Erst am 11.10. durchsuchte die Polizei in Nürnberg die Wohnungen von 6 Personen mit dem Vorwurf, durch Graffiti die Antifa verherrlicht zu haben. Darüber hinaus wurde ihnen die Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB zur Last gelegt. Dieser Vorfall reiht sich in eine lange Liste an Repressionen ein, mit derer Hilfe die Polizei das unterdrückerische System erhält.
Teil dieses Staats sind faschistische Strukturen, die gerade in einem gewalttätigem System wie der Polizei zutage treten. Das liegt daran, dass die Polizei kein repräsentatives Abbild der Gesellschaft ist und sich Menschen mit Neigung zur Gewalt und Interesse an Ausübung von Macht stark zu dieser Berufsgruppe hingezogen fühlen. Ein weiteres Problem ist die Sozialisierung und Kultur der Polizei an sich, die auch Menschen mit vermeintlich positiven Absichten durch die alltägliche Konfrontation mit Gewalt, den latent faschistischen Strukturen und den Erfordernissen des Polizeidiensts prägt.
Neben der gerechtfertigten Kritik an der Polizei geht es uns besonders um die Bekundung unserer aufrichtigen Solidarität mit allen Betroffenen polizeilicher Gewalt und staatlicher Repressionen. In diesem Zuge möchten wir noch einmal auf die Situation der Genoss*innen aus Nürnberg hinweisen. Weitere Infos, sowie ein Solitext mit Spendenaufruf, finden sich unter alleantifa.noblogs.org.
Zur generellen Polizeikritik empfehlen wir den Podcast Übertage, Folge 105 „über die Polizei“.
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
#1312 #acab #solidarität #freiheitfürallepolitischengefangenen #wirsindalleantifa #wirsindalle129 #antifawürzburg
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Veganes Kartoffelgulasch
Sonntag, 19.12.
Bestellung möglichst bis 17.12. an [email protected]
Am Sonntag, den 19. Dezember wird es leckeres veganes Kartoffelgulasch – auf Wunsch auch sojafrei – gegen Spende geben. Die Küfa könnt ihr euch entweder in der Zellerau abholen (genauer Ort wird euch in einer Antwort-E-Mail mitgeteilt) oder wir bringen es euch bei Großbestellungen (sechs oder mehr Portionen) direkt an die Haustüre. Für Großbestellungen könnt ihr euch auch gerne mit euren Nachbar*innen zusammentun und gemeinsam bestellen. Spenden sollten bei der Auslieferung/Abholung direkt vor Ort mit Bargeld überbracht werden. Bestellungen per E-Mail bitte möglichst bis 17.12.2021 über [email protected], damit wir ordentlich planen können. Nachzügler*innen können bis Samstag früher Nachmittag berücksichtigt werden. Bei Lieferverzögerungen sind wir ebenfalls unter o.g. E-Mailadresse erreichbar.
Bitte fügt eurer E-Mail folgende Informationen hinzu: – Für wie viele Personen bestellt ihr?
– Mit oder ohne Soja
– Abholung in der Zellerau oder Lieferung?
– Adresse (evtl + Klingelschildnamen + Stockwerk)
Die Daten werden selbstverständlich vertraulich behandelt, direkt nach der Liefer-Küfa vernichtet und für nichts anderes als die Koordinierung der Auslieferung verwendet. Liefern können wir nur in folgenden Stadtteilen: Altstadt, Sanderau, Frauenland, Grombühl, Zellerau. Weitere Infos, beispielsweise zu Allergenen und Antworten auf eventuelle Fragen bekommt ihr per E-Mail an [email protected]. Falls gewünscht ist auch eine verschlüsselte Kommunikation per PGP möglich. Den Key lassen wir euch dann zukommen. Die
MiezeKoze ist ein kollektives Zentrum in Grombühl, das verschiedenen zivilgesellschaftlichen Initiativen einen Raum bietet. Außerdem finden hier normalerweise regelmäßige Veranstaltungen und Vorträge statt. Die Pandemie stellt für das Projekt eine große Herausforderung dar, da sämtliche Einnahmen zur Finanzierung der Miete aktuell wegfallen. Mit eurer Spende leistet ihr einen Beitrag zum Erhalt dieses Freiraums!
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Gedenkkundgebung für die Opfer des 25. Juni in Würzburg: Freitag, 2. Juli, ab 19 Uhr am Würzburger Bahnhofplatz.
Wir sind schwer getroffen und noch immer schockiert von den Ereignissen, die sich letzten Freitag rund um den Barbarossaplatz zugetragen haben. Unser aller Mitgefühl gilt denjenigen, die die Tat vor Ort miterleben mussten, den Betroffenen, den Verletzten und den Angehörigen der Toten.
Während viele noch mit der Verarbeitung der Ereignisse beschäftigt sind, formiert sich im Netz bereits der rechte Mob, der massiv versucht, die Situation in Form einer rassistischen Lesart zu instrumentalisieren. In der Folge wurde durch ein Mitglied des Bundestags der AfD am kommenden Freitag um 17 Uhr am Barbarossaplatz eine Kundgebung angemeldet, um diese Stimmung auch konkret auf die Straße zu tragen. Um allen Würzburger:innen dennoch ein angemessenes Gedenken zu ermöglichen und dabei einer rechten Instrumentalisierung der Taten entschieden entgegenzutreten, rufen wir zur Teilnahme an einer Gedenkkundgebung um 19 Uhr am Würzburger Hauptbahnhof auf.
Gemeinsam bemühen wir uns zusätzlich um eine sachliche Einordnung der Tat, die – trotz vieler öffentlicher Bekundungen – noch immer auf sich warten lässt. Man kann jedoch nicht die Augen davor verschließen, dass der Täter gezielt weiblich gelesene Personen angriff und ermordete. Deshalb ist die Tat als Femizid zu benennen. Indizien, die für ein islamistisches Motiv sprechen, sind vorhanden, lassen aber bisher kein abschließendes Urteil zu. Eine umfassende Aufklärung des Amoklaufs und seiner Hintergründe muss geschehen.
Kommt am Freitag zahlreich zum Hauptbahnhof, um zu gedenken sowie eure Trauer und euer Mitgefühl auszudrücken. Für ein gewisses Kontingent an Blumen und Kerzen sorgen die veranstaltenden Gruppen. Bringt trotzdem gerne weitere mit, um sie niederzulegen.
Es rufen auf: Antifa Würzburg, Schwarzlicht Würzburg, Gegen_Gewalt, Fridays For Future Würzburg, Gruppe Klein-Nizza – Radikale Linke Würzburg, Ende Gelände Würzburg, Mehr als 16a, Seebrücke Würzburg, Sea-Eye Würzburg und Hermine e.V.
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Immer wieder werden wir auf Social Media Plattformen angeschrieben. Menschen fragen, ob wir Fotos von ihnen auf der Demo haben – für ihr Instagram. Andere posieren mit Antifa-Fahne und verlinken uns. Wieder andere stellen Fotos von Demonstrationen unverpixelt hoch. Den wenigsten ist hierbei wohl bewusst, wie gefährlich ihr Handeln ist.
Handys
Nehmt keine Handys mit auf Demonstrationen! Erst recht nicht, wenn z.B. strafrechtlich relevante Inhalte darauf zu finden sind! Es kann jederzeit passieren, dass ihr – auch ohne irgendwas gemacht zu haben – in einer Maßnahme landet und Cops euch die Handys abnehmen. Außerdem: verschlüsselt eure Handys, Laptops, etc.! Immer! Außerdem lässt sich über Funkzellenabfragen nachvollziehen, wo ihr euch wann aufgehalten habt. Wenn ihr zur besseren Koordination unbedingt Handys mitnehmen wollt, besorgt euch Demohandys mit unregistrierten SIM-Karten, die ihr nur dafür benutzt. Die Genoss:innen von Schwarzlicht Würzburg geben sich größte Mühe alle Veranstaltungen für euch zu dokumentieren und euch mit Fotos und Videos Impressionen zu liefern. Ihr braucht eure Handys also nicht. Womit wir beim nächsten Punkt wären:
Fotos und Videos
Macht keine Fotos oder Videos von Demonstrationen! Und postet sie schon gar nicht online! Gerade unverpixelte Fotos von Veranstaltungen erleichtern Verfassungsschutz, Polizei und Nazi-Recherchen die Arbeit. Sie können dann nicht nur zuordnen, wer auf welcher Demo war, sondern vielleicht auch am Rande geschehene Ereignisse nachvollziehen und die involvierten Personen identifizieren. Wir möchten euch hier verdeutlichen, dass ihr nicht nur euch selbst in Gefahr bringt, weil staatliche Repressionsorgane und Nazis eindeutig zuordnen können, dass ihr die Veranstaltung besucht habt, sondern ihr evtl. noch Andere staatlicher – oder faschistischer – Repression aussetzt. Denn auch Rechte sammeln Namen und Adressen. Im schlimmsten Fall statten sie einen gewalttätigen Hausbesuch ab. Ein weiterer Aspekt, weshalb ihr auf keinen Fall unverpixelte Demofotos posten solltet, sind Stalker:innen und/oder gewalttätige Expartner:innen. Ja, auch mit Maske oder Vermummung lassen sich bekannte Gesichter ziemlich leicht zuordnen. Wenn nun eine Person vor ihrem:r Expartner:in in eine andere Stadt ziehen musste und diese entdeckt auf Social Media Plattformen zufällig die Betroffene Person, kann das gefährlich bis tödlich enden. Haltet euch vor Augen, dass jeden Tag ein Mann versucht seine (Ex)Partnerin zu töten und es jeden dritten Tag gelingt.
Kommunikation
Ihr könnt uns gerne jederzeit zu allem anschreiben. Wenn ihr Fragen habt, Hilfe braucht oder ähnliches. Aber bedenkt bitte stets, dass Kommunikation über soziale Netzwerke nicht sicher ist! Schreibt uns also auf keinen Fall strafrechtlich relevante Infos! Auch andere Dinge, die euch, uns oder andere potenziell in Gefahr bringen/Repression aussetzen könnten, bitte auf keinen Fall schicken! Belastet euch nicht selbst und belastet auch keine anderen! Darüber hinaus betrifft Repression nicht nur Einzelpersonen, sondern auch die Bewegung und ihre Ziele. Denn treffen tut es einzelne, gemeint sind wir alle. Es gibt sichere Kommunikationswege! Schickt uns eine über PGP verschlüsselte Mail.
Namen
Würzburg ist klein. Menschen kennen sich, Menschen erkennen sich. Doch bitte bedenkt, dass jederzeit ein Zivi-Cop, der Staatsschutz oder gar ein Fascho in Hörweite stehen könnte. Schreit/ruft auf gar keinen Fall Klarnamen durch die Menge!
Gewalt
Demonstrationen sind keine Spaßveranstaltungen und auch wenn es oftmals danach aussieht keine Spaziergänge. Ja, mensch redet, mensch lacht. Aber macht euch bewusst, dass es jederzeit seitens der Polizei oder Rechten zur Eskalation kommen kann und ihr somit schnell und beweglich sein solltet. Deshalb lasst eure Fahrräder lieber am Kundgebungsbeginn stehen, kein Wochenendeinkauf und keine Stöckelschuhe oder Badelatschen. Bleibt bei Menschen, die ihr kennt, lasst keine Personen alleine und keine großen Lücken in der Demonstrationskette, was den Vorteil hat, das die Demonstration nicht so leicht durch Übergriffe gespalten werden kann. Handelt stets so, dass ihr euch und andere nicht in Gefahr bringt! Kommt es zu (Polizei)Gewalt versucht Ruhe zu bewahren und als Gruppe geschlossen zu bleiben. Achtet aufeinander und schaut ob Personen Hilfe benötigen. Meldet euch danach gerne bei uns! Denkt hierbei jedoch unbedingt wieder an sichere Kommunikation und belastet euch auf keinen Fall selbst!
Don‘t talk to Cops!
Hierzu gibt es gar nicht viel zu sagen. Tut es einfach nicht! Alles was ihr sagt kann gegen euch verwendet werden!
Bezugsgruppen und Aktionskonsens
Lauft nicht alleine durch die Gegend! Seid aus Selbstschutz immer in Bezugsgruppen oder zumindest zu Zweit unterwegs. Bezugsgruppen haben den Sinn, dass eine kleine Anzahl an Leuten sich stets im Auge hat und nicht verliert (auch ein Buddy-System bei Bezugsgruppen über 3 Leuten kann hilfreich sein). Bezugsgruppen und die beteiligten Personen haben Wegwerf-Namen, die vorher geklärt werden und einen gemeinsamen Aktionskonsens. Das heißt, ihr klärt vorher (ohne Handys, Laptops oder andere Mikrofone im Raum!) ab, zu was und zu wie viel ihr bereit seid, was euer Ziel auf der Demo ist und wo eure persönlichen Grenzen liegen. Der Aktionkonsens der Gruppe liegt immer nur so hoch, wie das Aktionslevel der Person mit dem niedrigsten Level! Drängt niemanden zu einem höheren Aktionslevel!
Aktionen und Awareness
Macht euch bewusst, dass ihr Aktionen, wie Sitzblockaden, nicht zwingend durchziehen müsst! Wenn es euch nicht gut geht, ihr mit der Situation nicht klarkommt, könnt ihr jederzeit abbrechen! Wenn es euch nicht gut geht, ihr Angst habt, vor einer Panikattacke steht oder ähnliches, sprecht uns an! Wir versuchen nach Kräften zu helfen! Auch wenn ihr im Nachhinein merkt, dass ihr mit der erlebten Situation nicht klar kommt, könnt ihr uns jederzeit schreiben. Wir sind für euch da und wir hören euch zu, wenn ihr reden wollt! Wenn ihr Repression erfahrt, meldet euch bei der Roten Hilfe! Im Moment werden auch Konzepte erarbeitet, wie die Awareness auf unseren Demos und anderen Veranstaltungen verbessert werden kann.
Unter folgendem Link findet ihr zahlreiche Flyer der Roten Hilfe mit wichtigen Informationen rund um das richtige Verhalten bei Demonstrationen, Hausdurchsuchungen, Pfefferspray oder Repression zum kostenlosen Download. Wir legen euch dringend nahe, diese Flyer zu lesen! https://rote-hilfe.de/downloads1/category/3-was-tun-wenn-s-brennt-und-rechtshilfe-infoflyer-zu-spezifischen-themen Den „Was tun, wenn‘s brennt?“-Flyer legen wir euch hierbei besonders ans Herz. Er stellt ein ausführliches Demo 1×1 dar. https://rote-hilfe.de/downloads1/category/3-was-tun-wenn-s-brennt-und-rechtshilfe-infoflyer-zu-spezifischen-themen?download=2:was-tun-wenns-brennt-rechtshilfetipps-ausgabe-2020 Ebenfalls empfehlen wir für Informationen zur Computersicherheit und zur Verschlüsselung von Nachrichten die Webseite der Gruppe DISSENS. https://dissens.noblogs.org/computersicherheit/
]]>Gewalt sichtbar machen!
Am meisten leiden die darunter, sie sich am wenigsten wehren können.
Wir solidarisieren uns und kämpfen gemeinsam für eine friedlichere Zukunft!
Im November 1998 hielt Gwendolyn Ann Smith eine Mahnwache, nachdem Rita Hester in ihrer eigenen Wohnung erstochen und ermordet wurde. Seitdem wird jedes Jahr weltweit am 20. November gemeinsam und solidarisch auf transfeindliche Gewalt und deren Verschränkung mit weiteren Gewaltformen wie Rassismus, Sexismus, und Klassismus aufmerksam gemacht. PoC, Sexworker*innen und Migrant*innen bilden hierbei die größte Gruppe, die von dieser Gewalt betroffen sind. In den letzten 12 Monaten wurde weltweit die Ermordung von mehr als 350 Trans* und genderdiversen Personen bekannt. Von 1998 bis heute sind es über 3, 500. Da trans*feindliche Verbrechen in vielen Ländern statistisch nicht aufgezeichnet werden, ist die Dunkelziffer vermutlich noch viel höher. Wie auch bei der Ermordung von Rita Hester, werden die Fälle meist nicht aufgeklärt und kaum in den Medien bekanntgegeben. Gleichzeitig steigen die Zahlen jährlich, und die höchsten Mordraten werden kontinuierlich in Brasilien, Mexiko und den USA erfasst.
Wir verbünden uns mit Wut gegen Gesellschaftssysteme, in denen Trans*menschen und die Gewalt, die sie tagtäglich erfahren, unsichtbar gemacht werden. Wir werden, für die im Jahre 2019 aus Transfeindlichkeit ermordeten Personen, Kerzen anzünden und die Namen verlesen, um die von ihnen erfahrene Gewalt sichtbar zu machen.
]]>Der Krieg ist nichts anderes als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel.
– Carl von Clausewitz
Die Lüge ist eines der wirkungsvolleren Instrumente der Politik und des Krieges. Mächtiger noch als die Lüge ist die Verschwörungstheorie. Die Verschwörungstheorie ist leicht gesagt und schwer widerlegt. Je absurder die Verschwörungstheorie ist, desto wirkmächtiger ist sie, gesetzt dem Fall, es sind einige wahre Brocken eingestreut. Wer sich an einer Widerlegung wagt, gehört zu denen, denn anhand der bruchstückhaften Wahrheit kann jedem Menschen mit halbwegs offenem Verstand die Korrektheit des Restes gezeigt werden.
Die Erklärung von Riseup4Rojava BRD vom 27. Oktober 2019 enthält einiges an Wahrem. Unbestreitbar ist, dass die Türkei am 9. Oktober 2019 mit der großräumigen Besetzung des türkisch-syrischen Grenzgebietes, das unter de-facto-Kontrolle der kurdischen Bevölkerung steht und sich 2016 als Rojava konstituiert hat, begann. Wahr ist, dass der ”Krieg gegen Rojava [. . . ] kein Krieg [ist], der sich lediglich um einige Kilometer Land dreht.“ Wahr ist, dass der türkische Angriffskrieg nur ein Teil eines größeren Plans zur ”[. . . ] Vernichtung der Revolution Rojavas ist.“ Wahr ist, dass „jeder Staat seine eigenen Interessen verfolgt“. Und sinnvoll sind die vier Forderungen, die zum Schluss der Erklärung proklamiert werden: Rückzug der türkischen Armee, Stopp der Zusammenarbeit mit der Türkei, eine politische Lösung für Syrien und Stopp der Kriminalisierung kurdischer Aktivist*innen.
Unwiderlegbar bereits im Prinzip und damit wahlweise im theologischen Religion oder im politischen Verschwörungstheorie ist der gesamte Rest.
Das Traktat von Riseup4Rojava BRD konstatiert noch korrekt, dass Staaten Partikularinteressen haben. Diese Interessen seien sogar tiefe Widersprüche“. Anstatt aber diese Widersprüche zu untersuchen und darzulegen, wie sich die Interessen der verschiedenen Mächte manifestieren und sie versuchen, sie durchzusetzen, behauptet das Traktat nun, diese seien nur an der „Oberfläche“. Mit einer solchen Behauptung lässt sich alles und nichts widerlegen: Alles, was ist, scheint nur zu sein und ein Vorwand für die wahren Beweggründe. Obgleich im Rahmen des Möglichen, wie bei jeder Verschwörungstheorie, kann gezeigt werden, dass die Handlungen der meisten Mächte rationalen kurz-, mittel- und langfristigen Motiven folgen oder sie schlicht zur Reaktion gezwungen werden. Realistisch ist daher, dass deren Handlungen zum Erreichen ihrer rationalen vorgeblichen Ziele nicht
nur geschickte Verschleierungen des großen Plans sind, sondern tatsächlich Handlungen zum Erreichen ihrer rationalen echten Ziele.
Die Türkei fühlt sich von der Revolution in Rojava direkt bedroht. Hintergrund ist weniger die Gefahr der Unterstützung kurdischer „Terroristen“ durch die kurdische Bevölkerung jenseits der türkisch-syrischen Grenze, sondern die latente Gefahr der Wiederholung einer kurdischen Autonomiebestrebung auf türkischem Gebiet. Statt, wie von Riseup4Rojava BRD behauptet, „ein ideologischer Krieg“ des Autokraten Erdogan, der von jeder poltischen Raison abgekoppelt ist, hat die Türkei auch abseits der Person Erdogan handfeste langfristige Interessen in Form der Aufrechterhaltung ihres eigenen Staatsgebietes. Ein autonomes Kurdistan an der Südflanke der Türkei kann dem Selbstbewusstsein der kurdischen Bevölkerung innerhalb der Türkei nur Auftrieb verschaffen. Fakt ist, nicht nur Erdogans AKP und die Faschisten von der MHP stehen hinter dessen Entscheidung, sondern auch Erdogan-Kritiker von der CHP. Selbstverständlich ist es ein positiver kurzfristiger Nebeneffekt im Pokerspiel des Machtpolitikers Erdogan, wenn sich die gesamte Nation in Zeiten schwindender Beliebtheit und zunehmender wirtschaftlicher Probleme hinter ihm sammelt.
Der syrische Staat steht mit dem Einmarsch der Türkei auf de-jure-syrisches Territorium formal auf der Verliererseite des Krieges. Tatsächlich jedoch ermöglicht der Angriff auf de-facto-kurdisches Gebiet dem Assad-Regime die verloren gegangene Kontrolle über diese Regionen zurückzuerwerben. Da die Kurden keine Ressourcen haben, dem türkischen Ansturm über längere Zeit effektiv zu widerstehen, müssen sie sich wieder an den de-jure-Souverän wenden, seine Grenzen zu verteidigen, und damit eigene Autonomie aufgeben. Für die syrische Regierung ist daher die Situation ambivalent: Nur wenn die Türkei ihre Truppen wieder aus den kurdischen Gebieten abzieht, hat sie nach dem Angriff mittelfristig wirklich etwas gewonnen; verloren hat sie kurzfristig auf jeden Fall, denn sie zeigt sich machtlos ob einer Verletzung ihres Staatsgebiets.
Für die Europäische Union ist der türkische Angriff eine politische Katastrophe. Durch das EU-Türkei-Abkommen von 2016, umgangssprachlich „Flüchtlingsdeal“ hat die Türkei die Europäische Union in Geiselhaft genommen. Allen humanitären Lippenbekenntnissen zum Trotz kann sich die Staatengemeinschaft den Bruch mit der Türkei nicht leisten. Die Staatengemeinschaft zeigt dadurch erneut ihre Handlungsunfähigkeit auf dem internationalen diplomatischen Parkett.
Iran kann durch den türkischen Angriff nur gewinnen. Es war zu keiner Zeit das erklärte Ziel der Türkei, den syrischen Staat zu beseitigen. Stattdessen wird durch dessen Schwächung die Notwendigkeit für eine engere Bindung an die befreundete Regionalmacht samt wachsender Abhängigkeit größer. Auch die indirekte Waffenhilfe der Türkei für den sogenannten Islamischen Staat durch Schwächung dessen kurdischer Gegner führt für Assad zur Notwendigkeit der Aufstockung iranischer Truppenkontingente in Syrien. Iran steigt dadurch weiterhin zur Regionalmacht auf und deht seine Einflusssphäre an die Grenzen seines Erzfeindes Israel aus.
Russland hat keine eigenen Interessen am Nahen Osten. Syrien und Russland sind traditionell Verbündete und das Assad-Regime benötigt Russland als Vetomacht im UN-Sicherheitsrat. Andererseits hat seit einiger Zeit in den dipolmatischen Beziehungen zwischen der Türkei und Russland Tauwetter eingesetzt; sogar Verträge über Rüstungsgüter wurden geschlossen. Das Schicksal von Rojava ist für Russland nicht von Belang; es erscheinen als Bauer auf dem Schachbrett der Großmächte. Putin kann sich so, vor allem nach dem Rückzug der US-Truppen von der syrisch-türkischen Grenze, als neutraler Diplomat profilieren und dadurch seine Reputation als Gegenpol zur unter Trump unberechenbar gewordenen USA in der arabischen Welt steigern.
Die NATO steht nach dem Vorstoß des NATO-Mitglieds Türkei vor einem Dilemma, in das sie vor allem der Abzug der US-Truppen gebracht hat. Sie hat die kurdischen Streitkräften im Kampf gegen den Islamischen Staat mit Waffen versorgt hat, die nun von der Türkei zum casus belli erhoben werden. Während die fortwährende Stationierung von US-Truppen auf de-facto-kurdischem Territorium zum Patt führte, da die Türkei keine NATO-Verbündeten angegriffen hätte, hat Trump die NATO ohne Not in eine Zwickmühle manöviert. Sie kann durch den türkischen Angriff nur verlieren, da sie ihre (temporären) Verbündeten, den Kurden, in den Rücken fallen muss oder sie gegen ein (dauerhaftes) Mitgliedsland unterstützen müsste. Rojava ist auch für die NATO nur ein Bauer, der ohne Kompensation und mit langfristigem Imageverlust geopfert wird.
Abseits dieser sich diametral gegensätzlich darstellenden Schachzüge der beteiligten Mächte soll es aber „direkte Absprachen“ zwischen ihnen geben. Mit anderen Worten, die beteiligten Staaten spielten nur ein „hässliches Theaterspiel“ und ihre eigentlichen Interessen seien ganz andere. Worin diese eigentlichen Interessen bestehen, darin bleibt das Traktat absichtlich vage. Konkret als wichtigster Punkt ist der Angriff auf „eines der zentralen Standbeine der gesellschaftlichen Entwicklung: die Frauenrevolution“ genannt, als ob das vorrangige gemeinsame Ziel von NATO und Russland trotz all ihrer Differenzen die Zerschlagung der „Frauenrevolution“ wäre. Statt dessen nebulös wird den „imperialistischen Staaten“ der Wunsch nach der „Reorganisierung des mittleren Ostens [. . . ] wie vor 100 Jahren“ in den Mund gelegt.
Fakt ist, dass vor 100 Jahren im Vertrag von Sèvres die Siegermächte des Ersten Weltkriegs das osmanische Territorium untereinander aufteilten. Sèvres liegt nicht nur geografisch auf einer Linie mit Neuilly-sur-Seine, Saint-Germain, Trianon und selbstverständlich auch Versailles. Die Pariser Vorortverträge beendeten den Ersten Weltkrieg, wobei die Siegermächte zugleich nicht die Kriegsverursacher waren. Es ist daher nur verständlich (im damaligen Kontext mehr als in der historischen Retrospektive), dass diese Mächte ein gemeinsames Interesse an der Verhinderung eines erneuten Kriegszustands zeigten und den besiegten Aggressoren durch territoriale Annexionen die Möglichkeit der baldigen Kriegsführung nehmen wollten. Dass der Vertrag von Versailles ein Machwerk des internationalen Imperalismus sei, wurde bald auch zum Narrativ der NSDAP und ist heutzutage noch das Argument schlechthin jedes Geschichtsrevisionisten. Die erneute Zutageförderung des Vertrags von Sèvres in diesem Zusammenhang höhnt daher jeglichem geschichtlichen Zusammenhang. Als Treppenwitz bleibt noch zu erwähnen, dass nach Sèvres den Kurden ein eigener Staat zugestanden wurde. Unter der Annahme, alle Großmächte hätten tatsächlich ein gemeinsames Interesse an einer Aufteilung Rojavas, verstecken sie es sehr gut. Es gibt keine Resolution im UN-Sicherheitsrat zum Thema Syrien, die nicht an mindestens einem Veto der ständigen Mitglieder gescheitert wäre. Fakt ist, nur durch die Entfernung Rojavas von der Karte würde noch keine terra nullius geschaffen, sondern Syrien als de-jure-Souverän würde das Gebiet beanspruchen. Aufgrund der Positionierung der Europäischen Union gegenüber Assad kann dies nicht im Interesse der ständigen Mitglieder Frankreich und Großbritannien sein. Auch die Weltmacht USA kann keinen Einfluss auf Syrien geltend machen. Der weitere Gedanke, das gesamte Gebiet des syrischen Staates, also sowohl den de-facto-Souverän als auch den de-jure-Souverän auszuschalten, um die gesamten Region wie nach Sèvres einem Vökerbundmandat zu unterstellen, oder alternativ brute-force zu kolonialisieren, ist im 21. Jahrhundert ein phantastisches Werk, das noch nicht einmal Putins Expansionsplänen entsprungen sein kann.
An Phantasie kann es diese von Riseup4Rojava BRD proklamierte Weltverschwörung, laut der die tatsächlichen Handlungen und Erklärungen der Staaten nicht mit ihren beabsichtigten Zielen übereinstimmen und diverse Machthaber keine Macht haben, sondern von dunklen Mächten (hier den imperialistischen Staaten – welche genau, bleibt im Unklaren) gelenkt werden, problemlos mit den Protokollen der Weisen von Zion aufnehmen. Tatsächlich, von der imperalistischen Neuordnung des Nahen Ostens unter Rückgriff auf das britische Mandatsgebiet über Palästina zwischen 1922 und 1948 bis zum Antisemitismus ist es ein sehr kurzer Schritt, denn das Hauptprodukt dieses Mandats über Palästina war die Entstehung des Staates Israel auf dem Gebiet des ehemaligen Osmanischen Reichs. Eine undifferenzierte Beharrung, die imperalistischen Mächte hätten eine „Ordnung [. . . ] gegen die Interessen der lokalen Bevölkerung“ nach Sèvres durchgesetzt, ist daher gleichbedeutend mit dem Satz: Die imperialistischen Mächte haben den Staat Israel nach Palästina gepflanzt, worauf weder sie noch er eigentlich ein Recht gehabt hätten. Und mit dem Nachsatz, Riseup4Rojava BRD sage „klar, dass diese Entscheidungen [. . . ] nicht akzeptiert werden, diese haben keinerlei moralisch-politische Legitimität“, redet die Organisation den Leugnern des Existenzrechts von Israel nach dem Munde. Vor allem, da der Staat Israel faktisch der größte Nutznießer der Neuordnung des Osmanischen Reichs wurde – ohne Sèvres und Völkerbundmandat wäre dieser Schritt nie möglich gewesen –, schwingt im Traktat von Riseup4Rojava BRD die Konnotation mit, die Türkei habe kein echtes Interesse an der Besetzung Rojavas, die Großmächte spielten nur ihr „Theaterstück“, ergo müsse der Regisseur respektive Puppenspieler die Macht mit den wahren Interessen im Nahen Osten sein. Dieses Narrativ bedient zutiefst antisemitische Vorurteile und schürt Ressentiments, selbst wenn nicht konkret auf Israel, sondern die Okkupation Rojavas angesprochen ist. Die Argumente, die Riseup4Rojava BRD vorbringt, sind dieselben.
Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass das Konzept Rojava eine Bedrohung für das heutige gesellschaftliche Staatsvorstellungen darstellt. Wenn nämlich gesellschaftliche Gruppierungen in einigen Gebieten der Welt ihre Selbstverwaltung übernehmen, dann ist nicht gesichert, dass sie es auch in anderen könnten. Rojava ist ein Angriff auf die staatsphilosophische Dreifaltigkeit Macht – Gebiet – Bevölkerung, wenn nämlich die Bevölkerung auf einem Gebiet die Zentralmacht ablehnt und sich selbst konstituiert. Die theoretischen Hintergründe dieses Gedanken sind mit dem Stichwort Linksnationalismus sowohl in historischer als auch gegenwärtiger Hinsicht zu umfangreich, um sie hier kurz abzuhandeln. Wichtig ist nur, dass er, ohne zu werten, seit seinem Aufkommen im 19. Jahrhundert eine Gefahr für die Staatenordnung dargestellt hat und im 21. Jahrhundert immer noch darstellt. Neben der Vorbildrolle Rojavas als Gegenentwurf zu den religiös-autoritären Regimes in der Region, mit der es als gefährliche Blaupause zur Revolution für die eigene Bevölkerung in den dortigen Staaten dienen kann, ist kein bürgerlicher Staat an der Existenz eines solchen de-facto-Staatsgebildes interessiert. Abseits dieser generellen Überlegung existiert wie obig geschildert auch kein Partikularinteresse (mehr) an der Erhaltung eines geschlossenen kurdischen Gemeinwesens. Nach dem erfolgreichen militärischen Sieg über den sogenannten Islamischen Staat gilt klassisch:
Der Kurde hat seine Arbeit getan, der Kurde kann gehen.
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass wir als linke Gruppierung der kurdischen Bevölkerung und dem Projekt Rojava Solidarität entgegen bringen müssen. Die Forderungen von Riseup4Rojava BRD sind richtig, doch sie fußen auf den falschen und höchst gefährlichen Argumenten. Es ist nicht gleichgültig, mit welcher Begründung ein Ziel verfolgt wird. Wir behaupten nicht, dass diese Organsiation mutwillig antisemitische Stereotype reproduziert, geben aber zu bedenken, dass sie antisemitische Stereotype reproduziert. Die Handlungen aller beteiligten Staaten decken sich mit ihren strategischen Interessen oder sind erzwungen. Es benötigt nicht die Existenz dunkler Mächte im Hintergrund, um sie zu erklären. Viel eher hingegen spricht die Postulierung einer Existenz solcher Mächte den türkischen Staat als Hauptprofiteur des Krieges von seiner Verantwortung frei. Erdogan wird nicht mehr als expansionistischer Kriegstreiber betrachtet, vom Akteur wird er zur bloßen Figur. Diese Absolution hat er nicht verdient.
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