Der vorliegende Sammelband von Katharina Peters und Stefan Vennmann beleuchtet die Situation von Rom*nja in Deutschland aus unterschiedlichen Perspektiven und leistet dabei einen guten Überblick über aktuelle Vorschungsansätze.
Dirk Wolff stellt das Projekt „AIDD – Angekommen in Duisburg und Dortmund“ vor. Der Bericht bietet einen interessanten Einblick in die Konzeption und Arbeit des Projekts und stellt damit eine gute Skizze für (mögliche) ähnliche Projekte in anderen Städten (bspw. Halle/Saale) mit nennenswertem Zuzug von Roma dar. Ein daraus resultierendes Netzwerk solcher Gruppen könnte zu einem nützlichen Informationsaustausch führen.
Wibke Kleina beschreibt in „Zwischen Passfähigkeit und Besonderung“ die Diskriminierung zugereister Roma im deutschen Schulsystem, dass ihnen die Geringschätzung von Schulbildung vorwirft, während eine Mehrzahl von Faktoren für mögliche schlechtere Leistungen ausgeblendet werden. Dieses von Lehrenden als auch höheren Entscheidungsträgern (wie einst, im Kontext einer Demo gegen die Abschiebung von Roma, aus dem Mund von Boris Palmer gehört) gehegte Stereotyp übersieht die mannigfachen Faktoren, die zu einem möglichen Fernbleiben vom Unterricht und möglicher schlechten Leistungen bei Roma-Kindern führen können. Leider ist zu befürchten, dass die angeführten Lösungsvorschläge, wie die gezielte Betreuung der Kinder, an der schlechten Finanzierung der Schulen in Deutschland und einem Mangel an Lehrenden (besonders in strukturschwachen Regionen) scheitern werden.
In „Sind wir zu intolerant?“ untersucht Katharina Peters Fernseh-Talkshows im öffentlich-rechtlichen Fernsehen im Zeitraum 2012 bis 2015. Einem Zeitraum, in dem Meldungen über (von Roma bewohnte) „Problemhäuser“ in Duisburg auch auf dem Antizig-Bloghäufig gespiegelt wurden und auch Halle-Silberhöhe antiziganistische Bekanntheit erlangte. Der EU-Beitritt Rumäniens und Bulgariens im Jahr 2007 entfachte in Deutschland in den Folgejahren eine Debatte über Integration und im besonderen den Bezug von Sozialhilfe für EU-BürgerInnen. In jenen Talkshows befeuerten häufig eingeladene Gäste mit rechten Ansichten den antiziganistischen Gesellschaftsdiskurs, der Roma in Verbindung mit Kriminalität und unhygenischen Zuständen setzt.
Einen spannenden Einblick in konkrete stadtpolitische Entwicklungen der Duisburger Nordstadt im Kontext des Zuzugs von Menschen aus Rumänien und Bulgarien liefert Joachim Krauß in „Der Zukunft abgewandt“. Neben empirischen Daten über die Bevölkerungsentwicklung in jenem Gebiet wird das ressentimentbasierte Vorgehen der Stadtführung gegen die Neuzugezogenen beleuchtet.
Im darauf folgenden, zusammen mit Sylvia Brenneman gegebenen, Interview wird beschrieben mit welchen – teils illegalen Methoden – die Stadt Duisburg gegen jene Zugezogenen vorgegangen ist.
Markus Ends Beitrag „Die Dialektik der Aufklärung als Antiziganimuskritik“ liest sich durch seinen universitären Aufbau zunächst enorm zäh und birgt für KennerInnen seiner früheren Texte zum Gehalt der Dialektik der Aufklärung von Adorno und Horkheimer zu einer Theorie des Antiziganismus, oder den Texten seiner RezipientInnen, wenig neue Erkenntnisse. Zum Ende des Beitrags arbeitet End jedoch eine überzeugende und nachvollziehbare eigenständige idealtypische Sinnstruktur des Antiziganismus heraus, die sich von der „Überzivilisiertheit“ im Antisemitismus und der „Naturverhaftung“ im (post-)kolonialalen Rassismus unterscheidet und damit die „Vorurteilsforschung“ um eine wichtige Facette bereichert.
Sebastian Winter liefert in „‘Femme fatal‘ und ‚Zwangsprostituierte‘“ einen aktuellen Blick auf das geschlechtsspezifische Bild der „Zigeunerin“ an Hand vermeintlicher Zwangsprostituierten in der Dortmunder Nordstadt und beschreibt den Wandel der antiziganistischen Perzeption als eine matriarchale Gesellschaft (Eulberg) zu einer archaisch-patriarchal repressiven. Eine These, die Interesse an weiteren Ausführungen weckt.
Auch Rafaela Eulberg trägt eine weitere wertvolle Facette zur geschlechtsspezifischen Dimension des Antiziganismus bei. „Das Bild der ‚Zigeunerin‘ als ‚nicht-okzidentale Andere‘“ führt in die Okzident-Orient-Dichotomie am Beispiel der „Zigeuner-Magierin“ und der ihr zugrunde liegenden Religion-Magie-Dichotomie ein. Ein wichtiger Beitrag zur historischen Genese des Antiziganismus mit einer hohen Aktualität im speziellen für Länder wie Rumänien, in denen ‚Wahrsagerinnen‘ eine höhere Präsenz im öffentlichen Leben haben.
In „Antiziganismus, Kolonialismus und Neoliberalismus“ ist Merfin Demir bestrebt den „stereotypen Wahrnehmungskontext“ über Rom*nja aufzubrechen und eine „Reflexion auf Beobachtungen, Untersuchungen und Erfahrungen aus der rassismuskritischen Empowermentarbeit“ darzulegen. Was folgt sind vier nur bedingt zusammenhängende Unterkapitel, wovon das Letzte auch in seiner Konklusion widersprüchlich wirkt. Der Anstoß zu einer Untersuchung der Parallelen der Versklavung von Roma in Rumänien, Indigenen des amerikanischen Kontinents und den dorthin verschleppten AfrikanerInnen, auf Basis einer Entmenschlichungs- und Minderwertigkeits-Argumentation wirkt interessant. Er birgt jedoch auch die Gefahr durch eine Parallelisierung die Spezifiken der verschiedenen Ausbeutungsereignisse zu übergehen. Das präsentierte Quellenmaterial zur Sklaverei in Rumänien wirkt dürftig, was jedoch zur tiefer gehenden Erforschung dieses Themas animieren sollte. Karg stellt sich leider auch die Quellenlage sowie die aufgestellte Kausalität für einen energisch vermuteten Einfluss der schwarzen US-Bürgerrechtsbewegung der 60er Jahre auf die internationale Roma-Selbstorganisation dar.
Astrid Messerschmidt zeichnet in „Antiziganismuskritik in Auseinandersetzung mit Rassismus und Nationalismus“ nach, wie das Bild des „Zigeuners“ und „Juden“ im Kontrast zur arbeitssamen, homogenen, nationalen Gemeinschaft konstruiert wurde, dass in der Vernichtung von Jüd*Innen, Rom*njia und Sint*ezza kulminierte. Die Aufarbeitung des Porajmos war und ist bis heute schleppend verlaufen bis nicht existent gewesen, wie der noch heutige Umgang deutscher Behörden mit geflüchteten Rom*nja zeigt. Messerschmidt spricht bei der Aufarbeitung des Porajmos die Gefahr eines ethnologischen Blicks auf Rom*nja als Gruppe an, dass dem Abbau von Vorurteilen entgegenwirken kann. Stattdessen sei eine Reflexion über die Geschichte und Wirkung des Antiziganismus von Nöten. Gerade für Betroffene von Antiziganismus ist die Auseinandersetzung damit essentiell für die Entwicklung eines stabilen Selbstbewusstseins. Da in Schulen eine solche Auseinandersetzung nicht geführt wird, müssen Betroffene auf außerschulische Angebote ausweichen.
Wie die Theorie des homo sacers von Giorgio Agamben zu gefährlichen, theoretischen Reduktionen führt, zeigt Stefan Vennmann in „Der Nicht-Ort der Vernichtung“ auf. Er nimmt damit u.a. Bezug auf Roswitha Scholz, die – mehr oder minder – versuchte, die Theorie Agambens bzw. dessen Rezeption durch Robert Kurz für die Antiziganismusforschung nutzbar zu machen. Im Buch „Antiziganistische Zustände“ nimmt sie den homo sacer als Ausgangspunkt, um die Ausgrenzungsgeschichte der Sinti und Roma und dessen strukturelle Ausformungen bis heute nachzuzeichnen. Dahingehend übergeht oder blende Scholz das Problem aus, das Vennmann in der Theorie Agambens sieht: Die Reduktion auf den homo sacer blendet die Spezifik verschiedener Diskriminierungsformen – um die es letztlich in der Antiziganismusforschung gehen sollte – aus, die die fundamentalen Unterschiede der Ausgrenzung, besonders im Kontext des Nationalsozialismus, übergeht.
Weniger kontrovers wie angekündigt fiel das Interview „Antiziganismus, Romaphobie und Gadje-Rassismus“ mit Drita Jakupi am Ende des Buches aus. Hier führt sie ihre Ablehnung des Begriffs „Antiziganismus“, aufgrund der Weiterverwendung des Wortes „zigan“ und dessen historischen Aufladung u.a. durch den Nationalsozialismus, aus. Dieser kann von, sich als Rom*nija verstehenden, Menschen als verletzend empfunden werden. Die, aus diesen Gründen entspringende Ablehnung des Begriffs ist nachvollziehbar. Stattdessen plädiert Jakupi dafür von „Romaphobie“ zu sprechen.
Gründe für und gegen die Verwendung des Begriffs „Antiziganismus“ in der Forschung, wurden in der Vergangenheit bereits an anderer Stelle diskutiert (Verweise auch im Interview). An dieser Stelle wird hingegen kurz der alternative Begriff „Romaphobie“ kritisch in den Blick genommen:
Zunächst verstehen sich nicht alle, sonst als „Zigeuner“ bezeichneten, Menschen und Gruppen als Rom*nja (bspw. in der Sinti Allianz Deutschland, unter Jenische, in der Ungarischen Zigeuner Partei u.a.). Mit der zunehmenden Anwendung des Begriffs „Roma“ (oder auch „Sinti und Roma“ als zusammengehöriger Begriff) auf alle, mit „ziganistischen“ Stereotypen belegten, Menschen droht „Roma“ zu einem reinen, vermeintlich politisch-korrekten Re-Branding des Wortes „Zigeuner“ zu werden, da es ebenso zu einer „Homogenisierung heterogener Individuen und Gruppen“ (Zitiert nach Magdalena Marsovszky: Verfolger und Verfolgte – Antiziganismus in Ungarn, S. 14) führt.
Bereits die NPD schafft es auf ihren Aufklebern von „Sinti und Roma“ zu sprechen, dabei aber die selben Stereotype zu bedienen, wie sie mit dem Wort „Zigeunern“ transportiert werden. In Ungarn, wo – gemutmaßt – die Verwendung von „Roma“ eine längere Geschichte hat als in Deutschland, wird der Begriff von der Mehrheitsgesellschaft bereits komplett Synonym verwendet. Inklusive all seiner Stereotype und der dahinter stehenden Herabwürdigung, der damit bezeichneten Menschen. In der Bild-Zeitung und ähnlichen Formaten diente bereits die Kombination „Rumänen und Bulgaren“ als Chiffre für „antiziganistische“ Stereotype. Dahingehend muss Frau Jakupis Aussage widersprochen werden, dass Diskriminierung mit der Sprache beginnt.
Mit Bezug auf einen Beitrag von Tobias Neuburger zur Debatte um die Verwendung des Begriffs „Antiziganismus“, muss an dieser Stelle sogar davor gewarnt werden, den Begriff „Zigan“ einfach durch „Roma“ ersetzen zu wollen. Die Gefahr besteht das durch das politisch akzeptable Label „Roma“ (für alle von Antiziganismus betroffenen Menschen) nicht nur die dahinterliegenden Stereotype des „Zigan“ bedenkenloser fortgeführt werden können, sondern durch vermeintlich politisch korrekt handeln wollende Menschen zu einer noch größeren Verbreitung dieser beitragen
Der, im Titel genannte, Begriff „Gadje-Rassismus“ hätte das Potenzial die angeführten Probleme beider vorhergehenden Begriffe zu umgehen. Jedoch wurde, trotz des Titels, leider nicht darauf eingegangen.
Erhältlich über den Verband für interkulturelle Arbeit (VIA) und über den Buchhandel (Verlag Situationspresse, Duisburg).
]]>Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung lädt gemeinsam mit dem Zentrum für Erinnerungskultur der Stadt Duisburg ein zu einer Vortragsreihe zum Thema
*Zur Bekämpfung des Antiziganismus heute.*
In der Zeit vom April bis zum Juli 2018 werden acht Vorträge stattfinden. Referentinnen und Referenten sind Nicolás Brochhagen und Wolfgang Esch, Dr. Markus End, Dr. Sebastian Winter, Rafaela Eulberg, Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Joachim Krauß, Sylvia Brennemann und Merfin Demir.
Die Vortragsreihe wird in Kooperation mit dem Zentrum für Erinnerungskultur, Menschenrechte und Demokratie durchgeführt und gefördert durch die Amadeu Antonio Stiftung und durch den AStA der Uni Duisburg/Essen.
Ausführliche Informationen finden Sie auf unserem Blog DISSkursiv: http://www.disskursiv.de
Auf Wunsch können Teilnahmebescheinigungen ausgestellt werden. Bitte
wenden Sie sich während der jeweiligen Veranstaltung an uns.
*Programm*
Sonntag, 8.04.2018, 15 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Die Bürgerrechtlerin Hildegard Lagrenne und der Polizeisekretär Wilhelm Helten.
Forschungsbericht Nicolás Brochhagen und Wolfgang Esch.
Eine Veranstaltung des Zentrums für Erinnerungskultur.
Freitag, 13.04.2018, 14 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Dialektik der Aufklärung als Antiziganismuskritik
Dr. Markus End, Vorstandsvorsitzender der Gesellschaft für Antiziganismusforschung e.V.
Freitag, 27.04.2018, 14 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Verachtung und Romantisierung – Zur Sozialpsychologie der Roma-Feindlichkeit
Dr. Sebastian Winter, Inhaber der Gastprofessur für kritische Gesellschaftstheorie an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Dienstag, 15.05.2018, 17 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Doing Gender und Doing Gypsy – Das Bild der „Zigeunerin“ als Potenzierung von Stereotypen: Anmerkungen zum Wechselverhältnis von Geschlecht und Ethnie
Rafaela Eulberg, M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Religionswissenschaft des Forums Internationale Wissenschaft der Universität Bonn.
Freitag, 25.05.2018, 14 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Antiziganismuskritische Bildung in der national-bürgerlichen Konstellation
Prof. Dr. Astrid Messerschmidt, Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Geschlecht und Diversität an der Bergischen Universität Wuppertal.
Freitag, 08.06.2018, 14 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Ordnungsrecht und/oder Integration. Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien seit 2011
Joachim Krauß, M.A., Arbeitsgruppenleiter Migration und Integration der AWO in Duisburg und Doktorand am Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin.
Freitag, 22.06.2018, 14 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Ausgrenzung und Antiziganismus in Duisburg-Marxloh
Sylvia Brennemann, Kinderkrankenschwester, engagiert sich seit Jahren in ihrem Stadtteil Duisburg-Marxloh.
Donnerstag, 05.07.2018, 18 Uhr, DenkStätte im Stadtarchiv Duisburg, Karmelplatz 5
Antiziganismus, Kolonialismus, Neoliberalismus – eine Analyse aus Sicht der Selbstorganisationen
Merfin Demir, Vorsitzender der interkulturellen Jugendselbstorganisation von Roma und Nichtroma in Nordrhein-Westfalen Terno Drom e. V.
Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung e.V.
Siegstr. 15, 47051 Duisburg
Fon 0203 20249, Fax 0203 287881
Email: [email protected]
Internet: www.diss-duisburg.de
Blog: www.disskursiv.de
Rechtswidriger Abschiebeversuch einer serbischen Familie – In Baden-Württemberg dreht die Abschiebungsmaschinerie völlig durch
Am frühen Mittwochmorgen (21.2.) kam es in Nagoldim Landkreis Calw zu einer versuchten Abschiebung einer serbischen Familie mit zwei Kindern im Alter von acht und zehn Jahren. Dieser Abschiebungsversuch war nach Einschätzung des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg und des Anwalts der Familie rechtswidrig und fügt sich ein in eine Reihe besonders rücksichtsloser Maßnahmen gegen gut integrierte Menschen aus den Ländern des westlichen Balkans, die seit Jahren mit Duldung in Deutschland leben.
Der Vater der Familie, Sasa J., ist erst kürzlich nach zwei Jahren aus der stationären psychiatrischen Behandlung entlassen worden. Er leidet an schweren Depressionen und hat mehrere Suizidversuche unternommen. Aus diesem Grund hat die Familie eine Duldung. Die in regelmäßigen Abständen angeforderten gesundheitlichen Atteste wurden bis jetzt vom Regierungspräsidium Karlsruhe akzeptiert.
Am vergangenen Freitag hatte die Mutter der Familie, Danijela I. einen Termin bei der lokalen Ausländerbehörde, um ihre neue Duldung abzuholen. Dabei wurde ihr eine Duldung mit dem Vermerk „erlischt bei Bekanntgabe des Abschiebungstermins“ ausgehändigt. Auf ihre Nachfrage, warum man das macht, sagte man ihr lediglich „sie werden jetzt abgeschoben“.
Der Familie wurde bis dato keine Entscheidung über einen Anfang des Jahres gestellten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis mitgeteilt. Ebensowenig wurde mitgeteilt, dass das Regierungspräsidium das seit langem bestehende gesundheitsbedingte Abschiebungshindernis nicht mehr anerkennt. Zudem müssen Personen, die seit mehr als einem Jahr geduldet sind, einen Monat im Voraus informiert werden, wenn sie abgeschoben werden sollen.
Danijela I. gehört der Minderheit der Roma an, hat einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Deutschland verbracht und eine Ausbildung zur Sozialpädagogin angefangen, die aber durch eine erzwungene Rückkehr nach Serbien unterbrochen wurde. 2014 kehrte sie mit ihrer Familie nach Deutschland zurück. Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg begleitet ihren Fall seitdem und steht in regelmäßigem Kontakt mit ihr. Trotz der sehr schwierigen persönlichen Umstände hat es Frau I. geschafft, einen Ausbildungsplatz zur Altenpflegerin ab September zu finden. In wenigen Wochen könnte sie eine Ermessensduldung mit Blick auf die bevorstehende Ausbildung erhalten, womit ihr Aufenthalt vorerst gesichert wäre.
Der Flüchtlingsrat weist darauf hin, dass es in den vergangen Wochen eine Häufung ähnlicher Fälle gegeben hat. So hat das Innenministerium entgegen der Empfehlung der Härtefallkommission die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an die in Stuttgart lebende serbische Familie Stojanovic trotz hervorragender Integrationsleistungen abgelehnt. Ende Januar wurde in Nürtingen eine mazedonische Familie abgeschoben, die seit 25 Jahren in Deutschland gelebt hatte.
Seán McGinley, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Baden-Württemberg, sagt hierzu:
„Offenbar möchte das Land Baden-Württemberg die mehrmals im Monat stattfindenden Sammelabschiebungsflüge in die Balkanstaaten trotz deutlich zurückgegangener Zuzugszahlen aus diesen Ländern auf Biegen und Brechen voll bekommen. Gleichzeitig ist die öffentliche Debatte über Abschiebungen völlig aus dem Ruder gelaufen, befeuert von falschen Zahlen, Gerüchten und abstrusen Verschwörungstheorien über ‚Gefälligkeitsatteste‘ und ‚Vollzugsdefizit‘. Es gilt scheinbar nur noch die Maxime: ‚je mehr Abschiebungen, umso besser‘. Selbst der Umstand, dass es weniger Menschen gibt, die man theoretisch abschieben könnte, wird nicht als Grund akzeptiert, um weniger Menschen abzuschieben. Gerade aus den jüngsten Fällen drängt sich der Eindruck auf, es herrsche eine Art ‚Torschlusspanik‘, mit verstärkten Bemühungen, Menschen abzuschieben, die kurz vor einer Verfestigung ihres Aufenthalts stehen. Dieser wahnhafte Kreuzzug gegen die Fata Morgana des ‚Vollzugsdefizits‘ geht bis an die Grenzen des Rechtsstaats und darüber hinaus. So weit, dass eine Familie mit zwei kleinen Kindern und einem schwerkranken, suizidgefährdeten Vater morgens um halb fünf die Tür eingetreten bekommt von Polizist*innen, die eine rechtswidrige Abschiebung durchführen wollen. Das ist die Realität im einzigen Bundesland mit grün-geführter Regierung und einem Innenminister, der in diesem Zusammenhang von ‚Herz und Härte‘ spricht. Das Herz ist ihm lange abhanden gekommen, sofern es überhaupt jemals vorhanden war. Wir rufen die Landesregierung dazu auf, die regelmäßigen Sammelabschiebungen in die Westbalkanstaaten umgehend einzustellen und aufzuhören, das Leben von Menschen zu zerstören, die seit vielen Jahren bei uns leben und zu unserer Gesellschaft gehören. Wir rufen die zuständigen Behörden auf, der Familie von Herrn J. und Frau I. die beantragte Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz zu erteilen und in ähnlich gelagerten Fällen von langjährig Geduldeten aus den Westbalkanstaaten die existierenden Bleiberechtsregelungen anzuwenden.“
]]>Vorsicht vor Heuchlern!
Am 27. Januar 2018 haben an der Gedenkstätte in Leipzig Abtnauendorf der Oberbürgermeister, zahlreiche Stadträte von SPD, Die Grünen, Die Linke, CDU und Vertreter eines Leipziger Roma-Verein (sozusagen auf Augenhöhe) gemeinsam mit einem offiziellen Vertreter der AfD, ein nach rechts offenes, gemeinsames Gedenken an die Opfer der NS Diktatur durchgeführt.
Aufrichtige Menschen sollten es nicht dulden, dass dieses oder ein anderes solches Denkmal von der AfD, NPD, …, von Neurechten und Querfrontler missbraucht wird.
„Wehret den Anfängen!“ – doch was ist, wenn der Anfang schon gemacht ist…
Richard Gauch,
Preisträger des „Christel-Hartinger-Preis für Zivilcourage und beherztes Engagement“ der RLS – Sachsen 2017 sowie Couragepreisträger „Couragiert in Leipzig“ 2013
Bilderreihe unter: MDR
]]>Von Benjamin Horvath
In Bőny, im Nordwesten Ungarns, wurden am 26.10.2016 ein 46-jähriger Polizist durch Maschinengewehrschüsse tödlich am Kopf getroffen und sein Kollege verletzt. Die beiden Beamten waren dabei eine Hausdurchsuchung mit Verdacht auf illegalen Waffenbesitz durch zu führen. Der Täter war István Györkös, ein 76-jähriger Hungarist und Begründer der rechtsextremen, paramilitärischen Gruppe Magyar Nemzeti Arcvonal (MNA, deutsch: Ungarische Nationale Front). Als das ungarische Sondereinsatzkommando TEK darauf hin sein Haus stürmte, konnte der Täter verletzt festgenommen werden.
Die Hungaristen waren eine, explizit an den deutschen Nationalsozialismus angelehnte, Bewegung in der Zeit zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg. Ihrem Parteisymbol gemäß nannten sie sich später auch Pfeilkreuzler. Nachdem Ungarn im Jahre 1944 von der Wehrmacht besetzt wurde, putschte sich die Pfeilkreuzler-Partei an die Macht. Während ihrer nur sieben monatigen Herrschaft ermordeten sie durch Deportationen in die deutschen Vernichtungslager, Todesmärsche und die berühmt gewordenen Erschießungen am Donauufer in Budapest. sie bis zu 50.000 Juden und Roma.
Györkös gründete bereits kurz nach dem Ende des Realsozialismus 1989 die „Ungarische Nationalsozialistische Aktionsgruppe“ mit, wurde jedoch mit seinen Kameraden wegen Verbreitung der nationalsozialistischen Ideologie zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab nach seiner Entlassung im Jahre 1992 die MNA zu gründen. Sie versteht sich als Nachfolger der Pfeilkreuzler und verwendet auch deren Symbol. Bekannt wurde sie zuletzt durch ihr Internetvideo, in der ihre paramilitärischen Übungen zur Schau gestellt wurden und dies als Notwendigkeit gegen die anstürmende Flüchtlingswelle interpretiert wurde. Die MNA soll international im Blood & Honour Netzwerk aktiv sein, bei dessen Wehrsport-Übungen auch deutsche Neonazis teilgenommen haben sollen.
Mit dem Fall des Realsozialismus trat das völkische Denken in Ungarn, durch die wegfallende staatliche Repression, an die Öffentlichkeit. Die Nachfolger der historischen Hungaristen wurden zahlreicher: So gibt es in Ungarn eine Fülle an rechtsextremen Gruppen, Parteien und Milizen: Subkulturell verankerte rechte Skinheads, Ultras und Bands wie beispielsweise Kárpátia (der Name soll auf das Karpatenbecken als naturwüchsiges Siedlungsgebiet des ungarischen Volkes anspielen). Politische Gruppen wie die 64 Burgkomitate Jugendbewegung (64 BKJ, beziehen sich auf Großungarn vor dem 1. WK mit 64 statt nun 19 Komitaten), die während der rechten Krawalle im September 2006 in Budapest und am Angriff auf die Sendezentrale des Staatsfernsehens teilnahm, sowie Demonstrationen gegen Geflüchtete organisiert hat. Die von der Partei JOBBIK gegründete Kampforganisation „Ungarische Garde“, sowie die aus ihrem Verbot hervorgegangene Nachfolgeorganisation „Neue Ungarische Garde“, die sich bereits äußerlich an den Pfeilkreuzlern orientieren. Weitere militante Gruppen, wie die Betyársereg (Banditen Armee) präsentieren im Internet wie sie sich durch Kraft- und Kampfsporttraining, sowie den Umgang mit historischen Nahkampf- und modernen Schusswaffen, auf direkte Konfrontationen mit den politischen Gegnern vorbereiten. Was die Gruppierungen eint ist die gemeinsame, sehr radikal ausgelegten, völkische Ideologie, welche ein Gemisch aus Begeisterung für den Nationalsozialismus und Hungarismus, ausgewählten Bezügen zur ungarischen Geschichte (besonders der Herrscherdynastien) und der Faszination für ungarische national Mythologie ist. Juden, Roma und Homosexuelle passen dabei natürlich nicht in ihr völkisches Weltbild. Durch die gemeinsame Gesinnung ergeben sich auch persönliche Freundschaften, wie zwischen dem Chef der Betyársereg und JOBBIK-Parteichef Gábor Vona. Und auch Mitgliedschaften in verschiedenen Gruppen wie bei László Toroczkai, dem Mitbegründer der 64 BKJ und JOBBIK-Bürgermeister von Ásotthalom, zeigen die Querverbindungen zwischen den Gruppen auf.
In ungarischen Nachrichtensendungen und Talkshows wird sich nun die Frage gestellt, wie es soweit kommen konnte, dass ein seit Jahren vom Geheimdienst beobachteter Mann, so lange sein Unwesen treiben konnte und wieso die Hausdurchsuchung bei Györkös nicht gleich von den Spezialkräften durchgeführt wurde? Georg Spöttle, Sicherheitspolitischer Fachmann, zog diesbzgl. in einer ungarischen Talkshow die Parallele zum Mord an einem Polizisten durch einen Reichsbürger (siehe Jungle World 43/16). FIDESZ-Fraktionschef Lajos Kósa verlangt vom Innenministerium zu erfahren, wie viele paramilitärische Vereinigungen in Ungarn aktiv sind, mit welchen parlamentarischen Parteien sie in Verbindung stehen und ob sie eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen. Direkt erwähnt wurde in diesem Zusammenhang die MNA und die 64 BKJ.
Die Hungaristen rüsten schon seit Längerem auf und treiben ihr Unwesen. Der Unterschied war nur, dass bis zu jenem Polizistenmord, vor allem Roma unter den Opfern waren. Diese Taten lösten keine solchen Reaktionen aus, was nicht weiter verwundert, äußerten sich, laut einer Umfrage des Budapester Tarki-Instituts im Jahr 2015, mehr als 80 Prozent der Befragten negativ über Roma.
Als im April des Jahres 2011 Dutzende Roma aus dem Dorf Gyöngyöspata evakuiert wurden, spielten die Behörden die Situation herunter und nannten die Aktion einen „lange geplanten Osterausflug“. Dabei hatte sich in Gyöngyöspata zum wiederholten Male eine paramilitärische Gruppierung namens Véderö (Wehrkraft) zu Wehrsportübungen, inklusive Schießübungen mit scharfen Handfeuerwaffen, getroffen. Und dies nur kurze Zeit, nachdem die Romabevölkerung des Dorfes von einem Mob aus der rechten Bürgerwehr „Für eine schönere Zukunft“, Ungarischer Garde, Banditen Bande, 64 BKJ und Anhängern weiterer kleinerer militanter Gruppierungen Tage lang drangsaliert wurden (siehe Jungle World 14/11, 18/11, 31/11, 33/12 und 40/13)
In den Jahren 2008 und 2009 wurden in einer Serie von 9 Angriffen auf 55 Roma, unter Einsatz von insgesamt 55 Schüssen und 11 Molotov Cocktails, 6 Menschen getötet und weitere verletzt. Es war das größte rassistische Verbrechen in Ungarn seit dem 2. WK. Am 19. Dezember 2008 starben in Nagycsécs bei einem bewaffneten Angriff eine 43-jährige Frau und ein 40-jähriger Mann. Der brutalste Angriff hingegen ereignete sich am 23. Februar 2009 in Tatarszentgyörgy bei Budapest. Dort wurde ein Haus mit Molotov Cocktails in Brand gesetzt und ein darauf hin aus dem Haus fliehender 29-jähriger Vater und sein fünf jähriger Sohn mit einem Gewehr erschossen. In Tiszalök wurde am 22. April ein von der Nachtschicht heimkehrenden 54-jähriger Mann erschossen. Der letzte Mord geschah am 3. August in Kisléta. Eine Mutter wurde im Schlaf erschossen, ihre 13-jährige Tochter überlebte mit bleibenden Schäden.
Dass die Hungaristen über Monate unbehelligt morden konnten ist auch schwerwiegenden Pannen bei den polizeilichen Ermittlungen geschuldet. Einer der Täter wurde über einen längere Zeitraum vom Geheimdienst überwacht und als rassistisch und gefährlich eingestuft. Die Erkenntnisse wurden jedoch nicht an die Ermittler der Morde weiter gegeben (siehe Jungle World 40/13). Auch bei der Spurensicherung an den Tatorten wurde geschlampt und ein Polizist urinierte sogar auf die Spuren der Täter. Nicht nur durch die Ermittlungspannen drängen sich Parallelen zu den Morden des NSU auf. Nachdem zum ersten Mal eine Person bei der Anschlagserie verletzt wurde – einer älteren Frau wurde ins Bein geschossen – wurden zunächst 3 Rom in Gewahrsam genommen, die erst nach der Verhaftung der Täter frei kamen.
Die Täter entstammten ursprünglich der rechten Skinheadszene und zeigten sich begeistert vom Nationalsozialismus, trugen Tattoos mit Nazicodes und mindestens ein Täter zeigte zeitweiliges Interesse an einer rechten Gruppierung namens „Blutiges Schwert“. Die Ungarische Garde und andere politische Gruppierungen wurden von ihnen als lächerlich und zu lasch eingestuft. Sie waren auf handfeste Taten aus. Bei der Durchsuchung ihrer Wohnung stellten die Ermittler eine Vielzahl an Waffen und Material für weitere Molotov Cocktails fest.
Nachdem die Täter im August 2009 gefasst waren, verschwand das Thema aus den ungarischen Medien weitgehend. Nach einem langwierigen Prozess wurden sie zu lebenslangen Freiheitsstrafen, ein Komplize zu 13 Jahren Haft verurteilt. Das mediale Interesse am Prozess war, trotz der schwere des Verbrechens, gering. Es gab keine öffentliche Gedenkfeier für die Opfer unter Beteiligung des Staats- oder Regierungschefs. Ermittlungspannen wurden von der damaligen sozialistische Regierung zwar eingestanden, eine Entschuldigung bei den Opfern gab es aber nie und auch für eine Entschädigung mussten sich die Hinterbliebenen lange erkämpfen.
]]>DAS ROMA PARLAMENT IST OPFER DES STAATLICHEN TERRORS GEWORDEN! DIE TÜREN UNSERES STAMMSITZES WURDEN AUFGEBROCHEN, UNSERE BESITZTÜMER VERSCHLEPPT, DIE GESCHICHTLICHEN WÄNDE WERDEN ABGERISSEN. ABSCHIEDSZEREMONIE FINDET VOR DER ZENTRALE DER „EINÄSCHERUNG“ AM 2. NOVEMBER 2016 AM MITTWOCH, 16 UHR AM JOSEPH STADT, AUF DEM MATHIAS-PLATZ STATT, VON DA AUS ZIEHEN WIR ZUR TAVASZMEZŐ U. 6. UND DANACH ZUR HOCHSCHULE IN DER DANKÓ U. 11.
Die Veranstaltung ist auch eine Trauerfeier in der ungarischen Demokratie, weil man in einer Demokratie nicht von einen Moment zum Anderen eine freihetlich denkende Tageszeitung vernichtet, genauso wenig wie dies in einer Demokratie mit einer Bastion der Zigeuner Kultur passieren würde, wie jetzt mit dem Roma Parlament geschah. Im Interesse des Geistes und der körperlichen Verwirklichung des Roma Parlamentes halten wir im VIII. Bezirk, Dankó u. 11. in der Wesley János Theoligischen Hochschule im Kleines Restaurant, 17:30-tól-19:00-ig eine Versammlung für Gespräche und gemeinsame Gebete ab.
Zur Abschiedszeremonie und gemeinsamen Gebeten erwarten wir alle jene, welchen die ungarische Demokratie wichtig ist, alle jene welche Teil der einheimischen Zigeuner sind und jene welchen das Roma Parlament wichtig ist. Hervorzuhebend ist, wir erwarten alle welche seit Jahrzehnten im Roma Parlament tätig waren, alle welche vor jahrzehnten „Familienmitglieder“ beim Amaro Drom waren,
– wir erwarten das Erscheinen unserer Stipendiaten und Schüler,
– die Musiker, Orchester und Künstler, welche auf unseren Bühnen auftraten,
– die Journalisten, Dichter, Schriftsteller, Kritiker, Analysten, Wissenschaftler; welche im Amaro Drom zu Wort kamen,
– die Künstler, welche ihre Werke in unseren Mauer ausstellen konnten,
– alle jene erwarten wir, welchen wir in den vergangen Jahren rechtliche und finanzielle Unterstützung gewährten,
-wir ertwarten alle jene welche an gesellschaftlichen Veranstaltungen in unserer Gemeinschaft teilnahmen, an unseren politischbildenden Werkstätten an unserer hervorragenden Roma Akademie,
– wir erwarten unsere früheren und aktuellen Mitglieder, Organisationsleiter, geliebten Kollegen und alle, die von den Roma Parlament inspiriert wurden, deren Organisationen und Gemeinden aus ihm heraus gewachsen sind! Die Zeremonie ist öffentlich, wir laden alle nationale und internationale Medien ein, sowie alle in unserem Land
akkreditierten Mitarbeiter der Botschaften ein.
Abschiedsrede von: Aladar Horvath und Jeno Zsigó, die „zwei Väter“ des Roma Parlament und dessen Präsidenten.
Die Zeremonie wird durchgeführt von: Gábor Iványi, ein Pastor der ungarische Anti-Apartheid-Bürgerrechtsbewegung.
Mit freundlichen Grüßen,
Budapest, 30. Oktober 2016.
Aladar Horvath
Vorsitzender
Am 60. Jahrestag des Aufstandes und des Freiheitskampfes von 1956 haben die städtischen Beamten von Josefstadt in Berufung auf „lebensbedrohliche Zustände“ die Räumlichkeiten des Roma Parlament aufgebrochen, welches wir seit 25 Jahren vertraglich genutzt haben geräumt und wieder verschlossen. Wegen der Nutzung des Gebäudes in der ő Tavaszmező utca 6. befindet sich das Roma Parlament noch in einem gerichtlichem Verfahren.
Am nächsten Tag, am 25.Oktober, entschied man, in Berufung auf einen Regierungsbeschluss, das leere Gebäude von Josefstadt auf die Regierung zu übertragen, zur Schaffung eines Vorzeige-Zigeunerobjektes. Jetzt war das Gebäude nicht mehr „lebensbedrohlich“, uns verwehrte man jedoch den Zutritt.
Unser intellektuelles und kulturelles Kultureigentum, eine öffentliche Kunstsammlung, die Archive, Finanzunterlagen, die wertvollen Werte von mehr als 26 Jahren wurden am Nachmittag an einen uns unbekannten Ort verbracht! Gestern begannen wir im Interesse unserer Wertgegenstände und unserer Archive ein Gespräch mit dem Bürgermeister von Josefstadt Máté Kocsis. Er, wer an der Spitze der fremdenfeindlichen Kampagne voran schritt, dennoch unter der Erfüllungsquote blieb würdigte uns keiner Antwort. Es scheint keine Möglichkeit zugeben in Ungarn den illiberalen, maffiösen und diktatorischen Prozess des Abbaus der Bürgerrechtsbewegung aufzuhalten, welche in 25 historischen Jahren gewachsen sind. Man will ein nach dem Bild des Staates geformtes Kulturzentrum schaffen mit regierungsfreundlichen Vorzeige-Roma, mit viel Geld auf geringem Raum. So verlieren wir letztendlich vollständig die Möglichkeit friedlich für die Bürgerrechte zu kämpfen. Wir können unsere zerschlagenen „Truppen“ auf diese Art nicht
mehr in den Krieg gegen den staatlichen Terror schicken.
Wir sehen es als Fakt, dass das Roma Parlament physisch vernichtet wurde. Über den Hergang dieser gewaltsamen staatlichen Maßnahme informieren wir die Mitglieder des Roma Parlament, unsere Freunde und Sympathisanten, sowie
die breite Öffentlichkeit. Am Mittwoch, dem 2. November findet eine öffentliche Veranstaltung statt. Über die genauen Details informieren wir später, wir hoffen auf rege Teilnahme von Roma und Nicht-Roma-Mitbürgern. Zur Veranstaltung sind eingeladen, die ungarische und internationale Medienvertreter.
Im Auftrag des Vorsitzes:
Budapest, 27. Oktober 2016.
Aladar Horvath
Seit mehreren Jahren ist der Verein in Kálló (Ungarn) tätig. Begonnen hat die Arbeit damit, dass Saatgut ausgegeben wurde, um so den Roma die Möglichkeit zu geben, zusätzliche Nahrungsmittel anzubauen. Weiterhin wurde ein Projekt einer schweizerischen NGO unterstützt, welche es ermöglichte, dass 18 Bewohner des Dorfes ihren 8.Klasse-Abschluss innerhalb eines Jahres nachholen konnten und somit auch die Möglichkeit
auf eine weitere Ausbildung erhielten. Ein weiteres Projekt, dass unterstützt wird, ist der Fußballverein FC Kálló [4]. In diesem Fußballclub spielen zu 50% Roma und zu 50% Nicht-Roma [5]. Als vor mehreren Jahren begonnen wurde, den Fußballclub zu unterstützen, gab es dort einen Dorf einen Bürgermeister, welcher derartig rassistisch war, dass er den Fußballverein nicht nur nicht unterstützte, sondern auch aktiv gegen
die Interessen des Vereins vorging.
In der Zwischenzeit waren 2015 Kommunalwahlen. Der heutige Bürgermeister Buda Baboss [6] wurde von den Roma aktiv und erfolgreich bei der Wahlvorbereitung unterstützt. Der neue heutige Bürgermeister hat sich
für die im Ort ansässigen Roma als Glücksfall erwiesen. Seine Versprechen, den FC Kálló zu unterstützen und sich im Rahmen seiner Möglichkeiten, sich für die Belange der Roma allgemein einzusetzen, hat er bis heute weitestgehend erfüllt. Der FC Kálló hat in der letzten Saison mit nur einem Punkt leider den Aufstieg in die nächsthöhere Liga verpasst.
Der Bürgermeister berichtete jedoch in einem Gespräch, bei welchem ein Vertreter des Vereins „Verantwortung für Flüchtlinge“, Aladár Horvath [7], Präsident des Roma-Parlament-HU, István Diviák, Vorsitzender des FC Kálló sowie István Marko, stellvertretender Vorsitzender des FC Kálló, dabei waren, davon, dass ein Großteil der Mehrheitsbevölkerung von Kálló (Nicht-Roma) den FC Kálló und die Roma auch weiterhin negativ sehen. Dem will der Bürgermeister trotz des Wissens um die Schwierigkeiten, die ihn erwarten, auch weiterhin aktiv
entgegenwirken.
Der Bürgermeister hat in der Zeit seines Amtseintrittes bis heute die Roma in vielseitigster Weise, so auch den FC Kálló aktiv als Fanbeauftragter unterstützt sowie auch Arbeitsplätze für fünf Roma durch ein gefördertes EU-Projekt im Ort Kálló geschaffen. Im Rahmen dieses Projektes werden mithilfe von Lehm und Stroh sogenannte Bio-Lehmziegel hergestellt. Diese Ziegel werden verwendet, um die im Dorf traditionell aus
Lehm gebauten Häuser der Roma zu reparieren. Sehr viele der in Kálló vorhandenen Häuser sind in der traditionellen Lehmbauweise hergestellt. Aber aufgrund der extremen Armut, unter welcher die meisten Roma leben, war es ihnen nicht möglich, diese dauerhaft in einem bewohnbaren Zustand zu halten, sodass heute die meisten Gebäude einen dringenden Reparaturbedarf haben. Dafür setzt sich der Bürgermeister mit dem von ihm initiierten Projekt ein. Auf Bitten der Roma von Kálló sowie auf Bitte des Bürgermeisters von Kálló wurde der Verein „Verantwortung für Flüchtlinge“ angeregt, ein neues Projekt bezüglich des FC Kálló zu
unterstützen.
DAS PROJEKT: Der FC Kálló hat einen Sportplatz, aber leider kein Sozialgebäude, in dem Umkleideräume und Duschen sind. Der Bürgermeister und die Roma-Vertreter sowie der Vorsitzende des Sportvereins FC Kálló
sagten, dass direkt angrenzend an dem Sportplatz ein kleines Grundstück mit einer Bauruine steht. Der FC Kálló würde dieses Grundstück inklusive der Ruine (das Fundament ist in Ordnung) kaufen wollen. Der
Kaufpreis beträgt 2.000EUR. Wenn dieses Grundstück gekauft und bezahlt ist, so kann der Verein dieses als Eigenkapital einsetzen, um weitere 8.000EUR Kredit zu bekommen, um für diesen Betrag das Sozialgebäude mit Umkleideräumen und Duschen zu bauen. Die Kreditaufnahme wird durch die Vereinsmitglieder, Roma und Nicht-Roma gemeinsam erfolgen. Der Bürgermeister meinte in Abstimmung mit den Roma-Vertretern, dass der Bau des Sozialgebäudes in traditioneller ortsüblicher Roma-Bauweise mithilfe von den durch Roma hergestellten Lehmziegel entstehen soll. Dies würde bedeuten, dass durch die Verwendung der Lehmziegel auch eine Förderung des Projektes der Ziegelherstellung erfolgt und somit auch der Erhalt der fünf neugeschaffenen Arbeitsplätze zeitweise gesichert ist. Das Problem an diesem gesamten Unternehmen ist, dass die 2.000EUR, welche zum Kauf des Grundstückes gebraucht werden, komplett fehlen.
Wie schon erwähnt, sind im Sportverein FC Kálló zur Hälfte Roma und zur Hälfte Nicht-Roma engagiert. Der örtliche Bürgermeister beabsichtigt, mit den Erfolgen des FC Kálló die örtliche Bevölkerung in Kálló bewusst zu machen, dass ein gemeinsames Handeln und Vorgehen, wie zum Beispiel beim Bau des Hauses oder beim gemeinsamen Fußballspielen, ein friedliches und diskriminierungsfreies Zusammenleben in der Dorfgemeinschaft und darüber hinaus möglich ist. Die Sportler und der Bürgermeister haben die Hoffnung, dass sich die Mehrheitsbevölkerung in Zukunft mehr mit dem FC Kálló, welcher nicht nur den Namen des Dorfes in sich trägt, sondern in dem auch Roma und Nicht-Roma gemeinsam nach Erfolgen streben, identifiziert.
Wir möchten gern dieses der Diskriminierung entgegenwirkende Projekt unterstützen.
Hierbei bitten wir um Unterstützung. Bitte helft uns, damit auch wir helfen können!
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Spenden an:
Verantwortung für Flüchtlinge e.V.
Sparkasse Leipzig
Kontonummer: 1090088457
BLZ: 86055592
IBAN: DE26860555921090088457
Verwendungszweck: „Projekt FC – Kálló“
Links:
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[1] https://www.facebook.com/Verantwortung-f%C3%BCr-Fl%C3%BCchtlinge-eV-653219508089635/?fref=ts
[2] https://linksunten.indymedia.org/de/node/164561
[3] http://kreuzer-leipzig.de/2013/10/09/die-stehen-mit-dem-ruecken-zur-wand/
[4] https://www.facebook.com/groups/715343061857124/?fref=ts
[5] http://jungle-world.com/artikel/2014/48/51008.html
[6] https://www.facebook.com/kallo.fenntarthatofalu
[7] http://not-illegal.vereine-leipzig.org/index.php/buergerinitiative-leipzig-korrektiv/73-aladar-hotvath.html
Siehe Link: https://www.facebook.com/groups/romaparlament/
KONTOINHABER: Magyarországi Roma Parlament
IBAN: HU62 1170 8001 2051 0862 0000 0000
BIC: OTPVHUHB
VERWENDUNGSZWECK: Roma zwangsgeräumt
Aus diesen Gründen organisierte der Verein zwischen Weihnachten und Neujahr 2015 eine Balkantour. Durch viele Spenden wurde Brennholz gekauft und den betroffenen Familien überreicht. Um die laufenden Projekte auf dem
Westbalkan weiter voran zu treiben organisiert Verantwortung für Flüchtlinge e.V. vom 01.07.-07.07.16 eine weitere Fahrt. Auch der nächste harte Winter wird kommen und die Menschen sind auf Hilfe angewiesen. Da die Kosten für Brennholz im Sommer geringer sind als im Winter, möchten wir es jetzt schon vor Ort kaufen und einlagern. Zu Beginn des nächsten Winters werden wir dann das Brennholz den Romafamilien überreichen. Der Verein bittet Sie deshalb um ihre Unterstützung. Für eine Familie werden 95,00EUR benötigt, um durch den kalten Winter zu kommen.
Wer eine solche Patenschaft übernehmen möchte, kann die Spende auf folgendes Konto überweisen:
Verantwortung für Flüchtlinge e.V.
Sparkasse Leipzig
Kontonummer: 1090088457
BLZ: 86055592
IBAN: DE26 8605 5592 1090 0884 57
Verwendungszweck: Brennholz
Wenn Sie es wünschen, können Sie auch den Kontakt zu Ihrer Patenschaftsfamilie bekommen, um diese eventuell auch weiterhin unterstützen zu können. Das Ausstellen einer steuerlichen Spendenbescheinigung ist leider nicht möglich! Der Verein bedankt sich bei allen UnterstützerInnen im Voraus!
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