Reden – anna ruhtra https://annaruhtra.blackblogs.org kritik. antifa. marxismus. Thu, 01 Feb 2024 11:08:32 +0000 en-GB hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 8 März – Legt die Arbeit nieder! https://annaruhtra.blackblogs.org/2023/03/17/8-marz-legt-die-arbeit-nieder/ Fri, 17 Mar 2023 08:31:13 +0000 http://annaruhtra.blackblogs.org/?p=25 Verdanken können wir den feministischen Kampftag Clara Zetkin, einer deutschen Kommunistin, die sich nach amerikanischer Inspiration für die Umsetzung hier einsetzte – am 19. März 1911 gab es dann den ersten Frauentag: damals kämpfte man noch um das Wahlrecht, aber auch um die Emanzipation der Arbeiterinnen. Für diese ist seit dem Beschluss der „Zweiten Internationalen Konferenz kommunistischer Frauen“ seit 1921 der 8. März bis heute der Tag des Streikes. Denn am 8. März 1917 (nach julianischen Kalender) waren es Frauen als Arbeiterinnen, Bäuerinnen und Ehefrauen, die in Petrograd auf die Straße gingen und die Februarrevolution auslösten. Wenn wir also über den 8. März reden, betiteln wir ein kommunistisches Erbe, ein Erbe, das im Nazi-Regime verboten war und in Muttertage verwandelt wurde, ein Erbe, das danach von sozialistischen Stimmen wieder zum Leben erweckt wurde: Als eine pazifistische Selbstbespaßung, als Tag, an dem der Chef den Mitarbeiterinnen Rosen überreicht. Wir verfehlen auch heute den Zweck des feministischen Kampftages, da auch heute zwar wichtige Forderungen gestellt werden – wie etwa die sexuelle Selbstbestimmung, das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche, gleicher Lohn, ein Ende der Femizide, ein Ende der Diskriminierung von Geschlechtern und ein Ende von rassistisch-sexistischer Diskriminierung – aber wir müssen auch die Forderung nach einem neuen System stellen. Das momentane System der männlichen Herrschaft – wir nennen es Patriarchat – und das momentane Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell – wir nennen es Kapitalismus – sind Kern und Ursprung unserer Unterdrückung. Wenn wir eine Freiheit der Frau und Queers wollen – und das nehme ich hier mal an – dann bedeutet das die Abschaffung der Ehe, ein Bruch des Familienkonzepts, es bedeutet aber auch das Überwinden des Kapitalismus. Das Recht der Frau auf Arbeit, ist zwar die finanzielle Befreiung vom Mann, aber zeitgleich seine Konkurrenz – Clara Zetkin schrieb „Der Kapitalist spekulierte auf diese beiden Momente: die Arbeiterin so schlecht wie möglich zu entlohnen und den Lohn der Männer durch diese Konkurrenz so stark wie möglich herabzudrücken. In gleicher Weise machte es […] Arbeit der Maschinen, um die menschliche Arbeitskraft überhaupt herabzudrücken. Das kapitalistische System allein ist die Ursache, daß die Frauenarbeit die ihrer natürlichen Tendenz gerade entgegengesetzten Resultate hat; daß sie zu einer längeren Dauer des Arbeitstages führt, anstatt eine wesentliche Verkürzung zu bewirken.“ Dieses Beispiel soll nicht an Frauen appellieren nicht zu arbeiten und sich in Abhängigkeit eines Mannes zu stellen, es soll uns erinnern, dass unsere bisherigen Errungenschaften keine Freiheit brachten und zwar keinem Geschlecht, und dass alle Zugeständnisse in diesem System nur diese sein werden, die dem System nutzen, es sind nur die Zugeständnisse, die der Unterdrückung aller dienen. Lasst uns erkennen, dass die Emanzipation der Frau und aller anderen Geschlechter hier und heute gefordert werden muss aber auch als permanenter Kampf gegen den Kapitalismus geschehen muss. Wir sagen oft, dass in dieser Welt Profite über Menschenleben stehen, und wenn wir das sagen, dann meinen wir damit eine Menge furchtbarer Dinge, wir meinen die Ausbeutung der sogenannten armen Länder, wir meinen Abschiebungen von Geflüchteten, zu niedriges Arbeitslosengeld, Überstunden im Job und Kriege aufgrund finanzieller Ziele. Aber was wir auch meinen müssen, ist das Profite über Frauenleben stehen – denn es sind Näherinnen in Bangladesch, es sind Krankenpflegerinnen in unseren Krankenhäusern, es sind allein-erziehende Mütter, die nicht arbeiten können und es sind osteuropäische oder schwarze Frauen, die unsere Häuser putzen. Und das tun sie als Lohnarbeit aber auch in ihrer sogenannten Freizeit. Denn es sind Frauen, die als Mütter und Ehefrauen, sich um Männer und Kinder kümmern, die den Haushalt schmeißen und Großeltern pflegen – die Geschlechterrollen sind auch 2022 nicht aufgebrochen – Care-Arbeit ist und bleibt ein weibliches Phänomen. Um der Welt zu zeigen, dass sie auf unseren Rücken steht, um unsere Lohnarbeit aber auch die CareArbeit nicht weiter unsichtbar zu lassen, müssen wir heute aufhören die Welt zu tragen – der 8. März muss nicht nur Analysen liefern, sondern auch streiken. Er muss der Welt zeigen: Ohne uns steht alles still. Egal ob wir heute nicht pflegen, nicht putzen, nicht nähen, nicht programmieren, nicht kochen, nicht forschen oder nicht unterrichten. Dieser Tag gilt der Emanzipation dieser Welt, es gilt sich zu bestärken, zu formieren und in Zukunft zu erkämpfen, was einem zusteht. Das ist mehr als Rosen, das ist mehr als Mindestlohn und mehr als Klatschen am Balkon. Hier darüber reden zu können, ist ein Privileg, aber lasst uns Taten darauf folgen lassen. Die Freiheit wird uns nicht gegeben, wir müssen sie uns erkämpfen! Und um mit Clara Zetkins Worten zu enden: “Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: [Jetzt] erst recht!”

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Keine Weniger! – Was ist ein Femizid? https://annaruhtra.blackblogs.org/2023/03/17/keine-weniger-was-ist-ein-femizid/ Fri, 17 Mar 2023 08:28:43 +0000 http://annaruhtra.blackblogs.org/?p=23 Rede

„Ein Familiendrama, ein eskalierter Partnerschaftsstreit, ein Mann schlägt betrunken seine Frau tot.“ Egal ob sprachlich, journalistisch oder juristisch – das Morden an Frauen wird permanent relativiert. Aber es ist kein Einzelfall, es ist nicht ein „unglücklicher Ehemann“. Es ist die absolute Zuspitzung einer patriarchalen Gewalt und der Machtposition von Männern. Eine Frau zu ermorden, weil sie eine Frau ist. Das ist ein Femizid. Nicht mehr und nicht weniger. Es ist Hass gegen Frauen, es ist Gewalt, es ist Mord an einem Geschlecht. Dafür gibt es keine Erklärung wie sie hätte Schande über die Familie gebracht, sie sei schwanger gewesen, sie sei minderwertig wegen ihrer Herkunft, sie sei ihren Aufgaben im Haus nicht nachgekommen, sie sei einem anderen Mann zu nahegekommen, sie sei lesbisch gewesen, sie sei nicht mehr an ihm interessiert gewesen, sie hätte sich trennen wollen. Es gibt nur eine Erklärung: Frauenhass. 2018 gab es 142 Partnerschaftsmorde in Deutschland, 83% der Toten waren Frauen, das bedeutet alle 79 stunden passiert in Deutschland ein Femizid. 50.000 Frauen wurden 2017 weltweit aufgrund ihres Geschlechts ermordet – das sind 137 Frauen pro Tag weniger auf diesem Planeten wegen Frauenhass. Also nein, es ist nicht ein Betrunkener, ein Eifersüchtiger, der nette Typ von nebenan der einmal durchdreht. Es hat System, es hat einen Kern und der heißt Patriarchat. Aber nicht nur die Berichterstattung und unser sprachlicher Umgang ist falsch. Auch die juristische Verfolgung. Anstatt Femizid als eigenen Tatbestand zu handhaben, als das was es ist, geschieht eine Einteilung in Mord und Totschlag. Der Mord ist als etwas geplantes definiert, etwas was nicht greift, wenn Männer Frauen im Effekt, oder gar betrunken ermorden. Mit dem Urteil des Totschlags erwartet Männer eine niedrigere Haftstrafe und das Hinrichten von Frauen in diesem Land wird relativiert. Argumente der Verteidigung der Mann hätte sich ja auch selbst mit dem Verlust der Frau geschadet, er hätte sich damit selbst weh getan, rücken die tat in ein anderes Licht, in ein Licht des Mitleids gegenüber dem Täter. Es wird deutlich was die Frau hier und immer ist: Ein Eigentum, eine untergeordnete Position, eine Rolle die Aufgaben zu erfüllen hat, und etwas das man loswerden darf, wenn sie dem nicht nachkommt. Eine Bedienerin, eine Sorgekraft, eine Last und eine Leiche. Frauen werden ermordet und Männer kommen mit Totschlag verharmlost davon. Und der Staat schaut zu, Frauen werden nicht genug geschützt, auch Deutschland erfüllt die Ansprüche der unterzeichneten Istanbul-Konvention für Prävention und Verfolgung von Gewalt an Frauen nicht. 14.600 Plätze in Frauenhäusern fehlen, nur zwei Bundesländer erfüllen den Maßstab, oft finanziert durch freiwillige Leistungen. Es fehlt ein rechtlicher Anspruch, Frauen deren Aufenthaltsstatus von einem Mann abhängt, haben keinen; jede vierte Frau wird vom Frauenhaus abgewiesen, der gefährlichste Ort auf der Welt für eine Frau, ist ihr eigenes Zuhause. Das Fazit kann nur eines bedeuten: Es ist kein Familiendrama, es ist kein eskalierter Partnerschaftsstreit. Es ist ein Versagen, es ist ein Wegschauen und es ist ein System. Es ist Männlichkeit in all seiner Tiefe: Es sind Werte wie Macht, Gewaltbereitschaft, Überlegenheit, Stärke, Loyalität und das klare Abgrenzen von „dem anderen Geschlecht“. Es ist sich früh von seiner Mutter abnabeln, sich kühl und emotionslos von dem Geschlecht distanzieren, nur von ihm zu profitieren und Anspruch auf das Geschlecht erheben zu können. Männlichkeit kann eine Todesursache werden. Also lasst sie uns in allen gefährlichen Auswüchsen bekämpfen.

Hilfe-Telefon: 0800 116016

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“Häusliche Gewalt” https://annaruhtra.blackblogs.org/2023/03/17/hausliche-gewalt/ Fri, 17 Mar 2023 08:26:18 +0000 http://annaruhtra.blackblogs.org/?p=21 Ich habe mir überlegt in dieser Rede etwas Persönliches zu erzählen, um zu veranschaulichen, dass jede Person von häuslicher Gewalt betroffen sein kann. Wenn wir über häusliche Gewalt reden oder generell Unterdrückung von FINT Personen in Beziehungen, haben viele Menschen ein sehr bestimmtes Bild im Kopf: Eine scheiternde Ehe mit plus/minus drei Kindern, ein migrantischer Hintergrund, der Vater trägt meistens eine Vodka-Flasche, die Frau ein Kopftuch. Dieses rassistische Bild gilt es aufzubrechen, Gewalt an Frauen hat keine Herkunft, keine Religion, keinen finanziellen oder Bildungs-Status. Es ist ein grundlegendes Problem fern von Klasse oder Region. Ein Klima, dass Männern erlaubt übergriffig gegenüber FINT-Personen zu sein, herrscht überall und ist allgegenwärtig. 2019 wurden in Deutschland 115.000 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt, darunter auch zahlreiche sexualisierte Übergriffe, 301 Frauen wurden von ihrem Partner oder Expartner allein 2019 ermordet. Gewalt gegen Frauen ist in Deutschland bitterer Alltag und jetzt zu denken „ja, aber nicht in meinem Umfeld“ bedeutet die Augen vor dem Problem zu verschließen, bedeutet wegzuschauen und den Sexismus weiter zu leugnen. Wenn wir hier und heute über Gewalt an FINT-Personen reden, dann kann das ganz unterschiedliche Sachen bedeuten. Es kann bedeuten, dass ich mich seit meinem 14 Lebensjahr daran gewöhnen musste, von fremden Männern angegrapscht zu werden, es bedeutet, dass ich Jahre lang von Familienangehörigen geschlagen wurde, es bedeutet, dass ich schon sexualisierte Handlungen ohne mein Einverständnis erfahren habe, und es bedeutet, dass ich als ich 18 war, von meinem damaligen Partner in einer Jugendkneipe am Hals gepackt wurde, er zudrückte, mich auf den Boden drückte und ignorierte, dass ich ihn bat loszulassen weil ich Schmerzen und Angst hatte, es bedeutet, dass ich in dieser Position war, bis sein bester Freund dazwischen ging. Aber es war nicht ganz plötzlich, dass die Gewalt, die es angeblich nur in RTL-Sendungen gibt in meiner Realität angekommen war, Jahre lang war ich darauf vorbereitet worden, dass genau so das Leben als Frau aussehen würde. Sich nicht wehren zu können, hoffen zu können, dass wenn wieder ein Mann in meinem Leben durchdreht, irgendein Zufall ihn davon abbringt mir weiter wehzutun. Es kostete mich Wochen, den Mut aufzubringen ihn auf diese Situation anzusprechen, er ist der einzige Mensch in meinem Leben, bei dem ich jemals bereit war, ihn zu konfrontieren, nur um zu hören, dass er sich nicht daran erinnert. Ich fing an es auch auszublenden, das Leben ging weiter, niemand erfuhr von dem was geschehen war. Erst Jahre später wurde mir klar, ich muss das Schweigen brechen, es ist kein Partnerschaftsstreit, es ist kein Familiendrama – das Ganze hat System und ich darf nach einem solchen Vorfall nicht Normalität einkehren lassen, denn das darf keine Normalität sein. Doch für viele Frauen ist es das, für viele FINT-Personen gibt es noch keine Sicherheit, für sie ist es Alltag sexualisierte oder körperliche Übergriffe zu erfahren. Wegen der Kinder, wegen des wegschauenden Umfelds, wegen den wenigen Schutzräumen, wegen finanzieller Not, wegen psychischer Abhängigkeit, wegen Perspektivlosigkeit, wegen wenig Aufklärung, wegen MÄNNERN – befinden sich jetzt gerade Frauen in Not, statistisch auch einige in Lebensgefahr. Um das zu ändern, hilft kein Verteilen von Pfefferspray, keine Selbstverteidigungskurse und auch nicht weniger Ausschnitt tragen. Übergriffige Männer sitzen nicht nachts hinter einem Busch, sie sind überall nah bei dir, die Zeichen müssen sofort erkannt werden, vor einem Schlag kommt verbale Gewalt, vor einem Übergriff kommt ein sexistisches Frauenbild, ein anzüglicher Witz, ein erniedrigender Kommentar. Um die Statistik zu sogenannter häuslicher Gewalt gegen FINT-Personen wirklich zu verändern, müssen Generationen von Männern umerzogen werden, sich reflektieren, sich konfrontieren, eingreifen und anerkennen: Das Problem seid ihr. Justin, das Problem bist du.

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Corona: Frauen sind kein Nebenwiderspruch https://annaruhtra.blackblogs.org/2023/03/17/corona-frauen-sind-kein-nebenwiderspruch/ Fri, 17 Mar 2023 08:24:04 +0000 http://annaruhtra.blackblogs.org/?p=19 Analysieren wir die Situation, in der wir uns mit der immer noch andauernden Pandemie befinden, wird schnell klar, auf wessen Rücken diese Krise ausgetragen wird. Wir verstehen es sind Arbeiter*innen die es ausbaden und die vermeintliche Corona-Krise ist vielmehr die Offenbarung eines kranken Systems, es werden uns die Widersprüche einer kapitalistischen Ausbeutung deutlich. Jetzt müssen wir verstehen, dass die Pandemie aber auch offenbart, welch riesiges Ungleichgewicht aller Geschlechter in unserer Gesellschaft herrscht. Es sind Frauen, die in dieser Zeit besonders viel leiden und beruflich wie privat leisten, um Krisenfolgen zu vermindern. 75% der sogenannten „systemrelevanten“ Berufsgruppe sind Frauen – ob als Krankenpflegerinnen, Ärztinnen, Kassiererinnen oder Erzieherinnen – sie tragen die Lasten dieser Krise durch ihren hohen Anteil in Berufen des Sorge-Bereichs, der weder die nötige Wertschätzung noch finanzielle Auszahlung erfährt. Das muss sich ändern! Zudem arbeiten sie in Doppelschicht: Nach ihrer Lohnarbeit, sind es immer noch Frauen* die als Mütter, Partnerinnen oder Töchter sich statistisch häufiger um Angehörige und Haushaltsarbeiten kümmern. Die Erziehung und Beschäftigung von Kindern soll parallel zu Homeoffice erfolgen und bringt Frauen* an ihre Grenzen. Zudem sind 90% der alleinerziehende Menschen Frauen*, die in diesen Zeiten ohne Betreuungsangebote noch mehr um ihre Existenz bangen müssen. Die Krise bestärkt strukturelle Benachteiligung, die Frauen* oft in finanzielle Abhängigkeit drängt: Entschädigungszahlungen oder Kurzarbeiter[innen]geld erreicht sie nicht, wenn dies an Bezugskriterien, Ehegatten-Splitting oder Minijobs (denen viele Frauen* nachgehen) scheitert. Der Staat muss hier nicht Industrie, sondern alle Berufsgruppen unterstützen! Aber nicht nur die finanzielle Lage gefährdet Frauen* in dieser Zeit: Isolation und Ängste steigerten das Gewaltpotential von Männern gegenüber weiblichen Angehörigen – die Zahlen von häuslicher oder sexualisierter Gewalt stiegen und zudem lässt sich vermuten, dass die Dunkelziffer auch höhere Differenzen entwickelte, da durch Social Distancing Übergriffe besser vertuscht werden können. Dass weniger Menschen auf den Straßen unterwegs sind, wirkt sich zwar positiv auf das Ansteckungsrisiko aus, kann aber für Frauen* eine Gefar darstellen, wenn Täter* sich ihnen annähern wollen. Aber nicht nur Männer gefährden die Gesundheit von Frauen*, durch den hohen Anteil in Pflegeberufen, sind sie auch stärker von einem Infektionsrisiko betroffen. Außerdem sind durch den Fokus auf das Virus andere medizinische Bereiche vernachlässigt: Geburtseinrichtungen sind noch stärker überlastet und Gesundheit von Frauen* und Kindern gefährdet. Auch Abtreibungsangebote werden in Pandemie-Zeiten zurückgefahren, und verhindern die sowieso eingeschränkte Selbstbestimmung von Frauen* über ihren Körper. In Deutschland aber auch international gesehen, kommen weitere Bedrohungen hinzu: Finanzielle Probleme können Frauen* nicht nur ihrer Unabhängigkeit berauben, aber auch Ressourcen zu Verhütungs- oder Menstruationsprodukten in Frage stellen. Außerdem sind emanzipatorische Projekte durch die Pandemie gefährdet und es ist wieder mit höheren Zahlen von Genitalverstümmelung, Zwangsheiraten und Zwangsprostitution zu rechnen. Also lasst uns die Analysen vorantreiben und erkennen: Die Krise hat System, es heißt Kapitalismus, es heißt Ausbeutung und es heißt Sexismus. Antifa heißt Klassenkampf, Antifa heißt Frauenkampf – Nicht länger auf unserem Rücken!

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Antifa heißt Mackerhass / Sexismus in den eigenen Reihen https://annaruhtra.blackblogs.org/2023/03/17/antifa-heist-mackerhass/ Fri, 17 Mar 2023 08:21:21 +0000 http://annaruhtra.blackblogs.org/?p=17 Rede

Der emanzipatorische Kampf innerhalb der radikalen Linken scheint selbstverständlich. Keine Antifa Gruppe leugnet den herrschenden Sexismus und die patriarchale Unterdrückung von Frauen. Dennoch kommt es auch zu sexistischen Übergriffen und Verhaltensweisen innerhalb der radikalen Linken. Das ist erst einmal nicht verwunderlich: Die noch so linkeste Bubble wurde in einem sexistischen, kapitalistischen und rassistischen System sozialisiert. Die Erziehung machte nicht nur Männer sexistisch, sondern auch alle anderen Geschlechter misogyn. „Girl-Hate“, „Slut-Shaming“ und Wettkampf kommen auch unter Genossinnen vor – ein Grund täglich aufs Neue zu reflektieren und Support untereinander immer stärker aufzubauen.

Aber noch schlimmer haben Genossinnen mit den Männern in den eigenen Reihen zu kämpfen. Sei es das Redeverhalten in Diskussions-, Plenums- oder Vortragssituationen – Männer halten Co-Referate, kommen nicht zum Punkt, Mansplainen, ziehen jede Debatte in die Länge und wiederholen bestenfalls einfach nur die Worte der Vorrednerin. Dabei sind die Genossinnen Einschüchterungstaktiken wie Name-Dropping und Theoriemackertum ausgesetzt – ja Jonas, ich habe Adorno gelesen, nein ich möchte nicht mit dir gerade keine Debatte über Entfremdung führen.

Doch raus aus der Theorie, rein in die Straßenpolitik sieht es nicht besser aus, Genossinnen werden durch aufrecht erhalten von männlichen Idealen wie Gewaltaffinität ausgegrenzt. Klar ist, Antifa bleibt Handarbeit – aber das bedeutet nicht Männerhände. Wer sich durch Militanz oder Aktionen profiliert, sollte bei uns nichts zu suchen haben. Gewalt ist ein legitimes aber ein überlegtes Mittel und nicht Ausdruck der eigenen Überlegenheit, um den Stolz eines Geschlechts zu pushen. Jonas sollte mal mehr die Fresse halten. 

Und zu oft ist Theoriegemacker oder Gewaltgemacker nur eine Taktik, um Aufmerksamkeit der Genossinnen zu bekommen, in der Hoffnung sexuelle oder romantische Bindungen mit ihnen eingehen zu können. Leider resultieren dabei öfters von Machtstrukturen-geprägte Beziehungen oder es kommt auch auf den eigenen Veranstaltungen zu sexualisierten oder körperlichen Übergriffen. Und es sind wieder Frauen, die dann oftmals die Aufarbeitung, Awarenessarbeit oder Täterarbeit übernehmen müssen – aus dem simplen Grund, dass sie dabei weniger Machtstrukturen sexuell nutzen wollen – das muss ein Ende haben, Männer reflektiert euch untereinander, sorgt doch selber für anti-sexistisches Klima in den eigenen politischen Reihen.

In diesen Reihen, in denen politisch gearbeitet wird, sind es zudem gerne die feministischen Themen, die immer wieder unter den Tisch fallen gelassen werden. Frauen als Nebenwiderspruch – klar sind Frauen erst frei, wenn wir alle frei sind von einem unterdrückenden System – aber das bedeutet nicht, dass wir den Kampf nicht heute schon kämpfen müssen oder er nicht gleichwertig dem Kampf gegen Faschismus oder Kapitalismus ist. Denn in diesem Moment, jetzt gerade erlebt eine Frau irgendwo da draußen häusliche Gewalt, eine andere Frau wird gerade vergewaltigt, eine weitere weiß nicht, wie sie finanziell über die Runden kommen soll. Eine andere quält sich durch unser Abtreibungssystem, eine weitere erzieht gerade allein 3 Kinder. Die nächste bekommt niedrigeren Lohn als ihre Arbeitskollegen, die andere kann nicht von ihrer Rente leben. Eine Frau wird gerade rassistisch-sexistisch diskriminiert, eine andere fetischisiert aufgrund ihrer homosexuellen Identität. Eine Frau wird gerade kommentiert, eine angefeindet, eine sexualisiert, eine bekommt den Job nicht, weil sie schwanger werden könnte, eine andere struggelt mit der Finanzierung von Menstruationsprodukten, eine andere mit den Verhütungshormonen. Eine Frau wird gerade an ihren Geschlechtsorganen verstümmelt, eine andere gezwungen geschlossenere Kleidung zu tragen – Und linke Männer wollen mir erzählen, dass es gerade wichtigere Dinge im Plenum zu besprechen gibt, dass gerade nicht die Kapazitäten da sind, dass man den Fokus auf etwas anderes legen müsste. Danke für nichts Jonas, das ist keine emanzipatorische Politik, die du machst, das ist kein Feminismus, das ist nicht mal pro-feministisch – das ist derselbe ignorante sexistische Bullshit, wie ich ihn auch außerhalb linker Politik erleben darf. Aber Antifa heißt Mackerhass – Die Devise ist also: FINTAs wir müssen uns wehren – Macker gibt’s in jeder Stadt, bildet Banden, macht sie platt.

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Tag gegen Gewalt an Frauen – keine Zeit für Reformismus! https://annaruhtra.blackblogs.org/2022/12/07/gegenreformismus/ Wed, 07 Dec 2022 10:25:05 +0000 http://annaruhtra.blackblogs.org/?p=1 Zunächst scheint es absurd Forderungen zum „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen“ zu stellen, wenn die Gewalt doch allgegenwärtig und systemisch ist und nur an diesem Tag Aufmerksamkeit bekommt. Schnell geraten wir in reformistische und bürgerliche Denkmuster, erhoffen uns ein Eingreifen des Staates, Gesetze und Quoten. Aber all diese vermeintlichen Rettungen sind falsch und wiegen uns in einem falschen Gefühl der Befreiung. Die Befreiung von Frauen und queeren Menschen kann es in dem momentanen System nämlich schlicht und einfach nicht geben. Wir können betteln, dass Männer aufhören ihre Ehefrauen zu schlagen und zu ermorden oder dass sie dafür angemessene Strafe erfahren, jedoch spiegelt das nicht das Ausmaß und den Kern des Problems dar – wir müssen den Ursprung dieser Gewalt verstehen. Gewalt erleben Frauen (und queere Menschen) nicht nur in Form von Beziehungsgewalt, häuslicher und sexualisierter Gewalt. Die Gewalt ist zudem eine permanente Unterdrückung und Ausbeutung, die sich geschlechtsbedingt auch noch verdoppelt: Zu der Unterdrückung der Arbeiter*innen im Kapitalismus, kommt die Unterdrückung als Frauen im Patriarchat. Die körperliche Gewalt auf die wir uns an diesem Tag oft beschränken, ist also nur ein Teil der männlichen Vorherrschaft und eine Zuspitzung der systemischen Gewalt auf einer vermeintlich privaten Ebene. Beispielsweise das Konzept der Ehe und der Familie, ist nicht nur Kern von der Ablehnung von queeren Menschen, sondern auch die Verankerung des kapitalistischen Systems in unserer Zwischenmenschlichkeit: Das Kapital braucht die Unterdrückung der Frau und ihre Reproduktionsarbeit, um zu wirtschaften. Es sind Frauen, die neue Arbeitskräfte aka Kinder (für die spätere Ausbeutung) erziehen, es sind primär Frauen, die den Haushalt in stundenlanger Zusatzarbeit zur Lohnarbeit machen und es sind primär Frauen, die zwischenmenschliche Arbeit leisten und damit die Basis bieten, damit sie sich selbst aber auch andere am nächsten Tag erneut ausbeuten lassen können. Es hilft uns also nichts, Losungen zu formulieren, die innerhalb des Kapitalismus vermeintliche Besserungen erschaffen, wenn wir nicht zugleich ein Ende des Kapitalismus fordern. Und all jene Forderungen, die wir innerhalb dieses Systems erkämpfen, müssen unsere Forderung nach einer Revolution voranschreiten lassen. Demnach muss unsere Forderung zur Rolle der Frau sein, dass sie in diesem System für ihre unbezahlte Arbeit entlohnt werden muss, und im Sozialismus befreit wird. Unsere Forderung zur Ehe muss sein, dass sie abgeschafft werden muss, und im nachfolgenden System durch kollektivere Familienkonzepte ersetzt werden muss. Unsere Forderung im Kapitalismus zu Schwangerschaftsabbrüchen muss sein, dass diese gesetzlich erlaubt sein müssen und allen Menschen unabhängig von ihrer finanziellen Situation zugänglich sein müssen, aber auch weiterhin muss die Forderung sein, dass es keine Macht oder Anspruch des Staates auf den weiblichen Körper geben darf – außerdem darf es keine Verökonomisierung der Medizin mehr geben – wir fordern langfristig eine Vergesellschaftung dieser Grundinteressen. Dies sollen nur ein paar Beispiele für Ansätze von revolutionärer Arbeit gegen das Patriarchat sein. Die reformistische Arbeit kann uns nämlich nur die Fortschritte bringen, die dem Kapitalismus nützen. Ein Beispiel sei das Recht auf Abreit der Frau: Es diente nie der Befreiung der Frauen oder sollte ihren Forderungen nachkommen, sondern hatte den Zweck, die Löhne der Männer zu drücken. Daher können wir nicht auf große Veränderungen im Kapitalismus hoffen, weil er nur zulässt, was ihn selbst stärkt – und selbst dann sahen wir historisch oft genug: alle Fortschritte können in Krisenzeiten (und die bringt der Kapitalismus durch seine Widersprüche in Genüge) revidiert werden, um rückschrittliche, ausbeuterische oder gar faschistische Tendenzen zu bestärken. Der Reformismus kann also niemals eine wirkliche und langfristige Methode für uns Frauen und queere Menschen sein. Aber wir fordern selbstverständlich auch heute schon ein Ende der Femizide und andere tödliche, physischen und psychischen Übergriffe auf Frauen und queere Menschen – besonders soll an dieser Stelle die Solidarität mit allen Schwestern im Iran ausgesprochen werden, die gerade ihr Leben riskieren und mutig und unermüdlich voranschreiten ihre Freiheit und die Frauenrevolution zu erkämpfen. Auch wir müssen uns diesem Kampf anschließen, internationale Bewegungen als Arbeiter*innen aufbauen, uns mit den fortschrittlichen Kämpfen im Iran, Kurdistan und anderen Regionen solidarisieren und den patriarchalen und kapitalistischen Verhältnissen ein Ende machen. Es wird hier bewusst getrennt von Frauen und queeren Personen, auch trotz der Schnittmenge, gesprochen, da beiden Gruppen Mut zugesprochen werden soll, sich als revolutionäre Subjekte ihrer Kämpfe zu verstehen: Wir sind die Freiheit, wir sind die Revolution!

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