Uncategorized – Antifaschistische Linke Münster https://antifalinkemuenster.blackblogs.org Fri, 10 Nov 2023 08:22:39 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1184/2019/12/cropped-logo2-32x32.png Uncategorized – Antifaschistische Linke Münster https://antifalinkemuenster.blackblogs.org 32 32 10.11.2023: Pien Kabache – Vortrag https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2023/11/10/10-11-2023-pien-kabache-vortrag/ Fri, 10 Nov 2023 08:20:21 +0000 https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=764 Continue reading ]]> Polizeigewalt, ihre Auswirkungen und ihre Aufarbeitung

„Gewalt im Amt“ heißt eine in diesem Jahr erschienene Studie, in der eine Gruppe von Forscherinnen das Dunkelfeld der Polizeigewalt empirisch zu erhellen versucht. Das Forschungsprojekt macht auf Grundlage von einer Befragung von Betroffenen die Dimensionen und Auswirkungen übermäßiger Gewaltanwendungen von Polizistinnen sichtbar und fragt danach, wie Umgangsweisen mit polizeilicher Gewalt aussehen und wer in besonderer Weise Gefahr läuft Opfer von Polizeigewalt zu werden.

Polizeigewalt trifft oft gesellschaftlich marginalisierte Gruppen, wie etwa von Rassismus betroffene oder wohnungslose Menschen, aber auch für linke Aktivist*innen und für Fußballfans sind Erfahrungen mit übermäßiger Gewalt durch Polizist*innen ein dauerhaft präsentes Thema. Die Folgen für die Betroffenen können dabei sehr unterschiedlich aussehen. Manche gehen scheinbar unberührt ihrem Alltag nach, andere leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen. 

Wer versucht, sich gegen erlittenes Unrecht mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Wehr zu setzen, wird schnell erfahren, dass Ermittlungen nach Anzeigen in den meisten Fällen eingestellt werden. Und selbst wenn Verfahren vor Gericht eröffnet werden: verurteilt werden Polizeibeamt*innen nur in äußerst selten Fällen.  Betroffene von Polizeigewalt bleiben oft alleingelassen mit ihren Erfahrungen zurück. 

Wir fragen: Wie kann vor dem Hintergrund der Studienergebnisse und solcher Erfahrungen eine solidarische Praxis im Umgang mit Polizeigewalt aussehen? 

Referentinhat in Münster Politikwissenschaften und Jura studiert und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Tobias Singelnstein an der Universität Frankfurt. Sie forscht seit 2018 zu polizeilicher Gewalt, ist Mitautorin der Studie „Gewalt im Amt“ und Stipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

„Gewalt im Amt“ heißt eine in diesem Jahr erschienene Studie, in der eine Gruppe von Forscher*innen das Dunkelfeld der Polizeigewalt empirisch zu erhellen versucht.

Das Forschungsprojekt macht auf Grundlage von einer Befragung von Betroffenen die Dimensionen und Auswirkungen übermäßiger Gewaltanwendungen von Polizist*innen sichtbar und fragt danach, wie Umgangsweisen mit polizeilicher Gewalt aussehen und wer in besonderer Weise Gefahr läuft Opfer von Polizeigewalt zu werden.

Polizeigewalt trifft oft gesellschaftlich marginalisierte Gruppen, wie etwa von Rassismus betroffene oder wohnungslose Menschen, aber auch für linke Aktivist*innen und für Fußballfans sind Erfahrungen mit übermäßiger Gewalt durch Polizist*innen ein dauerhaft präsentes Thema. 

Die Folgen für die Betroffenen können dabei sehr unterschiedlich aussehen. Manche gehen scheinbar unberührt ihrem Alltag nach, andere leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen. 

Wer versucht, sich gegen erlittenes Unrecht mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Wehr zu setzen, wird schnell erfahren, dass Ermittlungen nach Anzeigen in den meisten Fällen eingestellt werden. Und selbst wenn Verfahren vor Gericht eröffnet werden: verurteilt werden Polizeibeamt*innen nur in äußerst selten Fällen. 

Betroffene von Polizeigewalt bleiben oft alleingelassen mit ihren Erfahrungen zurück. 

Wir fragen: Wie kann vor dem Hintergrund der Studienergebnisse und solcher Erfahrungen eine solidarische Praxis im Umgang mit Polizeigewalt aussehen? 

Die Referentin hat in Münster Politikwissenschaften und Jura studiert und ist wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Prof. Tobias Singelnstein an der Universität Frankfurt. Sie forscht seit 2018 zu polizeilicher Gewalt, ist Mitautorin der Studie „Gewalt im Amt“ und Stipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

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Antifa heißt: Gegen Antisemitismus und Terror https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2023/10/12/antifa-heisst-gegen-antisemitismus-und-terror/ Thu, 12 Oct 2023 16:05:00 +0000 https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=753 Continue reading ]]>

Seit dem Morgen des 7. Oktober greifen die islamistische Hamas, die PFLP und weitere TerroristInnen Israel an. Der Angriff begann am jüdischen Feiertag Simchat Tora, fast auf den Tag genau 50 Jahre nach dem Beginn des Jom-Kippur-Kriegs – damals seitens Syrien und Ägypten ebenfalls mit einem überraschenden Angriff an einem jüdischen Feiertag. Während dieser Aufruf verfasst wird, werden von offizieller Seite rund 900 Tote sowie rund 2.600 Verletzte in Israel gezählt. Die grausamen Massaker an arglosen Menschen wie der Massenmord an Festivalbesucher:innen, die Verschleppung von Israelis, die gezielten Femizide, gepaart mit widerlichsten Herabwürdigungen, sind Verbrechen. Und als solche gehören sie auch benannt. Dass sich Gruppen wie der Islamische Dschihad oder die Hisbollah im Libanon dem Angriff angeschlossen haben, überrascht nicht, treffen sie sich doch mit der Hamas in ihrem Hass auf Israel und einem islamistischen Antisemitismus. Die Hamas hat auch ihre AnhängerInnen und SympathisantInnen in anderen Ländern zum Terror aufgerufen. In Ägypten schoss am Sonntag ein Polizist auf israelische Tourist:innen und tötete zwei von ihnen. In Europa und in Deutschland blieb es unserer Kenntnis nach bislang bei Solidarisierungen mit den TerroristInnen, Angriffen auf Journalist:innen etc.

Wenn die Fans des Terrors wie der Verein Samidoun von einem „Sieg des Widerstands“ sprechen, zeigt das deutlich, dass ihr Gradmesser für einen Sieg vor allem die Zahl der getöteten Jüdinnen:Juden ist. Denn die Konsequenzen für die „eigene Seite“ sind heftig. In den kommenden Tagen wird auch die Zahl der Opfer im Gazastreifen – aktuell etwa 680 Tote und rund 3.700 Verletzte – noch immens steigen. Diese Toten werden von der Hamas, die ihre Stützpunkte regelmäßig in Wohnhäusern, Schulen und Moscheen einrichtet und die Menschen dort als Schutzschilde nutzt, nicht nur einkalkuliert, sondern sind willkommener Anlass und werden instrumentalisiert, die Massaker vom Samstag zu rechtfertigen und die Bevölkerung in Gaza und ihre Sympathisant:innen weltweit aufzuhetzen. Gleiches gilt für die jetzt angekündigte Blockade des Gazastreifens, mit der die Hamas, aber eben auch die Bevölkerung im Ganzen von lebensnotwendigen Gütern abgeschnitten wird. Diese Strategie geht allzu oft auf, wenn sich Politiker:innen, Journalist:innen und „Expert:innen“ in Relativierungen ergehen, von „Gewaltspiralen“ oder „gegenseitiger Eskalation“ sprechen und Stück für Stück den Blick verstellen auf die Realität.

Die Realität ist: Israel wird von IslamistInnen nicht wegen dieser oder jener Regierung angegriffen, sondern weil die Feindschaft gegen Israel ein Kernanliegen der islamistischen Ideologie ist. So ziemlich alles, was der moderne Islamismus hasst, findet sich konzentriert im Feindbild Israel: Sei es die Akzeptanz gegenüber Homosexualität im Speziellen, aber auch anderer Lebensentwürfe und Identitäten abseits der zweigeschlechtlichen Norm oder die Selbstbestimmung von Frauen, die als Markenzeichen einer „dekadenten, westlichen Welt“ angesehen werden – so sehr diese auch in den entsprechenden Gesellschaften selbst umkämpft sind. Seien es liberale Demokratie oder Säkularisierung. Über allem thront dabei der Antisemitismus, der sich gegen den Staat Israel als jüdischen Schutzraum richtet und alles bereits genannte ohnehin als verschwörerisches Werk der Jüdinnen:Juden ausmacht. So sehr Hamas-VersteherInnen auch bemüht sind, den Terror von seinem antisemitischen Gehalt zu lösen und ihn als „Antizionismus“ oder Ähnliches verstanden wissen wollen, so zielsicher setzen die, die Ideologie in die Tat umsetzen, Staat und Judentum in eins, wenn sie Synagogen oder Kippa-tragende Jüdinnen:Juden angreifen.
Israel wird von Hamas & Co. als Brückenkopf „des Westens“ in der „arabischen Welt“ betrachtet, der all das verkörpere, was für das Elend in den eigenen Ländern verantwortlich gemacht wird. IslamistInnen stehen dabei für eine falsche Kritik an den tatsächlich schlecht eingerichteten Zuständen.

Ein Fortschritt hin zu einer besseren, einer befreiten Gesellschaft jedoch, wie wir als radikale Linke sie anstreben, ist mit den IslamistInnen nicht zu machen. Im Gegenteil stehen sie all dem feindlich gegenüber, und das muss eine Linke entsprechend ernst nehmen. Es ist deshalb unsäglich, dass Teile der Linken (nicht nur) in diesem Land zwischen lautem Schweigen und offener Unterstützung der MörderInnen positioniert sind. Die Parolen vom „Ausbruch aus dem Gefängnis“ und dem „Sieg des Widerstands“ werden auch von Menschen verbreitet, die sich wie wir zu den Forderungen nach dem Ende von Ausbeutung und Ausschluss bekennen und doch nicht willens sind, Antisemitismus zu bekämpfen, sondern ihn stattdessen befördern und bejubeln. Wem selbst im Angesicht von Massakern nichts Besseres einfällt, als diese zu „antikolonialem Widerstand“ oder Ähnlichem umzudeuten, denen haben wir nur eins zu sagen: Verpisst euch! Der Kampf gegen jeden Antisemitismus ist auch ein Kampf gegen euch.

Neben den (auch linken) Terror-VersteherInnen kann hierzulande auch fest damit gerechnet werden, dass sich von rechts bis in die „Mitte“ in den kommenden Tagen wieder Stimmen finden werden, die Antisemitismus nur als Problem bei „den anderen“ sehen wollen, die nur „importierten“ Antisemitismus kennen und sonst nichts. Auch diese Leute können getrost die Fresse halten und sich die Frage stellen, wieviel sie eigentlich mit dem Attentäter gemein haben, der vor vier Jahren in Halle Jüdinnen:Juden töten wollte.

In Dortmund wird für den heutigen Abend um 18 Uhr an der Reinoldikirche zu einer Kundgebung gegen Antisemitismus und Terror aufgerufen. Wir werden uns als antifaschistische Gruppen an dieser Kundgebung beteiligen und hoffen, dass es dort Platz gibt für eine umfassende Kritik am Antisemitismus, der in Deutschland in unterschiedlichsten Milieus verbreitet ist. Den Betroffenen der Massaker gilt unsere Solidarität.

Gegen jeden Antisemitismus!

Dieser Erklärung wird getragen von (stand: 12.10.2023):

  • Antifa Essen West
  • Antifa Medienzusammenhang Dortmund
  • Antifa Werne
  • Antifa Witten
  • Antifaschistische Gruppe [CGN]
  • Antifaschistische Linke Bochum
  • Antifaschistische Linke Münster (ALM)
  • Autonome Antifa 170
  • Bündnis Tag der Solidarität / Kein Schlussstrich Dortmund
  • Diskursiv Aachen
  • erinnern verändern Dortmund
  • Mean Streets Antifa Dortmund
  • Non a parole – Antifaschistisches Kollektiv Bochum
  • Nordpol Dortmund
  • Radio Nordpol (Dortmund & Köln)
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08.09.2023: Pien Kabache – Vortrag https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2023/09/03/08-09-2023-pien-kabache-vortrag/ Sun, 03 Sep 2023 16:14:00 +0000 https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=761 Continue reading ]]>

34 Schüsse hat die Polizei am 3. Juni 2023 auf Bilel aus Herford abgegeben. Sechs Mal hat sie den 19-Jährigen getroffen, ihn schwer verletzt, nun ist er querschnittsgelähmt. Die Polizei behauptet, Bilel sei ohne Licht im Auto unterwegs gewesen und beruft sich auf Notwehr. Bodycams und Fahrzeugkameras waren offenbar nicht eingeschaltet, gegen die beteiligten Polizist*innen wird ermittelt. Schon früh hatte der Solidaritätskreis Bilel Zweifel an der offiziellen Version öffentlich gemacht und den Verdacht geäußert, dass es sich um rassistische Polizeigewalt handelt.

Für den 15. Juli hatte der Solidaritätskreis Bilel zu einer Demonstration gegen rassistische Polizeigewalt aufgerufen. Bereits im Vorfeld wurden der Protest und die artikulierte Wut der Jugendlichen durch einen Block von Polizei und Lokalpresse kriminalisiert, Ladenbesitzer*innen wurden angehalten ihre Läden zu schließen. Am Demonstrationstag selbst versuchte die Polizei den Protest mit einem übermäßigen Aufgebot und Gewalt einzuschüchtern.

Wie so häufig bleiben Fragen offen und ein politisches Interesse an Aufklärung scheint zu fehlen. Wie konnte eine Verkehrskontrolle mit 34 Schüssen enden? Warum gibt es trotz der vielen Polizeikameras vor Ort keine aussagekräftigen Videoaufnahmen?

Rassismus in der Polizei ist kein Einzelfall, sondern ein strukturelles Problem. Es fehlt an Strukturen, Instrumenten und politischem Willen für eine effektive Aufklärung.

Wir haben am 08. September um 20 Uhr Referent*innen des Solidaritätkreises Bilel in die Baracke eingeladen, um zur Situation in Herford und zur geplanten Demonstration am 07. Oktober 2023 (15 Uhr, Hauptbahnhof Herford) unter dem Motto „Die Polizei lügt!“ zu berichten.

Treffpunkt für die gemeinsame Anreise aus Münster ist 12:50 Uhr, Gleis 8.

Der Eintritt ist wie immer umsonst – kommt vorbei!

20 Uhr / Baracke Münster / Alle Gewinne werden für antifaschistische Zwecke gespendet!

Der Abend wird von der Antifaschistischen Linken Münster, der Antifaschistischen Aktion Hamm und der Autonomen Antifa Rheine veranstaltet.

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Mobi-Vortrag „30 Jahre Rostock-Lichtenhagen“ https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2022/08/05/30-jahre-rostock-lichtenhagen/ Fri, 05 Aug 2022 09:52:35 +0000 http://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=747 Continue reading ]]> 2022 jährt sich das rassistische Pogrom von Rostock Lichtenhagen zum 30. Mal. Über mehrere Tage wurde die Zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende (ZASt) belagert und angegriffen. Das Pogrom in Lichtenhagen ist als Symbol für die rechte und rassistische Gewalt und Asylgesetzverschärfungen der Nachwendezeit eingebunden in bundesweite Debatten und Forschungen. Doch Lichtenhagen war kein Einzelfall. Die rechten Kontinuitäten ziehen sich bis heute durch. Hoyerswerda, Halle und Hanau sind nur einige Beispiele. Auch der NSU formierte sich genau in dem rassistischen Klima der 1990er Jahre.

Dieses Jahr soll deshalb am 27.08.2022 um 14 Uhr eine bundesweite Demonstration in Rostock Lichtenhagen stattfinden. Auf der Demonstration wird es auch einen Antifa-Block mit dem Motto „Rechte Kontinuitäten brechen“ geben.

Antifaschist:innen aus Rostock sind zu Gast in Münster, um im Rahmen eines Mobivortrags sich den Ereignissen von August 1992 und rechten Kontinuitäten in der Bundesrepublik inhaltlich zu nähern und alle Infos zu der diesjährigen Demonstration sowie zum Antifa-Block zu vermitteln.

veranstaltet von: Antifaschistische Linke Münster

Hinweis der Veranstalter*innen: Mitglieder extrem rechter und rechtspopulistischer Parteien oder Organisationen, sowie Personen, die der rechten Szene angehören oder mit ihr sympathisieren oder in der Vergangenheit durch rassistische Wortbeiträge aufgefallen sind und Veranstaltungen gestört haben, sind von der Teilnahme an den Veranstaltungen ausgeschlossen. Die Veranstalter*innen behalten sich vor von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen.

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Münster als Wohlfühlort für Antifeminist:innen? „Frauenkongress“ von AfD-nahen Netzwerken https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2022/06/05/muenster-als-wohlfuehlort-fuer-antifeministinnen-frauenkongress-von-afd-nahen-netzwerken/ Sun, 05 Jun 2022 19:07:09 +0000 http://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=750 Continue reading ]]> Am 11. Juni soll in Münster ein „Frauenkongress“ der Gruppe Lukreta stattfinden. Was sich im ersten Moment mit einer feministischen Veranstaltung verwechseln lässt, soll an dieser Stelle in seinen antifeministischen, rassistischen und extrem rechten Kontext eingeordnet werden.

Beworben wird der Kongress von der extrem rechten Gruppe Lukreta, die räumliche Infrastrutktur stellt aber die AfD und auch ein Blick auf die involvierten Akteur*innen und Referentinnen verweist auf deren Partei-Netzwerke. Der Kongress soll im LWL-Landeshaus stattfinden, in dem die AfD über ihre Fraktion im LWL-Parlament Zugriff auf Räume hat. Die Anmeldung läuft laut Werbung über Irmhild Boßdorf, die derzeit stellvertretende Kreissprecherin der AfD Rhein-Sieg. Sie trat 2020 zur Bundestagswahl als Direkt- und Listenkandidatin an und ist seit April 2018 Wissenschaftliche Mitarbeiterin des AfD-Bundestagsabgeordneten Rüdiger Lucassen in seinem Wahlkreisbüro in Euskirchen.

„Kinderkongress“ 2021

Im Sommer vergangenen Jahres, am 14.August 2021, veranstaltete die AfD-Fraktion des LWL-Parlaments in Münster einen sogenannter „Alternativer Kinderkongress“. Auch dieser wurde durch die als Mitveranstalterin geführte Lukreta beworben. Auch dieser Kongress fand im LWL-Landeshaus statt. Laut Selbstbeschreibung sollte im Rahmen der Veranstaltung “Mediale Aufmerksamkeit über unbequeme Wahrheiten” generiert werden. (1) Es kamen nur rund 20 Teilnehmende zu dem „Kongress“ und auch die mediale Resonanz blieb größtenteils aus.

Unter dem Stichwort des Kinder- und Gewaltschutzes wurden bei dem Kongress die rassistischen und antifeministischen Grunderzählungen der AfD und ihres Umfeldes kundgetan. So propagierten verschiedene Redner*innen der AfD NRW und der Jungen Alternative NRW wie etwa Maximilian Kneller, Sven Tritschler, Tam Hong, Enxhi Seli-Zacharias oder Sascha Menkhaus, dass sexualisierte Gewalt an Kindern in heteronormativen Kleinfamilien seltener vorkomme, sprachen sich für Abtreibungsverbote aus und schwadronierten über angebliche Frühsexualisierung und eine vermeintliche Islamisierung, die zu mehr sexualisierter Gewalt und Gewalt gegen Kinder führe. Es ging bei der Veranstaltung also im Grunde wenig um Kinderschutz und viel darum, dass die AfD einmal mehr ihre antifeministischen, homofeinldichen und rassistischen Positionen zu platzieren versuchte. Ähnliches ist auch für den nun angekündigten „Frauenkongress“ zu erwarten.

Extrem rechte „Frauenrechtlerinnen“ – Die Gruppe Lukreta

Lukreta wurde im Sommer 2019 von Reinhild Boßdorf und einer Handvoll weiteren extrem rechter Aktivistinnen gegründet und ist eine Nachfolgeorganisation der gescheiterten 120 Dezibel Kampagne der „Identitären Bewegung“ (IB). Reinhild Boßdorf ist die Tochter der oben genannten Irmhild Boßdorf. Die Gruppe ist vor allem im Rheinland aktiv und tritt immer wieder durch kleinere Aktionen in Erscheinung, die sie auf ihrem Youtube-Kanal dokumentiert. Zudem sind sie bei Telegramm und Instagram öffentlichkeitswirksam aktiv.

Reinhild Boßdorf war bei der IB bundesweit und vor der Gründung von Lukreta als Leiterin der extrem rechten Kampagne 120 Dezibel in NRW, vor allem im Rheinland, aktiv. 120 Dezibel war, ähnlich wie nun Lukreta, eine Kampagne, die ausschließlich Gewalttaten von migrantischen Männern gegen Frauen und Mädchen skandalisierte. Boßdorf, die in Siegen Soziale Arbeit studiert, ist außerdem Mitglied der Jungen Alternative (JA) und trat bei der Kommunalwahl 2020 für die AfD im Rhein-Sieg-Kreis an. Sie schreibt für das extrem rechte Magazin „Krautzone“ und ist bekannt als rechte Influencerin. Eine Recherche von Correctiv weist auf ihre Verbindungsfunktion im Netzwerk extrem rechter Bloger:innen hin. (2)

Die Aktivistinnen von Lukreta behaupten, sich für Frauenrechte und „gegen die Verdrängung der Frau aus dem öffentlichen Raum“ einzusetzen. Die Gruppe thematisiert in ihren Aktionen Fälle von Morden und Vergewaltigungen an meist jungen Frauen und betreibt dabei ein ausschließlich rassistisches Framing. Sie hetzten gegen eine angebliche Islamisierung, gegen Migration, diffamieren die Black-Lives-Matter-Proteste und versuchen diese mit dem hashtag #femalelivesmatter zu konterkarieren. Die extrem rechte „Frauenrechtlerinnen“ inszenieren sich als kämpferische Tabubrecherinnen für eine vermeintlich gerechte Sache. Sie ethnisieren sexualisierte Gewalt und behaupten, durch ihre rassistische Deutung als einzige die tatsächlichen Probleme zu benennen. Auf dieser Grundlage beanspruchen sie für sich, im Gegensatz zu feministischen Gruppen und Bewegungen die wahren Kämpferinnen für Frauenrechte zu sein.

Das Engagement zum Thema Frauenrechte mag vielfach auf den ersten Blick vergleichsweise unverdächtig erscheinen. Doch mit in diesem Themenfeld platzierter extrem rechter Ideologie und Agitation lässt sich bestens an einen Konsens der gesellschaftlichen Mitte anschließen.

Was sich bei einem flüchtigen Blick auf die Auftritte von Lukreta und anderen extrem rechten Aktivistinnen in den sozialen Medien vordergründig vielleicht mit feministischen Forderungen verwechseln lässt, enthält die üblichen extrem rechten rassistischen wie antifeministischen Forderungen nach homogenen Gemeinschaften und patriarchalen Geschlechterbildern.

Ethnisierung sexualisierter Gewalt und Antifeminismus – Keine feministische Intervention

Als Grund für Gewalt gegen Frauen in dieser Gesellschaft werden Migrationsbewegungen angeführt, nicht etwa patriarchale Strukturen in der Gesellschaft. Gewalttaten, die von herkunftsdeutschen Männern begangen werden sind den angeblichen Frauenrechtlerinnen von Lukreta keine Erwähnung wert und patriarchale Strukturen werden, wenn überhaupt, nur in Hinblick auf nicht-europäische Gesellschaften angeprangert. Das Begehen von sexualisierten Gewalttaten wird in rassistischer Manier den „Anderen“ zugeschrieben.

Die Forderungen der rechten Aktivistinnen speisen sich entsprechend aus ihren rassistischen Weltbildern. Sie fordern eine Begrenzung von Migration und streben das völkisch-rassistische Ideal einer homogenen Gesellschaft bzw. Gemeinschaft an. Dann, so suggerieren die Aktivistinnen von Lukreta und ihre Anhänger*innen in völliger Ignoranz der Realitäten hinsichtlich sexualisierter und patriarchaler Gewalt, seien Frauen in Deutschland wieder sicher.

Patriarchale Geschlechterbilder in den eigenen Reihen und in europäischen Gesellschaften erscheinen in der Logik extrem rechter „Frauenrechtlerinnen“ nicht als Teil des Problems, sondern werden in der Regel absurderweise sogar als Teil einer Lösung dargestellt: „Deutsche“ Männer sollen durch Stärke, dominantes Auftreten und Gewalt „ihre“ Frauen beschützen können. Männlichkeitsentwürfe, die von solch toxischen hegemonialen und kriegerischen Männlichkeitskonstrukten abweichen, werden als unzulänglich erachtet, weil sie ihre Beschützerrolle nicht ausfüllen könnten. Dass exakt solche Männlichkeitsvorstellungen Gewalt gegen Frauen* in erster Linie hervorbringen, wird hingegen verleugnet.

In Reinhild Boßdorfs Youtube-Format „rein weiblich“ erfährt man zudem, dass sie Sexismuserfahrungen, die Frauen in ihrem Alltag machen, entweder schlichtweg negiert oder den betroffenen Frauen selbst die Verantwortung dafür zuschiebt, dass sie etwa in ihren Social-Media-Accounts sexistische Kommentare, Beleidigungen oder Bedrohungen erleben.

Ebensowenig wie bei der Vorgänger-Kampagne 120Dezibel handelt es sich bei Lukreta um eine feministische Intervention. Nicht das Geschlechterverhältnis ist ausschlaggebend für die Kritik, sondern die rassistische Konstruktion. Gleichzeitig greifen sie gesellschaftlich virulente Fragen auf: Die Doppelbelastung von Frauen stellt ein zentrales Problem der kapitalistischen Gesellschaft dar. In der extrem rechten Ideologie wird die Belastung über eine Re-Traditionalisierung und Biologisierung von Geschlechterrollen aufgelöst. Mutterschaft spielt in der Selbstdarstellung der Lukreta-Aktivistinnen eine zentrale Rolle. „Dem Feminismus“ wird die Schuld für den herbeifantasierten Zerfall der Familie und der angeblichen Krise der Weiblichkeit zugeschrieben. Über den verkürzten Rückgriff auf gesellschaftliche Missverhältnisse versuchen extrem rechte Frauen in breitere Kreise zu wirken und an den gesellschaftlichen Antifeminismus anzuknüpfen. Bürgerliche Lippenbekenntnisse zu emanzipatorischen Idealen bei gleichzeitiger Verschärfung der Krise der Reproduktion bieten den rechten Scheinlösungen dabei den gesellschaftlichen Nährboden.

Umso wichtiger ist es deswegen, klarzustellen: Nichts von dem, was die extrem rechten Aktivistinnen von Lukreta machen, hat auch nur Potenzial, die Rechte von FLINTA* zu stärken.

Unbekannte bis Bundestagsabgeordnete über Youtuberin – Die Referentinnen zum „Frauenkongress“

Als Referentin wird in der Ankündigung unter anderem die Youtuberin Charlotte Corday genannt. Die unter diesem Pseudonym auftretende Nina Charlotte Vanmeer gilt als eine, die „früher mal links“ war, weil sie nach eigener Aussage als Jugendliche Nazis doof und „Die Ärzte“ gut fand (3). Sie ist durch ihre Youtube-Videos Teil der extrem rechten Bubble rund um die (Ex-)IB und anderer „neurechte“ Nachwuchs-Faschist*innen aus dem Umfeld des Instituts für Staatspolitik (IfS) oder des Jungeuropa-Verlags geworden. Nach eigener Aussage begann ihr Weg ins rechte Lager mit der Teilnahme an den „Mahnwachen für den Frieden“ im Jahr 2014. Mittlerweils ist sie in Schnellroda angekommen, zumindest als Teilnehmerin an der diesjährigen Frühjahrsakademie des Instituts für Staatspolitik, wie sie in einem aktuellen Youtube-Video berichtet (4).

Die anderen angekündigten Referentinnen, Anna Rathert und Gerrit Huy, sind AfD-Politikerinnen. Rathert ist im Kreis Recklinghausen für die AfD aktiv, firmiert als Rechtsanwältin und trat bisher eher selten öffentlich in Erscheinung, eine Ausnahme war der Bundestagswahlkampf für die AfD in Dorsten. Gerrit Huy ist arbeitsmarktpolitische Sprecherin der AfD im Bundestag. In sozialen Medien tritt sie mit Themen rund um ihren Schwerpunkt Arbeitsmarktpolitik, häufig mit (antimuslimisch) rassistischen Deutungen auf. Sie ist nach eigener Aussage wegen einer “zu liberalen Flüchtlingspolitik” 2017 in die AfD eingetreten. (5). Die Themen, die Lukreta besetzt, spielen in ihren öffentlichen Äußerungen bisher weniger eine Rolle.

Münster – Stadt der antifeministischen Netzwerke?

Münster ist nicht erst seit gestern eine Stadt, in der sich christliche Fundamentalist*innen, radikale Abtreibungsgegner*innen und rechte Antifeminist*innen wohlfühlen. Der 1000-Kreuze-Marsch ist der jährliche Höhepunkt der antifeministischen Vernetzung, die weit über die Stadtgrenzen hinausgeht. Dass der selbst ernannte „Frauenkongress“ nun in Münster stattfinden soll, hängt aber in erster Linie damit zusammen, dass über die AfD-Fraktion im LWL-Landesparlament die Möglichkeit besteht, auf eine Infrastruktur zugreifen, was größere Veranstaltungen für und mit solchen Netzwerken möglich macht.

Gemeinsamer Text von Antifa Linke Münster, Eklat Münster und Fantifa Münster.

Verweise:

(1) https://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_90902198/spenden-ins-nichts-ein-kinderschutz-phantom-geht-um-in-der-afd.html
(2) https://correctiv.org/top-stories/2020/10/06/kein-filter-fuer-rechts-instagram-rechtsextremismus-frauen-der-rechten-szene/; https://www.belltower.news/rechte-influencerinnen-rechtsextreme-inhalte-schoen-verpackt-120301/; https://koeln.noblogs.org/post/2020/05/10/die-verbindungen-der-identitaeren-bewegung-koeln-mit-der-afd-und-der-koelner-burschenschaft-germania/
(3) https://www.youtube.com/watch?v=j0xKMP3Vxs4
(4) https://www.youtube.com/watch?v=10_iVzaA7SU
(5) https://www.n-tv.de/politik/Die-neue-AfD-Fraktion-und-ihre-Probleme-article22929310.html

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Zum 8. Mai: Erinnerung an Celine van der Hoek de Vries https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2021/05/08/zum-8-mai-erinnerung-an-celina-van-der-hoek-de-vries/ Sat, 08 May 2021 07:29:42 +0000 http://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=733 Continue reading ]]>

Ich habe hier vor 5 Jahren gesprochen. Und damals habe ich gesagt. Und ich werde es immer sagen, dass der Faschismus und der Rassismus leider noch immer nicht verschwunden sind. Nicht nur in Deutschland nicht, nicht nur in Holland nicht und eigentlich überall noch nicht. Und ich warne auch immer in der Schule davor, dass wir immer noch kämpfen müssen gegen den Faschismus und gegen den Rassismus.“

Mit diesen Worten begann Celine van der Hoek de Vries am 8. Mai 2008 ihre Rede in Münster (Video). Der 8. Mai – Tag der Befreiung vom Faschismus – ist für Genoss*innen unserer Gruppe, aber so denken wir auch für viele andere Genoss*innen aus dem Münsterland– mit Erinnerungen an die Ausschwitz-Überlebende Celine van der Hoek de Vries verbunden. Celine hat uns mehrfach in Münster besucht. An Schulen und bei Abendveranstaltungen hat sie uns und vielen anderen ihre Geschichte erzählt.

Die Jugendgeschichtswerkstatt Münster reiste zu ihr nach Amsterdam und drehte einen kurzen Film über Celine. Zweimal organisierten wir Gedenkstättenfahrten nach Amsterdam und besuchten Celine dort. Sie zeigt uns Orte ihrer Geschichte wie die „Hollandse Shouwburg“ und das Konzentrationslager Westerbork. Ihre eindrücklichen Schilderungen haben uns tief bewegt.

Celine van der Hoek de Vries wurde 1920 in Amsterdam geboren und wuchs in einem sozialistischen Elternhaus auf. Nachdem sie die Mittelschule abgeschlossen hatte, wurde sie Erzieherin. Nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutschen am 10. Mai 1940 konnte sie als Jüdin jedoch nicht weiter in diesem Beruf arbeiten. Als ihre Mutter und ihr Bruder verhaftet wurden, gelang es Celine unterzutauchen. Sie lebte einige Zeit im Untergrund bevor sie verhaftet und in das Sammellager für die Amsterdamer Jüdinnen und Juden, die “Hollandse Schouwburg”, gebracht wurde. Zwar konnte sie durch die Hilfe eines Bekannten fliehen und wieder untertauchen, wurde jedoch verraten und erneut in der “Hollandse Schouwburg” inhaftiert. Später wurde sie im Konzentrationslager Westerbork an der niederländisch-deutschen Grenze inhaftiert und von dort im September 1944 nach Auschwitz deportiert.

Mit viel Glück überlebte sie als eine der Wenigen das Vernichtungslager, in dem zuvor ihre Angehörigen ermordet wurden. Im Dezember 1944 wurde sie in ein Lager der deutschen Rüstungsindustrie deportiert, wo sie schwerste Zwangsarbeit verrichten musste. Völlig entkräftet wurde sie dort 1945 befreit. „Eine Woche länger und ich hätte nicht überlebt“, sagte Celine immer. Die damals 25-jährige wog nur noch 24 Kilo.

Nach dem Krieg studiert Celine, trotz des Unverständnisses ihrer Bekannten, in Deutschland. Als unermüdliche Antifaschistin machte Celine es sich zur Aufgabe, von ihren Erlebnissen während des Nationalsozialismus zu berichten und sich gegen Rassismus und Faschismus einzusetzen. Celine ist am 30. September 2011 im Alter von 91 Jahren in Amsterdam verstorben. Wir waren sehr traurig, als wir von ihrem Tod erfahren haben.

Wir erinnern uns an Celine und versuchen ihre Botschaft weiter zu tragen. Enden möchten wir mit Celines Worten an uns bei ihrem letzten Zeitzeuginnengespräch in Münster:

„Überall fängt der Rassismus wieder an – und auch der Faschismus. Und ich sage immer: Kämpft dagegen. Ich hoffe, dass das was ich euch erzählt habe – es ist nicht umsonst gewesen, dass es ich es erzählt habe.“

 

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Unser Redebeitrag zur Kritik des geplanten Versammlungsgesetzes NRW https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2021/05/07/unser-redebeitrag-zur-kritik-des-geplanten-versammlungsgesetzes-nrw/ Fri, 07 May 2021 07:17:59 +0000 http://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=730 Continue reading ]]> Im Folgenden dokumentieren wir unseren Redebeitrag zur Kritik am geplanten Versammlungsgesetz des Landes NRW, vorgetragen auf der Kundgebung des Bündnisses „Versammlungsgesetz stoppen NRW – Münster“ am 6. Mai 2021.

Am 3. März 2012 verlässt eine Gruppe junger Antifaschist*innen eine Wohnung im Rumphorstviertel in Münster durch den Hinterausgang. Bereits am Abend zuvor hatten sie sich getroffen und die Nacht dort verbracht, da die Polizei vor hatte, das Viertel ab den frühen Morgenstunden abzuriegeln. Während die Antifas durch das Viertel gehen, treffen sie immer mehr Menschen, die auch dort übernachtet haben – in deutlich größerer Zahl aber auch diejenigen, die selber in dem Viertel wohnen. Alle haben ein gemeinsames Ziel: den Neonazis, die durch das Viertel marschieren wollen, keinen Meter der Straße überlassen. Sie begeben sich zu dem geplanten Startpunkt der Rechten und setzen sich direkt auf die Straße. Diesen Meter Straße bekommen die Nazis schonmal nicht.

Dass die Nazis an dem Tag trotz tausender Menschen, die gegen den Aufmarsch auf die Straße gehen, laufen können, haben sie einem brutalen und vielfach kritisierten Polizeieinsatz zu verdanken. Und zukünftig könnte die hier beschriebene bunt gemischte Gruppe von Blockierer*innen für ihren Protest auch noch hart bestraft werden: Nach § 27 Abs. 4 drohen dann auch Menschen, die durch friedliche Sitzblockaden gegen Nazidemos demonstrieren wollen, Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen.

Über die vielen Jahre, die wir als Antifaschistische Linke Münster aktiv sind, waren wir zu unzähligen Gelegenheiten gegen das öffentliche Auftreten von Neonazis aktiv. Gemeinsam mit vielen anderen Antifaschist*innen haben wir uns Nazis in den Weg gestellt, gesetzt oder es zumindest versucht. Mal waren wir nur eine handvoll organisierte Antifaschist:innen zugegebenermaßen klischeehaft im black bloc style, mal waren wir mit vielen anderen Aktivist*innen verschiedenster Gruppen, Parteien und Bündnissen unterwegs. Oft waren unsere Blockadeversuche musikalisch durch die münsteraner Samba-Gruppe Rythms of Resistance untermalt und wir haben uns die Kehlen heiser geschrien. Unser Ziel war immer klar: Dort wo Neonazis Auftreten, setzen wir uns hin.
Denn dort wo Neonazis ungestört durch Straßenzüge und Stadtteile marschieren können, fühlen sie sich stark. Sie sorgen für Angst und Verunsicherung derer, die dort leben und bedrohen vor allem die, gegen die sich ihre menschenverachtende Ideologie richtet.
Dort wo Neonazigruppen in den vergangenen Jahren versucht haben, sich den öffentlichen Raum zu nehmen, haben wir Bündnisse mitgeschmiedet und Aufklärungs- und Vernetzungsarbeit betrieben, um uns dem mit möglichst vielen Menschen gemeinsam in den Weg zu stellen, um sie nicht ungestört marschieren zu lassen.

Das war auch im besagten März 2012 der Fall, als die damals noch aktive Münsteraner Neonazikameradschaft „Nationale Sozialisten Münster“ mit Unterstützung der Nazis der „Kameradschaft Hamm“ durch das Rumphorstviertel in Münster marschierte und mindestens 7000 Gegendemonstrant*innen ihnen unmissverständlich klarmachte, dass sie hier nicht erwünscht sind. In wochenlangen Vorbereitungen haben wir gemeinsam mit den Menschen im Viertel und der Münsteraner Stadtgesellschaft breite Bündnisse und Diskussionsräume geschaffen, ohne die ein solch breiter und entschlossener Protest nur schwer möglich gewesen wäre. Zu dem Anlass waren wir auch maßgeblich an der Gründung des bis heute aktiven Bündnisses „Keinen Meter den Nazis“ beteiligt.

Auch in anderen Städten haben wir immer wieder Antifaschistische Proteste vor Ort durch Mobilisierungen und Beteiligungen an Protest und Blockaden unterstützt. Der Blick auf die Situation in Städten mit aktiver organisierter Naziszene wie Dortmund oder Hamm zeigt, dass es harte Arbeit ist, Nazis konstant Proteste entgegenzusetzen. Den Genoss*innen dort gebührt Anerkennung und Respekt für ihre Arbeit. Stattdessen bekommen sie mit dem neuen Versammlungsgesetz einen Repressionskatalog vor die Füße geworfen, der ihre Arbeit gegen Naziaktivitäten weiter erschwert. Das passt zur Gesamtschau der Gesellschaft: Antifagruppen übernehmen nicht selten die notwendige Drecksarbeit um Nazis zu bekämpfen – und werden dafür am Ende selbst kriminalisiert.

Wenn wir in bundesweiter Perspektive über das Blockieren von Naziaufmärschen reden, darf eine Stadt nicht unerwähnt bleiben: Dresden. Dort wurde 2011 einer der bis dato größten Neonazi-Aufmarsch in Europa durch eine Massenblockade erfolgreich verhindert. Anlass für den revisionistischen so genannten Trauermarsch bot den Nazis der Opfer-Mythos, der sich um die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten im Zweiten Weltkrieg spinnt. Auch wir haben uns damals als Teil eines Bündnisses an den Blockaden beteiligt und sind in einem Bus-Konvoi gemeinsam mit Antifaschist*innen aus ganz NRW nach Dresden gefahren.
Das Konzept von friedlichen Massenblockaden, organisiert und durchgeführt unter bundesweiter Beteiligung von antifaschistischen Gruppen und Bündnissen hat nachhaltig funktioniert und gewirkt. Das für die Neonaziszene damals zentrale Aufmarsch-Event wurde für die Nazis durch die erfolgreiche Blockade 2011 endgültig eher zur Frust- als zur Erfolgsaktion, hat dadurch an Attraktivität verloren und ist so in den Folgejahren zumindest auf ein eher lokales Event zusammengeschrumpft.
In Dresden hat sich gezeigt: Gut vorbereitete und strategisch durchdachte, breit angelegte und friedliche Blockadekonzepte sind ein effektives Instrument gegen Raumnahme und Machtdemonstration von Neonazis.

Doch genau diese Protestform wird durch das neue Versammlungsgesetz ganz besonders in den Fokus genommen. Insbesondere das so genannte „Störverbot“ ist hier relevant. Ein „Störverbot“ ist zwar auch im derzeit gültigen Versammlungsgesetz bereits enthalten. Im Entwurf des durch die schwarz-gelbe Landesregierung geplanten neuen Versammlungsgesetzes für NRW wird dieses „Störverbot“ aber erheblich verschärft – und zwar in einer Weise, die ganz offensichtlich den effektiven Protest gegen Neonazidemonstrationen ganz erheblich erschweren soll.
Sich zu einer friedlichen Blockade gegen einen Neonazi-Aufmarsch auf die Straße zu setzen, soll dem Entwurf zufolge ebenso gesetzeswidrig sein wie allein die Vorbereitung darauf: Eine weitere erhebliche Ausweitung bezieht sich nämlich auf Blockadetrainings, die verboten werden sollen.
Das Versammlungsgesetz der Landesregierung sieht darüber hinaus vor, der Polizei mehr Handhabe beim Abfilmen ganzer Demonstrationen zu geben. Die schwammigen Formulierungen im Gesetzesentwurf zum „Militanzverbot“ haben das Potenzial, der Willkür in den Reihen der Polizei, aber auch in der juristischen Bewertung, Tür und Tor zu öffnen. Die Hürden, überhaupt eine Versammlung anzumelden, werden erhöht, etwa durch Listen mit den Namen und Adressen vorn Ordner*innen im Vorfeld abgegeben werden sollen. (Unter uns: Wir wollen uns angesichts all der extrem rechten so genannten Einzelfälle bei der Polizei lieber kein Bild davon machen, wo Listen mit Namen und Adressen von Nazi-Gegner*innen am Ende landen.)
Es scheint beinahe so, als wolle die Landesregierung möglichst viel dafür tun, damit Nazis in Ruhe demonstrieren können, ohne sich dabei ernsthaftem und spürbarem Widerspruch aussetzen zu müssen.
All diese im Gesetzesentwurf angelegten Maßnahmen verfolgen die Stoßrichtung, Versammlungen und Protest generell ein kriminelles Framing zu verpassen. Das schreckt ab und schüchtert ein: Selbst wenn Menschen eine klare Haltung gegen Neonazis und ihr Weltbild haben, werden sie es sich unter solchen Vorzeichen künftig zweimal überlegen, ob sie ob sie gegen einen Naziaufmarsch durch ihr Viertel auf die Straße gehen. Deswegen ist für uns klar: Diese autoritäre Verschärfung des Versammlungsgesetzes muss verhindert werden.
Wir werden auch in Zukunft dort sitzen oder stehen, wo Nazis demonstrieren wollen. Für uns gilt weiterhin: Keinen Meter den Nazis!

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Keine universitäre Plattform für Fundis! Wir fordern die Aberkennung der Professur von Dr. Paul Cullen von der WWU Münster! https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2021/02/17/keine-universitaere-plattform-fuer-fundis-wir-fordern-die-aberkennung-der-professur-von-dr-paul-cullen-von-der-wwu-muenster/ Wed, 17 Feb 2021 21:56:35 +0000 http://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=725 Continue reading ]]> Dr. Paul Cullen ist einer der führenden Köpfe im Netzwerk radikaler Abtreibungsgegner:innen in Deutschland. In Münster ist er vor allem als Leiter des MVZ-Labors sowie als außerordentlicher Professor an der Westfälischen-Wilhelms-Universität bekannt. Nun fordern AStA, Studierendenparlament und die kritischen Mediziner:innen die Aberkennung der Professur Cullens durch die WWU. Wir schließen uns dieser Forderung an und sagen: Keine universitäre Plattform für Antifeminismus, Antisemitismus und Verschwörungsideologien!

Unsere Pressemitteilung vom 18.02.2021:

Münster: Antifaschistische Linke fordert Aberkennung der Professur von Dr. Cullen von der WWU

Nachdem der AStA der WWU und die kritischen Mediziner*innen in einem gemeinsamen Statement die Verstrickungen von Dr. Paul Cullen ins Spektrum antifeministischer radikaler Abtreibungsgegner:innen aufgedeckt sowie antisemitische Äußerungen Cullens bei einem „Lebensschützer“-Kongress vor einigen Jahren kritisiert haben, regt der Mediziner nun an, die Studierenden der medizinischen Fakultät über die Fortsetzung seiner Tätigkeit für die WWU abstimmen zu lassen, anstatt die Universität diese Entscheidung selbständig treffen zu lassen.
Aus Sicht der Antifaschistischen Linken Münster eine ebenso absurde wie entlarvende Offensive des radikalen Abtreibungsgegners: “Antisemitische Äußerungen und die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes schwangerer Menschen sind indiskutabel. Vorzuschlagen, darüber abzustimmen, ist blanker Hohn für die Betroffenen.” so Merle Linkowski, Pressesprecherin der Antifaschistischen Linken Münster, “Die Universität muss und wird die Entscheidung treffen, ob solche Einstellungen mit ihren Werten und Haltungen übereinstimmen und sie sich weiterhin von jemandem wie Dr. Cullen repräsentieren lassen will.”

Das Auftreten von Dr. Paul Cullen in der öffentlichen Debatte um seine außerordentliche Professur bewertet die antifaschistische Gruppe als Anwendung einer klassischen Diskursstrategie der extremen Rechten. “Zuerst werden ganz bewusst Dinge gesagt, die indiskutabel sind, dann werden diese als ‘Privatmeinung’ relativiert, ohne sich davon inhaltlich zu distanzieren, und zugleich doch erneut versucht, das Unsagbare als Debattenbeitrag wieder ‘diskutabel’ zu machen. Gleichzeitig stellt man sich als Opfer einer vermeintlichen politischen Korrektheit oder Cancel Culture dar – obwohl man selbst es ist, der andere angreift und ihnen Rechte abspricht.” kommentiert Linkowski die Diskusstrategie des Mediziners. Diese Strategie ist aus der extremen Rechten seit vielen Jahren bekannt, insbesondere die sogenannte ‘Neue Rechte’ unter Ihnen viele Vertreter:innen der AfD greifen auf sie zurück. So auch Dr. Cullen, der in seiner antisemitischen Rede von 2016 die Ausführungen von Götz Kubitschek, einem Wortführer der ‘Neuen Rechten’, zur Erlangung der Diskurshoheit nahezu 1:1 reproduziert. “Diese Strategie ist ebenso bekannt wie gefährlich”, ordnet Linkowski die Ausführungen des Mediziners ein, “Dr. Cullen will keinen echten Dialog, er beansprucht für sich schlicht und einfach das Recht, ohne Kritik und Konsequenzen andere abwerten zu dürfen.”

Angesichts der bundesweiten Aktivitäten des radikalen Abtreibungsgegners ordnet die antifaschistische Gruppe auch dessen Selbstdarstellung als an einer sachlichen und vernünftigen Diskussion interessierten Person als Finte ein. “Dr. Cullen ist eine treibende Kraft im Netzwerk radikaler, oftmals fundamental-christlicher, Abtreibungsgegner:innen. Er fungiert als eine Art Sprachrohr der Bewegung – es geht ihm darum, seine religiös motivierte Strategie zu vermitteln. Das ist weit entfernt von einer wissenschaftlichen Debatte.”, so Linkowski zum Wirken Cullens außerhalb der WWU. Auch das Argument, er würde hier ‘zum Schweigen gebracht’, lässt die ALM nicht gelten: Über die Netzwerke radikaler Abtreibungsgegner:innen erhält der Mediziner viel Unterstützung, zudem hatte er mehrfach die Gelegenheit, in den lokalen Medien Stellung zu den Vorwürfen zu nehmen. “Dr. Cullen nutzt seine Professur von der WWU aktiv, um damit seine antifeministische Politik voranzutreiben. Das wird jetzt endlich und vor allem fundiert kritisiert. Das nennt man Diskurs, auch wenn es den selbsternannten ‘Meinungspluralisten’ nicht passt”, so Linkowski abschließend, “Die WWU tut gut daran, hier nicht auf bekannte rechte Diskursstrategien hereinzufallen und Dr. Cullen schnellstmöglich die Bühne für seinen ideologischen Kampf zu entziehen.”

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Für die Freiheit – für das Leben! Gegen das neue Versammlungsgesetz für NRW! Unser Redebeitrag am 13.02.2021 in Münster https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2021/02/13/fuer-die-freiheit-fuer-das-leben-gegen-das-neue-versammlungsgesetz-fuer-nrw-unser-redbeitrag-am-13-02-2021-in-muenster/ Sat, 13 Feb 2021 17:24:06 +0000 http://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=722 Continue reading ]]> Am 13. Februar 2021 hielten wir auf der anarchistischen Kundgebung  anlässlich des 100. Jahrestages von Peter Kropotkins Beerdigung in Münster einen Redebeitrag zum geplanten neuen Versammlungsgesetz für NRW:

Liebe Genoss:innen,

es steht ein trojanisches Pferd vor unserer Tür. Unter dem Vorwand des Kampfes gegen die extreme Rechte soll mit dem neuen Versammlungsgesetz für NRW die Versammlungsfreiheit massiv eingeschränkt werden. Der Schirmherr dieser Initiative ist ein Wiederholungstäter: Innenminister Herbert Reul setzt seit jeher auf Repression und Aufrüstung und hat bereits mit dem Polizeigesetz in NRW alles darangesetzt, der Polizei weitgehend freie Hand im Umgang mit unliebsamen, in der Regel emanzipatorischen, Bewegungen zu geben. Damit ist er nicht ganz durchgekommen, aber der Schaden, den das hoffentlich bald als verfassungswidrig kassierte Polizeigesetz angerichtet hat, ist beträchtlich.

Nun schickt sich also der werte Innenminister, der privat gerne mal Pickelhaube trägt, an, die Versammlungsfreiheit in NRW zu schleifen. Ursprünglich als Reaktion auf den Nationalsozialismus verherrlichende Naziaufmärsche an Gedenktagen und Erinnerungsorten geplant, ist das neue Versammlungsgesetz für NRW ein einziger autoritärer Albtraum – oder Traum je nach Perspektive – mit dem Potenzial, so ziemlich jede Aktionsform linker Bewegungen zu kriminalisieren und/oder zu verhindern! Und das Innenministerium hat sich noch nicht einmal Mühe gegeben, dieses trojanische Pferd wenigstens halbwegs zu tarnen. Ganz unverhohlen wird in der Begründung für den Gesetzesentwurfes klargemacht, worum es hier geht: Den Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes ein für alle Mal außer Kraft zu setzen.

Brokdorf ist ein Stachel, der bei den Freund:innen des autoritäre (Polizei)Staates tief sitzt. 1981 hatten dort bis zu 100.000 Menschen an der bis dato größten Demonstration in der BRD teilgenommen und diese gegen ein riesiges Polizeiaufgebot und weitreichende Demonstrationsverbote durchgesetzt. Teils friedlich, teils ungehorsam, teils militant. Die Polizei war letztendlich machtlos und musste sich teilweise zurückziehen. 4 Jahre später kippte das Bundesverfassungsgericht die in Brokdorf ausgesprochenen Demonstrationsverbote und stärkte das Recht auf Versammlungsfreiheit deutlich: Demonstrationen durften fortan nicht mehr aufgrund von möglichen oder tatsächlichen Ausschreitungen einiger Teilnehmender aufgelöst werden, die Anforderungen an polizeiliche Gefahrenprognosen wurden erstmals festgelegt und der Versuch, Anmelder:innen in Verantwortung für die Handlungen aller Teilnehmenden zu nehmen, wurde zurückgewiesen.

Genau dort setzt nun das Innenministerium NRW die Axt an. Der Brokdorf-Beschluss sei schlichtweg nicht mehr aktuell. Schuld sind: Die Medien. Denn aufgrund von deren “Sensationsbedürfnis” bestehe die Gefahr, dass Demonstrationen aufgrund “sensationeller” Aktionen überproportional viel Aufmerksamkeit erhalten würden. Im Klartext: Große linke Bewegungen wie Ende Gelände, BlockaDO oder HambiBleibt waren in NRW zu erfolgreich und man möchte nicht, dass sie weiterhin mit ihren Aktionen die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erlangen. Die Versammlungsfreiheit wäre dann schließlich nicht mehr “staatsstabilisierend”, so das Innenministerium. Damit ist über das Staatsverständnis von Herbert Reul und seinen schwarz-gelben und wohl auch blauen Freund:innen alles gesagt. Wir sagen hingegen: Liebe Genoss:innen, ihr habt eine Menge richtig gemacht. Denn Versammlungen müssen den Staat nicht stabilisieren, sie dienen ja gerade dazu, die herrschenden Verhältnisse zu kritisieren und im besten Sinne zu destabilisieren.

Aber sehen wir uns mal ganz konkret an, was mit dem neuen Versammlungsgesetz eingeschränkt werden soll und für wen das wirklich ein Problem darstellt.

Die Pflichten für Anmelder:innen werden verschärft, u.a. sollen sie ihren Namen öffentlich im Aufruf nennen und der Polizei Listen der Ordner:innen liefern. Für Nazis kein größeres Problem, sind sie doch seit den Kameradschaftsverboten in NRW mittlerweile fast vollständig in Parteien organisiert, die es ihnen ermöglichen, ebenso ungeniert wie nahtlos an ihre verbotenen Aktivitäten anzuknüpfen. Für Anmelder:innen linker Demos ist es hingegen oftmals ein Problem bis hin zu einer realen Gefahr durch extrem rechte Übergriffe, wenn Namen und Adresse bekannt werden. Und auf den Schutz der Polizei NRW, bei der nahezu wöchentlich extrem rechte, in Chatgruppen vernetzte “Einzelfälle” bekannt werden, sollte sich nun wirklich niemand verlassen.

Mit dem sogenannten “Militanzverbot” sollen paramilitärische Aufmärsche verhindert werden. Das ist aber bereits jetzt durch Auflagen und andere Gesetze möglich. Neu hinzu kommt nun ein so weit gefasster Begriff eines Auftretens, das “gewaltbereit” wirkt und geeignet ist, “einzuschüchtern”, dass darunter jeglicher Demoblock fallen kann. Sehr praktisch. Der “schwarze Block” wird in der Begründung explizit genannt und gleich mal in eine Reihe mit den Mörderbanden von SA und SS gestellt. Zukünftig reicht es also, wenn die Polizei sich eingeschüchtert fühlt, um Demos dann in gewohnter Brutalität wie z.B. beim G20-Gipfel aufzulösen. Die Nazis werden sich – mit Ausnahme der NSDAP-Trachtentruppe vom 3. Weg vielleicht – damit arrangieren können: Will man derzeit doch bewusst “bürgerlich” wirken und tritt daher eher ruhig und ordentlich, aber nicht minder menschenverachtend auf. Und möchte man das nicht – bislang sind Versammlungsbehörden und Polizei nicht gerade dafür bekannt, gegen rechte Aufmärsche sonderlich entschlossen vorzugehen, wenn sie beispielsweise gegen das Pyroverbot verstoßen.

Um Ruhe und Ordnung geht es auch beim neu eingeführten “Störungsverbot”. Das stellt sämtliche Störungsversuche und sogar Aufrufe und Vorbereitungen zu diesen unter Strafe. Künftig können also bereits Blockadetrainings kriminalisiert und verhindert werden. Und das obwohl Blockaden juristisch selbst als Versammlungen gelten. Spätestens hier wird die Begründung, es ginge um einen Kampf gegen die extreme Rechte, vollends absurd. Ziviler Ungehorsam durch Nazis ist dann doch eher die Ausnahme. Und falls es mal zu Sitzblockaden durch Nazis kommen sollte, helfen wir den Kamerad:innen gerne ganz unbürokratisch bei der Auflösung, dafür brauchen wir die Polizei dann auch nicht. Nein, mit dem Störungsverbot soll der Protest gegen die extreme Rechte auf reine Symbolpolitik reduziert werden. Und wir wissen: Das hilft nicht. Es wird nicht reichen, auf der anderen Seite der Stadt Bratwürste gegen rechts zu essen, wenn Neonazis sich Raum nehmen wollen. Protest muss der extremen Rechten die Räume nehmen und ihr weh tun.

Heute, am 13. Februar, jährt sich die Bombardierung Dresdens durch die Alliierten. Sie war jahrelang der Anlass für den größten Naziaufmarsch in Europa. Und dass dieser Aufmarsch Geschichte ist, liegt nicht etwa daran, dass CDU & FDP sich zusammen mit der NPD auf dem Heidefriedhof zum Trauern versammelt haben, sondern daran, dass Zehntausende Antifaschist:innen den Aufmarsch immer wieder blockiert, sabotiert und verhindert haben! Solidarische Grüße an die Menschen in Dresden, die dort trotz allem seit Jahren stabile antifaschistische Arbeit leisten! Wenn die Nazis wiederkommen, tun wir das auch und kein Versammlungsgesetz hält uns davon ab!

Wir wissen auch aus eigener Erfahrung, dass staatliche Verbote immer zweischneidig sind und ein Abwarten im Sinne von “das ist gut intendiert, das wird schon gut gehen” hat bisher nie etwas gebracht. Der Widerstand gegen die extreme Rechte bleibt Handarbeit, und zwar eine, bei der wir uns nicht auf den Staat verlassen dürfen! Nahezu alle Erfolge, die emanzipatorische Bewegungen in den letzten Jahren erreicht haben, wurden erkämpft. Ob mit Großdemos, Streiks, Blockaden, kreativen oder militanten Aktionen – geschenkt wurde uns und unseren Freund:innen nichts. Die Versammlungsfreiheit ist dafür elementar, erlaubt sie es uns doch, uns in aller Diversität zu versammeln und dann gemeinsam zu handeln. Und dieses Recht werden wir uns nicht nehmen lassen. Für die Freiheit – für das Leben! Alerta!

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Gut informiert. Solidarisch. Und vor allem: Entschlossen. – Unsere Redebeitrag bei den Protesten gegen die AfD am 30.01.2021 https://antifalinkemuenster.blackblogs.org/2021/01/30/gut-informiert-solidarisch-und-vor-allem-entschlossen-unsere-redebeitrag-bei-den-protesten-gegen-die-afd-am-30-01-2021/ Sat, 30 Jan 2021 21:16:24 +0000 http://antifalinkemuenster.blackblogs.org/?p=718 Continue reading ]]>

Zusammen mit mehr als 200 Menschen protestierten wir am 30.01.2021 vor Ort und online gegen den Kreisparteitag der extrem rechten AfD. In unserem Redebeitrag beleuchteten wir den Machtkampf zwischen Kreis- und Bezirksverband Münster und legen dar, warum wir uns von Labeln wie „gemäßigt“, „bürgerlich-konservativ“ oder auch „Mitte der Gesellschaft“ weder täuschen noch von Kritik abhalten lassen sollte:

Liebe Freund:innen,
verhasste AfD,

seit Jahren wird darüber gestritten, wie die “Alternative für Deutschland” passend zu bezeichnen ist. Diese Debatte begann kurz nach der Parteigründung 2013 und hält entgegen aller Erkenntnisse bis heute an.

In Kürze wird sich wohl auch der Verfassungsschutz mit seiner angeblichen “Expertise” einbringen, wenn dieser die AfD mutmaßlich unter Beobachtung stellen wird. Was im Zweifelsfall nur mehr Geld und einen gewissen Schutz vor Strafverfolgung für AfD-Mitglieder bedeuten wird, die bereit sind, dem Verfassungsschutz Dinge zu erzählen, die zumeist auch im Internet nachzulesen sind… Aber zurück zum Thema: Die Debatte um das korrekte Etikett für die AfD treibt teilweise absurde Blüten und nutzt vor allem einer: Dieser extrem rechten Partei selbst. Das lässt sich auch im Münsterland nachvollziehen:

Seit mehr als einem Jahr tobt hier ein offener Machtkampf zwischen dem Bezirksverband Münsterland unter dessen Vorsitzenden Steffen Christ und dem Kreisverband Münster unter Kreissprecher Martin Schiller. Um es von vorneherein klar zu stellen: Hier geht es nicht um Differenzen über die inhaltliche Ausrichtung der AfD im Münsterland, sondern allein um Macht, Ansehen und Geld.

Steffen Christ und der restliche Vorstand des Bezirksverbandes Münsterland sind seit jeher überzeugte Anhänger:innen der offen faschistischen und mittlerweile pro Forma aufgelösten Parteiströmung “Flügel” innerhalb der AfD. Das Szenario ist an Absurdität eigentlich nicht zu überbieten, wenn der Bezirksverband den Mitgliedern des Kreisverbandes ihre zahlreichen und belegten Kontakte zur offenen und militanten extremen Rechten oder ihre unsäglichen Relativierungen des Nationalsozialismus vorwirft, gleichzeitig aber selbst den Thüringer Faschisten Björn Höcke einlädt und einen Polizisten mit einer Vorliebe für Rechtsrockbands als Bürgermeisterkandidaten aufstellt.
Nicht minder absurd ist es allerdings auch, wenn Martin Schiller und seine Kamerad:innen im Kreisverband sich selbst als “bürgerlich-konservativ” bezeichnen und zugleich mit einem Neonazi wie Andreas Kalbitz ergebnissoffen reden wollen, bekannte Neonazis wie Markus Rahmsdorf als Securities im Wahlkampf einsetzen, enge persönliche Freundschaften zur sogenannten “Identitären Bewegung” pflegen und neonazistische, ns-relativierende Postings aus ihrem Kreis gegenüber der Presse als “Geschmackssache” bezeichnen.

Nein, der Machtkampf innerhalb der AfD im Münsterland ist keineswegs ein Ausdruck inhaltlicher oder ideologischer Differenzen. Es geht noch nicht einmal um Differenzen hinsichtlich der eigenen Kommunikationsstrategie oder Außenwirkung. Da ist man sich einig: Man will zwar weiterhin alles sagen dürfen, aber zur extremen Rechten will man sich partout nicht zählen lassen. Stattdessen gibt man sich entgegen aller Offensichtlichkeiten das Label “bürgerlich-konservativ” und nutzt jede Gelegenheit, dieses Label bei der parteiinternen Konkurrenz zu beschädigen. Mittlerweile laufen zwischen Kreis- und Bezirksvorstand gegenseitige Parteiausschlussverfahren, es werden Persönlichkeitsstudien verbreitet, Unterlassungen verlangt und teils unterhält man sich nur noch über anwaltliche Post.

Die Heftigkeit, mit der dieser Konflikt geführt wird, zeigt auch, welche Rolle das Label “bürgerlich-konservativ” für die AfD spielt: Es macht sie für die sogenannte “Mitte der Gesellschaft” zumindest theoretisch noch wählbar. Wer “bürgerlich” und “konservativ” wählt, ist eben kein “Nazi” und gehört weiter zum vermeintlich “anständigen” Teil der Gesellschaft. Die AfD schafft es auf diese Art und Weise, an den etablierten Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und sonstige reaktionäre Einstellungen einer vermeintlich demokratischen “Mitte der Gesellschaft” anzudocken und auch dort Wähler:innen zu gewinnen. Langzeitstudien belegen, dass bis zu 5% der Menschen in Deutschland ein geschlossen extrem rechtes Weltbild haben, rassistische Vorstellungen werden teils von mehr als einem Drittel der Befragten geteilt, antisemitisch denkt bis zu einem Viertel der Leute. Die AfD hat es wie keine andere extrem rechte Partei zuvor geschafft, dieses Potenzial für sich zu aktivieren.

Das liegt zum einen an der Rekrutierung ihres Personals aus diesem menschenverachtenden Potenzial der vermeintlichen Mitte, zum anderen aber auch daran, dass bislang bewährte Strategien, die extreme Rechte im politischen Diskurs als solche zu benennen und dann auszuschließen, im Fall der AfD lange scheiterten. Das Label “Nazi” passte und passt für die Gesamtpartei nicht richtig und so verstand es die AfD, dem eine Inszenierung einer “konservativen” Partei mit einer angeblich gemäßigten Mitte und einem extrem rechten Flügel entgegen zu setzen. Auch antifaschistische Gruppen wie wir taten sich lange schwer, damit einen adäquaten Umgang zu finden.

Dabei ist es gar nicht so schwierig: Auch ohne einen offenen Bezug zum Nationalsozialismus ist und bleibt die AfD eine extrem rechte Partei. Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus, Nationalismus, patriarchale Rollen- und Geschlechterbilder und Geschichtsrevisionismus sind seit jeher ihre Kernthemen. Es braucht keine “Nazi-Skandale”, um die AfD als extrem rechts zu erkennen. Und die Konsequenz daraus kann für alle die sich als antifaschistisch verstehen, kann nur sein, sich jeglichem politischen Diskurs mit ihnen zu verweigern und ihre Arbeit zu sabotieren, wo es nur geht!

Wir sind es leid, AfD-Mitglieder sorgfältig in gemäßigte Rassist:innen, konservative Sexist:innen, liberale Antisemit:innen usw. zu unterteilen und anschließend darüber zu diskutieren, ob das für das Label “Nazi” oder “Faschist:in” ausreicht. Lasst sie uns stattdessen als das benennen was sie sind: Mitglieder einer extrem rechten Partei. Lasst uns konsequent benennen, was sie tun. Und dann sollten wir zugleich fragen, warum die AfD damit bei so vielen Menschen anknüpfen kann und welche Rolle die Politik anderer “bürgerlicher” Parteien dabei spielt. Um uns dann in der Konsequenz allen Rassist:inen, Antifeminist:innen und Antisemit:innen in den Weg zu stellen und ihnen die Räume zu nehmen! Gut informiert. Solidarisch. Und vor allem: Entschlossen. Alerta!

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