Antimilitarismus – Anarchosyndikalismus https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org Aktuelles zu libertären Gewerkschaftsaktivitäten und sozialen Kämpfen in aller Welt Wed, 09 Apr 2025 21:25:53 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1040/2019/09/cropped-rotschwarz-32x32.jpg Antimilitarismus – Anarchosyndikalismus https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org 32 32 USA: Kampf dem MAGA-Angriff https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2025/04/09/usa-kampf-dem-maga-angriff/ Wed, 09 Apr 2025 21:11:59 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1934 Continue reading USA: Kampf dem MAGA-Angriff ]]> Folgender Text der East Bay Syndicalists Group erschien Anfang April 2025 in Workers Solidarity:

Seit Trump ins Amt eingeführt wurde und den Milliardär-Oligarchen Elon Musk mit seinem Hacker-Team dazugeholt hat, um viele Programme und Behörden der US-Bundesregierung zu zerschlagen, sind Trump und sein Team wie ein Schnellfeuer vorgerückt, um die Opposition zu verwirren mit einem andauernden Strom von empörenden Aussagen, rechtswidrigen Durchführungsverordnungen, Kündigung tausender Bundesangestellter und Mittelkürzung für Dienstleistungen.

Protest gegen das Trump-Regime in Washington am Presidents‘ Day 2025

Das Regime verfolgt eine Strategie der „Gebietsüberflutung“ (flood the zone), um Medien und Opposition mit „Furcht und Schrecken“ (shock-and-awe) abzulenken, zu verwirren und zu überwältigen. Die Taktik von Drohung und Einschüchterung zielt auf eine Lähmung durch Angst ab. Daher ist es um so wichtiger zu betonen, dass Organisierung und gemeinsame Aktionen uns die Kraft geben zurückzuschlagen.

Nach der Struktur der US-Verfassung hat der Kongress die Macht Gelder zu verteilen und Gesetze zu erlassen, sowie Behörden und unabhängige Verwaltungsräte einzurichten. Sobald diese Entscheidungen beschlossen wurden, können ein*e Präsident*in (oder Mitglieder des Kabinetts) diese Behörden oder Geldmittel nicht einfach auf eigene Faust wieder abschaffen, denn das wäre unrechtmäßig. So muss der Präsident nach dem Haushaltsgesetz zur Rückhaltungskontrolle [Impoundment Control Act] von 1974 jeden Cent ausgeben, den der Kongress für einen vom Kongress bestimmten Zweck vorgesehen hat. Kürzlich warnte die republikanische Senatorin Susan Collins in einem Schreiben Trump: „So wie der Präsident kein Einzelveto hat, verfügt er auch nicht über die Fähigkeit sich die Notfall-Ausgaben selbst auszusuchen.“ Das trifft ebenso zu für alle Ausgaben, die der Kongress zweckgebunden verteilt hat.

Doch Trump weist diesen Aspekt der Verfassung zurück und sagt „Ich bin das Gesetz.“ Die Trump-Regierung muss sich nun zahlreichen Gerichtsverfahren stellen. Allein die Anklagen wegen fehlerhafter Wortwahl werden die Steuerzahler*innen wahrscheinlich viele Millionen Dollar kosten. Ein*e Gewerkschaftsanwält*in meinte dazu:
„Die Kündigungen, die sie aussprechen ohne das Gesetz zu beachten, werden dazu führen, dass tausende ehemalige Bundesangestellte Anspruch auf Nachzahlung plus Zinsen, Zuschläge und Anwaltskosten bekommen werden. Wenn die Rechnung kommt, wird sie riesenhoch sein.“

Diese Gesetzesverstöße sind bewusst Bestandteil der MAGA-Regierung [1]. Sie sind ein Versuch, die Leitplanken der US-Verfassung niederzureißen, um ein einheitliches, autokratisches Präsidialregime einzuführen. Da die Verfassung der Vereinigten Staaten nicht sehr demokratisch ist und der Präsident die mächstigste Rolle hat, bestand immer eine mögliche Gefahr. Trump hat zweifellos die rechtlichen Anfechtungen vorausgesehen, welche nun die Gerichte durchlaufen. Ein Bundesrichter hat die Wiedereinstellung von tausenden Bundesangestellten angeordnet, nachdem die Gewerkschaft der Bundesangestellten [American Federation of Government Employees] eine Klage eingereicht hat. Ein anderes Gericht hat die Wiedereinstellung in weiteren Behörden beschlossen, da die Verwaltungen einzelner Bundesstaaten geklagt haben. Trump legte gegen das Urteil Widerspruch ein, aber hat nun zugestimmt, 25.000 gekündigte Leute wieder einzustellen. Die MAGA-Regierung hofft darauf, mit Hilfe ihrer rechten Handlanger*innen im Obersten Gerichtshof und einer mutlosen republikanischen Mehrheit im Kongress die althergebrachten Grundpfeiler der Verfassung zerschlagen zu können.

Eine andere Taktik von MAGA ist die Einschüchterung. [Die Nachrichtenagentur] Reuters berichtet, dass mehrere Bundesrichter*innen im Bereich Washington DC anonyme Pizza-Bestellungen nach Hause geliefert bekommen haben. Die Polizei interpretiert diese Geste als „eine Form der Einschüchterung, um mitzuteilen, dass die Adresse der Opfer bekannt ist“. Das Trump-Regime wird vermutlich auch den geschwächten Kongress der Republikanischen Partei befragen, um sein Vorgehen bestätigen zu lassen.

Elon und seine „muskrats“ [Moschus-Ratten] behaupten, dass sie „Korruption, Schwindel und Verschwendung“ vorfinden. Während Trump jene unabhängigen Überwachungsbeauftragten rechtswidrig gekündigt hat, deren Job es tatsächlich war, „Korruption, Schwindel und Verschwendung“ gründlich aufzuspüren. Der Kongress hat schon vor Jahren verschiedene Verwaltungsräte eingesetzt, deren Mandate noch während dieser vierjährigen Präsidentschaftszeit weiterbestehen. Das war so beabsichtigt, damit ihre Unabhängigkeit erhalten bleibt.

Beispielsweise der Nationale Ausschuss für Arbeitsbeziehungen [National Labor Relations Board], der Arbeiter*innen einigen Schutz bieten kann, zum Beispiel Wiedereinstellung nach Kündigung wegen gewerkschaftlicher Organisierung. Doch Trump hat ein Mitglied des Nationalen Ausschusses für Arbeitsbeziehungen illegal rausgeworfen und durch einen gewerkschaftsfeindlichen Handlanger ersetzt. Außerdem hat Trump eine rechtswidrige Durchführungsverordnung [Executive Order] erlassen, um gewerkschaftliche Rechte oder Tarifverhandlungen für viele Bundesangestellte zu untersagen. Nach Angaben von Labor Notes [2] sind „[e]rsten Schätzungen zufolge davon 700.000 bis 1 Million Bundesangestellte betroffen, darunter die Verwaltung der Veteran*innen (Veterans Administration, VA) und die Ministerien für Verteidigung, Energie, Äußeres, Inneres, Justiz, Finanzen, Gesundheit und Soziales, sogar die Landwirtschaft.“

In diesem Angriff klingt noch die Zerschlagung der Fluglots*innen-Gewerkschaft im Jahr 1981 nach. Bisher hat Trump noch nicht gewagt die Postgewerkschaften anzugreifen. Eine halbe Millionen Postarbeiter*innen sind die größte Gewerkschaft der Bundesbeschäftigten. Der Vernichtungsfeldzug von Trump-Musk hat auch die Verbraucher*schutzbehörde [Consumer Financial Protection Bureau] ins Visier genommen, welche Milliarden Dollar an den Leute zurückzahlen ließ wegen illegal erhobenen Bankgebühren oder anderem Unternehmensbetrug. Auch wenn dies von eine*r Richter*in gestoppt wurde, legt Trump Widerspruch gegen diese Gerichtsentscheidung ein. Er hat auch verbotenerweise die Postbehörde übernommen, indem er den Verwaltungsrat entlassen hat.

Diese Kündigungen haben bereits schwere Auswirkungen. Doug Collins, Trumps neuer Chef der Veteranen*verwaltung, plant die Kürzung von 80.000 Stellen in der VA. Zu den ersten Tausend gefeuerten VA-Mitarbeiter*innen gehörten „Sachbearbeiter*innen, welche den Veteran*innen die Behandlung bei Krebs, Atemwegserkrankungen, fehlenen Gliedern und Opioid-Abhängigkeit ermöglichten.“Das Landwirtschaftsministerium wurde gezwungen 6.000 gekündigte Mitarbeiter*innen wieder einzustellen, hauptsächlich Arbeiter*innen für Waldpflege bei der Forstverwaltung, nachdem die Leistungsprinzip-Schutzstelle [US Merit Systems Protection Board] dies angeordnet hatte.

Gleichzeitig plant Leland Dudek, Trumps neuer Chef der Sozialversicherung, die Hälfte der 60.000 Mitarbeiter*innen der Behörde zu feuern und viele ihrer Büros zu schließen. Dadurch wird es den Menschen sehr schwer gemacht werden, direkt nach dem Renteneintritt ihre Auszahlungen zu bekommen. Die Wartezeiten der Sozialversicherungsbehörden werden unerträglich lang werden. Die Unterfinanzierung von Dienstleistungen wird von rechten Regierungsbehörden benutzt, um die öffentliche Unterstützung zu untergraben und eine Privatisierung vorzubereiten. Die Privatisierung der Sozialversicherung ist seit Jahrzehnten ein Wunsch der Wall Street [3].

Ein weiterer illegaler Akt ist die Anordnung von Trump, dass man für die Anmeldung zu Wahlen künftig einen Lichtbildausweis benötigt, der sogenannte „Real ID“-Standards erfüllt. Um so einen Ausweis zu erhalten, benötigt man Dokumente, die manche Leute nicht haben. Auch können viele Arme sich nicht den Weg zu einem Kraftfahrzeugamt leisten. [4] Damit würde gegen den Verfassungszusatz verstoßen, der eine Kopfsteuer (poll tax) untersagt. Diese Durchführungsverordnung ist rechtwidrig, da sie festlegt, wer zum Wählen zugelassen wird. Wie andere Maßnahmen zur Unterdrückung der Wahlen, ist dies ein Versuch, die Herrschaft der Republikaner*innen zu festigen. Die Republikanische Partei hat im Kongress außerdem das SAVE-Gesetz [5] eingebracht, welches Millionen Menschen entrechten würde.

Das Gerede vom „Tiefen Staat“ verdeckt Angriffe auf den öffentlichen Dienst

Als Anarchosyndikalist*innen sind wir gegen einen von oben herrschenden, bürokratischen Staat. Denn der Staat ist ein Mittel zur Unterdrückung der Arbeiter*innen-Opposition, indem er die Arbeiter*innen der von oben verwaltenden Hierarchie des Staates unterordnet. Aber wir sind nicht gegen den Öffentlichen Dienst, im Gegenteil: Wir wollen, dass er ausgeweitet wird, wie zum Beispiel durch freie Bildung für Schüler*innen aller Stufen, frei verfügbare allgemeine Gesundheitsversorgung und kostenlose Abtreibung auf Wunsch.

Nach unserer Vorstellung wären die Krankenhäuser, Gesundheitszentren und Medikamenten-Fabriken im Land selbstverwaltet durch eine demokratisch von den Arbeiter*innen kontrollierte Organisation, aber nicht durch eine Bürokratie von Manager*innen. Wir können uns einen Postdienst vorstellen, der ebenso von einer solchen demokratischen Belegschaftsorganisation unter Kontrolle der Arbeiter*innen betrieben wird. Im Allgemeinen möchten wir die gesamte Wirtschaft auf Grundlage der Arbeiter*selbstverwaltung neu-organisieren – mit verteilter Entscheidungsfindung und vereinigt in einer sozialen Föderation, welche die Unternehmen und die bürokratische Staatshierarchie ersetzt.

Trotz des Geredes von MAGA über irgendeinen geheimen „Tiefen Staat“ richten sie ihre Angriffe direkt auf die öffentlichen Dienstleistungen, welche von der Bundesregierung angeboten werden: von der Sozialversicherung der „Volksrente“ [people’s pension] über die medizinischen Leistungen von Veteranen*verwaltung oder Medicaid [6] bis zur finanziellen Unterstützung von Studierenden. Die Leute, die entlassen wurden, sind keine geheime Zentralverwaltungsmacht, sondern Arbeiter*innen, die ihre Arbeit machen – für öffentliche Dienste zu sorgen, welche die Amerikaner*innen zu erwarten gewohnt sind.

Mehr als ein Jahrhundert lang haben die Politiker*innen der Bundesregierung zwischen einerseits den Massenprotesten der Mittelklasse und Arbeiter*klasse und andereseits der kapitalistischen Oligarchie [7] zu vermitteln versucht, welche die herrschende Macht in diesem Land ist. Diejenigen, welche den Staat anführen, müssen auch in der Lage sein zu regieren. Das Ausmaß von sozialen Unruhen und Massenkämpfen zu verringern macht ihre Arbeit leichter. Daher waren die Sozialversicherung, der Mindestlohn und minimaler Rechtsschutz für Arbeiter*innen bei Betriebskämpfen und gewerkschaftlicher Organisierung durch das Nationale Gesetz zu Arbeitsbeziehungen [National Labor Relations Act] ein Zugeständnis, welches in den 1930er Jahren durch den massenhaften Aufstand der Arbeiter*klasse in Wellen von Massenstreiks und Kämpfen gegen Zwangsräumungen usw. gewonnen wurde.

Eine Welle von Massenstreiks für den Acht-Stunden-Tag während des Ersten Weltkriegs [1914-‘18] haben erreicht, dass die Regierung der Verkürzung des Arbeitstages auf acht Stunden zugestimmt hatte. Gesellschaftliche Proteste, wilde Streiks und städtische Aufstände haben in den 1960ern und 1970ern weitere Bundesprogramme als Zugeständnisse an die damaligen sozialen Bewegungen erreicht. So wie die Bürger*rechtsgesetze, Medicare, Gesetze für saubere Luft und Wasser, sowie die Gründung der Umweltschutz-Behörde [Environmental Protection Agency] und der Behörde für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz [Occupational Safety and Health Administration].

Die verschiedenen linken „kämpferischen Minderheiten“ in der Szene spielten eine wichtge Role für die Bildung und Organisierung der Bevölkerung. Doch in den letzen Jahren ist die Arbeiter*bewegung schwach geworden. Trotz der jüngst unternommenen, vielversprechenden Versuche von selbstorganisierter Graswurzel-Bewegung von Arbeiter*innen sind nur sechs Prozent der Arbeiter*innen im privaten Bereich in einer Gewerkschaft. Nimmt man die Gewerkschaftsmitglieder im Öffentlichen Dienst hinzu, so steigt die Zahl auf zehn Prozent aller Lohnabhängigen.

Die radikale Linke in den USA befindet sich ebenfalls in einem schwachen Zustand. Der Autoritarismus [7] und das Scheitern des Staatssozialismus im 20. Jahrhundert trugen zu einer nachlassenden Unterstützung des Sozialismus bei, auch wenn einige Strömungen der Linken immernoch den überkommenen Ideen dieser Zeit anhängen.

Eine Fraktion der amerikanischen Kapitalist*innen, ihre Denkfabriken und ihre Unterstützer*innen in den sozialen Medien sehen in der aktuellen Schwäche der Linken und der Arbeiter*bewegung eine Gelegenheit. Ihre Gelegenheit für einen großangelegten politischen Angriff auf alle Programme der Bundesregierung, welche die gesamten Zugeständnisse der massenhaften Proteste und Kämpfe aus früheren Zeiten darstellen.

Extrem rechte Strömungen nähern sich an

In den letzten Jahrzehnten hat eine Fraktion der amerikanischen Oligarchie schrittweise dazu beigetragen eine rechtsextreme Massenbewegung zu finanzieren, die sich dann zu MAGA zusammengeschlossen hat. Obwohl diese Bewegung sich vom klassischen Faschismus der 1920er und 1930er Jahre unterscheidet, hat sie doch krasse Ähnlichkeit mit ihm. In den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg [1939-‘45] war der Faschismus eine Massenbewegung zur Zerschlagung der schnellwachsenden sozialistischen und sich radikalisierenden Arbeiter*bewegung jener Zeit, die als eine dunkle Bedrohung für das kapitalistische System wahrgenommen wurde.

Die heutige neo-faschistische Bedrohung durch MAGA unterscheidet sich von der früheren Form des Faschismus darin, dass es zur Zeit keine starke sozialistische Bewegung oder mächtige Arbeiter*kämpfe mehr gibt, welche eine aktuelle Bedrohung für den Kapitalismus darstellen würden. Doch es gibt auch Übereinstimmungen: Beispielsweise die Einschüchterung und die Drohung mit Strafverfolgung von angeblichen „Feind*innen“, sowie das Vertrauen auf die Macht gewalttätiger Bürger*wehren.

Aktuellen Umfragen zufolge sagen 11 Prozent der Erwachsenen in den USA, dass gewalttätige und nicht-verfassungsgemäße Angriffe auf angebliche Feind*innen berechtigt seien. Dieselbe Umfrage fand heraus, dass 14 Prozent eine nicht-verfassungsgemäße bewaffnete Gewalt unterstützen. Und daher die Begnadigung sogar derjenigen Leute befürworten, die am 06. Januar 2021 das Kapitol [9] angegriffen haben. Darüber hinaus unterstützen 14 Prozent die Zerschlagung der bestehenden US-Verfassung, indem die Autorität der Gerichte oder des Rechtsstaatsprinzips nicht anerkannt wird – was die Präsidentschaft als eine autokratische Macht definiert. Diese Ansichten sind eindeutig faschistisch.

So, wie MAGA von Teilen des privaten Kapitals auf vielerlei Weise finanziert wurde, wurden auch die früheren faschistischen Bewegungen anfänglich oft von Teilen der kapitalistischen Elite finanziert oder unterstützt. Ebenso wie die Klasse der Kleinunternehmer*innen den Kern der Wähler*massen von MAGA bildet, traf dies auch auf die klassischen faschistischen Bewegungen zu. Die MAGA-Bewegung erhebt oft absurde Vorwürfe, dass das von der gemäßigten Demokratische Partei eingeführte Regelwerk „sozialistisch“ oder „kommunistisch“ sei. Warum? Um dies zu erklären, müssen wir die weltanschaulichen Strömungen betrachten, welche in der MAGA-Bewegung zusammengekommen sind. In den USA gibt es eine lange Geschichte der extremistischen Ablehung eines Regierungsauftrags zum Schutz der Gesellschaft im Sinne einer Regelung des zerstörerischen Handelns des Kapitals oder zur Einrichtung von Sozialleistungssystemen.

Das Wort „liberal“ kam in den USA erstmals in den 1870er Jahren auf als politischer Begriff, um eine neue Fraktion in der Republikanischen Partei zu bezeichnen. Die Liberalen kritsierten die von Schwarzen Menschen angeführten, republikanischen Regierungen im Süden, welche versuchten Land und Dienstleistungen (wie Schulen) für die kurz zuvor befreite Schwarze Bevölkerung bereitzustellen. Die Liberalen wendeten sich gegen jedes Regierungshandeln zur Schaffung öffentlicher Hilfeleistungen oder von Gesetzen zum Schutz der Arbeiter*innen, wie die Gesetze zum Acht-Stunden-Tag oder gegen Kinderarbeit. Ein bekannter Vertreter dieser Sichtweise war der Yale-Professor William Graham Sumner, der mit seinen populären Schriften ein breites Publikum erreichte.

Sumner lehnte jede soziale Unterstützung für Menschen ab, die er als „schwach“ oder „minderwertig“ bezeichnete: die Armen, die Arbeiter*klasse, Schwarze Menschen und Frauen. Für Sumner war die kapitalistische Konkurrenz des „Jeder gegen Jeden“ durch die wirtschaftsliberale Nicht-Einmischung [Laissez-faire] „die natürliche Ordnung“ in der sich „der Kampf ums Dasein“ von selbst durchsetzen würde. Diese extreme Form des wirtschaftsliberalen Freihandels bildete eine Minderheit innerhalb der Republikanischen Partei in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1960ern beschlossen Murray Rothbard und andere diese frühere Form des Liberalismus als „libertär“ zu bezeichnen.[10]

Hier sehen wir, warum MAGA behauptet, dass das Wohlfahrtssystem der Regierung und die Regulierung des Kapitalismus „sozialistisch“ oder „kommunistisch“ seien. Nur der freiwirtschaftliche „Kampf Aller gegen Alle“ sei für manche Republikaner*innen der „wahre“ Kapitalismus. Diese extremistische Haltung gegen jede Regelung durch eine Regierung spricht viele aus der Klasse der Kleinunternehmer*innen an, welche eine Belastung durch Regierungsvorschriften fürchten und die Gewerkschaften hassen. Aber Teile der kapitalistischen Oligarchie sahen bereits den Ausbau von Wohlfahrtsprogrammen und Umweltschutz-Vorschriften in den 1960er und 1970er als einen „Angriff auf das freie Unternehmer*tum“, wie der damalige Vorsitzenden der Handelskammer, Lewis Powell, formulierte.

Die extreme Form des „Libertarianismus“, wie Rothbards „Anarcho-Kapitalismus“ [11], möchte gerne die Demokratie loswerden und alle Staatsaufgaben privatisieren. Also Polizei und Gerichte direkt in Eigentum der kapitalistischen Oligarchie überführen. Dieses Verschmelzen von privater und öffentlicher Macht kennzeichnet eine neo-feudale Ideologie.[12] Den Bereich des Öffentlichen durch die „demokratischen“ Regierungen und Bürger*rechte abzugrenzen war ein zentrales Merkmal, in dem sich der Kapitalismus im 19 Jahrhundert von der vorausgegangenen feudalen Gesellschaft unterschied.

Die Philosophie der neo-faschistischen „Dunklen Aufklärung“ [dark enlightenment] von Curtis Yarvin [13], welche er Beginn der 2000er formulierte, hat sich aus dem „anarcho-kapitalistischen“ Millieu heraus entwickelt, das vor allem im Umfeld des kalifornischen TechBro-Kapitalismus vorkommt.[14] Yarvin betrachtet die Entwicklung des Liberalismus hin zum regelnden Staat als ein „Versagen“ des aufklärerischen Humanismus und Liberalismus. Er ist Software-Entwickler und Hausphilosoph des Milliardärs Peter Thiel, Geschäftsführer von Palantir. [15] Yarvins Plan ist es, die Demokratie abzuschaffen und die Welt umzuwandeln durch neo-feudale, multipolare Autokratien, welche unter direkter Kontrolle der Oligarchie stehen und von geschäftsführenden Herrscher*innen gelenkt werden. Seine Verteidigung der „Rassenlehre“ [race science] macht ihn darüber hinaus zu einem ausdrücklichen Rassisten.[16]

Die finanzielle Unterstützung durch Peter Thiel war wichtig für die politische Karriere von [US-Vizepräsident] JD Vance. Sowohl Vance, wie auch Musk, sind Anhänger von Yarvins Ideologie. Die Zerschlagung der Bundesregierung durch Musk kann als ein Versuch gesehen werden, den RAGE-Plan von Yarvin umzusetzen: „Alle Bundesangestellen in Ruhestand schicken“ [Retire All Government Employees]. Bei anderer Gelegenheit hat Musk zugegeben, dass es bei DOGE [17] nicht darum geht Geld einzusparen, sondern „eine Machtgrundlage des Liberalismus zu zerstören“.

Mit seinen christlich-nationalistischen Tätowierungen hat der [US-Verteidigungsminister] Pete Hegseth sein weltanschauliches Bekenntnis in die Haut eingebrannt.[18] Die Christlichen Nationalist*innen [19] unterstützen das geplante „Projekt 2025“, das ebenfalls dazu aufruft eine große Anzahl von Regierungsmitarbeiter*innen zu entlassen.[20] Und hierbei sehen wir die Annäherung der unterschiedlichen Ideologien der extremen Rechten. Wie in einem Artikel [des Magazins American Progress] kürzlich berichtet wurde, steht der Christliche Nationalismus für „die anti-demokratische Vorstellung, dass Amerika eine Nation von und ausschließlich für Christ*innen sei. (…) Der Christliche Nationalismus trägt zu einer Ideologie der religiösen Rechten bei“ und deren Praxis des „Umgehens von Gesetzen und Regelungen, die dem Schutz einer vielfältigen Demokratie dienen, wie der Schutz vor Diskriminierung für LGBTQI+Personen [21], Frauen und religiöse Minderheiten.“ Die patriarchale Weltsicht [22] der religiösen Rechten ist der Grund für ihren Krieg gegen Abtreibungen.

Die MAGA-Bewegung unterscheidet sich vom Faschismus der Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg jedoch darin, dass sie die direkte Kontrolle der Staatsmacht durch Teile der kapitalistischen Oligarchie anstrebt. Das Regime hat nicht nur den reichsten Mann der Welt eingesetzt, um „den Verwaltungsstaat zu zerschlagen“, sondern dem Kabinett von Trump gehören 13 Milliardäre an. Das hat vielmehr mit der „anarcho-kapitalistischen“ Ideologie zu tun, deren Wurzeln im Zeitalter der Räuberbarone der Gründerzeit [Gilded Age] des späten 18. Jahrhunderts liegt.[23]

Jedoch haben die Suche nach Schuldigen (wie die zwanghaften Angriffe auf Trans*personen), die Angriffe auf Migrant*innen, sowie der kaum verborgene Rassismus und die Frauen*feindlichkeit der MAGA-Bewegung durchaus Ähnlichkeiten mit dem klassischen Faschismus. Sie sind Methoden der Einschüchterung und Drohung gegen den staatlichen Schutz ihrer politischen „Feinde“. Die Streichung des Klimaschutzes und der „DEI“-Sprache [24] von Bundeswebseiten sind eine Form des Orwell’schen Neusprech.[25]

Die USA wurden gegründet auf der Vorstellung einer Weißen Vorherrschaft, um die Versklavung von Menschen aus Afrika zu rechtfertigen und den indigenen Gemeinschaften das Land wegzunehmen. Dies hat sich tief in die Weiße Bevölkerung der USA eingegraben. Von der Bewegung des Abolitionismus [26] im 19. Jahrhundert bis zur Schwarzen Freiheitsbewegung der 1960er wurde dem gesamten Rassismus schon seit langem etwas entgegen gesetzt. Doch die Erfolge zur Verbesserung der Möglichkeiten von Nicht-Weißen Gruppen in den USA (bei Bewerbungen und Bankkrediten oder im Schulwesen) wurden von einem recht großen Teil der Weißen Bevölkerung abgelehnt und das sind die Leute, die nun von MAGA angesprochen werden.

Viele MAGA-Fans bezeichnen diese Bemühungen als „Rassismus gegen weiße Menschen“. Eine Frau* oder eine Schwarze Person einzustellen kann als ungerechtfertigte „DEI“-Anstellung abgewertet werden. Beim Rassismus geht es ausdrücklich auch um den Hass auf die öffentliche Wohlfahrt, da sie „Diesen Leuten“ zugute kommen könnte, welche von den knallharten MAGAs verachtet werden. Die Ideologie der Weißen Vorherrschaft war ausdrücklich ein Teil von Trumps aktueller Durchführungsverordnung zum Angriff auf die [Forschungs- und Bildungseinrichtung] Smithonian Institution. Er verwies dabei auf eine Ausstellung mit dem Titel „Die Form der Macht: Geschichten von Rasse und amerikanischer Skulptur“. Trump beschwerte sich darüber, dass in der Ausstellung den Satz verwendet: „Rasse ist eine gesellschaftliche Erfindung.“ Und er merkte dazu an, die Ausstellung „fördert die Ansicht, dass Rasse nicht eine biologische Tatsache ist, sondern ein soziales Konstrukt“. Auf die Realität von Rassismus, Sexismus und anderen Formen der Unterdrückung hinzuweisen sei ein fehlerhafter „Geschichtsrevisionismus“ [27], wie Trump es nennt.

Bei „Rasse“ handelt es sich jedoch tatsächlich um eine Erfindung. Die koloniale Elite in Nordamerika entwickelte gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Idee einer Trennung von „weißer Rasse“ und „schwarzer Rasse“, um den Aufbau ihres Systems lebenslanger Sklaverei ausschließlich für die Menschen mit afrikanischer Abstammung zu rechtfertigen. Berufsorganisationen aus Biologie und Anthropologie haben erklärt, dass „Rasse“ eine Pseudo-Wissenschaft ist, da das Konzept von biologischen [Menschen-]Rassen keine belegbare Grundlage hat. Es war ein Mythos, der geschaffen wurde, um den Interessen der Kolonist*innen und sklavenhaltenden Plantagen-Besitzer*innen zu dienen.[28]

Das Verteidigungsministerium unter Pete Hegseth entfernte anfangs tausende Seiten und Bilder von Frauen*, Navajo, japanisch-amerikanischen und Schwarzen Militärangehörigen von den Webseiten der Regierung als Teil ihres Angriffs auf „DEI“ (einige dieser Seiten wurden nach einem Aufschrei aus der Bevölkerung wieder hergestellt). John Ullyot, der Pressesprecher des [Verteidigungsministeriums] Pentagon, erklärte: „Für das Verteidigungsministerium ist DEI gestorben. Die Diskriminatorische Gleichheitsideologie ist eine Form des woken Kulturmarxismus, die in unserem Militär keinen Platz hat.[29; 30] Sie spaltet die Kräfte, untergräbt den Zusammenhalt der Einheit und stört den Dienst bei seinem zentralen Auftrag der Kriegsführung“.

„Kulturmarxismus“
ist eine antisemitische, neo-faschistische Verschwörungstheorie, nach der eine kleine Gruppe marxistischer Intellektueller (die Frankfurter Schule [31]) irgendwie verantwortlich sei für die städtischen Aufstände, Bürger*rechts-Kämpfe und sozialen Bewegungen der 1960er Jahre. Was „die Kräfte spalten“ betrifft, so ist hingegen genau dies die Folge von Rassismus und Frauen*feindlichkeit.
Obwohl die sich um Trump versammelnde MAGA-Bewegung neo-faschistische Züge trägt, handelt die Trump-Regierung mehr oder weniger innerhalb der übernommenen Strukturen der US-Regierung und hat noch kein komplett faschistisches, autokratisches Regime errichtet. Daher gibt es noch Widerstand von einigen Richter*innen, sowie von staatlichen und lokalen Behörden. Und im ganzen Land kommt es zu Straßenprotesten gegen MAGA.

Der MAGA-Angriff auf den Grünen Wandel

Der Kampf gegen die globale Erwärmung ist unerlässlich, um einen bewohnbaren Planeten für künftige Generationen zu hinterlassen. Die weltweite Erwärmung wird anheizt durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Da die schmutzige Verbrennung fossiler Energieträger den Planeten erhitzt, wird es zunehmend häufiger zu tödlichen Hitzewellen, stärkeren Stürmen und steigenem Meeresspiegel kommen. Ein gemeinsames Ziel der Bewegung für Klimagerechtigkeit war die Erreichung von [klimaneutralen] Netto-Null-Emissionen von Kohlendioxid bis 2050.[32] Doch Trumps Energie-Minister Chris White nennt die „Netto-Null 2050“ ein „bösartiges Ziel“. Trump selbst bezeichnet die globale Wärmung als einen „Schwindel“.

Die fossile Industrie und ihre gutbezahlten Denkfabriken sind ein weiterer Aspekt der heutigen neo-faschistischen Ideologie. Die Rechten greifen dabei den wissenschaftlichen Konsens an, der Informationen über die weltweite Erwärmung liefert. Und sie unterstützen die fossile Energiewirtschaft dabei, weiterhin Gewinn aus dem Ausstoß von Treibhausgasen zu ziehen, die den Planeten aufheizen. Das ist jedoch keine Besonderheit der MAGA-Bewegung, denn es ist auch das Vorgehen der neo-faschistischen „Alternative für Deutschland“.

Die Trump-Regierung begeht weitreichende und boshafte Angriffe auf die Bewegung zur Beendigung des fossilen Schadstoff-Ausstoßes und zum Aufbau eines grünen Wandels. Das MAGA-Regime kündigte tausende Angestellte, welche die Verschmutzungen beobachteten und Daten für die Umweltschutz-Agentur (EPA), die Nationale Ozean- und Atmosphären-Verwaltung, sowie für andere Behörden sammelten. Jüngsten Berichten [der Zeitung Guardian] zufolge, werden die geplanten Kürzungen bei der EPA das Ende dieser wissenschaftlichen Forschungseinrichtung bedeuten. Sowie wohl „mehr als 1.000 Wissenschaftler*innen und andere Angestellte gekündigt werden, die dabei helfen, eine Forschungsgrundlage für Regelungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Ökosysteme vor Umweltverschmutzung zu liefern.“ Dazu würden mehr als Tausend Chemiker*innen, Biolog*innen, Toxikolog*innen und andere Wissenschaftler*innen zählen, also 75 Prozent der Belegschaft des Forschungsprogrammes.

Der Inflation Reduction Act (IRA) [33] war zwar kein perfekter Start auf dem Weg zu einem grünen Wandel, dem Umbau hin zu erneuerbaren Energien als Ersatz für fossile Brennstoffe. Doch nun versucht das Trump-Regime gesetzwidrig die Verteilung der Gelder des IRA aufzuhalten. Beispielsweise die Zuschüsse für Leute mit geringem Einkommen bei Solaranlagen und zur Ersetzung von Gasheizungen durch Wärmepumpen. Von Maine bis Alaska wurde nun Projekten zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes bei Fischfang-Flotten durch sparsamere Kühlanlagen die zugesagte Förderung verweigert. Unter dem MAGA-Regime haben sich die USA auch aus einem [beim Klimagipfel 2023 beschlossenen] internationalen Fonds zur Entschädigung ärmerer Länder für Schäden durch die globale Erwärmung zurückgezogen.

Das Regime ist auch dazu übergegangen, Ladestellen für elektrische Fahrzeuge in Regierungsgebäuden wieder abzubauen. Bei einer besonders verrückten Aktion hat das FBI das Bankkonto von Habitat for Humanity [34] beschlagnahmt, da sie ihnen und anderen Einrichtungen wie der DC Green Bank vorwerfen eine „Verschwörung zum Betrug an der Regierung“ zu begehen, weil sie Geldmittel aus dem Inflation Reduction Act bekommen haben. Denn wenn Habitat for Humanity diese Gelder dazu verwenden will, um bessere Energiespar-Maßnahmen für Wohnungen oder den Einbau von Solaranlagen und Wärmepumpen zu finanzieren, sei dies ein „Betrug“, wenn man davon ausgeht, dass die globale Erwärmung ein „Schwindel“ sei. Diese Verfolgung durch das FBI wird wahrscheinlich vor Gericht nicht standhalten und die Bundesrichterin* Tanya Chutkan hat bereits Beweise für einen Betrug oder eine Gesetzeswidrigkeit gefordert. Doch bis dahin werden diese Organisationen ihr Geld für den Rechtsstreit ausgeben müssen, was auch eine Form von Einschüchterung darstellt.

Die Zerschlagung des Amerikanischen Jahrhunderts

Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg waren für die USA durch ihre imperialistische Herrschschaft eine Epoche als weltweite Vormacht. In früheren Zeiten wurden Großreiche errichtet durch militärische Eroberung, Kolonialismus und merkantilistische Beggar-thy-Neighbor-Politik [35], um mittels Handelsbeschränkungen die imperiale Beute für das Heimatland sichern. Doch die USA schufen eine neue Form des Imperialismus: In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg haben die amerikanische Kapitalelite und ihre politischen Funktionär*innen mit viel Aufwand Handelsverträge und Militärbündnisse geschaffen, um die anderen kapitalistischen Eliten in ein System unter Leitung der USA einzubinden. Außerdem schufen sie eine sehr mächtige Marine und eine riesige Anzahl von Miliärstützpunkten auf der ganzen Welt. Das NATO-Bündnis diente dazu, den westeuropäischen Kapitalismus durch den Schutz des amerikanischen Militärs abzusichern. Dies erlaubte den kapitalistischen Ländern Europas weniger Geld für militärische Aufrüstung auszugeben. Da die europäischen Mächte und andere Länder ihre Militär-Ausrüstung in der USA kauften, verteilten sich die Kosten für neue Waffensysteme auf zahlreiche Länder. Das war für die USA sehr lohnenswert, da sie eine riesige amerikanische Rüstungsindustrie aufgebaut haben. Es wäre für die USA um einiges teurer geworden, wenn sie dies alleine getan hätten.


Ein seltsamer Aspekt des MAGA-Regimes ist nun die Art und Weise, wie sie das Amerikanische Jahrhundert [Pax Americana] zerschlagen. Ein Teil der amerikanischen Oligarchie scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, das es schlicht „zu teuer“ geworden sei. Sie wissen wohl nicht zu schätzen, wie sehr seit dem Zweiten Weltkrieg der Reichtum und die Macht des amerikanischen kapitalistischen Regimes auf diesem komplizierten Netzwerk von Militärbündnissen und Handelsbeziehungen beruhte. Sie träumen jetzt von einer Rückkehr zu einer früheren Epoche einer eigenständigen imperialen Herrschaft. Das Drängen von MAGA auf Alleingänge der USA scheint sowohl die Krise des amerikanischen globalen Kapitalismus widerzuspiegeln, wie auch das Inseldenken von „Amerika zuerst“ [America First] und Curtis Yarwins Vorstellung einer multipolaren Welt von Autokratien unter direkter Kontrolle der lokalen Oligarchien.

Der Angriff des MAGA-Regimes auf das Amerikanische Zeitalter hat unterschiedliche Formen angenommen: von Trumps mafia-ähnlichen Androhung von Zöllen als Mittel zur Einschüchterung, über seine Verwendung der Zöllen zur Zerschlagung der wichtigsten Beziehungen zu den US-Handelspartner*innen (Canada, Mexiko und Europa). Sowie seine Drohungen mit einer imperialistischen Eroberung von Grönland und dem Panama-Kanal, die Zerstörung der humanitären Hilfsprogramme von USAID, das Gerede vom Rückzug der NATO-Verteidigung aus Europa und die Bereitschaft Trumps, die Ukraine der imperialistischen Eroberung durch Putin zu überlassen.

Als Anarchosyndikalist*innen sind wir gegen den amerikanischen Imperialismus, wobei wir für einen Internationalismus der grenzüberschreitenden Solidarität der Arbeiter*klasse einstehen. Daher stehen wir an der Seite der ukrainischen Gewerkschaften, Sozialist*innen und Anarchist*innen, welche den militärischen Widerstand der Ukraine gegen Putins imperialistischen Feldzug zur Eroberung der Ukraine unterstützen. Dabei folgen wir dem Beispiel des anarchistischen Aktivisten Errico Malatesta, der den arabischen Widerstand gegen Italiens Eroberung von Libyen im Jahr 1911.[36]

USAID hingegen war eine relativ kostengünstige Art der „weichen Macht“ der USA, indem sie Organisationen und Länder durch ihre Hilfsprogramme für Medizin und Nahrung unterstützte. [37] Die radikale Linke kritisierte lange Zeit, dass USAID benutzt wurde, um anti-sozialistische Gruppen und rechte Gewerkschaften zu unterstützen. Doch die Zerschlagung der Hilfen für Medizin und Nahrung durch Musks Abrisstrupp hat vernichtende Folgen für die Armen in Flüchtlingslagern und sonstwo. Durch die Aufkündigung von 5.000 Verträgen mit gemeinnützigen Organisationen zur AIDS-Bekämpfung in Afrika werden die HIV-positiven Menschen von [anti-]retroviralen Medikamenten abgeschnitten, welche einen Ausbruch von AIDS verhindern. Als Folge dieser plötzlichen Beendigung von Hilfen für Medizin und Nahrung werden Menschen sterben.

Die Zerschlagung eines Bündnissystems und bewährter Handelsbeziehungen wird den USA sehr viel Schaden bereiten. Die amerikanische Rüstungsindustrie wird viele gewinnbringende Aufträge verlieren. Kürzlich kündigte zum Beispiel Portugal seinen Kauf von F-35-Kampfflugzeugen auf, was wird zu Entlassungen führen wird. Aufgrund von Vergeltungszöllen und Konsument*innen-Boykotten in Kanada oder Europa wird der Handel zurückgehen und die Preise wegen Trumps Zöllen steigen. Die Importfirmen in den USA werden die Zölle bezahlen, aber diese Kosten weitergeben. Die hohen Abgaben auf den Import von Autos aus Mexiko und Kanada werden dadurch zu weitaus höheren Preisen für Autos führen.

Die Republikaner*innen werden dem entgegenhalten, dass steigende Preise auf Importe die amerikanische Produktion ankurbeln werden. Das beruht auf der Vorstellung, dass ein höherer Preis für eingeführte Waren diese im Wettbewerb mit den in Amerika gefertigten Produkten weniger attraktiv mache. Doch Produktionsanlagen sind eine teure Anschaffung, die sich erst über einen langen Zeitraum auszahlt. Zölle können in Zukunft schnell wieder zurückgenommen werden und bieten für Investor*innen keine ausreichende Absicherung für solche riesigen Ausgaben. Die Entlassung von tausenden Bundesangestellten wird die Konsumnachfrage allerdings zurückgehen lassen. In Verbindung mit dem Verlust von militärischen Aufträgen und der Preissteigerung durch Zölle wird es sehr wahrscheinlich zu einem Wirtschaftsabschwung kommen.

Zum wirksamen Gegenschlag ausholen

Trump und sein Team verfolgen eine Strategie von „Furcht und Schrecken“ [shock-and-awe] indem sie zahlreiche unterschiedliche Gruppen mit andauernden Angriffen ins Visier nehmen: vom rechtswidrigen Zusammentreiben legaler Einwanderer*innen mit Aufenthaltsgenehmigung [green card], der unrechtmäßigen Beschneidung gewerkschaftlicher Rechte und tausendfacher Kündigung von Bundesangestellten über ihre Erzählung, der Angriff auf „DEI“ diene der Wiederherstellung einer Weißen Vorherrschaft. Hinzu kommen Angriffe auf Trans*personen und Angriffe auf die Gesundheitsversorgung von Veteran*innen, sowie das Verbreiten von Angst vor dem Verlust des Zugangs zur Sozialversicherung und zur Übernahme der Gesundheitskosten für Millionen von Amerikaner*innen. Diese Strategie der „Gebietsüberflutung“ [flood the zone] zielt darauf ab, die sozialen Spaltungen auszunutzen und eine mögliche Opposition zu verwirren.

Doch dieses Vorgehen birgt auch ein großes Risiko für das MAGA-Regime, da hierbei viele verschiedene Gruppen angegriffen werden. Das bedeutet, dass dies nun ein Anlass für diese Gruppen ist, zusammen zu kommen, Bündnisse zu schließen und durch Solidarität einen breiten Gegenschlag vorzubereiten, welcher vermutlich ein enormes Ausmaß annehmen wird. Die Massenentlassung von Bundesangestellten und die Zerschlagung ihrer legalen Gewerkschaftsrechte, sowie die Machtanmaßung dieses autoritären Regimes unter Kontrolle eines Milliardärs sind auf unterschiedliche Weise auch eine Bedrohung für die gesamte Arbeiter*klasse.

Für eine Strategie des Aufbaus eines wirksamen Gegenangriffs bedarf es aber sowohl einer erfolgreichen Organisierung, als auch massenhafter Bildungsmaßnahmen, um den „Krieg um die Köpfe“ zu gewinnen und der rechten Medien-Maschine etwas entgegen zu setzen. Die MAGA-Propaganda behauptet, dass sie für die „Freiheit“ kämpfe. Wir sollten jedoch darauf hinweisen, dass ihr Ziel nur die maximale „Freihet“ der Kapitalist*innen ist, um ihre Arbeiter*innen zu behandeln, wie sie wollen. Die Freiheit zur ungestraften Verschmutzung und die Freiheit zur Plünderung des Bundeshaushalts für ihre eigene Bereicherung. Doch das bedeutet einen Angriff auf unsere Freiheit – die Freiheit am Arbeitsplatz, die Freiheit sich zu organisieren und die Freiheit zu widersprechen.

Ein nützliches Strategie-Element aus der Erfahrung von Arbeiter*organisationen ist es, einen Plan zur Eskalation [38] zu haben. Das bedeutet, dass wir zu Anfang nicht gleich die größte Fähigkeit zum Widerstand erwarten können, sondern daran arbeiten, eine mit der Zeit zunehmende Steigerung von Aktionen und Störungen hervor zu bringen. Unsichtbare Gruppen – und andere Arten von Vereinigungen – haben sich bereits gegründet und protestieren im ganzen Land. Einige Gruppen protestieren vor den Verkaufsstellen von Tesla und rufen zum Boykott [der E-Autos] auf.[39] Es gab auch Proteste von Studierenden und nachbarschaftlichen Widerstand gegen die Cops von [der Polizei- und Zollbehörde] ICE.

Ein nächster Schritt wäre nun der Aufbau von Bündnissen, in denen noch mehr Gruppen zusammenkommen und gemeinsame Pläne machen, um ihre verschiedenen Interessen einzubringen. LGBT-Personen, Bundesangestellte, sowie um globale Erwärmung besorgte Umweltschützer*innen, aber auch migrantische Gemeinschaften und andere Gruppe haben ein Interesse zurückzuschlagen.

Sobald die Leute angefangen haben an Protesten oder Versammlungen teilzunehmen, haben sie eine Motivation, um nach weiteren wirksamen Aktionen Ausschau zu halten. Diese ersten Schritte können ihnen helfen, um die Angst zu überwinden, welche das MAGA-Regime zu verbreiten versucht, um die Menschen zum Schweigen zu bringen. Einer Strategie der Eskalation folgend würden zunächst einfachere oder weniger beängstigende Taktiken angewendet, um die Leute anfangs einzubinden und die Angststarre zu überwinden. Ein nächster Schritt wäre dann der Übergang zu Formen der Störung, wie die Besetzung von Büros, um das Tagesgeschäft [business as usual] aufzuhalten, sowie die Besetzung von Tesla-Verkaufsstellen oder ein kurzer eintägiger Warnstreik.

Störung bedeutet dabei, dass die Arbeiter*klasse beginnt ihre potenzielle Macht anzuwenden. Denn die größte Kraft der Arbeiter*klasse liegt in der Fähigkeit, die Arbeitsplätze stillzulegen, Regierungsbehörden lahmzulegen oder den Fluss der Unternehmensgewinne abzusperren. Die höchste Macht eines Streiks zeigt sich im Generalstreik, wenn Arbeiter*innen dann Netzwerke zwischen einzelnen Gewerkschaften und Branchen aufgebaut haben, mit deren Hilfe sie die gesamtgesellschaftliche Macht der Arbeiter*klasse ausüben. Da das amtierende Regime äußerst repressiv vorgeht, haben seine führenden Vertreter*innen Angst vor jeder Störaktion, welche gegen die Vertragsvereinbarungen verstößt oder direkt den Staat bedroht. Die Lösung hierbei liegt in der Basisorganisierung, sowie in der Gründung von Ausschüssen und Netzwerken, welche unabhängig von den Gewerkschaftsfunktionär*innen sind.

Da die Gewerkschaftsführung bereits vom Trump-Regime eingeschüchtert wurde, haben Bundesangestellte schon damit begonnen gewerkschaftsübergreifende Netzwerke aufzubauen, wie zum Beispiel das „Netzwerk der Bundes-Gewerkschafter*innen“ [Federal Unionist Network]. Ein weiteres Beispiel dieser Art von Organisierung sind die „Vereinigten Bahnarbeiter*innen“ [Railroad Workers United], die entstanden sind nach dem Verrat der bezahlten Funktionär*innen der Bahngewerkschaften. Ein landesweiter Generalstreik würde ein gewaltiges Maß an Gegenmacht zum MAGA-Regime hervorbringen, doch wahrscheinlich kann ein solcher Schritt nur aus einer Organisierung und Motivation an der Basis entstehen.

Ein anderer wesentlicher Teil von Strategien ist eine Vision oder ein Ziel, um Ansporn und Richtung zu geben. Das Trump-Regime ist zwar auf vielfache Weise einzigartig in der amerikanischen Geschichte, doch es gründet auf einer Schwäche der aus Vorzeiten übernommenen US-Verfassung, welche von den Republikaner*innen seit Jahren ausgenutzt wird. Nachdem die MAGA-Bewegung sich zum Ziel gesetzt hat, „den Verwaltungsstaat zu zerschlagen“, auf der Verfassung herumzutrampeln und das Jahrhundert der Zugeständnisse an die Kämpfe der Arbeiter*klasse zu beenden, wird es nicht einfach werden, das zerschlagene Porzellan jemals wieder zusammenzusetzen.

Das Aufkommen eines Teils der Oligarchie, welcher die Rundumschlag-Pläne des MAGA-Regimes unterstützt und den Staat ausplündert, ist bereits ein Anzeichen für die kapitalistische Krise. Eine darüber hinausgehende Vision muss die Begrenzungen überschreiten, welche der überkommene Rahmen des amerikanischen Kapitalismus vorgibt. Als grüne Syndikalist*innen setzen wir uns für eine rasante Beschleunigung des grünen Wandels ein: einen Abbaustopp für fossile Energieträger, einen Ausstieg aus der Ölverarbeitung, einen alternativen Ersatz für Petro-Plastik [40] und die beschleunigte Dekarbonisierung für eine grüne Wirtschaft auf Grundlage erneuerbarer Energie.[41] Und all das mittels eines „gerechten Wandels“ [just transistion], welcher weiterhin das Einkommen ebenso sichert, wie die Gesundheitsversorgung und die Rentengarantien für freigesetzte Arbeiter*innen.

In unserer Vision gibt es eine Arbeiter*selbstverwaltung mit direkter Kontrolle über den Arbeitsprozess durch die Arbeiter*innen in jenen Fabriken, welche Elektro-Heizungen, Wärmepumpen, Solaranlagen, sowie batteriegetriebene Busse und LKWs für die grüne Wirtschaft herstellen. Unser Ziel ist ein grundlegender Wechsel zu einer Gesellschaft, die auf demokratischer Eigenverwaltung gründet, in der diejenigen Menschen die Entscheidungen fällen, welche sie selbst betreffen.

Als Grundlage für eine grüne Wirtschaft schlagen wir die Arbeiter*selbstverwaltung in allen Branchen vor, anstelle des von oben herab bürokratisch regierenden Staates. Nach unserer Vorstellung wären die Pharmaindustrie und die Gesundheitsversorgung in Hand einer gesamtgesellschaftlichen, demokratischen Basisorganisation und wären selbstorganisiert von den Menschen, die dort arbeiten. Mittels allgemeiner, kostenloser Gesundheitsversorgung, die von der Gesellschaft getragen wird, würde die Gesundheitsförderung wesentlich verbessert werden.

Wir schlagen auch vor, dass die Kommunikationssysteme, wie Postdienst und Telefon, von einer Branchen-Organisation aller Arbeiter*innen selbstbestimmt betrieben werden. Doch weder in kapitalistischem Eigentum, noch durch eine bürokratische Verwaltung von oben herab, welche über die Arbeiter*innen bestimmt. Um beispielsweise Ferntransporte auf einer guten ökologischen Grundlage auszuliefern, unterstützen wir die Kampagne für ein sofortiges öffentliches Bahnwesen [Public Rail Now], welche ein öffentliches Eigentum am Eisenbahnnetz fordert. Doch nach unseren Vorstellungen wäre die Eisenbahn von regionalen Branchen-Organisationen durch demokratische Selbstverwaltung der Arbeiter*innen konrolliert. Mit elektrifizierten Eisenbahnen und einer Industriepolitik, welche bei Ferntransporten die Bahn (samt LKWs auf flachen Güterwagen) bevorzugt, könnte künftig der Ausstoß von Treibhausgasen im Fern-Frachtwesen enorm verringert werden.

Dies sind nur einige der Vorstellungen davon, was für einen sozialen Wandel nötig ist.(…)

East Bay Syndicalists Group

in: Workers Solidarity – A Green Syndicalist Webzine (01.04.2025,
https://eastbaysyndicalists.org/fighting-the-maga-assault/

Übersetzung [und Anmerkungen]: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln, https://asnkoeln.wordpress.com (Creative Commons: BY-NC)

Anmerkungen:
1) „Make America Great Again“ („Amerika wieder groß machen“), Trumps Anhänger*innen
2) gewerkschaftliches Medienportal, https://labornotes.org
3) Sitz der US-Finanzindustrie in New York
4) da es in den USA keinen Personalausweis gibt, gilt stattdessen ein Führerschein oder Reisepass
5) Gesetz zur Sicherstellung der Eignung von Wähler*innen (Safeguard American Voter Eligibility)
6) Bundesprogramm der Gesundheitsfürsorge für Bedürftige
7) Eliten-Herrschaft einer kleinen Gruppe von Mächtigen, https://de.wikipedia.org/wiki/Oligarchie
8) Herrschaft durch mächtige Führer*innen und strenge Traditionen, eine Form von Diktatur
9) Stürmung des US-Kongresses, https://de.wikipedia.org/wiki/Sturm_auf_das_Kapitol_in_Washington_2021
10) freiheitlich, siehe: Paläolibertarismus, https://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4olibertarismus
11) staatenloser Privat-Kapitalismus, https://de.wikipedia.org/wiki/Anarchokapitalismus
12) der Adelsherrschaft ähnelnde Besitz-Elite, https://de.wikipedia.org/wiki/Neo-Feudalismus
13) neoreaktionäre Bewegung, https://de.wikipedia.org/wiki/Neoreaktion%C3%A4re_Bewegung
14) hoch-technologische Männerbünde, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Kalifornische_Ideologie
15) Unternehmen für Spionage-Software, https://de.wikipedia.org/wiki/Palantir_Technologies
16) wissenschaftlich nicht haltbare Rassentheorie, https://de.wikipedia.org/wiki/Rassentheorie
17) Trumps neue „Abteilung für Regierungseffizienz“ (Department of Government Efficiency)
18) ein Jerusalemkreuz und „Gott will es“, https://de.wikipedia.org/wiki/Pete_Hegseth#Rezeption
19) christlicher religiöser Nationalismus, https://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Nationalismus
20) „Projekt zum Übergang der Präsidentschaft 2025“, https://de.wikipedia.org/wiki/Project_2025
21) queere Abkürzung für lesbisch, schwul, bi, trans, inter,… https://de.wikipedia.org/wiki/LGBT
22) männliche Herrschaftsform, https://de.wikipedia.org/wiki/Patriarchat_(Soziologie)
23) Aufschwungphase nach dem US-Bürger*krieg, https://de.wikipedia.org/wiki/Gilded_Age
24) Programme zur Förderung von Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion in Organisationen
25) Sprachpolitik in Orwells dystopischem Roman „1984“, https://de.wikipedia.org/wiki/Neusprech
26) Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei im 18./19. Jh. (später auch von Polizei, Justiz, Staat)
27) Umdeutung geschichtlicher Ereignisse, https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichtsrevisionismus
28) siehe https://de.wikipedia.org/wiki/White_Supremacy#W%C3%A4hrend_der_Sklaverei
29 „wachsames“ Bewusstsein, Sensibilität für (systematische) Ungerechtigkeit und Diskriminierung
30) rechte Parole gegen Sozialreformen, https://de.wikipedia.org/wiki/Cultural_Marxism_(Schlagwort)
31) Institut für Sozialforschung (Kritische Theorie), https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Schule
32) CO2-Ausgleich durch negative Emissionen, https://de.wikipedia.org/wiki/Klimaneutralit%C3%A4t
33) Bundesgesetz der Biden-Regierung zur Förderung von grünen Industrien samt Sozialpaket (2022)
34) christliche Hilfsorganisation für weltweiten Katastrophenschutz und Hausbau für bedürftige Menschen
35) Wirtschaftspolitik zur nationalen Bereicherung durch Handelsüberschüsse („ruiniere deinen Nachbarn“)
36) Malatesta und andere sprachen sich jedoch 1915 gegen eine Teilnahme am Ersten Weltkrieg aus, https://anarchistischebibliothek.org/library/die-anarchistische-internationale-und-der-krieg
37) kulturell-ideologische, zwischenstaatliche Einflussnahme, https://de.wikipedia.org/wiki/Soft_Power
38) Steigerung und/oder Ausweitung eines Konfliktes, https://de.wikipedia.org/wiki/Eskalation
39) dezentrale Protestbewegung gegen Musks E-Auto-Firma, https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_Takedown
40) aus Erdöl hergestellte Kunststoffe, https://de.wikipedia.org/wiki/Kunststoff#Herstellung
41) Abkehr von Kohlenstoff zur Energiegewinnung , https://de.wikipedia.org/wiki/Dekarbonisierung

Dieser Text steht als PDF zum kostenlosen Download bereit!

Siehe auch:

„USA: Zölle spalten uns – der Kampf vereint uns!“ (WSA-IAA, 2025)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2025/03/14/usa-zoelle-spalten-uns-der-kampf-vereint-uns/

„USA: Die ersten Tage von Trumps Angriff“
(WSA-IAA, 2025)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2025/03/01/usa-die-ersten-tage-von-trumps-angriff/

]]>
Sudan: Dieses Blut reicht ihnen nicht https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2025/04/02/sudan-dieses-blut-reicht-ihnen-nicht/ Wed, 02 Apr 2025 14:37:44 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1930 Continue reading Sudan: Dieses Blut reicht ihnen nicht ]]> In der Erstausgabe des zweisprachigen Mitteilungsblattes „Espoir“ (herausgegeben von der Anarchistischen Versammlung Sudan, der CNT-IAA Frankreich und ihren Freund*innen) erschien im Januar 2025 folgender Text:

Nach fast zwei Jahres des Krieges wird die Wahrheit und die Ziele dieses Krieges zunehmend deutlicher sichtbar: Das Ziel ist einfach, die Revolution zu zerschlagen. In einer Rede bezeichnete [Staatspräsident] Bashir jüngst die Revolutionär*innen als Pöbel, was die typische Ausdruckweise von Islamist*innen ist, wenn sie die jungen Revolutionär*innen beschreiben.

Außerdem warf er ihnen vor, sie wollten mit Gewalt und Blutvergießen zurückkehren. Dabei bezog er sich auf den Beginn der Vergeltungsmaßnahmen, mit denen die Anführer der islamistischen Terrorbewegung seit Kriegsbeginn gedroht hatte.

Sie sehen die Janjaweed [„Rapid Support Forces“] nicht als ihren Feind; tatsächlich haben sie sich erfolgreich selbst vorgemacht, dass dieser Krieg bereits zu ihren Gunsten ausgegangen ist. Doch wie können sie einen Sieg für sich beanspruchen, wenn die sudanesische Bevölkerung tot, verwundet, vertrieben oder vermisst ist?

Ich frage mich, wie diese Personen überhaupt Menschen wie wir sein können? Es sind die selben Leute, welche von Anfang an die Bevölkerung ermordet und gespalten haben, die Rohstoffe der Nation verkauft und sie kaltblütig umgebracht haben.

Ich kenne nicht das Ausmaß der Zerstörung, das sie erreichen möchten, aber mir ist heute bewusst, dass wir aufstehen müssen, wenn neue Unterdrückungskamapgnen beginnen. Wir müssen unsere Verpflichtung gegenüber unseren Gefallenen erneuern und ihnen bis zum letzten Atemzug Widerstand leisten.

#TheRevolutionLivesOn

Quelle:

https://cnt-ait.info/2025/02/09/sudan-blood/
https://cnt-ait.info/wp-content/uploads/2025/02/Espoir-AL-Amal-2025-en.pdf

Übersetzung: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln
(CC: BY-NC, asnkoeln.wordpress.com)

Hintergrundinfos:

Barbarei im Sudan: Ein verzweifelter Hilferuf von sudanenischen Anarchist*innen! (2024)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/05/14/barbarei-im-sudan-ein-verzweifelter-hilferuf-von-sudanenischen-anarchistnnen/

Sudan: Widerstand gegen Militärputsch (2022)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/01/14/sudan-widerstand-gegen-militaerputsch/

]]>
Polen: Kriegshetze und Klassenkampf https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/06/13/polen-kriegshetze-und-klassenkampf/ Thu, 13 Jun 2024 20:40:21 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1547 Continue reading Polen: Kriegshetze und Klassenkampf ]]> Folgenden Text hat die Basisgewerkschaft ZSP-IAA veröffentlicht:

Aus historischen Gründen besteht in der Bevölkerung eine gewisse Angst vor Russland. Einige Jahre lang war diese Angst unterdrückt worden, obwohl sie stets in der polnischen Verteidigungsstrategie präsent war. Doch seit dem Beginn des aktuellen Ukraine-Krieges hat die militaristische Stimmung dramatisch zugenommen. Ebenso die allgemeine Unterstützung für die Verteidigungsausgaben und eine erhöhte Militarisierung des Landes.

Polen als NATO-Mitglied mit Grenzen zur Ukraine, Russland und Belarus spielte bisher eine aktive Rolle darin, ein aggressiveres Handeln gegenüber Russland (und in geringerem Maße aus gegenüber Belarus) zu fordern. Nicht nur in der Innenpolitik, sondern auch in der Europäischen Union und der NATO.

Die Militärausgaben wurden 2022 und 2023 mehr als verdoppelt und liegen momentan auf ihrem bisher höchsten Stand. Deren prozentuale Anteile des Bruttoinlandsprodukts in Polen lagen 2023 an oberster Stelle der Ausgaben in der EU. Und das Land hat einen der weltweit höchsten Anteile, womit es sogar die Vereinigten Staaten überholt. (Nur die Ukraine, Russland und Israel, sowie Algerien, Sausi-Arabien, Oman und Kuwait haben noch höhere Prozentzahlen für Militärausgaben.)

Die Regierung versucht mit aller Kraft, die Welt davon zu überzeugen, dass Polen ein sehr wohlhabendes Land ist. Indem sie Statistiken manipuliert um aufzuzeigen, dass man hier mit einem unrealistisch niedrigen Einkommensniveau überleben kann. Dabei setzt sie die offizielle Armutsgrenze noch unterhalb dessen an, was man zum Überleben benötigt. Dennoch sind aufgrund der steigenden Preise immer mehr Menschen kaum in der Lage über die Runden zu kommen. Während die Regierung immer mehr Geld in Militärausgaben pumpt und dauernd auf die riesige Bedrohung durch Russland verweiset, werden große Teile der öffentlichen Ausgaben unterfinanziert.

Es scheint nie genug Geld vorhanden zu sein, um den unentbehrlichen Arbeiter*innen, wie Pflegefachkräfte, Lehrer*innen und anderem Schul- und Krankenhauspersonal, eine Lohnerhöhung zukommen zu lassen. Diese organisieren häufig Streiks und Proteste, um eine Erhöhung ihrer skandalös niedrigen Löhne zu fordern, welche meist unter dem Durchschnittslohn liegen und teilweise nur knapp den Mindestlohn übersteigen. Besonders Familien der Arbeiter*klasse sind davon betroffen, da manche sich nicht die private Krankenversorgung leisten können, mit der viele reichere Leute die langen Warteschlangen in den öffentlichen Gesundheitseinrichtungen umgehen können. Um so schlimmer, dass die extreme Armut bei älteren Bürger*innen schnell ansteigt und in naher Zukunft explodieren wird, wenn die Renten für große Teile der Bevölkerung deutlich sinken werden.

Da die Regierung also nie Geld für solche Dinge hat, versucht sie stattdessen in der Bevölkerung Angst zu verbreiten, um bisher nie dagewesene Militärausgaben und eine erhöhte Anwesenheit ausländischer Truppen im ganzen Land zu rechtfertigen. Es sind weit über 10.000 amerikanische Soldat*innen in Polen stationiert und eine vergleichbare Anzahl von NATO-Truppen. Die Regierung sendet aktuell ihr 45. Paket militärischer Hilfe in die Ukraine und plant, weitere Trainingseinrichtungen für ukrainische Soldat*innen in Polen zu eröffnen. Die Militärhilfe für die Ukraine beträgt mittlerweile über 4 Milliarden Euro.

Doch obwohl Polen lautstark Hilfe für ukrainische Flüchtlinge angekündigt hatte, konnten wir tatsächlich beobachten, dass diese überwiegend von Privatpersonen organisiert wurde. Sowie durch eine großen Anzahl von gemeinnützigen Organisationen, die ebenfalls von Privatleuten finanziert wurden. Viel von der versprochenen Hilfe wurde niemals geleistet, beispielsweise die Unterkünfte für Geflüchtete in Warschau. (Durch unsere Mieter*innen-Organisation können wir derzeit vielen Ukrainer*innen helfen, die durch den Mangel an tatsächlicher Unterstützung oder die nur vorübergehend geleistete, geringe Hilfe im Stich gelassen wurden.)

Doch obwohl ein Großteil der vollmundig angekündigten „Hilfe“ für Geflüchtete nicht existiert, haben die polnischen Falken [= Hardliner] unter Führung von Radoslaw Sikorski [neoliberaler Außenminister] zahlreiche Vorschläge gemacht, wie man junge Männer aus Polen heraus und an die Front in der Ukraine schicken könnte. Dazu zählt auch die Weigerung, ihnen Dokumente auszustellen oder zu verlängern, sowie ihnen die Hilfsgelder zu kürzen, falls sie welche beziehen. Sikorski hat zudem vorgeschlagen, dass diese Politik europaweit eingeführt werden sollte.

Kürzlich machte er verächtliche Bemerkungen über diese „Drückeberger“ und bestand darauf, dass deren Platz an der Front sei in der Ukraine. Dabei scheint er mit „Drückeberger“ offensichtlich alle männlichen Ukrainer zu bezeichnen, unabhängig davon, dass vor dem Beginn der russischen Invasion bereits Hundertausende von ihnen in Polen lebten und arbeiteten. Sogar jene mit polnischem Wohnsitz fürchten nun, dass die Behörden Maßnahmen ergreifen werden, die den Aufenthalt in Polen erschweren könnten. Denn der militaristische Macho-Wahn geht davon aus, dass alle körperlich geeigneten Männer für die Idee der nationalen Selbstbestimmung ihr Leben riskieren sollten.

Natürlich hat all das auch einen Klassenaspekt, denn ärmere Leute haben meist weniger Möglichkeiten zu flüchten und werden vom Militär schneller als Kanonenfutter benutzt – vor allem in Kriegszeiten. Es ist daher kein Zufall, dass sowohl die Regierung, wie auch die extreme Rechte gleichzeitig versuchen die negativen Auswirkungen der ukrainischen Geflüchteten auf Polen zu übertreiben. Wobei die rechtsextreme Partei Konfederacja [Konföderation der Freiheit und Unabhängigkeit] ihre Wahlkämpfe hauptsächlich auf anti-ukrainische und flüchtlingsfeindliche Stimmungen aufbaut. Die wachsende rechtsxtreme Bewegung spricht sich gegen jede Militärhilfe für die Ukraine aus. Vor allem aufgrund ihrer Ablehnung der [trans-]atlantischen Beziehungen, wobei sie hauptsächlich ihre Meinung anhand migrationsfeindlicher Rhetorik kundtut.

A propos migrationsfeindliche Rhetorik: Diese deckt sich meist mit der Politik der polnischen Regierung bezüglich von Themen, wie der Militarisierung der Grenzen. Vor den letzten Parlamentwahlen gab es einen Korruptionsskandal wegen in großem Umfang verkaufter polnischer Visa. Und der aktuelle [konservative] Ministerpräsident Tusk startete eine höchst rassistische Kampagne zu dem Thema. Er nutzte die Tatsache aus, dass viele dieser Visa-Empfänger*innen aus Indien, anderen asiatischen Ländern oder dem Mittleren Osten kamen. Und Tusk antwortete darauf mit dem Versprechen, nicht nur die illegale Einwanderung zu zerschlagen, sondern die Einwanderung überhaupt. Während der vorherigen Regierung unter Tusk und seiner Partei [Bürgerplattform] hatte Polen seine Grenzen zugemacht und sich in der EU als führende Kraft bei der Verhinderung von Einwanderung dargestellt. Damals wurde auch beschlossen, die EU-Grenzschutzagentur Frontex in Warschau anzusiedlen.

Schon vor dem Beginn der aktuellen Krieges in der Ukraine waren viele Leute aus der Ukraine, Russland und Belarus nach Polen eingewandert. Denn viele von ihnen sind vor politischer Verfolgung geflohen oder kamen auf der Suche nach besseren Verdienstmöglichkeiten. Von denjenigen, die in Belarus im Gefängnis gesessen hatten, suchten hier viele Asyl. Zur Zeit kümmert sich die Regierung jedoch nicht um die russischen Leute, die vielleicht Kriegsdienstverweigerer oder vor Putins Regime davongelaufen sind. Viele Politiker*innen haben öffentlich die Meinung vertreten, dass russische Kriegsgegner*innen lieber in Russland bleiben und gegen Putin kämpfen sollten. Und das unabhängig davon, ob diese Leute wegen so etwas verfolgt wurden oder nicht.

Seit kurzem haben viele in der Regierung angefangen, die Einwanderung aus Belarus als ein Problem zu bezeichnen und den Verdacht verbreitet, dass aus Belarus „Putins Agent*innen“ kommen würden. Wir erinnern uns auch an die bewegten Monate, in denen Geflüchtete über die Grenze nach Belarus zurückgedrängt wurden. Polnische Regierungsvertreter*innen hatten von einem „hybriden Krieg“ gegen Polen und die Europäische Union gesprochen. Das Vorgehen den polnischen Regierung an der Grenze war offen rassistisch, besonders im Vegleich mit der Behandlung der ukrainischen Flüchtlinge zur gleichen Zeit. Dieses Schüren von Ängsten war meistens motiviert durch Rassismus und Klassenposition (denn die reicheren Leute aus denselben Ländern konnten hier viel einfacher ankommen), was zu einem verstärkten Polizeieinsatz an der Grenze führte. Nun wollen Sikorski und Co die Grenze in eine hoch militarisierte Zone verwandeln.

Präsentation des Projekts „East Shield“ samt der Minenfelder

Anfang Mai verkündete Polen sein fast 3 Milliarden teures Projekt „East Shield“ [Tarcza Wschodnia] zur Militarisierung der Grenze zu Belarus. Anfänglich hatte die Regierung sogar geplant die Grenzregion zu verminen. (Das Foto zeigt die Präsentation der Pläne des Stellvertretenden Verteidigungsministers Cezary Tomczyk in Warschau, auf denen deutlich das Minenfeld als solches benannt wurde.) Dies löste einen internationalen Skandal aus, da Polen den Vertrag von Ottawa unterzeichnet hat, der den Einsatz von Landminen verbietet. Donald Tusk musste diese Ankündigungen zurücknehmen und leugnen, dass dieser Einsatz geplant war.

Gleichzeitig widersprach Sikorski dann Tusk und behauptete, dass sie diese nur einsetzen würden, „wenn es nötig sei“. Es ist noch zu früh, um festzustellen, ob es Landminen an der Grenze geben wird oder nicht. Aber die ursprünglichen Pläne enthielten diese und machen deutlich, wie sehr die Regierung gewillt ist, die barbarischsten Methoden anzuwenden, um ihre Grenzen zu befestigen. Und das angesichts der hohen Kosten mit den genannten Auswirkungen auf die Grundbedürfnisse verarmter Menschen bzw. der Arbeiter*klasse.

Schließlich betrieb Tusk kürzlich Kriegshetze indem er Verschörungstheorien verbreitete, dass russische Saboteur*innen in der Europäischen Union mit Brandstiftung und verschiedenen Terrorakten diese Länder destabilisieren würde. (Hintergründe dazu im Guardian-Artikel: https://www.theguardian.com/world/article/2024/may/30/europe-on-high-alert-after-suspected-moscow-linked-arson-and-sabotage)

Das Handeln der polnischen Regierung – vor allem von Donald Tusk, der fast sofort mit Sicherheit behauptete, dass Russland ein Einkaufszentrum in Warschau niedergebrannt hätte – dient dazu, die Bevölkerung zu verängstigen und weitere militärische Ausgaben und kriegerisches Verhalten zu rechtfertigen. Zum Glück sind recht viele Leute, darunter auch viele in der örtlichen Stadtverwaltung, extrem ungläubig gegenüber diesen Verschwörungstheorien, besonders angesichts dessen, was sie über die Vorgänge in diesem Einkaufszentrum wissen.

Zur Vorgeschichte des in Warschau niedergebrannten Einkaufszentrums gehört, dass die Stadtverwaltung im Jahr 2009 versucht hatte, die beiden größten Märkte aus der Innenstadt zu vertreiben. Die Händler*innen, die zuvor auf diesen Märkten gearbeitet hatten, konnten im Jahr 2010 – falls sie sich das leisten konnten – stattdessen Verkaufsstände in dem neueröffneten Einkaufszentrum „Marywilska“ anmieten (was entgegen mancher Medienbericht keineswegs das größte Einkaufszentrum von Warschau und erst recht nicht von ganz Polen war.)

Viele der Händler*innen, die sich den Preis nicht leisten konnten, verlegten ihre Stände weiter an den Stadtrand oder außerhalb von Warschau. Unter denen, die im „Marywilska“ Handel betrieben waren viele Pol*innen und eine große Anzahl vietnamesischer und ukrainischer Leute. Man kann jedoch nicht davon ausgehen, dass alle dort Arbeitenden auch Besitzer*innen kleiner Familienbetriebe waren.

Von den 1.400 Verkaufsständen wurden einige von Einzelpersonen oder Familien (darunter auch Migrant*innen) betrieben, die selbst dort arbeiteten. Aber es gab auch Stände im Besitz von größeren Unternehmen mit Angestellten, welche teilweise zu schlechten oder gar illegalen Bedingungen arbeiteten. Dennoch lässt sich sagen, dass ein paar Tausend Leute von diesem Einkaufszentrum als ihre hauptsächliche oder einzige Einkommensquelle abhängig waren. Und der Verlust dieses Marktes war eine Tragödie für viele, die dort gearbeitet hatten.

Worüber man in der ausländischen Presse nichts erfährt (und auch nicht in der heutigen polnischen Presse, was die Verschwörungstheorie des Ministerpräsidenten bestärkt), ist, dass es in den letzten Monaten viele Proteste gab. Von Leuten, die in der Markthalle arbeiteten, darunter auch mehrere Proteste im Stadtzentrum von Warschau und beim Rathaus usw. Dabei handelte es sich um Mietproteste, denn die Standgebühren dort waren kurz zuvor unglaublich erhöht worden.

Die Miete war so hoch, dass die Kosten für einen Stand den Preis für die schickesten Verkaufsflächen in den angesehensten Lagen der Stadt überschritten hatten. Damit stiegen sie auf ein Vielfaches der durchschnittlichen Gewerbemieten in Warschau. Und dabei handelte es sich um ein unattraktives Gebäude an einem Ort in einer zuvor unattraktiven Gegend der Stadt. Seit 2010 hat sich jedoch viel verändert, vor allem durch den aktuellen Boom der Eigentumsspekulation. Und durch die Ausbreitung der Stadtentwicklungsprojekte bis in die Randbereiche der Innenstadt, wozu auch frühere Industriegebiete mit wenig oder fehlender Infrastruktur im Umkreis zählen.

Die Protestierenden zogen schließlich zum Rathaus, denn das Einkaufszentrum stand auf städtischem Gelände und die Stadt hatte das Bauprojekt schließlich gestartet, um die Händler*innen aus der Innenstadt zu vertreiben. Die Stadt versprach daraufhin „Mediationsversammlungen“ durchzuführen, die jedoch nichts ergaben. Einige der Händler*innen verloren ihr Geld und hatten Probleme aus ihren Verträgen auszusteigen, da diese zwei Jahre Laufzeit hatten. Der Manager der Hallen machte den Händler*innen dann den Vorschlag, dass sie an einen anderen Standort außerhalb von Warschau ziehen könnten. Danach brannte das Einkaufszentrum auf rätselhafte Weise durch eine höchst offensichtlich geplante Brandstiftung nieder.

Es ist bekannt, dass die Mehrheit der Brandstiftungen in Warschau „zufällig“ an Orten stattfinden, die zur „Entwicklung“ vorgesehen sind und wo bald darauf teure Immobilienprojekten neu entstehen. Daher lautet eine viel wahrscheinlichere Verschwörungstheorie (eine, der viele Leute Glauben schenken), dass man versucht hatte alle Händler*innen durch überhöhte Mieten loszuwerden, die sie in den Konkurs treiben sollten. Und wenn sie dann verschuldet waren, gab es einen legalen Grund dafür, ihnen die Pacht zu kündigen (welche ebenfalls eine lange Kündigungsfrist für die Eigentümer*innen hatte). Vielleicht war es daher einfacher, nach dem Brand die Versicherungssumme zu kassieren und dann ein anderes Bauprojekt auf dem Gelände zu beginnen, das sich nun in der Nähe anderer Entwicklungsprojekte befindet.

Entgegen der Tatsache, dass viele Leute dies für ein wahrscheinliches Szenario halten, haben die Medien die Behauptung von Tusk aufgegriffen, dass es sich um russische Sabotage handeln würde. Die in den Berichten genannten Informationen sind meist widersprüchlich und mysteriös. Unterschiedlichen Reportagen zufolge habe die CIA bestätigt, dass der russische Geheimdienst GRU in Polen Leute anwerben würde (darunter angeblich auch ukrainische Staatsbürger*innen), um Brandstiftung und andere Angriffe zu begehen. Mehrere Leute wurden verhaftet und wegen Terrorismus angeklagt. (Es ist jedoch unklar um wieviele Leute es sich handelt – einige Berichte sprechen von 9 und andere von 12 – und welche Taten ihnen vorgeworfen werden. Zu den genannten Brandstiftungen gehört auch eine Farbenfabrik und eine Lagerhalle für Europaletten.)

Wir leugnen nicht, dass es bezahlte Brandstifter*innen in Polen gibt. Die Unternehmen bedienen sich ihnen seit Jahren, um Versicherungsgelder zu kassieren. Wir leugnen auch nicht, dass Russland mit Agent*innen versucht die Lage in Polen zu destabilisieren. Und dass es Leute gibt, die dafür eine Reihe von Leuten in Verdacht hat, darunter einige der wichtigsten politischen Figuren. Doch angesichts der langen Geschichte von Regierungen und vor allem von Geheimdiensten, die Vorfälle konstruieren um Konflikte zu schüren oder sogar Kriege auszulösen, können wir die Wahrscheinlichkeit nicht ausschließen, dass es sich auch hierbei um so etwas handelt. Jedenfalls ist nicht viel zu erfahren über die Verhaftung verdächtigter Terrorist*innen, außer dass gesagt wird, dass keine*r der Verhafteten wegen Verbindung zu dem Brand der Marywilska angeklagt werde. Wobei Tusk mit voller Überzeugung behauptet, dass es sich um einen russischen Sabotageakt handeln würde.

Angesichts all dessen und durch das komplett durchgedrehte Gehabe von Putin, der immer mehr Drohungen gegen Polen ausstößt, steigert sich die Kriegshysterie. Sogar angeblich linke politische Zusammenhänge reden nun davon, wie wichtig es sei die NATO-Einsätze zu unterstützen und Geld für die zunehmende Militarisierung des Landes auszugeben. Zwar kostet diese Militarisierung die einfachen Leute aus der Arbeiter*klasse in diesem Land einiges, aber die russische Arbeiter*klasse kostet es weitaus mehr. Denn Putin bringt das Land durch die Kosten des Krieges in eine schwere finanzielle Notlage. Andererseits weiß Putin, dass die Leute rebellieren könnten, daher hat er zahlreiche Maßnahmen getroffen, um der Arbeiter*klasse mit Geschenken ihren Unmut abzukaufen. In Polen droht die Regierung nur mit der Kürzung der Sozialausgaben und lässt mehr Gelder in die Verteidigung fließen. Das spürt die Arbeiterklasse zwar, aber darüber ist sie sich nicht vollständig bewusst. Die Auswirkungen der Angst sind stärker als jede Erkenntnis über die wahren Kosten der zunehmenden Militarisierung.

Angesichts dieser Situation, hoffen wir, dass sich noch etwas anderes ergibt bevor wir uns inmitten eines Konfliktes wiederfinden, der einen Haufen verwirrter junger Leute in einen Krieg ziehen lässt um die Interessen von Macht und Kapitalismus zu verteidigen. Anstatt für eine stärkere Macht der Arbeiter*klasse und für internationale Solidarität zu kämpfen, gegen die Wahnsinnigen [Herrscher*innen] dieser Welt und gegen jene, die mit Tod und Zerstörung ihre Geschäfte machen.

Laure Akai
(ZSP-IAA Warschau)

Quelle: https://zsp.net.pl/recent-warmongering-and-class-war-poland

Übersetzung: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln (CC: BY-NC)

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Barbarei im Sudan: Ein verzweifelter Hilferuf von sudanenischen Anarchist*innen! https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/05/14/barbarei-im-sudan-ein-verzweifelter-hilferuf-von-sudanenischen-anarchistnnen/ Tue, 14 May 2024 11:55:54 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1531 Continue reading Barbarei im Sudan: Ein verzweifelter Hilferuf von sudanenischen Anarchist*innen! ]]> In der letzten Ausgabe ihrer Zeitschrift „Anarchosyndicalisme“ berichtete die französische CNT-IAA über den Aufruf zur Solidarität von Anarchist*innen im Sudan [1], den sie auch auf Deutsch veröffentlicht hat:

Seit am 15. April 2023 ein schrecklicher Krieg zwischen zwei militärischen Fraktionen – den „Rapid Support Forces“ (oder Janjaweed-Milizen) gegen die offizielle Armee – ausgebrochen ist, leben ZivilistInnen aufgrund eines „rücksichtslosen und sinnlosen Konflikts“, der von den Vereinten Nationen in allgemeiner Gleichgültigkeit angeprangert wird, in einem Klima des „puren Terrors“.

Mindestens 15.000 Menschen sind gestorben und mehr als 26.000 wurden verletzt, doch diese Zahlen sind sicherlich zu niedrig angesetzt. Es gibt 11 Millionen Binnenvertriebene, 1,8 Millionen ExilantInnen, 18 Millionen Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. 8 Millionen ArbeiterInnen haben ihre Arbeit und ihr Einkommen verloren. 70% der Gebiete haben weder Wasser noch Strom, 75% der Krankenhäuser sind zerstört, 19 Millionen StudentInnen haben ihr Studium abgebrochen, 600 Industriebetriebe wurden zerstört und geplündert, ebenso wie 110 Banken, 65% der Landwirtschaft wurde zerstört, 80% der Betriebsmittel (Düngemittel, Pestizide, Landmaschinen und Erntemaschinen) des Bewässerungsgebiets von Geziera – dem größten der Welt – wurden geplündert und zerstört …

Die mediale und aktivistische Stille, die den Sudan umgibt, ermöglicht es den Militärs beider Seiten, ungestraft einen regelrechten Völkermord zu begehen. Der Konflikt zwischen den beiden Clans hat viele Komponenten: ethnische, mit einem Gefolge von (laut UN) gegenseitigen Völkermorden; „imperialistisch“, da jede der beiden sich gegenüberstehenden Gruppen von verschiedenen ausländischen Mächten unterstützt wird, die den Sudan wegen seiner natürlichen Ressourcen und seiner strategischen Lage begehren.

Vor allem aber handelt es sich um einen „konterrevolutionären“ Krieg. Indem er das Land in Brand setzte, ließ er die Hoffnungen der zivilen und demokratischen Revolution zusammenbrechen. Und trieb viele AktivistInnen, die sich für die Revolution engagiert hatten, ins Exil. Durch die vollständige Destabilisierung des Landes ermöglicht dieser Krieg den Kadern des alten Regimes, im Amt zu bleiben, ohne für die Verbrechen, die sie über Jahrzehnte hinweg (während der Militärdiktatur und später während des Staatsstreichs) begangen haben, vor Gericht gestellt zu werden. (Quelle: SudfaMedia, Französisch-sudanesisches partizipatives Medium https://sudfa-media.com)

Die Revolutionskomitees, an denen unsere anarchistischen GefährtInnen beteiligt sind, versuchen, ihre Aktivitäten aufrechtzuerhalten, was jedoch mit der Eskalation der Gewalt durch die beiden Militärfraktionen immer schwieriger wird.

Nach dem Aufruf zur Solidarität erhielten wir über 1200 Euro (davon 200 Euro von den GenossInnen des Kurdischsprachigen Anarchistischen Forums, KAF), die an die sudanesischen GenossInnen weitergeleitet werden konnten. Dank dieser Solidarität konnten sie humanitäre Verteilungen von Decken, Hygieneartikeln (Mentruationsartikel, Seife, Zahnpasta) und Kindermilch organisieren. Für Kinder wurde ein Betreuungsraum mit Zeichenmaterial und auch Grundschulunterricht organisiert, der es den Kindern ermöglichte, dem Wahnsinn des Krieges ein wenig zu entfliehen.

Heute ist die Situation jedoch wirklich unerträglich geworden. Die Gewalt der militärischen Gruppen entlädt sich. Die Janjaweed-Milizen verhalten sich barbarisch gegenüber ZivilistInnen. Sie ermordeten unsere Gefährtin Sarah, nachdem sie sie vergewaltigt hatten. Die Soldaten ihrerseits verhaften und foltern Revolutionäre und beschuldigen sie, mit den Janjaweed verbündet zu sein. Unsere GefährtInnen müssen sich dringend in den Nachbarländern in Sicherheit bringen. Wir leiten ihren verzweifelten Appell an die internationale anarchistische Bewegung weiter.

Wenn Du zur Solidarität beitragen möchtest, kannst Du Schecks an CNT AIT senden an; CNT-AIT 7 rue St Rémésy 31000 TOULOUSE, oder alternativ über die PayPal-Plattform überweisen: https://www.paypal.com/paypalme/cntait1

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Die Gruppe der sudanesischen AnarchistInnen lädt Euch ein, sich mit ihnen zu solidarisieren, damit sie ihre Aktivitäten zur Befreiung fortsetzen kann.

Grüße der revolutionären GenossInnen aus dem Sudan an alle AnarchistInnen der Welt.

Nachdem das Regime versucht hatte, die glorreiche Dezemberrevolution zu zerstören und zu demontieren, führte der Ausbruch des Krieges vom 15. April zur Vertreibung von 15 Millionen SudanesInnen, zum Leiden der gesamten Bevölkerung, zum Beginn einer Hungersnot und zur Verschlechterung der humanitären Lage. Und nun haben die islamischen Brigaden Kampagnen gestartet, die sich gezielt gegen Revolutionäre richten, und zahlreiche Verhaftungen und Entlassungen vorgenommen.

Die Gruppe der sudanesischen AnarchistInnen fordert Sie auf, sich mit ihr zu solidarisieren, damit sie ihre große Befreiungsaktivität fortsetzen und auch vom Ausland aus wieder aufnehmen kann.

Wir hoffen auf Ihren Beitrag, um einige GefährtInnen, denen eine willkürliche Verhaftung droht, außerhalb des Landes in Sicherheit zu bringen.

Nieder mit dem faschistischen Militärregime, Nieder mit den Janjaweed-Brigaden!

Nein zur Verhaftung von RevolutionärInnen, Nein zur Folter von RevolutionärInnen.

Es lebe die Freie Dezemberrevolution!

[1] Sudan: Die Kämpfe erreichen Wad Madani, eine Zufluchtsstadt für Tausende von Vertriebenen. Die Anarchisten im Sudan rufen zu dringender Solidarität auf. http://cnt-ait.info/2023/12/22/wad-madani

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WAS KANN ICH AUS SOLIDARITÄT MIT DEN MENSCHEN IM SUDAN TUN?

Sie können viel tun, als Einzelperson oder mit ein paar Leuten. Wichtig ist, dass Sie über den Sudan berichten, damit möglichst viele Menschen erfahren, was dort passiert!

1) Informiere Dich über die Lage im Sudan über die Website des sudanesisch-französischen partizipativen Mediums SudfaMedia.

2) Sende Solidaritätsbotschaften an [email protected], die wir an unsere anarchistischen MitstreiterInnen im Sudan weiterleiten werden.

3) Erzähle in den sozialen Medien, deiner Familie, FreundInnen und ArbeitskollegInnen vom Sudan, seiner Revolution und der Abscheulichkeit der Armee und der Rapid Support Forces sowie der Islamisten.

Eine 4-seitige Erklärung der Situation kann hier heruntergeladen werden :

DEN KONFLIKT IM SUDAN VERSTEHEN, SOLIDARISCH GEGEN DEN KRIEG HANDELN.

Ein Solidaritätsflugblatt kann hier heruntergeladen werden: http://cnt-ait.info/wp-content/uploads/2023/12/2023-04-26-Solidarite-Internationale-Anarchiste-en.pdf

4) Organisiere Flugblattverteilungen, Pressetische, Solidaritätssammlungen, Veranstaltungen in Solidarität mit dem SudanesInnen und gegen die Massaker.

Versammlung der sudanesischen Anarchist*nnen (2022)

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#العسكر_للثكنات_والجنجويد_يتحل.

Das Militär in den Kasernen und die Milizen (Janjawid) müssen sich auflösen.

#لاتفاوض_لاشراكة_لامساومة.

Keine Verhandlungen, keine Partnerschaft, kein Feilschen!

#ضد_الحرب.

Gegen den Krieg

#السلطة_سلطة_شعب.

Die Macht ist die Macht des Volkes

#السلام والحرية والتضامن

Frieden, Freiheit und Solidarität

Lassen wir die AnarchistInnen im Sudan nicht im Stich! Solidarität und gegenseitige Hilfe machen uns stärker!

Treffen der AnarchistInnen aus dem Sudan und CNT-AIT Frankreich.

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Originaltext auf Arabisch: (http://cnt-ait.info/2024/04/07/sudan-solidarity/) تدعوكم مجموعة اناركيين السودان للتضامن معها لكي تستطيع مواصلة نشاطها التحرر

Originaltext auf Französisch : Barbarie au Soudan : un appel à l’aide désespéré des anarchistes du Soudan ! http://cnt-ait.info/2024/04/20/appel-soudan/

Bahasa Indonesia : Kebiadaban di Sudan: seruan permohonan bantuan mendesak dari anarkis Sudan.

http://cnt-ait.info/2024/05/02/sudan-id

Englische Übersetzung : Barbarism in Sudan: a desperate appeal for help from Sudan’s anarchists! http://cnt-ait.info/2024/04/23/solidarity-sudan-en

Japanische Übersetzung: スーダンの蛮行:スーダンのアナキストから必死の支援要請! http://cnt-ait.info/2024/04/23/solidarity-sudan-jp

Übersetzung ins Spanische: Barbaría en Sudán: ¡un llamado desesperado de ayuda de los anarquistas de Sudán! (http://cnt-ait.info/2024/04/24/solidaridad-sudan-2/)

Übersetzung ins Portugiesische: Barbária no Sudão: um pedido desesperado de ajuda dos anarquistas do Sudão! (http://cnt-ait.info/2024/04/24/solidarity-sudan-pt )

Übersetzung ins Italienische : Barbarie in Sudan: un disperato appello di aiuto da parte degli anarchici sudanesi! ( http://cnt-ait.info/2024/05/13/barbarie-sudan/ )

Übersetzung ins Türkische : Sudan’da barbarlık: Sudanlı anarşistlerden umutsuz bir yardım çağrısı! ( http://cnt-ait.info/2024/05/13/sudanda-barbarlik/ )

Quelle:
http://cnt-ait.info/2024/04/30/sudan-de/

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Lasst uns die Arbeitswelt wieder aufrüsten! https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/03/16/lasst-uns-die-arbeitswelt-wieder-aufruesten/ Sat, 16 Mar 2024 13:01:52 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1517 Continue reading Lasst uns die Arbeitswelt wieder aufrüsten! ]]> Folgender Text erschien Anfang März in der Zeitschrift der CNT-IAA Toulouse:

Die Forderung nach Wiederaufrüstung ist gerade sehr in Mode und wird von den Herrschenden für alles mögliche genutzt: Aufrüstung des Bildungswesens, Aufrüstung der Wirtschaft, demographische und moralische Aufrüstung usw. Man kann also sagen, dass wir in kriegerischen Zeiten leben. Denn wenn der Zeitpunkt kommt, muss jedes Rädchen ins nächste greifen – und darauf sollen wir geistig vorbereitet werden.

Machen wir uns bewusst, dass wir an einem besonderen Wendepunkt stehen: Noch nie war die Gesellschaft durch so viele tödliche Gefahren bedroht: Erderhitzung, Vernichtung der Artenvielfalt, Ausschöpfung der Ressourcen, Umweltbelastung durch Schadstoffe und die drohende Gefahr eines Großkonfliktes. Die Zukunft ist jedoch zumindest ungewiss.

Doch nur die Rüstungsindustrie hat Grund zu feiern! Aber wenn man unserer Regierung Glauben schenkt, gibt es keinen Grund zur Sorge. Es ist eine altbekannte Reaktion, dass ein bevorstehender Zusammenbruch die Führungskräfte eines Unternehmens oder eines Staates dazu veranlasst, immer riskantere und schwierigere Projekte zu starten. Sie hoffen auf ein Wunder, versuchen alles Mögliche und machen es in der Regel nur noch schlimmer – wobei sie die vorhergesagte Katastrophe weiter beschleunigen.

Natürlich haben die Regierungen seit vielen Jahren ihre Maßnahmen auf den Weg gebracht, um diesen Teufelskreis zu überwinden. Doch deren Wirksamkeit ist – gelinde gesagt – zweifelhaft. Die globale Erwärmung beschleunigt sich, die Artenvielfalt stirbt weiter ab, die Vergiftung von Wasser, Boden und Luft nimmt weiter zu. Und es werden bestimmt nicht die letzten Maßnahmen der französischen Regierung gewesen sein, die diesen Trend umkehren sollen. Und um dem Risiko eines drohenden Krieges zu begegnen, haben alle Staaten in massive Aufrüstungsprogramme investiert.

Das Spiel, das die führenden Großmächte gerade spielen, ähnelt immer mehr diesem Szenario. Die „Herren der Welt“ sind bereit alles zu tun, um ihre Privilegien und Machtsymbole zu bewahren. Sie kümmern sich nicht um das Schicksal der Menschen, solange ihr Status als Herrschende nicht erschüttert wird.

Dass die kapitalistische Wirtschaft weiter funktioniert; dass die Gewinne der multinationalen Konzerne so hoch sind, wie noch nie; dass sich die Börse auf einem Allzeithoch befindet – das alles ist letztlich nur schöner Schein.

Denn dieses herrlich grenzenlose System besteht aus einem Streben nach Reichtum und Macht. Es macht Glück und Freiheit zu einer Frage des Wohlstands – von Einzelpersonen oder von Staaten. Denn je mehr Reichtum wir anhäufen, desto mehr macht uns diese Ansammlung angeblich frei und glücklich. Aber dieses System wird durch seine eigenen Widersprüche untergraben: Denn ein endloses Wachstum in einer endlichen Welt ist undenkbar.

Das Gesetz des Kapitalismus macht jedes Individuum zur Konkurrenz aller anderen. Die Werte der Solidarität und der gegenseitigen Hilfe werden geleugnet; die Gesellschaft wird in gegensätzliche Klassen gespalten: Die Klasse der Ausgebeuteten gegen die Klasse der Ausbeuter*innen. Die Nationalstaaten befinden sich ständig in einem wirtschaftlichen und/oder militärischen Krieg gegeneinander. Und schließlich – und das Problem ist nicht zu unterschätzen – führen die menschlichen Gesellschaften aufgrund ihrer Marktgläubigkeit seit Jahrhunderten einen gnadenlosen Krieg gegen die Natur.

Seit Jahrhunderten haben zahlreiche Denker*innen die verheerenden Folgen dieses Systems angeprangert und gezeigt, dass es von Grund auf ungerecht, ungleich und mörderisch ist. Der Zusammenbruch der großen natürlichen Ökosysteme, welche die Grundlage des Lebens auf der Erde bilden, ist heute Beweis genug, dass uns die marktförmigen Entscheidungen unweigerlich in eine Sackgasse führen. Kurz gesagt: Dieses System ist absolut selbstmörderisch.

Dass dieses Systems samt seiner Regeln abgeschafft werden muss, haben alle revolutionären Denker*innen des 19. Jahrhunderts befürwortet. Heute ist dies zur absoluten Notwendigkeit geworden. Doch selbst wenn diese Forderung heute von allen aufrichtig denkenden Menschen weitgehend geteilt wird, so stellt sich die weitaus schwierigere Frage, wie eine zukünftige Gesellschaft organisiert und auf welcher Grundlage sie aufgebaut werden soll.

Tatsächlich ist die Menschheit jedoch bereits seit Beginn der Steinzeit und dem Aufkommen der ersten Staaten mit dieser Fragestellung konfrontiert. Seit die menschlichen Gemeinschaften beschlossen haben, bestimmten Personengruppen, wie Priester*innen, König*innen, Diktator*innen, Aristokrat*innen oder einfachen Vertreter*innen, die Macht zu übergeben. Indem diese entscheiden, was das Beste für die Gemeinschaft ist und um ihre Gesetze durchzusetzen, haben die menschlichen Gemeinschaften dabei die Kontrolle über ihr Schicksal verloren.

Diese neue herrschende Klasse hat die Macht zu ihrem Vorteil an sich gerissen und systematisch ihre eigenen Bedürfnisse durch die Anhäufung von Reichtum befriedigt. Auch, um das Streben nach Eroberung und Herrschaft zu befriedigen – den Willen nach Macht und egositischem Genuss – hat sie dabei die Interessen der Gemeinschaft geopfert. Die Katastrophen, die sich heute abzeichnen, sind letztlich nur die Folge dieser ganzen Vernachlässigung.

Deshalb steht heute die gesamte Menschheit vor der Wahl:

• Entweder genauso weiterzumachen, und immer wieder auf die schönen Worte der Herrschenden zu vertrauen. Welche dann unter dem Vorwand militärischer oder ökologischer Zwänge mit Gewalt und Terror nach sozialer Kontrolle rufen, die Freiheit einschränken und den Lebensstandard senken – zumindest für die arbeitenden Klassen. Genau dies ist der Weg, den die derzeitige französische Regierung bereits eingeschlagen hat.

• Oder einen radikalen Bruch mit der heutigen Realität herbeizuführen und sich auf den Aufbau einer völlig neuen Welt einzulassen. Welche es sich zur Hauptaufgabe macht, den Warenfetisch, die Macht und die Gewalt zu überwinden, um jedem Individuum die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung zu garantieren. In einer solchen Gesellschaft wird die Lebensqualität nicht mehr an der Menge des angehäuften Eigentums gemessen werden, sondern an der Qualität des Aufbaus von sozialen Beziehungen.

Quelle:
Anarchosyndicalisme!, Nr. 185, Januar/Februar 2024, CNT-IAA Toulouse,
https://cntaittoulouse.lautre.net/spip.php?article1378

Übersetzung: ASN Köln
(Creative Commons: BY-NC)

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Burma: Gewerkschaftssolidarität in stürmischen Zeiten https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/01/26/burma-gewerkschaftssolidaritaet-in-stuermischen-zeiten/ Fri, 26 Jan 2024 17:56:58 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1497 Continue reading Burma: Gewerkschaftssolidarität in stürmischen Zeiten ]]> Die Worker Solidarity League of Burma (WSLB) wurde im Jahr 2000 gegründet als eine halb im Untergrund agierende Vereinigung zur Verteidigung der Rechte von Arbeiter*innen angesichts der fortschritenden Industrialisierung des Landes. Und nur eines der Gründungsmitglieder – Ye Naing Win – hat bis heute überlebt.

2012 wurde das Gewerkschaftliche Kooperationskomitee (CCTU) aus 45 Basisgewerkschaften gegründet. Mit dem Ziel diese zu organisieren und in starken Bündnissen zu vereinigen. Die WSBL/CCTU ist aktiv im täglichen Kampf um die Verteidigung und Förderung von Arbeitsrechten, zur zahlenmäßigen Weiterentwicklung der Gewerkschaften, für die Organisierung und Vernetzung mit weiteren Gewerkschaften und zum Aufbau eigener starker Gewerkschaftsföderationen auf kommunaler und nationaler Ebene, sowie nach Sparten.

Nach dem Militärputsch wurde das CCTU durch die Militärregierung des SAC (State Administration Council) verboten und war zahlreichen Repressionen ausgesetzt, wie auch andere Arbeiter*vereinigungen und Gewerkschaften. Unter allen Gewerkschaften und Branchenverbänden hat die WSLB mit ihrer über 20 Jahre langen Geschichte ihren Ruf behalten, sich nur für die Interessen der Arbeiter*klasse und nicht für Parteien einzusetzen.

Unter den Bedingungen von Putsch und Bürger*krieg sind die Gewerkschaften in zwei Lager gespalten – einerseits gibt es Gruppen auf Seiten der Nationalen Einheitsregierung (NUG) und andererseits welche für den Staatsverwaltungsrat (SAC). Die Arbeiter*innen-Solidaritätsliga von Burma (WSLB) kämpft schwer darum, während des Krieges zwischen den politischen Interessen der staatstreuen Parteien das Klasseninteresse zu vertreten. Die hat sich mit der Yangon Initiative der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IWA-YAS) verbündet, um grenzüberschreitende Solidarität und einen wirklichen Internationalismus der Arbeiter*klasse gemeinsam mit anderen IAA-Mitgliedern aufzubauen.

Nun hat die Liga unter dem Namen der WSLB eine Arbeiter*innen-Konferenz organisiert an der einige Gewerkschaften aus Industriebereichen teilgenommen haben. Das Ziel der Zusammenkunft war, den Kontakt der Gewerkschaften untereinander wieder aufzubauen, sowie den Anarchosyndikalismus vorzustellen. Außerdem wurden aus den verschiedenen Arbeitsbereichen und Sektoren die jeweiligen Themen vorgestellt und diskutiert, aber auch die Arten der Zusammenarbeit und letztlich der Aufbau von Solidarität in der Arbeiter*klasse besprochen.

Der Höhepunkt der Diskussion während des Treffens war der vor Kurzem erfolgreiche Streik bezüglich der Erhöhung des Mindestlohnes. Dieser untere Tageslohn wurde zum 01.10.2023 durch einen Zuschlag von 1.000 MMK (ca. 0,42 EUR) von 4.800 MMK auf 5.800 MMK (ca. 2,54 EUR) angehoben.

Wegen dieser unzureichenden Löhne veruschen junge Arbeiter*innen ins Ausland abzuwandern. Die Inflation und die Erhöhung der Warenpreise haben die Arbeiter*innen dazu gezwungen, ihr Selbstbewusstsein in Frage zu stellen. Darüber hinaus waren während des größten Umsturz-Chaos die Arbeiter*innen nicht nur zwischen zwei Kriegspartien gespalten, sondern die bürgerliche Klasse konnte sie auch auf jede erdenkliche Weise in mehreren Arbeitsbereichen ausbeuten. Denn keine Nachrichten, Medien, Gewerkschaften oder zivilgesellschaftliche Organisation schaute mehr hin.

Das Gute daran ist, dass wir daran glauben, durch gegenseitige Hilfe und Solidarität wird es eine Chance geben, diesen Umsturz zu überleben. Und die arbeitenden Massen werden ihre wahre Stärke und ihre innere Kraft kennen lernen. Sie werden sich gegenseitig inspirieren, selbst voneinander lernen, sich selbst gegenseitig schützen und den bittersüßen Sieg gemeinsam teilen, denn die Solidarität ist ihr Klasseninteresse. Daher war dies eine gute Gelegenheit, sich für das Konzept von direkter Aktion, gegenseitiger Hilfe und Solidarität einzusetzen.

IWA Yangon Initiative

Quelle: https://iwa-yas.org/wslbs-workers-convergence-strength-in-solidarity-during-adverse-times/

Übersetzung: ASN Köln (CC: BY-NC)

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Gaza/Israel: Stoppt die Barbarei! https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/11/22/stoppt-die-barbarei/ Wed, 22 Nov 2023 14:12:17 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1448 Continue reading Gaza/Israel: Stoppt die Barbarei! ]]> Die französische CNT-IAA hat am 08.10.2023 folgenden Aufruf geschrieben, der in mehrere Sprachen (Chinesisch, Englisch, Esperanto, Russisch) übersetzt wurde:

Erneut hat die Flamme des Krieges die Region Israel/Palästina in Brand gesetzt. Diesmal hat die [islamistische] Hamas die Initiative ergriffen, um Gräueltaten zu begehen. Sie haben dabei nicht alleine gehandelt, denn auch Sturmtrupps der PFLP [Volksfront für die Befreiung Palästinas] haben sich an diesem bewaffneten Angriff beteiligt. Die Bilder sind unerträglich: ermordete Zivilist*innen in den Straßen und in ihren Häusern, sowie die Verschleppung von Geiseln.

Auch wenn die israelische Regierung eine Politik verfolgt, welche sogar von Tamir Prado, dem ehemaligen Direktor des israelischen Geheimdienstes, als Apartheid bezeichnet wurde. So kann das nicht die kaltblütige Ermordung von Zivilist*innen rechtfertigen. Dies ist ebenso verwerflich, wie die Ermordung palästinensischer Zivilist*innen durch die israelische Armee!

Zweifellos wird die Antwort der israelischen Regierung ebenso schrecklich, wie blindwütig sein. Bisher wurden in Gaza bereits Gebäude bombardiert und im gesamten Gebiet die Elektrizität unterbrochen.

Wir können nur unsere größten Sorgen um die zivile Bevölkerung der Region – die palästinensische, ebenso wie die israelische – ausdrücken, welche beide in diesem Konflikt von ihrer jeweiligen Regierungen als Geiseln gehalten werden.

Zumal in den vergangenen Monaten diese Zivilbevölkerungen *gegen* ihre Regierungen und deren tödliche Politik demonstriert hatten: In den letzten Wochen und vor allem nach dem 30. Juli hatten tausende Palästinenser*innen in Gaza gegen das Hamas-Regime protestiert unter dem Motto: „Wir wollen leben!“.

Gleichzeitig waren in Israel wiederholt Zehntausende auf die Straße gegangen, um gegen die Politik der rechten Regierung zu protestieren. Diese konnte die Proteste nicht mehr unter Kontrolle halten und stand kurz vor dem Scheitern.

Die Angriffe der Hamas fanden daher in einem Moment statt als auf beiden Seiten der „Mauer der Schande“[1] tausende Menschen angefangen hatten sich gegen ihre Herrschenden zu organisieren. Die durch die Angriffe begonnene Gewalt wird die Bevölkerungen um ihre korrupten Herrschenden herum vereinigen und die nationalistischen Gefühle stärken, welche sich aus dem Wunsch nach gegenseitiger Rache speisen.

In Gaza ruft die Hamas die gesamte Bevölkerung auf, unter ihrem Banner eine heilige Einheit zu bilden. [Israels Ministerpräsident] Netanjahu hat bereits eine „Regierung der nationalen Einheit“ ausgerufen. Und tausende Reservist*innen, die wochenlang gegen diktatorische Politik Netanjahus gestreikt hatten, haben angekündigt ihre Bewegung aufzulösen!

Dieser Angriff hat auch eine internationale Dimension. Er fand statt nachdem der Anführer der Hamas sich im Juni mit dem iranischen Staatschef Ayatollah Ali Khamenei getroffen hatte. Und während das mit dem Iran verfeindete Saudi-Arabien offizielle Gespräche begonnen hatte, um diplomatische Verbindungen zu Israel aufzunehmen.

Die Hisbollah, der terroristische Handlanger des Iran im Libanon, hat bereits erklärt, dass „der Angriff der Hamas gegen Israel […] eine Nachricht an jeden [ist], der versucht die Verbindungen zu [Israel] zu normalisieren, und um zu zeigen, dass der palästinensische Kampf nicht tot ist.“ 

Nach der der israelischen Bevölkerung sind es nun die Bewohner*innen von Gaza, die den Preis für dieses blutige Spiel zahlen müssen, das die Staaten spielen, um ihre eigene Macht zu festigen.

Nochmals: Jene, die Kriege führen, sind nicht jene, die darin sterben müssen.
Nochmals: Es ist die Zivilbevölkerung von Sderot bis Gaza, die darunter zu leiden hat.

Alle Ideologien, die von den Herrschenden genutzt werden, vor allem Nationalismus und Religion, stützen die mörderische Logik, welche Menschen dazu bringt, sich gegenseitig für den größtmöglichen Profit der Herrschenden dieser Welt umzubringen.

Weder Hamas, noch Kolonisation!
Solange es Staaten gibt, wird es Kriege geben!
Schluss mit allen Armeen, Schluss mit allen Staaten!

Paris, 08. Oktober 2023

CNT-IAA Frankreich

[email protected]

(Diese Erklärung wird unterstützt von der Groupe Anarchiste René Lochu in Vannes)

[(1) umstrittene Sperranlage Israels an der Grenze zu den Palästinenser*gebieten]

Quellen:
http://cnt-ait.info/2023/11/15/stop-the-barbarism/
http://cnt-ait.info/2023/10/09/halte-a-la-barbarie/

Übersetzung [und Anmerkungen]:
Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln (CC: BY-NC)

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München: Gegen Krieg und Militarismus https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/11/08/muenchen-gegen-krieg-und-militarismus/ Wed, 08 Nov 2023 15:37:37 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1428 Mit mehreren antimilitaristischen Graphiken protestiert das „Anarcho-Syndikalistische Netzwerk in München“ gegen alle Armeen, denn diese verteidigen niemals den Frieden. Dabei wird auch an die aus dem 19. Jahrhundert stammende, pazifistische Parole „Die Waffen nieder!“ erinnert.




Quelle:
https://twitter.com/AnarchoMuenchen

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Russland und Ukraine: Repression gegen Kriegsdienstverweigerer https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/04/20/russland-und-ukraine-repression-gegen-kriegsdienstverweigerer/ Thu, 20 Apr 2023 13:45:39 +0000 http://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1272 Continue reading Russland und Ukraine: Repression gegen Kriegsdienstverweigerer ]]> Die französische CNT-IAA hat folgenden Artikel veröffentlicht, der auf einem Bericht beruht, welcher am 08.04.2023 von der KRAS-IAA veröffentlicht wurden, der russischen Sektion der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation:

In Russland und der Ukraine gibt es vermehrt Repressionen gegen diejenigen, welche nicht für die Pläne der Herrschenden oder der Kapitalist*innen kämpfen und sterben wollen. Bei russischen Gerichten wurden bereits mehr als 500 Strafverfahren gegen Soldaten eingereicht, wobei diese eingeleitet wurden, nachdem das Gesetz zu Beginn der Mobilmachung verschärft wurde. In der Ukraine wurden in tausenden Fällen Verfahren eingeleitet wegen unbefugtem Verlassen von Militäreinheiten, Desertion und Befehlsverweigerung gegenüber Kommandanten usw.

 „Mediazona“ [ein unabhängiges russisches Medienunternehmen] untersucht strafrechtliche Angelegenheiten gegen Militärangehörige in Russland untersucht und berichtet, dass sowohl freiwillige, wie auch eingezogene Soldaten fliehen und verschwinden, indem sie sich direkt weigern, dem Befehl zu gehorchen in die Ukraine geschickt zu werden, oder indem sie von der Front desertieren.


Bei den Militärgerichten wurden bereits 536 Fälle im Rahmen der neuen verschärften Strafverfolgungsgesetze zur Anklage gebracht: unerlaubtes Entfernen von der Einheit, Befehlsverweigerung, Fahnenflucht und anderes. 247 Soldaten wurden bereits verurteilt. Es gibt jeden Monat immer mehr Fälle; noch vor Ende März 2023 gab er bereits einen Höchstrekord. Die häufigste Anklage ist das unbefugte Verlassen der Militäreinheit mit 471 vor Gericht gebrachten Rechtsverfahren; in mehr als der Hälfte der Fälle waren die Soldaten über einen Monat lang abwesend (249 Fälle).

Am 21. März wurden 14 Personen wegen Desertion angeklagt und 21 wegen Gewaltanwendung gegen einen Kommandanten oder Offizier. Die meisten Strafsachen wurden vor Gerichten in der Region Moskau (40), Kaliningrad (27), Samara (23) und der Region Rostow verhandelt.

Die Prozesse von Verweigerern und Fahnenflüchtigen werden in der Öffentlichkeit als Schauprozesse präsentiert, um andere Soldaten einzuschüchtern: Die Rekruten werden von anderen Soldaten verurteilt, degradiert und verhaftet. Die Urteile werden in militärischen Einheiten verkündet und die Richter halten „prophylaktische (vorbeugende) Vorträge“.

Im Gegensatz dazu werden diese Fälle vor der Zivilgesellschaft verborgen: die Urteie werden in der Regel nicht veröffentlicht, oft werden sogar keine Strafen ausgesprochen und die Statistiken werden unter dem Vorwand der Geheimhaltung zurückgehalten. Viele Soldaten – mehr als ein Drittel der bekannten Verurteilungen wegen Desertion oder Fahnenflucht – erhalten Bewährungsstrafen. Dadurch können sie wieder an die Front geschickt werden.

Diejenigen, die nicht fliehen, sich aber offen dem Kriegsdienst verweigern, werden wegen Befehlsverweigerung angeklagt – die Zahl dieser Verfahren steigt ebenfalls (es gibt bereits 25 solche Fälle vor Gericht). Dies ist die beste Option für Kriegsdienstverweigerer: Die Strafen für die Nichtbeachtung eines Befehls sind niedriger vorgesehen als für andere Verstöße gegen die Artikel des Mobilisierungsgesetzes (https://zona.media/article/2023/03/22/500500).

In den letzten Monaten wurde die Repression weiter verstärkt und neue Urteile wurden verkündet:

So hat das Militärgericht der Garnison in Tambov einen eingezogenen Rekruten zu fünf Jahren Haft verurteilt, weil er im November seinen Dienstposten verlassen hat und ohne Genehmigung nach Hause gefahren war, woraufhin er im Januar verhaftet wurde.

Zuvor hatte das Militärgericht der Garnision Krim einen Berufssoldaten wegen Desertion zu neun Jahren in einem strengen Arbeitslager verurteilt, weil er nicht an der „Spezialoperation“ teilnehmen wollte.

Ende März wurde jemand von Militärgericht der Garnison in Barnaoul zu 6,5 Jahren Gefängnis verurteilt, der ebenfalls wegen Fahnenflucht angeklagt worden war. Der Major hatte aus Angst vor der Verschickung in das Kriegsgebiet gelogen, indem er sagte, er würde sich nicht gut fühlen. Er verließ daraufhin die Einheit,
packte seine Koffer und versuchte, das Land zu verlassen, wobei er von Grenzschutzbeamten verhaftet wurde.

Ende Februar verurteilte ein Gericht in Kamtschatka Sergej Wladimirov, einen Soldaten der pazifischen Flotte, zu acht Jahren Gefängnis wegen Desertion und Gewaltanwendung gegen einen Regierungsbeamten. Im Oktober letzten Jahres hatte er seinen Dienstort verlassen und als Mitarbeiter der Strafverfolgungsbehörden einen Hausbesuch machten, sprühte er ihnen Pfefferspray ins Gesicht und versuchte sich zu verstecken (https://newizv.ru/news/2023-04-07/v-tambove-mobilizovannogo-prigovorili-k-pyati-godam-za-samovolnoe-ostavlenie-chasti-403678)

In Sewastopol verurteilte das Garnisonsgericht zwei Soldaten zu mehr als drei Jahren Gefängnis, weil sie sich geweigert hatten, sich in ein Kampfgebiet zu begeben. Ende März verhängte das Militärgericht der Garnison Krim eine Strafe von neun Jahren (!!) wegen Fahnenflucht gegen einen vertraglich verpflichteten Soldaten, der im September seine Militäreinheit in Sewastopol verlassen hatte, weil er nicht an Kämpfen teilnehmen wollte und sich daher auf der Krim versteckt hatte
(https://sevastopol.su/news/kontraktniku-iz-sevastopolya-dali-9-let-za-dezertirstvo).

Ende Dezember wurden in Kursk zwei Rekruten (Juri Degtyarev und Alexei Seliwanow) zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie sich weigerten, dem Befehl des Kommandanten nachzukommen, an Kampfhandlungen teilzunehmen. Sie wurden nach der Verkündigung der Teilmobilmachung Ende September 2022 eingezogen und für den Militärdienst der Kategorie „A“ als geeignet eingestuft. Im Oktober nahm Degtyarev an den Kampfhandlungen teil, aber wurde danach an seinen Militärstandort zurückgeschickt.

Im November verweigerten er und Seliwanow in der Kaserne dem Befehl des kommandierenden Leiters, ihre Schutzwesten und persönliche Waffen entgegen zu nehmen. Sie wollten sich nicht in die „Sonderoperation“ versetzen lassen, um fehlende Kampfeinheiten zu ersetzen. Zuerst lehnten sie es mündlich ab und gaben danach schriftliche Berichte ab. Im November wurden dann beide verhaftet als sie sich vom Manövergebiet absetzen wollten (https://www.kommersant.ru/doc/5915055).

 Le 31 mars, il a été signalé qu’à Saint-Pétersbourg, le tribunal militaire de garnison avait prononcé une condamnation contre un militaire sous contrat russe qui s’était enfui d’une unité militaire pendant la période de mobilisation.
Am 31. März wurde berichtet, dass das Gericht der Militärgarnison in Sankt Petersburg einen russischen Berufssoldaten verurteilt habe, der während der Mobilmachung aus einer militärischen Einheit geflohen sei.

Zwei Soldaten aus Biysk sind aus der Garnison ihrer Einheit abgehauen und wurden auf die Liste der gesuchten Personen gesetzt. Der Leiter der Militärpolizei von Biysk verkündete gemeinsam mit dem Zivilpolizei-Präsidenten der Bezirke Biysk und Soltonsky, dass es sich um die Rekruten Alexander Tabakaev (*1983) und Artem Vdovichenko (*1988) handele. Wahrscheinlich waren sie aus derselben Einheit geflohen, aber ohne zusammenzuarbeiten (https://forpost-sevastopol.ru/newsfull/461197/dvoe-rossijskih-voennyh-sbegali-iz-chasti.html).

„Mediazona“ berichtete von einem Fall von Repression gegen einen Soldaten, der sich aus religiösen Gründen weigerte an Kampfhandlungen teilzunehmen. Das Gericht der Militärgarnisont von Zaozersky in der Region Murmansk verurteilte Leutnant Dmitry Vasilets zu zwei Jahren und fünf Monaten Gefängnis, weil er sich weigerte, am Krieg mit der Ukraine teilzunehmen. Das Gericht hat ihn der Nichtbefolgung eines Befehls im Rahmen eines bewaffneten Konflikts für schuldig befunden. Im Oktober wurde ein Strafverfahren gegen Vasilets eröffnet, der zuvor als leitender Beamter in Pechenga (Region Murmansk) gedient hatte.

Im Februar 2022 wurde er dann in den Ukraine-Krieg geschickt. Fünf Monate später erhielt er eine Erlaubnis vorübergehend zurückzukehren und er beschloss, zui den Eltern eines verstorbenen Kameraden nach Bouriatien zu gehen. Daraufhin „nahm er die Philosophie des Buddhismus an“, welche ihn seit langem interessiert hatte. Nach dem Ende seines Heimaturlaubs befahlen ihm die Behörden, an die Front zurückzukehren, aber Vasilets weigerte sich aufgrund seiner Überzeugungen. Im August legte er einen Bericht vor, um seine Verweigerung zu bekunden dorthin zurückzukehren. Einen Monat später schichte er das Dokument erneut, woraufhin die Armee Klage gegen ihn einreichte. Er wurde der erste bekannte Angeklagte in einem Fall von Befehlsverweigerung während des Kampfeinsatzes (https://zona.media/news/2023/04/07/vasilec).

Zwischenzeitlich verbreiteten sich weitere Informationen in Russland, dass es Pläne gibt, die persönliche Übergabe der Einberufungsbescheide zu ersetzen durch die Übermittlung der Einberufung über elektronische Netze und auf der Website des staatlichen öffentlichen Dienstes „GosOusloug“ (von „Gos“ als Abkürzung von Verwaltung in Russisch und „Ousloug“ für Service). Obwohl Anwält*innen die Rechtmäßigkeit eines solchen verpflichtenden Verfahrens (zumindest bis zur Änderung des Einberufungsgesetzes) bezweifeln, haben einige Registrierungs- und Aufnahmebüros des Militärs diese Idee bereits mit Begeisterung aufgenommen.

So bestätigte der Militärkommissar der Region Rostow, dass das Projekt untersucht wurde und erklärte, dass die Digitalisierung zunehmen wird und die Militärkommissariate nicht auf diese Möglichkeit verzichten werden (https://161.ru/text/gorod/2023/04/03/72187082/). Ähnliche Pläne wurden in der Ukraine diskutiert, aber es wurde zugesagt, sie mindestens bis Ende 2023 zu verschieben.

Die Repressionen gegen diejenigen, die nicht kämpfen wollen, nehmen auch auf der anderen Seite der Front zu. Die Zahl der Strafverfahren, die in der Ukraine für Verstöße gegen den Militärdienst allein in der Zeit von Januar bis November 2022 eingeleitet wurden, hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als vervierfacht: von 2.835 bis 12.263. Wir sprechen hier von Straftaten wie Fahnenflucht, unerlaubtes Verlassen der Einheiten, Befehlsverweigerung und Verhinderung der Einberufung. Insbesondere nach den Statistiken des Büros des Generalstaatsanwalts der Ukraine wurden in diesen elf Monaten in der Ukraine 2.887 Strafverfahren wegen Desertion registriert (Artikel 408 des Strafgesetzbuches). Zum Vergleich: Für den gleichen Zeitraum im Jahr 2021 wurden aus diesem Grund nur 110 Verfahren, was 26-mal weniger war.

Die Ukrainer werden jedoch nach allen Regeln der Kunst weitaus aktiver verfolgt. Beispielsweise nach Paragraph 407 des Strafgesetzbuches („Unbefugtes Verlassen einer Einheit oder eines Dienstortes“): 5.306 Strafverfahren im Jahr 2022, gegenüber nur 1.850 im Jahr 2021. Darüber hinaus betreffen die anderen Gerichtsverfahren auch Fälle des offenen Ungehorsams gegen Vorschriften (1.140), der Umgehung der Mobilmachung (1.089), von Bedrohung oder Gewalt gegen Offiziere (195), freiwillige Kapitulation (20) und andere militärische Verbrechen, welche die Artikel des ukrainischen Strafgesetzbuches regeln (https://rtvi.com/news/vedomosti-na-ukraine-chislo-ugolovnyh-del-o-voinskih-prestupleniyah-vyroslo-v-4-raza-za-poslednij-god/)

Übersetzung: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln, https://asnkoeln.wordpress.com
(CC:BY-NC)

Quellen:
https://nowar.solidarite.online/blog/russie-ukraine-r%C3%A9pressions-contre-ceux-qui-ne-veulent-pas-se-battre
https://aitrus.info/node/6068

Mehr Infos:

Anarchist*innen in der Ukraine widerstehen Krieg und Frost
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/01/19/anarchistinnen-in-der-ukraine-widerstehen-krieg-und-frost/

Russland: Spontaner Massenwiderstand gegen Mobilmachung
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/10/05/russland-spontaner-massenwiderstand-gegen-mobilmachung/

Russland: Über prinzipienvergessene „Anarchist*innen“
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/06/18/russland-ueber-prinzipienvergessene-anarchistinnen/

Russland: Unterstützung für inhaftierte Kriegsgegner*innen
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/05/31/russland-unterstuetzung-fuer-inhaftierte-kriegsgegnerinnen/

Polen: Gegen den Krieg!
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/04/10/polen-gegen-den-krieg/

Der Kampf gegen den Krieg in Russland und der Ukraine
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/04/08/der-kampf-gegen-den-krieg-in-russland-und-der-ukraine/

Russland: Hintergründe zum Krieg in der Ukraine
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/03/16/russland-hintergruende-zum-krieg-in-der-ukraine/

Friede den Hütten, Krieg den Palästen!
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/03/09/friede-den-huetten-krieg-den-palaesten/

Verwandeln wir kapitalistische Kriege in eine Revolution der Arbeiter*innen!
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/03/07/verwandeln-wir-kapitalistische-kriege-in-eine-revolution-der-arbeiterinnen/

Nein zum Krieg!
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/02/25/keinen-krieg/

Ukraine: Krieg dem Krieg!
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2014/03/03/ukraine-krieg-dem-krieg/

IAA: Zur den aktuellen Ereignissen in der Ukraine
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2014/02/02/iaa-zur-den-aktuellen-ereignissen-in-der-ukraine/

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Zur Unhaltbarkeit der Zustände https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/02/24/zur-unhaltbarkeit-der-zustaende/ Fri, 24 Feb 2023 18:59:25 +0000 http://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1222 Graphik mit Portrait und Zitat von Rudolf Rocker: "Die meisten Menschen haben auch bereits eine dunkle Vorstellung von der Unhaltbarkeit der Zustände, doch nur eine kleine Minderheit hat bis jetzt klar erkannt, daß eine neue und vielleicht die größte Katastrophe, von der die Menschheit je befallen wurde, nur durch eine entschlossene Abkehr von den alten Wegen der Machtpolitik der Staaten und der nationalistischen Verblendung der Völker abgewendet werden kannt."
Quelle:
Anarcho-Syndikalisten München, https://twitter.com/AnarchoMuenchen/status/1591826757123973120/photo/1

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