermordet. Es war ein brutaler, rechter Mord, der sich nicht nur gegen eine Frau richtete. Er steht zugleich in Zusammenhang mit der strukturellen Abwertung und Stigmatisierung von Sexarbeiter_innen. Mit dem Gedenken an Beate Fischer wollen wir an sie erinnern und ein Bewusstsein für Gewalt an FLINTA* Personen herstellen. Darüber hinaus wollen wir dafür kämpfen, Sexismus und Patriarchat abzuschaffen.
Erinnern heißt Kämpfen!

Auch 25 Jahre später ist die Lebensrealität von Sexarbeiter_innen durch Vorurteile und Abwertung sowie unsinnige Einmischung der Staates geprägt. Um so wichtiger ist es, die Kämpfe gegen diese Zustände zu unterstützen und ihnen in der öffentlichen Wahrnehmung mehr Gehör zu verschaffen. Doch auch unabhängig von ihrem Beruf sind FLINTA* Personen Gewalt ausgesetzt. So ist die sogenannte häusliche Gewalt aufgrund der aktuellen Pandemie sprunghaft angestiegen. Deshalb sind feministische Kämpfe und im Besonderen Schutzräume vor patriarchaler Gewalt lebensnotwendig.

Einen solchen linken und queerfeministischen Schutzraum bietet seit 30 Jahren das Hausprojekt Liebig34 in Berlin-Friedrichshain – eine solidarische, feministische Gemeinschaft die sich ohne Cis*Männer organisiert. Wir sind wütend und traurig, daß dieser Ort nun von einer anstehenden Räumung bedroht ist. Doch bereits vor Corona war die Situation für FLINTA* Personen beschissen. Rechtskonservative Parteien mit rückschrittlichen Frauen*bildern gewinnen mehr und mehr Zuspruch.

Der neue Faschismus und das Patriarchat sind nicht nur eine Bedrohung unserer Freiheit sondern auch für unser Leben. Beate Fischer zu gedenken und dafür zu kämpfen, dass solche Taten nie wieder geschehen, bleibt unerlässlich.

Niemand ist vergessen! Hass auf Frauen* und Sexarbeit tötet!
In Gedenken an Beate Fischer – 1994 von Neonazis ermordet.

Aufruf zum Gedenken am 23. Juli 2020
Donnerstag, 23. Juli 2020 um 18 Uhr
Residenzstr. Ecke Emmentaler Str.
U-Bhf. Residenzstr. | Berlin-Reinickendorf

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„Der Staat ist der größte Zuhälter“ https://akkberlin.blackblogs.org/2020/04/07/der-staat-ist-der-groesste-zuhaelter/ Tue, 07 Apr 2020 16:03:03 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=611 Continue reading „Der Staat ist der größte Zuhälter“ ]]>
(Foto: AKK Berlin)

Am 23. Juli 2019 versammelten sich in Berlin-Reinickendorf Antifaschist*innen und Sexarbeiter*innen, um der 25 Jahre zuvor von Neonazis ermordeten Beate Fischer zu gedenken. Diese Kundgebung war doppelt bedeutsam: Sie beleuchtete einen bis dahin wenig beachteten Fall rechter Gewalt und rückte einen überfälligen Schulterschluss zwischen Antifaschismus und den Kämpfen von Sexarbeitenden in greifbarere Nähe.

Von Armand Lendale (Sexarbeiter*in)
[Erschienen im AIB 125/4.2019]

Beate Fischer war Sexarbeiter*in. Am Abend des 23. Juli 1994 traf sie am Bahnhof Berlin-Lichtenberg auf eine Gruppe junger Männer, mit denen sie in ihre Wohnung fuhr. Dort wurde sie über mehrere Stunden vergewaltigt, gefoltert und ermordet, ihr lebloser Körper zu den Mülltonnen im Hof gelegt. Die Täter waren Neonazis, aktiv in der rechten Hooligan-­Szene und gehörten zum Umfeld um das in der Weitlingstraße von Neonazis bewohnte Haus der „Nationalen Alternative“ (NA). Zwar wurden sie zu Haftstrafen zwischen 10 und 21 Jahren verurteilt, jedoch wurde der Mord an Beate Fischer erst 2018 als rechte Tat anerkannt.

Auch wenn der Tod Beate Fischers in seiner Grausamkeit und Brutalität unvorstellbar ist, so ist er dennoch kein Einzelfall. 2015 und 2016 misshandelten und vergewaltigten Mitglieder der „Frauen“ zwei Sexarbeiter*innen. In Berlin-Schöneberg werden in den letzten Jahren im Bereich der Frobenstraße arbeitende Trans-Sexarbeiter*innen wiederholt durch Männergruppen angegriffen – zusätzlich zu verstärkten Forderungen seitens Politik, Nachbarschaft und Immobilienunternehmen, Prostitution aus dem Viertel zu verbannen. Dies sind nur lokale Beispiele, Gewalt gegen Sexarbeiter*innen ist jedoch ein weltweites Problem.

Stigma erzeugt Gewalt

Wir dürfen Gewalt gegen Menschen in der Sexarbeit weder als bloße Einzelfälle faschistischer oder frauenfeindlicher Täter betrachten, noch diese Arbeit als inhärent gewalttätig abstempeln. Eine Mitarbeiterin von Hydra e.V., einem Verein für die rechtliche und soziale Gleichstellung von Sexarbeiter*innen, erklärte in einem Redebeitrag beim Beate Fischer-Gedenken:

Diese Aggressionen sind das Ergebnis struktureller Diskriminierung und Stigmatisierung. Die Gewalt kommt aus der Mitte einer Gesellschaft, in der der Wert eines Menschen an seine wirtschaftliche Effizienz und in der seine Grundversorgung an Bedingungen geknüpft ist. Eine Gesellschaft, in der Frauen die sexuelle Selbstbestimmung abgesprochen wird, ihre Arbeit als minderwertig gilt und ihre Körper zum Ziel patriarchaler Machtansprüche und Moralvorstellungen werden. Wo die LGBTIQ* Community noch immer für die Anerkennung ihrer Existenz und um Grundrechte kämpfen muss. Wo Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit an rassistischen Grenzen und Auflagen gehindert werden. In der Sexarbeit laufen viele dieser Unterdrückungsstrukturen zusammen.“

Nicht die Sexarbeit ist dabei das Problem, sondern die Strukturen, in denen sie sich bewegt, und das Stigma, welches Gewalt gegen Sexarbeiter*innen legitimiert und uns weiterhin isoliert. Gewalt wird dann begünstigt, wenn Sexarbeit kriminalisiert wird und Menschen aufgrund von prekärem Migrationsstatus und Homo- oder Transphobie mit dem Rücken zur Wand stehen. „Sexarbeit deckt in vielerlei Hinsicht die Doppelmoral und Widersprüche einer kapitalistischen, patriarchalen und rassistischen Gesellschaft auf“, so die Mitarbeiterin von Hydra e.V. weiter. Wenn Menschen strukturell zu Ausgegrenzten und Opfern erklärt werden „verwundert es somit nicht, dass vor allem Frauen, Queers und Migrant*innen die der Sexarbeit nachgehen, im Fokus rechter und staatlicher Gewalt stehen.“

Befremdlich ist jedoch, dass sich Huren­feindlichkeit durch alle politischen Strömungen zieht und auch innerhalb der Linken verbreitet ist. Dass „Prostitution“ zur Projektionsfläche für ideologische oder moralische Unbequemlichkeiten wird, lässt sich an einigen Vergleichen feststellen. Die ausbleibende Entrüstung bei anderer Care-­Arbeit zum Mindestlohn oder gar unbezahlter Reproduktionsarbeit zeigt, dass das Problem bei Sexarbeit nicht in der Ausbeutung von (weiblicher) Arbeitskraft gesehen wird, sondern in der Sexualisierung der Arbeit. Es gibt keine Lohnarbeit frei von Ausbeutung und für viele Sexarbeitende bietet diese Arbeit eine „bessere Alternative“ zu dem, was der patriarchale Kapitalismus zu bieten hat. Besonders für Migrant*innen und proletarische Queers ist sie ein wichtiges Mittel des Überlebens.

Die Ausblendung von queerer oder männlicher Sexarbeit aus der Diskussion dient dazu, ein vereinfachtes Narrativ durchzusetzen, in dem Frauen stumme Opfer und Männer triebhafte Täter sind – dabei wird kein Raum gelassen für selbstbestimmtes Organisieren Betroffener oder tiefere Analysen zu komplexen Problemen. Da sich kaum mit dem Thema Sexarbeit auseinandergesetzt wird (und wenn dann oftmals ohne die Stimmen von Sex­arbeitenden einzubeziehen), wird auf alte Stereotype zurückgegriffen. Eine verstärkte Vernetzung mit Sexarbeitenden und eigene kritische Recherche könnten hier Veränderungen bringen.

„Der Staat ist der größte Zuhälter“

Wenn wir uns die Kämpfe von Sexarbeitenden weltweit anschauen sehen wir, dass sie starke Bezüge haben zu anderen Bewegungen gegen Faschismus, Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und Autoritarismus.

Am 2. Juni 1975 besetzten Sexarbeiter*innen eine Kirche in Lyon, Frankreich um sich gegen Polizeiübergriffe zur Wehr zu setzen, sowie ein Ende von Bußgeldern und Haftstrafen für Sexarbeiter*innen zu fordern. Eine der Parolen war „Der Staat ist der größte Zuhälter“ und machte auf die Komplizenschaft staatlicher Behörden bei der Aufrechterhaltung schlechter (Arbeits-)Bedingungen und daraus resultierendem Profit aufmerksam. Seitdem ist der 2. Juni, der International Whore‘s Day, ein festes Datum für Aktionen von Sexarbeitenden.

In Deutschland ist seit 2017 das “ProstituiertenSchutzGesetz“ (ProstSchG) in Kraft. Ein Etikettenschwindel, zielt es doch vor allem auf die Kontrolle von Sexarbeitenden ab, welche sich bei staatlichen Behörden registrieren und einen Sonderausweis bei sich tragen müssen, ablehnend auch „Hurenausweis“ genannt. Die Polizei erhält das Recht Personen sowie Arbeitsplätze und Privatwohnungen ohne richterlichen Beschluss zu durchsuchen. Arbeitsplätze werden durch unrealistische Auflagen zerstört, ein Großteil der Sexarbeitenden durch die Verweigerung oder Un­mög­lichkeit einer Registrierung in die Illegalität getrieben und weiteren Gefahren ausgesetzt. Besonders migrantische Sexarbeiter*innen sind durch solche Maßnahmen betroffen und es liegt auf der Hand, dass dieses Gesetz auch dazu dienen soll, Migrant*innen eine mögliche Einkommensquelle vorzuenthalten und in den Billiglohnsektor abzudrängen. Weitere Motivationen sind die Kontrolle (weiblicher) Arbeitskraft sowie die Verdrängung von Sexarbeit zum Zwecke der Gentrifizierung, aber auch die Durchsetzung einer ideologisch und moralisch begründeten „Abschaffung der Prostitution“.

Die Registrierung und Kontrolle von Sexarbeitenden hat in Deutschland Tradition: Auch im Kaiserreich mussten sich sexarbeitende Frauen polizeilich melden. Die Paranoia, Sexarbeiter*innen als Quelle von Krankheit und Sittenverfall zu sehen, verstärkte sich um die Zeit der beiden Weltkriege, als vermeintliche Prostituierte öffentlich geoutet wurden. Der Höhepunkt dieser menschenverachtenden Politik wurde allerdings im Nationalsozialismus erreicht. In Nazi-Deutschland wurden sie unter dem Label „asozial und arbeitsscheu“ in Konzentrationslager deportiert, ausgebeutet und ermordet. Auch gab es bereits zu Kriegsbeginn 1939 eine verstärkte Zwangsregistrierung von Sexarbeitenden, da sie als „unkontrollierte und volkszersetzende Gruppe“ betrachtet wurden. Erst seit Kurzem wird von Politiker*innen eine Anerkennung dieser Menschen als offizielle Opfergruppe verhandelt.

Als wären die Konsequenzen des ProstituiertenSchutzGesetzes nicht bereits katastrophal genug, werden von Prostitutionsgegner*innen, einigen Politiker*innen und Kirchenverbänden verstärkte Repressionen (bspw. die sog. „Freierbestrafung“ / Nordic Model) oder ein komplettes Verbot der Sexarbeit gefordert. Da die Argumentationsmuster sehr denen des „War on Drugs“ oder des „War on Terror“ ähneln, sprechen Sexarbeitsaktivist*innen auch vom „war on sex“ work, angetrieben von der rescue industry, welche unter dem Vorwand der „Rettung von Prostituierten“ Profite erzielt und für repressivere Gesetze Stimmung macht.

Diese Maßnahmen sowie die Gleichsetzung von Menschenhandel und einvernehmlicher Sexarbeit sind in vielerlei Hinsicht problematisch. Zum einen werden dadurch Arbeitsrechte verunmöglicht, denn illegalisierte Arbeit kann keine Rechte haben. Zweitens wird Sexarbeitenden der Mund verboten – nicht nur werden sie als „nicht-repräsentative Privilegierte“ abgewunken, auch wird eine von Sexarbeitenden geführte Diskussion tatsächlicher Probleme erschwert, wenn eine argumentative Verteidigung gegen Anfeindungen den Raum einnimmt. Letztendlich wird auch verschwiegen, dass Menschenhandel sich nicht auf sexuelle Ausbeutung beschränkt: ein Großteil findet in der Agrar- und Textilindustrie sowie in der häuslichen Arbeit statt – ermöglicht durch Migrationsauflagen und Grenzregime. Weltweit setzen Organisationen von Sexarbeiter*innen diesen Entwicklungen die Forderung nach kompletter Dekriminalisierung bei gleichzeitiger Durchsetzung von Arbeitsrechten entgegen.

Perspektiven gemeinsamer Kämpfe

Entgegen aller Erwartungen wurde die Teilnehmer*innenzahl der Gedenkkundgebung für Beate Fischer übertroffen. Ein Grund könnte eine Politisierung unter Sexarbeitenden sein – angetrieben von repressiven Gesetzen und einer stärkeren internationalen Vernetzung. Doch diese Kundgebung kam nicht aus dem Nichts. Bereits am 17. August 2017 protestierten Sexarbeiter*innen und Antifaschist*innen gegen eine von der AfD geplante Veranstaltung zum Thema „Straßenstrich“ (die Veranstaltung musste aufgrund von Glasbruch am Veranstaltungsort abgesagt werden). In einem Redebeitrag meinte ein Sexarbeiter, dass es bei allen Gemeinsamkeiten nicht die AfD bräuchte, um Sexarbeitende und Antifaschist*innen einander näher zu bringen. Sexarbeitende haben in den letzten Jahren wiederholt bei linken Veranstaltungen Präsenz gezeigt, durch eigene Aktionen Inhalte gesetzt, sich organisiert und gegen Anfeindungen gewehrt. Ein Höhepunkt war die Demonstration anlässlich des Internationalen Hurentages 2019. Nicht nur, weil sie mit mehreren hundert Teilnehmenden eine der größten Mobilisierungen der letzten Jahre zum Thema war, sondern auch, weil sie in Redebeiträgen und durchgängig skandierten Parolen den Kampf der Sexarbeitenden mit anderen Bewegungen verband:

–  „My Body = my choice
–  „No Borders, No Nations, Stop Deportations
–  „Stop the violence stop the hate – smash the police state
–  „We raise our kids, work all night – side by side we‘re ready to fight
–  „Arrest us, just try it, Stonewall was a riot

Dieses steigende politische Bewusstsein und die Bereitschaft unter Sexarbeitenden, für die eigenen Positionen einzustehen, ist nicht nur ein Berliner Phänomen, sondern ein weltweites. Doch wir bewegen uns weiterhin in Isolation und sind Angriffen und Marginalisierung ausgesetzt. Dafür brauchen wir Verbündete und müssen aktiv Brücken zu anderen Bewegungen aufbauen. Wenn Antifaschismus bedeutet, sich gegen faschistische Gewalt, Patriarchat, Kapitalismus und einen autoritären Staat zur Wehr zu setzen und Ausgegrenzte der Gesellschaft zu unterstützen, dann sind die Kämpfe von Sexarbeiter*innen wesensverwandt. Eine verstärkte Vernetzung könnte theoretisch und praktisch bei allen Beteiligten zu neuen Erkenntnissen und Erfahrungen führen, welche für zukünftige Kämpfe notwendig sein werden.

Leseempfehlungen:

– Melissa Gira Grant – Hure spielen: Die Arbeit der Sexarbeit
– Juno Mac & Molly Smith – Revolting Prostitutes: The fight for sex workers‘   rights
– Jenny Künkel & Kathrin Schrader –   Sexarbeit: Feministische Perspektiven

Organisationen für Sexarbeiter*innenrechte:

– Hydra e.V. (Berlin)
– Doña Carmen e.V. (Frankfurt/Main)
– Berufsverband erotische und sexuelle   Dienstleistungen e.V. (deutschlandweit)

Quelle: www.antifainfoblatt.de

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[Fotos] Beate Fischer Gedenken 23.07.2019 https://akkberlin.blackblogs.org/2019/07/23/fotos-beate-fischer-gedenken-23-07-2019/ Tue, 23 Jul 2019 20:49:46 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=185 Ca. 50 Menschen nahmen in Berlin Reinickendorf am 23.07.2019 an der Gedenkkundgebung für die 1994 von Neonazis ermordete Beate Fischer teil. In Redebeiträgen wurde rechte Gewalt, Gewalt gegen Frauen und die Stigmatisierung von Sexarbeit|er*innen thematisiert.

 

 

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In Gedenken an Beate Fischer – 1994 von Neonazis ermordet https://akkberlin.blackblogs.org/2019/07/17/in-gedenken-an-beate-fischer-1994-von-neonazis-ermordet/ Wed, 17 Jul 2019 06:31:20 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=176 Continue reading In Gedenken an Beate Fischer – 1994 von Neonazis ermordet ]]>

Niemand ist vergessen!
In Gedenken an Beate Fischer – 1994 von Neonazis ermordet

Aufruf zum Gedenken am 23. Juli 2019

Dienstag, 23. Juli um 18 Uhr
Residenzstr. Ecke Emmentaler Str.
U-Bhf. Residenzstr. | Berlin-Reinickendorf

Am 23. Juli 1994 wurde Beate Fischer von drei jungen Neonazis nach stundenlanger Vergewaltigung und Folter ermordet. Die zu diesem Zeitpunkt 32 Jahre alte Beate Fischer kam aus Weißensee und war Mutter zweier Kinder. Beate Fischer war zudem Sexarbeiterin. Ihr Todestag jährt sich in diesem Jahr zum 25. Mal.

Am Abend des 23. Julis 1994, einem Samstag Abend, traf sie am S-Bahnhof Lichtenberg auf die späteren Täter. Nachdem sie (laut Gericht) zunächst freiwillig mit ihnen in die Wohnung in Reinickendorf fuhr, endete der Abend für sie in stundenlanger Vergewaltigungen, Folter, mehreren Mordversuchen und schließlich ihrem Tod. Die Neonazis legten ihren Körper zu den Mülltonnen vor dem Haus. Die Täter wurde im anschließenden Prozess zu Strafen zwischen 10 und 21 Jahren verurteilt. Trotzdem hat das Gericht die politische Dimension des Falls verkannt. Erst 2018 wurde der Mord an ihr als rechte Tat anerkannt. Die Aburteilung Beate Fischers durch die Neonazis als »minderwertig«, die Brutalität des Mordes, der ideologische Hintergrund der Täter und deren unglaubliche Freude an Gewalt waren die Gründe für diese Anerkennung.

Vor allem der Hintergrund der Neonazis war aber ausschlaggebend: Einer der Täter lebte eine Zeit lang im von Neonazis besetzten Haus in der Lichtenberger Weitlingstraße. Das Haus unterstand der Kontrolle der Neoanziorganisation »Nationale Alternative« (NA). An den Wochenenden fuhr er zusammen mit einer Wehrsportgruppe für militärische Übungen ins Berliner Umland. Auch die anderen Täter bewegten sich in rechten Jugendcliquen, die sich im Fußballhoolmilieu sammelten (v.a. Hertha & BFC Dynamo). Die Neonazis, alle zwischen 18 und 24 Jahren alt, ermordeten sie nicht nur aus Frauen*feindlichkeit heraus, sondern auch aufgrund der Stigmatisierung Beate Fischers als Sexarbeiter*in. Beate Fischer war und ist in beiden Hinsichten nie ein Einzelfall gewesen, weder 1994 noch heute.

Für Frauen gilt in unserer so »aufgeklärten« Gesellschaft immer noch eine rigide Sexualmoral. Wer mit wechselnden Männern Sex hat und dafür auch noch Geld nimmt, muss mit Sanktionen rechnen – das geht von Verachtung über Beleidigungen, von juristische Fallstricken bis hin zu körperlichen Angriffen und sogar Morden. Dahinter steht das Bild der bürgerlichen, sexuell reinen Frau und Mutter, die ihrem Ehemann treu und von ihm finanziell abhängig ist. Sexarbeiter*innen verstoßen gleich zweifach gegen diese Regel: Nicht nur verweigern sie sich der sexuellen Treue, dazu kommt die finanzielle Unabhängigkeit, die dieser Job verschaffen kann. Das Bild, was ihnen entgegengehalten wird, nennt man »Huren-Stigma«. Es beinhaltet den Vorwurf, die Betroffene sei »unehrenhaft«, weil sie ihre »Ehre«, also ihre Sexualität, verkaufe. Heutzutage trifft sich dieser Vorwurf oft mit dem Stigma der psychischen Krankheit, wenn Sexarbeiterinnen pauschal Depression oder eine »schwierige Kindheit« vorgehalten wird.

Doch paradoxerweise sind nicht nur Sexarbeiterinnen vom »Huren-Stigma« betroffen. Es kann im Grunde jede treffen, die in irgendeiner Weise von dem abweicht, was von ihr erwartet wird. Ob man knappe Kleidung trägt oder man Affären hat, ob man gerne tanzen geht oder auch nur zu selbstbewusst auftritt; die allermeisten Frauen sind wohl schon als »Hure« bezeichnet worden, und das in den unnsinnigsten Situationen. Ganz besonders trifft das aber natürlich Frauen, die sowieso schon am meisten unter der Gesamtscheiße zu leiden haben, nämlich Schwarze Frauen, Trans*-Frauen, obdachlose Frauen und viele andere mehr – all jene, die von dem Ideal der weißen, bürgerlichen Frau abweichen.
Das »Huren-Stigma« ist nur eins von vielen Stigmata, in denen sich die Frauenverachtung der Gesellschaft zeigt. Und die ist keine bloße Frage von blöden Sprüchen und ungewollten Blicken: Frauenverachtung tötet.
Laut Medienberichten und Statistiken wurden im Jahr 2016 insgesamt 70.000 gezielte Körperverletzung gegen Frauen* registriert. 11.900 wurden gefährlich verletzt. Mehr als 16.700 Frauen wurden von ihrem Partner bedroht und mehr als 7600 Frauen von ihrem (Ex)-Partner gestalkt. In 357 Fällen ging es um Mord oder Totschlag – bei 208 Fällen überlebte die Frau, bei 149 nicht. Das heißt, dass in Deutschland jeden dritten Tag eine Frau ermordet wird, meist von ihren Beziehungspartnern, ihrer Familie oder ihrem direkten Umfeld.

Der Mord an Beate Fischer liegt nicht nur in der Gewalttätigkeit einzelner Männer oder gar Neonazis begründet. Er ist Teil der patriarchalen Organisation unserer Gesellschaft, und deshalb kämpfen wir für eine bessere Welt jenseits des Patriarchats. Diese patriarchale Ordnung erfüllt innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft eine bestimmte Aufgabe: un(ter-)bezahlte Care- und Reproduktionsarbeit sind notwendig, um widerum Arbeitskraft zu regenerieren und zu reproduzieren. Innerhalb des Kapitalismus wird sich das Patriachat nicht zerstören lassen, ebenso wie sich der Kapitalismus nicht innerhalb des Patriachats zerstören lässt, da beide Gesellschaftsformen sich auch gegenseitig bedingen und am Leben erhalten. Gerade deshalb sind Initiativen wie die Arbeitskämpfe in der Care-Branche oder der Frauen*-Streik wichtig, da sie Klassenkämpfe unter spezifisch feministischen und antipatriachalen Gesichtspunkten führen.
Die faschistische Gewalt ist somit eine Zuspitzung von Gewalt, die bereits im bürgerlich-liberalen Kapitalismus wirkt. Auch hier zeigt sich die Verwandtschaft dieser bürgerlichen Formen von Herrschaft, ihrer liberalen und ihrer offen terroristischen.

An Beate Fischer zu gedenken, bedeutet nicht nur einem rechten Mord zu gedenken, sondern auch allen anderen Frauen*, sowie Sexarbeiter*innen, die von dieser Gewalt betroffen waren und sind.

Den Frauen*morden entgegentreten!
Die Stigmatisierung von Sexarbeiter*innen bekämpfen!
An die Opfer von rechter Gewalt gedenken!
Erinnern heißt kämpfen!
Niemand ist vergessen! 

Organisiert vom Netzwerk »Niemand ist vergessen!«
Infos unter: www.berlin.niemandistvergessen.net

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