Das Regime verfolgt eine Strategie der „Gebietsüberflutung“ (flood the zone), um Medien und Opposition mit „Furcht und Schrecken“ (shock-and-awe) abzulenken, zu verwirren und zu überwältigen. Die Taktik von Drohung und Einschüchterung zielt auf eine Lähmung durch Angst ab. Daher ist es um so wichtiger zu betonen, dass Organisierung und gemeinsame Aktionen uns die Kraft geben zurückzuschlagen.
Nach der Struktur der US-Verfassung hat der Kongress die Macht Gelder zu verteilen und Gesetze zu erlassen, sowie Behörden und unabhängige Verwaltungsräte einzurichten. Sobald diese Entscheidungen beschlossen wurden, können ein*e Präsident*in (oder Mitglieder des Kabinetts) diese Behörden oder Geldmittel nicht einfach auf eigene Faust wieder abschaffen, denn das wäre unrechtmäßig. So muss der Präsident nach dem Haushaltsgesetz zur Rückhaltungskontrolle [Impoundment Control Act] von 1974 jeden Cent ausgeben, den der Kongress für einen vom Kongress bestimmten Zweck vorgesehen hat. Kürzlich warnte die republikanische Senatorin Susan Collins in einem Schreiben Trump: „So wie der Präsident kein Einzelveto hat, verfügt er auch nicht über die Fähigkeit sich die Notfall-Ausgaben selbst auszusuchen.“ Das trifft ebenso zu für alle Ausgaben, die der Kongress zweckgebunden verteilt hat.
Doch Trump weist diesen Aspekt der Verfassung zurück und sagt „Ich bin das Gesetz.“ Die Trump-Regierung muss sich nun zahlreichen Gerichtsverfahren stellen. Allein die Anklagen wegen fehlerhafter Wortwahl werden die Steuerzahler*innen wahrscheinlich viele Millionen Dollar kosten. Ein*e Gewerkschaftsanwält*in meinte dazu:
„Die Kündigungen, die sie aussprechen ohne das Gesetz zu beachten, werden dazu führen, dass tausende ehemalige Bundesangestellte Anspruch auf Nachzahlung plus Zinsen, Zuschläge und Anwaltskosten bekommen werden. Wenn die Rechnung kommt, wird sie riesenhoch sein.“
Diese Gesetzesverstöße sind bewusst Bestandteil der MAGA-Regierung [1]. Sie sind ein Versuch, die Leitplanken der US-Verfassung niederzureißen, um ein einheitliches, autokratisches Präsidialregime einzuführen. Da die Verfassung der Vereinigten Staaten nicht sehr demokratisch ist und der Präsident die mächstigste Rolle hat, bestand immer eine mögliche Gefahr. Trump hat zweifellos die rechtlichen Anfechtungen vorausgesehen, welche nun die Gerichte durchlaufen. Ein Bundesrichter hat die Wiedereinstellung von tausenden Bundesangestellten angeordnet, nachdem die Gewerkschaft der Bundesangestellten [American Federation of Government Employees] eine Klage eingereicht hat. Ein anderes Gericht hat die Wiedereinstellung in weiteren Behörden beschlossen, da die Verwaltungen einzelner Bundesstaaten geklagt haben. Trump legte gegen das Urteil Widerspruch ein, aber hat nun zugestimmt, 25.000 gekündigte Leute wieder einzustellen. Die MAGA-Regierung hofft darauf, mit Hilfe ihrer rechten Handlanger*innen im Obersten Gerichtshof und einer mutlosen republikanischen Mehrheit im Kongress die althergebrachten Grundpfeiler der Verfassung zerschlagen zu können.
Eine andere Taktik von MAGA ist die Einschüchterung. [Die Nachrichtenagentur] Reuters berichtet, dass mehrere Bundesrichter*innen im Bereich Washington DC anonyme Pizza-Bestellungen nach Hause geliefert bekommen haben. Die Polizei interpretiert diese Geste als „eine Form der Einschüchterung, um mitzuteilen, dass die Adresse der Opfer bekannt ist“. Das Trump-Regime wird vermutlich auch den geschwächten Kongress der Republikanischen Partei befragen, um sein Vorgehen bestätigen zu lassen.
Elon und seine „muskrats“ [Moschus-Ratten] behaupten, dass sie „Korruption, Schwindel und Verschwendung“ vorfinden. Während Trump jene unabhängigen Überwachungsbeauftragten rechtswidrig gekündigt hat, deren Job es tatsächlich war, „Korruption, Schwindel und Verschwendung“ gründlich aufzuspüren. Der Kongress hat schon vor Jahren verschiedene Verwaltungsräte eingesetzt, deren Mandate noch während dieser vierjährigen Präsidentschaftszeit weiterbestehen. Das war so beabsichtigt, damit ihre Unabhängigkeit erhalten bleibt.
Beispielsweise der Nationale Ausschuss für Arbeitsbeziehungen [National Labor Relations Board], der Arbeiter*innen einigen Schutz bieten kann, zum Beispiel Wiedereinstellung nach Kündigung wegen gewerkschaftlicher Organisierung. Doch Trump hat ein Mitglied des Nationalen Ausschusses für Arbeitsbeziehungen illegal rausgeworfen und durch einen gewerkschaftsfeindlichen Handlanger ersetzt. Außerdem hat Trump eine rechtswidrige Durchführungsverordnung [Executive Order] erlassen, um gewerkschaftliche Rechte oder Tarifverhandlungen für viele Bundesangestellte zu untersagen. Nach Angaben von Labor Notes [2] sind „[e]rsten Schätzungen zufolge davon 700.000 bis 1 Million Bundesangestellte betroffen, darunter die Verwaltung der Veteran*innen (Veterans Administration, VA) und die Ministerien für Verteidigung, Energie, Äußeres, Inneres, Justiz, Finanzen, Gesundheit und Soziales, sogar die Landwirtschaft.“
In diesem Angriff klingt noch die Zerschlagung der Fluglots*innen-Gewerkschaft im Jahr 1981 nach. Bisher hat Trump noch nicht gewagt die Postgewerkschaften anzugreifen. Eine halbe Millionen Postarbeiter*innen sind die größte Gewerkschaft der Bundesbeschäftigten. Der Vernichtungsfeldzug von Trump-Musk hat auch die Verbraucher*schutzbehörde [Consumer Financial Protection Bureau] ins Visier genommen, welche Milliarden Dollar an den Leute zurückzahlen ließ wegen illegal erhobenen Bankgebühren oder anderem Unternehmensbetrug. Auch wenn dies von eine*r Richter*in gestoppt wurde, legt Trump Widerspruch gegen diese Gerichtsentscheidung ein. Er hat auch verbotenerweise die Postbehörde übernommen, indem er den Verwaltungsrat entlassen hat.
Diese Kündigungen haben bereits schwere Auswirkungen. Doug Collins, Trumps neuer Chef der Veteranen*verwaltung, plant die Kürzung von 80.000 Stellen in der VA. Zu den ersten Tausend gefeuerten VA-Mitarbeiter*innen gehörten „Sachbearbeiter*innen, welche den Veteran*innen die Behandlung bei Krebs, Atemwegserkrankungen, fehlenen Gliedern und Opioid-Abhängigkeit ermöglichten.“Das Landwirtschaftsministerium wurde gezwungen 6.000 gekündigte Mitarbeiter*innen wieder einzustellen, hauptsächlich Arbeiter*innen für Waldpflege bei der Forstverwaltung, nachdem die Leistungsprinzip-Schutzstelle [US Merit Systems Protection Board] dies angeordnet hatte.
Gleichzeitig plant Leland Dudek, Trumps neuer Chef der Sozialversicherung, die Hälfte der 60.000 Mitarbeiter*innen der Behörde zu feuern und viele ihrer Büros zu schließen. Dadurch wird es den Menschen sehr schwer gemacht werden, direkt nach dem Renteneintritt ihre Auszahlungen zu bekommen. Die Wartezeiten der Sozialversicherungsbehörden werden unerträglich lang werden. Die Unterfinanzierung von Dienstleistungen wird von rechten Regierungsbehörden benutzt, um die öffentliche Unterstützung zu untergraben und eine Privatisierung vorzubereiten. Die Privatisierung der Sozialversicherung ist seit Jahrzehnten ein Wunsch der Wall Street [3].
Ein weiterer illegaler Akt ist die Anordnung von Trump, dass man für die Anmeldung zu Wahlen künftig einen Lichtbildausweis benötigt, der sogenannte „Real ID“-Standards erfüllt. Um so einen Ausweis zu erhalten, benötigt man Dokumente, die manche Leute nicht haben. Auch können viele Arme sich nicht den Weg zu einem Kraftfahrzeugamt leisten. [4] Damit würde gegen den Verfassungszusatz verstoßen, der eine Kopfsteuer (poll tax) untersagt. Diese Durchführungsverordnung ist rechtwidrig, da sie festlegt, wer zum Wählen zugelassen wird. Wie andere Maßnahmen zur Unterdrückung der Wahlen, ist dies ein Versuch, die Herrschaft der Republikaner*innen zu festigen. Die Republikanische Partei hat im Kongress außerdem das SAVE-Gesetz [5] eingebracht, welches Millionen Menschen entrechten würde.
Das Gerede vom „Tiefen Staat“ verdeckt Angriffe auf den öffentlichen Dienst
Als Anarchosyndikalist*innen sind wir gegen einen von oben herrschenden, bürokratischen Staat. Denn der Staat ist ein Mittel zur Unterdrückung der Arbeiter*innen-Opposition, indem er die Arbeiter*innen der von oben verwaltenden Hierarchie des Staates unterordnet. Aber wir sind nicht gegen den Öffentlichen Dienst, im Gegenteil: Wir wollen, dass er ausgeweitet wird, wie zum Beispiel durch freie Bildung für Schüler*innen aller Stufen, frei verfügbare allgemeine Gesundheitsversorgung und kostenlose Abtreibung auf Wunsch.
Nach unserer Vorstellung wären die Krankenhäuser, Gesundheitszentren und Medikamenten-Fabriken im Land selbstverwaltet durch eine demokratisch von den Arbeiter*innen kontrollierte Organisation, aber nicht durch eine Bürokratie von Manager*innen. Wir können uns einen Postdienst vorstellen, der ebenso von einer solchen demokratischen Belegschaftsorganisation unter Kontrolle der Arbeiter*innen betrieben wird. Im Allgemeinen möchten wir die gesamte Wirtschaft auf Grundlage der Arbeiter*selbstverwaltung neu-organisieren – mit verteilter Entscheidungsfindung und vereinigt in einer sozialen Föderation, welche die Unternehmen und die bürokratische Staatshierarchie ersetzt.
Trotz des Geredes von MAGA über irgendeinen geheimen „Tiefen Staat“ richten sie ihre Angriffe direkt auf die öffentlichen Dienstleistungen, welche von der Bundesregierung angeboten werden: von der Sozialversicherung der „Volksrente“ [people’s pension] über die medizinischen Leistungen von Veteranen*verwaltung oder Medicaid [6] bis zur finanziellen Unterstützung von Studierenden. Die Leute, die entlassen wurden, sind keine geheime Zentralverwaltungsmacht, sondern Arbeiter*innen, die ihre Arbeit machen – für öffentliche Dienste zu sorgen, welche die Amerikaner*innen zu erwarten gewohnt sind.
Mehr als ein Jahrhundert lang haben die Politiker*innen der Bundesregierung zwischen einerseits den Massenprotesten der Mittelklasse und Arbeiter*klasse und andereseits der kapitalistischen Oligarchie [7] zu vermitteln versucht, welche die herrschende Macht in diesem Land ist. Diejenigen, welche den Staat anführen, müssen auch in der Lage sein zu regieren. Das Ausmaß von sozialen Unruhen und Massenkämpfen zu verringern macht ihre Arbeit leichter. Daher waren die Sozialversicherung, der Mindestlohn und minimaler Rechtsschutz für Arbeiter*innen bei Betriebskämpfen und gewerkschaftlicher Organisierung durch das Nationale Gesetz zu Arbeitsbeziehungen [National Labor Relations Act] ein Zugeständnis, welches in den 1930er Jahren durch den massenhaften Aufstand der Arbeiter*klasse in Wellen von Massenstreiks und Kämpfen gegen Zwangsräumungen usw. gewonnen wurde.
Eine Welle von Massenstreiks für den Acht-Stunden-Tag während des Ersten Weltkriegs [1914-‘18] haben erreicht, dass die Regierung der Verkürzung des Arbeitstages auf acht Stunden zugestimmt hatte. Gesellschaftliche Proteste, wilde Streiks und städtische Aufstände haben in den 1960ern und 1970ern weitere Bundesprogramme als Zugeständnisse an die damaligen sozialen Bewegungen erreicht. So wie die Bürger*rechtsgesetze, Medicare, Gesetze für saubere Luft und Wasser, sowie die Gründung der Umweltschutz-Behörde [Environmental Protection Agency] und der Behörde für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz [Occupational Safety and Health Administration].
Die verschiedenen linken „kämpferischen Minderheiten“ in der Szene spielten eine wichtge Role für die Bildung und Organisierung der Bevölkerung. Doch in den letzen Jahren ist die Arbeiter*bewegung schwach geworden. Trotz der jüngst unternommenen, vielversprechenden Versuche von selbstorganisierter Graswurzel-Bewegung von Arbeiter*innen sind nur sechs Prozent der Arbeiter*innen im privaten Bereich in einer Gewerkschaft. Nimmt man die Gewerkschaftsmitglieder im Öffentlichen Dienst hinzu, so steigt die Zahl auf zehn Prozent aller Lohnabhängigen.
Die radikale Linke in den USA befindet sich ebenfalls in einem schwachen Zustand. Der Autoritarismus [7] und das Scheitern des Staatssozialismus im 20. Jahrhundert trugen zu einer nachlassenden Unterstützung des Sozialismus bei, auch wenn einige Strömungen der Linken immernoch den überkommenen Ideen dieser Zeit anhängen.
Eine Fraktion der amerikanischen Kapitalist*innen, ihre Denkfabriken und ihre Unterstützer*innen in den sozialen Medien sehen in der aktuellen Schwäche der Linken und der Arbeiter*bewegung eine Gelegenheit. Ihre Gelegenheit für einen großangelegten politischen Angriff auf alle Programme der Bundesregierung, welche die gesamten Zugeständnisse der massenhaften Proteste und Kämpfe aus früheren Zeiten darstellen.
Extrem rechte Strömungen nähern sich an
In den letzten Jahrzehnten hat eine Fraktion der amerikanischen Oligarchie schrittweise dazu beigetragen eine rechtsextreme Massenbewegung zu finanzieren, die sich dann zu MAGA zusammengeschlossen hat. Obwohl diese Bewegung sich vom klassischen Faschismus der 1920er und 1930er Jahre unterscheidet, hat sie doch krasse Ähnlichkeit mit ihm. In den Jahrzehnten vor dem Zweiten Weltkrieg [1939-‘45] war der Faschismus eine Massenbewegung zur Zerschlagung der schnellwachsenden sozialistischen und sich radikalisierenden Arbeiter*bewegung jener Zeit, die als eine dunkle Bedrohung für das kapitalistische System wahrgenommen wurde.
Die heutige neo-faschistische Bedrohung durch MAGA unterscheidet sich von der früheren Form des Faschismus darin, dass es zur Zeit keine starke sozialistische Bewegung oder mächtige Arbeiter*kämpfe mehr gibt, welche eine aktuelle Bedrohung für den Kapitalismus darstellen würden. Doch es gibt auch Übereinstimmungen: Beispielsweise die Einschüchterung und die Drohung mit Strafverfolgung von angeblichen „Feind*innen“, sowie das Vertrauen auf die Macht gewalttätiger Bürger*wehren.
Aktuellen Umfragen zufolge sagen 11 Prozent der Erwachsenen in den USA, dass gewalttätige und nicht-verfassungsgemäße Angriffe auf angebliche Feind*innen berechtigt seien. Dieselbe Umfrage fand heraus, dass 14 Prozent eine nicht-verfassungsgemäße bewaffnete Gewalt unterstützen. Und daher die Begnadigung sogar derjenigen Leute befürworten, die am 06. Januar 2021 das Kapitol [9] angegriffen haben. Darüber hinaus unterstützen 14 Prozent die Zerschlagung der bestehenden US-Verfassung, indem die Autorität der Gerichte oder des Rechtsstaatsprinzips nicht anerkannt wird – was die Präsidentschaft als eine autokratische Macht definiert. Diese Ansichten sind eindeutig faschistisch.
So, wie MAGA von Teilen des privaten Kapitals auf vielerlei Weise finanziert wurde, wurden auch die früheren faschistischen Bewegungen anfänglich oft von Teilen der kapitalistischen Elite finanziert oder unterstützt. Ebenso wie die Klasse der Kleinunternehmer*innen den Kern der Wähler*massen von MAGA bildet, traf dies auch auf die klassischen faschistischen Bewegungen zu. Die MAGA-Bewegung erhebt oft absurde Vorwürfe, dass das von der gemäßigten Demokratische Partei eingeführte Regelwerk „sozialistisch“ oder „kommunistisch“ sei. Warum? Um dies zu erklären, müssen wir die weltanschaulichen Strömungen betrachten, welche in der MAGA-Bewegung zusammengekommen sind. In den USA gibt es eine lange Geschichte der extremistischen Ablehung eines Regierungsauftrags zum Schutz der Gesellschaft im Sinne einer Regelung des zerstörerischen Handelns des Kapitals oder zur Einrichtung von Sozialleistungssystemen.
Das Wort „liberal“ kam in den USA erstmals in den 1870er Jahren auf als politischer Begriff, um eine neue Fraktion in der Republikanischen Partei zu bezeichnen. Die Liberalen kritsierten die von Schwarzen Menschen angeführten, republikanischen Regierungen im Süden, welche versuchten Land und Dienstleistungen (wie Schulen) für die kurz zuvor befreite Schwarze Bevölkerung bereitzustellen. Die Liberalen wendeten sich gegen jedes Regierungshandeln zur Schaffung öffentlicher Hilfeleistungen oder von Gesetzen zum Schutz der Arbeiter*innen, wie die Gesetze zum Acht-Stunden-Tag oder gegen Kinderarbeit. Ein bekannter Vertreter dieser Sichtweise war der Yale-Professor William Graham Sumner, der mit seinen populären Schriften ein breites Publikum erreichte.
Sumner lehnte jede soziale Unterstützung für Menschen ab, die er als „schwach“ oder „minderwertig“ bezeichnete: die Armen, die Arbeiter*klasse, Schwarze Menschen und Frauen. Für Sumner war die kapitalistische Konkurrenz des „Jeder gegen Jeden“ durch die wirtschaftsliberale Nicht-Einmischung [Laissez-faire] „die natürliche Ordnung“ in der sich „der Kampf ums Dasein“ von selbst durchsetzen würde. Diese extreme Form des wirtschaftsliberalen Freihandels bildete eine Minderheit innerhalb der Republikanischen Partei in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1960ern beschlossen Murray Rothbard und andere diese frühere Form des Liberalismus als „libertär“ zu bezeichnen.[10]
Hier sehen wir, warum MAGA behauptet, dass das Wohlfahrtssystem der Regierung und die Regulierung des Kapitalismus „sozialistisch“ oder „kommunistisch“ seien. Nur der freiwirtschaftliche „Kampf Aller gegen Alle“ sei für manche Republikaner*innen der „wahre“ Kapitalismus. Diese extremistische Haltung gegen jede Regelung durch eine Regierung spricht viele aus der Klasse der Kleinunternehmer*innen an, welche eine Belastung durch Regierungsvorschriften fürchten und die Gewerkschaften hassen. Aber Teile der kapitalistischen Oligarchie sahen bereits den Ausbau von Wohlfahrtsprogrammen und Umweltschutz-Vorschriften in den 1960er und 1970er als einen „Angriff auf das freie Unternehmer*tum“, wie der damalige Vorsitzenden der Handelskammer, Lewis Powell, formulierte.
Die extreme Form des „Libertarianismus“, wie Rothbards „Anarcho-Kapitalismus“ [11], möchte gerne die Demokratie loswerden und alle Staatsaufgaben privatisieren. Also Polizei und Gerichte direkt in Eigentum der kapitalistischen Oligarchie überführen. Dieses Verschmelzen von privater und öffentlicher Macht kennzeichnet eine neo-feudale Ideologie.[12] Den Bereich des Öffentlichen durch die „demokratischen“ Regierungen und Bürger*rechte abzugrenzen war ein zentrales Merkmal, in dem sich der Kapitalismus im 19 Jahrhundert von der vorausgegangenen feudalen Gesellschaft unterschied.
Die Philosophie der neo-faschistischen „Dunklen Aufklärung“ [dark enlightenment] von Curtis Yarvin [13], welche er Beginn der 2000er formulierte, hat sich aus dem „anarcho-kapitalistischen“ Millieu heraus entwickelt, das vor allem im Umfeld des kalifornischen TechBro-Kapitalismus vorkommt.[14] Yarvin betrachtet die Entwicklung des Liberalismus hin zum regelnden Staat als ein „Versagen“ des aufklärerischen Humanismus und Liberalismus. Er ist Software-Entwickler und Hausphilosoph des Milliardärs Peter Thiel, Geschäftsführer von Palantir. [15] Yarvins Plan ist es, die Demokratie abzuschaffen und die Welt umzuwandeln durch neo-feudale, multipolare Autokratien, welche unter direkter Kontrolle der Oligarchie stehen und von geschäftsführenden Herrscher*innen gelenkt werden. Seine Verteidigung der „Rassenlehre“ [race science] macht ihn darüber hinaus zu einem ausdrücklichen Rassisten.[16]
Die finanzielle Unterstützung durch Peter Thiel war wichtig für die politische Karriere von [US-Vizepräsident] JD Vance. Sowohl Vance, wie auch Musk, sind Anhänger von Yarvins Ideologie. Die Zerschlagung der Bundesregierung durch Musk kann als ein Versuch gesehen werden, den RAGE-Plan von Yarvin umzusetzen: „Alle Bundesangestellen in Ruhestand schicken“ [Retire All Government Employees]. Bei anderer Gelegenheit hat Musk zugegeben, dass es bei DOGE [17] nicht darum geht Geld einzusparen, sondern „eine Machtgrundlage des Liberalismus zu zerstören“.
Mit seinen christlich-nationalistischen Tätowierungen hat der [US-Verteidigungsminister] Pete Hegseth sein weltanschauliches Bekenntnis in die Haut eingebrannt.[18] Die Christlichen Nationalist*innen [19] unterstützen das geplante „Projekt 2025“, das ebenfalls dazu aufruft eine große Anzahl von Regierungsmitarbeiter*innen zu entlassen.[20] Und hierbei sehen wir die Annäherung der unterschiedlichen Ideologien der extremen Rechten. Wie in einem Artikel [des Magazins American Progress] kürzlich berichtet wurde, steht der Christliche Nationalismus für „die anti-demokratische Vorstellung, dass Amerika eine Nation von und ausschließlich für Christ*innen sei. (…) Der Christliche Nationalismus trägt zu einer Ideologie der religiösen Rechten bei“ und deren Praxis des „Umgehens von Gesetzen und Regelungen, die dem Schutz einer vielfältigen Demokratie dienen, wie der Schutz vor Diskriminierung für LGBTQI+Personen [21], Frauen und religiöse Minderheiten.“ Die patriarchale Weltsicht [22] der religiösen Rechten ist der Grund für ihren Krieg gegen Abtreibungen.
Die MAGA-Bewegung unterscheidet sich vom Faschismus der Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg jedoch darin, dass sie die direkte Kontrolle der Staatsmacht durch Teile der kapitalistischen Oligarchie anstrebt. Das Regime hat nicht nur den reichsten Mann der Welt eingesetzt, um „den Verwaltungsstaat zu zerschlagen“, sondern dem Kabinett von Trump gehören 13 Milliardäre an. Das hat vielmehr mit der „anarcho-kapitalistischen“ Ideologie zu tun, deren Wurzeln im Zeitalter der Räuberbarone der Gründerzeit [Gilded Age] des späten 18. Jahrhunderts liegt.[23]
Jedoch haben die Suche nach Schuldigen (wie die zwanghaften Angriffe auf Trans*personen), die Angriffe auf Migrant*innen, sowie der kaum verborgene Rassismus und die Frauen*feindlichkeit der MAGA-Bewegung durchaus Ähnlichkeiten mit dem klassischen Faschismus. Sie sind Methoden der Einschüchterung und Drohung gegen den staatlichen Schutz ihrer politischen „Feinde“. Die Streichung des Klimaschutzes und der „DEI“-Sprache [24] von Bundeswebseiten sind eine Form des Orwell’schen Neusprech.[25]
Die USA wurden gegründet auf der Vorstellung einer Weißen Vorherrschaft, um die Versklavung von Menschen aus Afrika zu rechtfertigen und den indigenen Gemeinschaften das Land wegzunehmen. Dies hat sich tief in die Weiße Bevölkerung der USA eingegraben. Von der Bewegung des Abolitionismus [26] im 19. Jahrhundert bis zur Schwarzen Freiheitsbewegung der 1960er wurde dem gesamten Rassismus schon seit langem etwas entgegen gesetzt. Doch die Erfolge zur Verbesserung der Möglichkeiten von Nicht-Weißen Gruppen in den USA (bei Bewerbungen und Bankkrediten oder im Schulwesen) wurden von einem recht großen Teil der Weißen Bevölkerung abgelehnt und das sind die Leute, die nun von MAGA angesprochen werden.
Viele MAGA-Fans bezeichnen diese Bemühungen als „Rassismus gegen weiße Menschen“. Eine Frau* oder eine Schwarze Person einzustellen kann als ungerechtfertigte „DEI“-Anstellung abgewertet werden. Beim Rassismus geht es ausdrücklich auch um den Hass auf die öffentliche Wohlfahrt, da sie „Diesen Leuten“ zugute kommen könnte, welche von den knallharten MAGAs verachtet werden. Die Ideologie der Weißen Vorherrschaft war ausdrücklich ein Teil von Trumps aktueller Durchführungsverordnung zum Angriff auf die [Forschungs- und Bildungseinrichtung] Smithonian Institution. Er verwies dabei auf eine Ausstellung mit dem Titel „Die Form der Macht: Geschichten von Rasse und amerikanischer Skulptur“. Trump beschwerte sich darüber, dass in der Ausstellung den Satz verwendet: „Rasse ist eine gesellschaftliche Erfindung.“ Und er merkte dazu an, die Ausstellung „fördert die Ansicht, dass Rasse nicht eine biologische Tatsache ist, sondern ein soziales Konstrukt“. Auf die Realität von Rassismus, Sexismus und anderen Formen der Unterdrückung hinzuweisen sei ein fehlerhafter „Geschichtsrevisionismus“ [27], wie Trump es nennt.
Bei „Rasse“ handelt es sich jedoch tatsächlich um eine Erfindung. Die koloniale Elite in Nordamerika entwickelte gegen Ende des 17. Jahrhunderts die Idee einer Trennung von „weißer Rasse“ und „schwarzer Rasse“, um den Aufbau ihres Systems lebenslanger Sklaverei ausschließlich für die Menschen mit afrikanischer Abstammung zu rechtfertigen. Berufsorganisationen aus Biologie und Anthropologie haben erklärt, dass „Rasse“ eine Pseudo-Wissenschaft ist, da das Konzept von biologischen [Menschen-]Rassen keine belegbare Grundlage hat. Es war ein Mythos, der geschaffen wurde, um den Interessen der Kolonist*innen und sklavenhaltenden Plantagen-Besitzer*innen zu dienen.[28]
Das Verteidigungsministerium unter Pete Hegseth entfernte anfangs tausende Seiten und Bilder von Frauen*, Navajo, japanisch-amerikanischen und Schwarzen Militärangehörigen von den Webseiten der Regierung als Teil ihres Angriffs auf „DEI“ (einige dieser Seiten wurden nach einem Aufschrei aus der Bevölkerung wieder hergestellt). John Ullyot, der Pressesprecher des [Verteidigungsministeriums] Pentagon, erklärte: „Für das Verteidigungsministerium ist DEI gestorben. Die Diskriminatorische Gleichheitsideologie ist eine Form des woken Kulturmarxismus, die in unserem Militär keinen Platz hat.[29; 30] Sie spaltet die Kräfte, untergräbt den Zusammenhalt der Einheit und stört den Dienst bei seinem zentralen Auftrag der Kriegsführung“.
„Kulturmarxismus“ ist eine antisemitische, neo-faschistische Verschwörungstheorie, nach der eine kleine Gruppe marxistischer Intellektueller (die Frankfurter Schule [31]) irgendwie verantwortlich sei für die städtischen Aufstände, Bürger*rechts-Kämpfe und sozialen Bewegungen der 1960er Jahre. Was „die Kräfte spalten“ betrifft, so ist hingegen genau dies die Folge von Rassismus und Frauen*feindlichkeit.
Obwohl die sich um Trump versammelnde MAGA-Bewegung neo-faschistische Züge trägt, handelt die Trump-Regierung mehr oder weniger innerhalb der übernommenen Strukturen der US-Regierung und hat noch kein komplett faschistisches, autokratisches Regime errichtet. Daher gibt es noch Widerstand von einigen Richter*innen, sowie von staatlichen und lokalen Behörden. Und im ganzen Land kommt es zu Straßenprotesten gegen MAGA.
Der MAGA-Angriff auf den Grünen Wandel
Der Kampf gegen die globale Erwärmung ist unerlässlich, um einen bewohnbaren Planeten für künftige Generationen zu hinterlassen. Die weltweite Erwärmung wird anheizt durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe. Da die schmutzige Verbrennung fossiler Energieträger den Planeten erhitzt, wird es zunehmend häufiger zu tödlichen Hitzewellen, stärkeren Stürmen und steigenem Meeresspiegel kommen. Ein gemeinsames Ziel der Bewegung für Klimagerechtigkeit war die Erreichung von [klimaneutralen] Netto-Null-Emissionen von Kohlendioxid bis 2050.[32] Doch Trumps Energie-Minister Chris White nennt die „Netto-Null 2050“ ein „bösartiges Ziel“. Trump selbst bezeichnet die globale Wärmung als einen „Schwindel“.
Die fossile Industrie und ihre gutbezahlten Denkfabriken sind ein weiterer Aspekt der heutigen neo-faschistischen Ideologie. Die Rechten greifen dabei den wissenschaftlichen Konsens an, der Informationen über die weltweite Erwärmung liefert. Und sie unterstützen die fossile Energiewirtschaft dabei, weiterhin Gewinn aus dem Ausstoß von Treibhausgasen zu ziehen, die den Planeten aufheizen. Das ist jedoch keine Besonderheit der MAGA-Bewegung, denn es ist auch das Vorgehen der neo-faschistischen „Alternative für Deutschland“.
Die Trump-Regierung begeht weitreichende und boshafte Angriffe auf die Bewegung zur Beendigung des fossilen Schadstoff-Ausstoßes und zum Aufbau eines grünen Wandels. Das MAGA-Regime kündigte tausende Angestellte, welche die Verschmutzungen beobachteten und Daten für die Umweltschutz-Agentur (EPA), die Nationale Ozean- und Atmosphären-Verwaltung, sowie für andere Behörden sammelten. Jüngsten Berichten [der Zeitung Guardian] zufolge, werden die geplanten Kürzungen bei der EPA das Ende dieser wissenschaftlichen Forschungseinrichtung bedeuten. Sowie wohl „mehr als 1.000 Wissenschaftler*innen und andere Angestellte gekündigt werden, die dabei helfen, eine Forschungsgrundlage für Regelungen zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Ökosysteme vor Umweltverschmutzung zu liefern.“ Dazu würden mehr als Tausend Chemiker*innen, Biolog*innen, Toxikolog*innen und andere Wissenschaftler*innen zählen, also 75 Prozent der Belegschaft des Forschungsprogrammes.
Der Inflation Reduction Act (IRA) [33] war zwar kein perfekter Start auf dem Weg zu einem grünen Wandel, dem Umbau hin zu erneuerbaren Energien als Ersatz für fossile Brennstoffe. Doch nun versucht das Trump-Regime gesetzwidrig die Verteilung der Gelder des IRA aufzuhalten. Beispielsweise die Zuschüsse für Leute mit geringem Einkommen bei Solaranlagen und zur Ersetzung von Gasheizungen durch Wärmepumpen. Von Maine bis Alaska wurde nun Projekten zur Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes bei Fischfang-Flotten durch sparsamere Kühlanlagen die zugesagte Förderung verweigert. Unter dem MAGA-Regime haben sich die USA auch aus einem [beim Klimagipfel 2023 beschlossenen] internationalen Fonds zur Entschädigung ärmerer Länder für Schäden durch die globale Erwärmung zurückgezogen.
Das Regime ist auch dazu übergegangen, Ladestellen für elektrische Fahrzeuge in Regierungsgebäuden wieder abzubauen. Bei einer besonders verrückten Aktion hat das FBI das Bankkonto von Habitat for Humanity [34] beschlagnahmt, da sie ihnen und anderen Einrichtungen wie der DC Green Bank vorwerfen eine „Verschwörung zum Betrug an der Regierung“ zu begehen, weil sie Geldmittel aus dem Inflation Reduction Act bekommen haben. Denn wenn Habitat for Humanity diese Gelder dazu verwenden will, um bessere Energiespar-Maßnahmen für Wohnungen oder den Einbau von Solaranlagen und Wärmepumpen zu finanzieren, sei dies ein „Betrug“, wenn man davon ausgeht, dass die globale Erwärmung ein „Schwindel“ sei. Diese Verfolgung durch das FBI wird wahrscheinlich vor Gericht nicht standhalten und die Bundesrichterin* Tanya Chutkan hat bereits Beweise für einen Betrug oder eine Gesetzeswidrigkeit gefordert. Doch bis dahin werden diese Organisationen ihr Geld für den Rechtsstreit ausgeben müssen, was auch eine Form von Einschüchterung darstellt.
Die Zerschlagung des Amerikanischen Jahrhunderts
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg waren für die USA durch ihre imperialistische Herrschschaft eine Epoche als weltweite Vormacht. In früheren Zeiten wurden Großreiche errichtet durch militärische Eroberung, Kolonialismus und merkantilistische Beggar-thy-Neighbor-Politik [35], um mittels Handelsbeschränkungen die imperiale Beute für das Heimatland sichern. Doch die USA schufen eine neue Form des Imperialismus: In den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg haben die amerikanische Kapitalelite und ihre politischen Funktionär*innen mit viel Aufwand Handelsverträge und Militärbündnisse geschaffen, um die anderen kapitalistischen Eliten in ein System unter Leitung der USA einzubinden. Außerdem schufen sie eine sehr mächtige Marine und eine riesige Anzahl von Miliärstützpunkten auf der ganzen Welt. Das NATO-Bündnis diente dazu, den westeuropäischen Kapitalismus durch den Schutz des amerikanischen Militärs abzusichern. Dies erlaubte den kapitalistischen Ländern Europas weniger Geld für militärische Aufrüstung auszugeben. Da die europäischen Mächte und andere Länder ihre Militär-Ausrüstung in der USA kauften, verteilten sich die Kosten für neue Waffensysteme auf zahlreiche Länder. Das war für die USA sehr lohnenswert, da sie eine riesige amerikanische Rüstungsindustrie aufgebaut haben. Es wäre für die USA um einiges teurer geworden, wenn sie dies alleine getan hätten.
Ein seltsamer Aspekt des MAGA-Regimes ist nun die Art und Weise, wie sie das Amerikanische Jahrhundert [Pax Americana] zerschlagen. Ein Teil der amerikanischen Oligarchie scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, das es schlicht „zu teuer“ geworden sei. Sie wissen wohl nicht zu schätzen, wie sehr seit dem Zweiten Weltkrieg der Reichtum und die Macht des amerikanischen kapitalistischen Regimes auf diesem komplizierten Netzwerk von Militärbündnissen und Handelsbeziehungen beruhte. Sie träumen jetzt von einer Rückkehr zu einer früheren Epoche einer eigenständigen imperialen Herrschaft. Das Drängen von MAGA auf Alleingänge der USA scheint sowohl die Krise des amerikanischen globalen Kapitalismus widerzuspiegeln, wie auch das Inseldenken von „Amerika zuerst“ [America First] und Curtis Yarwins Vorstellung einer multipolaren Welt von Autokratien unter direkter Kontrolle der lokalen Oligarchien.
Der Angriff des MAGA-Regimes auf das Amerikanische Zeitalter hat unterschiedliche Formen angenommen: von Trumps mafia-ähnlichen Androhung von Zöllen als Mittel zur Einschüchterung, über seine Verwendung der Zöllen zur Zerschlagung der wichtigsten Beziehungen zu den US-Handelspartner*innen (Canada, Mexiko und Europa). Sowie seine Drohungen mit einer imperialistischen Eroberung von Grönland und dem Panama-Kanal, die Zerstörung der humanitären Hilfsprogramme von USAID, das Gerede vom Rückzug der NATO-Verteidigung aus Europa und die Bereitschaft Trumps, die Ukraine der imperialistischen Eroberung durch Putin zu überlassen.
Als Anarchosyndikalist*innen sind wir gegen den amerikanischen Imperialismus, wobei wir für einen Internationalismus der grenzüberschreitenden Solidarität der Arbeiter*klasse einstehen. Daher stehen wir an der Seite der ukrainischen Gewerkschaften, Sozialist*innen und Anarchist*innen, welche den militärischen Widerstand der Ukraine gegen Putins imperialistischen Feldzug zur Eroberung der Ukraine unterstützen. Dabei folgen wir dem Beispiel des anarchistischen Aktivisten Errico Malatesta, der den arabischen Widerstand gegen Italiens Eroberung von Libyen im Jahr 1911.[36]
USAID hingegen war eine relativ kostengünstige Art der „weichen Macht“ der USA, indem sie Organisationen und Länder durch ihre Hilfsprogramme für Medizin und Nahrung unterstützte. [37] Die radikale Linke kritisierte lange Zeit, dass USAID benutzt wurde, um anti-sozialistische Gruppen und rechte Gewerkschaften zu unterstützen. Doch die Zerschlagung der Hilfen für Medizin und Nahrung durch Musks Abrisstrupp hat vernichtende Folgen für die Armen in Flüchtlingslagern und sonstwo. Durch die Aufkündigung von 5.000 Verträgen mit gemeinnützigen Organisationen zur AIDS-Bekämpfung in Afrika werden die HIV-positiven Menschen von [anti-]retroviralen Medikamenten abgeschnitten, welche einen Ausbruch von AIDS verhindern. Als Folge dieser plötzlichen Beendigung von Hilfen für Medizin und Nahrung werden Menschen sterben.
Die Zerschlagung eines Bündnissystems und bewährter Handelsbeziehungen wird den USA sehr viel Schaden bereiten. Die amerikanische Rüstungsindustrie wird viele gewinnbringende Aufträge verlieren. Kürzlich kündigte zum Beispiel Portugal seinen Kauf von F-35-Kampfflugzeugen auf, was wird zu Entlassungen führen wird. Aufgrund von Vergeltungszöllen und Konsument*innen-Boykotten in Kanada oder Europa wird der Handel zurückgehen und die Preise wegen Trumps Zöllen steigen. Die Importfirmen in den USA werden die Zölle bezahlen, aber diese Kosten weitergeben. Die hohen Abgaben auf den Import von Autos aus Mexiko und Kanada werden dadurch zu weitaus höheren Preisen für Autos führen.
Die Republikaner*innen werden dem entgegenhalten, dass steigende Preise auf Importe die amerikanische Produktion ankurbeln werden. Das beruht auf der Vorstellung, dass ein höherer Preis für eingeführte Waren diese im Wettbewerb mit den in Amerika gefertigten Produkten weniger attraktiv mache. Doch Produktionsanlagen sind eine teure Anschaffung, die sich erst über einen langen Zeitraum auszahlt. Zölle können in Zukunft schnell wieder zurückgenommen werden und bieten für Investor*innen keine ausreichende Absicherung für solche riesigen Ausgaben. Die Entlassung von tausenden Bundesangestellten wird die Konsumnachfrage allerdings zurückgehen lassen. In Verbindung mit dem Verlust von militärischen Aufträgen und der Preissteigerung durch Zölle wird es sehr wahrscheinlich zu einem Wirtschaftsabschwung kommen.
Zum wirksamen Gegenschlag ausholen
Trump und sein Team verfolgen eine Strategie von „Furcht und Schrecken“ [shock-and-awe] indem sie zahlreiche unterschiedliche Gruppen mit andauernden Angriffen ins Visier nehmen: vom rechtswidrigen Zusammentreiben legaler Einwanderer*innen mit Aufenthaltsgenehmigung [green card], der unrechtmäßigen Beschneidung gewerkschaftlicher Rechte und tausendfacher Kündigung von Bundesangestellten über ihre Erzählung, der Angriff auf „DEI“ diene der Wiederherstellung einer Weißen Vorherrschaft. Hinzu kommen Angriffe auf Trans*personen und Angriffe auf die Gesundheitsversorgung von Veteran*innen, sowie das Verbreiten von Angst vor dem Verlust des Zugangs zur Sozialversicherung und zur Übernahme der Gesundheitskosten für Millionen von Amerikaner*innen. Diese Strategie der „Gebietsüberflutung“ [flood the zone] zielt darauf ab, die sozialen Spaltungen auszunutzen und eine mögliche Opposition zu verwirren.
Doch dieses Vorgehen birgt auch ein großes Risiko für das MAGA-Regime, da hierbei viele verschiedene Gruppen angegriffen werden. Das bedeutet, dass dies nun ein Anlass für diese Gruppen ist, zusammen zu kommen, Bündnisse zu schließen und durch Solidarität einen breiten Gegenschlag vorzubereiten, welcher vermutlich ein enormes Ausmaß annehmen wird. Die Massenentlassung von Bundesangestellten und die Zerschlagung ihrer legalen Gewerkschaftsrechte, sowie die Machtanmaßung dieses autoritären Regimes unter Kontrolle eines Milliardärs sind auf unterschiedliche Weise auch eine Bedrohung für die gesamte Arbeiter*klasse.
Für eine Strategie des Aufbaus eines wirksamen Gegenangriffs bedarf es aber sowohl einer erfolgreichen Organisierung, als auch massenhafter Bildungsmaßnahmen, um den „Krieg um die Köpfe“ zu gewinnen und der rechten Medien-Maschine etwas entgegen zu setzen. Die MAGA-Propaganda behauptet, dass sie für die „Freiheit“ kämpfe. Wir sollten jedoch darauf hinweisen, dass ihr Ziel nur die maximale „Freihet“ der Kapitalist*innen ist, um ihre Arbeiter*innen zu behandeln, wie sie wollen. Die Freiheit zur ungestraften Verschmutzung und die Freiheit zur Plünderung des Bundeshaushalts für ihre eigene Bereicherung. Doch das bedeutet einen Angriff auf unsere Freiheit – die Freiheit am Arbeitsplatz, die Freiheit sich zu organisieren und die Freiheit zu widersprechen.
Ein nützliches Strategie-Element aus der Erfahrung von Arbeiter*organisationen ist es, einen Plan zur Eskalation [38] zu haben. Das bedeutet, dass wir zu Anfang nicht gleich die größte Fähigkeit zum Widerstand erwarten können, sondern daran arbeiten, eine mit der Zeit zunehmende Steigerung von Aktionen und Störungen hervor zu bringen. Unsichtbare Gruppen – und andere Arten von Vereinigungen – haben sich bereits gegründet und protestieren im ganzen Land. Einige Gruppen protestieren vor den Verkaufsstellen von Tesla und rufen zum Boykott [der E-Autos] auf.[39] Es gab auch Proteste von Studierenden und nachbarschaftlichen Widerstand gegen die Cops von [der Polizei- und Zollbehörde] ICE.
Ein nächster Schritt wäre nun der Aufbau von Bündnissen, in denen noch mehr Gruppen zusammenkommen und gemeinsame Pläne machen, um ihre verschiedenen Interessen einzubringen. LGBT-Personen, Bundesangestellte, sowie um globale Erwärmung besorgte Umweltschützer*innen, aber auch migrantische Gemeinschaften und andere Gruppe haben ein Interesse zurückzuschlagen.
Sobald die Leute angefangen haben an Protesten oder Versammlungen teilzunehmen, haben sie eine Motivation, um nach weiteren wirksamen Aktionen Ausschau zu halten. Diese ersten Schritte können ihnen helfen, um die Angst zu überwinden, welche das MAGA-Regime zu verbreiten versucht, um die Menschen zum Schweigen zu bringen. Einer Strategie der Eskalation folgend würden zunächst einfachere oder weniger beängstigende Taktiken angewendet, um die Leute anfangs einzubinden und die Angststarre zu überwinden. Ein nächster Schritt wäre dann der Übergang zu Formen der Störung, wie die Besetzung von Büros, um das Tagesgeschäft [business as usual] aufzuhalten, sowie die Besetzung von Tesla-Verkaufsstellen oder ein kurzer eintägiger Warnstreik.
Störung bedeutet dabei, dass die Arbeiter*klasse beginnt ihre potenzielle Macht anzuwenden. Denn die größte Kraft der Arbeiter*klasse liegt in der Fähigkeit, die Arbeitsplätze stillzulegen, Regierungsbehörden lahmzulegen oder den Fluss der Unternehmensgewinne abzusperren. Die höchste Macht eines Streiks zeigt sich im Generalstreik, wenn Arbeiter*innen dann Netzwerke zwischen einzelnen Gewerkschaften und Branchen aufgebaut haben, mit deren Hilfe sie die gesamtgesellschaftliche Macht der Arbeiter*klasse ausüben. Da das amtierende Regime äußerst repressiv vorgeht, haben seine führenden Vertreter*innen Angst vor jeder Störaktion, welche gegen die Vertragsvereinbarungen verstößt oder direkt den Staat bedroht. Die Lösung hierbei liegt in der Basisorganisierung, sowie in der Gründung von Ausschüssen und Netzwerken, welche unabhängig von den Gewerkschaftsfunktionär*innen sind.
Da die Gewerkschaftsführung bereits vom Trump-Regime eingeschüchtert wurde, haben Bundesangestellte schon damit begonnen gewerkschaftsübergreifende Netzwerke aufzubauen, wie zum Beispiel das „Netzwerk der Bundes-Gewerkschafter*innen“ [Federal Unionist Network]. Ein weiteres Beispiel dieser Art von Organisierung sind die „Vereinigten Bahnarbeiter*innen“ [Railroad Workers United], die entstanden sind nach dem Verrat der bezahlten Funktionär*innen der Bahngewerkschaften. Ein landesweiter Generalstreik würde ein gewaltiges Maß an Gegenmacht zum MAGA-Regime hervorbringen, doch wahrscheinlich kann ein solcher Schritt nur aus einer Organisierung und Motivation an der Basis entstehen.
Ein anderer wesentlicher Teil von Strategien ist eine Vision oder ein Ziel, um Ansporn und Richtung zu geben. Das Trump-Regime ist zwar auf vielfache Weise einzigartig in der amerikanischen Geschichte, doch es gründet auf einer Schwäche der aus Vorzeiten übernommenen US-Verfassung, welche von den Republikaner*innen seit Jahren ausgenutzt wird. Nachdem die MAGA-Bewegung sich zum Ziel gesetzt hat, „den Verwaltungsstaat zu zerschlagen“, auf der Verfassung herumzutrampeln und das Jahrhundert der Zugeständnisse an die Kämpfe der Arbeiter*klasse zu beenden, wird es nicht einfach werden, das zerschlagene Porzellan jemals wieder zusammenzusetzen.
Das Aufkommen eines Teils der Oligarchie, welcher die Rundumschlag-Pläne des MAGA-Regimes unterstützt und den Staat ausplündert, ist bereits ein Anzeichen für die kapitalistische Krise. Eine darüber hinausgehende Vision muss die Begrenzungen überschreiten, welche der überkommene Rahmen des amerikanischen Kapitalismus vorgibt. Als grüne Syndikalist*innen setzen wir uns für eine rasante Beschleunigung des grünen Wandels ein: einen Abbaustopp für fossile Energieträger, einen Ausstieg aus der Ölverarbeitung, einen alternativen Ersatz für Petro-Plastik [40] und die beschleunigte Dekarbonisierung für eine grüne Wirtschaft auf Grundlage erneuerbarer Energie.[41] Und all das mittels eines „gerechten Wandels“ [just transistion], welcher weiterhin das Einkommen ebenso sichert, wie die Gesundheitsversorgung und die Rentengarantien für freigesetzte Arbeiter*innen.
In unserer Vision gibt es eine Arbeiter*selbstverwaltung mit direkter Kontrolle über den Arbeitsprozess durch die Arbeiter*innen in jenen Fabriken, welche Elektro-Heizungen, Wärmepumpen, Solaranlagen, sowie batteriegetriebene Busse und LKWs für die grüne Wirtschaft herstellen. Unser Ziel ist ein grundlegender Wechsel zu einer Gesellschaft, die auf demokratischer Eigenverwaltung gründet, in der diejenigen Menschen die Entscheidungen fällen, welche sie selbst betreffen.
Als Grundlage für eine grüne Wirtschaft schlagen wir die Arbeiter*selbstverwaltung in allen Branchen vor, anstelle des von oben herab bürokratisch regierenden Staates. Nach unserer Vorstellung wären die Pharmaindustrie und die Gesundheitsversorgung in Hand einer gesamtgesellschaftlichen, demokratischen Basisorganisation und wären selbstorganisiert von den Menschen, die dort arbeiten. Mittels allgemeiner, kostenloser Gesundheitsversorgung, die von der Gesellschaft getragen wird, würde die Gesundheitsförderung wesentlich verbessert werden.
Wir schlagen auch vor, dass die Kommunikationssysteme, wie Postdienst und Telefon, von einer Branchen-Organisation aller Arbeiter*innen selbstbestimmt betrieben werden. Doch weder in kapitalistischem Eigentum, noch durch eine bürokratische Verwaltung von oben herab, welche über die Arbeiter*innen bestimmt. Um beispielsweise Ferntransporte auf einer guten ökologischen Grundlage auszuliefern, unterstützen wir die Kampagne für ein sofortiges öffentliches Bahnwesen [Public Rail Now], welche ein öffentliches Eigentum am Eisenbahnnetz fordert. Doch nach unseren Vorstellungen wäre die Eisenbahn von regionalen Branchen-Organisationen durch demokratische Selbstverwaltung der Arbeiter*innen konrolliert. Mit elektrifizierten Eisenbahnen und einer Industriepolitik, welche bei Ferntransporten die Bahn (samt LKWs auf flachen Güterwagen) bevorzugt, könnte künftig der Ausstoß von Treibhausgasen im Fern-Frachtwesen enorm verringert werden.
Dies sind nur einige der Vorstellungen davon, was für einen sozialen Wandel nötig ist.(…)
East Bay Syndicalists Group
in: Workers Solidarity – A Green Syndicalist Webzine (01.04.2025,
https://eastbaysyndicalists.org/fighting-the-maga-assault/
Übersetzung [und Anmerkungen]: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln, https://asnkoeln.wordpress.com (Creative Commons: BY-NC)
Anmerkungen:
1) „Make America Great Again“ („Amerika wieder groß machen“), Trumps Anhänger*innen
2) gewerkschaftliches Medienportal, https://labornotes.org
3) Sitz der US-Finanzindustrie in New York
4) da es in den USA keinen Personalausweis gibt, gilt stattdessen ein Führerschein oder Reisepass
5) Gesetz zur Sicherstellung der Eignung von Wähler*innen (Safeguard American Voter Eligibility)
6) Bundesprogramm der Gesundheitsfürsorge für Bedürftige
7) Eliten-Herrschaft einer kleinen Gruppe von Mächtigen, https://de.wikipedia.org/wiki/Oligarchie
8) Herrschaft durch mächtige Führer*innen und strenge Traditionen, eine Form von Diktatur
9) Stürmung des US-Kongresses, https://de.wikipedia.org/wiki/Sturm_auf_das_Kapitol_in_Washington_2021
10) freiheitlich, siehe: Paläolibertarismus, https://de.wikipedia.org/wiki/Pal%C3%A4olibertarismus
11) staatenloser Privat-Kapitalismus, https://de.wikipedia.org/wiki/Anarchokapitalismus
12) der Adelsherrschaft ähnelnde Besitz-Elite, https://de.wikipedia.org/wiki/Neo-Feudalismus
13) neoreaktionäre Bewegung, https://de.wikipedia.org/wiki/Neoreaktion%C3%A4re_Bewegung
14) hoch-technologische Männerbünde, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Kalifornische_Ideologie
15) Unternehmen für Spionage-Software, https://de.wikipedia.org/wiki/Palantir_Technologies
16) wissenschaftlich nicht haltbare Rassentheorie, https://de.wikipedia.org/wiki/Rassentheorie
17) Trumps neue „Abteilung für Regierungseffizienz“ (Department of Government Efficiency)
18) ein Jerusalemkreuz und „Gott will es“, https://de.wikipedia.org/wiki/Pete_Hegseth#Rezeption
19) christlicher religiöser Nationalismus, https://de.wikipedia.org/wiki/Christlicher_Nationalismus
20) „Projekt zum Übergang der Präsidentschaft 2025“, https://de.wikipedia.org/wiki/Project_2025
21) queere Abkürzung für lesbisch, schwul, bi, trans, inter,… https://de.wikipedia.org/wiki/LGBT
22) männliche Herrschaftsform, https://de.wikipedia.org/wiki/Patriarchat_(Soziologie)
23) Aufschwungphase nach dem US-Bürger*krieg, https://de.wikipedia.org/wiki/Gilded_Age
24) Programme zur Förderung von Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion in Organisationen
25) Sprachpolitik in Orwells dystopischem Roman „1984“, https://de.wikipedia.org/wiki/Neusprech
26) Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei im 18./19. Jh. (später auch von Polizei, Justiz, Staat)
27) Umdeutung geschichtlicher Ereignisse, https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichtsrevisionismus
28) siehe https://de.wikipedia.org/wiki/White_Supremacy#W%C3%A4hrend_der_Sklaverei
29 „wachsames“ Bewusstsein, Sensibilität für (systematische) Ungerechtigkeit und Diskriminierung
30) rechte Parole gegen Sozialreformen, https://de.wikipedia.org/wiki/Cultural_Marxism_(Schlagwort)
31) Institut für Sozialforschung (Kritische Theorie), https://de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter_Schule
32) CO2-Ausgleich durch negative Emissionen, https://de.wikipedia.org/wiki/Klimaneutralit%C3%A4t
33) Bundesgesetz der Biden-Regierung zur Förderung von grünen Industrien samt Sozialpaket (2022)
34) christliche Hilfsorganisation für weltweiten Katastrophenschutz und Hausbau für bedürftige Menschen
35) Wirtschaftspolitik zur nationalen Bereicherung durch Handelsüberschüsse („ruiniere deinen Nachbarn“)
36) Malatesta und andere sprachen sich jedoch 1915 gegen eine Teilnahme am Ersten Weltkrieg aus, https://anarchistischebibliothek.org/library/die-anarchistische-internationale-und-der-krieg
37) kulturell-ideologische, zwischenstaatliche Einflussnahme, https://de.wikipedia.org/wiki/Soft_Power
38) Steigerung und/oder Ausweitung eines Konfliktes, https://de.wikipedia.org/wiki/Eskalation
39) dezentrale Protestbewegung gegen Musks E-Auto-Firma, https://de.wikipedia.org/wiki/Tesla_Takedown
40) aus Erdöl hergestellte Kunststoffe, https://de.wikipedia.org/wiki/Kunststoff#Herstellung
41) Abkehr von Kohlenstoff zur Energiegewinnung , https://de.wikipedia.org/wiki/Dekarbonisierung
Dieser Text steht als PDF zum kostenlosen Download bereit!
„USA: Zölle spalten uns – der Kampf vereint uns!“ (WSA-IAA, 2025)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2025/03/14/usa-zoelle-spalten-uns-der-kampf-vereint-uns/
„USA: Die ersten Tage von Trumps Angriff“ (WSA-IAA, 2025)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2025/03/01/usa-die-ersten-tage-von-trumps-angriff/
Außerdem haben sie ein Seminar durchgeführt, bei dem sie nach dem Bombenanschlag Ende Januar in Peshawar (mit über 30 Toten und 130 Verwundeten) ihre Ablehung der staatsreligiösen und Taliban-freundlichen Politik der Islamischen Republik Pakistan deutlich gemacht haben.
Am 23.02.2023 haben sie in der Metropole Karatschi gegen den brutalen Mord an einer dreiköpfigen Familie durch einen Minister der Provinz Belutschistan protestiert, der zuhause ein privates Foltergefängis betrieben hat. Viele Anwohner*innen beteiligten sich an der Kundgebung, bei der Parolen gegen die Militär- und Parteiführung gerufen wurden. Außerdem wurde die Festnahme des Verantwortlichen gefordert, der Ende Februar inhaftiert worden ist.
Im Dezember 2022 berichtete ein Delegierter der WSF auf dem 28. Kongress der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA) in Alcoy/Spanien bei einem kurzen Video-Interview auch über die Publikationstätigkeit der WSF. Sie übersetzen anarchistische und anarchosyndikalistische Literatur in Urdu und Paschtu, um sie in dem muslimisch geprägten Land zu veröffentlichen. Bisher haben sie vor allem klassische Texte von Emma Goldman und Rudolf Rocker herausgegeben, aber auch ein Buch von Nicolas Walter. Demnächst bekommen sie auch den Nachdruck des ersten Originaltextes über Anarchismus in Südasien.
Treffpunkt: Joachimsthalerplatz, 1160 Wien, in der Nähe des Wilhelminenspitals/ Klinik Ottakring – in Solidarität mit den Arbeitenden im Gesundheitsbereich
Kundgebung ab 17 Uhr (mit Kinderbetreuung durch Genossen des WAS)
Demo für Frauen! ab 18 Uhr (pünktlich)
Voran im Kampf gegen Sozialabbau, imperialistischen Krieg und patriarchale Gewalt!
Für eine kämpferische Frauenbewegung!
Die Krise hat nicht nur viele Verschlechterungen für die Mehrheit der Frauen gebracht, sondern auch die patriarchale Realität schonungslos offengelegt. Betreuungsaufgaben sollen „privat“ übernommen werden, Frauen sollen „zurück an Heim und Herd“ und damit verstärkt in die finanzielle Abhängigkeit gedrängt werden.
Fünf Frauenmorde gab es dieses Jahr in Österreich schon: Gewalt gegen Frauen, und Frauenmorde im Speziellen, nehmen mit der Verschärfung des Patriarchats zu.
Die Kosten der kapitalistischen Krise sollen mit Preissteigerungen, Reallohnverlusten und dem Abbau von Arbeitsrechten auf unsere Schultern abgeladen werden.
Frauen, wehrt euch und kämpft!
Wir zahlen nicht für die Krise der Herrschenden!
Voran im Kampf gegen patriarchale Gewalt!
Während derzeit „Gesundheit“ in aller Munde ist, wurde in der Zeit der Pandemie nicht ein Cent mehr für den Ausbau des Gesundheitswesens ausgegeben. Ganz im Gegenteil: Einsparungen wurden fortgesetzt und die regionale Gesundheitsversorgung zurück geschraubt. Und während es überall Personalmangel gibt, werden Pensionierungen oft nicht nachbesetzt, aber dafür ungeimpfte KollegInnen schikaniert und gekündigt.
Für ein Gesundheitswesen im Interesse der Mehrheit der Bevölkerung!
Für höhere Löhne und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich!
Für bessere Bedingungen in der Ausbildung in Pflegeberufen!
Mit autoritären Maßnahmen wie der digitalen Gesichtserkennung oder dem Grünen Pass wird die Überwachung weiter ausgebaut. Währenddessen werden Kriegshetze und Kriegsvorbereitungen ganz besonders von den hegemonialen Ländern in EU und NATO auf neue Höhen getrieben. Österreichische Rüstungsexporte, welche die Neutralität untergraben, haben Unterdrückung und Vertreibung zur Folge. Nicht nur wälzen die Herrschenden die Kosten von Aufrüstung und imperialistischen Kriegen auf Frauen ab und setzten patriarchale Gewalt und Vergewaltigung als Kriegswaffe ein. Weltweit leisten auch Frauen in internationaler Solidarität Widerstand gegen die Kriege der Herrschenden.
Nein zu Überwachung, Militarisierung und imperialistischem Krieg!
Geld für Gesundheit, Löhne und Frauenhäuser statt für Rüstung und Kriegsvorbereitungen!
Auch diesen 8. März werden international Millionen von Frauen ein Zeichen gegen Unterdrückung und Ausbeutung der Frau im Kapitalismus setzen und zeigen:
Um unsere Interessen durchzusetzen ist es notwendig, uns zu organisieren und gemeinsam zu kämpfen!
Gegen Patriarchat und Kapital! Für eine kämpferische Frauenbewegung!
Demo-Bündnis 8. März 2022:
Frauenstreik, Rotes Frauenkomitee, FZ Wien – FrauenLesbenMädchenMigrantinnenZentrum, Lesben gegen Rechts, AVESTA, Europäische Frauensolidarität, WAS – Wiener ArbeiterInnen-Syndikat Herrschaftsfreie Basisgewerkschaft, Yeni Kadin, SKB, KomIntern, BDFÖ, Klub der politisch interessierten Frauen, Frauenhetz, Frauenkampfbündnis Flow Zone, Künstlerinnen Ateliers , Feministischer Systemwechsel von unten, Radikalfeministisches Netzwerk Österreich und viele einzelne FrauenLesben
Flugblatt zum Herunterladen und Ausdrucken“
Quelle: Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA)
https://wiensyndikat.wordpress.com/2022/03/05/heraus-zum-internationalen-frauenkampftag-8-marz-2022/
Unterstützt wurden sie dabei von der Menschenrechtsinitiative „United We Stand – Solidarity Network„. Die Versammlung richtete sich gegen die überwiegend transphobe Ausrichtung des öffentlich-rechtilchen Rundfunks im Vereinigten Königreich.
Anlässe war u.a. das Verbot für Mitarbeiter*innen an einer TransPride-Parade teilzunehmen, welches vom BBC-Generaldirektor erlassen wurde. Außerdem wurden in einem Flugblatt zahlreiche Beispiele für die Diskriminierung von Trans*personen und die Leugnung ihrer Geschlechtsidentitäten im Sendeprogramm der BBC aufgelistet.
Die Kundgebung verwies auch darauf, dass in den vergangenen fünf Jahren die Anzahl der trans*feindlichen Straftaten in Britannien um das Vierfache angestiegen ist. Um so wichtiger ist es, dass sich Protest dagegen regt, dass ein öffentlicher Sender diesem menschendfeindlichen Hass immer wieder ein Forum bietet.
Bookchin hatte sich in den 1930ern der kommunistischen Jugendbewegung angeschlossen, später jedoch die offiziellen marxistischen Organisationen verlassen und sich dem freiheitlichen Sozialismus zugewendet. Ein zentraler Punkt seiner Politik seit den Sechzigern Jahren bis an sein Lebensende [2006] war die Gegnerschaft zur Ausrichtung auf den Arbeiter*kampf, welcher im Syndikalismus und bei vielen Anarchist*innen – aber auch bei Marxist*innen – im späten 19. Jh. und frühen 20. Jh. im Mittelpunkt stand.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Generalstreiks und heftigen Straßenkämpfe von Arbeiter*innen nur noch verblasste Erinnerungen. In den Nachkriegsjahren festigte sich in den Gewerkschaften eine konservative Bürokratie. In der amerikanischen Arbeiter*klasse gab es in den 1960ern keine „kämpferische Minderheit“ mehr aus radikalen Arbeiter*innen, welche seit Anfang des Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs die amerikanischen Betriebe geprägt hatte. Dies führte dazu, dass einige Radikale sich auf die Suche nach einem neuen „Subjekt“ des revolutionären Wandels machten. Und Bookchin stand beispielhaft für diese Denkweise:
„Im Gegensatz zu den Erwartungen von Marx schwindet die industrielle Arbeiterklasse zahlenmäßig und verliert dabei immer mehr ihre traditionelle Klassenidentität. […] Die heutige Kultur [und] Produktionsweisen haben das Proletariat in eine weitgehend kleinbürgerliche Schicht verwandelt. […] Das Proletariat […] wird vollständig durch automatisierte und sogar verkleinerte Produktionsmittel ersetzt werden. […] Die Klassenkategorien sind nun durchsetzt mit hierarchischen Kategorien auf Grundlage von Rassismus, Geschlecht, sexueller Orientierung und vor allem nationalen oder regionalen Unterschieden.“
Dieses Zitat stammt aus Bookchins letztem Buch „Die nächste Revolution. Libertärer Kommunalismus und die Zukunft der Linken“ [The Next Revolution: Popular Assemblies and the Promise of Direct Democracy]. Es zeigt einen gewissen Mangel an Verständnis davon, wie Syndikalist*innen – und andere Sozialist*innen – die Arbeiter*klasse betrachten. Die Grundlage des revolutionären Potenzials der Arbeiter*klasse ergibt sich sowohl aus ihrer Stellung als Bevölkerungsmehrheit, wie auch aus ihrer offensichtlich unterdrückten und ausgebeuteten Lage. Arbeiter*innen besitzen keine eigenen Mittel, um für ihren Lebensunterhalt zu sorgen.
Daher sind wir gezwungen uns Jobs bei Arbeitgeber*innen zu suchen, um Löhne zu verdienen, die wir zum Leben benötigen. Und diese Vereinbarung zwingt Arbeiter*innen dazu, sich der autokratischen Herrschaft des Managements unterzuordnen, durch welche den Arbeiter*innen eine Kontrolle über jene Entscheidungen vorenthalten werden, welche sie im täglichen Betriebsablauf und bei der Gestaltung der Arbeitsplätze direkt betreffen. Die Arbeitgeber*innen besitzen die Produkte unserer Arbeit und benutzen sie, um Gewinne zu kassieren – also eine grundsätzlich ausbeuterische Situation.
Die Arbeiter*klasse ist vielfältig und besteht aus verschiedenen Schichten. Im Zentrum der Arbeiter*klasse stehen die Handarbeiter*innen, welche sich der Kontrolle durch eine Arbeitsverwaltung unterwerfen müssen und die selbst kein Teil des sie kontrollierenden Managements sind. Laut „The Working Class Majority“ von Michael Zweig betrifft das etwa 60 Prozent der Bevölkerung (wenn man alle Angehörigen und die Rentner*innen aus früheren Arbeiter*klasse-Jobs mitzählt).
Darüber hinaus sind weitere 15 Prozent aller Werktätigen als einfache „Facharbeiter*innen“ angestellt, welche ebenso dem Management unterstellt sind: Lehrer*innen, Schreibkräfte, Bibliothekar*innen, Programmierer*innen, usw. Diese Schicht hat höhere Bildungsabschlüsse und wird oftmals besser bezahlt als Handarbeiter*innen, aber gründet oftmals Gewerkschaften und ist ein potenzieller Bestandteil von Bündnissen der Arbeiter*klasse. Die Klasse der Arbeitenden verschwindet also nicht, sondern ist die Mehrheit der Bevölkerung.
Das „Industrieproletariat“ besteht aus Arbeiter*innen der „Schlüsselindustrien“ – nicht nur Produktion, sondern auch Transport, Betriebsmittel, Bauwesen und Rohstoffabbau (Steinbrüche, Öl und Erdgas, Forstwirtschaft). Die Arbeiter*innen in der hochindustrialisierten US-Landwirtschaft sollten hier ebenfalls mitgezählt werden, denn diese produziert die Grundnahrungsmittel. In den unterschiedlichen Bereichen der „Schlüsselindustrie“ arbeiten etwa 25 Prozent aller Berufstätigen in den USA.
Arbeitsplätze in der Produktion werden meist deshalb abgebaut, weil die Kapitalist*innen immer neue Technologien und wechselnde Arbeitsweisen einsetzen, um die Zahl von Arbeiter*innen pro Stunde je Outputeinheit zu verringern. Das ist keineswegs neu, denn es hat spätestens in den 1920er Jahren angefangen. Methoden zur Steigerung der Arbeitsleistung durch „schlanke Produktion“, welche als eine Form der Beschleunigung in den letzten 40 Jahren eingesetzt wurden, sind der anhaltende Trend. Dabei produzieren die USA weiterhin rund 17 Prozent der weltweiten Fertigung, obwohl nur 12 Prozent der Arbeiter*innen in diesem Bereich tätig sind.
Aber die Jobs in anderen „Schlüsselindustrien“, wie Transport und Bau, sind nicht in gleichem Maß zurückgegangen. Und diese Branchen sind für die US-Wirtschaft weiterhin bedeutend, denn sie machen etwa die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts aus. Daher würde das Entstehen einer kämpferischen Arbeiter*bewegung in diesem Wirtschaftsbereich eine große Schlagkraft hervorbringen.
Der Syndikalismus ist auf die Entwicklung einer Gewerkschaftsbewegung ausgerichtet, welche von den Arbeiter*innen kontrolliert wird und massiv eingreifen kann, um beispielsweise durch Streiks das Abfließen der Gewinne zur besitzenden Klasse zum Stillstand bringen kann. Durch das zunehmend globalisierte und verstreute Produktionssystem haben Logistik bzw. Transport und Lagersysteme zunehmend an Bedeutung gewonnen.
Daher haben Arbeiter*innen in Großbetrieben, z.B. in Produktion, Zulieferung und Transport, eine potenzielle Macht. Diese könnte dazu genutzt werden, die Interessen der Arbeiter*klasse durch die Entwicklung eines höheren Grades an Klassensolidarität voranzubringen. Darüber hinaus verfügt die Arbeiter*schaft über die Macht, die Kapitalist*innen von der Kontrolle über das System der gesellschaftlichen Produktion zu vertreiben. Sie könnten die Arbeitsplätze übernehmen und die Produktion in diesen Branchen auf Grundlage der Arbeiter*selbstverwaltung neu organisieren.
Diese Begründung der syndikalistischen Ausrichtung auf Arbeitskämpfe und betriebliche Selbstorgansiation wurde von Bookchin komplett ignoriert. Wenn die arbeitende Klasse die kollektive Verwaltung der Produktion übernehmen soll, muss es eine Arbeiter*bewegung in diesen Branchen geben, die das umzusetzen kann. Wie sollen sie sich denn sonst von der Unterdrückung durch das kapitalistische Arbeitsregime befreien?
Obwohl Syndikalist*innen die Bedeutung der „Schlüsselindustrien“ aus den genannten Gründen anerkennen, beschränken sie die Arbeiter*klasse nicht auf „das Industrieproletariat“. Oft geht es auch um Organisierung in anderen Branchen, wie Einzelhandel, Gesundheitswesen und andere Dienstleistungen. Das Ziel des Syndikalismus ist die Re-Organisierung der gesamten Wirtschaft durch die Selbstverwaltung von Arbeiter*innen.
Bookchin argumentiert, dass das geringe Ausmaß an Arbeitskämpfen seit dem Zweiten Weltkrieg dadurch bedingt ist, dass die Menschen keine lebendige Erinnerung mehr an die vorkapitalistische Zeit haben, als noch Kleinbäuer*innen ihre eigenen Höfe und Handwerker*innen ihre eigenen Werkstätten betrieben haben. Diese Theorie geht davon aus, dass das Streben nach „Arbeiter*kontrolle“ aus der Vertrautheit mit einer vergangenen Epoche entsteht, in der die Produzent*innen noch über ihre Arbeit selbst bestimmen konnten. Bookchin behauptet, dass die radikalen Arbeiter*innen im Zeitalter der großen syndikalistischen Gewerkschaften:
(…) „meistens Handwerker*innen waren, für die das Fabriksystem ein neues kulturelles Phänomen war. Viele andere hatten einen unmittelbar landwirtschaftlichen Hintergrund und waren nur eine oder zwei Generation entfernt von einem ländlichen Lebensstil. Bei diesen ‚Proletarier*innen‘ erzeugte die Fabrikdisziplin und ebenso das Eingesperrtsein in Fabrikgebäuden höchst unangenehme kulturelle und psychologische Spannungen. Sie lebten in einem Spannungsfeld zwischen einerseits einem vorindustriellen, durch Jahreszeiten geprägten und weitgehend entspannten Lebensstil als Handwerker*innen oder Bäuer*innen. Und andererseits einem Fabrik- oder Betriebssystem, welches ausgerichtet war auf Höchstleistung, stark rationalisierte Ausbeutung, unmenschliche Maschinenrhythmen, kasernenähnliches Leben in städtischen Ballungsräumen und außergewöhnlich brutale Arbeitsbedingungen. Daher verwundert es nicht, dass diese Art von Arbeiter*klasse extrem leicht aufzuwiegeln war und dass Straßenschlachten sich leicht zu einer Art Aufstand ausweiten konnten.“
Zunächst ist festzuhalten, dass diese Theorie eine unbegründete Form des wirtschaftlichen Determinismus ist, als ob die Wirtschaftsweise die Menschen direkt dazu „bringt“ bestimmte Dinge zu denken. Im Weiteren sind die Vorannahmen dieser Theorie falsch: Damals in den 1930ern hatte viele der radikalen Arbeiter*innen überhaupt keinen Hintergrund mehr als selbständige Handwerker*innen und Bäuer*innen aus vorkapitalistischer Zeit, oft waren bereits ihre Eltern und Großeltern schon Lohnabhängige.
Darüber hinaus sind die Kämpfe um die Kontrolle weiterhin ein Teil heutiger Arbeitskonflikte, beispielsweise wenn Krankenpfleger*innen die Personaluntergrenzen verteidigen. Erst kürzlich haben Raffinerie-Arbeiter*innen einen landesweiten Streik durchgeführt, weil sie für ihr Recht kämpfen, die Instandhaltungsarbeiten einzustellen, sobald sie diese für unsicher halten – auch das ist ein Kampf um die Kontrolle. Oder wenn sich Lehrer*innen für kleinere Klassen und für eine bessere Versorgung ihrer Schüler*innen einsetzen.
Um das relativ niedrige Niveau von Arbeitskämpfen in den letzten Jahrzehnten zu verstehen, bedarf es einer näheren Betrachtung der Art und Weise, wie die Aufstände der Arbeiter*klasse entstehen und sich nach und nach entwickeln in Zeiten von Streikwellen und ausgeweiteten Kämpfen. Auf solche Epochen folgt eine langwierige Periode des Organisierens, der Bemühungen um allgemeine Bildung, des Lernens aus gescheiterten früheren Kämpfen. Und schließlich durch eine steigende Anzahl aktiver Arbeiter*innen, welche sich radikalisieren und sich Fähigkeiten des Organisierens aneignen, usw. Daher ist ein höherer Grad an Arbeitskämpfen und die Entwicklung eines „Solidaritätsbewusstseins“ nicht einfach ein „automatisches“ Ergebnis der Bedingungen der Arbeiter*klasse.
Bookchin hat niemals ein neues „revolutionäres Subjekt“ gefunden – zumindest nicht in den USA. Und seine politische Strategie der Lokalpolitik macht wenig Sinn und konnte sich nicht durchsetzen. Die radikale kurdische Bewegung in der Türkei und Nordsyrien wurde von Bookchin beeinflusst und seine direktdemokratischen Ideen von Verwaltung wurden übernommen. Doch die Kurd*innen verfolgen eine andere Strategie…
Bei seiner Betonung der Möglichkeiten von Nachbarschaftsversammlungen als Teil einer freiheitlich-sozialistischen Verwaltung innerhalb der kommunalen Selbstorganisation lag Bookchin keineswegs falsch. Doch Versammlungen von Einwohner*innen fanden schon in früheren Zeiten im Zuge verschiedenster Kämpfe statt, weshalb Versammlungen von örtlichen Anwohner*innen immer eine besondere Rolle spielen. Doch als eine Strategie zum Wandel können sie die Bedeutung von Massenorganisierung und Kämpfen im Produktionsbereich nicht ersetzen, da die Arbeitenden dort direkt der unterdrückerischen Macht des Kapitals gegenüberstehen.
Bookchin hatte recht damit, dass die Auseinandersetzungen entlang der Verwerfungslinien von Rassismus, Geschlechtsidentität und ökologischer Zerstörung während der 1960er und `70er Jahre zunehmend in den Vordergrund und ins Zentrum gerückt sind. Die Kämpfe der schwarzen Freiheitsbewegung gegen die Segregation und andere Aspekte rassistischer Ungleichbehandlung, aber auch die Frauen*bewegung, sowie die Bewegung der Schwulen und Lesben, haben damals die gesamte Linke beeinflusst, ein besseres Verständnis von nicht-klassenbezogenen Aspekten der Gesellschaftsstruktur zu entwicklen, in denen die Freiheit mit Füßen getreten wird.
Und das hat ebenfalls die libertär-syndikalistischen Aktivist*innen und ihre Organisationen beeinflusst. Darüber hinaus muss sich unser Nachdenken über Strategien auch damit befassen, auf welche Art sich das System im Laufe der Zeit verändert hat, wie neue Themen in den Blick geraten, wie neue Bevölkerungsteile aktiv geworden und die Neuen Sozialen Bewegungen entstanden sind.
Unser strategisches Denken muss diese neuen Dinge miteinbeziehen, aber das kapitalistische System in den USA hatte schon immer einen rassifizierten und geschlechtsidentitären Charakter. Und diese Arten von Unterdrückung sind stets auch am Arbeitsplatz vorhanden und wirken sich darauf aus, wie die Institutionen des Systems handeln. Verschiedene Unterdrückungsformen wirken sich direkt auf unterschiedliche Bevölkerungsteile der vielfältigen Arbeiter*klasse aus.
In der Parole „Ein Angriff auf eine*n ist ein Angriff auf alle“ wird daher die Klassensolidarität ausgedrückt. Wenn eine Teilgruppe der Klasse von einer besonderen Ungerechtigkeit betroffen ist (wie rassistische Diskriminierung, sexuelle Belästigung, rassistische Polizeimorde oder Angriffe auf Migrant*innen), dann würde es eine Verweigerung von Solidarität bedeuten, wenn diesen Gruppen in ihrem Bemühen Beschwerde einzureichen keine praktische Unterstützung angeboten würde.
Die Arbeiter*klasse kann sich solange nicht selbst befreien, bis sie sich in eine Bewegung „verwandelt“ hat, welche die allgemeine soziale Befreiung zum Ziel hat. Indem sie sich mit Themen auseinandersetzt, wie das unterdrückerische Wesen des Staates, die Muster rassistischer und geschlechtlicher Ungleichheit, sowie den ökologisch verheerenden Charakter des kapitalistischen Wachstums. Die Arbeitenden können in ihren Kämpfen gegen die herrschenden Klassen jedoch nicht erfolgreich sein, wenn sie nicht in der Lage sind, die vielfältigen Menschengruppen zusammenzubringen. Und wenn wir uns nicht in gesteigertem Maße gegenseitig in unseren Kämpfen unterstützen.
Tom Wetzel
Quelle:
ideas&action (Workers‘ Solidarity Alliance),
http://ideasandaction.info/2021/01/murray-bookchins-legacy-syndicalist-critique/
Übersetzung:
Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln
(https://asnkoeln.wordpress.com)
CC: BY-NC
]]>So gingen sie u.a. in Alicante, Cartagena, Granada, Madrid, Murcia und Tarragona auf die Straßen, um gegen patriarchale und kapitalistische Ausbeutung und sexistische Unterdrückung zu kämpfen. Solidarische Unterstützung erhielten sie dabei auch von Trans*personen und männlichen Gewerkschaftern.
Fotos/Graphiken: CNT-IAA
Im Vereinigten Königreich erlebt jede dritte Frau* und 2,5 % aller Männer* in ihrem Leben häusliche Gewalt. Ein Fünftel der berufstätigen Frauen* musste deswegen eine Auszeit nehmen, doch nur 5% aller Arbeitgeber*innen bieten spezielle Maßnahmen, um häusliche Gewalt zu thematisieren und die Mitarbeiter*innen zu unterstützen.
Momentan wird darüber diskutiert, die entsprechende Gesetzgebung (Domestic Abuse Bill) wegen ihrer Definition von Missbrauch zu überarbeiten. Sie soll nun auch wirtschaftlichen und finanziellen Missbrauch umfassen, um anzuerkennen, dass es den Betroffenen unmöglich ist ihr Geld zu verwalten, solange sie von ihren Missbraucher*innen abhängig sind. Das neue Gesetz mag zwar gut gemeint sein, greift jedoch zu kurz. Wir haben keine Zeit, um auf seine Verabschiedung zu warten. Oder darauf, dass Gelder und Mittel bei den Kommunen ankommen. Eine Auflistung derjenigen, die trotz dieses Gesetzes ungeschützt bleiben, wäre endlos.
Für einige Leute kann eine Flucht aus dem Missbrauch Obdachlosigkeit oder sogar Abschiebung bedeuten. Den Frauen* ohne Zugang zu öffentlichen Fördergeldern (Asylsuchende und Migrant*innen ohne Papiere) wird der Zugang zu Notunterkünften verweigert, wenn sie versuchen ihren Missbraucher*innen zu entfliehen und sie bekommen weder eine Wohnung, noch Hilfsgelder. Die Polizei tauscht zudem alle Informationen über den Migrationsstatus von Opfern mit dem Innenministerium aus, um die Einwanderung zu kontrollieren. Nicht-weiße (black and minority ethnic), migrantische, behinderte, queere (LGBTQIA) und erwerbslose Frauen* sind jetzt und in Zukunft einem höheren Risiko der Vernachlässigung ausgesetzt und werden zudem für ihr Unglück verantwortlich gemacht.
Zudem erschwert eine Mischung aus schlechten Arbeitsbedingungen und Sexismus am Arbeitslatz den Opfern und Überlebenden von Misshandlung den Zugang zu den benötigten Hilfen und Unterstützungsleistungen. Wenn wir also Solidarität am Arbeitsplatz schaffen wollen, so müssen wir uns der Tatsache bewusst sein, dass unsere Kolleg*innen möglicherweise zuhause von Gewalt betroffen sind. Und wir dürfen auch nicht die Anzeichen übersehen, falls ein*e Kolleg*in selbst Missbraucher*in ist.
Es ist unsere Verantwortung, uns zu bilden und zu organisieren, um sicherere Arbeitsplätze zu gestalten. Wenn du in einem gewerkschaftlich organisierten Betrieb arbeitest, so mische dich ein und mache Druck, um bessere Bedingungen durchzusetzen. Frage nach, wie Maßnahmen gegen häusliche Gewalt entsprechend der Gesetze zum Schutz von Frauen* und Mädchen* (VAWG) umgesetzt werden können. Wenn es an deinem Arbeitsplatz keine Gewerkschaft gibt, dann kannst du mit deinen Kolleg*innen diskutieren und dich organisieren, um eure Bedingungen zu verbessern. Macht einen Plan, um Betroffene und Überlebende zu unterstützen, auch damit niemand wegen der erlebten häuslichen Gewalt mit Abmahnungen bestraft wird.
Unterstützung am Arbeitsplatz für Opfer und Überlebende häuslicher Gewalt:
– Glaubt ihnen
– Respektiert ihre Privatsphäre. Vertraulichkeit ist grundlegend, unabhängig von eurem Verhältnis zu diesen Personen. Sprecht nicht ohne ihre Zustimmung mit anderen Kolleg*innen, Freund*innen oder Vorgesetzten über ihr Privatleben.
– Bedenkt, dass eine Flucht aus dem Missbrauch nicht immer möglich ist. Hört zu und unterstützt, aber handelt nicht stellvertretend und meldet nichts, außer diese Personen befindet sich in unmittelbarer Gefahr. Sonst könntest ihr deren Lage noch verschlimmern.
– Helft ihnen mit den Arbeitsaufgaben und springt ein, wenn sie eine Auszeit brauchen. Verratet sie nicht, wenn sie ihre Arbeit nicht erledigt haben.
– Tauscht möglichst Schichten oder Stellen mit ihnen, damit die Missbraucher*innen nicht ihre Arbeitsstrukturen kennen.
– Wenn machbar, geht für sie ans Telefon, um mögliche Anrufe der Missbraucher*innen zu verhindern.
– Bietet an, sie abzuholen und nach Hause mitzunehmen, um Begegnungen mit ihren Missbraucher*innen zu vermeiden.
– Bereitet euch darauf vor, dass die Missbraucher*innen am Arbeitsplatz auftauchen könnten.
– Unterstützt sie aktiv durch Begleitung zu Mitarbeiter*gesprächen und Kranken*gesprächen.
– Wenn es sich bei den Missbraucher*innen um eure Kolleg*innen (oder Chef*innen) handelt, dann verhindert, dass die Betroffenen jemals mit denen alleine sind, und helft bei der Beweissicherung des Missbrauchshandelns.
– Macht gemeinsame Aktionen gegen ungerechte Entlassungen und Strafmaßnahmen.
Fordert Änderungen eurer Arbeitsbedingungen und der Betriebskultur,
um die Betroffenen weiter zu unterstützen:
– Flexible Arbeitsbedingungen und angemessener Auftragsumfang bei gleicher Bezahlung
– Bezahlte Auszeit und spezielles Urlaubsgeld, unabhängig vom garantierten Jahresurlaub.
– Wechsel der Arbeitszeiten und -plätze, sowie Wechsel der Telefonnummern/E-Mail-Adressen, um zu verhindern, dass die Missbraucher*innen sie im Betrieb kontaktieren oder aufsuchen.
– Keine Strafmaßnahmen wegen Abwesenheit oder Minderleistung.
– Vorauszahlung von Geldern zur Unterstützung von Überlebenden.
– Sicheren Zugang zu speziellen Hilfsangeboten und Informationen.
– Weiterbildung und Aufklärung zum Thema, um den einstieg in die Hilfe sicher und angemessen zu gestalten.
– Ausarbeitung einer Strategie gegen häusliche Gewalt (Domestic Abuse Policy) samt Sicherheitsplan zur Einrichtung eines Unterstützungsnetzwerks für Opfer und Überlebende
Sexismus und geschlechtliche Gewalt liegt in der Verantwortung von allen. Allein letztes Jahr [2020] waren 2,4 Millionen Erwachsene im Vereinigten Königreich von häuslicher Gewalt betroffen. Schaut euch um und organisiert euch, um das zu ändern.
Falls Du Interesse an einer Organisierung an deinem Arbeitsplatz hast, so bietet die Solidarity Federation eine Reihe von Trainingskursen an, darunter auch Kurse für Frauen*, welche sich am Arbeitsplatz organisieren möchten. Außerdem begrüßen wir alle anonymen Berichte/Beispiele über Erfahrungen mit häuslicher Gewalt, die in den Kursen vorgestellt werden können. Für weitere Informationen schreibt an [email protected] […]
Quelle: http://liverpoolsf.org/domestic-violence-is-a-workplace-issue/
Übersetzung: Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln, https://asnkoeln.wordpress.com, (CC: BY-NC)
]]>Als Anarchosyndikalistinnen* sehen sie den Streik als eine außergewöhnliche Kraft an, um die täglichen Ungerechtigkeiten sichtbar zu machen und das System von Herrschaft ins Wanken zu bringen, welches durch die Verbindung von Klassenverhältnissen mit der strukturellen Gewalt offensichtlich wird.
Der Streik am 08. März wird kein gewöhnlicher Streik, sondern ein feministischer sein, der neue Sichtweisen auf die bisherigen Kämpfe eröffnet. Zudem zeigt er auf, daß Frauen* und nicht-cis-gendernormative Personen diejenigen sind, welche mit einem noch niedrigeren und noch weiter ungesicherten Status im kapitalistischen System und in der patriarchalen Gesellschaft konfrontiert werden. Sie werden zu Opfern gemacht und erfahren durch ihre Körper bzw. Identitäten die ganze Gewalt des Systems auf allen Ebenen.
Ein Streiktag an dem alle Frauen* die Arbeit niederlegen, macht den Zusammenhang zwischen Staat, Patriarchat und Kapitalismus deutlich. Und zeigt auf, wie die kapitalistische Ausbeutung eng mit der Geschlechtertrennung verknüpft ist, welche Frauen* die Reproduktions- und Fürsorgearbeiten (ohne welche das System nicht existieren könnte) überträgt und die traditionell „weiblichen“ Arbeitsplätze immer prekärer werden lässt.
– Ausgleich zwischen Job und Privatleben
– Besserer Mutterschutz
– Weg mit der Lohnlücke, bei der Frauen* ungleich schlechter bezahlt werden
– Wirksame Maßnahmen gegen sexuelle Belästigung
– Schluss mit der Verweiblichung von Armut
– Faire Aufteilung von Fürsorgearbeiten mit den Männern*
– Besserer Schutz durch das Rentensystem
Alle Frauen* und nicht-cis-gendernormative Identitäten sind auf verschiedene Weise dazu gezwungen ihre Körper an Kapitalismus und Patriarchat zu verkaufen. Sie sind Prekäre, Migrantinnen*, rassistisch Markierte, Sexarbeiterinnen*, Hausfrauen*, Transsexuelle. Sie sind die Pflegenden, die Mütter*, die nicht-binären Identitäten, die Überflüssigen, die Inhaftierten und alle, die nicht länger unter uns weilen, weil sie durch patriarchale Gewalt ermordet wurden.
Alle gemeinsam werden am 08. März auf die Straße gehen und einen ganzen Tag lang streiken, um das System in Frage zu stellen. Um Kapital und Staat daran zu erinnern, dass sie bloß nicht versuchen sollten, diese Bewegung zu manipulieren und zu übernehmen. Denn der einzig wahre Feminismus ist der klassenkämpferische Feminismus.
Die Lohnarbeit ist dabei nur ein Bereich dieses feministischen Streiks, denn es geht auch um die Streiks von [Schülerinnen* und] Studentinnen*, sowie von Pflegerinnen*. Und es geht auch um Konsumverweigerung. Dieser Streik ist ein wütender Aufschrei und ein Bruch mit dem System, welches Frauen* auf‘s Schlimmste erniedrigt und mißbraucht. Es wird ein Tag der Selbstermächtigung, der den Zögerlichen aufzeigt, dass der Kampf gegen Patriarchat und Kapitalismus gemeinsam möglich ist, sei er auch noch so prekär, aber stets organisiert.
Quelle: https://iwa-ait.org/content/statement-issued-8th-march-women-strike-cnt-ait-granada
Übersetzung: ASN Köln, asn.blogsport.de (CC:BY-NC)
]]>Im Gespräch mit Genoss/innen innerhalb und außerhalb der anarchosyndikalistischen Bewewegung müssen wir feststellen, dass wir weit davon entfernt sind, einen organisierten Umgang zur Bekämpfung des Sexismus an unseren Arbeitsplätzen zu haben. Bei einer kürzlich stattgefundenen anarchafeministischen Konferenz wurde während eines Workshops zum Thema „Organisierung am Arbeitsplatz“ festgestellt, dass viele Frauen zwar ähnliche Beschwerden und Erfahrungen am Arbeitsplatz haben, aber nur wenige von ihnen sich zu diesen Themen in ihren Betrieben organisieren. Und nur wenige sind Mitglied in einer Gewerkschaft, sowohl bei traditionellen, wie bei alternativen.
Zwar sind die Gründe dafür vielfältig und betreffen auch viele persönliche Aspekte, aber es ist trotzdem wichtig darüber zu diskutieren. In einigen unserer Organisationen haben wir entweder ein geschlechtliches Ungleichgewicht oder Frauen sind irgendwie durch solche Handlungsmuster benachteiligt, welche mehr an männlicher Sozialisierung orientiert sind. Doch wir wissen alle, dass unsere Bewegung so nicht funktionieren sollte und dass der Kampf für Gleichheit nicht nur ein wirtschaftlicher ist, sondern für Gleichheit in allen Bereichen geführt werden muss.
Bei dieser Gelegenheit rufen wir also unsere Genoss/innen dazu auf, diese Themen zu behandeln und die nötigen Schritte zu unternehmen, sowie die Rolle jener Frauen hervorzuheben, die aktiv und erfolgreich gewesen sind.
Wir rufen ebenfalls die Genoss/innen dazu auf, sich an jene Probleme zu erinnern, welche Frauen unverhältnismäßig oft am Arbeitsplatz betreffen. Und Wege zu finden, diese mehr bei unserer Arbeit zu thematisieren. Solche Fragen sind zweifellos an verschiedenen Orten und verschiedenen Realitäten unterschiedlich, doch wir finden es sehr wichtig, diese Themen dort anzusprechen, wo es keine breite Unterstützung dafür gibt.
Einige dieser Themen betreffen zum Beispiel diskriminierende Entlohnung, die Erwartung von mehr oder anderer Arbeit als das männliche Gegenstück, nicht ernst genommen zu werden, sexuelle Belästigung und Probleme in Bezug auf Mutterschaft. Neben solchen Themen leiden viele Frauen zudem an besonders sexistischen Vorfällen, die ein reiner Angriff auf unsere menschliche Würde sind.
An diesem 8. März grüßen wir unsere Genoss/innen, die gegen diese Probleme gekämpft haben und all jene Frauen, die in unserem Kampf aktiv sind! Versuchen wir bis nächstes Jahr mehr zu werden!
Sekretariat der
Internationalen Arbeiter/innen-Assoziation (IAA)
http://www.iwa-ait.org
Übersetzung: Anarchosyndikat Köln/Bonn,
http://anarchosyndikalismus.blogsport.de
(CC: BY-NC)
Aufgerufen hatte ein Bündnis aus der Anti-Steinigungsgruppe, dem Center der Kurdischen Frauen in Köln e.V., dem Iranisch-Deutschen Frauenverein Köln e.V., dem Talash Verein für die Unterstützung des Kampfes des iranischen Volks – Köln, sowie die Iranischen unabhängigen Studenten und Jugend.
Als Protestform wurde ein Infostand mit Redebeiträgen gewählt, wobei das Bündnis bewusst bunte Fahnen mitgebracht hatte, um der national-religiösen Grünen Welle eine farbenfrohe Vielfalt entgegen zu halten. Dazu kamen einige Anarchist/innen, die mit schwarz-roten Fahnen den Protest gegen den islamischen Staatsterror unterstützten.
Anlass für die Kundgebung ist die drohende Steinigung von Frau Mohamadi, die wegen angeblichem Ehebruch zum Tode verurteilt wurde. Menschenrechtsgruppen schätzen, dass momentan mindestens 11 weitere Steinigungen geplant sind. Wie die Veranstalter/innen mitteilten, sitzt die zweifache Mutter seit vier Jahren im Knast, obwohl die Anschuldigungen gegen sie nicht bewiesen wurden.
Das islamische Regime unter Präsident Ahmadinejad geht gegen die wachsende Opposition mit zahlreichen Verhaftungen, Hinrichtungen und Folter (u.a. Peitschenhiebe), sowie schärferen Strafen, wie bis zu dreijährige Haftstrafen für Abweichungen von Kleidervorschriften vor. Zu der Repression des Staates und seiner „Revolutionswächter“ gehört auch die besonders grausame Hinrichtung durch öffentliche Steinigung, die das alltägliche Leben der Iraner/innen überschattet.
Am 11. Juli wird ein iranisches Gericht über ein Gnadengesuch von Sakineh Mohamadi entscheiden, weshalb es in zahlreichen Städten Proteste gab.