Repression – Antifaschistisches Kaffeekränzchen Berlin https://akkberlin.blackblogs.org Sun, 19 Jul 2020 21:10:24 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://akkberlin.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/851/2019/03/cropped-AKKLogo.cleaned-32x32.jpg Repression – Antifaschistisches Kaffeekränzchen Berlin https://akkberlin.blackblogs.org 32 32 Gemeinschaftlicher Widerstand gegen Repression, Polizeigewalt und Rassismus https://akkberlin.blackblogs.org/2020/07/19/gemeinschaftlicher-widerstand-gegen-repression-polizeigewalt-und-rassismus/ Sun, 19 Jul 2020 21:10:24 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=831 Continue reading Gemeinschaftlicher Widerstand gegen Repression, Polizeigewalt und Rassismus ]]>

Kundgebung am 25.7. in Berlin

In vielen Bereichen sind wir immer wieder mit staatlicher Gewalt konfrontiert. Sei es bei Demonstrationen, Blockaden, Besetzungen oder Kontrollen und Schikanen im öffentlichen Raum. Wir wollen uns gemeinsam gegen die Repression stellen, uns vernetzen, gegenseitig unterstützen und bestärken. Deswegen rufen wir auf zu einer Kundgebung, am 25. Juli2020 um 13 Uhr am Hermannplatz in Berlin-Neukölln. Es wird Redebeiträge von verschiedenen Initiativen geben, die gegen Repression, Polizeigewalt und Rassismus aktiv sind.

Kommt am 25. Juli um 13 Uhr zur Kundgebung am Hermannplatz! Solidarität ist unsere Waffe!

Solidarität mit allen von Repression Betroffenen!

Bei der Black Lives Matter Demonstration Anfang Juni in Berlin kam es zu brutalen rassistischen Festnahmen und gewalttätigen Übergriffen durch die Polizei. Auch während der Einschränkungen des Versammlungsrechtes in den letzten Monaten im Rahmen der Corona-Maßnahmen kam es wiederholt zu Polizeischikanen, die nichts mit dem Infektionsschutz zu tun hatten, sondern wodurch politischer Protest kriminalisiert und eingeschränkt werden sollte.

Racial Profiling, das heißt rassistische polizeiliche Kontrollen sind für Schwarze und People of Color in Berlin Alltag. An so genannten »kriminalitätsbelasteten Orten « ist es Polizist*innen erlaubt unabhängig von einem Straftatsverdacht Menschen zu kontrollieren und zu durchsuchen. Auch in der Rigaerstraße in Friedrichshain finden seit Jahren Polizeischikanen und Kontrollen statt. Die Rigaer Straße und umliegende Bereiche wurden ebenfalls als so genanntes Gefahrengebiet deklariert.

Bundesweit sind Linke von Repression betroffen. Anfang Juli 2020 gab es in Baden-Württemberg neun Hausdurchsuchungen gegen Antifaschist*innen, eine Person ist in Haft. Die Durchsuchungen stehen laut der Ermittlungsgruppe „Arena“ im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung zwischen Nazis der selbsternannten Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ und Antifaschist*innen. Im Juni gab es Razzien im Leipziger Stadtteil Connewitz durch die Sonderkommission „LinX“ gegen mehrere linke Aktivist*innen. Während der Durchsuchungen traten Polizist*innen auf der Straße mit Maschinenpistole im Anschlag auf. Ebenfalls im Juni fanden in Frankfurt am Main Durchsuchungen statt, auch die Räumlichkeiten des Asta waren betroffen. Vorwürfe gegen die Betroffenen sind die Bildung einer terroristischen Vereinigung nach Paragraph 129a. Anfang Januar 2020 begann der Prozess gegen die „Drei von der Parkbank“. Bereits seit Anfang Juli 2019 sitzen zwei Menschen deswegen in Untersuchungshaft im Knast in Hamburg. Die Generalstaatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten vor, Anschläge zum Jahrestag des G20-Gipfels geplant zu haben.

Getroffen hat es einige, gemeint sind wir alle!

Massive Polizeigewalt gab es beim G20-Gipfel in Hamburg 2017. Verurteilt wurden die Täter*innen in Uniform nicht. Von den 169 eingeleiteten Verfahren, 133 davon wegen Körperverletzung im Amt, hat bislang kein einziges zu einer Anklage geführt. Stattdessen findet eine nicht endende Repression gegen Gipfelgegner*innen statt. 1,5 Jahre ging der so genannte Elbchaussee-Prozess gegen Loic und vier Menschen aus Offenbach. Die Staatsanwaltschaft verlangt mehrjährige Haftstrafen. Am 10. Juli wurde das Urteil verkündet. Es gab Gefängnisstrafen für das bloße Mitlaufen in einem Demonstrationszug, ohne dass den Angeklagten konkrete Taten vorgeworfen werden. Der französische Aktivist Loïc erhielt eine Haftstrafe von drei Jahren. Zwei Angeklagte aus Hessen bekamen ein Jahr und fünf Monate beziehungsweise ein Jahr und drei Monate auf Bewährung. Diese Verurteilungen werden Auswirkungen auf weitere Verfahren haben und stellen einen massiven Angriff auf das Demonstrationsrecht dar. Ein weiteres politisches Großverfahren gegen mindestens 86 linke Aktivist*innen, angeklagt durch die Staatsanwaltschaft Hamburg, steht noch an. Hintergrund ist die Zerschlagung eines Demonstrationszuges am 06. Juli 2017 auf der Straße „Rondenbarg“ in Hamburg durch die für Gewaltausbrüche bekannte Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) Blumberg der Bundespolizei.

Im Rahmen unserer Kampagne „Gemeinschaftlicher Widerstand“ rufen wir für den Samstag vor dem ersten Prozesstag – bislang Tag X – zu dezentralen Aktionen in verschiedenen Städten auf. In Berlin wird es eine Demo geben, achtet auf Ankündigungen. Nur mit praktischer Solidarität können wir die Verfahren in Verbindung mit konsequenter Aussageverweigerung zu einem Desaster für Polizei und Staatsanwaltschaft machen.

Rassistische Polizeigewalt stoppen!

Rassistische Polizeigewalt gehört in Deutschland zum Alltag. Verschiedene Initiativen und Kampagnen wie Ban!Racial Profiling, Justizwatch und Death in Custody kämpfen seit Jahren gegen den Rassismus des deutschen Staates. Mindestens 161 Schwarze Menschen und People of
Color wurden seit 1990 von der Polizei getötet oder kamen in Polizeigewahrsam oder in Haft ums Leben. Hussam Fadl wurde 2016 von der Berliner Polizei getötet. Er war Geflüchteter aus dem Irak und wurde bei einem Polizeieinsatz auf dem Gelände einer Geflüchteten-Unterkunft von hinten erschossen. Obwohl das Berliner Kammergericht neue Ermittlungen angeordnet hat, gibt es bisher keine Anklageerhebung gegen die Todesschützen.

One struggle One Fight

Am 7. August ist der Räumungstermin der linken Kneipe Syndikat in Neukölln. Nicht nur das Syndikat ist akut bedroht, viele linke Räume und alternative Lebensformen in Berlin sind in Gefahr. Das anarcha-queerfeministische Hausprojekt Liebig34, die Kneipe Meuterei und das selbstverwaltete Jugendzentrum Potse sollen geräumt werden. Lasst uns gemeinsam kämpfen für den Erhalt aller Projekte! Überall gibt es Polizeigewalt, Kriminalisierung und Unterdrückung. Doch wir lassen uns nicht einschüchtern und kämpfen weiter für eine Welt ohne Rassismus, Kapitalismus und Patriarchat!

Kommt am 25. Juli um 13 Uhr zur Kundgebung am Hermannplatz! Solidarität ist unsere Waffe!

Quelle: https://gemeinschaftlich.noblogs.org/gemeinschaftlicher-widerstand-gegen-repression-polizeigewalt-und-rassismus-kundgebung-am-25-7-in-berlin/

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Stellungnahme zu rassistischer Polizeigewalt am 6.6.2020 in Berlin https://akkberlin.blackblogs.org/2020/06/10/stellungnahme-zu-rassistischer-polizeigewalt-am-6-6-2020-in-berlin/ Wed, 10 Jun 2020 13:15:12 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=763 Continue reading Stellungnahme zu rassistischer Polizeigewalt am 6.6.2020 in Berlin ]]> Verfasser*innen: Zusammenschluss Schwarzer Aktivistinnen – Linker Block bei der silent Demo Berlin ([email protected])

Bei den Berliner Protesten am vergangenen Samstag anlässlich des Mordes an George Floyd durch weiße Polizisten in den USA, rief uns die deutsche Polizei eindrücklich in Erinnerung, dass auch hierzulande rassistische Polizeigewalt zum Alltag gehört.

Die vielen antirassistischen Demonstrationen des letzten Samstags hatten zum Ziel, die Aufmerksamkeit auch auf den Rassismus in Deutschland zu lenken.

Seit vielen Jahren kämpfen Aktivist*innen und Organisationen gegen den Rassismus des deutschen Staates in all seinen Institutionen. Besonders rassistische Polizeigewalt ist dabei immer wieder ein zentrales Thema. Mit Kampagnen wie Ban!Racial Profiling, Justizwatch, Death in Custody setzen sie sich seit Jahren dagegen ein.

Und so wurden wir auch am vergangen Samstag Zeuginnen der willkürlichen Festnahme vieler Demonstrantinnen. In zahlreichen über Social Media verbreiteten Videos mussten wir sehen, dass junge Schwarze Menschen von der Polizei nicht nur ohne ersichtlichen Grund, sondern zudem auf brutalste Weise festgenommen wurden.

Es ist zynisch, wenn auf einer Demonstration anlässlich eines rassistischen Mordes schon wieder weiße Polizisten im Nacken Schwarzer Menschen knien. Es ist außerdem grotesk und offenbart den scheinheiligen Charakter der Debatte, dass uns die Nachrichten von rassistischer Polizeigewalt aus den USA erreichen und sogar in den bekannten deutschen Medien darüber berichtet wird, die rassistische Gewalt deutscher Polizist*innen aber nicht thematisiert oder sogar bestritten wird.

Ein Großteil der aktuellen Berichterstattung über den letzten Samstag betreibt und fördert einen Diskurs der Täter-Opfer-Umkehr. Oft wurde unkommentiert die polizeiliche Darstellung reproduziert. Durch Aussagen wie vom Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei dass Teilnehmende mit ihren Schildern provoziert hätten, wird die Unverhältnismäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen deutlich. Damit werden die oft sehr jungen Personen, die von polizeilichen Schikanen und Übergriffen betroffen sind und von denen überproportional viele Schwarz oder of Color sind, zu Täter*innen gemacht. Es wird ein Narrativ geschaffen, in dem die bloße Teilnahme an den Demonstrationen einen Grund für polizeiliche Übergriffe liefert.

Da viele von uns selbst vor Ort waren und bis zum jetzigen Augenblick Zeuginnen-Berichte & Video Material zu den einzelnen Fällen zusammentragen und auswerten, besteht für uns kein Zweifel daran, dass diese polizeilichen Gewaltexzesse, Schikanen und Bedrohungen von jugendlichen Demonstrantinnen von einem rassistischen Klima geprägt sind.

Ebenso würden wir auch die mediale Berichterstattung beurteilen, die zwar vereinzelt von Polizeigewalt berichtet, aber weitestgehend die Positionierung der Betroffenen und die rassistische Motivation der Angriffe unterschlägt.

Laut Medienberichten ist von 93 Verhaftungen die Rede. Doch für mindestens zwei Schwarze Teilnehmer*innen endete die Demonstration nach polizeilichen Übergriffen sogar im Krankenhaus. Von den Inhaftierten – teils Minderjährigen – wurden einige erst weit nach 24 Uhr entlassen.

Wenn drei junge Frauen mit Schildern, die ihren Unmut über Polizeigewalt ausdrücken, auf dem Weg nach Hause, Anlass genug bieten, dass zwei von ihnen sich kurzer Hand in einer Situation befinden, in der sie grob und ohne rechtliche Grundlage festgenommen werden – könnten wir von polizeilicher Willkür sprechen. Wenn wir aber wissen, dass die dritte Freundin nicht mal von den Polizisten beachtet wurde, ob wohl sie das gleiche Schild wie ihre beiden verhafteten Freundinnen trug, und der einzige Unterschied darin bestand, das sie weiß ist und ihre beiden Freundinnen Schwarz sind, lässt sich hier wohl nicht mehr von reiner Polizeiwillkür sprechen, sondern ganz klar von rassistischer Polizeigewalt.

Eine minderjährige Person of Color wurde von der Polizei unter anderem bespuckt und rassistisch beleidigt, dann abgeführt und im Regen mit den Händen auf dem Rücken eine Stunde lang sitzen gelassen, er wurde gefesselt verhört und anschließend komplett durchnässt wieder ins Freie gesetzt.

Diese und weitere Bilder und Berichte zeugen davon, dass Schwarze Menschen und Menschen of Color im Anschluss an die angemeldeten Kundgebungen auf ihrem Weg nach Hause, beim Verweilen mit Freund*innen oder dabei wie sie sich am Alexanderplatz etwas zu essen kaufen wollten, plötzlich angegriffen und kriminalisiert wurden.

Die fehlende Bereitschaft der Polizistinnen, offensichtlich unverhältnismäßig agierende Kolleginnen zurückzuhalten und zu intervenieren, erschreckt. Ein Video zeigt eindeutig, wie Kolleginnen hinzukommen und auf einen bereits auf dem Boden fixierten Schwarzen Mann einschlagen. Es werden in der Konsequenz gar weitere Teilnehmende festgenommen. Sie werden der versuchten Gefangenenbefreiung sowie dem Widerstand gegenüber Vollstreckungsbeamten beschuldigt, obwohl sie sich lediglich im Affekt schützend vor die angegriffenen Demonstrantinnen stellen oder ihre Arme zu Abwehr ausstrecken.

Wir sehen im Vorgehen der Berliner Polizei eine systematische Abschreckungsstrategie. Denn natürlich ist es traumatisierend, grundlos Gewalt zu erfahren oder der eigenen Freiheit beraubt zu werden. Man scheint jungen Menschen davor Angst machen zu wollen, sich für die eigenen Rechte und eine gerechte Gesellschaft einzusetzen. Ihren Protest brechen. Dabei zeigt sich, dass AllBlackLivesMatter noch sehr weit von der deutschen Realität entfernt ist.

Wir können nur hoffen, dass diejenigen, die Ziel und Zeug*innen dieser rassistischen Gewalt wurden, sich dadurch nicht etwa aufhalten lassen, sondern sich viel mehr ermutigt und bestätigt fühlen, weiterhin unhaltbare Zustände anzuprangern.

Es ist nicht nur ärgerlich, sondern systematisch, dass die Medien im Anschluss von Gewalt gegen die Polizei sprechen, die in voller Kampfmontur gegen Jugendliche (teils Minderjährige) vorgingen, nicht aber von der Gewalt, die die Jugendlichen erfuhren. Und fast durchweg wird davor zurückgeschreckt zu benennen, was die Bilder uns zeigen: Rassistische Polizeigewalt!

Die Ereignisse vom Wochenende sind unter anderem eine Bewährungsprobe für das frisch vom Berliner Senat beschlossenen Landes-Antidiskriminierungsgesetz, auf dessen Grundlage nach Langem auch diskriminierende (also z.B. rassistische) Handlungen der Polizei geahndet werden müssten. Ob auf den Beschluss des LADG am 4.6. (obwohl es juristisch noch nicht in Kraft getreten ist) politisch Bezug genommen wird, wird zeigen ob es sich beim LADG um mehr als reine Symbolpolitik handelt.

Sollte dieses Vorgehen der Polizei folgenlos bleiben, müssen wir uns vor Augen führen, was die Konsequenz gewesen wäre, hätte ein solches Vorgehen im Rahmen der (sehr weißen) Friday for Futures Demonstrationen stattgefunden. Jugendliche protestieren für ihre Rechte, für ihre Zukunft, für unsere Zukunft – ob bei Klimagerechtigkeit oder Anti-Rassismus.

Wo bleibt also euer Aufschrei bei Rassistischer Polizeigewalt gegen diese jungen Menschen?

#BlackLivesMatter

Unterzeichner*innen:
Audream. mobile antirassistische Bibliothek
Migrantifa Berlin
Each One Teach One (EOTO) e.V.
Maywords – Schwarze Feminismen in Deutschland
IN*VISION. Seminar&Festival
Migrationsrat Berlin e.V.
Black Lives Matter Berlin
ISD Bund – Initiative Schwarze Menschen in Deutschland
Falken Berlin
HabeshaNetzwerkBerlin
Netzwerk Polylux e.V.
Initiative in Gedenken an Oury Jalloh
Kein Generalverdacht
Aktionsbündnis Antira – ABA
Rote Hilfe e. V. Ortsgruppe Berlin

Quelle: http://www.berlin.rote-hilfe.de/stellungnahme-zu-rassistischer-polizeigewalt-am-6-6-2020-in-berlin/

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Corona: Radikale Kritik jetzt! Raus aus der Angststarre! https://akkberlin.blackblogs.org/2020/03/26/corona-radikale-kritik-jetzt-raus-aus-der-angststarre/ Thu, 26 Mar 2020 07:36:12 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=589 Continue reading Corona: Radikale Kritik jetzt! Raus aus der Angststarre! ]]> Folgender Text geht auf einen Austausch linker Potsdamer Aktivist*innen über die jetzige Lage zurück. Sie wollen dazu ermutigen, jetzt erst recht aktiv zu werden und die Mahnung „Stay at home“ nicht mit dem Rückzug ins Private zu verwechseln
 

Die Corona-Lehre — von Thomas Gsella

Quarantänehäuser spriessen,
Ärzte, Betten überall
Forscher forschen, Gelder fliessen-
Politik mit Überschall

Also hat sie klargestellt:
Wenn sie will, dann kann die Welt
Also will sie nicht beenden
Das Krepieren in den Kriegen
Das Verrecken vor den Stränden
Und das Kinder schreiend liegen
In den Zelten, zitternd, nass
Also will sie. Alles das.

Folgender Text geht auf einen Austausch linker Potsdamer Aktivist*innen über die jetzige Lage zurück.

Wir wollen dazu ermutigen, jetzt erst recht aktiv zu werden und die Mahnung „Stay at home“ nicht mit dem Rückzug ins Private oder gar mit der Aufgabe kritischen Bewusstseins zu verwechseln. Daneben darf Kritik an autoritären Maßnahmen nicht zur Verharmlosung der Viruspandemie führen. 

Gleichzeitig rufen wir dazu auf: Organisiert euch, lebt Solidarität und bekämpft das System! Der Kapitalismus und der markthörige Parlamentarismus sind mitschuldig an den verheerenden Auswirkungen der Pandemie und langfristig verschärfen sie die Folgen. Es bringt nichts, sich dem Ausnahmezustand billigend zu unterwerfen.

 

Die Ausbreitung des Virus trifft auf ein kaputtes Gesundheitssystem

Mittlerweile erstreckt sich die Ausbreitung des Corona-Virus auf ganze Weltregionen. Gegen das erstmals in der chinesischen Stadt Wuhan dokumentierte Virus SARS-CoV‑2 ist niemand immun. Es ist nicht vergleichbar mit der saisonal auftretenden Grippe. In Deutschland verdoppelt sich momentan die Zahl der nachgewiesenen Infektionen mit SARS-CoV‑2 durchschnittlich alle 3 Tage. Das exponentielle Wachstum der Infektionskrankheit treibt ebenso die Zahl der infizierten Personen rasant nach oben, die ohne eine intensivstationäre Behandlung sterben. Während in Deutschland rund 30.000 Betten auf Intensivstationen bereitstehen, die zum Großteil regulär belegt sind, ist nach bisherigen epidemiologischen Modellen ein Vielfaches an Intensivbetten vonnöten, um den zusätzlichen Bedarf zu decken – ganz zu schweigen vom fehlenden und ausgelaugten Personal.

Die krasse Diskrepanz zwischen realer Kapazität und intensivstationärem Bedarf bei ungebremster Ausbreitung des Virus erklärt die Überforderung des italienischen Gesundheitssystems. Dort wird selektiert: Einige haben Glück und bekommen eine Behandlung, andere lässt man sterben. Gleichzeitig trifft der Zusammenbruch die Gesundheitskrise nicht nur die Coronainfizierten. Auch diejenigen, die einer „normalen“ Behandlung bedürfen, werden nun hinten angestellt. So findet bereits jetzt in Deutschland gefährliches Selektieren statt.

Eine Epidemie kommt nicht alle Tage vor, ist jedoch kein unrealistisches Szenario. Seit Jahren weisen u.a. Gewerkschaften und Aktivist*innen auf eklatante Folgen eines neoliberalisierten Gesundheitssystems hin und kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen sowie einen gerechten Zugang zu Gesundheitsleistungen für alle. Dass sich Menschen als Konkurrent*innen um elementare Versorgung gegenüberstehen, können wir nicht hinnehmen. Staaten leisten sich ungeheure Verteidigungshaushalte zum Vorhalten von unsinnigem und – wenn im Einsatz – tödlichem Militärgerät. Die Rüstungsindustrie freut das, während die Gesellschaft für eine vorgebliche Sicherheit Milliarden verschleudert. Dagegen scheint ein Gesundheitssystem mit vorsorgenden Kapazitäten, was für alle Menschen zu Gute kommt, für Staat und Kapital wenig profitabel zu sein. Diese Profitlogik ist das eigentliche Sicherheitsrisiko.
Die Corona-Krise ist eine Krise der Gesundheitsversorgung!

 

Autoritäre Maßnahmen folgen der Linie der üblichen Interessenpolitik

Angesichts autoritärer staatlicher Maßnahmen werden auch linke Stimmen lauter, die das Virus reflexhaft relativieren oder mit gefährlichen Verschwörungsmythen liebäugeln. Die Behauptung, wir hätten es mit einer gesteuerten Panikmache durch Wissenschaft, Medien und Pharmaindustrie in Personalunion zu tun, ist eine verflachte, eskapistische Diagnose, die mit einer systemkritischen Analyse der Verhältnisse nichts zu tun hat. Das hilft uns nicht und führt auch nicht zur Stärkung unserer Handlungsfähigkeit.

Nicht das Virus selbst, sondern die Angst vor dem Zusammenbruch des Gesundheitssystems und dem damit verbundenen staatlichen Kontrollverlust erklärt die Reaktion vieler Staaten. Autoritäre Notstandspolitik soll die Ausbreitung des Virus bremsen. Das wohl anschaulichste Beispiel ist gerade Ungarn, wo Orbán den Staat mittels Notstand in Richtung einer Diktatur steuert. Dabei sind die Maßnahmen höchst widersprüchlich und folgen der üblichen Verteilung von Interessen- und Nationalstaatspolitik. Kurz gesagt: Wo der Staat verhältnismäßig geringe ökonomische und gesellschaftliche Widerstände spürt, werden harte Einschnitte in Grundrechte durchgesetzt (z.B. Bewegungsfreiheit, Privatsphäre). Gleichzeitig sind die Maßnahmen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt zum Schutz der Menschen lächerlich. Das zeigen uns die streikenden Amazon-Mitarbeiter*innen. Die derzeitigen Hilfsmaßnahmen hören an Nationalstaatsgrenzen auf. Hierzulande noch freie Krankenhauskapazitäten werden bspw. aktuell nicht für Italiener*innen genutzt. Die deutsche Finanzpolitik freut sich über niedrige Kreditzinsen für ihre Hilfspakete. Dagegen hält die Bundesregierung nach wie vor an einer harten EU-Finanzpolitik wie in Zeiten der Finanzkrise fest, was für Länder wie Italien der finanzielle Ruin bedeutet.

Dort, wo Mitglieder dieser Gesellschaft als überflüssig gelten, entpuppt sich der staatlich propagierte Anspruch, uns zu schützen als menschenverachtender Zynismus. 

Dazu einige Beispiele:

  • Die mit Blick auf das zehntausendfache Leid lächerliche Zusage, ein paar Hundert Kinder aus den griechischen Lagern nach Deutschland zu holen, wurde vor kurzem durch die Bundesregierung auf Eis gelegt. Der Grund dafür sei die Ausbreitung des Corona-Virus. Dabei gefährdet gerade die Ausbreitung des Virus in den Flüchtlingslagern ohne hygienische Mindeststandards massenhaft menschliches Leben.
  • Statt Menschen sofort aus beengten Sammelunterkünften rauszuholen und in Wohnungen oder Hotels unterzubringen, damit die Ansteckungsgefahr reduziert wird, nutzt der Staat alle polizeilichen Mittel bis zum SEK-Einsatz. So wurde die Erstaufnahme in Suhl/Thüringen unter Quarantäne gestellt und damit in eine Haftanstalt für 500 Menschen verwandelt. Die Folgen sind absehbar, die Ansteckungsgefahr hoch.
  • In Italien wurden schnell Besuchs- und Beschäftigungsverbote in den Knästen verhängt. Das Personal geht jedoch ein und aus. Es kam zu Knastrevolten, da die Vorkehrungen gegen Infektionen absurd und die noch krassere Isolation in den Knästen unerträglich ist.
  • Die vergleichsweise frühe Schließung der Tafeln und die Beschneidung karitativer Strukturen schneiden die finanziell Schwächsten von der Möglichkeit der Essens- und Grundversorgung ab.
Die finanziellen Folgen des Shutdowns des öffentlichen Lebens sind für diejenigen existenziell bedrohlich, die schon vorher ökonomisch am Rand oder außerhalb der Gesellschaft standen. Das Ausmaß der weiteren Prekarisierung von weiten Teilen der Bevölkerung im von oben auferlegten de facto größten Generalstreik der Gegenwart kann nicht abgeschätzt werden. Währenddessen wird die ökonomische Krise den „Selektionsprozess“ im Kapitalismus immens verstärken. Die ohnehin starken Kapitalfraktionen werden gestärkt aus der Krise hervorgehen, während kleine Akteure untergehen. Währenddessen nutzen Hardliner einer repressiven Sicherheits- und Überwachungspolitik die „Gunst der Stunde“, um Präzedenzfälle für ihre Agenda zu schaffen (Bundeswehreinsatz im Innern, flächendeckende Überwachung des Handynetzes, willkürliche Polizeikontrollen).
Im gegenwärtigen Ausnahmezustand zeigen sich patriarchale Strukturen noch deutlicher: “systemrelevante” Erwerbsarbeit, wie Pflege, Versorgungstätigkeiten, Sozialarbeit wird vor allem von Frauen* verrichtet. Mit der Verweisung der Frauen* in den privaten Raum fällt auch die steigende Mehrabeit an Kinderbetreuung sowie Care- und Hausarbeit den Frauen* zu. Für viele Frauen* und Kinder ist das zu Hause durchaus kein sicherer Ort: Hausarrest bedeutet einen dramatischen Anstieg sog. häuslicher Gewalt, wie Erfahrungen aus Ländern zeigen, die bereits Ausgangssperren verhängt haben. Unfreiwiliig fängt eine riesige unsichtbare Armada von Frauen* täglich die emotionalen und sozialen Folgen des Ausnahmezustandes auf eigene Kosten ab.

Von Rechtsextremen ist momentan wenig zu hören. Doch die Politik des Ausnahmezustands wird ihnen langfristig Auftrieb geben. Über die breite Akzeptanz von Grundrechtseinschränkungen und Polizeigewalt wird ein totalitäres Denken in der Bevölkerung befördert, das jegliches Nicht-Befolgen der autoritären Maßnahmen als „Verrat“ an der (Volks-)gemeinschaft markiert – ungeachtet des gesellschaftlichen Kontexts, der wissenschaftlichen Sinnhaftigkeit und der ohnehin sehr widersprüchlichen staatlichen Maßnahmen. Das (wieder)Erlernen von Denunziation ist zu erwarten, auch die verstärkte Stigmatisierung von „unliebsamen“ Bevölkerungsteilen wie geflüchteten Menschen. So haben Rechte versucht, den Widerstand gegen die In-Quarantäne-Setzung der Erstaufnahme in Suhl/Thüringen als Bedrohung für „die Deutschen und ihrer Regeln“ zu instrumentalisieren. Mit Nachbarschaftshilfen für “Deutsche” versuchen sie zudem, größere Akzeptanz in ihrem unmitelbaren Umfeld zu erreichen. Auch lenkt uns die Pandemie von rechten Aktivitäten ab. Neofaschist*innen – auch die neoliberalen – werden diese Zeit zu nutzen wissen. Währenddessen wird ein Teil ihrer Agenda gerade von anderen Akteuren umgesetzt.
Ausnahmezustände und die Gefahr der Ausbreitung des Virus können sich über Monate oder sogar Jahre hinziehen. Wann die Politik des Ausnahmezustands mit all den Grundrechtseinschränkungen aufhört und wie viel davon in die Zeit danach übernommen wird, ist ungewiss. Die sozialen Folgen sind ebenfalls nicht abschätzbar. Klar ist jedoch: Die jetzige Krise verstärkt die Dauerkrise des Kapitalismus. Soziale Aufstände und Protestbewegungen werden folgen – es liegt auch an uns, diese Proteste in die richtige Richtung emanzipatorisch zu gestalten.

Physical Distancing“ not „Social Distancing“

Die Ausbreitung ist eine reale Bedrohung für die sogenannten Risikogruppen und für die gesamte Gesellschaft. Wir sind auf ein funktionstüchtiges Gesundheitswesen angewiesen. Mit unserem eigenen Verhalten können wir das Risiko einer weiteren Ausbreitung des Virus mindern. Dabei ist das Einhalten körperlicher Distanz und Händewaschen entscheidend!

Jedoch: Folgen wir staatlichen Vorgaben blind und hinterfragen und kritisieren sie nicht, steuern wir auf die totale Vereinzelung der Menschen und die Zersetzung von sozialen und demokratischen Strukturen zu. Das isolierte Wesen ist das perfekte kapitalistische Subjekt, dem müssen wir etwas entgegensetzen. 

Statt „Social Distancing“, also den Rückzug aus dem Sozialen, umzusetzen, kommt es mehr denn je darauf an, Netzwerke zu knüpfen, sich gegenseitig zu helfen und eine Praxis der Solidarität zu leben. Daneben brauchen wir den Austausch zu Analysen, Strategien und Möglichkeiten des Widerstands.

 

Vernetzt euch mit eurer Nachbarschaft und mit befreundeten WGs, gründet oder macht mit bei Nachbarschaftsinitiativen

  • um euch (im Falle von Quarantänen) gegenseitig zu helfen und/oder um besonders Menschen, die als Risikogruppen gelten, zu unterstützen (Einkaufshilfen, Kinderbetreuung)
  • um rechte Spinner*innen aus Nachbarschaftsinitiativen rauszuwerfen
  • um Menschen, oft Frauen oder Kinder, die in der Enge der Familie- und/oder des Ehekontexts, Gewalt erfahren können, zu unterstützen
  • um euch gegen die sozialen Folgen des Ausnahmezustands zu organisieren, z.B. mit gemeinsamen Aktionen gegen Vermieter*innen, ausbeuterische Arbeitsverhältnisse, Rassismus, Jobcenter, Gentrifizierung usw.
Es ist außerdem die Aufgabe einer radikalen Linken, jetzt auch diejenigen auf dem Schirm zu haben, die perspektivisch von Nachbarschaftshilfen ausgeschlossen werden, weil sie nicht-weiß oder als “anders” gelabelt werden. Wir müssen in unserem Umfeld Menschen adressieren, die sozial ohnehin besonders isoliert und ökonomisch benachteiligt sind.
Während des Sommers der Migration 2015 gab es eine beeindruckende Selbstorganisation von solidarischer Hilfe. Darauf folgte ein rechter Backlash mit massiven Asylrechtsverschärfungen und rechter Gewalt. Viele der damaligen Willkommeninitiativen haben sich aufgelöst, die rechte Übernahme des Diskurses in Deutschland oft lautlos hingenommen. Die sich jetzt selbst organisierenden Nachbarschaftsstrukturen müssen nachhaltiger und politisch bewusster werden!

  

Politische Praxis im Ausnahmezustand

Wir dürfen uns weder einschüchtern lassen, noch unser Verhalten der Staatsmacht unterwerfen. Politisch aktiv zu sein bleibt notwendig!

Es ist wichtig, dass wir uns als Politgruppen weiterhin treffen, wenn wir dies für unsere Handlungsfähigkeit als nötig erachten und wenn wir eigenverantwortlich alle Sicherheitsvorkehrungen treffen, die das Infektionsrisiko auf nahe Null reduzieren.

Das heißt:

  • kranke/kränkelnde Aktivist*innen bleiben zu Hause
  • keine Treffen in geschlossenen Räumen
  • gegenseitiges Abstandhalten von 1,5 m bis 2 m
  • kein gemeinsames Berühren von Gegenständen
  • Desinfektionsspray griffbereit haben
  • lasst eure Handys zu Hause
  • schaut euch jetzt schon einen geeigneten und gut erreichbaren Treffpunkt aus: Dieser sollte von Außen nicht oder kaum einsehbar sein; die „Anreise“ zum Treffpunkt sollte nicht in Gruppen stattfinden.

Neue“ Wege der Kommunikation

Sich zu treffen wird nicht einfacher. Wenn Personen in Quarantäne sind und die Sicherheitsauflagen verschärft werden, ist es nötig, dass wir uns anders organisieren. Für manche ist die Internetkommunikation immer noch Neuland. Verschlüsselte E‑Mails, Messenger und Video-Kommunikation über das Internet klingen für viele noch wie nerviger Nerdstuff. Wir müssen uns gegenseitig darin schulen und unterstützen, um möglichst sichere, digitale Kommunikationsstrukturen aufzubauen, um fit zu sein für Krisenzeiten wie diese. Klar ist aber auch: Wir müssen – wenn es darauf ankommt – auch ohne Internetkommunikation handlungsfähig sein, denn – wenn der Staat will – kann es nicht nur in der Krise flächendeckende Internetüberwachung oder ‑shutdowns geben.

Eine Auswahl an Möglichkeiten der digitalen Kommunikation für Gruppen findet ihr hier:

Neue“ Form von Aktionen

Große Versammlungen im Ausnahmezustand sind nicht möglich. Einerseits ist es aufgrund der Infektionsgefahr schwierig, eine große Ansammlung von Menschen zu verantworten und zu legitimieren. Andererseits sollten wir aus eigener Verantwortung das Infektionsrisiko minimieren und nur, wenn es keine anderen Möglichkeiten gibt und wenn der Schutz von anderen Menschen auf dem Spiel steht, größere Ansammlung von Menschen riskieren.

 

Wie können andere Aktionen sicht- und hörbar sein? Wie können wir wirkmächtig sein?

Vielleicht ist die Situation eine Chance für uns, den Rahmen der klassischen Aktionsform Demonstration zu verlassen und neue Wege zu beschreiten. Auch wenn Demonstrationen ein selbstverständlicher Teil politischer Willensäußerung sind, kann sich politischer Aktivismus ohnehin nicht in „Latsch-Demos“ erschöpfen.

Kleingruppen-Aktionen und Direkte Aktionen, die sowohl in den Sozialen Netzwerken dargestellt als auch gegenüber der Presse kommuniziert werden, können eine (wieder zu erlernende) Praxis sein. Die Polizeipräsenz kann in den nächsten Monaten massiv zunehmen. Hier ist eine gemeinsame Praxis zu erlernen, um den Repressionen der Polizei aus dem Weg zu gehen. Insbesondere hinsichtlich der finanziellen Sanktionen beim Verstoß gegen Kontakt- und Aufenthaltsregeln müssen wir uns gegenseitig unterstützen.

Die Vernetzungen mit Nachbarschaften ermöglichen eine Selbstorganisierung in der Stadt, die nicht nur auf gegenseitige Hilfestellung abzielt, sondern gemeinsame politische Aktionen möglich macht. Je länger wir uns im Ausnahmezustand befinden, desto größer werden die sozialen Konflikte mit Vermieter*innen, in Arbeitsverhältnissen, mit dem Jobcenter usw. Beispielsweise kann eine kritische Masse an Personen in der (Nachbarschafts-)Vernetzung durch Mietstreiks viel mehr Druck auf den*die Vermieter*in aufbauen als einzelne Personen. Wichtig ist auch, dass der gemeinsame Austausch in den Nachbarschaftsinitiativen über die Ursachen der Krise zur Politisierung führt.

 

Krise als Chance für den Aufbau einer solidarischen Gesellschaft

Spätestens jetzt müssen wir Forderungen stellen, die sich gegen die autoritären Auswüchse und den Demokratieabbau wenden. Wir müssen Staat und Kapital unter Druck setzen, damit die ökonomisch und sozial benachteiligten Menschen nicht in den Ruin getrieben werden. Wir müssen insbesondere für diejenigen einstehen, die beständig ignoriert werden und deren Existenz gefährdet ist und dazu konkrete Forderungen stellen.
Gleichzeitig dürfen wir nicht nur im Abwehrkampf verharren!

Auch wenn viele Menschen die autoritären Maßnahmen (hierzulande) bisher begrüßen und nur wenige kritische Diskussionen stattfinden, werden wir uns bald in einer Zeit wiederfinden, in der viele Menschen – weltweit – fragen: Wer ist schuld an den verheerenden Auswirkungen der Pandemie und weswegen wird das auf unseren Rücken ausgetragen?

Diese Wut ist Zündstoff. Sie kann der Anfang sein, um menschenverachtende Strukturen zu zerschlagen und solidarische Alternativen zum Kapitalismus zu denken, zu diskutieren und umzusetzen:

  • Breite Bewegungen für die Vergesellschaftung und Demokratisierung, z.B. des Gesundheitssystems und der Pharmaindustrie, sind keine Utopie mehr.
  • Die Unfähigkeit des kapitalistischen Systems einer solchen Krise vorzubeugen, kann das System in eine grundsätzliche Legitimitätskrise stürzen.
  • Der Widerspruch, Milliarden auszugeben, um hierzulande eine menschliche “Tragödie” abzumildern und andererseits die zynische Untätigkeit hinsichtlich des Leids von Millionen Menschen auf der Flucht weltweit ist nicht mehr vermittelbar.
  • Auch kann die Klimabewegung nach der Pandemie Auftrieb bekommen, denn für alle muss jetzt klar sein: Gehen Naturzerstörung und die Treibhausgasemissionen weiter, ist es für viele Menschen und für ganze Generationen zu spät. Die Folgen sind verheerender als die einer Coronakrise.

Es ist die Aufgabe der radikalen Linken, hier anzusetzen. Wir rufen daher dazu auf, jetzt solidarische Alternativen zu diskutieren und voran zu treiben!

Handelt in euren Nachbarschaften und auf gesamtgesellschaftlicher Ebene!

Stay tuned – Machen wir das Beste draus!

Bleibt gesund!

Eure Delfine aus der Havel

Links zum weiterlesen / nachmachen / inspiriert werden:

Quelle: https://inforiot.de/corona-radikale-kritik-jetzt-raus-aus-der-angststarre/

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@polizeiberlin – Instrument zur politischen Einflussnahme https://akkberlin.blackblogs.org/2020/01/28/polizeiberlin-instrument-zur-politischen-einflussnahme/ Tue, 28 Jan 2020 08:56:09 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=512 Continue reading @polizeiberlin – Instrument zur politischen Einflussnahme ]]>
Illustration: Stella (CC-BY-NC-SA 4.0)

Wie sehr die Polizei, deren Handlungen bis dahin kaum öffentlich dokumentiert wurden, von den „neuen“ Medien herausgefordert wird, zeigte sich im Jahr 2015 in Spanien. Dort wurde im Zuge eines Gesetzes – das vor allem das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit einschränkte – auch verboten, Bilder von Polizeikräften ohne deren Einverständnis ins Internet zu stellen. Erstes Opfer der neuen Regelung wurde jemand, der ein Foto von einem Polizeiauto veröffentlichte, das auf einem Behindertenparkplatz abgestellt war. Obwohl auf dem Foto niemand im Auto zu sehen war, setzte es eine Strafe von 800 Euro.

Von Ralf Hutter (AIB 124 / 3.2019)
 

Auch deutsche Polizeibehörden sind in Online-Netzwerken aktiv und arbeiten gezielt an ihrer Außendarstellung. Die Medienwissenschaftlerin Christine Horz von der Uni Bochum erklärte dazu im Deutschlandfunk: „Die Polizei versucht ja immer stärker, im Rahmen der Nutzung von sogenannten Sozialen Medien den öffentlichen Diskurs mitzubestimmen. Man hat das gesehen bei den Ereignissen am Hambacher Forst, oder auch bei „Ende Gelände“. Hier ist die Polizei sozusagen als zweiter Agendasetter (…) in Erscheinung getreten. (…) Hier sieht man ganz deutlich, wie diese Möglichkeiten der sogenannten Sozialen Medien dazu führen, dass bestimmte Institutionen nun quasi in den journalistischen Bereich reindrängen.“[1]

Ein transdisziplinäres Team aus zwei Dutzend Forschenden um das Berliner „Institut für Protest- und Bewegungsforschung“ veröffentlichte 2018 eine Studie zur Ergründung der „Dynamiken der Gewalt“ im Umfeld des G20-Gipfels in Hamburg und wertete dabei auch die Twitter-Arbeit der Polizei aus. Schon im sogenannten Rahmenbefehl für die Protest-Tage hatte die Polizei demnach die Devise ausgegeben, über Online-Plattformen „Bürgernähe zu erzeugen“. Der Bericht hält fest: „Mit der Nutzung von Twitter bringt die Polizei ihre Perspektive in Echtzeit in die Debatte über das sich entwickelnde Protestgeschehen ein. Sie vollzieht damit eine problematische Gratwanderung, sobald sie aktiv in die politische Deutung der Ereignisse eingreift, in denen sie zudem Konfliktbeteiligte ist.“ Nach der Auswertung von 700.000 Twitter-Meldungen hält das Forschungsteam fest, dass die Polizei Hamburg dort eine „zentrale Stellung“ hatte und „besonders in Phasen der Gewalteskalation zum wichtigsten Bezugspunkt für große Medienakteur*innen“ geworden sei.[2]

Die Berliner Polizei hat für ihre Einsätze ein eigenes Twitter-Profil „PolizeiBerlin_E“. Damit kann sie Informationen aus erster Hand bieten und dabei ein bestimmtes Bild von sich vermitteln. Damit schoss sie sich am 29. Juni 2017 ein historisches Eigentor. An diesem Tag wurde im Berliner Stadtteil Neukölln das selbstverwaltete Soziale Zentrum „Friedel 54“ von 770 Polizeibeamt_innen zu Gunsten einer luxemburgischen Briefkastenfirma geräumt, die das Haus zuvor gekauft hatte. Dagegen protestierten rund 150 Menschen mit einer Sitzblockade vor dem Haus und im Innenhof. Weitere hunderte solidarische Menschen standen an den Polizeiabsperrungen. Das zu räumende Ladenlokal war unter anderem mit einer Betonwand verbarrikadiert. Das öffentliche Interesse war groß, was während der Räumung auch im Internet seinen Ausdruck fand. In diese Diskussion wollte die Polizei intervenieren, um so vor allem der Darstellung der überzogenen und unnötigen Polizeigewalt entgegenzuwirken. In einem Tweet behauptete sie, ein Türknauf sei „unter Strom gesetzt“ worden, so dass „Lebensgefahr“ für die Beamt_innen bestanden habe. Obwohl vor Ort und online sofort Zweifel an dieser Meldung aufkamen und die Polizei nichts belegte, übernahmen viele Medien die Nachricht, der Protest habe zu einem lebens­gefährlichen Anschlagsversuch auf die Polizei geführt. Die Hintergründe der polizeilichen Fehlinformation, die durch die parlamentarische Aufarbeitung ans Licht gekommen sind, sind skandalös: Schon 70 Minuten nach der Veröffentlichung der Meldung wusste die Polizei, dass an keiner Tür des Hauses Strom anlag, gab aber diese Information nicht weiter. Erst nach über 24 Stunden nahm sie die Behauptung zurück.

Im März 2019 Jahres reichten zwei Mitglieder des Vereins, der die Ladenräume gemietet hatte, Klage beim Verwaltungsgericht gegen den Polizei-Tweet ein, um neben der Löschung dessen Rechtswidrigkeit gerichtlich feststellen zu lassen. Sie sehen einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie in die Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit, denn der Tweet habe Leute davon abgeschreckt, sich an dem Protest während und nach der Räumung zu beteiligen. Die Klageschrift führt aus, die Polizei habe auf illegitime Weise in die öffentliche Meinungsbildung eingegriffen und damit ihre „beamtenrechtliche Grundpflicht“, das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot einzuhalten, verletzt. Die Berliner Polizei darf Ereignisse nicht kommentieren. Das hat der Berliner Senat schon 2015 im Landesparlament bekanntgegeben. Dennoch heißt es in einer Antwort der „Senatsverwaltung für Inneres“ auf eine parlamentarische Anfrage, die Polizei habe „zu jedem Zeitpunkt faktenbasiert auf Grundlage des aktuellen Sachstandes“ getwittert. Die Anwältin Anna Gilsbach, die die Klage der Friedel54 führt, sagt, solche Klagen seien sehr selten, da sich solche Falschbehauptungen normalerweise nicht gegen konkrete Personen richteten. Rechtsprechung zur polizeilichen Nutzung von Twitter gebe es deshalb kaum.

Einfacher ist es, wenn es um Fotos geht. So twitterte die Polizei Frankfurt 2015 Fotos von den Protesten gegen die Eröffnung der Europäischen Zentralbank, auf denen Gesichter erkennbar waren. „Das würden wir so nicht mehr machen“, sagte 2017 ein Sprecher dem ARD-Fernsehmagazin Kontraste. Es ist nämlich verboten. Das Oberverwaltungsgericht Münster bestätigte im September 2019 eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen aus dem Jahr 2018 und stellt fest, dass das Veröffentlichen von Fotos einer politischen Versammlung auf Twitter durch die Polizei unrechtmäßig ist, da einzelne Menschen erkannt werden könnten und die Gefahr bestehe, dass sich solche Aufnahmen einschüchternd oder abschreckend auf das Verhalten der Teilnehmer einer Versammlung auswirken können. Das Verwaltungsgericht Köln hatte vorher in einem solchen Fall ebenso entschieden.

Die erwähnten Proteste waren für die Frankfurter Polizei ansonsten ein Online-Erfolg, sagte damals ein verantwortlicher Polizist der Wochenzeitung „Zeit“ und fügte hinzu: „Bei Blockupy 2013 wurde nur über uns geredet. Nun konnten wir nicht nur mitlesen, sondern auch unsere Meinung und unser Handeln transparent machen.“ Damals schon bezeichnete der Rechtswissenschaftler Felix Hanschmann (Universität Frankfurt) die Polizei-Tweets nicht nur dann als rechtswidrig, wenn es sich um Falschmeldungen handelt, sondern auch, wenn Menschen durch das Veröffentlichen von Schreckensszenarien abgeschreckt werden, sich an einer Demonstration zu beteiligen. „Die Zeit“ hielt zum Stil der Tweets der Polizei Frankfurt fest: „Die Ansprache: jung und direkt. Als Demonstranten Mülleimer anzündeten, lautete die Ansage über Twitter: ‘Lasst das!‘“. Der Kontakt zur Ordnungsmacht ist durch die neuen Online-Kommunikationsmittel weniger formell.

Bei der Friedel54-Räumung war die Ansprache bizarr. Dort wurden die üblichen Aufforderungen an die Sitzblockade nicht anonym aus einem Auto heraus ausgesprochen, sondern von einem Beamten, der breitbeinig, mit schnurlosem Mikrofon mehrere Meter vor den Polizeiautos stand – in seinen Durchsagen duzte er die Anwesenden mehrfach.

Netzpolitik.org berichtete im November 2017 darüber, wie die Berliner Polizei gegen einen Minderjährigen vorging, der von zu Hause aus einen Polizeihubschrauber mit einem Laserpointer geblendet haben soll. Demnach veröffentlichte sie auf Twitter und Facebook ein Foto des Wohnhauses, das von der Kamera des Hubschraubers aufgenommen worden war. Darauf sei zu erkennen gewesen, wie der Laserstrahl aus einem Fenster im fünften Stock auf den Betrachter gerichtet war. Auch die Umgebung des Hauses war zum Teil sichtbar. Die Meldung war mit dem Hashtag „Neukölln“ versehen. Die Berliner Datenschutzbeauftragte kritisierte dieses Vorgehen, denn es habe die Möglichkeit bestanden, mit dem Bildmaterial und im Wissen des Stadtteils auf die Identität des Jugendlichen zu schließen. Besonders extrem war hierbei die Sprache. Das veröffentlichte Foto hatte die Polizei mit dem bedrohlichen Schriftzug „Jetzt wissen wir, wo du wohnst.“ versehen.

  • 1. „An journalistische Leitlinien halten“ – Christine Horz im Gespräch mit Sebastian Wellendorf am 28.08.2019
  • 2. https://depositonce.tu-berlin.de/bitstream/11303/8176/3/Eskalation_Hamburg2017.pdf

Quelle: https://www.antifainfoblatt.de/

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ENTSICHERN KONGRESS UND DEMONSTRATION GEGEN DEN EUROPAISCHEN POLIZEIKONGRESS https://akkberlin.blackblogs.org/2020/01/26/entsichern-kongress-und-demonstration-gegen-den-europaischen-polizeikongress/ Sun, 26 Jan 2020 12:22:33 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=504 Continue reading ENTSICHERN KONGRESS UND DEMONSTRATION GEGEN DEN EUROPAISCHEN POLIZEIKONGRESS ]]>

Auf dem Europäischen Polizeikongress tauschen sich jedes Jahr internationale Polizeifunktionär*innen mit Politiker*innen und Geschäftsführer*innen der Sicherheitsindustrie über aktuelle und zukünftige Sicherheitskonzepte aus. Der Kongress findet über zwei Tage im Berlin Congress Center (bcc) am Alexanderplatz statt. Ziel ist die Vernetzung politischer und polizeilicher Entscheidungsträger*innen mit dem direkten Zugriff auf die Innovationen der Kriegs und Überwachungsarchitektur. Hier trifft sich das ‚Who is Who‘ der reaktionärsten Bereiche der Gesellschaft: der Verfassungsschutz, die Waffenlobby, Forensiker*innen, Grenzsicherungsfirmen, Mitglieder des Bundestages und die Polizei. Auf der Homepage findet sich eine ansehnliche Liste der privatwirtschaftlichen Partner*innen.
Der Titel des diesjährigen Kongresses lautet unverfänglich: „Rechtsstaat durchsetzen“. Es werden „Expert*innen“ über die „Erosion des Rechtsstaates“ diskutieren, wobei sie in dem Zusammenhang „Parallelgesellschaften, Clans, Rechtsextremismus und -terrorismus sowie illegale Handelsplattformen“ aufzählen. Konkreter geht es um die Sicherung von Grenzen, Cyber-Sicherheit, Künstliche Intelligenz (KI), die elektronische Strafakte, digitale Spuren, Polizeiausrüstung und die Auswertung von Massendaten mit KI und Machine Learning.

Kommt zur gemeinsamen Demonstration am 31.01.2020 am Richardplatz, Neukölln. Um 19 Uhr wird es eine halbstündige Auftaktkundgebung geben, nach der wir um 19.30 Uhr starten wollen. Kommt entschlossen, solidarisch und vorbereitet, für eine kraftvolle Demonstration!


Es ist offensichtlich, dass diese Themen und die kapitalistische Logik dahinter nichts mit unseren Vorstellungen eines freien Lebens zu tun haben. Wir sind gegen dieses kapitalistische System, weil es uns voneinander trennt durch Kategorien wie zum Beispiel Klasse, Herkunft, Aussehen, Sexualität oder Geschlecht.
Oben genannte Institutionen haben wirtschaftliche und machtpolitische Interessen, dieses System auch bis zum Faschismus auszubauen. Mit der Entwicklung der Digitalisierung scheint es mit großen Schritten auf eine Überwachung unserer Bewegungen und Körper hinaus zu laufen. Deswegen stehen wir vor der überwältigenden Herausforderung, dies mit Gegenentwürfen infrage zu stellen und anzugreifen. Gleichzeitig werden auf der ganzen Welt Kriege um Zugänge zu Ressourcen geführt. Aufständische werden dabei unterdrückt. Diese Entwicklungen werden auf Kongressen in den Bergen von Davos, in den Hotels von Biarritz oder jenem im Februar im bcc eingeleitet. Wir laden euch zu dem Gegenkongress „Entsichern“ und zu einer bundesweiten Demonstration gegen die  Feinde des Unkontrollierbaren gegen die Feinde nicht digitalisierbarer Lebensentwürfe, gegen die Feinde der Freiheit, ein. Wir wollen zusammen kommen, um Gegenentwürfe zu entwickeln, welche es ermöglichen, uns der Überwachung zu entziehen, welche uns die Angst vor Repression nehmen welche unsere Strukturen zusammen bringen ohne Diskriminierungen und Ausschlüsse zu reproduzieren.
An dem Wochenende vor dem Polizeikongress wird es zwei Tage auf dem „Entsichern Kongress“ Diskussionen und Workshops zu drei Themenblöcken geben: rassistische Strukturen im Staatsapparat und fehlende Gegenstrategien, Vernetzung von Anti-Repressions-Strukturen sowie Digitalisierung. Am Freitagabend vor dem „Entsichern Kongress“ wollen wir gemeinsam mit euch auf die Straße gehen, um gegen den Polizeikongress zu demonstrieren. Wir wünschen uns, dass aus den Diskussionen Praxen sichtbar werden – gegen den Staat, der mit Industrie und Geheimdienst international sein Wissen verkauft, um damit Aufstände hier vor Ort und weltweit zu unterdrücken.

Freedom of movement!
Fight4Rojava!
Solidarität mit den Rebell*innen weltweit!

 

Wir bleiben gefährlich! Aufruf und Route der Demo gegen den europäischen Polizeikongress.

Am 04./05. Februar jährt sich der Europäische Polizeikongress in Berlin. Der jährlich stattfindende Kongress ist Treffpunkt des who is who der europäischen Sicherheitsbehörden, Politik und Verwaltung. Gerahmt wird dieses Treffen durch die Ausstellung neuster Systeme der Waffen- und Sicherheitsfirmen, wie Bosch, Heckler & Koch, Jenoptik und SAP. Die Industrie wirkt mit ihren neusten Entwicklungen in die politische und polizeiliche Entscheidungsfindung.Durch das Joint Venture von Politik, Industrie und Behörden werden auf europäischer Ebene die Wege geebnet die Interessen der Herrschenden durchzusetzen. Die Behörden betteln nach mehr Befugnissen und Techniken, die Industrie stellt ihre neuen Unterdrückungssysteme vor und die Politik setzt für jene Mittel dann die Gesetzesgrundlagen durch. So werden schon beim Kongress selbst die Zeichen für den Ausbau des Polizeistaates gesetzt.

Mit dem diesjährigen Motto des Europäischen Polizeikongresses „Rechtsstaat durchsetzen“ steht die Bekämpfung arabischer Großfamilien, moderne Überwachung aka die „Digitale Polizei“ und der Kampf gegen die Entstehung rechtsfreier Räume im Fokus. Es wird von der „Erosion des Rechtstaates“ gesprochen, das Feindbild der „Parallelgesellschaften“ konstruiert und dann der Bizeps angespannt und jedes noch so kleine Shisha-Café auseinander genommen. In medialer Bestinszenierung wird daraufhin ein Erfolg gegen kriminelle Clans und deren Strukturen gefeiert. Dabei ist egal, ob es Anhaltspunkte (auch wenn uns die herrschaftliche Sichtweise darauf egal ist) für eine Verstrickung zur „Unterwelt“ gibt.

Der Feind steht unter der rot-rot-grünen Regierung nicht mehr nur am Chaosgebiet Rigaer Straße, sondern am ehemaligen Arbeiter*innenviertel Neukölln und Wedding. Der „einfache Deutsche“ an sich, hat zu arbeiten, seinen krummen Rücken gerade zu machen und für sein Eigentum lange zu sparen. In der Gegenüberstellung zu der stigmatisierten Kategorie Clan, Sippe und Araber, die wie „wilde“ Menschen Goldmünzen klauen, ist offensichtlich, was der Staat dadurch probiert: Eine Teilung der „guten Deutschen“ und dem Rest, anhand von Rassismus und Konkurrenz. Die Definition des Hauptfeindes orientiert sich hierbei an dem faschistischen Rollback der Politik.

Die Aufwertung ganzer Stadtteile spielt dabei sicher auch eine wichtige Rolle. Abseits von Berlin, in Connewitz, lassen sich die Ausmaße staatlicher Herrschaftsstrategien gut beobachten und sind in einem Text über die Medienstrategie der Bullen nachzulesen. Die als politischer Akteur auftretende Polizei hängt sich seit Jahren immer weiter aus dem Fenster. Drohbriefe, zugespielte Dokumente, Weitergabe von sensiblen Daten an politische Gegner*innen, hier ausschließlich faschistische Strukturen, offenbaren welcher Geist innerhalb dieser Strukturen vorherrscht. Aus diesem Grund wollen wir keine Skandalisierung dieser Strukturen, sondern begreifen es als weiteres Kampfgebiet für unsere Agitationen gegen den Staat.

Dieser Kampf bleibt allerdings nicht unbeantwortet. Im Zuge des G20 wurde unser Sprachrohr linksunten.indymedia vom Bundesinnenministerium verboten. Der Prozessauftakt beginnt am 29. Januar in Leipzig, gefolgt von den Prozessen um den Rondenbarg und die drei Freund*innen von der Parkbank. Das Händeschütteln der Staatsschützer*innen, Richter*innen und Minister*innen geht also in die nächste Runde. Auf lokaler und doch so bedeutsamer Ebene ziehen sich im Januar die Prozesse um die räumungsbedrohten Projekte, die wir als direkten Angriff auf unsere Strukturen werten. Durch die rhethorische Aufrüstung und der stets wachsenden Verlinkung revolutionärer Politik und „terroristischer“ Handlungen sollen unsere emanzipatorischen Kämpfe im vorhinein diffamiert werden. Dem Staat bleibt also nichts anderes übrig, als kleinste Aktionen, die von symbolischer Tragfähigkeit erscheinen könnten, in die Ecke einer neuen bzw. alten Stadtguerilla zu stecken, um eine Legitimation für das eigene repressive Vorgehen herzustellen.

In diesem Sinne sind und bleiben wir gefährlich!

Am 31.01. wird eine Demonstration gegen den Europäischen Polizeikongress stattfinden. Die Demo wird am Richardplatz starten. Dieser Ort ist nicht zufällig gewählt, sondern orientiert sich an den Kämpfen, die in den vergangenen Jahren vor Ort ausgetragen wurden bzw. werden. Am Richardplatz selber befindet sich das Restaurant Louis, welches als regelmäßiger Veranstaltungsort der AFD genutzt worden ist und des öfteren Glasbruch erleben durfte. Nach eigenen Angaben lehnt das „Louis“ nun politische Gäste ab. (vgl. Broschüre – Wer ist die Berliner AFD, Seite 5; Chronik; linksunten.archiv)
Gegenüber befindet sich ein weiteres, eher unscheinbares Restaurant, die Villa Rixdorf mit dem neustem Kameraequipment, was teils nur an Behördeneinrichtungen zu sehen ist. Aber warum eigentlich? In der Villa finden regelmäßig Mitgliederversammlungen der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) der Direktion 5 statt. Die letzte am 9. Januar diesen Jahres. Hier nur ein paar Zitate des Vorsitzenden Rainer Wendt, die die zunehmenden Militarisierungstendenzen innerhalb der Polizeiapparate darstellen: „Polizeiliche Einsatzmittel müssen Waffen sein, die weh tun, nur dann wirken sie.“ (Stuttgart 21). „Sicherer für die Einsatzkräfte wäre eine Waffe, die bereits aus der Distanz eingesetzt werden könnte. Wenn Wasserwerfer nicht mehr reichten, müssen die Beamten Gummigeschosse einsetzen.“ (G20 Hamburg). Im Zuge der Auschreitungen zu Connewitz fabuliert dieser alte weisse Mann von einer Ausbildung linksterroristischer Strukturen wie in den Siebzigerjahren. Er wiederholt sich hierbei alle 10 Jahre in der Boulevardpresse der Großstädte, zum Beispiel 2009: „[…] er Chef der Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, fühlt sich an die Anfangsjahre der Roten Armee Fraktion erinnert. „Berlin droht eine neue RAF“, sagte er der B.Z. „Die Bereitschaft zu töten, ist klar zu erkennen.“ (vgl. Autonome Antifa Freiburg)

Ein weiteres „Reizobjekt“ entlang der Demo ist der Jobpoint in Neukölln, in der Unterführung zur Neuköllner Oper. Er fungiert als Rekrutenschule für Objektschützer*innen der Berliner Polizei: „Zielgruppe sind insbesondere migrantische und perspektivlos erscheinende Jugendliche und Langzeitarbeitslose, die hier mit Autorität und der Macht einer Waffe gelockt werden sollen. Die Strategie der Bullen in diesem Zusammenhang ist offensichtlich: Mit der verstärkten Anwerbung migrantischer Personen für den Streifendienst soll eine steigende Sympathie mit den uniformierten Mörder*innen auch in Vierteln wie Neukölln, Wedding und Moabit erreicht werden.“ (Autonomes Blättchen Nr. 27 S. 5; Chronik; linksunten.archiv)

Weiter geht es entlang zum Rathaus Neukölln. Im Januar 2015 fand eine wilde Sponti anlässlich des 10. Todestages vom Mord an Oury Jalloh statt. Dieser wurde 2005 in einer Dessauer Polizeizelle an Händen und Füßen gefesselt und lebendig verbrannt: „Nachdem sich noch vereinzelt Menschen angeschlossen hatten, erreichte die Demo schließlich das Rathaus Neukölln, in dem unter anderem der Populärrassist Buschkowsky residiert und hetzt und welches aus der Demo heraus mit Steinen und Farbflaschen angegriffen wurde. Die letzten Flyer verteilten sich auf dem Rathausplatz und anschließend bekam noch das nahegelegene Amtsgericht ebenfalls Farbe und Steine ab. Bevor sich die Demo auflöste und sich in alle in die Nacht verstreuten, gingen noch eine Securitas-Streife und die in ihrer Obhut stehenden Banken kaputt.“ (Interim Nummer 767, Seite 5 / Februar 2015; chronik; linksunten.archiv)

Aber auch weitere Momente des Widerstandes bleiben uns in Erinnerung. Die Demo wird außerdem durch die Weserstraße gehen, wo in letzter Zeit vermehrt linke Kulturstätten von Neuköllner Nazistrukturen angegriffen wurden, so im Dezember 2016 das K-Fetisch (Antifa Friedrichshain; linksunten.archiv). Als auch durch die Friedelstraße, wo kurz vor dem G20-Gipfel im Mai 2017 der Kiezladen Friedel54 geräumt wurde (linksunten.archiv). Statt des Kiezladens gibts dort jetzt einen schicken Goldschmiedeladen, der sich neben hippen Cafés in den zunehmend gentrifizierten Kiez einreiht.

Die Demo wird am Schlesischen Tor enden.

Wie bei allen Demos gilt das Motto, die Demo wird das, was ihr draus macht! Seid also vorbereitet und kreativ. Falls es die Situation erfordert, sind wir bereit, die Demo vorzeitig aufzulösen. Im Falle, dass sich die Bullen entscheiden unsere Demo anzugreifen rufen wir zu einem entschlossenen Handeln auf! Die Demo reiht sich ein in ein ereignisreiches Januarende, wir werden am 30. Januar die Räumungsverhandlung über die Liebig34 und am 29. Januar den Prozess über linksunten über uns ergehen lassen. Unsere Wut lässt sich nicht bändigen! Auch bei Festnahmen sollten wir nicht tatenlos zuschauen, was mittlerweile zu einem Ritual geworden ist, sondern den Gefangenen unsere direkte Solidarität kundtun.

Zeigt euch kämpferisch und solidarisch!

Kommt zur gemeinsamen Demonstration am 31.01.2020 am Richardplatz, Neukölln. Um 19 Uhr wird es eine halbstündige Auftaktkundgebung geben, nach der wir um 19.30 Uhr starten wollen. Kommt entschlossen, solidarisch und vorbereitet, für eine kraftvolle Demonstration!

Liebig34 bleibt!
Linksunten lebt!
Polizeikongress entsichern!

Quelle: https://entsichern.noblogs.org/

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Tag X – Gemeinschaftlicher Widerstand https://akkberlin.blackblogs.org/2020/01/13/tag-x-gemeinschaftlicher-widerstand/ Mon, 13 Jan 2020 08:29:12 +0000 http://akkberlin.blackblogs.org/?p=458 Continue reading Tag X – Gemeinschaftlicher Widerstand ]]>

Dezentraler Aktionstag gegen Repression am Samstag vor dem Prozessauftakt zu den G20-Protesten am Rondenbarg

Im Juli 2017 haben wir uns international und spektrenübergreifend zu Zehntausenden nach Hamburg aufgemacht, um lautstark und entschlossen gegen das Gipfeltreffen der zwanzig wirtschaftlich und politisch mächtigsten Staaten der Welt zu protestieren. Wie bei anderen Zusammenkünften bürgerlicher Regierungen, autoritärer Regime und kriegsführender Militärblöcke haben wir es nicht hingenommen, dass sie ungestört ihre wirtschaftlichen und geopolitischen Interessen aushandeln können. Wir sind auf die Straße gegangen gegen die kapitalistischen Verhältnisse, die auf Unterdrückung und Ausbeutung beruhen und für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich sind.

Wir sind dem Treffen der G20 entschlossen entgegengetreten. Wir haben uns dabei weder von Verbotszonen noch von massiver Polizeigewalt abschrecken lassen. Wir haben und werden weiterhin gemeinsam unsere Kämpfe für eine klassenlose, antikapitalistische Gesellschaft ohne Patriarchat, Rassismus, Faschismus und Klimakrise auf die Straße tragen.

Wie sich bereits im Vorfeld ankündigte, setzt(e) der Staat wieder einmal auf Repression: dutzende Hausdurchsuchungen, Entziehung der Akkreditierung von Journalist*innen, Campverbote, Zerschlagung der Welcome-to-Hell-Demo, Verbot von Indymedia Linksunten, sechs Öffentlichkeitsfahndungen mit über 400 Personenbildern, Kriminalisierung von Protesten, die zu etlichen Strafverfahren und Verurteilungen geführt hat. Seit Dezember 2018 läuft gegen fünf Aktivist*innen das Elbchaussee-Verfahren. Loïc, einer der Betroffenen, ist im Dezember 2019 nach 17 Monaten unter Meldeauflagen aus der U-Haft entlassen wurden. Der Prozess gegen alle Angeklagten geht weiter.

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nun auch gegen 37 Aktivist*innen rund um die Proteste am Rondenbarg Anklage erhoben – mindestens drei politische Massenprozesse stehen bevor. Am Morgen des ersten Gipfeltages brachen hunderte Menschen auf, um die Zufahrtswege zum Austragungsort zu blockieren. Im Gewerbegebiet Rondenbarg attackierten Polizeieinheiten ohne Vorwarnung einen Demonstrationszug. Bei diesem Angriff wurden 14 Demonstrierende schwer verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden. Bei einigen kam es zu bleibenden Verletzungen, deren Behandlung noch andauert. 59 weitere Aktivist*innen wurden festgenommen. Fabio saß fast fünf Monate in Untersuchungshaft. Gegen 19 soll das Verfahren aufgrund des damaligen Alters unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Ihnen wird gemeinschaftlicher schwerer Landfriedensbruch, gefährliche Körperverletzung, Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamt*innen, Sachbeschädigung und Bildung bewaffneter Gruppen vorgeworfen. Wie auch beim Elbchaussee-Prozess geht es um keine individuellen Handlungen der Aktivist*innen. Gegenstand der Anklageschrift ist die Teilnahme an einer gemeinschaftlichen Handlung. Hierbei wird sich auf einen gemeinsamen Tatplan in Verbindung mit den Blockaden verschiedener „Finger“ am Freitagmorgen berufen. Eine Verurteilung würde einen massiven Angriff auf das Versammlungsrecht bedeuten.

Unmittelbar vor dem G20-Gipfel wurden Strafgesetze verschärft, wozu unter anderen die Paragraphen 113 „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ und 114 „Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ gehörten. Eineinhalb Jahre später folgte die Forderung eines Verbots der Roten Hilfe. Angriffe auf selbstverwaltete Zentren, die Ausweitung polizeilicher Befugnisse und die Repression anlässlich des G7 in Biarritz vergangenen Sommer reihen sich hierin ein. Die Gemeinnützigkeit globalisierungskritischer und antifaschistischer Gruppen, wie Attac und der VVN-BdA, wird aberkannt. Von massiver Repression ist auch die kurdische Bewegung betroffen. Zahlreiche kurdische Genoss*innen werden aufgrund des Paragraphen 129b „Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland“ kriminalisiert und inhaftiert. Auch Verbote von Fahnen und Symbolen, wie der YPG und YPJ, führen bundesweit immer wieder zu Strafverfahren.

Diese Entwicklungen nehmen wir nicht einfach hin. Bleiben wir gemeinschaftlich widerständig und stellen wir uns der massiven Repression geschlossen entgegen.

Lasst uns durch dezentrale Aktionen am Samstag vor dem Rondenbarg-Prozessauftakt zeigen, dass wir uns weder vereinzelt angreifen, noch spalten, noch kriminalisieren lassen. Diesem System mitsamt seiner Repression antworten wir mit praktischem Widerstand.

  • Solidarität mit allen emanzipatorischen Kämpfen!
  • Freiheit für die Gefangenen! Stopp aller Verfahren!
  • Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
  • United We Stand!

Unterstützende

  • #besetzen Berlin
  • ABC Berlin
  • Anarchistische Gruppe Bern
  • Animal Climate Action (AniCA)
  • Antifa Westberlin
  • Antifaschistische Linke Jugend Berlin
  • Antifaschistisches Kaffeekränzchen (Berlin)
  • Black Pond Antifa (Berlin)
  • Bonner Jugendbewegung
  • Bunte Hilfe Marburg
  • Ermittlungsausschuss Aachen
  • Ermittlungsausschuss Berlin
  • Ermittlungsausschuss Bremen
  • Ermittlungsausschuss Frankfurt
  • Ermittlungsausschuss Freiburg
  • Ermittlungsausschuss Hamburg
  • Feministische Partei DIE FRAUEN
  • Kollektiv schickSAAL* Lübeck
  • Kritische Jurist*innen FU Berlin
  • Kuhle Wampe – Geyers Schwarzer Haufen Nürnberg
  • LabourNet Germany
  • Liebig34 – Anarcha-Queer-Feminist Collective (Berlin)
  • Linke Liste Nürnberg
  • linksjugend [’solid]
  • linksjugend [’solid] Berlin
  • Medya Volkshaus e. V.
  • Netzwerk Freiheit für alle politische Gefangenen (Hamburg)
  • Projekt Revolutionäre Perspektive Hamburg
  • Prolos Nürnberg
  • radikale linke | berlin
  • Revolutionäre Aktion Stuttgart
  • Revolutionäre Perspektive Berlin
  • Rote Hilfe Berlin
  • Rote Hilfe e.V.
  • Solidarisch Kämpfen! – United We Stand! (Hamburg)
  • Soligruppe „Die Drei Heinis“ Berlin
  • Soligruppe Berlin der GG/BO
  • Spandauer Bündnis gegen Rechts (Berlin)
  • Verband der Motorradclubs Kuhle Wampe
  • Wege durch den Knast (Redaktionskollektiv)

Quelle: https://gemeinschaftlich.noblogs.org/

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