admin – arbeitskreis psychosoziale krise https://arbeitskreispsk.blackblogs.org bremen Fri, 20 May 2022 12:38:17 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Kleiner Service… https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/20/kleiner-service/ Fri, 20 May 2022 12:38:17 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=199 Continue reading ]]> …nicht nur für die Besucher*innen der heute startenden Veranstaltungen,

…sondern auch alle anderen Interessierten. Die Erstgenannten werden Flyer mit einer Quellen- und Linkzusammenstellung rund um die Klimakatastrophe und die zugehörige Forschung erhalten. Um den Umgang mit den teils recht langen Links einfacher zu machen, stellen wir die Sammlung jetzt auch hier ins Blog, mit aktiven Links. Wir wünschen viel inspirierende Lektüre!

Die folgenden Links stellen nur ein kleine Auswahl dar, sind aber aus unserer eigenen Erfahrung heraus thematisch sehr brauchbar.

Klima allgemein & Klimaforschung

https://forum.arctic-sea-ice.net/index.php (umfassendes Forum in engl. zu so ziemlich allen Aspekten der Krise)

http://www.climatefiles.com/ (Historie v.a. der Leugnung seitens der fossilen Industrien)

https://climatenewsnetwork.net/

https://www.klimareporter.de/

http://www.klima-warnsignale.uni-hamburg.de/

https://www.klimafakten.de/

https://www.pik-potsdam.de/pik-startseite (das berühmte Potsdamer Institut)

https://www.norddeutscher-klimaatlas.de/ (Interaktive Simulationsmöglichkeiten verschiedener Klimaszenarien für Norddeutschland)

Erdatmosphäre – Monitoring / Überwachung von Treibhausgasen & Aerosolen

https://www.co2levels.org/

https://www.co2.earth/daily-co2

https://worldview.earthdata.nasa.gov/

https://atmosphere.copernicus.eu/data

Situation Polargebiete (Arktis & Antarktis)

http://data.meereisportal.de/gallery/index_new.php

https://forum.arctic-sea-ice.net/index.php

Meeresspiegelanstieg (beide Seiten bieten interaktive Simulationsmöglichkeiten)

http://flood.firetree.net/

https://searise.correctiv.org/de/explore

Brände (Übersicht Europa)

http://effis.jrc.ec.europa.eu/

Extremwetter (Schwergewitter, „Unwetter“, Tornados etc.)

https://watchers.news/category/severe-weather/ (eine Seite, die grundsätzlich die – falsche – Theorie vertritt, dass die Sonnenaktivität für das Erdwetter entscheidend ist. Trotzdem ist der Wetterdesasterüberblick (in engl.) weltweit bisher mit das Beste, was es in dem Bereich gibt – ohne Verharmlosung und Überdramatisierung. Als Zuschlag gibt’s noch aktuelle Infos zu akuten Vulkanausbrüchen, Erdbeben etc.)

http://www.severe-weather.eu/category/news/

http://www.estofex.org/ (europäisches Warnprojekt für Extremwetter in der Erprobung. Jetzt schon ganz brauchbar für das Nachprüfen, ob grundsätzlich was in den nächsten Tagen passieren kann)

https://www.eswd.eu/cgi-bin/eswd.cgi?&lang=de_1 (Datenbank für Extremwetter in Europa. Ohne Anmeldung nur begrenzte Anzeige, trotzdem selbst dann aufschlußreich. Muss bei jedem Besuch neu aktiviert werden)

http://unwetteragentur.de/

Flutereignisse weltweit (durch Starkregen, Stürme u.a.)

http://floodlist.com/

Tropische Wirbelstürme

https://yaleclimateconnections.org/topic/eye-on-the-storm/

(das weltweit vielleicht beste Blog zum Thema, allgemein auch mit vielen Informationen zur Klimakrise. Während der Sturmsaison klarer Schwerpunkt auf diese, mit vielen aktuellen Updates. Auch die Kommentarzone ist hier größtenteils zu empfehlen, aber Vorsicht: viel Insiderhumor, und auch viele Erfahrungsberichte aus erster Hand – es kommentieren viele Leute, die in den Hurricanegebieten an der US-Küste und in der Karibik leben).

Dürre (Deutschland)

https://www.ufz.de/index.php?de=37937

Folgen für Ökosysteme

https://www.open-intelligence.co.uk/index.php?df=1&sch=1000&db_i=2&cal=1&s=1&ob=5

Eine ständig wachsende Datenbank nur zum Thema weltweiter ökologischer Schäden und Veränderungen. Ist was für lange Nächte, und erfordert Arbeit beim reinarbeiten. Leider bisher nur in english.

]]>
„Nur wenn wir über den Kollaps diskutieren, können wir uns vorbereiten“ https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/11/nur-wenn-wir-ueber-den-kollaps-diskutieren-koennen-wir-uns-vorbereiten/ Wed, 11 May 2022 15:52:50 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=196 Continue reading ]]> Unter diesem Titel wurde bereits 2020 ein Aufruf von Forschenden aus diversen klima- und ökologierelevanten Wissenschaftsbereichen veröffentlicht, der damals – ausser in ein paar britischen Medien – unseres Wissens medial keine große Beachtung fand. Darum dokumentieren wir ihn jetzt hier in der deutschen Übersetzung (die Nummern hinter einigen Zeilen beziehen sich auf Quellenverweise in der Originalversion).

„Thema: Nur wenn wir über den Kollaps diskutieren, können wir uns vorbereiten

Als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus aller Welt fordern wir die Politik auf, sich offen mit dem Risiko einer Störung oder gar eines Zusammenbruchs unserer Gesellschaften auseinanderzusetzen. Nachdem es uns fünf Jahre lang nicht gelungen ist, die Kohlenstoffemissionen im Einklang mit dem Pariser Klimaabkommen (1) zu reduzieren, müssen wir nun die Konsequenzen tragen.

Während kühne und faire Anstrengungen zur Senkung der Emissionen und zum natürlichen Abbau von Kohlenstoff unerlässlich sind, halten Forscher in vielen Bereichen den gesellschaftlichen Zusammenbruch inzwischen für ein glaubwürdiges Szenario in diesem Jahrhundert (2a & 2b). Es gibt eine Reihe von Ansichten über den Ort, das Ausmaß, den Zeitpunkt, die Dauer und die Ursache solcher Zusammenbrüche; aber die Art und Weise, wie moderne Gesellschaften Mensch und Natur
ausbeuten, ist eine gemeinsame Sorge (3a & 3b).

Nur wenn die politischen Entscheidungsträger beginnen, diese Gefahr eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs zu diskutieren, können Gemeinschaften und Nationen beginnen, sich darauf vorzubereiten und so die Wahrscheinlichkeit, die Geschwindigkeit, die Schwere und den Schaden für die Schwächsten und die Natur zu verringern.

Einige Streitkräfte sehen den Kollaps bereits als wichtiges Szenario, das Planung erfordert (4a und 4b). Umfragen zeigen, dass viele Menschen inzwischen einen gesellschaftlichen Zusammenbruch erwarten (5). Traurigerweise ist das bereits die Erfahrung oder Erinnerung vieler Gemeinschaften im Globalen Süden (6). Das Thema wird jedoch in den Medien nicht gut behandelt und ist in der Zivilgesellschaft und der Politik weitgehend abwesend.

Wenn in den Medien über einen möglichen Kollaps berichtet wird, werden in der Regel Personen zitiert, die die Diskussion über das Thema verurteilen. Uninformierte Spekulationen, z. B. über ausländische Fehlinformationskampagnen oder Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und Motivation, fördern keine ernsthafte Diskussion (7). Vielmehr laufen solche Behauptungen Gefahr, die Tausenden von Aktivisten und Gemeindesprechern zu verraten, deren Antizipation des
Kollapses Teil ihrer Motivation ist, auf Veränderungen in den Bereichen Klima, Ökologie und soziale Gerechtigkeit zu drängen.

Menschen, denen ökologische und humanitäre Themen am Herzen liegen, sollten nicht davon abgehalten werden, die Risiken einer gesellschaftlichen Störung oder eines Zusammenbruchs zu
diskutieren. Das könnte die Gefahr bergen, dass die Agenda von Menschen vorangetrieben wird, die sich weniger für solche Werte einsetzen.

Einige von uns glauben, dass ein Übergang zu einer neuen Gesellschaftsform möglich sein könnte. Das wird mutiges Handeln erfordern, um den Schaden für das Klima, die Natur und andere
Menschen zu reduzieren, einschließlich der Vorbereitung auf größere Störungen des täglichen Lebens. Wir sind uns einig darin, dass die Bemühungen, die Diskussion über den Kollaps zu unterdrücken, die Möglichkeit dieses Übergangs behindern.

Wir haben erlebt, wie emotional herausfordernd es ist, den Schaden zu erkennen, der angerichtet wird, zusammen mit der wachsenden Bedrohung für unsere eigene Lebensweise. Wir kennen auch das große Gefühl der Gemeinschaft, das entstehen kann (8). Es ist an der Zeit, uns gegenseitig zu schwierigen Gesprächen einzuladen, damit wir unsere Mitschuld am Schaden verringern und kreativ sein können, um das Beste aus einer turbulenten Zukunft zu machen (9).“

*

Zwei Jahre später fühlen sich inzwischen hunderte Wissenschaftler*innen aufgrund der immer gefährlicher werdenden Situation zu zivilem Ungehorsam ermuntert – zu betrachten im folgenden kurzen Film:

Das mediale Echo hat sich bei dieser länderübergreifenden Aktion vor ein paar Wochen ebenfalls stark in Grenzen gehalten.

]]>
Kleine Textsammlung zum Thema ökologischer / klimatischer / sozialer Kollaps https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/08/kleine-textsammlung-zum-thema-oekologischer-klimatischer-sozialer-kollaps/ Sun, 08 May 2022 08:27:29 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=192 Continue reading ]]> Als inhaltliche Vorbereitung und zur Verkürzung der Wartezeit bis zum Beginn von Veranstaltungsreihe und Workshop packen wir jetzt eine geballte Ladung Doom vor den geneigten Mitlesenden aus. Wir möchten gar nicht erst irgendetwas relativieren oder behaupten, dass wir die Laune heben möchten. Wir betrachten diese Texte als dringend nötige Beiträge zur angemessenen Realitätswahrnehmung – als Beschreibung, wie unser Zustand auf diesem wunderschönen Planeten

inzwischen wirklich beschaffen ist.

Fast alle Texte sind im Original in english erschienen; wir haben sie zum besseren Verständnis aufgrund der Wichtigkeit der Themen übersetzt bzw. übersetzen lassen. Und bieten diese Übersetzungen gleich nach einer jeweiligen kurzen Vorstellung als PDF zum Download an. Die Links zu den Originaltexten finden sich am Ende der Übersetzungen.

Wer oder was ist ein Doomer?

Lassen Sie uns mit dem Offensichtlichen beginnen. Das Wort „Doomer“ ist ein Wort mit schrecklich düsteren Konnotationen. Die offensichtliche Interpretation ist, dass ein Doomer glaubt, das Leben sei hoffnungslos, er könne es genauso gut aufgeben; es gebe keinen Wert im Leben. Aber das ist ganz und gar nicht die Sichtweise eines Doomers. Doomer wissen, dass das Leben für uns alle eine unheilbare Krankheit ist, das jede objektive Betrachtung des eigenen Lebens die Unausweichlichkeit des Todes einschließen sollte. Doch trotz dieses universellen existenziellen Dilemmas erfreuen sich die Weltuntergangspessimisten an Sonnenuntergängen und Freunden, sie arbeiten auf ihre Ziele hin, sie haben Familien, sie feiern Geburten und trauern um Verstorbene, und sie kämpfen weiter. Vor allem aber erkennen sie an, dass die Menschheit hier und jetzt an einer kollektiven unheilbaren Krankheit leidet, und nicht zu einem unvorstellbaren Zeitpunkt in der Zukunft. (…)

doomer

Die Zeit ist um. Es ist das Ende der Welt, und wir wissen es.

(…)

Aber da es immer offensichtlicher wird, dass die Art und Weise, wie wir auf diesem Planeten gelebt haben, seine Chemie, Biologie und Ökologie auf tragische Weise verändert hat, stellt sich die Frage, wie schlimm die Dinge noch werden. Ist es möglich, dass unsere Welt für den Menschen und die meisten anderen Arten unbewohnbar wird? Eine wachsende Zahl von Wissenschaftlern und Laien, die sich von Fakten und beobachtbaren Trends leiten lassen, anstatt ihre Meinung auf der Grundlage von Hoffnungen und Wünschen zu bilden, hält ein solches Szenario für sehr wahrscheinlich, wenn nicht sogar für unvermeidlich. (…)

catano-text

Die große Vernichtung: „Ich hätte nie gedacht, dass ich den Schrecken des planetarischen Zusammenbruchs noch erleben würde“.

Es bricht mir das Herz, mitanzusehen, wie das Land, das ich liebe, unwiderruflich verletzt wird,
weil die australische Regierung sich weigert, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. (…)

Betrachtungen zur Klimakatastrophe

“Der Zusammenbruch der Zivilisation ist das
wahrscheinlichste Ergebnis”

Die renommiertesten Klimawissenschaftler und Biologen der Welt glauben, dass wir auf den Zusammenbruch der Zivilisation zusteuern, und es könnte bereits zu spät sein, den Kurs zu ändern. (…)

zusammenbruch

Jenseits der Hoffnung

DIE GEMEINSAMSTEN WORTE, die ich von Umweltschützern höre, sind: Wir sind am Arsch. Die meisten dieser Umweltschützer kämpfen verzweifelt, mit allen Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen – oder besser gesagt, mit allen legalen Mitteln, die ihnen von den Machthabern zugestanden werden, also mit allen Mitteln, die letztlich unwirksam sind -, um ein Stück Land zu schützen, um die Herstellung oder Freisetzung von Giften zu stoppen, um zivilisierte Menschen davon abzuhalten, eine Gruppe von Pflanzen oder Tieren zu quälen. Manchmal beschränken sie sich darauf, nur einen einzigen Baum zu schützen. (…)

jenseits der hoffnung

Katastrophen sind das neue Normal. Sind wir bereit?

Wie das Leben in einem Zeitalter aussehen wird, in dem Katastrophen die neue Normalität sind.
Hier ist ein kleines Geheimnis. Eines, das uns der Coronavirus eigentlich hätte verraten müssen. Das Normale ist vorbei. Das Zeitalter der Normalität ist vorbei, erledigt, ein Relikt der Geschichte. Die Dinge werden nicht zur Normalität zurückkehren. Von nun an werden die Gesellschaften nur noch instabiler, die Volkswirtschaften noch depressiver, die Nationen noch zerrissener und das Leben – Ihres und meines – noch surrealer, schwieriger und unruhiger. (…)

katastrophennormalität

Das Damoklesschwert fällt

Es ist der letzte Tag im April 2022 und der Sommer in der nördlichen Hemisphäre nähert sich rasch. Mit ihm werden Hitzewellen, Wirbelstürme, Brände und die von La Nina verursachte Megatrockenheit ihren Ansturm fortsetzen. Die Schmelzsaison in der Arktis hat gerade erst begonnen, und die Möglichkeit eines neuen Tiefs erinnert uns erneut an die Unvermeidlichkeit eines Blue Ocean Events (Anmerk.: damit ist der – zunächst noch temporäre – Zustand eines weitgehend eisfreien arktischen Ozeans gemeint). Die sibirischen Brände geraten außer Kontrolle, weil russische Feuerwehrleute in die Ukraine geschickt werden, um dort Völkermord zu begehen. Ein Atomkrieg wird in den Mainstream-Medien offen diskutiert. Indien leidet unter der frühesten und längsten Frühjahrshitze seit 122 Jahren. Der Lake Mead im Westen der USA, die Wasserquelle für Millionen Menschen, trocknet aus. (…)

damoklesschwert

*

Wir empfehlen besonders den potenziellen Besucher*innen der Veranstaltungen, sich im Vorfeld mit einem oder mehreren der obigen Texte näher inhaltlich auseinanderzusetzen. Aber natürlich auch allen anderen Interessierten.

]]>
Kommentare wieder freigegeben https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/05/kommentare-wieder-freigegeben/ Thu, 05 May 2022 09:57:13 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=180 Unter folgenden Bedingungen: wir schalten sie frei, was etwas dauern kann. Und eine gültige Mailaddy muss angegeben werden. In der Vergangenheit hatten wir massive Probleme mit Spam, darum betrachten wir das jetzt erstmal als Testlauf.

]]>
Russland, der Krieg und das Klima: Selbstmord aus Angst vor dem Tod? https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/05/russland-der-krieg-und-das-klima-selbstmord-aus-angst-vor-dem-tod/ https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/05/russland-der-krieg-und-das-klima-selbstmord-aus-angst-vor-dem-tod/#comments Thu, 05 May 2022 09:43:00 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=177 Continue reading ]]> Bei der Sichtung des in den letzten Jahren angefallenen Materials in Sachen Klimakatastrophe für die bevorstehenden Veranstaltungen ist uns der weiter unten folgende, vier Jahre alte Artikel wieder vor Augen gekommen. Und angesichts der aktuellen Situation finden wir die dort thematisierten Aspekte mehr als interessant. Auch, wenn wir nicht von einer monokausalen Erklärung für den russischen Angriffskrieg ausgehen – große Teile der russischen Gesellschaft lassen sich im Prinzip seit Jahrhunderten als psychosoziales Krisengebiet verstehen, siehe

Die Zahlen sind erschreckend: 66 Prozent der in Russland ermordeten Frauen wurden Opfer häuslicher Gewalt. In 53 Prozent der Fälle verübte der Lebenspartner die Tat, die restlichen Taten gingen auf das Konto von Familienangehörigen. (…)

Ohrfeigen, Gürtel und dunkle Räume: Warum gehört Gewalt in Russland noch heute zur Erziehung dazu?

– so ist doch für ein Land ein System, dessen Ökonomie zu entscheidenden Teilen auf dem Verkauf der fossilen Brennstoffe Öl, Gas und Kohle beruht, die Klimakatastrophe, die irgendwann in nicht mehr ferner Zukunft absehbar das Ende dieser Geschäfte erzwingen wird, eine finale Wand. Es ist kaum vorstellbar, dass das den herrschenden russischen Eliten um Putin nicht bewusst ist. Und so kann es also durchaus als Motiv für die aktuelle imperialistische Politik eine Rolle spielen, jetzt zu einer Zeit noch Fakten zu schaffen, in der das für Putins Gang noch möglich ist – bevor die Natur allen Expansionsgelüsten auf jeder Ebene einen Riegel vorschiebt.

Wir haben den erwähnten Artikel vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Veröffentlicht wurde er am 6. September 2018 in der „New Moscow Times“

 

Russisches Ministerium warnt vor kommender Umweltapokalypse aufgrund des Klimawandels

Das russische Umweltministerium hat einen Bericht veröffentlicht, der eine apokalyptische Zukunft für das Land aufgrund des Klimawandels malt, mit Folgen wie Epidemien, Dürre, Massenüberschwemmungen und Hunger.

Während Russland von einem bescheidenen Anstieg der globalen Temperaturen, der die Schifffahrt in der Arktis öffnen und mehr wirtschaftliche Aktivitäten im Winter ermöglichen soll, wirtschaftlich profitieren soll, hat das Land schätzungsweise 1,55 Billionen Rubel (22 Milliarden Dollar) für ein neues Umweltprogramm zur Förderung der Verringerung der Luftverschmutzung, der Aufforstung und des Recyclings bereitgestellt.

Der am Montag vom Ministerium für Naturressourcen und Umwelt veröffentlichte Berichtsentwurf umfasst 900 Seiten und schlüsselt die bisherigen und künftigen Folgen des Klimawandels für das Land auf.

Hier sind die wichtigsten Ergebnisse:

 

– Die Zahl der Todesfälle durch Umweltkatastrophen ist in Russland zwischen 2016 und 2017 um das 11-fache gestiegen.

 

– Die Temperaturen in Russland sind mehr als doppelt so schnell gestiegen wie der Weltdurchschnitt von 0,18 Grad Celsius pro Jahrzehnt.

 

– Die Konzentration von Treibhausgasen, die durch das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum der letzten zwei Jahrhunderte verursacht wurde, erreichte im vergangenen Jahr Rekordwerte.

 

– Dies hat zu einer – zumindest in den letzten 800 000 Jahren – beispiellosen Konzentration von Kohlendioxid (CO2), Methan und Distickstoffoxid in der Atmosphäre geführt.

 

– Mit einem Anteil von 4,5 Prozent hat Russland hinter China, den Vereinigten Staaten und Indien den viertgrößten Anteil an den Treibhausgasemissionen der Welt.

 

– Dem Bericht des Ministeriums zufolge ist es zu 95 Prozent sicher, dass menschliche Aktivitäten zur globalen Erwärmung beitragen, die seit Mitte des 20. Jahrhunderts zu beobachten ist.

Künftige Gefahren

 

– Moskau und andere Großstädte sind von wärmerem Wetter und zunehmender Umweltverschmutzung bedroht, während ältere Menschen in Zentral- und Südrussland der Gefahr von Hitzewellen ausgesetzt sind. Andere Regionen können aufgrund von verunreinigtem Trinkwasser und Insekten zu Krankheitsherden werden, heißt es in dem Berichtsentwurf.

 

– In Südrussland besteht ein erhöhtes Unfallrisiko durch die Verformung von Eisenbahnschienen bei extrem hohen Temperaturen.

 

– Die Überhitzung von Gebäuden während Hitzewellen führt zu einem erhöhten Energieverbrauch und trägt zu Energie- und Wasserversorgungsengpässen bei der städtischen Bevölkerung in Zentralrussland bei.

 

– Schmelzender Permafrost in und um die russische Arktis könnte dazu führen, dass gefährliche chemische, biologische und radioaktive Stoffe in den menschlichen Lebensraum gelangen.

 

– Waldbrände in Sibirien und anderen Gebieten könnten häufiger auftreten, mehr Emissionen verursachen und Menschenleben bedrohen. Der Ferne Osten wird anfälliger für Sturzfluten und Monsunregen.

 

Die Rolle des Ministeriums

Eine anonyme Regierungsquelle sagte, die unerwartete Konzentration auf die Folgen des Klimawandels in diesem Jahr bedeute wahrscheinlich, dass das Ministerium beabsichtige, die Rolle des Hauptentwicklers und Koordinators der Klimapolitik zu übernehmen.

Laut der Wirtschaftszeitung Kommersant teilen sich derzeit das Ministerium für natürliche Ressourcen, das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung, das Energieministerium und das Ministerium für Industrie und Handel diese Aufgabe. „Deshalb legen sie die Grundlagen, um sich bei Bedarf auf ihren Bericht berufen zu können“, sagte der ungenannte Beamte der Zeitung am Donnerstag.

Apropos Sibirien:

„Zweite Front“ für Putin: In Russland wüten verheerende Waldbrände (…) Die Waldbrandsaison in Russland* hat nach Angaben russischer Medien und Greenpeace Russland 2022 bereits sehr früh begonnen. In den vergangenen Tagen seien rund 400 Waldbrände in Sibirien ausgebrochen, berichtete das Katastrophenschutzministerium der Russischen Föderation. Die Waldbrandfläche sei demnach bereits doppelt so groß, wie im April vergangenen Jahres. (…)

Und ein großer Teil derjenigen militärischen Einheiten, die in den letzten Jahren an der Bekämpfung der Brände beteiligt waren, fehlt nun kriegsbedingt. 

 

 

]]>
https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/05/russland-der-krieg-und-das-klima-selbstmord-aus-angst-vor-dem-tod/feed/ 1
Veranstaltungsreihe & Workshop Mai / Juni 2022: Wenn die Welt auseinander fällt – Die Klimakatastrophe und ihre zerstörerischen Aus­wirkungen auf Ökologie,Psyche und Gesellschaft https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/04/veranstaltungsreihe-workshop-mai-juni-2022-wenn-die-welt-auseinander-faellt-die-klimakatastrophe-und-ihre-zerstoererischen-aus%c2%adwirkungen-auf-oekologiepsyche-und-gesellschaft/ Wed, 04 May 2022 11:42:46 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=174 Continue reading ]]> Die Zeichen sind unübersehbar: Rekordtemperaturen, Rekordniederschläge, Rekorddürren, Rekordbrände, Extremwetter weltweit. Und gleichzeitig gibt es eine verbreitete Ignoranz und Unwilligkeit, den westlichen Lebensstil der techno-industriellen,
fossilen Zivilisation auch nur oberflächlich zu verändern.

Verwüstungen nach dem Zyklon Idai in Mozambique, März 2020

Diese zunehmend fatale Entwicklung hat nicht nur Folgen für die direkt Betroffenen von Extremwetterereignissen. Weit darüber hinaus werden jeder Sektor und jedes Mitglied der menschlichen Gesellschaften auf
diesem Planeten mit den zerstörerischen Folgen konfrontiert werden. Und zwar als direkte Folge unserer eigenen artspezifischen Dummheit im Umgang mit der Biosphäre.

Zu dieser Dummheit gehört auch die Fähigkeit, pure Realitätsverdrängung zu betreiben. Was, für sich genommen, bereits als
Symptom für eine entgleiste Wahrnehmungstehen kann – und als eine mögliche Trauma­folge. Diese Realitätsverdrängung wird in vielfältiger Weise von viel zu vielen Fraktionen in Politik, Ökonomie und leider auch in Teilen der Wissenschaft gefördert.

Wir möchten einen realistischen Blick auf die aktuelle Situation werfen: Wie ist unsere Lage wirklich, jenseits aller Beschwörungen von 1,5°C und dem mythischen „Green New Deal“? Was lässt sich alleine aus den zu beobachtenden Phänomenen auf dem Planeten sowie ihren theoretischen Deutungen über unsere Situation sagen? Und was macht dieses Wissen direkt mit uns und unseren Gefühlen & Gedanken? Ist es überhaupt möglich, als Teil einer schwer geschädigten Biosphäre selbst
(psychisch) gesund zu bleiben? Und wie sollen und können wir uns auf einen möglichen zivilisatorischen Kollaps vorbereiten?

In vier Vorträgen plus einem Workshoptag beschäftigen wir uns mit den obigen Fragen und geben ihnen den längst überfälligen Raum.

Vier Veranstaltungen, jeweils thematisch einem der „vier Elemente“ Feuer, Wasser, Erde & Luft zugeordnet – diese Einteilung haben wir vorgenommen, um die Vielfalt der auftretenden Phänomene einigermaßen abdecken zu können.

Programm

Freitag, 20. Mai 2022, 19.30 Uhr
Klimawerkstatt, Westerstr. 58
Feuer: Von Bränden & Hitzewellen. Wie damit umgehen, wenn die eigene Existenz in Flammen aufgeht? Was macht Hitze mit unserer Ge­sund­heit?

Freitag, 27. Mai, 19.30 Uhr
BDP-Haus, Am Hulsberg 136 (nicht barrierefrei)
Wasser: Von Starkregen, Eisschmelzen & dem Meeresspiegel. Die Kraft von Wasser kann extrem zerstörerisch sein. Auch hier lautet eine Frage: wie können Betroffene dieser Elementargewalt einigermaßen weiterleben?

Freitag, 03. Juni, 19.30 Uhr
Klimawerkstatt, Westerstr. 58
Erde: Von Erdrutschen, Dürren & unvorhergesehenen Folgen. Wenn der Boden nicht mehr sicher ist und stirbt: die Themen Nahrungsmittelproduktion & Sicherheit vorhandener Infra­strukturen treten hier besonders in den Vor­dergrund.

Freitag, 10. Juni, 19.30 Uhr
paradox, Bernhardstr. 12
Luft: Von Stürmen aller Art & atmosphärischen Veränderungen – wenn Sicherheiten weg­gepustet werden und Methan“bomben“ zu explodieren drohen.

Workshop mit Norbert Prinz

Samstag, 11. Juni, 10.00 – 16.00 Uhr
paradox, Bernhardstr. 12
Perspektiven des Zusammenbruchs. Orientierung finden in der Hoffnungslosigkeit

Der Workshop hat das Ziel, die Mauer des Schweigens zu brechen und einen Raum zu eröffnen, in dem sich die Teilnehmer*innen über die Gefahr eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs aufgrund der gegenwärtigen Krisen auseinandersetzen können. Dieses Thema wird in den Medien leider nicht angemessen repräsentiert und ist auch innerhalb der Klimabewegung kaum besprechbar.

In dem Workshop soll das Verständnis über die psychischen Verarbeitungsmechanismen im Bezug auf das Thema vertieft werden.
Es werden einige Theorien zur Diskussion ge­stellt, die sich dem fehlenden zivilgesellschaftlichen und politischen Diskurs im Bezug auf einen gesellschaftlichen Zusammenbruch widmen. Außerdem wird es im Rahmen des Workshops Gelegenheiten geben, bei denen die Teilnehmer*innen ihre eigenen Perspektiven im Bezug auf das Thema ent­wickeln können. Nur was besprechbar ist, kann auch gestaltet werden.

Norbert Prinz ist Gestalttherapeut und Super­visor in eigener freier Praxis in Leipzig. Er be­schäftigt sich mit humanistischen Perspektiven
in einer Psychologie des Zusammenbruchs, ist Teil der Klimagerechtigkeitsbewegung und baut ein Netzwerk kollapsbewusster Menschen in Deutschland auf.

Unten findet ihr den Infoflyer zur Reihe als Download

WennDieWelt-VA Flyer_screen

Anmeldung zum Workshop: entweder direkt bei den Abendveranstaltungen oder aber per Mail an: akpsk ( at) riseup.net

Pandemiemaßnahmen: wir bitten bei allen Veranstaltungen um einen tagesaktuellen Test!

]]>
Lange virtuelle Pausen bedeuten nicht das gleiche im realen Leben… https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2022/05/04/lange-virtuelle-pausen-bedeuten-nicht-das-gleiche-im-realen-leben/ Wed, 04 May 2022 10:19:13 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=161 Continue reading ]]> Ja, möglicherweise konnte der eine oder die andere Besucher*in in den letzten Jahren den Eindruck einer Webruine gewinnen, von denen es gefühlt eine ganze Menge gibt. Aber spätestens jetzt können wir sagen: ätsch, getäuscht!

Wir haben uns in der Zeit seit unserer letzten Veranstaltung 2017 zunächst zögernd, dann mehr und mehr alarmiert mit einem ganzen Themenkomplex beschäftigt, der inzwischen – nach unserer Überzeugung – DAS Thema überhaupt sein sollte, nein eher muss: dem Klimawandel, der Klimakrise, der Klimakatastrophe. Oder etwas weitergefasst: dem allgemeinen ökologischen Zusammenbruch, zu dem neben dem Klima auch das Artensterben, die Vergiftungen von Boden, Wasser & Luft, die Plastikschwemme und etliches mehr gehört, z.B. auch Zoonosen, die weltweite Pandemien auslösen können. Focussiert haben wir uns aber zunächst auf das Klima, und hier – gemäß unserem eigentlichen Gruppenschwerpunkt – auf die psychosozialen Folgen, bei denen uns neben vielen anderem auch das Trauma in vielfältigen Formen wieder begegnet.

Eine Reihe von Texten, die wir dabei für uns anregend / inspirierend / erleuchtend fanden, stellen wir in den nächsten Tagen hier vor. Ebenfalls eine Veranstaltungsreihe & Workshop, die ab Ende Mai unter dem Titel „Wenn die Welt auseinanderfällt – die Klimakatastrophe und ihre zerstörerischen Auswirkungen auf Ökologie, Psyche & Gesellschaft“. Alles Wichtige dazu werden wir zeitnah hier ins Blog stellen.

]]>
Beziehungen in politischen Bewegungen – ein Beitrag aus den USA https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2018/06/25/beziehungen-in-politischen-bewegungen-ein-beitrag-aus-den-usa/ Mon, 25 Jun 2018 18:09:42 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=153 Continue reading ]]> Mehr oder weniger zufällig sind wir vor ein paar Monaten über den folgenden Text gestolpert und haben uns entschlossen, ihn zu übersetzen. Wir erachten den Artikel für die deutschen Verhältnisse als bedeutsam und richtungsweisend, weil wir in der deutschen Linken eine vielartige Mischung aus Unwillen und Ignoranz wahrnehmen, sich eingehender und strukturell mit Fragen von Traumatisierung und den Folgen für politische Organisierung auseinanderzusetzen. Wir wünschen uns möglichst viele Diskussionen darüber, und würden Veranstaltungen zu diesem Thema begrüßen.

Der Artikel bezieht sich auf die US-amerikanischen Verhältnisse, unter denen Soziale Bewegungen arbeiten. Dazu gehört z.B. die im Text erwähnte, thematisch wesentlich breiter aufgestellte Struktur von Non-Profit-Organisationen, die sich aus Spenden finanzieren und bezahlte Mitarbeiter*innen beschäftigen, was einen wesentlichen Unterschied zur Struktur Sozialer Bewegungen hierzulande darstellt, die meist keine bezahlten Aktivist*innen haben. Desweiteren gibt es in den USA eine kritisch-reformerische Bewegung zum Justizsystem (‚Healing Justice‘/ ‚Transformative Justice‘), die in dieser Form in der BRD nicht existiert. (Anmerkungen der Übersetzer*innen)


Dieser Artikel ist der zweite der Truthout-Serie “Visions of 2018”, in welcher _Aktivist*innen die Frage beantworten „Was würdest du gerne sehen, was dieses Jahr neu entwickelt, aufgebaut, erträumt oder begonnen werden sollte?“ Jeder dieser Artikel wird auf eine wichtige Idee für den Wandel konzentriert sein, um uns im laufenden Jahr mit Energie zu versorgen.

Unsere Beziehungen halten uns am leben: Lasst sie uns 2018 in den Vordergrund stellen

Von Ejeris Dixon bei truthout.org am 08. Februar 2018

Quelle http://www.truth-out.org/opinion/item/43444-our-relationships-keep-us-alive-let-s-prioritize-them-in-2018

Dieser Text ist über einen längeren Zeitraum entstanden. Als jüngerer Mensch habe ich Jahre damit verbracht, Frauen in der Black Power-Bewegung zu interviewen und ihre Briefe, Texte und Gedichte zu lesen. Ich habe ihre Erfahrungen und den Einfluss von posttraumatischen Störungen untersucht. Später habe ich dann verstanden, dass ich nach einer Art und Weise gesucht habe, in politischen Bewegungen beteiligt zu sein, die es mir ermöglicht, meine Persönlichkeit, meine Haltung und Hoffnungen unbeschadet beizubehalten. Ich lernte, dass ein Teil dieser Arbeit bei mir alleine liegt. Aber der andere Teil sollte unser gemeinsames Bestreben sein: Es geht darum, wie wir uns gegenseitig behandeln.

Meine Vorstellung für das Jahr 2018 ist die, dass wir uns selber vornehmen, die Beziehungen innerhalb sozialer Bewegungen und die damit zusammenhängenden Schäden zu thematisieren. Ich verbrachte 2017 die meiste Zeit mit Reisen durch die USA und mit der Unterstützung von Gruppen, die sich gegen intensive politische Bedrohungen gebildet hatten. Manche waren direkt mit weißem Nationalismus konfrontiert, andere thematisierten Gewalt gegen LGBTQ-Communities, wieder andere unterstützten Communities, die unter der Bedrohung von Abschiebungen standen oder die mit Schwarzen Communities arbeiteten, welche mit staatlicher Gewalt konfrontiert waren. Vieles meiner Arbeit mit diesen Gruppen war Krisenmanagement, welches einen vertrauensvollen Umgang erforderte.

Während solcher repressiver Zeiten nehmen die Leute an, dass die meisten dieser Krisen im Aktivismus und der Organisierung von außen kommen. Stattdessen habe ich mit Gruppen gearbeitet, deren innere Beziehungen so belastet waren, dass ihre politische Arbeit praktisch zum Stillstand gekommen ist—Gruppen, wo die Leute aufgehört hatten, miteinander zu reden; wo die Leute untereinander missbräuchlich waren und sich gemobbt haben; wo sich Fragen von Gewalt und Diebstahl gestellt haben. In manchen Fällen haben Mitglieder aus dem gleichen Kollektiv andere Personen oder ihre eigenen Organisationen in den sozialen Medien kritisiert, aber haben sich geweigert, diese Kritik auch im direkten Umgang auszusprechen.

In einer Gruppe nach der anderen habe ich das selbe Muster wahrgenommen. In ereignisreichen Perioden werden Leute mobilisiert. Sie machen das, was wir alle gelernt haben und sparen sich ihre Kritik für einen späteren Zeitpunkt auf. Und wenn dann eine Pause in der äußeren Konfliktsituation entsteht, dann gehen alle aufeinander los. Als Aktivistin hatte ich gelernt, Leute für Bewegungen anzuwerben und sie darin zu unterstützen, auch dabei zu bleiben. Aber ich hatte nicht gelernt, wie man Beziehungen heilt oder Schäden daran vermeidet. Den meisten von uns fehlen diese Fähigkeiten.

Unsere Kampagnen, unsere Basisorganisierung und unsere politischen Analysen können und werden uns nicht vor dieser Bedrohung schützen. Schlimmer noch, unsere äußeren Gegner profitieren nicht alleine von unseren Spaltungen, sondern fördern sie noch. Manchmal sind wir unsere eigenen schlimmsten Feinde. Ohne unsere Aufmerksamkeit auf die Heilung unserer Beziehungen zu legen, werden unsere Bewegungen von innen heraus zerfallen.

Wie man Beziehungen in Bewegungen zerstört

Es gibt einige todsichere Arten, Beziehungen in Bewegungen zu zerstören. Gewöhnlich ist Misstrauen die Quelle von Konflikten und Misstrauen entsteht bereits dabei, wie wir in unsere Treffen, Aktionen und andere Bewegungsräume eintreten. Einige Gründe für Misstrauen, die ich beobachten konnte, sind Widersprüchlichkeit (Misalignment), Kultur der verbalen Auseinandersetzung (Call-out culture), Geheimstrategien (Secret maneuvering), Vernachlässigung von Beziehungen/Beziehungsarmut (relationship neglect).

Widersprüchlichkeit: Wenn Werte und Aktionen nicht übereinstimmen

Kurz gefasst, Heuchelei stösst die Leute ab. Allein im letzten Jahr haben so viele Leute den Glauben verloren und Organisationen verlassen, die behaupteten, unterdrückte Communities ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit zu stellen, dies aber faktisch nicht taten.

Die Leute fühlen sich betrogen, wenn eine Organisation oder Bewegung ihnen Befreiung verspricht und sie stattdessen Unterdrückung erfahren. Für viele Leute ist es eine herbe Enttäuschung im Sinne eines Vertrauensbruchs, die sie dazu bringt, der Bewegung den Rücken zu kehren. Wiederum andere bleiben zwar, aber behalten ein toxisches Maß an Zorn und Bitterkeit in sich.

Ein anderes Thema ist, wenn eine Organisation behauptet, eine kollektive oder horizontale Struktur zu haben, diese aber in Wirklichkeit nicht hat: Leute mit mehr Zeit und besserer Ausbildung – die einen höheren Klassenhintergrund haben – und die weiß, männlich, cis-gender, bürgerlich oder andere Privilegien haben, treffen in Wirklichkeit die Entscheidungen. Wenn der Prozess, unsere Werte und Aktionen in Übereinstimmung zu bringen, unklar oder unstet (in dauernder Veränderung) ist, kann das unsere Beziehung zu einander und unsere Arbeit zerstören.

Unsere Werte zu leben, während wir in einer Gesellschaft existieren, die das Gegenteil propagiert, bedeutet, das wir kämpfen und manchmal auf diesem Gebiet verlieren. Zum Beispiel haben viele Basisgruppen nicht das Budget, um ihre Arbeit mit der nötigen personellen Ausstattung zu betreiben. Um diese Lücke zu umgehen, haben diese Gruppen den Leuten niedrige Löhne bezahlt und sie haben oft Leute mit Klassen- oder Bildungsprivilegien beschäftigt. Diese Gruppen brauchten keine Festgehälter oder Festanstellung oder geregelte Arbeitszeiten bereit zu stellen, weil die Leute keine Kinderbetreuung, sozialversicherten Arbeitsverhältnisse oder Krankenversicherung benötigten. Aber wenn eine Organisation von sich behauptet, Niedriglöhner*innen zu vertreten oder sie ins Zentrum ihrer Aufmersamkeit zu stellen, dann muss sich diese Praxis ändern. Nur weil eine Organisation so gestartet ist, heißt das nicht, dass sie so fortbestehen kann.

Kontinuierliche Widersprüchlichkeit zwischen proklamierten Werten und Handlungen erzeugt Misstrauen, welches irreparable Konflikte hervorbringt. Um damit aufzuräumen, glaube ich, sollten wir von Anfang an die Konflikte, die unsere Gruppen haben, ausdrücklich benennen und sorgfältig daran arbeiten, sie zu beheben.

Hinterhältige Kritik und Anklagen (Disingenious Call-Outs)

Widersprüchlichkeit führt öfters zu einer bestimmten Form von Kritik. Damit meine ich eine Form von politischer Kritik , die dazu gedacht ist, öffentlich Organisationen, Bewegungen oder Personen zu benennen, die unterdrückerisch und manchmal auch schädlich gehandelt haben. Call-outs werden öfter als eine Form von Kritik von Menschen benutzt, die weniger Macht haben als die Organisationen oder Leute, die sie kritisieren—mit der Hoffnung, dass diese Art von Kritik dazu führt, dass der Inhalt der Kritik auch ankommt. Manche Call-outs sind nötig und wichtig und das Erzählen der Wahrheit ist nicht dazu gedacht, schön zu sein. Aber manche Call-outs sind hinterhältig und manipulativ. Ich habe in diversen Gruppen mitgearbeitet, um sie dabei zu unterstützen, Inhalte zu bearbeiten, die durch Call-outs thematisiert wurden. In manchen Fällen waren die Leute, die diese Kritik geäußert haben, nicht interessiert an Veränderung. Manchmal aus dem Grund, weil Menschen zu traumatisiert sind, um engagiert zu bleiben. Und manchmal sind die Leute auch am Niedergang der Organisation oder Gruppe interessiert.

Die Art und Weise, wie die Kritik geäußert wird, ist relevant. Destruktive Kritik dient nur unseren Gegnern. Ich habe Leute dabei beobachtet, die Call-outs mißbräuchlich und schädlich verwendet haben oder bei dem Versuch, Führer zu werden—nicht um positiven Wandel zu ermöglichen, sondern um andere auszubeuten. Das Schlimmste ist, wenn diese manipulative Kritik dazu führt, dass die wirklichen Inhalte, an denen die Menschen interessiert sind und in die sie auch Energie investieren, verdunkelt werden. Hinterhältige Call-outs bedeuten, dass wir die Form der Kritik als grundsätzlich mit unseren Prinzipien im Widerspruch stehend ansehen müssen und dass diese Art der Kritik nicht veränderbar ist.

Zusätzlich hat diese Call-out-Kultur die Konsequenzen für das Machen von Fehlern verschärft—egal ob beabsichtigt oder nicht. Ich denke darüber nach, wie oft ich mich entschieden habe, aus Angst vor Call-outs nichts zu sagen, weil ich mich nicht öffentlich der Bloßstellung in sozialen Medien aussetzen wollte—also beschränke ich mich auf für mich sichere Themen, bei denen ich über das entsprechende Wissen verfüge. Wir haben eine Kultur des Schweigens und der Stille geschaffen, in der sehr wenige Menschen aussprechen, was sie wirklich denken. Leute, die keine Angst davor haben verunglimpft zu werden, können fantastisch sein und auch inspirierend. Aber eine Bewegung, in der nur noch die Leute sprechen, die keine Angst haben, verunglimpft zu werden, ist ein Albtraum.

Geheimstrategien

Im gleichen Spektrum auf der anderen Seite, den Call-outs gegenüberliegend, stehen ausweichende Geheimstrategien. Im Gegensatz zum direkten Kritisieren oder Feedback-Geben gegenüber einer anderen Person, manövrieren wir drum herum. Wir streuen Gerüchte über Leute, die wir nicht mögen; wir hindern Leute daran, an Besprechungen, Treffen und Versammlungen teilzunehmen. Wir stellen sogar Listen von problematischen Leuten auf, um sie auszuschließen. Wir versuchen uns gegenseitig auszuspielen, ohne die wirklichen Themen und Konflikte anzusprechen. Hier geht es nicht darum, wie Leute aus Gründen eigener Sicherheit anderen Personen ausweichen, oder wie, nach einer Serie von fehlgeschlagenen Versuchen Konflikte anzusprechen, Leute entscheiden mit anderen umzugehen. Wie auch immer, manchmal sind wir einfach konfliktscheu und spalterisch, wir züchten eine Kultur der Verschleierung und des Misstrauens. Es gibt Zeiten, in denen Menschen, die das Vertrauen in andere verloren und schlechte Erfahrungen gemacht haben, eigentlich die politische Arbeit fortsetzen wollen, aber Probleme im Umgang mit Neulingen oder Fremden haben. Das kann bei bestimmten Projekten funktionieren, aber nicht bei massenhafter Organisierung und Aktivismus.

Unter diesen Umständen können wir unserer Visionen im benötigten Ausmaß nicht erschaffen.

Wir, ich selbst ebenso, müssen alle zusammen eine neue Strategie entwickeln. Wenn wir uns eine Welt vorstellen oder ausmalen, in der Gemeinschaften zusammenarbeiten, um Gewalt zu thematisieren und sicherzustellen, dass unsere Basisbedürfnisse erfüllt werden, dann dürfen unsere Bewegungen nicht wie Geheimgesellschaften arbeiten/organisiert sein.

Vernachlässigung

Konflikte entstehen auch daher, wenn sich Leute gegenseitig nicht beachten. Manchmal sind wir so beschäftigt, dass wir vergessen, die Bemühungen anderer für unsere Bewegungen wahrzunehmen. Wir sagen nicht „Danke“; wir erkennen die Führungseigenschaften anderer nicht an. Jahrelange Missachtung kann die Konflikte verstärken. In einigen Organisationsprozessen, an denen ich mitgearbeitet habe, sind aus dem Grad der zwischenmenschlichen Verbitterung Probleme entstanden—resultierend aus dem Gefühl, jahrelang nicht wahrgenommen worden zu sein.

Viele Leute beteiligen sich an Bewegungen, weil sie sich irgendwo zugehörig fühlen wollen. Während wir diese Lücke nicht heilen können, können wir zumindest dieses Bedürfnis wahrnehmen und akzeptieren. Und wir müssen sicherstellen, dass wir unsere Mitstreiter*innen auch jenseits dessen wertschätzen, was sie für unsere Bewegungen tun. Um die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verwirklichen, die wir benötigen, brauchen wir Beziehungen mit anderen, die unabhängig von der Frage sind, ob jemand bei der nächsten Aktion dabei ist oder nicht. Und die das Interesse am Leben der anderen ausdrücken, welches wir brauchen, um die Art von revolutionären zwischenmenschlichen Beziehungen zu entwickeln, nach denen wir alle suchen.

Auch habe ich die spezielle Form der Missachtung kennengelernt, die dann eintritt, wenn Leute persönliche Bekanntheit anstreben. Soziale Medien haben eine Raum geschaffen, wo Leute ihre eigenen Plattformen und „Brands“ (Marken) erschaffen können, unabhängig vom Aufbau von Bewegungen. Ich habe führende Persönlichkeiten in Bewegungen gesehen, die so konzentriert auf ihren nächsten öffentlichen Auftritt sind, dass sie ihre Beziehungen vernachlässigen und mit ihren Genoss*innen zu konkurrieren beginnen. Der Markt für progressive Berühmtheiten ist vorhanden. Aber das Missachten oder nicht Respektieren Anderer, während des Versuches, eine charismatische Berühmtheit zu werden, bringt uns der Freiheit nicht näher.

Wie wir unsere Beziehungen wiederherstellen und Vertrauen wiedergewinnen

Um den Fokus auf die Gesundung unserer Beziehungen zu legen, müssen wir unsere Praxen verändern und unsere Werte stärker verinnerlichen. Unsere Praktiken formen unsere Kultur.

Mit einer Organisation habe ich an ihren Strategien der Ausbildung von Führungspersönlichkeiten gearbeitet. Als ich ihre Ausbildung untersuchte, wurde mir klar, dass der Schwerpunkt darin bestand, die Fähigkeiten der Teilnehmenden zur kritischen Analyse zu stärken. Um unsere Bewegungen voran zu bringen, brauchen wir Menschen, die Kapitalismus, Neoliberalismus, Patriarchat, Cis-Sexismus, Repression, Kolonialismus und so viele andere Systeme und Formen der Unterdrückung verstehen. Aber analytische Fähigkeiten zu entwickeln, ohne den Menschen die nötigen Skills zu geben für Konsensentscheidungen, den Aufbau von Gemeinschaften, die Durchführung von Treffen, um Konflikte zu moderieren und Verbindlichkeiten sicher zu stellen, schafft oft genug einen Raum, in dem jeder Austausch kritisch ist.

Um die schleichende Zerstörung in unseren Bewegungen zu thematisieren, werden wir uns gegenseitig lehren müssen, vertrauenswürdig zu sein und Vertrauenswürdigkeit auf breiterer Ebene zu entwickeln. Kürzlich haben ein lieber Mensch und ich nochmal die Werte zusammengetragen, von denen wir denken, dass sie in unserer Bewegungsarbeit am meisten gebraucht werden (und oftmals fehlen). Bei einem Kaffee erträumten wir eine Liste zentraler Werte die, wenn sie angewandt werden, radikal Schmerz, Misstrauen und Negativität ausräumen könnten, die von Menschen in Bewegungsräumen erfahren werden. Wir einigten uns auf: Ehrlichkeit, Integrität, Loyalität, Verantwortlichkeit und die Bereitschaft zur persönlichen Veränderung.

Ehrlichkeit

Wir müssen aufhören, uns und andere zu belügen. Wir haben Zusammenhänge konstruiert, in denen Menschen soviel Angst haben, falsche Dinge zu sagen oder Fehler zu machen, dass sie lieber still bleiben, lügen oder übertreiben. Vertrauen gedeiht durch Ehrlichkeit. Und Lügen können tiefe Wunden in Beziehungen verursachen.

Loyalität

Irgendwie ist Loyalität zu einem negativen Begriff geworden. Wenn ich den Begriff ‚Loyalität‘ benutze, denke ich an die Verbindlichkeit/Verpflichtung, die wir untereinander eingehen. Menschen brauchen das Gefühl, willkommen zu sein und gebraucht zu werden, selbst wenn sie Fehler machen und Schaden verursachen. Sehr viele von uns suchen nach Menschen, die auch in den schlimmsten Zeiten an unserer Seite bleiben. Unsere Beziehungen sind erschreckend an Bedingungen geknüpft: Wir sind nur dann bereit, in Verbindung mit anderen zu bleiben, wenn ihre Politik und Praxis perfekt ist. Wir sprechen über Verpflichtung oft genug nur im Zusammenhang mit romantischen Beziehungen und Hingabe zu den Visionen und Inhalten, an denen wir arbeiten. Um unsere Utopien/ Visionen umzusetzen, müssen wir uns tiefgründig, weitgehend und langfristig aufeinander einlassen.

Integrität/Glaubwürdigkeit

Wir müssen aufhören, einander vorzumachen, das es okay wäre unser Engagement unter dem Begriff ‚soziale Gerechtigkeit‘ firmieren zu lassen, wärend wir einander stattdessen schrecklich behandeln. Die Glaubwürdigkeit unserer Bewegungen wird umso stärker, je mehr wir uns verpflichten, unsere Werte auch zu leben. Und während wir daran arbeiten, die Welt wie wir sie uns erträumen, zu erreichen, müssen wir mit vielen Widersprüchen umgehen. Meine Faustregeln dabei sind: Kommen wir unserer Utopie näher? Nehmen wir uns genügend Zeit, bringen wir die nötigen Mittel ein und führen wir ehrliche Auseinandersetzungen, um als glaubwürdig gelten zu können? Zum Beispiel: Wenn ich in Räumen aktiv bin, die daran arbeiten, People of Color auf Führungspositionen vorzubereiten, dann sind meine Fragen: In welchem Ausmaß sind PoC bislang führend? Wie entlarven wir strukturelle Unterdrückung und erhöhen die Möglichkeiten für PoC in der Zukunft? Und schließlich, bleiben wir wach und fokussiert auf dieses Ziel?

Verantwortlichkeit

Ich sehe Verantwortlichkeit als ein Reparaturwerkzeug. Um wirklich diesen Wert verinnerlichen zu können, müssen wir die Fähigkeit und Bereitschaft aufbringen, verantwortlich gemacht zu werden, ebenso wie das nötige Rüstzeug, um selbstverantwortlich zu handeln. Verantwortlichkeit beginnt mit Selbstreflexion. Wir brauchen die Bereitschaft einerseits zur Selbstkritik und andererseits dazu, unsere Wirkung auf andere wahrzunehmen. Wieviele von uns sind in der Arbeit der (Beziehungs-)Heilung aktiv? Wieviele von uns sind dabei, Erfahrungen zu sammeln oder in Ausbildung im Bezug auf Konfliktlösung, Vertrauensbildung, ‚heilender Justiz/Gerechtigkeit‘ (healing justice) und ‚transformative Justiz‘ (transformative justice)? Ich bin überdrüssig von erschöpfenden Treffen mit Leuten, die sich mit Konfliktlösungen, gemeinsamer Verantwortlichkeit und ‚transformativer Justiz‘ beschäftigen. Jeder, den ich kenne, der sich im Feld von persönlicher und gesellschaftlicher Veränderung professionalisiert hat, bringt nicht die nötigen Vorraussetzungen mit. Wir dürfen Verantwortlichkeit und Heilung nicht als getrennte Fähigkeiten ansehen, die außerhalb von politischer Arbeit/gemeinschaftsbildender, gesellschaftliche Organisierung (community organizing) stehen. Wir alle innerhalb unserer Bewegungen benötigen das Bewusstsein dafür, dass Vertrauensbildung, das Heilen von Beziehungen und das Thematisieren von Unrecht ein Kernelement von Bewegungsentwicklung und -aufbau darstellt.

Bereitschaft zu persönlicher Veränderung

Ich habe all diese schädlichen Verhaltensweisen selber durchlaufen/mitgemacht und ich bin weiter dabei, das zu verändern. Ich schreibe diesen Artikel nicht aus einer leeren Kritik heraus, sondern aus einer tiefen Sehnsucht nach Veränderung. Viele der von mir benannten Verhaltensweisen sind die Folgen von Traumata, egal ob jemand nun innerhalb oder außerhalb unserer Bewegungen traumatisiert wurde. Wenn Bewegungen daran arbeiten, Menschen mit Unterdrückungserfahrungen zusammen zu bringen, arbeiten wir oft genug kollektiv mit langjährigen und tiefverwurzelten traumatischen Erfahrungen. Um unsere Beziehungen wirklich zu heilen (alternativ: unsere Verbindungen/Verhältnisse zu- und untereinander zu verbessern) , muss sich jede/r der Selbstverpflichtung stellen, an der eigenen Gesundung oder Heilung zu arbeiten; wir können nicht davon ausgehen, dass unsere Beziehungen in politischen Bewegungen die einzige Quelle für Unterstützung darstellt. Heilung von Traumata ist eine lebenslange Aufgabe. Unsere Selbstverpflichtung für persönliche Veränderung ist die Basis für unsere Fähigkeit, um in Übereinstimmung mit den Werten unserer Bewegungen aufzutreten. Ohne die Traumata zu heilen, können wir zwar Kampagnen gewinnen, aber wir werden in diesem Prozess auf der Strecke bleiben.

Ich glaube, wir alle sollten uns Listen der Bewegungswerte erstellen und abgleichen, inwieweit wir diese selbst erfüllen. Mit der Zeit können wir es erreichen, den Werten immer näher zu kommen. Was sind deine Bewegungswerte?

Richtung Heilung und Vertrauensbildung

Wenn unser Ziel ist, verbitterte Revolutionäre zu werden, die aus einer Bunkermentalität heraus kommunizieren, dann sind wir erfolgreich. Aber hast du jemals schon mit einem verbitterten Revolutionär geredet? Ich musste lachen und lernte von ihren brillianten Perspektiven, aber verliess das Gespräch deprimiert, unzufrieden und verängstigt. Auf dem verfolgten Weg, werden wir soviele Brüche erleiden, dass wir selbst dann, wenn wir in der Lage sind, die  angestrebten Veränderungen umzusetzen, wir das mit solcher Verbitterung und Misstrauen tun.

Meine Vision für 2018 ist einfach: Ich sehne mich nach Mitgefühl untereinander statt Zerstörung und Verbundenheit statt Karrierismus (Berühmtheit). In diesen Zeiten sind es unsere Beziehungen, die uns zusammen und am Leben halten. Ich bin fest davon überzeugt, dass es dieses Jahr nicht um die Größe unserer Mobilisierungen geht oder wie strategisch unsere Kampagnen angelegt sind, sondern um die Stärke unserer Beziehungen.

Ejeris Dixon

Ejeris Dixon ist eine Organizerin und Graswurzelstrategin mit 15 jähriger Arbeitserfahrung in Bewegungen zu Antirassismus, LGBTQ, Gewaltfreiheit und Sozialer Gerechtigkeit. Als Gründerin von Vision Change Win arbeitet sie aktuell mit Organisationen am Aufbau ihrer Fähigkeiten und daran, ihren Einfluss zu verstärken. Von 2010 bis 2013 leitete sie als Deputy Director das Community Organizing Department im Antigewalt Projekt der Stadt New York, wo sie auf bundesstaatlicher, landes- und lokaler Ebene die Bemühungen zu Hassverbrechen, häuslicher und sexualisierter Gewalt leitete. Von 2005 bis 2010 arbeitete Ejeris als mitbegründende Programmkoordinatorin vom Safe OUTside the System-Kollektiv beim Audre Lorde Project, wo sie communitybasierte Strategien entwickelte, um mit Hass und Polizeigewalt umzugehen. Sie ist weit anerkannt als Expertin in Sachen Polizeigewalt, Hassverbrechen, sexualisierter Gewalt und Beziehungsgewalt mit dem besonderen Schwerpunkt LGBTQ Gemeinschaften und Communities of color.

 

Übersetzung des Arbeitskreis Psychosoziale Krise Bremen

(Kommentare werden von uns wg. hohen Spamaufkommens moderiert, deshalb nicht wundern, wenn´s etwas länger bis zum Erscheinen dauert.)

]]>
Interview mit Sigrid Chamberlain https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2017/11/20/interview-mit-sigrid-chamberlain/ Mon, 20 Nov 2017 20:20:40 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=148 Continue reading ]]> Als kleinen Eindruck dessen, was Thema der kommenden Veranstaltungen sein wird, verweisen wir auf ein älteres Interview mit der Referentin des ersten Abends.

Gab es eine ausgesprochen nationalsozialistische Säuglingspflege und Kleinkind Erziehung?

 

Chamberlain: Ja, das behaupte ich. Ein wirklicher Nationalsozialist ist nicht vorstellbar ohne das Bedürfnis, andere auszugrenzen und grausam mit anderen Menschen umzugehen. Ein solches Verhalten ist aber nicht vorstellbar ohne eine grundsätzliche Bindungslosigkeit und ein hohes Maß an Gefühllosigkeit. Genau darauf, auf Gefühllosigkeit und Bindungslosigkeit, laufen die Ratschläge in dem 1934 von der Ärztin Johanna Haarer verfassten Ratgeber »Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind« hinaus. Er ist gewissermaßen eine Anleitung zu Kaltherzigkeit und Beziehungsarmut. Diesen weit verbreiteten Ratgeber zur Säuglingspflege, von dem bis Kriegsende 690.000 Exemplare verkauft wurden, habe ich untersucht.

]]>
NS-Erziehung und die Folgen – Veranstaltungen mit Sigrid Chamberlain & Anja Röhl im Dezember https://arbeitskreispsk.blackblogs.org/2017/11/18/ns-erziehung-und-die-folgen-veranstaltungen-mit-sigrid-chamberlain-anja-roehl-im-dezember/ Sat, 18 Nov 2017 16:08:24 +0000 http://arbeitskreispsk.blackblogs.org/?p=146

Alle weiteren Infos dazu sind hier zu finden.

]]>