Mobilisierungen https://anarchieinwe.blackblogs.org Wed, 29 Apr 2020 09:30:16 +0000 en-GB hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://anarchieinwe.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1285/2020/03/cropped-bild-32x32.jpeg Mobilisierungen https://anarchieinwe.blackblogs.org 32 32 Erfurt: Statement zum 30.04. und 01.05.2020 und Covid-19 https://anarchieinwe.blackblogs.org/2020/04/29/erfurt-statement-zum-30-04-und-01-05-2020-und-covid-19/ Wed, 29 Apr 2020 09:28:29 +0000 http://anarchieinwe.blackblogs.org/?p=133 Continue reading ]]> Aufgrund der aktuellen Situation und den Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19 Pandemie werden wir die antifaschistische Vorabenddemo in Erfurt absagen. Wir möchten im Folgenden erläutern wieso.

In Thüringen sind Demonstrationen zwar seit dem 23. April offiziell wieder möglich, allerdings unter strengen Auflagen und mit maximal 50 Personen. Als Vorbereitungskreis sehen wir daher für uns zwei Möglichkeiten. Wir ziehen die Demonstration durch oder wir sagen sie ab. Wir haben uns für letzteres entschieden, da wir einen sicheren Ablauf der Demonstration nicht gewährleisten können. Bisherige Erfahrungen haben gezeigt, dass Versammlungen zwar unter Auflagen stattfinden können, diese aber den Selbstschutzmaßnahmen einer Antifa-Demo widersprechen. Durch Teilnahmebeschränkungen oder mögliche namentliche Registrierung der Teilnehmenden, Mindestabstand und Kontaktbeschränkungen ist es ein leichtes Spiel für Cops und Nazis die Demonstration anzugreifen. Weiterhin halten wir eine Anreise in größeren Gruppen für ratsam, diese stehen aber den Kontaktbeschränkungen entgegen. Mit einer solchen Anreise bieten wir den Cops eine Steilvorlage für Schikanen und Repressionen. Des Weiteren denken wir, dass verantwortungsvoll mit dem Infektionsschutz umgegangen werden muss, um die Gesundheit vieler Menschen zu schützen. Eine Kundgebung für die Evakuierung der Geflüchteten in Griechenland ist aufgrund der aktuellen Lage und Dringlichkeit durchaus notwendig. Eine Antifa-Demo gegen den Nazikiez in Erfurt-Süd ist eine Veranstaltung, die wir mit mehr Druck auf der Straße an einem anderen Zeitpunkt nachholen können. Außerdem gibt es genug andere Möglichkeiten die Nazis in Süd zu stressen, eine Demonstration ist nur eine davon. Eurer Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt.

Aus diesen Gründen wird die Antifa-Demo am 30.04.2020 nicht stattfinden. Auch wenn es sicherlich für einige ein Grund zur Freude ist, wird die Demo gegen den Nazikiez in Erfurt-Süd keineswegs auf Eis gelegt. Sobald eine vernünftige und schlagkräftige Antifa-Demo wieder möglich ist, kommen wir wieder!

Die aktuelle Problemlage betrifft auch die Neonazidemo am 1. Mai. Die Nazis mobilisieren weiterhin zu ihrer Demo und haben verlautbart, es werde am 23. April nach dem Kooperationsgespräch weitere Infos geben. Dass die Nazis gegen ein mögliches Verbot klagen werden, halten wir für wahrscheinlich. Dass sie damit Erfolg haben, ist nicht ausgeschlossen. Die Frage ist eher, unter welchen Bedingungen. Denn auch hier wird An- und Abreise problematisch, eine wirkliche Demonstration wird so nur mit wenigen Teilnehmern stattfinden können. Es bleibt daher abzuwarten welche Entscheidungen es gibt. Wie wir mittlerweile wissen, mobilisieren die Nazis weiter für den 1. Mai und stellen sich wohl auf eine Kundgebung mit 50 Personen ein. Sie selbst sagen, Nazis sollen von außerhalb nicht anreisen, sondern in ihrer eigenen Region etwas machen. Der Kundgebungsort in Erfurt wird vermutlich der Auftaktort auf dem JG-Ring, Ecke Löberstraße sein.
Im Vorfeld wollen die Erfurter Nazis an vier Tagen insgesamt zwölf Kundgebungen in Erfurt abhalten. Einzelne Informationen dazu reichen wir nach. Des Weitere kündigten sie an, eine Demonstration mit 800 Teilnehmern am 3. Oktober 2020 in Mitteldeutschland abzuhalten. Ob es sich dabei um Erfurt handelt, bleibt abzuwarten.

Für den Gegenprotest am 1. Mai bedeutet die aktuelle Situation, dass eine Bewegung in Großgruppen nicht möglich ist und direkte Aktionen gegen den Naziaufmarsch nur unter besonders erschwerten Bedingungen laufen können. Auch hier gilt, dass die Kontaktbeschränkung ein leichtes Mittel für Repressionen seitens der Cops ist!

Wir appellieren an alle, die am 1. Mai in Erfurt gegen die Nazis auf die Straße gehen wollen, sich gut zu überlegen was sie tun! Handelt verantwortungsvoll, euch und euren Genoss*innen gegenüber. Denkt daran, dass der Schutz von euch und euren Strukturen vorgeht! Verheizt euch nicht und macht euch nicht zur Zielscheibe für Cops und Nazis! Die Tage kommen wieder, in denen wir den Nazis geschlossen auf der Straße gegenüber stehen können. Doch aktuell gefährdet ihr euch und andere damit.

Als Orga-Struktur werden wir euch trotzdem an dem Tag mit Infos versorgen und einen EA stellen, falls es am 1. Mai zu Aktionen kommt.

Haltet auch in eurer Hood die Augen offen, meldet spontane Aktionen die ihr beobachtet, habt die Nazis digital und falls möglich auf der Straße im Blick!

Wir halten euch über die aktuellen Entwicklungen bis zum 1. Mai 2020 auf dem Laufenden.

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Aufruf Leipzig: Für einen anarchistischen 1. Mai 2020 in Leipzig und überall! https://anarchieinwe.blackblogs.org/2020/04/21/aufruf-leipzig-fur-einen-anarchistischen-1-mai-2020-in-leipzig-und-uberall/ Tue, 21 Apr 2020 11:46:02 +0000 http://anarchieinwe.blackblogs.org/?p=127 Continue reading ]]> Wir rufen auch dieses Jahr dazu auf den 1. Mai als Kampftag gegen den Kapitalismus, gegen Nationalismus, gegen das Patriarchat und gegen jeder anderen Form von Herrschaft und Ausbeutung zu begehen. Auch wenn der Staat die Situation für sich nutzt, um Widerstand zu verhindern und zu delegitimieren, so können wir doch vielfältige Aktionsformen wählen um unsere Wut über die bestehenden Verhältnisse und die Liebe für ein Leben in Freiheit auszudrücken. Der 1. Mai ist seit Jahren in der BRD geprägt von ritualisierten DGB Demonstrationen in den Städten , Nazidemos besonders im Osten Deutschlands und alkoholisierter Männergruppen überall dazwischen. Doch hatte er einst einen kämpferischen Ursprung und ist Teil einer anarchistischen Arbeiter*innenbewegung.

So liegen die Anfänge dieses Tages in den USA, genauer gesagt im industriell geprägten Chicago der 1880er Jahre. Hierhin emigrierten viele Sozialist*innen und Anarchist*innen, die in ihren Europäischen Heimatländern aufgrund ihrer politischen Einstellung verfolgt wurden.
Schon zu dieser Zeit wurde die Durchsetzung des 8-Stundentages als Forderung formuliert. Als Kampfmittel wurde um den 1. Mai 1886 zum Streik aufgerufen, dem landesweit 350 000 Arbeiter*innen folgten. Repression war die Antwort von Seiten des Staates, der damit die Interessen des Kapitals verteidigte. Die Polizei wurde gemeinsam mit privaten, von den Unternehmen angeheuerten Söldnertrupps, auf die Streikenden gehetzt. Dabei wurden am 3. Mai vier Arbeiter bei einer Versammlung der Holzarbeitergewerkschaft erschossen. Am darauf  folgenden Tag kam es deshalb zu einem Protest auf dem Haymarket in Chicago. Die sich auflösende Versammlung wurde von Polizeieinheiten angegriffen und es detonierte eine Bombe, die von einer bis heute unbekannten Person geworfen wurde. Im Chaos eröffnete die Polizei das Feuer auf die fliehenden Menschen und tötete dabei viele. Durch die Explosion wurden ebenfalls sieben Polizisten getötet, was eine weitere Welle der Repression gegen die Arbeiter*innenbewegung scheinbar legitimierte. Hunderte Sozialist*innen, Kommunist*innen und Anarchist*innen wurden verhaftet, um sie aus dem Verkehr zu ziehen und den Widerstand gegen kapitalistische Ausbeutung zu brechen. Sieben Anarchisten wurden als vermeintliche Täter des Bombenattentats von den Ermittlungsbehörden herangezogen und nach einem Schauprozess wurden fünf zum Tode und weitere zu langen Haftstrafen verurteilt. Nach sieben Jahren wurden die Verurteilten vom neuen Gouverneur zu „Opfern der Justiz“ erklärt, da es von Beginn an keinerlei Beweise gegen die Beschuldigten gab. Deren freiheitliche, politische Überzeugungen waren für die Polizei und Justiz Grund genug.

Dies war ein sehr kompakter Abriss der Geschehnisse von vor über 130 Jahren, die Arbeiter*innen weltweit dazu veranlasste den 1. Mai als Tag der Organisierung und des Widerstandes gegen Ausbeutung und bestehende Herrschaftsverhältnisse zu sehen.

Doch auch heute noch im Jahr 2020 sind die bestehenden Verhältnisse anzuprangern. Die Lage spitzt sich weiter zu. Es sind die Tage einer neuen Krise des Kapitalismus, nicht ausgelöst von einem Virus, sondern von der kapitalistischen Logik selbst. Der Staat geht mit dieser Logik Hand in Hand. So besteht bei entstehen dieses Aufrufs eine Ausgangsbeschränkung, für die meisten Aktivitäten außerhalb von Lohnarbeit und Konsum. Der Staat nimmt tiefe Eingriffe in die Freiheiten der Menschen vor. Das Auslesen von Handydaten um Bewegungsprofile zu erhalten und die Aufhebung der Versammlungsfreiheit sind zwei davon. Dies erfolgt unter großer Zustimmung der Bevölkerung. Bei den Forderungen nach sozialer Distanzierung werden die psychischen Folgen außer acht gelassen. Weitere Vereinsamung, Depression und steigende Suizidraten werden ein Resultat davon sein. Stimmen, die dabei wieder nicht gehört werden, sind die von häuslicher Gewalt betroffenen Personen. Frauen*, Trans- und queere Menschen werden die Fluchtmöglichkeiten aus patriarchalen Verhältnissen verwehrt. Durch das Wegfallen von Kinderbetreuung und Schule verschärft sich die Situation von Alleinerziehenden weiter.

Lohnarbeiten gehen ist dagegen weiterhin erlaubt. Dabei ist in Frage zu stellen ob ein zwei Meter Sicherheitsabstand oder andere Hygienevorschriften, die ja nun zur Arbeitssicherheit zählen sollten, im Büro, an der Werkbank oder im Handel eingehalten werden können. Besonders für die Angestellten in den Supermärkten erhöht sich die Arbeitsbelastung enorm. Die Diskussion über zwölf Stundenschichten und Wochenendarbeit mit Aussicht auf jetzt schon sehr knappen Lohn, sowie erhöhtes Risiko von Altersarmut für diese Menschen, lässt uns auf die Geschehnisse vor 130 Jahren verweisen als Arbeiter*innen für den acht Stunden Tag kämpften. So sind zwar Verbesserungen der Arbeitsverhältnisse zu begrüßen, jedoch können diese, wie derzeit zu sehen, in einem kapitalistischen System auch schnell wieder verschwinden. Dies verdeutlicht erneut, dass dieses System an sich überwunden werden muss.

Legitimation für staatliche Maßnahmen, wie die Ausgangssperre, soll zudem der Schutz von Menschen in Risikogruppen gegen das Covid-19 Virus sein. Da der Staat über Jahre des Gesundheitssystem zurückgefahren und privatisiert hat, wird er bei starker Zunahme der kritischen Krankheitsfälle nicht mehr in der Lage sein, seine „sozialstaatliche“ Funktion, die Gesundheitsversorgung, zu gewährleisten. Auch im medizinischen Bereichen und der Pflege sind prekarisierte Menschen wieder sehr gefragt und erhalten bloß symbolische Anerkennung durch Zuspruch von Politiker*innen oder applaudierenden Menschen auf Balkonen. Von Applaus und schönen Worten werden sich diese Menschen jedoch keine Wohnung im Alter oder ihre eigene Versorgung bei Arbeitsunfähigkeit leisten können. Grund dafür, ist ebenfalls die Verfolgung einer kapitalistischen Logik, in der Profit einen höheren Wert hat als Menschenleben.

Das die staatliche Versorgungslogik ausschließend ist, zeigt sich dabei offen. Menschen ohne deutschen Pass sind oft von diesen ausgenommen. Im Bereich der Landwirtschaft werden Jahr für Jahr Menschen aus anderen Ländern zum Arbeiten nach Deutschland gebracht, um für Niedriglohn zu arbeiten und den Hierlebenden billige Lebensmittel zu ermöglichen. In Zeiten von Covid-19 sollen diese Menschen nur unter strengen Gesundheitskontrollen hierher gebracht werden um keine neue Infektionen zu „importieren“. Unter zwangsarbeiterrischen Verhältnissen sollen sie dann auch ihre Unterbringungen oder Arbeitsstätten nicht verlassen dürfen. Dabei verlief die Ausbreitung von Covid-19 in Europa mehr über privilegiertere Geschäftsreisende und Urlauber aus eher teureren Erholungsgebieten. Menschen aus prekären Verhältnissen bekommen jetzt die repressiven Mittel am ehesten zu spüren. Die Landesgrenzen werden für Schutzsuchende geschlossen. Geflüchtete, die schon hier sind werden ihren Unterkünften unter Quarantäne gestellt und von privaten Security Angestellten und der Polizei misshandelt und daran gehindert sich frei zu bewegen. Dies macht den freiheitsentziehenden Charakter dieser Institution noch offensichtlicher.

Gefangene in Knästen verlieren das Recht Besuch zu erhalten, was oft der einzige Kontakt nach außen ist. Dies verstärkt die Isolation. Wie es um den Gesundheitszustand der Gefangen steht, bleibt somit auch verborgen. Auch hier ist in Frage zu stellen, wie Menschen vor Infektionen geschützt werden sollen, wenn sie auf kleinsten Raum zusammengepfercht und Hygieneartikel nur zu überhöhten Preisen erhältlich sind. Das Personal, was der Einfuhrweg für Viren ist, arbeitet nicht mal mit entsprechender Schutzausrüstung.

Außerhalb der EU, an den Außengrenzen verschärfen sich die Verhältnisse in dortigen den Geflüchtetencamps dramatisch.  Ein Mangel an medizinischer Versorgung und unhygienische Verhältnisse herrschten dort schon lange. Staaten wie die Türkei nutzten die Krise, um politisch Druck auf ihre Gegner*innen zu machen. So kappt die Türkei durch Staudämme und von ihr kontrollierte Wasserwerke die Wasserversorgung in den selbstverwalteten kurdischen Gebieten, wo auch viele Geflüchtete Schutz fanden. Die EU übernimmt weiter keine Verantwortung. Dafür ist ein Rückschritt in nationale Denkweisen zu beobachten.

Eine anarchistischen Utopie steht dem genau entgegen. Solidarität endet nicht an erdachten Ländergrenzen, nicht an konstruierten Geschlechterrollen und auch nicht daran, ob Menschen es sich leisten können für ihre Gesundheit, ihr Essen, ihre Wohnung, ihre Bildung, bezahlen zu können. Die Verantwortungsübernahme gegen ungerechte Zustände fängt schon bei uns selbst an. Lasst uns für eine gerechtere Welt kämpfen!

Denn auch nach Corona steht uns die Krise nach der Krise bevor. Bereits jetzt werden, wie auch 2008, Unternehmen und Konzerne mit staatlichen Mitteln unterstützt. Lohnabhängige erhalten keine direkte finanzielle Hilfe, wie es durch ein Grundeinkommen möglich wäre. Dabei sind sie es, die besonders darunter leiden. Sie verlieren ihre Einkommensmöglichkeit, können ihre Miete nicht mehr zahlen, müssen sich verschulden und werden damit noch abhängiger von ausbeuterischen Verhältnissen.

Deshalb rufen wir auch dieses Jahr dazu auf den 1. Mai als Kampftag gegen den Kapitalismus, gegen Nationalismus, gegen das Patriarchat und gegen jeder anderen Form von Herrschaft und Ausbeutung zu begehen. Auch wenn der Staat die Situation für sich nutzt, um Widerstand zu verhindern und zu delegitimieren, so können wir doch vielfältige Aktionsformen wählen um unsere Wut über die bestehenden Verhältnisse und die Liebe für ein Leben in Freiheit auszudrücken.

Daher rufen wir in Leipzig und überall zu dezentralen Aktionen auf…

• Lasst uns die Konflikte und politischen Inhalte in den öffentlichen Raum tragen

• Lasst uns die bestehenden Verhältnisse angreifen

• Lasst uns unsere Alternativen in die Praxis umsetzen

…und das auch über den 1. Mai hinaus!

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Die Heimat zur Hölle! https://anarchieinwe.blackblogs.org/2020/03/30/die-heimat-zur-holle/ Mon, 30 Mar 2020 13:12:04 +0000 http://anarchieinwe.blackblogs.org/?p=88 Continue reading ]]> Wenn die Neonazis des „Dritten Wegs“ am 1. Mai 2020 auf die Straße gehen, um die „Heimat zu bewahren“, dann meinen sie vor allem den Kern ihrer nationalsozialistischen Ideologie. Es geht ihnen letztlich um ihre nationale Identität, die Nation und ihr Volk. Denn Heimat ist seit  jeher ein Kampfbegriff der Nazis, untrennbar vom Konstrukt des Volkes. Das Volk meint in der Sicht der Nazis letztlich die Vorstellung des weißen arische Zwangskollektiv, welches sich über Blut und Boden definiert und die Abweichungen von diesem Kollektiv mit aller Härte verfolgt und sanktioniert. Letztlich mit dem Ziel der deutschen Volksgemeinschaft, nach der sich der Erfurter Verein  des „Dritten Wegs“ und Mieter der Stielerstraße 1 bereits benannt hat. In jener Volksgemeinschaft geht das, was die Neonazis unter Heimat verstehen, auf. Die Individualität des Einzelnen wird aufgehoben und dem Kollektiv gleichgeschalten untergeordnet. In seiner letzten Konsequenz heißt das eben nicht nur die Verfolgung des Fremden, sondern letztlich die Auflösung, also die Vernichtung des Fremden. Es werden keine Differenzen innerhalb der deutschen Volksgemeinschaft geduldet. Wenn die Nazis am 1. Mai unter dem Motto „Ein Volk will Zukunft! Heimat bewahren!“ demonstrieren, dann meint diese Zukunft die Auslöschung eben jener gesellschaftlicher Differenzen. Hier wird die mörderische NS-Ideologie konkret, wenn rigorose Abschiebungen gefordert werden. Hinter Ausbeutung und Armut werden ‚volksfremde Ausbeuter‘ der EU und Großfinanz als Feindbilder stilisiert. Den Ausländern soll ein vermeintlicher „Sozialtourismus“ entzogen werden. Denn hinter den nicht nur von den Nazis geforderten Abschiebungen steht nichts weiter als die Forderung das Fremde aus dem Volkskörper zu entfernen. Sie billigen dabei den Tod der Menschen in Elend oder Krieg und ihr eliminatorischer Antisemitismus bricht sich gegen jene bahn, die sie als Feinde des eigenen ‚Volkes‘ brandmarken.

Heimat vs. kapitalistischer Entfremdung

Der Hype um „Heimat“, „Volk“ und „Tradtion“ kommt nicht von ungefähr, sondern hat seine Ursache in den gesellschaftlichen Zurichtungen der Menschen in den kapitalistischen Verhältnissen.

Das bürgerliche Subjekt im Kapitalismus muss sich den Gegebenheiten des Marktes flexibel anpassen. Gefordert ist eine totale Unterwerfung unter diese Produktionsverhältnisse, die dem Individuum abverlangt in Konkurrenz zu Anderen zu bestehen. Diese Konkurrenz schafft Fremdbestimmung. Dabei wird beim Einzelnen vorausgesetzt genau dies zu bejahen und als eigene Bedürfnisse zu affirmieren. Diese Affirmation von Konkurrenz und Zwanghaftigkeit kann aber nicht verhindern, dass der Druck auf den Individuen spürbar lastet. Bürgerliches Subjekt sein drückt zweierlei aus: Ein Unterworfensein unter die Verhältnisse, aber gleichzeitig auch den Schein wahren zu müssen in diesen Verhältnissen souverän zu sein. Entfremdung pur.

Als Kontrapunkt zum männlich gesetzten bürgerlichen Durchsetzungsubjekt steht die ‚weiblich‘ reproduktive Heimat. ‚Weiblich‘ deshalb, weil sie für Naturgegebenheit, Familie, Schutz, Verwurzelung und Geburt steht. Somit ist der politische Heimatbegriff ein emotional aufgeladener und ebenso moralisch überhöhter. Diese ‚weibliche‘ Verletzbarkeit der Heimat fordert ‚männliche‘ Schutzreflexe gegenüber dem vermeintlichen Zugriff durch das bedrohlich  erscheinende universelle Fremde. „Hol dir dein Land zurück!“ oder „Die Heimat verteidigen“ sind emotionale Aufrufe zum Heimatschutz. Sie sind fester Bestandteil der nationalen, nationalistischen und faschistischen Mobilmachung. Diese richtet sich aktuell gegen Geflüchtete, jüdische Menschen sowie gegen ‚Volksverräter‘ und ‚linksgrün versiffte Gutmenschen‘.

Dabei ist die so politisch definierte Heimat selber fremdbestimmt. Sie ist dem Individuum als von Geburt und Abstammung an gegebenes Schicksal ohne eigenes Zutun gesetzt. Das ist der Kern des völkischen Zwangskollektivs. Der Heimatbegriff qua Geburt und Abstammung ist ein völkischer.

Heimat verbindet auch Linke

Doch viele Linke und die Zivilgesellschaft erkennen dies nicht und versuchen lieber den politischen Kampfbegriff ‚Heimat‘ vor einem angeblichen Missbrauch von rechts zu schützen. Statt „deutsch“ ist Erfurt dann eben „bunt“. Auch Bodo Ramelow will sich seine Heimat „von keinem Nazi wegnehmen“ lassen. Innerhalb dieser Vorstellungen steckt jedoch lediglich die Verharmlosung und Übernahme von Begrifflichkeiten, die bereits ihre eigene Bedeutungen mit sich bringen.

Wer von ‚Volk‘ und ‚Heimat‘ schwadroniert, übernimmt damit zwangsläufig Begrifflichkeiten eines nationalistischen und völkischen Rollbacks. Kritik an der Ideologie der Nazis sollte nicht über eine identitäre Abgrenzung und Standortpolitik erfolgen, sondern die gesellschaftlichen Ursachen für Ohnmacht und Entfremdung herausstellen. In einer Welt, die sich stetig verkompliziert und einer allumfassenden Ohnmacht der kapitalistischen Verhältnisse, einer Entfremdung und sozialer Desintegration gegenüber steht, ist die ‚Heimat‘ die falsche Antwort auf die falschen Verhältnisse. Mittels Übernahme des politischen Heimatbegriffs von links und seiner Standortschützer der ‚staatlichen Antifa‘ wird das eigene reaktionäre Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Authentizität befriedigt.

Die Heimat zur Hölle!

„Volk“ und „Heimat“ bieten keine Antwort auf die kapitalistischen Verhältnisse und das Ideal, des Idyllischen und Beschaulichen als Rückzugsort vor dem Sturm draußen, ist nur eine Illusion. In ihm steckt die Versöhnung mit diesen Verhältnissen, denn es verdeckt die materiellen Ursachen der Entfremdung.

Wenn am 1. Mai 2020 der “Dritte Weg” aufmarschiert, dann wollen wir nicht nur die alten Phrasen vom Kampf gegen Nazis und für ein buntes Deutschland wiederholen. Wir sagen klar, dass es eine befreite Gesellschaft, ohne Ausbeutung und Unterdrückung, nur geben kann, wenn Deutschland und Nationalstaaten abgeschafft und der Kapitalismus überwunden ist. Dass wir davon weit entfernt sind, hält uns nicht davon ab unsere Kritik an ihrer „Heimat“ anzubringen und am 1. Mai nicht nur den Nazis das Leben schwer zu machen. Für den 1. Mai gilt es den Spagat hinzubekommen zwischen dezentralen Aktionen und sich gleichzeitig dagegen zu verwehren, Teil eines abgekarterten Spiels der Zivilgesellschaft zu sein. Denn letztlich wollen wir mit unseren Aktionen nicht den Ruf Erfurts retten, die Demokratie verteidigen oder uns der sozialdemokratischen Landesregierung in ihrer „bunt statt braun“-Propaganda anbiedern.

Kommt am 1. Mai 2020 nach Erfurt und organisiert dezentrale Aktionen! Der „Dritte Weg“ ist dabei nur ein Aufhänger für uns um auf die Straße zu gehen. Die Heimat zur Hölle!

https://erstermai2020.noblogs.org

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