Suchergebnisse für „Wiener Arbeiter*innen-Syndikat“ – Anarchosyndikalismus https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org Aktuelles zu libertären Gewerkschaftsaktivitäten und sozialen Kämpfen in aller Welt Fri, 14 Mar 2025 14:54:36 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1040/2019/09/cropped-rotschwarz-32x32.jpg Suchergebnisse für „Wiener Arbeiter*innen-Syndikat“ – Anarchosyndikalismus https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org 32 32 Österreich: Lohn-Preller Cafe Gagarin gibt auf https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2025/01/22/oesterreich-lohn-preller-cafe-gagarin-gibt-auf/ Wed, 22 Jan 2025 13:17:42 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1881 Continue reading Österreich: Lohn-Preller Cafe Gagarin gibt auf ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) hat aktuelle Nachrichten zu dem seit Jahren andauernden Arbeitskampf mit dem Wiener „Cafe Gagarin“ veröffentlicht:

Das Cafe Gagarin existiert nicht mehr

Offenbar an den eigenen Widersprüchen zugrunde gegangen, wurde das Cafe Gagarin, mit dem wir uns seit dem Jahr 2022 in einem Arbeitskampf befunden haben, nun an eine andere kommerzielle Unternehmerin übergeben.

Das Jahr 2024 endete auch damit, daß das Cafe Gagarin, das sich weiterhin geweigert hat, das Vergleichsangebot unserer Genossin, welches nur rund 20% ihrer Ansprüche gewesen wäre, anzuerkennen, zugesperrt hat.

Die Widersprüche traten anscheinend immer mehr zu Tage und seit Mitte des Jahres gab es ein sehr verkürztes Statement des Betriebes, in dem Lockdowns und Teuerung als Gründe genannt wurden, aber auch daß „Vor allem aber (…) zu viel Aufgaben und Verantwortung auf zu wenigen Schultern zu Lasten gekommen (ist)“. Was ist da intern im „alternativen Cafe“ passiert? Für uns klingt das danach, daß dann doch das ganze „Projekt“ mehr auf Coolness und Adabei aufgebaut war, anstatt einen Betrieb legal und gleichberechtigt zu organisieren und die unglaublichen Mißachtungen der arbeitsrechtlichen Minimalstandards zu beenden, oder gar sich eine Form eines Kollektivbetriebes zu überlegen, wo die ArbeiterInnen nicht schlimmer als in jeder x-beliebigen kommerziellen Bude ausgebeutet werden.

Auch klingt dieses Statement danach, daß die Hierarchien dann doch nicht so flach waren, wie vom Gagarin immer behauptet und andererseits viele „Kollektivmitglieder“ auch keinen Bock gehabt haben, Verantwortung zu übernehmen. Sei dies nun, weil sie mit autonomem Habitus doch kein Interesse an Verpflichtungen hatten, oder weil sie doch nur normale HacklerInnen waren, die sich das Unternehmerische Risiko sinnvoller Weise nicht umhängen lassen wollten…

Das Café hat jedenfalls bis zum Ende unserer Genossin keinerlei Anteil ihrer mindestens 28.000 Euro offenen Lohn-Ansprüche gezahlt! Zuerst hat man versucht, alles auszusitzen und dann lieber das Café in den Sand gesetzt, als sich mit den Widersprüchen einen Betrieb im Kapitalismus zu führen, nachhaltig auseinanderzusetzen.

Bis heute wurde weniger, als im Kollektivvertrag vorgegeben, bezahlt, es gab keinen Urlaub, es gab keine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, es blieben die zwangsweisen Corona-Absonderungen unbezahlt, es wurden die halben Gehälter schwarz ausbezahlt und dadurch die Sozialversicherung vorenthalten, was sogar zu Gefährdung der Aufenthaltsbewilligungen für EU-BürgerInnen geführt hat, da diese ja nur „geringfügig“ gearbeitet hätten und sich nicht selber erhalten würden, das Trinkgeld mußte abgegeben werden usw. usf.

Dazu kamen all die unglaublichen Vorgänge, die in Teilen der Wiener „Linken“ nicht kritisiert wurden, wie: patriarchale und hierarchische Strukturen, anwaltliche Aufforderungen Kundgebungen zu unterlassen, Versuche sich mit anderen Betrieben gegen die Gewerkschaft zu vernetzen, Anwaltsschreiben, daß wir öffentliche Informationen löschen sollen, Kollaboration mit der Wirtschaftskammer uvm.

Mit Ende Dezember wurde das Gagarin nun zugesperrt und übergeben. Wir können nur sagen, daß es nicht schade darum ist, wenn so ein Betrieb nach zwölf Jahren nicht bereit ist die minimalen – über 150 Jahre blutig erkämpften – bürgerlichen Arbeitsrechte einzuhalten, und es dort dermaßen wenig Klassenbewußtsein gab.

Das WAS hatte immer so agiert, daß der Betrieb nicht gefährdet ist. Umso spannender, daß die Leute vom Gagarin ihren Betrieb lieber selber liquidiert haben, anstatt Lösungen zu finden.

Unseres Wissens nach sind alle Behörden schlußendlich von dritter Seite, über die ganzen arbeitsrechtlichen Mißstände sowie steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Hinterziehungen des Betriebes kurz vor dem Zusperren, informiert worden.

Unsere Genossin lebt leider nicht mehr in Österreich. Wir beenden also die Kampagne gegen das Gagarin mit dessen Verschwinden. Allen Ausbeutungsstrukturen, die glauben eine Basisgewerkschaft nicht ernst nehmen zu müssen, sei diese Episode aus Wien eine Mahnung. Wir werden immer auf der Seite der Lohnabhängigen, konsequent und dauerhaft gemeinsam kämpfen, bis eine Lösung erreicht ist. In diesem Fall war es Verbrannte Erde durch das Gagarin, welches nun nicht mehr existiert. Als WAS werden wir die Selbstorganisierung von uns ArbeiterInnen weiter vorantreiben, auch wenn es sich um „alternative Betriebe“ handelt, die sich vormachen, kein Teil des Kapitalismus zu sein.

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2025/01/08/das-cafe-gagarin-existiert-nicht-mehr/

Hintergründe:

„Österreich: Union Busting beim Cafe Gagarin“ (2022)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/08/15/oesterreich-union-busting-beim-cafe-gagarin/

„Österreich: Arbeitskämpfe in Wiener Bäckerei und Cafe“ (2022)
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/05/19/oesterreich-arbeitskaempfe-in-wiener-baeckerei-und-cafe/

Gewerkscahftsprotest vor dem Cafe Gagarin (Foto: WAS-IAA, 2022)


Creative Commons: BY-NC

]]>
Österreich: Insolvenz bei Le Firin https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/07/02/oesterreich-insolvenz-bei-le-firin/ Tue, 02 Jul 2024 16:07:00 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1579 Continue reading Österreich: Insolvenz bei Le Firin ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) informiert über den aktuellen Stand des seit 2022 andauernden Arbeitskampfes bei der Aufback-Kette „Le Firin“:

Auch zweites Le Firin bald in Konkurs?

Die letzte Neuigkeit in der langen Geschichte unseres Arbeitskampfes gegen die Firma Le Firin läutet möglicherweise sogar das Ende von Le Firin ein. So ist gegen das zweite Firmenkonstrukt des Geschäftsführers von Le Firin ebenfalls ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Aber rekapitulieren wir zunächst die ganze Geschichte.

Sowohl beim alten als auch beim Neuen Le Firin hat der Geschäftsführer fortlaufend Löhne sowie Rechnungen entweder gar nicht oder viel zu spät und nur teilweise bezahlt. Dazu liegen uns mittlerweile unzählige Aussagen von ehemaligen MitarbeiterInnen vor sowie auch ein Berichte, dass die erste Firma mit dem Namen Le Firin, die im Herbst 2023 bankrott gegangen ist, 1,3 Millionen Schulden hatte (was man bei drei Aufbackgeschäften wirklich erst einmal schaffen muss!).

Geht es so nicht weiter, weil die Forderungen auf keinen Fall mehr bezahlbar sind, lässt der Geschäftsführer die Firmen bankrott gehen, wobei die ausstehenden Löhne ohnehin vom Insolvenzentgelt-Fonds übernommen werden (und somit vergesellschaftet werden, siehe unseren letzten Bericht zu dem Thema). Der Geschäftsführer ist hierbei niemals der Eigentümer: offizielle Eigentümer sind immer seine Familienmitglieder, sodass er selbst nie für irgendetwas haftet und auch seine Kreditwürdigkeit nicht beschmutzt wird. Bei der Firma CSC Trade & Gastro e.U., die im Herbst 2023 in Konkurs ging, war seine Frau die Eigentümerin.

Protest vor Le Firin im Oktober 2022 (WAS-IAA)

Bei der Atelier Le Firin GmbH, die jetzt im Insolvenzverfahren ist, ist die Mutter des Geschäftsführers offizielle Eigentümerin. Nachdem das alte Le Firin Firmenkonstrukt pleite war, wurde Le Firin nämlich mit einer neuen Filiale am Rochusmarkt munter weiterbetrieben, einschließlich Verwendung des alten Namens und Logos und öffentlichem Bezug auf die Historie. Auch die Bäckerei-Filiale Ücler am Aumannplatz ist einfach so in die Hände des neuen Le Firin übergegangen, offenbar ohne Abgeltung.

Auch das Arbeitgebermodell Le Firin blieb das gleiche: nicht, oder nur teilweise oder viel zu spät ausgezahlte Löhne, davon haben uns auch MitarbeiterInnen des neuen Le Firin mehrfach berichtet. Zusammen mit möglichen Forderungen von Seiten der Masseverwaltung des ersten Le Firin hinsichtlich Vermögensverschleuderung bezüglich Übertragung der Bäckerei und des Markennamens erscheint uns das nun neue Insolvenzverfahren die logische Konsequenz.

Dabei handelt es sich allerdings um ein Sanierungsverfahren, das heißt, die Firma könnte sogar weiterlaufen, wenn die Gläubiger auf einen Teil der Schulden verzichten. Unabhängig davon, ob das Geschäftsmodell Le Firin weiterlaufen kann, oder ob das das Ende der Marke Le Firin ist, ist eines klar: solange es den Kapitalismus gibt, wird es immer auch weitere Le Firins und entsprechende Geschäftsführer geben. In diesem Sinne: kommt in die anarchistische Gewerkschaft!

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2024/06/30/update-zu-le-firin/

]]>
Klimaaktivismus auf dem Weg in den politischen Sumpf? https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2024/02/29/klimaaktivismus-am-weg-in-den-politischen-sumpf/ Thu, 29 Feb 2024 20:32:27 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1513 Continue reading Klimaaktivismus auf dem Weg in den politischen Sumpf? ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) hat folgende Kritik veröffentlicht:

„Wir fahren gemeinsam“ ist eine neue Kampagne von AktivistInnen aus dem Klima-Milieu gemeinsam mit der reformistischen Gewerkschaft vida. Ein Genosse von uns war bei einer öffentlichen Veranstaltung der Kampagne und nicht besonders begeistert. Im Folgenden seine Kritik:

Eine solidarische Kritik zu Beginn eines fragwürdigen Unterfangens des österreichischen Klimaaktivismus

Wir fahren gemeinsam – so das stimmige Motto einer neuen Kampagne zwischen österreichischen Klimaaktivistis und der ÖGB-Öffi-Gewerkschaft vida. Nur mit guten Arbeitsbedingungen gibt es ein gutes Service für die Fahrgäste. Nur mit jungem Personal haben die Öffis eine Zukunft. Es liegt also im Sinne aller Beteiligten, gemeinsam zu kämpfen: für die ganz vorne im Bus und somit auch für alle, die erst bei der Haltstelle einsteigen.

So sehr die Klimaaktivistis mit der WKO in Sachen Autopolitik die richtige Gegnerin gewählt haben, so unklar ist es, wie sehr diesmal die WKO das richtige Ziel sein kann. Zwar freut man sich dem Vernehmen nach, dass die WKO durch die Initiative der Aktivistis floskelhaft die Sozialpartnerschaft bedroht sieht. Aber hier kurz erklärt, wieso die Machtverhältnisse im Öffi-Sektor ganz andere sind und weshalb eine Zusammenarbeit mit der vida nicht besonders aussichtsreich ist.

In der Autobranche herrscht der ganz normale Kapitalismus: Praktisch alle Unternehmen sind vom eigenen Erfolg am Markt abhängig und streben nach maximalem Profit. Zueinander stehen sie entweder in Konkurenz oder in Lieferbeziehungen, doch gemeinsames Anliegen ist, sich von der Gewerkschaft die Profite nicht kaputt machen zu lassen. Und natürlich erwartet man sich von der Politik Unterstützung, dass möglichst viele und teure Autos verkauft werden können. Dafür kann sie die Rahmenbedingungen setzen, in dem sie etwa immer breitere Straßen baut, statt großen Autos die Zulassung zu verweigern. Stichwort: Carpitalismus.

Die Öffi-Branche funktioniert da ganz anders. Im echten Kapitalismus würden nämlich alle richtig reichen Menschen so wie Herr Haselsteiner im Helikopter rumfliegen oder immer Auto fahren, weil es ja dann auch keine 1.Klasse im Zug mehr gibt. In Großstädten würden sich vielleicht ein paar teure und überfüllte Öffi-Linien zu Hauptverkehrszeiten ausgehen, aber sicher nicht in der Nacht oder am Sonntag. Und alle anderen ohne Auto können schauen, dass sie zu Fuß, mit einem Moped, Fahrrad oder ganz ungenügend fahrendem Sammel-Busverkehr vom Fleck kommen. Wer schon eine Weltreise gemacht hat, wird hierin eine Beschreibung der Situation in vielen Ländern der Welt wiedererkennen.

Auch wenn die EU in vielen Bereichen für den freien Markt und Kapitalismus steht, ist die Öffi-Branche eine Besonderheit: Der Staat darf einerseits „marktverzerrend“ als Kunde auftreten und mit Steuergeld Verkehrsdienste bestellen und er darf andererseits sogar als Unternehmer auftreten und eigene Verkehrsdienste betreiben (z.B. Wiener Linien und ÖBB), geregelt in VO 1370/2007. Es wäre nicht die EU, wenn sie innerhalb dessen nicht doch wieder ein Wettbewerbsregime verstecken würde, aber das ist hier nicht das Kernthema, es ging ja um gute Arbeitsplätze und die solidarische Unterstützung von Arbeitskämpfen durch Fahrgäste.

===========================================================

Welche Öffi-Unternehmen gibt es jetzt in Österreich?

Es gibt einmal rein kommerzielle Unternehmen, sie funktionieren wie die Auto-Wirtschaft und haben praktisch keine staatliche Unterstützung (lassen wir mal den Bau von Straßen, Flughäfen und Corona-Hilfen beiseite). Dazu gehören die nicht-staatlichen Fluggesellschaften, private Busunternehmen, die für Flixbus fahren und das Taxigewerbe. Es gibt noch ein paar andere, aber die Auflistung ist schon fast abschließend, weil wie gesagt, der Kapitalismus von sich aus, kein tolles Öffi-Netz bieten würde.

Daneben gibt es Öffi-Unternehmen im staatlichen Eigentum, die in erster Linie von staatlichen Zuschüssen leben. Dazu gehören ÖBB, Wiener Linien, Postbus, Salzburger Lokalbahn usw.

Um an die staatlichen Zuschüsse zu kommen, müssen diese Unternehmen aber teilweise Ausschreibungen gegen private Unternehmen gewinnen. Zur Verwirrung gibt es inzwischen auch viele hybride Unternehmen, die zumindest teilweise dem Staat gehören, wobei das auch nicht immer der österreichische sein muss. Die Westbahn gehöhrt z.B. zu 17,4 % der französischen Staatsbahn, fährt teilweise auf eigene Rechnung, dann aber wieder mit staatlicher Unterstützung (z.B. Klimaticket und im VOR).

Rein private Öffi-Unternehmen, die genauso nur dank staatlicher Zuschüsse fahren sind z.B. oft kleinere Bus-Unternehmen die Schulbusse fahren. Das größte private Busunternehmen im Land ist Dr. Richard mit ca. 1.500 MitarbeiterInnen. Große globalagierende kapitalistische Öffi-Konzerne, die hinten rum nicht doch wieder einem Staat gehören, gibt es in Europa bisher schon in Form von Arriva und Transdev. Unseres Wissens nach sind solche Unternehmen im Landverkehr bis auf Flixbus noch nicht in Österreich aktiv.

===========================================================

Festhalten lässt sich auf jeden Fall; praktisch alle Öffi-Unternehmen haben Interesse an Geld vom Staat, sind damit aber auch an hohe Auflagen bzgl. Sauberkeit, Pünktlichkeit usw. gebunden. Nach der EU-Verordnung sind sie sogar in ihrem Gewinnstreben teils auf ein „angemessenes Niveau“ begrenzt. Es gibt also Raum für etwas unternehmerisches Handeln. Der Staat wünscht sich private Unternehmen sogar als eine Art Agent, der laut herrschender Ideologie ja auch effizienter handeln kann als der Staat. Aber dafür gibt es auch klare Grenzen, vielmehr als das in vielen anderen Branchen der Fall ist. Nur eins ist sicher: Die Kapitalgeber für neue Busse und Bahnen bekommen ihre Rendite, egal, ob die ÖBB einen neuen Zug per Staatsschuld kauft oder das kleine Busunternehmen mit Hilfe der örtlichen Raika.

Nach etwas überlegen wird klar, dass die (privaten) Verkehrsunternehmen eigentlich bei weitem keine so mächtige Organisation sind, wie es einem vielleicht vorkommen mag, wenn man Probleme bei der Fahrscheinkontrolle hat. Zum einen müssen sie Schulden für ihre Fahrzeuge ans Kapital bedienen, zum anderen müssen sie schauen, ein möglichst billiges Angebot bei ihrem Auftraggeber – dem Staat – abzugeben. Viel Spielraum für Gehaltsverhandlungen gibt es da dann auch nicht mehr, zu dem die Löhne nach Kollektivvertrag geregelt sind und den größten Ausgabeposten stellen. Legt sich die Gewerkschaft und der Klimaaktivismus also mit der WKO als Vertretung dieser Unternehmen an, dann ist das indirekt ein Streit mit einem staatlichen Agenten mit eingeschränktem Gewinnstreben, während die KapitalgeberInnen (Banken, Fonds etc.) fein raus sind:  Sie brauchen nicht verhandeln, sie beteiligen sich eh nur, wenn sie am Ende mehr zurück bekommen.

Anders formuliert: Eigentlich kann es der WKO – abgesehen von ideologischen Gründen – auch vollkommen egal sein, ob die Löhne im Öffi-Sektor steigen oder nicht, sie muss das eh nicht zahlen. Naja, und die vida? Die würde höhere Löhne sicher toll finden! Es sieht also aus, als ob die Aktivistis hier richtig leicht ordentlich was rausschlagen könnten. Wie passt das zusammen mit den Rückmeldungen der Bus-Kollegen, die überhaupt keine Lust auf einen vida-Handzettel von den Klimaaktivistis hatten? Sind unsere ArbeitskollegInnen etwa nur dumme rechte ProletInnen? Sollten die Aktivistis vielleicht mehr Training machen, wie sie mit ArbeiterInnen zu sprechen haben? Warum haben die HacklerInnen nicht schon früher mehr rausgeschlagen?

Wer darauf eine Antwort haben will, muss sich eben noch mit der Politik beschäftigen. Die sitzt bei den Lohnverhandlungen zwar nicht am Tisch, würde aber sicher sofort ihren Einfluss geltend machen, wenn ihr was nicht passt. Und das womöglich sogar mehr auf Seiten der Gewerkschaft als bei der WKO! Denn: Wer zahlt die Öffis? Zuständig ist einmal das Klima-Ministerium: Gewessler (Grüne), dann der/die Verkehrslandesrätin, das wäre in Wien Sima (SPÖ), im Burgenland Dorner (SPÖ), in Niederösterreich Landbauer (FPÖ) und dann kommen noch ein paar Gelder von Gemeindeebene, aber das reicht ja jetzt bis hier um schon recht klar zu erkennen: Eine sozialdemokratische ÖGB-Gewerkschaft wird sicher nicht Herrn Dorners oder Frau Simas Öffis bestreiken! Um einem Mini-Streik von 2 Stunden aus dem Weg zu gehen, haben die ÖBB z.B. das letzte Mal von selbst die Züge stehen lassen: was für ein Theater! Ob Verkehrsministerium oder Verkehrslandesrat, niemand wird sich vor der kommenden Wahl eine große Auseinandersetzung wünschen. Die Politik will ja viel lieber Geld in Neubauten und Verbesserungen stecken, denn dafür gibt es Stimmen bei der Wahl, insbesondere von gebildeten, jungen, urbanen StäderInnen mit Klimaticket.

Es wäre also nötig, sich erst einmal über all die Verflechtungen Gedanken zu machen und dann eine sinnvolle Kampagne mit passendem Ansatz zu starten. Vielleicht könnten hier Erfahrungen von außerhalb des ÖGBs hilfreich sein. Es ist zu befürchten, dass die Klimaaktivistis das nicht getan haben und das lässt überhaupt nichts Gutes erwarten. Viel mehr droht, dass sich die „besonders vom Klimawandel betroffene“ ArbeiterInnenschaft schon bald ziemlich benutzt vorkommen wird. Wenn Klimaaktivistis, die teils noch nicht im Hamsterrad der Lohnarbeit gefangen sind, erst zum ÖGB pilgern, um dann passend zur vida-Kampagne Zettel zu verteilen, wo zufällig exakt das gleiche thematisiert wird, wie in der ORF-Nachrichten von der Gewerkschaft bereits verlautbart wurde. Wenn die Einladungen in whatsapp-Gruppen eh nur dort verteilt werden, wo es schon einen Betriebsrat gibt, dann ist es auch logisch, wenn bald Aktivistis im EU-Parlament usw. sitzen werden. Dieses Spiel ist hinreichend von der Sozialdemokratie bekannt und geht sich für ArbeiterInnen seit über 30 Jahren nicht mehr gewinnbringend aus. Dass die vida jetzt neuerdings in ihrer Kampagne Klimaaktivistis mitspielen lässt, muss nicht heißen, dass die Klimaaktivistis wichtig wären, sondern dass die vida als Organisation ihr Handwerk einfach nur überlegen beherrscht – auch in grün.

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2024/02/29/klimaaktivismus-am-weg-in-den-politischen-sumpf/
(CC: BY)

]]>
Österreich: Streiks und Tarifabschluss in der Metallindustrie https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/12/26/oesterreich-streiks-und-tarifabschluss-in-der-metallindustrie/ Tue, 26 Dec 2023 15:19:28 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1490 Continue reading Österreich: Streiks und Tarifabschluss in der Metallindustrie ]]> Die österreichische Sektion der Internationalen Arbeiter*innen-Assoziation (IAA), das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS), berichtet:

Ursprünglich wollten wir an dieser Stelle eine Solidaritätserklärung mit den Streikenden in der Metallindustrie veröffentlichen. Dann kam die Einigung in den KV-Verhandlungen und wir haben beschlossen, sowohl über die Streiks als auch über das Ergebnis zu schreiben.

Im Zuge der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie wurde anfänglich von der Kapitalseite mit 2,5% ein Scheinangebot gemacht, das eine massive Reallohnsenkung und somit eine Provokation und eine Kampfansage der Arbeitgeber darstellt. Der Hintergrund dieses plötzlichen Klassenkampfs von oben ist die momentan schlechte Auftragslage in vielen, aber nicht allen Betrieben dieser Branche. Die Kollektivvertragsabschlüsse der letzten zehn Jahre wurden vom Kapital vor allem auf Grund voller Auftragsbücher akzeptiert, da Unterbrechungen der Lieferketten durch Streiks befürchtet wurden. Insbesondere die wichtige deutsche Industriekundschaft, deren Zulieferer österreichische Betriebe oft sind, machte Druck, keine langwierigen Verzögerungen zu riskieren. Doch jetzt ist die wirtschaftliche Lage schlecht und die Auftragsbücher leer, weshalb die KapitalistInnen schauen wollen, wie weit sie gehen können und ihnen Streiks gleichzeitig nicht so schaden.

Nachdem die KV-Verhandlungen wegen den oben genannten Umständen erwartbar gescheitert sind, gab es also zwei Wochen lang Streiks (aber nur in den Betrieben mit Betriebsrat, und natürlich unter der Kontrolle des ÖGB-Gewerkschaftsapparates), wobei die ursprüngliche Forderung von ÖGB-Seite 11,6 % mehr Gehalt war.

Am 30. 11. gab es schließlich eine Einigung, wobei aber von ÖGB und Arbeitgeberseite unterschiedliche Zahlen kolportiert wurden, um die jeweils eigene Seite besser aussehen zu lassen. Der ÖGB spricht von 10 % Plus, die Arbeitgeber von durchschnittlich 8,6 %. Es war der ÖGB-Seite dabei wohl wichtig, dass sie am Ende eine zweistellige Zahl präsentieren können. Die niedrigere (und unserer Meinung nach korrekte) Zahl der Arbeitgeber ergibt sich dadurch, dass ab einem Betrag von plus 400 Euro brutto die Lohnerhöhungen gedeckelt sind, das heißt, die höheren Lohngruppen bekommen prozentuell weniger. Diese Prozentsätze beziehen sich aber nur auf die Brutto-Beträge.

Sieht man sich jedoch die Netto-Beträge an, so fallen die Steigerungen geringer aus. Dazu ist folgendes zu sagen: dieser Kollektivvertrag gilt ab 1. 11. 2023 rückwirkend für ein Jahr. Gemäß der Tabelle von Finanzrechner.at sind die Lohnsteigerungen netto mit den diesjährigen Steuerstufen für die untersten Gehaltsgruppen des Metall-KV netto nur bei 7,7 %. Für die anderen Gehaltsstufen ergeben sich ähnliche Werte, das höchste ist 8 %. Diese Werte liegen deutlich unter der Inflation, welche als rollierende Inflation etwa von Juli 2022 bis Juni 2023 9,9 % betragen hat.

Allerdings gelten ab dem Jahr 2024 andere Werte bezüglich der Lohnsteuer, wodurch die Inflation ebenfalls ausgeglichen werden soll. Danach beträgt die Netto-Lohnsteigerung in den unteren Lohngruppen um die 9,9 %, entspricht also der oben angegebenen Inflation. Es ist also erst die Steuerreform, welche dafür sorgt, dass die Netto-Lohnerhöhungen die Inflationsrate ausgleichen.

Es gibt bei all dem aber noch ein besonders übles Detail: es geht in der obigen Darstellung immer nur um die Ist-Löhne, die in der Metallbranche oft über dem Kollektivvertrag liegen. Die KV-Mindestlöhne, die in der Metallbranche praktisch nur LeiharbeiterInnen bekommen, steigen nur um 8,5 % brutto. Es wird also noch mehr als bisher eine Spaltung innerhalb der ArbeiterInnen betrieben, bei der die, die schon jetzt wenig bekommen, in Zukunft noch weniger bekommen werden.

Inflationsrate und Warenkörbe

Es ist aber auch die Frage wichtig, wie die Inflationsrate überhaupt ausgerechnet wird, was fließt mit ein? Die Inflationsrate wird über den Verbraucherpreisindex (VPI) berechnet, der auf dem Großen Warenkorb basiert, der die Produkte enthält, die während eines Jahrs konsumiert werden und deshalb sehr viele verschiedene Produkte und Dienstleistungen usw. enthält, neben Nahrung zum Beispiel auch Kleidung, Möbel, Freizeitgeräte, Restaurants, Hotels und ähnliches.

Im Gegensatz dazu gibt es auch den Mini- und den Mikrowarenkorb, die auf dem wöchentlichen bzw. täglichen Einkauf basieren und dementsprechend viel eher Lebensmittel beinhalten. Und hierbei stellt sich heraus, dass die Inflation etwa im Mikrowarenkorb wesentlich höher ist, sie beträgt im Jahresdurchschnitt 2023 etwa 12 %. Grundnahrungsmittel werden oft viel schneller teurer als zum Beispiel technische Geräte.

Die Teuerung beim täglichen Einkauf  kann also durch den Metaller-KV-Abschluss nicht ausgeglichen werden, d.h. es entsteht ein realer Kaufkraftverlust gerade bei den Ärmsten, die sich viele der Produkte und Dienstleistungen aus dem großen Warenkorb ohnehin nicht mehr leisten können. Und hier in diesem Beispiel geht es sogar um einen KV, in dem traditionell eher hohe Löhne und hohe Lohnsteigerungen zu verzeichnen sind; in praktisch allen anderen Branchen ist dieses Problem natürlich noch größer.

Zudem gibt es sogar noch die Möglichkeit für Ausnahmen: Die durchschnittlich 8,6 % Lohnerhöhung gelten nicht für alle Betriebe. Laut einer Zusatzvereinbarung kann bei Betrieben, die personalintensiv sind und im internationalen Wettbewerb stehen, die Lohnerhöhung bis zu 3 Prozent geringer ausfallen (abgegolten werden kann die geringere Lohnerhöhung in Form von zusätzlicher Freizeit, Fortbildungsmaßnahmen usw.) Gemäß ersten Berichten ist es für etwa ein Viertel der Betriebe möglich, dass die Lohnerhöhung geringer sein wird. Das ist die nicht so schöne Realität hinter der Fassade des ach so tollen zweistelligen Abschlusses.

Leider müssen wir nach dem traditionell guten Metaller-KV-Abschluss damit rechnen, dass die Abschlüsse in anderen Branchen eher darunter als darüber liegen. Ein weiterer Grund, sich basisgewerkschaftlich zu organisieren und gemeinsam zu kämpfen. Denn wenn wir, die ArbeiterInnen das nicht machen, dann macht es niemand anderes!“

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2023/12/23/streiks-in-der-metallindustrie-und-kv-abschluss/

Mehr Texte aus Österreich:
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?s=%C3%96sterreich

]]>
Österreich: Solidarität mit Kindergarten-Streik https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/10/27/oesterreich-solidaritaet-mit-kindergarten-streik/ Fri, 27 Oct 2023 14:04:25 +0000 https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1411 Continue reading Österreich: Solidarität mit Kindergarten-Streik ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) hat sich solidarisch erklärt mit den Betriebsversammlungen, sowie dem Streik in den örtlichen Kindergärten, welche am 24.10. stattfanden:

Solidaritätsnote mit den streikenden KollegInnen der Wiener Kindergärten

Liebe streikende Kolleginnen und Kollegen der Wiener Kindergärten,

Wir sind die anarchistische Basisgewerkschaft Wiener ArbeiterInnen-Syndikat (WAS) – eine Organisation von ArbeiterInnen aus allen Branchen und sonstige Ausgebeutete.

Wir solidarisieren uns mit Euch in Eurem Arbeitskampf und Streik am Dienstag, den 24. Oktober 2023 um bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal!

Leider ist es noch immer strukturell so, dass Pflegearbeit und Pädagogik systematisch unterbezahlt ist, da sie in der Logik des kapitalistischen Systems keinen Mehrwert einbringen. Die Ressourcen sind immer knapp und gleichzeitig gibt es Druck auf die ArbeiterInnen, weiterzuarbeiten, da man ja sonst anderen schaden würde (in diesem Fall den Eltern). Doch der Arbeitskampf ist die einzige Möglichkeit, diese unhaltbaren Zustände zu verbessern, womit allen geholfen wird, auch Kindern und Eltern.

Daher erklären wir uns solidarisch und unterstützen Euren Arbeitskampf und Eure Arbeitsniederlegung.

Solidarische und kämpferische Grüße,

Allgemeines Sekretariat des WAS

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2023/10/24/streik-in-den-kindergarten/

]]>
Österreich: Streik in der Wiener Notaufnahme https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/06/30/oesterreich-streik-in-der-wiener-notaufnahme/ Fri, 30 Jun 2023 11:59:31 +0000 http://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1309 Continue reading Österreich: Streik in der Wiener Notaufnahme ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) erklärt sich solidarisch mit dem Streik der Ärzt*innen in der Notaufnahme der Wilhelminen-Klinik im Stadtteil Ottakring, der für den 30. Juni 2023 geplant ist:

„Es ist sehr positiv, zu sehen, dass auch das Personal im Gesundheitssektor zunehmend gegen Ausbeutung und Überarbeitung kämpft. Zudem zeigen die streikenden Kolleg_innen damit, dass auch in Bereichen wie einer Notaufnahme, ein Arbeitskampf durchaus möglich ist. Im Folgenden geben wir die Solidaritätsnote, die wir an das Streikkomitee geschickt haben, wieder:

Solidaritätsnote zum Streik am 30. Juni 2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Zentralen Notaufnahme der Klinik Ottakring!

Wir sind die anarchistische Basisgewerkschaft Wiener Arbeiter_innen–Syndikat – eine Organisation von Arbeiter_innen aus allen Branchen und sonstige Ausgebeutete. Wir solidarisieren uns mit Euch in Eurem Arbeitkampf und Streik am Freitag, den 30. Juni 2023, um bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal!

Ein Streik in einer Notaufnahme ist ein riesiger Schritt nach vorne in Bezug auf Arbeitkämpfe im Gesundheits– und Sozialbereich. Denn Notaufnahmen gelten in unserer Vorstellung als letzer Bereich, in dem gestreikt werden sollte. Im ganzen Sozial– und Gesundheitsbereich gelten Streiks viel zu oft als nicht möglich, da angelblich Patient_innen bzw. Klient_innen gefährdet seien. Dabei wird ein Schaden bei unseren Patient_innen bzw. Klient_innen und auch ein fehlender Rückhalt von deren Seite und von der Öffentlichkeit befürchtet. Deswegen haben wir so schlechte Arbeitsbedingungen in diesen Branchen, da wir beim Kämpfen zu zögerlich sind.

Alle, die schon einmal vier Stunden auf der Notaufnahme des Wilhelminenspitals mit Schmerzen gewartet haben und dann mit einer Fehldiagnose nach Hause geschickt worden sind, wissen nur zu gut, wie wichtig gute Arbeitsbedingungen und ausreichend Personal in einer Notaufnahme sind, damit Ihr Eure Arbeit gut machen könnt und Patient_innen ausreichend und gut versorgt werden können.

Dieser Arbeitskampf ist daher sowohl für die Gesundheit von uns als (potentielle) Patient_innen, als auch für Eure Gesundheit wichtig.

Euer Streik hat eine wichtige Vorbildwirkung für uns Kolleg_innen im gesamten Gesundheits– und Sozialbereich.

Daher erklären wir uns solidarisch mit Euch und unterstützen Euren Arbeitskampf und Eure Arbeitsniederlegung!

Mit kämpferischen Grüßen,

Allgemeines Sekretariat der Gewerkschaft Wiener Arbeiter_innen–Syndikat“

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2023/06/29/streik-in-der-notaufnahme/


Weitere Infos:
WAS-Solidaritätsnote als PDF
Presseerklärung des Streikkomitees (OTS.at)

]]>
Österreich: Arbeitszeit, Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/06/06/oesterreich-arbeitszeit-arbeitsbereitschaft-und-rufbereitschaft/ Tue, 06 Jun 2023 11:26:07 +0000 http://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1290 Continue reading Österreich: Arbeitszeit, Arbeitsbereitschaft und Rufbereitschaft ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) informiert über die Gesetzeslage in Österreich im Bezug auf das Eindringen der Bosse in deine Freizeit:

Immer wieder sind wir als Gewerkschaft damit konfrontiert, dass ArbeiterInnen bspw. in ihrer Freizeit angerufen werden, um kurzfristig in der Arbeit zu erscheinen. Oder etwa, dass gesetzliche Ruhepausen nicht eingehalten werden. Deshalb gibt es im Folgenden eine kleine Begriffserklärung, wozu UnternehmerInnen verpflichtet sind, bzw. was extra bezahlt werden muss.

Gemäß Arbeitszeitgesetz (AZG) § 2 Absatz 1 ist Arbeitszeit „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“. Wir kennen allerdings den Fall einer Firma, wo den MitarbeiterInnen gesagt wurde, dass sie „zwischendurch, wenn nichts los ist, mal Pause machen und etwas essen können“. Dabei müssen sie allerdings am Arbeitsplatz bleiben und immer bereit sein, wenn Arbeit anfällt.

Jedoch muss es gemäß AZG § 11 Absatz 1 nach 6 Stunden Arbeitszeit eine Pause von mindestens einer halben Stunde geben. Diese Pause ist wiederum darüber definiert, dass sie frei von Arbeit ist. (vgl. auch Löschnigg S. 448.) Und Pausen müssen nicht nur frei von Arbeit sein, sondern auch „ihrer Lage nach für den Arbeitnehmer vorhersehbar“ sein, d.h. nicht abhängig von einer Kundenfrequenz (vgl. Entscheidung des OGH vom 30. 1. 2018). Zudem muss die Pause echte Freizeit sein, d.h. der Arbeitnehmer muss über diese Zeit frei verfügen können (vgl. ebenda). Das betrifft auch den Aufenthaltsort in der Pause.

In dem beschriebenen Fall liegt Arbeitsbereitschaft vor, die aber Teil der Arbeitszeit ist (vgl. AZG § 5). Arbeitsbereitschaft ist die Pflicht, am Arbeitsplatz zu sein und bereit zu sein, wenn Arbeit anfällt, und wird grundsätzlich wie Normalarbeitszeit entlohnt (außer, der Kollektivvertrag oder Arbeitsvertrag enthalten abweichende Regelungen, vgl. Heilegger, Arbeitsrechtliche Bewertung von Bereitschaftszeiten sowie Entscheidung des OGH vom 30. 3. 2011). Die Praxis der Firma im oben genannte Fall war somit illegal.

In anderen Fällen wurden KollegInnen immer wieder in ihrer Freizeit angerufen und kurzfristig zu Diensten eingeteilt. Dies ist jedoch Rufbereitschaft. Rufbereitschaft beschreibt, dass der/die ArbeitnehmerIn zwar seinen/ihren Aufenthaltsort frei wählen kann, aber für den Arbeitgeber erreichbar sein muss und, wenn er/sie kontaktiert wird, dann zur Arbeit erscheinen muss.

Rufbereitschaft darf nur an zehn Tagen im Monat bzw., wenn der Kollektivvertrag es erlaubt, an 30 Tagen in 3 Monaten (vgl. AZG § 20a Absatz 1) vereinbart werden. Prinzipiell müssen zudem die Dienstpläne für eine Woche mindestens zwei Wochen davor feststehen (vgl. AZG § 19c Absatz 2). Laufend angerufen zu werden und neue Dienste zugewiesen zu bekommen, die weniger als zwei Wochen in der Zukunft liegen, ist somit Rufbereitschaft, die allerdings bei den erwähnten Fällen weder vereinbart noch bezahlt wurde.

Rufbereitschaft gehört zwar nicht zur Arbeitszeit, muss aber zwischen Arbeitgeber und ArbeitnehmerIn vereinbart werden. Die Bezahlung von Rufbereitschaft ist leider nicht einheitlich geregelt, doch ist es gemäß dem Rechtssatz RS0021688 so, dass „der Dienstgeber, der die Rufbereitschaft verlangt, (…) wenigstens zum Teil von der Arbeitskraft des Dienstnehmers Gebrauch“ macht. Deshalb kann die „Zahlung eines Entgelts bei Rufbereitschaft (…) dem Dienstnehmer nicht (…) versagt werden“.

Die Entlohnung von Rufbereitschaft kann allerdings in den einzelnen Kollektivverträgen geregelt werden und beträgt generell weniger als der normale Stundenlohn. Es wäre also im Einzelnen zu eruieren, was die für die Tätigkeit üblichen Stundensätze für Rufbereitschaft sind. Das auch Rufbereitschaft extra bezahlt werden muss, ist jedoch unstrittig!

Es ist normaler Teil des kapitalistischen Systems, in dem wir gezwungen sind zu leben, dass die KapitalistInnen versuchen auch unsere Freizeit und unsere kleinen Arbeitspausen auszuhöhlen und auch unser Privatleben zu kolonisieren, wodurch die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit mehr und mehr verschwimmen. Diese nicht nur finanziell, sondern auch psychisch belastenden Entwicklungen wurden durch den Corona-Ausnahmezustand und die Verlagerung von Lohnarbeit in Homeoffice, Videokonferenzen etc. nochmals verschärft.

Arbeitsrecht ist einerseits ein Herrschaftsinstrument, so wie jedes Recht. Andererseits gibt es in Österreich viele von den ArbeiterInnen erkämpfte Rechte, die nur einfach kaum bekannt sind und in der Praxis von vielen UnternehmerInnen ignoriert werden. Es ist also unsere Aufgabe als Ausgebeutete, sich einerseits dieses Wissen anzueignen, und sich andererseits zu organisieren und sich von den Bossen nicht mehr alles gefallen zu lassen. Zumal wenn das Arbeitsrecht eigentlich sogar in diesen Fällen auf unserer Seite ist.

Quelle:
https://wiensyndikat.wordpress.com/2023/05/30/arbeitszeit-arbeitsbereitschaft-und-rufbereitschaft/

]]>
Slowakei: Feier zu 100 Jahren IAA https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2023/03/09/slowakei-feier-zu-100-jahren-iaa/ Thu, 09 Mar 2023 11:07:08 +0000 http://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1243 Continue reading Slowakei: Feier zu 100 Jahren IAA ]]> Die Basisgewerkschaft Priama Akcia (PA) berichtet über eine Veranstaltung zur Geschichte der Internationalen Arbeiter*innen Assoziation in Bratislawa:

Es war nicht einfach eine Veranstaltung zu organisieren mit internationaler Beteiligung und komplett neuen Sachen, die vorbereitet werden mussten (Präsentation der IAA-Geschichte, Ausstellung zur Geschichte der PA), doch unsere Eindrücke sind überwiegend positiv. Vor allem, weil auch andere Leute in die Vorbereitungen einbezogen waren, dank vorheriger Diskussionen und Planungen auf unseren offenen Treffen.

Veranstaltungsankündigungen auf der Straße und im Internet, Übersetzungen, Moderation, graphische und physische Vorbereitung der Ausstellung und Poster, Raumdekoration, Unterbringung der Delegationen, Abzeichenherstellung, vegane Köstlichkeiten – die meisten dieser Sachen wurden von Leuten erledigt, die keine Mitglieder unserer Gewerkschaft sind. Es war toll, so viel Eigeninitiatve und gegenseitige Hilfe zu sehen. Vielen Dank!

Obwohl wir eine Menge über die Geschichte und Gegenwart der IAA wissen, waren die Diskussionen bereichernd, unterstützt durch interessatne Fragen aus dem Publikum. Unser Dank geht an die Delegationen aus Österreich, Polen, Irland und dem Vereinigten Königreich, welche beispielsweise daüber gesprochen haben, wie sie mit den Ideen des Anarchosyndikalismus in Kontakt gekommen sind und warum diese in ihrem Leben aus praktischer Sicht sinnvoll sind. Auch unterschiedliches Vorgehen bezüglich der Gewerkschaftsmitgliedschaft wurde diskutiert, sowie die Stärken und Schwächen verschiedener Gewerkschaften. Darunter Fragen, wie die Veränderungen in der IAA während der letzten Jahre, die Situation von Frauen und das Organisieren mit migrantischen Arbeiter*innen.

Eine Jahrhundertfeier mit einem vergleichbaren Programm ist für den 1. April in Košice im Osten der Slowakei geplant. Dann werden wir wieder die IAA-Generalsekretärin aus Polen treffen und es werden Gäste erwartet von Delegationen aus dem Vereinigten Königreich (Solidarity Federation) und aus Österreich (Wiener Arbeiter*innen-Syndikat).

Priama Akcia (PA-IAA)

Quelle:
https://www.priamaakcia.sk/Impressions-from-the-100-Years-of-the-IWA-AIT-event-in-Bratislava.html

Übersetzung:
Anarcho-Syndikalistisches Netzwerk – ASN Köln, https://asnkoeln.wordpress.com/
(CC: BY-NCC)

]]>
Österreich: Wohnmobil-Verleih versuchte Kollegen auf zwei Monatsgehälter zu klagen https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/12/22/oesterreich-wohnmobil-verleih-versuchte-kollegen-auf-zwei-monatsgehaelter-zu-klagen/ Wed, 21 Dec 2022 23:17:37 +0000 http://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1209 Continue reading Österreich: Wohnmobil-Verleih versuchte Kollegen auf zwei Monatsgehälter zu klagen ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat (WAS-IAA) berichtet, dass die Klage mit ihrer Unterstützung eingestellt wurde:

Der Wiener Campingmobil-Verleih „Camperea“ wurde vor rund drei Jahren vom jetzigen Chef der Firma übernommen. Zusätzlich ist dieser Besitzer eines Tonstudios („Audiowien“) sowie einer Werbeagentur. Im Sommer 2021 hat unser Kollege für vier Monate dort geringfügig gearbeitet.

Während der Arbeitszeit kam es bei einer Fahrt zur Waschanlage leider zu einer Beschädigung eines Wohnmobils. Daraufhin versuchte der Firmenbesitzer einen Teil des Vollkasko-Selbstbehalts vom Kollegen zurückzufordern. Jedoch gilt in Österreich das sogenannte Dienstnehmerhaftpflichtgesetz (DHG).  Darin steht: „Für eine entschuldbare Fehlleistung haftet der Dienstnehmer nicht.“ Heißt: Chefs dürfen von Arbeiter:innen nichts verlangen, solange diese nicht fahrlässig gehandelt haben. Was in diesem Fall noch dazugekommen ist: Autofahren war kein Teil der Dienstverpflichtung. Erst nach rund einem Monat wurde dies auf einmal per Dienstanweisung doch zur Aufgabe erklärt.

Viel zu wenige Arbeiter:innen wissen, dass sie grundsätzlich nicht schadenersatzpflichtig sind, solange ein Schaden während der Arbeitszeit nicht fahrlässig oder gar mutwillig herbeigeführt worden ist! Chefs versuchen jedoch immer wieder Geld von Lohnabhängigen zu bekommen.

Für uns als WAS war dieser Fall besonders wichtig, da er so exemplarisch für die Einschüchterungsversuche und Geldforderungen an die finanziell Schwächsten steht. Chefitäten verlangen viel zu oft, entgegen dem geltenden Gesetz, einen Schadenersatz. Dabei versuchen sie sich oft noch als „gütig“ zu präsentieren, indem sie eh nicht den ganzen Schaden einfordern. Dies passierte in diesem Fall einem Menschen gegenüber, der unter der Geringfügigkeitsgrenze schuftet und nicht einmal über eine Sozialversicherung in Österreich verfügt (weshalb auch die Arbeiterkammer wieder `mal nicht helfen wollte). Der Firmenbesitzer „übergibt den Fall halt der Petra“. Petra ist vermutlich eine Partnerin in der vertretenden Kanzlei, einer größeren Rechtsanwaltskanzlei im 1. Bezirk, mit der er per Du ist.

Obwohl wir die ausführende Anwältin dieser Kanzlei über die falsche Anschuldigung von Fahrlässigkeit umfassend aufgeklärt haben, wurde beim Arbeitsgericht eine Mahnklage gegen unseren Kollegen eingebracht. Und zwar mit bewusst falschen Behauptungen. Mit Anwaltskosten für den Brief wollten sie auch gleich einmal fast zwei Monatsgehälter einklagen. Man kann‘s ja mal versuchen, nach dem Motto „der Durchschnittshackler knickt schon ein, wenn er einen Anwaltsbrief oder spätestens wenn er eine Mahnklage vom Gericht bekommt“ – oder wie sollen wir das verstehen?

Wir betrachten diesen Fall als richtig plakativ für die fortwährenden Angriffe auf die Arbeiter:innenklasse und haben uns entschlossen, uns gemeinsam dagegen zu wehren. Deshalb hat sich das WAS auch dazu entschieden drauf zuschauen, dass er jedenfalls vor Gericht, gegebenenfalls auch in höheren Instanzen, gewonnen wird. Wir haben auch vereinbart, uns nicht auf einem faulen Kompromiss einzulassen. Dies erreichen wir grundsätzlich, indem wir die finanzielle Gefahr auf möglichst viele Schultern verteilen. Durch solidarisches Geld zusammenwerfen entschärfen wir das Bedrohungspotenzial des „noch größeren finanziellem Schadens, wenn man versucht, sich zu wehren“, welches viele Unternehmer:innen bewusst einsetzen.

Im ersten Halbjahr 2022 kam es dann auch zur vorbereitenden Tagsatzung vor dem Arbeitsgericht. Das Verhalten der Anwältin von Camperea vor Gericht war dann jedoch dermaßen unprofessionell, dass wir so etwas grundsätzlich nicht für möglich gehalten hätten und uns ernsthaft gefragt haben, warum die Richterin sich so etwas bieten lässt. Hauptsächlich hat sie im Smartphone herum gewischt und im Internet den anzuwendenden Kollektivvertrag gesucht. Alle paar Minuten hat sie dann gerufen, dass sie ihn gefunden hätte und wurde von der Richterin immer wieder darauf hingewiesen, dass dies der Falsche sei, beispielsweise Jener vom Jahr 2020 und nicht `21, oder der für Angestellte und nicht für Arbeiter:innen, …

Der vorläufige Abschluss der Tagsatzung war dann, dass vermutlich die drei-monatige Frist für Klagseinbringungen gilt. Vor einiger Zeit kam dann auch die Information vom Gericht, dass dies tatsächlich zutrifft. Der Chef hätte die Klage innerhalb von drei Monaten einbringen müssen, hat sie aber erst kurz vor Ablauf der sonst gängigen Sechs-Monatsfrist eingebracht. Die Klage wurde daher endgültig eingestellt. Unser Kollege muss nichts bezahlen.

Wir vom WAS hätten uns in diesem Fall eigentlich ein Urteil gewünscht. Speziell da Camperea für die Kundschaft – um nur elf Euro täglich – auch Zusatzversicherungen verkauft, mit denen der Selbstbehalt bei Vollkaskoversicherungen auf null reduziert wird, diese aber zur Kostenminimierung selbst nicht nutzt. Obwohl Firmen eigentlich dazu „verpflichtet“ sind, den bestmöglichen Versicherungsschutz abzuschließen, hat dieser Chef versucht das unternehmerische Risiko auf einen Geringfügig Beschäftigten abzuwälzen.

Dass wir dafür sorgen werden, dass dieser Versuch nicht von Erfolg gekrönt sein wird, haben wir schon in unserer initialen Korrespondenz mit Camperea im Sommer 2021 artikuliert. Dass die Klage jetzt sogar komplett eingestellt wurde, zeigt wieder einmal sehr anschaulich, dass es immer sinnvoll ist, sich gemeinsam zu wehren!

Artikel veröffentlicht auf dem WAS-Blog am 15. 12. 2022
https://wiensyndikat.wordpress.com/2022/12/15/wohnmobil-verleih-versuchte-kollegen-auf-zwei-monatsgehalter-zu-klagen/

]]>
Österreich: Union Busting beim Cafe Gagarin https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/08/15/oesterreich-union-busting-beim-cafe-gagarin/ Mon, 15 Aug 2022 16:27:43 +0000 http://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/?p=1113 Continue reading Österreich: Union Busting beim Cafe Gagarin ]]> Das Wiener Arbeiter*innen-Syndikat berichtet über die aktuellen Entwicklungen im Arbeitskampf beim „Cafe Gagarin“:

Wie der Versuch, im Kapitalismus einen Kollektivbetrieb aufzuziehen, zu  antigewerkschaftlichen Aktionen falsch abgebogen ist

Der angebliche Kollektivbetrieb Cafe Gagarin hat anscheinend ein Händchen dafür, den derzeitigen Arbeitskonflikt mit dem WAS weiter sinnlos zu eskalieren, anstatt unsere ausgestreckte Hand zu ergreifen und Schritte zu einer gütlichen Lösung zu setzen. Dieser Tage versteigen sie sich sogar dazu, von uns eine Löschung aller Informationen und Postings sowie die Einstellung aller Kundgebungen per Anwaltsschreiben zu verlangen. Sollten wir bis zum 26. August diesem Zensurversuch und der Einschränkung der Versammlungsfreiheit nicht entsprechen, wollen sie das WAS gerichtlich klagen und stellen Zitat ‚erheblichen Kosten‘ für uns in den Raum, …

Gut, beginnen wir mit einem Kurzbericht zu diesem fünfseitigen Anwaltsschreiben. Letzte Woche, am 5. August, empfing das WAS dieses per E-Mail, ein eingeschriebener Brief folgt angeblich noch. Ein eigentlich als links einzustufender Anwalt hat in seinem Schreiben offenbar keine Hemmungen, antigewerkschaftlich zu argumentieren. Etliche Unwahrheiten des Gagarins in Bezug auf die arbeitsrechtlichen Zustände dort werden einfach erneut behauptet. Motto ‚alles richtig gemacht‘. Unsere Genossin hätte absolut keinerlei Ansprüche, alles wurde korrekt abgerechnet. Jegliche Mißstände in den Lohn- und Stundenabrechnungen werden negiert. Darüber hinaus wird unsere Geltendmachung der offenen Lohnansprüche (welche wir Ende Juli offiziell an die Geschäftsführung geschickt haben) – entgegen höchstgerichtlicher Entscheidungen – fälschlicherweise für ungültig erklärt.

Als ob das nicht genug wäre, wird zudem eine Zensur unserer Veröffentlichungen zum Gagarin-Arbeitskonflikt gefordert sowie die Unterlassung ’störender Aktionen‘, womit also die Versammlungsfreiheit (für den lustigen Anwalt: diese steht in Verfassungsrang) versucht wird einzuschränken und es wird mit gerichtlichen und somit finanziell aufwendigen Konsequenzen gedroht, falls wir am 26. August nicht alles gelöscht haben.

Zum Leidwesen des Gagarins ist das ganze Anwaltsschreiben rechtlich weitgehend dilettantisch, was wir dem Anwalt auch bereits mitgeteilt haben, und unhaltbar. Beispielsweise wird behauptet, unsere Genossin hätte auf Sonderzahlungen ‚freiwillig verzichtet‘. Hui – das wäre ein Fressen für alle KapitalistInnen in Österreich, wenn man Kollektivverträge mit ‚freiwilligem Verzicht‘ außer Kraft setzen könnte. Rechtlich wäre sowas natürlich sittenwidrig. Diese Episode zeigt aber sehr schön, warum der ganze Gagarin-Konflikt schon prinzipiell notwendig ist und worin die gesamtgesellschaftliche Gefahr besteht.

Darüber hinaus ist der Brief so schlecht, daß er in einigen Bereichen den bisherigen Aussagen des Gagarins widerspricht, und sogar Dinge offenlegt, die recht heftige Unwahrheiten beweisen. Diese Schmankerln heben wir uns aber für den Fall auf, daß tatsächlich jemand so dumm sein sollte, das WAS auf Unterlassungen jedweder Art zu klagen.

Für das WAS ist das ‚Bedrohungspotential‘ des Anwaltsschreibens jedenfalls gegen null gehend. Unorganisierte und unerfahrene ArbeiterInnen könnten sich aber von solchen Worten vermutlich schon einschüchtern lassen.

Der Anwaltsbrief bestärkt jedenfalls unsere Bewertung, daß im Gagarin die Nerven blank liegen und der vermeintliche Kollektivbetrieb inzwischen beim Union Busting, also der Anwendung von Methoden zur Behinderung gewerkschaftlicher Tätigkeit und Organisierung, angelangt ist. Ironie des Schicksals, daß uns dies nach 20-jährigem Wirken in Wien nun von ‚Linken‘ erstmals angedroht wird, oder logische Konsequenz von autonomen Weltbildern? Daher möchten wir jedenfalls an dieser Stelle zwei weitere Vorfälle veröffentlichen, die erste Anzeichen von Union Busting dargestellt haben. […]“

Den ganzen Artikel gibt’s auf dem WAS-Blog:
Gossip Deluxe – oder Gagarin goes Union Busting
https://wiensyndikat.wordpress.com/2022/08/12/gossip-deluxe-oder-gagarin-goes-union-busting/

Mehr Infos dazu:
Österreich: Arbeitskämpfe in Wiener Bäckerei und Cafe
https://anarchosyndikalismus.blackblogs.org/2022/05/19/oesterreich-arbeitskaempfe-in-wiener-baeckerei-und-cafe/

]]>