DGB – Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz https://astendenz.blackblogs.org Es lebe die Möglichkeit der klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft! Thu, 10 Apr 2025 22:17:01 +0000 de-CH hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Die IG Metall bei VW https://astendenz.blackblogs.org/2025/03/15/die-ig-metall-bei-vw/ Sat, 15 Mar 2025 22:24:30 +0000 https://astendenz.blackblogs.org/?p=321 Dieses Flugblatt wurde am 15. März 2025 bei dem Aktionstag der IG Metall in Hannover verteilt.

Die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit

Unsere Ausbeutung besteht darin, dass wir Lohnabhängigen mehr Geld produzieren, als wir als Lohn ausgezahlt bekommen. Unsere Arbeitszeit ist durch eine unsichtbare Grenze geteilt. In der selbstreproduktiven Arbeitszeit produzieren wir eine neue Geldsumme – neben der Übertragung der Produktionsmittelkosten auf das neu entstehende Produkt –, die unserem Lohn entspricht. In der Mehrarbeitszeit produzieren wir den Mehrwert, den sich die kapitalistischen Unternehmen aneignen. Arbeit findet im Kapitalismus in der Regel nur dann statt, wenn aus ihr genug Profit herausgepresst werden kann.

Die IG Metall – Co-Managerin der kapitalistischen Ausbeutung

Gewerkschaften können grundsätzlich nur die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit – durch Erkämpfung höherer Löhne, kürzerer Arbeitszeiten und geringerer Arbeitsintensität – abmildern, aber eben nicht überwinden. Sie führen einen Klassenkampf innerhalb des Kapitalismus. Gewerkschaften können und wollen keinen revolutionären Kampf gegen den Kapitalismus führen. In nichtrevolutionären Zeiten strebt nur eine kleine Minderheit der Lohnabhängigen bewusst eine soziale Revolution an.

Doch die meisten Gewerkschaften führen auch nur einen inkonsequenten Kampf um höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten. Wie wir an der IG Metall sehr gut sehen können, ist es eine Haupttendenz der bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparate sich vollständig in die kapitalistischen Unternehmen und in den kapitalistischen Staat zu integrieren. Der Apparat der IG-Metall ist über das staatliche Streikrecht, das Tarifvertragssystem, das Sitzen von Gewerkschaftsbonzen in den Aufsichtsräten und Betriebsräte Co-Manager der kapitalistischen Metall- und Elektroindustrie. Hauptamtlichen GewerkschaftsfunktionärInnen und Betriebsräte gehören eindeutig nicht zur Klasse der Lohnabhängigen. Sie stellen eine Art Co-ManagerInnen der kapitalistischen Ausbeutung der Lohnarbeit dar.

Durch das Tarifvertragssystem verwalten die bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparate, unter anderem die IG Metall, die kapitalistische Ausbeutung von uns Lohnabhängigen mit. Durch Tarifverträge zwischen dem „Arbeitgeber“-Verband Gesamtmetall (Flächentarif) beziehungsweise kapitalistischen Einzelunternehmen (Haustarife) auf der einen Seite und der IG Metall auf der anderen werden die Lohnhöhe und die Arbeitszeit mitbestimmt. Die oben beschriebene kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit kann durch das Tarifvertragssystem nicht aufgehoben, sondern nur abgemildert werden.

Durch das Tarifvertragssystem wird der Klassenkampf zwischen Kapital und Lohnarbeit verrechtlicht und entschärft. Daran ist besonders der Staat als ideeller Gesamtkapitalist und politischer Gewaltapparat der kapitalistischen Ausbeutung interessiert. So schafft er die gesetzliche Grundlage für die Tarifautonomie von kapitalistischen Unternehmen und Gewerkschaften. Arbeitsniederlegungen sind in der BRD grundsätzlich nur dann legal, wenn erstens die Streikziele in einem Tarifvertrag münden können und zweitens, wenn sie von einer Gewerkschaft organisiert werden. Wilde Streiks ohne und gegen den Willen von zentralen Gewerkschaftsapparaten sind nicht legal.

Auf dieser gesetzlichen Grundlage wird die IG Metall zur Co-Managerin der kapitalistischen Ausbeutung in der Metall- und Elektroindustrie. Sie übt praktisch in dieser das Streikmonopol aus. Die IG Metall ist ein wichtiger Ordnungsfaktor. Sie schloss in ihrer Geschichte nicht wenige klassenkämpferische KollegInnen aus. Während Arbeitsniederlegungen passt der Apparat der Gewerkschaft scharf darauf auf, dass sich die KollegInnen auch ja brav an das bürgerliche Gesetzbuch halten. Außerdem zahlt die IG Metall während der von ihr organisierten Ausständen an ihre Mitglieder – und nur an diese! – Streikgeld. Der IG-Metall-Apparat ist also ein wichtiger Ordnungsfaktor, der sehr verantwortungsbewusst gegenüber Kapital und Staat hin und wieder seine klassenkämpferische Basis mobilisiert – und nach Tarifvertragsabschluss auch wieder demobilisiert.

Während der Laufzeiten von Tarifverträgen ist die IG Metall an die Friedenspflicht gebunden. In der sie nicht zu Streiks aufrufen darf. Das ist für die einzelnen Metall- und Elektrounternehmen ein wichtiger Grund, sich auf das Co-Management mit der IG Metall einzulassen. Der Klassenkampf ist dann berechenbar und weitgehend unter der Kontrolle der wirtschafts- und staatstragenden IG Metall. Allerdings müssen die Unternehmen dafür auch einen materiellen Preis zahlen. Die Löhne sind in tarifvertragsgebundenen Unternehmen höher als in Firmen ohne Tarifvertrag. Allerdings können Einzelunternehmen, die die Gewerkschaft an Bord lassen, sich in Krisensituationen auf das große Entgegenkommen der IG-Metall-Bonzen verlassen. Siehe VW und weiter unten in diesem Flugblatt.

Durch das Tarifvertragssystem wird der bürgerlich-bürokratische Apparat der IG Metall also zum Co-Manager der kapitalistischen Ausbeutung der Lohnarbeit. Außerdem sitzen IG-Metall-FunktionärInnen in den Aufsichtsräten großer Konzerne und die Gewerkschaft dominiert die meisten Betriebsräte in der Metall- und Elektroindustrie. Die Betriebsräte sind noch nicht mal Klassenkampforganisationen. Sie dürfen nicht zu Ausständen aufrufen und sind gesetzlich dem Betriebsfrieden verpflichtet. Gerade in der Autoindustrie sind nicht wenige BetriebsratsfürstInnen der IG Metall im wahrsten Sinne des Wortes Co-ManagerInnen des Kapitals. Siehe VW.

Die Gewerkschaft und der Betriebsrat bei Volkswagen

Die Rolle der IG Metall als Co-Managerin der kapitalistischen Ausbeutung wird bei dem Autokonzern Volkswagen (VW) überdeutlich. Die Gewerkschaft dominiert den Betriebsrat bei VW. Die IG-Metall-BetriebsratsfürstInnen wurden in den letzten Jahren regelrecht von dem Autokonzern eingekauft – auch mit illegalen Methoden. Die dann vor Gericht geklärt wurden und werden.

Aber nicht nur die IG-Metall-Betriebsräte waren und sind bei VW gute Co-ManagerInnen. Auch der Gewerkschaftsapparat lässt sich von diesem Konzern gerne einbinden. Gegen die Lohnabhängigen! Als der Gewinn bei VW im Jahre 2024 um zwei Drittel einbrach, war das Prinzip Maximalprofit gefährdet. Der Konzern musste handeln, indem er Leute rausschmeißt und die bleibenden Lohnabhängigen noch härter ausbeutet. So ging er Ende 2024 im Klassenkampf von oben in die Offensive. Die VW-Bosse verkündeten Anfang September 2024 Lohnkostensenkungen, die Entlassung von LeiharbeiterInnen und auch die Stammbelegschaft sollte reduziert werden.

Der IG-Metall-Apparat war von Anfang an bereit diese Angriffe auf ihre eigene Basis mitzutragen. Der Schaden sollte nur begrenzt werden. So machten die IG-Metall-Bonzen konstruktive Verbesserungsvorschläge, wie VW auf Kosten der Belegschaft sparen könnte. Gegenüber der Belegschaft hielten die FunktionärInnen dieser Gewerkschaft „kämpferische“ Reden und mobilisierten diese auch ein wenig. Schließlich einigte sich die IG Metall mit den VW-Bossen Ende Dezember 2024 auf folgende Angriffe auf die Lohnabhängigen: Bis zum Jahre 2030 sollen 35.000 Arbeitsstellen abgebaut werden. Die Zahl an neuen Ausbildungsstellen soll ab 2026 von 1.400 auf 600 gekürzt werden. Dafür verzichtete die IG Metall auf Lohnerhöhungen.

Die Gewerkschaft teilte mit, dass die im Abschluss der Metall- und Elektroindustrie vereinbarte Erhöhung bis 2030 „als Teilfinanzierung von Instrumenten zum Umgang mit Personalüberhängen ohne betriebsbedingte Kündigungen“ dienen werde. Die demagogischen Gewerkschaftsbonzen führten weiter aus: „Damit üben sich Beschäftigte in einem temporären Verzicht, verhindern damit aber gemeinsam den Kahlschlag an den VW-Standorten und helfen sich solidarisch gegenseitig.“ Welcher Kahlschlag wird denn durch den Lohnverzicht, den die IG Metall organisiert hatte, verhindert?! Die IG Metall stimmte Stellenabbau und Lohnkürzung zu. Sie war solidarisch mit VW – gegen die Lohnabhängigen. So eine Gewerkschaft ist ein Segen für Kapital und Staat. Ja, die IG-Metall-Bonzen erwiesen sich bei VW als echte VertreterInnen der ArbeiterInnen. StaubsaugervertreterInnen verkaufen Staubsauger und die IG Metall die ArbeiterInnen!

KollegInnen, ihr werdet von der IG Metall desorganisiert!

Sie ist ein Bonzenzuchtverein, aber für euch keine brauchbare Klassenkampforganisation!

]]>
Auf wessen Seite steht die IG Metall? https://astendenz.blackblogs.org/2025/03/15/auf-wessen-seite-steht-die-ig-metall/ Sat, 15 Mar 2025 22:18:15 +0000 https://astendenz.blackblogs.org/?p=319 Dieses Flugblatt wurde am 15. März 2025 bei dem Aktionstag der IG Metall in Hannover verteilt.

IG Metall: Co-Managerin von Rüstungskapital und Staat

Die IG-Metall ist die Co-Managerin des deutschen Rüstungskapitals. Und damit eine Gewährleisterin einer reibungslosen Produktion des Mordwerkzeuges, womit der deutsche Staat sich selbst und seine Verbündeten – unter anderem Israel und die Ukraine – aufrüstet.

Der deutsche Imperialismus rüstet massiv auf – mit der Unterstützung des bürgerlich-bürokratischen Apparates der IG Metall. Dabei wird auch nichtmilitärische Produktion auf die von Mordwerkzeug umgestellt. Zum Beispiel in Görlitz. Dort wird der Waggonbau auf Panzerproduktion umgestellt. Der IG-Metall-Bezirksleiter Berlin-Brandenburg-Sachsen, Dirk Schulze, sagte zu dieser Umstellung der Produktion: „Sicherlich sind nicht alle glücklich über die Umstellung auf eine Fertigung von Wehrtechnik. Das kann ich verstehen. Unbestreitbar aber ist, dass wir – leider – in diesen Zeiten diese Produktion benötigen.“

Ein bewusstes Rumgeeiere in einer Klassenfrage: Für wen ist Rüstungsproduktion notwendig? Und auf wessen Kosten wird sie produziert und angewendet? Nun, die Rüstungsproduktion ist notwendig für den kapitalistischen Staat Deutschland, der mit dem Mordwerkzeug indirekte Kriege führt – indem er es an die befreundeten Kriegsnationen Israel und Ukraine schickt – und sich auf potenziellen direkten Krieg vorbereitet. Und für die Rüstungsunternehmen, die mit der Produktion und dem Verkauf der Tötungsmittel ihren Profit machen, ist diese selbstverständlich auch notwendig.

Die IG Metall ist Teil des herrschenden deutschen Nationalismus. Als Co-Managerin des Rüstungskapitals und des deutschen Staates ist die Produktion von Mordwerkzeug auch für den Apparat dieser Gewerkschaft „notwendig“. Indem die IG-Metall-Bonzen kapitalistische und staatliche Notwendigkeiten verteidigen, zeigen sie ihre Unentbehrlichkeit für die deutsche Nation.

Auf wessen Kosten erfolgt die Rüstungsproduktion und deren Anwendung? Viele Menschen bezahlen als Manövriermasse des zwischenstaatlichen Konkurrenzkampfes ihre kriegerische Anwendung mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben. Ihre Herstellung erfordert die Arbeitskraft der KollegInnen in der Rüstungsindustrie. Sie produzieren in Form der Preise für das Mordwerkzeug mehr Geld als sie in Form des Lohnes kosten. Die Differenz ist der Profit, den sich die Rüstungsbourgeoisie einsteckt. Die KollegInnen der Rüstungsindustrie sind deren Ausbeutungsmaterial.

Klar, bleiben wir Lohnabhängige „brauchen“ auch wir die Rüstungsproduktion als Teil unserer Arbeitsplätze (= Orte der Ausbeutung). Aber wir müssen nicht notwendig Lohnabhängige (Ausbeutungsmaterial) und StaatsbürgerInnen (Manövriermasse des zwischenstaatlichen Konkurrenzkampfes) bleiben. Wir können perspektivisch auch Kapitalismus und Staat revolutionär überwinden. Kapital, Staat und Gewerkschaften wie die IG Metall wollen das selbstverständlich nicht.

Die IG Metall und das Gemetzel in der Ukraine

In der Ukraine führt der deutsche Imperialismus als Teil von EU und NATO einen Stellvertreterkrieg gegen den russländischen Imperialismus – mit Hilfe der IG Metall. Das Gemetzel in der Ukraine und der Wirtschaftskrieg ist von allen Beteiligten ein Klassenkampf von oben gegen uns, die Lohnabhängigen der ganzen Welt. Die kapitalistischen Staaten Deutschland, die europäischen Verbündeten, die Ukraine, die USA und Russland tragen ihre Konkurrenzkämpfe auf Kosten der Lohnabhängigen aus. Die EU und NATO expandierten imperialistisch nach Osteuropa, die einstige Einflusssphäre des Kremls. Bei der Ukraine sagte Moskau Njet. Der russische Imperialismus überfiel 2022 die Ukraine. NATO und EU rüsten die Ukraine auf – was ein indirekter, Stellvertreterkrieg, darstellt – und führen ein Wirtschaftskrieg gegen Russland, um ihren Rivalen zu schwächen. Für die Staaten Russland, USA, Ukraine und jene der EU sind ihre Insassen – unter ihnen wir Lohnabhängigen – nichts als lebendige Schachfiguren im großen geopolitischen Spiel. Imperialistische „Solidarität mit der Ukraine“ ist keine Solidarität mit den Lohnabhängigen dieses Landes, die für „ihre“ KapitalistInnen und Politbonzen sowie für NATO und EU schuften, morden und sterben sollen!

Was ist notwendig? Dass die Lohnabhängigen Russlands, der Ukraine, der EU und der NATO durch einen unbefristeten branchenübergreifenden Massenstreik das Gemetzel der kapitalistischen Staaten beenden! Doch die Lohnabhängigen sind überall zu stark in die jeweiligen Nationen, diese politischen Zwangsgemeinschaften aus Kapital und Lohnarbeit, integriert. Die großen Gewerkschaftsapparate unterstützen das Gemetzel in der Ukraine und den Wirtschaftskrieg auf der Seite ihres jeweiligen Staates. Unter anderem die IG Metall in Deutschland. Den Wirtschaftskrieg gegen Russland, unter dessen Folgen – erhöhte Lebensmittel- und Energiepreise – die Lohnabhängigen der ganzen Welt litten, unterstützten die Bonzen der IG Metall zusammen mit dem Kapitalverband Bund der Deutschen Industrie (BDI) am 1. März 2022 durch eine gemeinsame Erklärung.

Dem US-Imperialismus unter Trump wird dieser Stellvertreterkrieg mit Russland in der Ukraine zu teuer. Er strebt einen imperialistischen Schacherfrieden mit dem Kreml auf Kosten der ukrainischen Bevölkerung an. Außerdem will er die Rohstoffe der Ukraine plündern, auf die auch schon die EU ein Auge geworfen hat. Weder Washington noch Moskau wollen die EU am Verhandlungstisch sitzen haben. Auch der deutsche Imperialismus bekommt so seine drittklassige Rolle aufgezeigt. Der zieht daraus drei Schlussfolgerungen: Aufrüsten, Aufrüsten und nochmals Aufrüsten. Dafür sollen auch ordentlich Staatsschulden gemacht werden. Für uns Lohnabhängige heißt es: Kanonen statt Butter.

Die deutschen Gewerkschaften stehen auf der Seite der forcierten Aufrüstung des deutschen und EU-Imperialismus. Die Erste Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, bekannte sich eindeutig zur Aufrüstung: „Den jetzigen Vorstoß begrüßen wir klar. Die wirtschaftliche, gesellschaftliche und die geopolitische Situation erfordern Weitblick.“

Diese Beispiele machen überdeutlich: Die IG Metall macht dabei mit, uns als Manövriermasse für den zwischenstaatlichen Konkurrenzkampf zuzurichten. So wie die deutschen Gewerkschaften 1914 das Gemetzel des Ersten Weltkrieges mitorganisiert hatten. Die IG Metall ist der verlängerte Arm des deutschen Imperialismus.

Die klassenkämpferisch-revolutionäre Alternative zur IG Metall

Der Apparat der IG Metall beantwortet durch seine Praxis jeden Tag, wo er steht: Auf der Seite von Kapital und Staat. Selbst im Klassenkampf innerhalb des Kapitalismus für höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten ist diese Gewerkschaft für Lohnabhängige kaum zu gebrauchen. Gehen Kapital und Staat zur Gegenoffensive über, zeigt es sich, dass diese Gewerkschaft nicht zur Gegenwehr für Lohnabhängige taugt. Mit der IG Metall ist viel Imperialismus und Krieg zu machen. Aber effektiven Klassenkampf von unten ganz sicher nicht!

Klar, innerhalb des durch staatliche Gesetze regulierten Tarifvertragssystems, dass nur Streiks erlaubt, wenn sie erstens von Gewerkschaften geführt und zweitens die Streikziele in Tarifverträge münden können, hat die IG Metall ein absolutes Monopol auf Arbeitsniederlegungen in der Metall- und Elektroindustrie. Ja, der Staat schafft sich die Gesetze, damit das klassenkämpferische Proletariat innerhalb des legalen Rahmens nicht viel machen kann. Der kapitalistische Staat schmiedet durch sein demokratisches Streikrecht, das Tarifvertragssystem und seine Hausgewerkschaft IG Metall eine sehr schwere Kette für die Lohnabhängigen der Metallbranche.

Und doch gibt es wilde Streiks. Arbeitsniederlegungen ohne und gegen die zentralen Gewerkschaftsapparate. Besonders viele selbstorganisierte Arbeitsniederlegungen entfalteten sich in der BRD 1969 und 1973 – auch im Geschäftsbereich der IG Metall.

Der Kapitalismus wird auch in Deutschland immer krisenhafter. Kapitalistische Unternehmen und der Staat werden die Lohnabhängigen härter angreifen müssen. Der deutsche Imperialismus tritt in der globalen Konkurrenz immer aggressiver auf. Wie lange kann es also noch Frieden in der BRD geben, während Deutschland auf der Welt direkte und indirekte Kriege mitführt?! Die BerufspolitikerInnen wollen Deutschland „kriegstüchtig“ machen. Das heißt: Wir Lohnabhängigen sollen stärker ausgebeutet werden. Wir sollen für Kapital und Staat mehr Reichtum produzieren. Und der Staat gibt mehr Geld für Mordwerkzeug aus. Deutsche SoldatInnen sollen perspektivisch in militärischen zwischenstaatlichen Konkurrenzkämpfen töten und sterben. So wie sie bereits in Afghanistan bis 2021 töteten und starben. Wollen wir uns wirklich als Manövriermasse von Kapital und Staat im internationalen Konkurrenzkampf verheizen lassen?!

Der deutsche Staat will „kriegstüchtig“ werden. Wenn wir uns nicht verheizen lassen wollen, müssen wir klassenkampftüchtig werden! Die IG Metall ist kriegstüchtig. Sie ist die Hausgewerkschaft der deutschen Rüstungsindustrie und des deutschen Imperialismus. Sie kann deshalb kein Mittel des Klassenkampfes gegen den deutschen Imperialismus sein!

Wie gesagt, die Alternative zu den bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparaten ist die klassenkämpferische Selbstorganisation. Radikalisiert sich der Klassenkampf in der BRD, was aufgrund der Vertiefung der kapitalistischen Krise und der globalen Konkurrenz nicht unwahrscheinlich ist, dann werden vielleicht auch wilde Streiks zunehmen. Wenn sich der Klassenkampf zur sozialen Revolution radikalisiert – die vielleicht die kapitalistische Produktionsweise aufhebt, den Staat zerschlägt und in der klassen- und staatenlosen Gemeinschaft mündet –, dann ist die revolutionäre Klassenkampforganisation, die unvereinbar mit Gewerkschaften ist, notwendig.

KollegInnen, die klassenkämpferisch-revolutionäre Alternative zu den Gewerkschaften sind wir selbst!

Und nur wir selbst!

]]>
Die konsequente Kritik des Anarchosyndikalismus und des Parteimarxismus ist eine absolute Notwendigkeit! https://astendenz.blackblogs.org/2024/12/07/die-konsequente-kritik-des-anarchosyndikalismus-und-des-parteimarxismus-ist-eine-absolute-notwendigkeit/ https://astendenz.blackblogs.org/2024/12/07/die-konsequente-kritik-des-anarchosyndikalismus-und-des-parteimarxismus-ist-eine-absolute-notwendigkeit/#respond Sat, 07 Dec 2024 23:41:38 +0000 https://astendenz.blackblogs.org/?p=286 Eine Selbstkritik

Wie schmal der Grat zwischen Opportunismus und SektiererInnentum ist, auf dem sich SozialrevolutionärInnen bewegen, wird besonders deutlich, wenn sie auf der einen oder anderen Seite heruntergefallen sind. Sowie sie dies bemerken, sind Selbstkritik und Fehlerkorrektur angesagt. Damit der Weg auf dem schmalen Grat weitergeht.

Opportunistischer „Minimalkonsens“ in der Antikriegsfrage

So heißt es in unserer Schrift Für eine revolutionäre Antikriegsposition vom Januar 2024: „Das Vertreten von revolutionären Antikriegspositionen ist für die Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST) ein wichtiger praktisch-geistiger Impuls zur Radikalisierung des proletarischen Klassenkampfes und -bewusstseins. Wir halten es für richtig, möglich und notwendig, im Kampf gegen das permanente kapitalistische Abschlachten ein Bündnis mit anderen revolutionären Kräften (zum Beispiel: Links- und RätekommunistInnen sowie revolutionäre AnarchistInnen) einzugehen.

Nach Meinung der AST ist dafür ein Minimalkonsens einer revolutionären Antikriegsposition notwendig, die sowohl ein Absinken in den Sumpf des Sozialreformismus, der grundsätzlich nur den Kapitalismus und damit auch die Quelle der zwischenstaatlichen Konkurrenz reproduzieren kann, verhindert als auch gegen das SektiererInnentum schützt.

Der von uns unten formulierte Minimalkonsens einer revolutionären Antikriegsposition ist nach unserer Meinung das praktisch-geistige Fundament für das gemeinsame Agieren von RevolutionärInnen in der Frage des Kampfes gegen den kapitalistischen Krieg. Diese Gemeinsamkeit kann bei internationalen Treffen, das gemeinsame Agieren auf reformistisch-pazifistischen ,Friedensdemonstrationen´ und in öffentlichen Diskussionsveranstaltungen zum Ausdruck kommen. Wichtig ist dabei auch, dass die Unterschiede zwischen den einzelnen revolutionären Kräften nicht verschwiegen oder unter den Teppich gekehrt werden. Also, dass die unterschiedlichen Subjekte in den verschiedenen praktischen revolutionären Antikriegsbündnissen ihre praktisch-geistige Eigenständigkeit bewahren können.

Unser Minimalkonsens für eine revolutionäre Antikriegsposition:

1. Der bürgerliche Frieden innerhalb des Kapitalismus ist keine Alternative zum imperialistischen Krieg, sondern dessen Quelle.

2. Nationale ,Befreiung´ und ,Selbstbestimmung´ sind Futter der zwischenstaatlichen Konkurrenz. Nationale ,Befreiung´ führt nur zur Neugründung kapitalistischer Staaten beziehungsweise nationaler ,Autonomie´ in bestehenden (zum Beispiel: kurdischer Nationalismus in Syrien und im Irak) und ist Spielzeug der Imperialismen. Im permanenten Konkurrenzkampf der Nationen unterstützen RevolutionärInnen keine Seite, sondern bekämpfen alle Seiten. Langfristig muss das Weltproletariat alle Nationen als Scheingemeinschaften aus Kapital und Lohnarbeit revolutionär zerschlagen und die klassen- und staatenlose Weltgemeinschaft gebären.

3. Gegen den prokapitalistischen und proimperialistischen Antifaschismus. SozialrevolutionärInnen bekämpfen die Demokratie kompromisslos – so wie alle anderen Staatsformen. Sie kämpfen gegen FaschistInnen, Nazis sowie Militärputsche und -diktaturen, aber verteidigen niemals die Demokratie. So wie der Antifaschismus im Zweiten Weltkrieg und im spanischen BürgerInnenkrieg demokratische Regimes gegen faschistische Staaten und Militärputsche unterstützte und damit das große kapitalistische Massaker am Weltproletariat mit organisierte, ist er auch heute in den verschiedenen Gemetzeln Teil der Rechtfertigungsideologien.

4. Nur das klassenkämpferisch-revolutionäre Proletariat hat die Potenz die imperialistischen Kriege progressiv durch die Zertrümmerung des Kapitalismus zu beenden.

Innerhalb dieses Minimalkonsenses sind wir zu Bündnissen mit anderen revolutionären Kräften bereit und solidarisch mit ihren Aktivitäten gegen den permanenten kapitalistischen Weltkrieg.“ (Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz, Für eine revolutionäre Antikriegsposition, in: Dieselbe, Schriften gegen kapitalistischen Krieg und Frieden (2022-2024), S. 31.)

KennerInnen unserer Positionen werden folgenden Widerspruch in diesem Minimalkonsens in der Antikriegsfrage erkennen: Die vier Punkte sind sowohl für radikale AnarchosyndikalistInnen als auch ParteimarxistInnen (besonders für „LinkskommunistInnen“) annehmbar, obwohl wir bestreiten, dass es in der Praxis revolutionäre Gewerkschaften und Parteien geben kann. Letztendlich kann nur die soziale Revolution kapitalistischen Frieden und Krieg überwinden. Okay, das ist auch im vierten Punkt des Minimalkonsenses ausgedrückt. Aber was nutz es, wenn sich radikale AnarchosyndikalistInnen, ParteimarxistInnen sowie gewerkschafts- und parteifeindliche RevolutionärInnen abstrakt zur „Revolution“ bekennen, sich aber konkret jeweils etwas anderes darunter vorstellen?

Nun könnte mensch argumentieren – so, wie wir damals –, dass mensch mit diesen Unterschieden leben müsse, um notwendig das SektiererInnentum in der Antikriegsfrage zu überwinden. Doch diese Argumentation ist aus zwei Gründen fadenscheinig.

Erstens wird unsere notwendige Kritik am Parteimarxismus und Anarchosyndikalismus praktisch abgeschwächt, wenn wir in der Antikriegsfrage mit den radikalsten Ausdrücken der beiden Strömungen zusammenwirken würden.

Zweitens kann die Praxis von revolutionären Kleingruppen sowieso nicht kapitalistischen Frieden und Krieg aufheben. Das kann nur das klassenkämpferisch-revolutionäre Proletariat. Revolutionäre Kleingruppen können nur Impulse zur Radikalisierung des Klassenbewusstseins geben. Die Darlegung, dass es keine revolutionären Parteien und Gewerkschaften geben kann, gehört untrennbar zu unseren Positionen. Wenn wir dies zugunsten von praktischen Bündnissen mit radikalen ParteimarxistInnen und AnarchosyndikalistInnen abschwächen würden, dann wäre das opportunistisch.

Dann ist es besser, wenn radikale AnarchosyndikalistInnen und ParteimarxistInnen auf der einen Seite und gewerkschafts- und parteifeindliche RevolutionärInnen auf der anderen ihre Gegnerschaft zum imperialistischen Krieg und bürgerlichen Frieden getrennt voneinander zum Ausdruck bringen. Erstens wird dann unsere Kritik am Parteimarxismus und Anarchosyndikalismus nicht abgeschwächt. Das ist kein SektiererInnentum. Denn erstens gibt es weltweit mehrere sozialrevolutionäre Gruppen, die sowohl Gewerkschaften als auch politische Parteien grundsätzlich bekämpfen, mit denen die AST das Bündnis nicht nur in der Antikriegsfrage suchen muss. Und zweitens wäre ein opportunistisches Bündnis mit radikalen parteimarxistischen und anarchosyndikalistischen Organisationen in nichtrevolutionären Zeiten kurzfristig genauso wenig wirksam wie keines. Aber: „Getrennt marschieren und getrennt zuschlagen“ sorgt für mehr geistige Klarheit, die immer auch eine langfristige praktische Auswirkung hat.

So fehlte beim Minimalkonsens in der Antikriegsfrage der fünfte Punkt: „Da es keine revolutionären politischen Parteien und Gewerkschaften geben kann, sind für uns keine praktischen Bündnisse mit parteimarxistischen und anarchosyndikalistischen Organisationen möglich.“

Natürlich muss noch definiert werden, was wir unter einem praktischen Bündnis verstehen, nämlich das gemeinsame Agieren unter einer theoretischen Plattform. So kann die AST kein gemeinsames Flugblatt mit AnarchosyndikalistInnen und ParteimarxistInnen schreiben und verteilen. Was kein praktisches Bündnis darstellt, ist zum Beispiel eine öffentliche Veranstaltung, auf der neben marxistischen Parteien und anarchosyndikalistischen Gewerkschaften auch die AST ihre unterschiedlichen Auffassungen darlegt. So etwas sorgt für geistige Klarheit. Deshalb kann die AST an einer öffentlichen Antikriegsveranstaltung, wo sie unter anderem ihre Gewerkschafts- und Parteifeindlichkeit darlegt, teilnehmen.

Keine Einheitsfront mit dem Parteimarxismus und Anarchosyndilaismus!

Unsere fehlende geistige Klarheit beim Formulieren eines „Minimalkonsenses“ in der Antikriegsfrage führte teilweise zu einer opportunistischen Praxis, die wir hier kritisieren werden.

Der fehlerhafte „Minimalkonsens“ ermöglichte praktische Bündnisse mit radikalen anarchosyndikalistischen und parteimarxistischen Organisationen. Er hatte deshalb eine opportunistische Tendenz. Das fühlten auch wir instinktiv beim Abfassen des Textes Für eine revolutionäre Antikriegsposition. So versuchten wir das praktische Bündnis irgendwie auf einzelne AnarchosyndikalistInnen zu beschränken, aber anarchosyndikalistische Gewerkschaften draußen zu halten. Was allerdings in der Praxis unmöglich ist. So hieß es an anderer Stelle unserer Schrift, aber eben nicht bei der Formulierung des „Minimalkonsens“: „Mit den Gewerkschaften und ihren hauptamtlichen FunktionärInnen sind keine revolutionären Antikriegsbündnisse möglich.“ (Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz, Für eine revolutionäre Antikriegsposition, a.a.O., S. 20.)

Beim „Linkskommunismus“ logen wir uns selbst in die eigene Tasche, indem wir uns sagten, dass zwar die Internationale „Kommunistische“ Strömung (I„K“S) und die Internationalistische „Kommunistische“ Tendenz (I„K“T) den Aufbau „revolutionärer Parteien“ anstreben, aber selbst (noch) keine sind. Nein, sie sind „nur“ ideologische ParteimarxistInnen! Aber der versuchte Selbstbetrug zeigte auch auf, dass wir uns in unserem teilweisen Opportunismus selbst nicht wohl fühlten. Was eine Voraussetzung dafür war, dass wir ihn später bewusst überwinden konnten.

Die AST hatte bis in das Jahr 2024 hinein noch die Illusion, dass sie in der Frage einer revolutionären Antikriegsposition mit „linkskommunistischen“ Organisationen praktisch in Form eines Bündnisses zusammenwirken könne. Inzwischen hat sich die AST von dieser Illusion befreit und lehnt jedes organisatorische Bündnis mit dem „linkskommunistischen“ Parteimarxismus ab.

Dies ist kein SektiererInnentum. Nur die Radikalisierung des proletarischen Klassenkampfes zur sozialen Revolution kann die imperialistischen Gemetzel und die Gefahr eines atomaren Overkills überwinden. Dem würden auch die „LinkskommunistInnen“ zustimmen. Doch was sie sich konkret unter einer sozialen Revolution vorstellen, ist alter parteimarxistischer Müll, der schon lange dekadent und potenziell konterrevolutionär ist. Während wir antipolitischen SozialrevolutionärInnen unter der sozialen Revolution die Aufhebung der Warenproduktion und die Zerschlagung des Staates durch das sich selbst aufhebende Proletariat verstehen, strebt der „Linkskommunismus“ noch immer die unmögliche „politische Machteroberung des Proletariats“ an. Eine „Kommunistische“ Partei soll es dabei „führen“, aber nicht die politische Macht übernehmen, sondern eben das Proletariat. Was dieses aber in der Wirklichkeit gar nicht kann, sondern nur politische Parteien und BerufspolitikerInnen können die politische Macht erobern. So wie im Oktober 1917 – nach dem alten russländischen Kalender – die bolschewistische Partei die politische Staatsmacht in Russland eroberte. Interessanterweise sieht der „Linkskommunismus“ in diesem bolschewistischen Staatsstreich, der folgerichtig in einem staatskapitalistischen Regime mündete, noch immer eine „proletarische Revolution“. Die heutigen „LinkskommunistInnen“ der I„K“T und der I„K“S lehnen die politische Machteroberung durch „Kommunistische“ Parteien ab. Doch sie halten an dem parteimarxistischen Dogma fest, dass in einer sozialen Revolution das Proletariat die politische Macht erobern solle, was es praktisch nicht kann. Es kann möglicherweise nur den Staat antipolitisch-sozialrevolutionär zerschlagen, das heißt, sich selbst aufheben. Nach der „linkskommunistischen“ Ideologieproduktion soll jedoch ein „Halbstaat“ entstehen. Es kann jedoch in der Wirklichkeit keine „Halbstaaten“ geben. Sondern nur ganze Staaten und die sind immer sozialreaktionär. Gerade das, was sich der „Linkskommunismus“ unter „Revolution“ vorstellt, sind also seine konterrevolutionär-sozialreaktionären Tendenzen. Es liegt auf der Hand, dass es deshalb keine organisatorischen Bündnisse zwischen „LinkskommunistInnen“ und antipolitischen SozialrevolutionärInnen geben kann.

2023/2024 hatte die AST im Rahmen ihrer Antikriegsaktivitäten gewisse Kontakte zur I„K“S und zur I„K“T, die jedoch noch nicht in wirklichen praktischen Bündnissen mündeten. Diese Kontakte sehen wir heute als Fehler an. Keine Einheitsfronten zwischen antipolitischen SozialrevolutionärInnen und dem „Linkskommunismus“! Außerdem nahmen wir an mehreren Online-Treffen von verschiedenen Gruppen teil, die eine Neuauflage der nationalpazifistischen „Zimmerwald-Konferenz“ anstrebten und diese idealisierten. Doch irgendwann verließen wir diese Treffen – auf dem die I„K“S zum Beispiel die revolutionäre Kritik am Antifaschismus praktisch fallen ließ wie eine heiße Kartoffel. Dass wir überhaupt anfänglich an diesen Treffen teilnahmen, war ebenfalls ein Fehler.

Außerdem bekamen wir durch unseren opportunistischen „Minimalkonsens“ in der Antikriegsfrage auch Zustimmung von falschen Seiten, nämlich von leninistischen AntistalinistInnen und radikalen AnarchosyndikalistInnen. Eben weil unser damaliger „Minimalkonsens“ in der Antikriegsfrage nicht den Ausschluss von Einheitsfronten mit parteimarxistischen und anarchosyndikalistischen Organisationen enthielt. Ein Fehler!

Selbstkritische Fehlerkorrektur

Die selbstkritische Reflektion unserer geistigen Unklarheiten und praktischen Fehler führten zu deren Korrektur. Noch einmal in aller Deutlichkeit: Die AST lehnt jedes praktische Bündnis mit parteimarxistischen und anarchosyndikalistischen Organisationen ab. Wir treten für eine globale Vernetzung von revolutionären AnarchistInnen und antileninistischen KommunistInnen auf der Grundlage einer scharfen Kritik an Parteimarxismus und Anarchosyndikalismus ein (siehe unsere gleichnamige Schrift).

]]>
https://astendenz.blackblogs.org/2024/12/07/die-konsequente-kritik-des-anarchosyndikalismus-und-des-parteimarxismus-ist-eine-absolute-notwendigkeit/feed/ 0
Schriften gegen kapitalistischen Krieg und Frieden (2022-2024) https://astendenz.blackblogs.org/2024/05/23/schriften-gegen-kapitalistischen-krieg-und-frieden-2022-2024/ https://astendenz.blackblogs.org/2024/05/23/schriften-gegen-kapitalistischen-krieg-und-frieden-2022-2024/#respond Thu, 23 May 2024 10:27:15 +0000 https://astendenz.blackblogs.org/?p=209 Unsere neue Broschüre „Schriften gegen kapitalistischen Krieg und Frieden (2022-2024)“ (ca. 31 Seiten) von Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 3-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

Das imperialistische Gemetzel in der Ukraine

Klassenkampf und antinationale Solidarität gegen den imperialistischen Krieg!

Gegen Frieden und Krieg der Weltbourgeoisie!

Alle Staaten weltweit sind objektiv strukturelle Klassenfeinde des Weltproletariats

DGB – Hausgewerkschaftsbund des deutschen Imperialismus

Der Krieg in der Ukraine und der DGB

Das staatliche Gewalt- und das gewerkschaftliche Streikmonopol

Klassenkämpferische Selbstorganisation statt DGB!

Für eine revolutionäre Antikriegsposition!

Die extreme Verschärfung der zwischenstaatlichen Konkurrenz

Gegen NATO-„Anarchismus“ und Kreml-„Kommunismus“!

Gegen Sozialreformismus, Pazifismus und Nationalismus!

Die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung und der imperialistische Krieg

Der Antifaschismus als Kriegsideologie

Für die Radikalisierung des proletarischen Klassenkampfes!

Unser Minimalkonsens für eine revolutionäre Antikriegsposition

Einleitung

Ob in der Ukraine oder in Israel/Palästina oder an unzähligen weiteren Orten: Überall sehen wir, dass das Proletariat gnadenlos im Konkurrenzkampf der kapitalistischen Staaten verheizt wird.

In Deutschland herrscht offiziell Frieden. Doch Berlin exportiert seit Jahrzehnten das Gemetzel. Ob der NATO-Krieg gegen Jugoslawien (1999), die imperialistische Besatzung von Afghanistan (2001-2021), der Stellvertreterkrieg zwischen NATO und Russland in der Ukraine oder das Gemetzel im Gazastreifen: Der deutsche Imperialismus ist dabei. In Jugoslawien und Afghanistan mordete er direkt mit, in der Ukraine und in Palästina tut er das indirekt, indem er sowohl das Kiewer Regime als auch das zionistische Israel aufrüstet.

Für das Proletariat in diesem Land heißt es wieder mal: Kanonen statt Butter. Die Aufrüstung kostet viel Geld. Der Wirtschaftskrieg, den der deutsche Imperialismus als Teil von EU und NATO gegen den russländischen führt, hatte einen enormen Anstieg der Lebensmittel- und Energiekosten zur Folge.

Fazit: Die Weltbourgeoisie verheizt das globale Proletariat gnadenlos im internationalen Konkurrenzkampf. Der bürgerliche Frieden innerhalb der und zwischen den kapitalistischen Staaten ist nur die nichtmilitärische Form des unerbittlichen Kampfes aller gegen alle. Der bürgerliche Frieden ist keine Alternative zum imperialistischen Krieg, sondern dessen Quelle! Er ist eine Form des Klassenkrieges der Bourgeoisie gegen das Proletariat!

Trotz vereinzelter Klassenkämpfe gegen Aufrüstung, Waffenhandel und die Führung von Kriegen, lässt sich das Weltproletariat im Großen und Ganzen noch als Manövriermasse des Weltkapitals benutzen, nationalistisch spalten und blutig aufeinanderhetzen. Das muss anders werden!

Als einen kleinen bescheidenen Beitrag zur notwendigen Radikalisierung des Proletariats veröffentlichen wir, die Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST), Schriften gegen kapitalistischen Krieg und Frieden, die zwischen Ende 2022 und Anfang 2024 entstanden sind.

]]>
https://astendenz.blackblogs.org/2024/05/23/schriften-gegen-kapitalistischen-krieg-und-frieden-2022-2024/feed/ 0
6. Sozialdemokratische Parteien https://astendenz.blackblogs.org/2024/03/23/6-sozialdemokratische-parteien/ https://astendenz.blackblogs.org/2024/03/23/6-sozialdemokratische-parteien/#respond Sat, 23 Mar 2024 23:53:52 +0000 https://astendenz.blackblogs.org/?p=189 Unter der globalen Sozialdemokratie verstehen wir im weitesten Sinne jene Strömung, die historisch gesehen aus dem politischen Flügel der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung entstanden ist und einen parlamentarischen Sozialreformismus betreibt. Wir unterscheiden zwischen einer radikalen Sozialdemokratie, die in Worten „antikapitalistisch“ auftritt, aber deren parlamentarisch-sozialreformistische Praxis nur die bürgerliche Politik und die kapitalistische Warenproduktion reproduzieren kann und einer offen prokapitalistischen. So haben einige heutige sozialdemokratische Parteien wie zum Beispiel in Deutschland die SPD und Die Linke eine solche verbalradikale Vergangenheit. Während dieser trat die Sozialdemokratie für eine politische Eroberung des Staates durch das Proletariat und die Verstaatlichung der großindustriellen Produktionsmittel ein. Das war sozusagen das Maximalziel der verbalradikalen Sozialdemokratie. Dies erwies sich in der Praxis des Partei-„Kommunismus“, des Marxismus-Leninismus, der sich als radikale Abspaltung der Sozialdemokratie entfaltete und in einigen Ländern Eurasiens, Afrikas und auf Kuba die politische Staatsmacht erkämpfte, als staatskapitalistisch-sozialreaktionär. Weil sowohl Marxismus-Leninismus als auch Trotzkismus als die beiden Hauptströmungen des Parteimarxismus geschichtlich aus der Sozialdemokratie stammen und weiterhin parlamentarischen Sozialreformismus betreiben – die sie mit einer mehr oder weniger radikalen Rhetorik verrühren – kann mensch sie durchaus als radikal-sozialdemokratisch bezeichnen. Dagegen passte und passt sich der rechte Flügel der Sozialdemokratie immer stärker an den Privatkapitalismus an und verbürgerlichte total – das heißt, er legte die verbale Radikalität ab wie eine zu eng gewordene Jacke.

Insgesamt reproduzieren sowohl die „gemäßigte“ als auch die radikale Sozialdemokratie – einschließlich des Marxismus-Leninismus und des Trotzkismus – die Klassenspaltung in Form von bürgerlich-bürokratischen Parteiapparaten aus hauptamtlichen FunktionärInnen sowie BerufspolitikerInnen und -ideologInnen auf der einen und einer weitgehend machtlosen kleinbürgerlich-proletarischen Basis als Manövriermasse auf der anderen Seite. Die Sozialdemokratie nimmt an der Formierung des Wahlvolkes teil, welches die regierenden und systemloyal opponierenden politischen Charaktermasken der Nationalkapitale per Stimmzettel ermächtigt. SozialrevolutionärInnen müssen besonders die radikale Sozialdemokratie hart bekämpfen, weil sie unter der Absonderung „antikapitalistischer“ Phrasen durch ihre reformistische Praxis nur den Kapitalismus reproduziert, ja zum linken Flügel des Kapitals gehört. Die radikale Sozialdemokratie ist in der Lage noch vorbewusste antikapitalistische Instinkte – besonders bei jungen Menschen – zu absorbieren und in politische Kanäle zu lenken, die letztendlich den globalen Kapitalismus nicht gefährden. So sehr die rechte Fraktion des Kapitals auch gegen die Sozialdemokratie hetzen mag, sie ist Fleisch vom Fleische des Kapitalismus.

Sozialdemokratische Parteien waren und sind sowohl ein Ausdruck der parlamentarisch-demokratischen Illusionen des Proletariats als auch der kapitalistischen Modernisierung. Zu Beginn des Industriekapitalismus hatten die ProletarierInnen auch in den Demokratien noch nicht das allgemeine Wahlrecht. Die unreife Bourgeoisie hatte Angst vor den ProletarierInnen als WählerInnen – am Ende wählen die noch den Kapitalismus ab! – und das unreife Proletariat entsprechende Illusionen. Die Erkämpfung des allgemeinen Wahlrechtes durch das klassenkämpferische Proletariat und die sozialdemokratischen Parteien widerlegten die unreifen Ängste und Illusionen. Der Kapitalismus ist nicht abwählbar. Aber durch das allgemeine Wahlrecht bekommt er in der Regel eine größere politische Stabilität. Der illusorische Klassenkampf für das allgemeine Wahlrecht stärkte und modernisierte den Kapitalismus.

Die klassische, im Privatkapitalismus wirkende Sozialdemokratie ist staatsinterventionistisch, auf den Sozialstaat orientiert. In Deutschland ging Bismarck durch das Sozialistengesetz zwischen 1878 und 1890 repressiv gegen die Sozialdemokratie vor, gleichzeitig schuf er aber die Sozialversicherungen, um ihr den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ab 1891 war die SPD in ihrer Praxis eine sozialreformistische Massenpartei, die sich selbst und ihre proletarische Basis durch eine „revolutionär“-marxistische Ideologie betrog. In den anderen westeuropäischen und nordamerikanischen Ländern war das ähnlich. Die sozialdemokratischen Massenparteien schlossen sich 1889 weltweit zur „Sozialistischen Internationale“ zusammen – sie zerfiel aber im Jahre 1914, als sich die meisten sozialdemokratischen Parteien im Ersten Weltkrieg auf die Seite der jeweiligen Nationalstaaten stellten.

Schauen wir uns die Integration der SPD in den deutschen Nationalstaat etwas genauer an. Diese war das Ergebnis von zwei sich gegenseitig durchdringenden und bedingenden sozialen Lernprozessen – der Lernprozess der Bourgeoisie und deren politischem Personal auf der einen Seite und der des sozialdemokratischen Parteiapparates auf der anderen. Die Bourgeoisie lernte, dass sie mit Hilfe der Sozialdemokratie den proletarischen Klassenkampf viel besser eindämmen konnte, und die Sozialdemokratie, dass sie nur als politisches Personal der Bourgeoisie an die Staatsmacht gelangen konnte. Der sozialdemokratische Apparat wuchs bis 1914 gewaltig an und bestand in diesem Jahre aus 267 RedakteurInnen, 89 GeschäftsführerInnen, 413 Menschen des kaufmännischen und 2646 Leuten des technischen Personals. Diese Leute können wir alle als kleinbürgerliche ParteibeamtInnen betrachten. Die Parlamentarier als kleinbürgerliche Berufspolitiker kamen noch dazu. Sowohl die kleinbürgerlichen ParteibeamtInnen als auch die sozialdemokratischen Parlamentarier waren zwar nach der sozialdemokratischen Ideologie „Arbeitervertreter“, gehörten aber sozialökonomisch und sozialpsychologisch nicht zum Proletariat, sondern stellten eine sozialdemokratische Variante des KleinbürgerInnen- und KleinbürokratInnentums dar. Und wonach streben KleinbürgerInnen und KleinbürokratInnen sozialpsychologisch aufgrund ihrer Sozialökonomie ganz allgemein? Danach GroßbürgerInnen und GroßbürokratInnen zu werden, nach der Anerkennung durch die Bourgeoisie. Die Mehrheit der sozialdemokratischen KleinbürgerInnen und KleinbürokratInnen im deutschen Kaiserreich stellte da keine Ausnahme dar.

Und innerhalb der deutschen Bourgeoisie entstand im Laufe der Entwicklung bereits während des Kaiserreiches eine Fraktion, welche bereit war die Sozialdemokratie als eine ihrer politischen Strömungen anzuerkennen und zu integrieren. Die VorreiterInnen dieser Fraktion der Bourgeoisie entwickelten sich besonders in der Elektro- und in der Chemie-Industrie. Über den Verein für Sozialpolitik und die um die Jahrhundertwende gegründete Gesellschaft für soziale Reform suchte die Elektro- und Chemie-Bourgeoisie den Dialog mit Gewerkschafts- und SPD-BürokratInnen. Beide Vereine wurden von dieser Fraktion der Bourgeoisie finanziell gefördert. In der „revisionistischen“ Strömung innerhalb der Sozialdemokratie, die von Bernstein ideologisch geführt wurde, welche die sozialreformistische Praxis mit einer Ideologie ausstattete, die dieser Praxis entsprach, fand die integrative Fraktion der Bourgeoisie ihren Ansprechpartner. Das von Kautsky repräsentierte Zentrum der Partei verteidigte bis 1914 die marxistische Ideologie der Sozialdemokratie – auf dem Boden der sozialreformistischen Praxis, welche den „Revisionismus“ hervorbrachte und immer stärker machte. Als die deutsche Bourgeoisie dann 1914 den Versuch machte die bereits aufgeteilte Welt im Interesse des deutschen Imperialismus neu aufzuteilen, nutzte die Mehrheit der Sozialdemokratie dies, um sich während des imperialistischen Gemetzels auf die Seite der Nation zu stellen. Die sozialdemokratische Parlamentsfraktion stimmte für die Kriegskredite und die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands verzichtete für die Dauer des imperialistischen Gemetzels auf jeden Streik. Die Partei- und Gewerkschaftsbürokratie schloss einen Burgfrieden mit der Bourgeoisie und führte einen heftigen Klassenkrieg von oben gegen das Proletariat. Während der revolutionären Nachkriegskrise in Deutschland (1918-1923) stellten sich SPD und Gewerkschaften fest auf die Seite der deutschen Bourgeoisie. Die SPD verbündete sich mit der militärischen Konterrevolution und ging blutig gegen das revolutionäre Proletariat vor. Eine folgerichtige Entwicklung war zu ihrem Ende gekommen. Diese hatte mit „Verrat“ nicht das Geringste zu tun. Ein bürgerlich-bürokratischer Apparat, Fleisch vom Fleische des Kapitalismus, vertrat konsequent seine Interessen gegen das klassenkämpferisch-revolutionäre Proletariat.

Bereits im Kaiserreich gab es schon Ansätze einer radikalen Kritik an der Sozialdemokratie, die sowohl von innen als auch von außen geübt wurde. Diese Kritik können wir in eine anarchistische und eine radikalmarxistische unterteilen. Mit der anarchistischen Kritik an der Sozialdemokratie beschäftigen wir uns im Kapitel III.3. Schauen wir uns hier die radikalmarxistische Kritik genauer an. Interessant ist in dieser Hinsicht die radikale Kritik, die während der 1890er Jahre an der SPDvon den „Jungen“ formuliert wurde. Diese waren radikalmarxistische Oppositionelle innerhalb der SPD um 1890, die sich am zentralistisch-autoritären Parteiaufbau und am parlamentarischen Sozialreformismus stießen. Interessant ist, dass die „Jungen“ bereits auf dem SPD-Parteitag von 1891, auf dem das kautskyanisch-marxistische Programm beschlossen wurde, über die Sozialdemokratie feststellten: „Die ganze Bewegung ist verflacht und zur puren Reformpartei kleinbürgerlicher Richtung herabgesunken.“ (Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, abgehalten zu Erfurt vom 14.-20. Oktober 1891, Berlin 1891, S. 74.) Damit wurde schon sehr früh alles gesagt. Doch auch der Hauptideologe des damaligen Marxismus, Friedrich Engels, bekämpfte die radikalmarxistischen „Jungen“, was alles über dessen ideologische Verknöcherung und Versumpfung aussagt. Unser nachmarxistischer und nachanarchistischer Kommunismus steht eindeutig auch in der Tradition der „Jungen“.

Da die Sozialdemokratie unvereinbar mit einem radikal antiparlamentarischen Marxismus war und ist, wurden die Jungen 1891 aus der SPD geworfen. Sie gründeten im November 1891 die Vereinigung Unabhängiger Sozialisten. Doch den „Jungen“ gelang zwar eine scharfe materialistische Kritik an der Sozialdemokratie und ihre Ablehnung des Parlamentarismus war auch sehr bedeutend, aber ihnen gelang nicht die Ausformulierung einer klaren sozialrevolutionären Alternative. Das war in der damaligen vorrevolutionären Zeit auch nicht möglich. So wandte sich ein großer Teil der „Jungen“ dem Anarchismus zu, der ebenfalls auch grundsätzlich nicht dazu in der Lage war eine theoretische und praktische sozialrevolutionäre Alternative zur Sozialdemokratie zu begründen. Der marxistische Flügel der „Jungen“ brach zusammen. Die Zeit war für einen marxistischen Antiparlamentarismus einfach noch nicht reif. Denn der radikale Marxismus war wesentlich stärker als der Anarchismus die geistige Verarbeitung von Klassenkampferfahrungen. So konnte der radikale Marxismus nur im verschärften Klassenkampf der revolutionären Nachkriegskrise wachsen und gedeihen – um dann nach dem Sieg der Konterrevolution wieder dahin zu schmelzen und zu degenerieren…

Die radikalmarxistischen Intellektuellen Rosa Luxemburg und Anton Pannekoek, die am Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts am linken Flügel der Sozialdemokratie wirkten, waren nicht so radikal wie die „Jungen“. Sie kritisierten zu dieser Zeit nicht prinzipiell den parlamentarischen und gewerkschaftlichen Sozialreformismus, sondern nur deren opportunistischsten Auswüchse.

]]>
https://astendenz.blackblogs.org/2024/03/23/6-sozialdemokratische-parteien/feed/ 0
5. Gewerkschaften https://astendenz.blackblogs.org/2024/02/23/5-gewerkschaften/ https://astendenz.blackblogs.org/2024/02/23/5-gewerkschaften/#respond Fri, 23 Feb 2024 23:02:36 +0000 https://astendenz.blackblogs.org/?p=184 Die Gewerkschaften sind die im Weltkapitalismus vorherrschende Organisationsform des reproduktiven Klassenkampfes. Reproduktive Klassenkampforganisationen können nur den Vermietungspreis der Arbeitskraft, die Löhne, aber nicht das Lohnsystem überwinden. Sie können die Bedingungen der Ausbeutung verbessern (Kürzung der Arbeitszeit, mehr Urlaub, Bezahlung von Krankentagen, Verringerung der Arbeitsintensität, Mindeststandards beim Personal…), aber diese nicht grundsätzlich aufheben. Letzteres ist die Aufgabe der revolutionären Klassenkampforganisation des Proletariats, die sich nur in und mit der möglichen sozialen Revolution herausbilden können (siehe Kapitel V.3). Solange der Klassenkampf innerhalb des Kapitalismus geführt wird, sind nur reproduktive Klassenkampforganisationen möglich. Diese müssen sich vollständig an die reproduktiven Grenzen des Klassenkampfes anpassen, sonst können sie ihn nicht organisieren und führen. Anders die sozialrevolutionäre Minderheit der Lohnabhängigen. Diese nehmen selbstverständlich am Klassenkampf teil, ohne sich an dessen reproduktiven Grenzen anzupassen. Sie wollen nicht den reproduktiven Klassenkampf führen oder organisieren, sondern mithelfen ihn zu radikalisieren – über die den Kapitalismus reproduzierenden Grenzen hinaus. Ständige reproduktive Klassenkampforganisationen mit zu organisieren, heißt dagegen zwangsläufig sich opportunistisch an Kapital, Staat und das sozialreformistische Klassenbewusstsein der Mehrheit des Proletariats anzupassen.

Zu Beginn der kapitalistischen Produktionsweise verbot der Staat total den Streik und diesen organisierenden und führenden Gewerkschaften. Im Geburtsland des modernen Industriekapitalismus, in England, gab es schon recht früh Gewerkschaften. Die früheste war die Free Journeymen Printers von 1666. Bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein waren in England Gewerkschaften durch das Koalitionsverbot illegalisiert. Deshalb tarnten sie sich oft als „Unterstützungskassen“, um sich vor der polizeilichen Verfolgung zu schützen. Das Koalitionsverbot fiel im Jahre 1825.

Der reproduktive Klassenkampf und die Gewerkschaften erkämpften sich einerseits selbst die Legalität, andererseits war dies das Ergebnis einer kapitalistischen Modernisierung. In einer Gesellschaft, die auf Ausbeutung beruht, ist es unmöglich, den Klassenkampf vollständig zu unterdrücken. Diese Versuche dazu im frühen Industriekapitalismus waren doch etwas zu grobschlächtig. Indem der bürgerliche Staat unter bestimmten Voraussetzungen die Arbeitsniederlegung erlaubte, und die sich entwickelnden Gewerkschaften in die Einzel- und Nationalkapitale integrierte, konnte er die reproduktiven Grenzen des Klassenkampfes viel besser setzen und verteidigen, als durch ein absolutes Verbot.

Nach der Legalisierung der Gewerkschaften bildeten diese auch rasch bürgerlich-bürokratische Apparate aus hauptamtlichen FunktionärInnen und OrganisationsbeamtInnen heraus. Es dauerte allerdings noch eine ganze Weile bis die Einzelkapitale die Gewerkschaften als Verhandlungspartner anerkannten. Der Staat schuf mit seinen Gesetzen den Handlungsrahmen für das Agieren der Gewerkschaften. Deshalb waren und sind die meisten Gewerkschaften absolut staatstragend, wenn sie sich teilweise auch durch eine radikale „antikapitalistische“ Ideologie – „Sozialismus“, „Kommunismus“ und „Anarcho“-Syndikalismus“ (siehe zu letzterem weiter unten in diesem Kapitel) – schmücken.

Die einzelnen Gewerkschaften der verschiedenen kapitalistischen Nationen schlossen sich zu großen Zentralverbänden zusammen. In den USA gründete sich zum Beispiel 1886 die American Federation of Labor (AFL). Das war eine sehr berufsständische Organisation, deren Einzelorganisationen oft nur FacharbeiterInnen aufnahmen. Gegen diese eindeutig reformistische AFL gründete sich 1905 die wesentlich radikalere Industrial Workers of the World (IWW). Diese organisierte alle Lohnabhängige des kapitalistischen Produktionsprozesses, unabhängig von ihrer Qualifikation. So organisierten sich dann auch in der IWW die auf nationalistisch-rassistische und patriarchal-sexistische Weise besonders ausgebeutete und unterdrückte Teile des US-amerikanischen Proletariats: MigrantInnen, Frauen und niedrig qualifizierte MassenarbeiterInnen. Die IWW war eine sehr radikale Gewerkschaft, aber auch sie war nicht revolutionär. Das konnte sie auch nicht sein, weil Gewerkschaften nun mal nur einen reproduktiven Klassenkampf führen können. Und das tat die IWW auf sehr radikale Weise. Vielleicht können zukünftig die radikalsten Basisgewerkschaften ohne bürgerlich-bürokratische Apparate in einer revolutionären Situation (siehe Kapitel V.1) in der revolutionären Klassenkampforganisation des Proletariats aufgehen. Aber nur, indem sie sich selbst als Gewerkschaften, also als Organe des reproduktiven Klassenkampfes, auflösen. Das werden nur die wenigsten schaffen, wenn überhaupt. Die großen Gewerkschaftsapparate sind solche reaktionären Hindernisse, die nur durch das sich möglicherweise selbst revolutionär aufhebende Proletariat zerschlagen werden können.

Der AFL unterstützte zum Beispiel den Ersten und den Zweiten Weltkrieg des US-Imperialismus. Während des ersten großen globalen kapitalistischen Abschlachtens handelte die AFL mit Washington ein Deal aus: Verzicht auf Streiks für den Achtstundentag. Die IWW war gegen den Kriegseintritt der USA im Jahre 1917, hielt sich aber in der Antikriegsagitation zurück. Doch der US-Imperialismus nutzte das imperialistische Abschlachten, um die IWW als radikale Massengewerkschaft zu zerschlagen. Im Jahre 1917 hatte die IWW ihren Höhepunkt mit 100.000 Mitgliedern erreicht. Die Repression des US-Imperialismus traf sie mit voller Wucht. So wurden in Chicago zehntausende IWW-Mitglieder in Massenprozessen zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Auch ließ das US-Regime führende AktivistInnen dieser radikalen Gewerkschaft ermorden. Nach dieser brutalen Repression blieben nur noch Reste von der IWW übrig.

Aber der Klassenkampf ging auch in den USA weiter. Besonders in den 1930er Jahren organisierten die gering qualifizierten MassenarbeiterInnen vor allem in der Automobilindustrie wilde Streiks, also von den Gewerkschaften unabhängige Arbeitsniederlegungen. Wir erinnern uns, dass die meisten AFL-Gewerkschaften nur qualifizierte FacharbeiterInnen aufnahmen. Die gering qualifizierten MassenarbeiterInnen hingen also nicht an der Gewerkschaftskette. Das versuchten weitsichtige ModernisiererInnen sowohl innerhalb der Bourgeoisie als auch innerhalb der Gewerkschaftsbonzokratie zu verändern, indem sie im Jahre 1935 den Congress of Industrial Organizations (CIO) gründeten. Der CIO war ein Verband von Industriegewerkschaften, die alle Lohnabhängigen, also auch die niedrigqualifizierten MassenarbeiterInnen, aufnahm. Während des Zweiten Weltkrieges standen sowohl AFL als auch CIO fest auf der Seite des US-Imperialismus. Im Jahre 1955 vereinigten sich beide zum AFL-CIO. Ein durch und durch sozialreaktionärer Gewerkschaftsapparat, der auch den Vietnamkrieg Washingtons unterstützte.

Zwischen bürgerlich-bürokratischen Gewerkschafts-Apparaten, wie zum Beispiel dem AFL-CIO, der total in die nordamerikanischen Nationalkapitale USA und Kanada integriert ist, und der lohnabhängigen Basis besteht ein absoluter Klassengegensatz. Dieser kommt bereits im reproduktiven Klassenkampf zum Ausdruck. Besonders in Form von wilden Streiks. Am stärksten entfalteten die sich bisher am Ende des kapitalistischen Nachkriegsaufschwunges in Westeuropa und in Nordamerika, am Ende der 1960er und am Anfang der 1970er Jahre, im proletarischen 1968. In wilden Streiks kommt die klassenkämpferische Selbstorganisation der Lohnabhängigen gegen Kapital, Staat und Gewerkschaftsbonzokratie zum Ausdruck – sowohl in unsichtbar-informeller als auch in sichtbar-offizieller Form, zum Beispiel in gewerkschaftsunabhängigen Streikkomitees. Bleibt der Klassenkampf jedoch im Rahmen des Kapitalismus kann auch die klassenkämpferische Selbstorganisation in Form von wilden Streiks nur innerhalb reproduktiver Schranken erfolgen. Wenn das klassenkämpferische Proletariat im Rahmen des Kapitalismus bleibt, dann kann es sich im besten Falle zu Tode siegen. So blieb das proletarische 1968 trotz starker revolutionärer Tendenzen besonders in Frankreich und Italien in den Kapitalismus reproduzierenden Grenzen, drückte aber gewaltig auf die Mehrwert- und Profitraten. Auf diese Weise trug das klassenkämpferische Proletariat mit dazu bei, dass der westeuropäische und nordamerikanische Kapitalismus in die strukturelle Profitproduktionskrise geriet. Diese führte zu einer strukturellen Massenarbeitslosigkeit und zu veränderten Kräfteverhältnissen zu Ungunsten der Lohnabhängigen, was die Bourgeoisie zur „neoliberalen“ Offensive im Klassenkampf von oben nutzte (siehe Kapitel I.10).

Fazit: Innerhalb des reproduktiven Klassenkampfes können nur ansatzweise Alternativen zu den Gewerkschaften in Form von informeller Organisation und unabhängigen Streikkomitees entstehen. Nur wenn der Klassenkampf seine reproduktiven Grenzen sprengt, kann er auch revolutionäre Organisationen hervorbringen, die die reaktionären Gewerkschaftsapparate zerschlagen können und müssen.

…..

In Westdeutschland/der BRD bildete sich nach 1945 ein Viereck aus demokratischem Streikrecht, dem Tarifvertragssystem, Gewerkschaftsapparaten und gesetzlich-sozialreformistischen Betriebs- und Personalräten, in denen der Klassenkampf effektiv reproduktiv eingesperrt ist. Dieses System der Befriedung des Klassengegensatzes wurde nach der friedlichen Annexion Ostdeutschlands durch die BRD auch auf dieses Gebiet erfolgreich übertragen.

Das demokratische Streikrecht der BRD erklärt alle Arbeitsniederlegungen, die nicht von den Gewerkschaften organisiert werden, für illegal. Die Gewerkschaften werden von ihrer zentralen Bürokratie beherrscht. Hauptamtliche Gewerkschaftsbonzen gehören sozial nicht zum Proletariat. Das demokratische Streikrecht der BRD gibt also einer bürgerlichen Bonzenschicht die Kontrolle über die Hauptwaffe des proletarischen Klassenkampfes, die Arbeitsniederlegung. Dies ist ein gewaltiger Angriff auf die wichtigste revolutionäre Tendenz des reproduktiven Klassenkampfes: die Selbstorganisation des Proletariats. Auch die Gewerkschaftsbürokratie darf in Deutschland nur zu Ausständen aufrufen, die Ziele verfolgen, die in einem Tarifvertrag zwischen Gewerkschaften und den Kapitalverbänden – es sind aber auch Haustarifverträge zwischen Einzelkapitalen und Gewerkschaften möglich – münden können. In Tarifverträgen werden wichtige Arbeits- und Lebensbedingungen wie zum Beispiel die Höhe des Lohnes, die Arbeitszeit und die Anzahl der Urlaubstage geklärt. Durch die staatsrechtlich gewährte Tarifautonomie werden die bürgerlichen Gewerkschaftsapparate zu Co-Managerinnen von Kapitel und Staat. Das Tarifvertragssystem, welches die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit zur Grundlage hat, ist eine effektive Zwangsjacke für den proletarischen Klassenkampf.

Der bundesdeutsche Staat schützt sich als Gesetzgeber besonders effektiv gegen den proletarischen Klassenkampf. In der BRD gelten „politische“ Streiks als illegal. Damit sind machtvolle branchenübergreifende Arbeitsniederlegungen gegen den politischen Gewaltapparat in Deutschland verboten. Lediglich gegen den Staat als „Arbeitgeber“ im öffentlichen Dienst sind Ausstände legal. Allerdings nur für die Angestellten, die BeamtInnen dürfen auch nicht streiken. Der größte Gewerkschaftsverband, der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist viel zu gesetzestreu, um auch nur auf die Idee zu kommen, sich das „politische“ Streikrecht und das der BeamtInnen durch Arbeitsniederlegungen zu erkämpfen. Das demokratische Streikrecht und das Tarifvertragsrecht schützen die deutsche Bourgeoisie effektiver gegen den proletarischen Klassenkampf, als es ein totales Verbot von Arbeitsniederlegungen je tun könnte.

Das demokratische Streikrecht, die staatlich gewährte Tarifautonomie und tief in die Einzel- sowie in das Nationalkapital integrierte Gewerkschaftsapparate verniedlichen den Klassenkampf zur „Tarifauseinandersetzung“. Die kapitalismusreproduzierenden Grenzen der Klassenauseinandersetzung zwischen Bourgeoisie und Proletariat werden in Beton gegossen. Der größte Teil der Tarifauseinandersetzungen finden am Verhandlungstisch, an dem die VertreterInnen der Kapitalverbände und des Staates (öffentlicher Dienst) auf der einen und die Gewerkschaftsbonzen auf der anderen Seite sitzen, statt. Für die GewerkschaftsfunktionärInnen ist allein die Tatsache, dass die Bourgeoisie sie durch Tarifverträge zu Co-ManagerInnen der kapitalistischen Ausbeutung macht, sehr entscheidend. Sie sind deshalb in der Regel zu großen Zugeständnissen auf Kosten der lohnabhängigen Gewerkschaftsbasis bereit. Allerdings übt die letztere auch einen gewissen Druck auf die Gewerkschaftsbürokratie aus. Für die lohnabhängige Basis ist im Gegensatz zu den Gewerkschaftsbonzen, die selbst zu den von ihnen ausgehandelten Tarifen nicht leben müssen, sehr wichtig was in den Verträgen konkret drinsteht. Die Kapital- und StaatsvertreterInnen zähmen mit Hilfe des Tarifvertragssystems und der Gewerkschaftsapparate das klassenkämpferische Proletariat. Sie wollen an Lohnkosten sparen. Deshalb verhandeln die VertreterInnen von Kapital und Staat in der Regel härter als die GewerkschaftsfunktionärInnen.

Bereits während der Verhandlungen finden in Deutschland Warnstreiks statt. Zu denen mobilisiert die Gewerkschaftsbürokratie die lohnabhängige Basis. Die erstere nutzen die lohnabhängige Basis, um Druck auf ihre VerhandlungspartnerInnen auszuüben. Reicht das nicht und wird kein Ergebnis am Verhandlungstisch erreicht, den die Bonzen „ihrer“ Basis als „Erfolg“ verkaufen können, dann lässt die zentrale Gewerkschaftsbürokratie in der Regel Urabstimmungen über einen unbefristeten Streik organisieren. Darin muss sich dann die Mehrheit der Gewerkschaftsbasis für den Klassenkampf aussprechen. Manchmal unterlassen Gewerkschaften aber auch die Urabstimmungen, wie zum Beispiel die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) beim Poststreik von 2015. Das tat die Verdi-Bonzokratie, um diesen Streik auch ohne Urabstimmung wieder beenden zu können. Die Gewerkschaftsdemokratie ist also wie die parlamentarische im Gesamtstaat reine Stimmenarithmetik. Sie verkörpert die Herrschaft des bürgerlich-bürokratischen Apparates über die lohnabhängige Basis.

Beim gewerkschaftlich geführten Streik benutzt der Apparat die klassenkämpferische Basis um auf die Kapital- und StaatsvertreterInnen Druck auszuüben, um sie zu Zugeständnissen im Tarifvertragsgeschäft zu bewegen. Dazu ist er zur beschränkten Mobilisierung der klassenkämpferischen Lohnabhängigen bereit. Diese wiederum nutzen die Gewerkschaften, um legal für ihre Interessen streiken zu können. Der Gewerkschaftsapparat passt während einer von ihm organisierten Arbeitsniederlegung auf, dass sich das klassenkämpferische Proletariat auch ja „schön“ an die bürgerlichen Gesetze – das Recht der Bourgeoisie! – hält. Die lohnabhängige Basis einschließlich der ehrenamtlichen FunktionärInnen strebt im Klassenkampf tendenziell zu radikaleren Aktionen als die hauptamtliche Gewerkschaftsbonzokratie. So entwickelt sich bereits in gewerkschaftlich kontrollierten Streiks – besonders in länger andauernden – die Doppelherrschaft aus der klassenkämpferischen Selbstorganisation des Proletariats auf der einen und der Gewerkschaftsapparate auf der anderen Seite. In Deutschland zahlen die Gewerkschaften während der Arbeitsniederlegung an ihre Mitglieder – und nur an diese! – Streikgeld. Dieses ist ein gewaltiges Druckmittel der Gewerkschaftsbonzen gegen die klassenkämpferische Selbstorganisation des Proletariats! Wenn im Kampf Lohnabhängige zu radikaleren Aktionen streben, drohen die Gewerkschaftsapparate damit, bestimmten Streiks die gewerkschaftliche Unterstützung zu entziehen. So geschah dies zum Beispiel während des Ausstandes bei Neupack 2012/2013, in dem die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) genau mit dieser Drohung die klassenkämpferische Belegschaft disziplinierte.

Da die hauptamtlichen Gewerkschaftsbonzen selbst nicht zu den von ihnen ausgehandelten Tarifen arbeiten und leben müssen, ein Streik aber den Apparaten viel Geld kostet, sind sie relativ schnell dabei, eine Arbeitsniederlegung zu beenden. Das klassenkämpferische Proletariat wiederum fühlt selbst in gewerkschaftlich gebremsten Ausständen seine Kraft. Außerdem muss es materiell die faulen Kompromisse beim Tarifschacher ausbaden. Erzielen die Gewerkschaftsapparate mit den VertreterInnen von Kapital oder Staat ein Verhandlungsergebnis, dann müssen die ersteren die klassenkämpferische Basis wieder erfolgreich demobilisieren können. Das geschieht mit den Mitteln der Gewerkschaftsdemokratie, mit der Urabstimmung über das Ergebnis der Tarifverhandlung. Bei der Industriegewerkschaft Metall (IG M) reicht aus, wenn nur eine Minderheit der Basis von 25 Prozent für den jeweiligen Tarifschacher der Bonzen stimmt. Auch wird bei der Urabstimmung das klassenkämpferische Kollektiv in jeweils getrennt voneinander abstimmende Individuen zerstückelt. So kommt es, dass die Mechanismen der Gewerkschaftsdemokratie meistens für die notwendigen Zahlen sorgen, um den Tarifschacher erfolgreich beenden zu können. Gerade die Demobilisierung der klassenkämpferischen Basis am Ende des Tarifschachers sorgt nicht selten für Unmut bei radikalisierten Lohnabhängigen. Viele denken dann, dass bei einem längeren Streik ein für sie besseres Ergebnis herausgekommen wäre.

Manchmal gelingt es auch dem klassenkämpferischen Proletariat die Gewerkschaftsbonzen vor sich her zu treiben. So war das zum Beispiel beim Streik in der Metallindustrie von Schleswig-Hollstein im Jahre 1956 für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Die IG-Metall-Bonzen versuchten den Streik mehrere Male zu beenden. Doch die klassenkämpferische Basis stimmte zwei Mal gegen den Tarifschacher der Apparate. Jedes Mal musste nachverhandelt werden. Beim dritten Mal stimmte zwar immer noch eine Minderheit für die Annahme des Ergebnisses der Tarifverhandlungen, aber nach der IG-Metall-Demokratie reichte diese aus, damit die FunktionärInnen den Streik beenden konnten.

Auch wenn es manchmal in Tarifkonflikten der Gewerkschaftsbasis gelingt, erheblichen Druck auf die bürgerlich-bürokratischen Apparate auszuüben, letztendlich bestimmen die Bonzen das Tarifgeschäft, sie werden durch dieses zu Co-ManagerInnen von Kapital und Staat, während die Lohnabhängigen Ausbeutungsobjekte bleiben. Während der jeweiligen Laufzeit eines Tarifvertrages herrscht Friedenspflicht, das heißt, dass die den Tarifvertrag unterzeichnende Gewerkschaft während dieser Zeit nicht zu Streiks aufrufen darf. Außerdem ist die Gewerkschaftsbürokratie in ihrem Tarifvertragsgeschäft auch zu Öffnungsklauseln, wodurch Einzelkapitale unter bestimmten Bedingungen von den Flächentarifverträgen ihrer Branche abweichen können, bereit. Mit Hilfe des Tarifvertragssystems und der in das Nationalkapital integrierten Gewerkschaftsapparate gelingt es der Bourgeoisie den proletarischen Klassenkampf erheblich zu zähmen. Allerdings muss sie dafür auch einen materiellen Preis zahlen. In Betrieben, in denen ein Tarifvertrag existiert, sind die Löhne und Gehälter durchschnittlich höher als in solchen, wo keine existieren. Gerade mit zunehmender Krisendynamik wollen deshalb immer mehr Einzelkapitale auf das Co-Management der Gewerkschaftsapparate verzichten und die Arbeitsbedingungen lieber eigenmächtig festlegen. So arbeiteten im Jahre 2018 in der BRD nur noch 46 Prozent der Lohnabhängigen in Unternehmen, die an Tarifverträge mit Gewerkschaften gebunden waren.

Dabei sind die Gewerkschaftsbonzen durchaus grundsätzlich dazu bereit, in ihrem Tarifvertragsschacher die Arbeits- und Lebensbedingungen des Proletariats unter das gesetzlich geregelte Maß zu drücken. Hauptsache, die Bourgeoisie erkennt sie als Co-ManagerInnen der kapitalistischen Ausbeutung an. Auch die Leiharbeitsbranche weiß, was es am DGB hat. Während das staatliche Gesetz es vorsah, ab September 2018 die Höchstüberlassungsdauer der LeiharbeiterInnen in den Entleihfirmen auf 18 Monate zu begrenzen, gab es im Mai 2019 109 Tarifverträge mit den Gewerkschaften, die eine Ausdehnung auf 24 und teilweise bis 120 Monate vorsahen.

Neben dem Tarifvertragssystem sind die Gewerkschaftsbürokratien in der BRD auch durch die kapitalistische Wirtschafts- und Arbeitsdemokratie in viele Einzelkapitale und in das deutsche Nationalkapital integriert. Kapitalistische Wirtschaftsdemokratie bedeutet, dass die Gewerkschaftsbonzen in den Aufsichtsräten großer Konzerne sitzen. Gerade hier wird der Charakter der Gewerkschaften als Co-Managerinnen des Kapitals besonders deutlich. Die kapitalistische Arbeitsdemokratie ist in der BRD durch Betriebs- und Personalräte (letztere im öffentlichen Dienst) verkörpert. Diese sind gesetzlich dem „Betriebsfrieden“, also der nur ideologisch existierenden „Sozialpartnerschaft“ aus Kapital und Lohnarbeit verpflichtet. Sie dürfen auch nicht zu Streiks aufrufen.

Die Betriebs- und Personalräte sind Parlamente der Lohnabhängigen, in denen sich Gewerkschaftslisten und alternative oder unabhängige Listen um dessen Sitze streiten. Die meisten von ihnen werden aber von den DGB-Gewerkschaften dominiert. Sie haben als Organe der kapitalistischen Arbeitsdemokratie abgestufte Mitbestimmungsrechte im Betrieb. Betriebs- und Personalräte sind also objektiv Co-Managerinnen der kapitalistischen Ausbeutung der Lohnarbeit. Die kapitalistische Arbeitsdemokratie schürt im Proletariat das StellvertreterInnen-Denken a la „Betriebsrat, mach das mal für mich“, den Legalismus und den Sozialreformismus. Der Legalismus der kapitalistischen Arbeitsdemokratie schürt bei den Lohnabhängigen die Illusion, sie müssten nicht knallhart – auch mit illegalen Methoden – für ihre eigenen Interessen kämpfen, sondern sie bräuchten nur die Betriebs- und Personalräte wählen, die das dann für sie stellvertretend machen sollen. Objektiv sind die Betriebs- und Personalräte sozialreaktionär, weil sie die Lohnabhängigen in die kapitalistische Arbeitsdemokratie integrieren. Sie sind auch korrumpierend. Durch die legalen und illegalen Privilegien der Betriebs- und Personalräte gegenüber „normalen“ Lohnabhängigen verwandeln sich ursprünglich subjektiv-ehrliche proletarische KlassenkampfaktivistInnen in abgehobene Bonzen.

Subjektiv sind die objektiv-strukturell sozialreaktionären Betriebs- und Personalräte sehr unterschiedlich. Viele Betriebsräte gerade von Großbetrieben sind auch subjektiv totale Co-ManagerInnen der kapitalistischen Ausbeutung. Besonders deutlich wird dies bei „betrieblichen Wettbewerbsbündnissen“ zwischen den Wirtschaftskapitänen und den Betriebsräten. In ihnen erklären sich die Betriebsräte für in der Regel sehr verschwommene und unverbindlich gehaltene Zusagen des kapitalistischen Managements in einem bestimmten Zeitraum keine betriebsbedingten Kündigungen vorzunehmen, keine Standorte zu schließen oder für bestimmte Produktlinien an bestimmten Orten zu „Zugeständnissen“ der Lohnabhängigen in Form von Lohneinbußen oder verschlechterte Arbeitsbedingungen bereit. Also für das wage Zugeständnis der Bourgeoisie, dass die kapitalistische Ausbeutung in einem bestimmten Betrieb weitergeht, sind die Betriebsräte bereit dazu, diese mit zu verschärfen. In diesen „betrieblichen Wettbewerbsbündnissen“ kommt der sozialreaktionäre Charakter der Betriebsräte als Co-ManagerInnen der kapitalistischen Ausbeutung unverblümt zum Ausdruck. In ihnen wird auch das ganze Ausmaß des produktiven und „unproduktiven“ Elends des Proletariats deutlich. Das produktive Elend der Lohnarbeit ist allumfassend, aber das materielle und psychisch-mentale Elend der für das Kapital „unproduktiven“ Erwerbslosigkeit wird von vielen ProletarierInnen als noch drückender wahrgenommen. Aufgrund dessen sind viele Lohnabhängige zu materiellen Zugeständnissen zum mehr als unsicheren Erhalt des Ausbeutungsplatzes bereit. So verstärkt das kapitalistische Management mit Hilfe von Betriebsräten die Ausbeutung – und meistens werden auch weiterhin Arbeitsplätze abgebaut.

Auf der anderen Seite gibt es subjektiv-ehrliche klassenkämpferische Betriebs- und Personalräte, die versuchen in den objektiv-strukturell sozialreaktionären Organen der kapitalistischen Arbeitsdemokratie das Beste für die Belegschaft herauszuholen. Und das ist eben nicht sehr viel. Für dieses Wenige reproduzieren sie subjektiv die objektiv sozialreaktionäre kapitalistische Arbeitsdemokratie, ihre StellvertreterInnenideologie, ihren Legalismus und ihren Sozialreformismus aktiv mit. Subjektiv klassenkämpferische Betriebs- und Personalräte drohen im sozialreformistischen Kleinklein der kapitalistischen Arbeitsdemokratie zu ertrinken.

Auf der anderen Seite wollen viele Einzelkapitale auf die Betriebsräte als Organe der „Mitbestimmung“ verzichten und lieber ohne die Co-ManagerInnen alleine in ihrem Betrieb entscheiden. Sie gehen in Form von Versetzungen und Entlassungen gegen Betriebsräte vor. Auch wenn diese einzelkapitalistischen Repressionen vor den Arbeitsgerichten oft keinen Bestand haben – der deutsche Staat strebt ja als ideeller Gesamtkapitalist die Integration der Lohnabhängigen in die kapitalistische Arbeitsdemokratie an –, zermürben sie die KollegInnen psychisch-mental, nicht selten geben sie auf und verlassen den Betrieb. Im Jahre 2018 arbeiteten nur noch 41 Prozent der Lohnabhängigen in einem Betrieb, in der es ein Betriebsrat gab. 2009 waren es noch 44 Prozent gewesen.

Der Parteimarxismus – außer dem Linkskommunismus (siehe Kapitel III.5) – schürt gefährliche Illusionen in die Gewerkschaften. Die Linkssozialdemokratie, der Marxismus-Leninismus und der Trotzkismus versuchen Einfluss auf die Gewerkschaftsbürokratie zu bekommen, indem sie ihre AktivistInnen in deren ehren- und hauptamtliche Funktionen platzieren. Damit hilft der Parteimarxismus dabei, ursprünglich subjektiv-ehrliche proletarische KlassenkampfaktivistInnen in die objektiv reaktionären Gewerkschaftsapparate zu integrieren. Auch nimmt der Parteimarxismus – außer dem Linkskommunismus – an der kapitalistischen Arbeitsdemokratie teil. Parteimarxistische AktivistInnen lassen sich entweder auf den offiziellen Gewerkschaftslisten oder auf oppositionell-alternativen Listen passiv in die Betriebs- und Personalräte hineinwählen. Damit stärken sie objektiv die sozialreaktionäre kapitalistische Arbeitsdemokratie und die von dieser produzierten Ideologien wie Legalismus, StellvertreterInnentum und Sozialreformismus. Linkssozialdemokratie, Marxismus-Leninismus und Trotzkismus passen sich auch an das sozialreformistische Mehrheitsbewusstsein des Proletariats an.

Proletarische RevolutionärInnen nehmen bewusst am Klassenkampf teil, ohne sich an dessen reproduktiven Grenzen und die von diesen erzeugten sozialreformistischen Ideologien anzupassen. Sie streiken für höhere Löhne, weil sie selbst auch das Geld brauchen, machen aber deutlich, dass, um das Elend des Proletariats grundsätzlich aufzuheben, die Überwindung der Warenproduktion, der Politik und der Lohnarbeit notwendig ist. Proletarische RevolutionärInnen bekämpfen konsequent die sozialreformistische Ideologie der Geldumverteilung. Diese kommt in dem unglaublich dämlichen Spruch zum Ausdruck: „Geld ist genug da, es ist nur in den falschen Händen.“ Total falsch! Geld ist im Kapitalismus dazu da, um es in den Händen der Bourgeoisie grenzenlos und unaufhörlich weiter zu vermehren. Wenn das Proletariat sein produktives und „unproduktives“ Elend aufheben will, muss es die Ware-Geld-Beziehung überwinden. Das bisschen Geld, was durch reproduktiven Klassenkampf von der Bourgeoisie zum Proletariat umverteilt werden kann, hebt dessen Hauptzweck nicht auf und kann auch die Ausbeutung und Entfremdung der unmittelbaren ProduzentInnen vom Produktionsprozess nicht aufheben. Proletarische RevolutionärInnen kämpfen mit für höhere Löhne, sie haben aber in den gewerkschaftlichen Tarifkommissionen, die das Lohnsystem mit verwalten, nichts zu suchen. Sie nutzen die objektiv-subjektive Radikalisierung des Proletariats im und durch Klassenkampf, um zu betonen, dass zur Beseitigung des proletarischen Elends das Lohnsystem wegmuss.

Proletarische RevolutionärInnen legen die Arbeit mit dafür nieder, um die Arbeitszeit zu verkürzen, weil sie die freie Zeit genau wie ihre KollegInnen und Klassengeschwister bitter nötig haben, machen aber gleichzeitig deutlich, dass jede Minute Lohnarbeit eine zu viel ist! Sie wenden sich konsequent gegen das Geschwätz von Gewerkschaftsbonzen über „gute Arbeit“ im Rahmen des Kapitalismus. „Gute Arbeit“ kann es für Lohnabhängige als Ausbeutungsobjekte, die von sich selbst, den Produktionsmitteln und den gesamten Produktionsprozess entfremdet sind, grundsätzlich nicht geben! Das bisschen Erleichterung der Arbeits- und Lebensbedingungen, das durch Klassenkampf – auch und gerade durch dessen konspirativ-illegale Formen, die die Gewerkschaftsbonzen nicht organisieren können und wollen – erreichbar ist, vermag es nie und nimmer den Durst und den Hunger nach Leben zu stillen! Proletarische Arbeitszeit zum Beispiel für die Zerstörungsmittel der imperialistischen Armeen ist verlorene Zeit! Und was machen die Gewerkschaftsapparate? Dieses miese NationalistInnenpack setzt sich für den deutschen Rüstungsstandort ein! Jede Sekunde Lohnarbeit ist eine zu viel!

Proletarische RevolutionärInnen nutzen im Einzelfall die Betriebs- und Personalräte von außen, um ihre individuellen und kollektiven Interessen durchzusetzen. Aber sie stehen grundsätzlich praktisch-geistig der kapitalistischen Arbeitsdemokratie feindlich gegenüber. Sie wollen den Laden nicht „mitbestimmen“, sondern kaputt hauen! Deshalb haben sie innerhalb der Organe der kapitalistischen Arbeitsdemokratie nichts zu suchen, auch wenn sie wissen, dass der Kampf gegen den Kapitalismus auf jeden Fall noch sehr lange dauern und vielleicht niemals siegreich verlaufen wird. Sie stellen der kapitalistischen Arbeitsdemokratie ganz praktisch schon hier und heute die klassenkämpferische Selbstorganisation des Proletariats gegenüber. Illegal-konspirativer Klassenkampf statt Legalismus und „Betriebsfrieden“! Kollektive Selbstaktivität statt Delegierung der Interessen auf Betriebs- und Personalräte! Nieder mit dem demokratischen Stimmzettelfetischismus, der in der Gesamtgesellschaft Politbonzen und in den Großkonzernen Betriebsratsfürsten ermächtigt. Nieder mit Herrschaftsmechanismen, statt diese als Stimmvieh zu legitimieren!

…..

Der Anarchosyndikalismus behauptet, er könne und werde „revolutionäre Gewerkschaften“ aufbauen. Weiter oben haben wir die Gewerkschaften als Organisationsformen des reproduktiven Klassenkampfes analysiert. Der Anarchosyndikalismus kann also nur den Kapitalismus reproduzierende Organisationen aufbauen. Und das tat und tut er auch. Er passte und passt sich in der Realität an das Tarifvertragssystem und die gesetzlich-sozialreformistischen Betriebs- und Personalräte an. Der Anarchosyndikalismus wurde eindeutig zu einer Strömung des globalen Gewerkschaftsreformismus. Durch die Mitorganisation des innerkapitalistischen Gemetzels des spanischen BürgerInnenkrieges (siehe die Kapitel I.7 und II.4) wurde er offensichtlich sozialreaktionär.

Aber seine Dekadenz als sozialrevolutionäre Theorie und Praxis zeigte er schon wesentlich früher, unter anderem in den 1920er Jahren in Deutschland. Schon während der revolutionären Nachkriegskrise und erst recht danach zeigte auch die anarchosyndikalistische FAUD ihren opportunistisch-reformistischen Charakter. Zur Zeit der revolutionären Nachkriegskrise waren diese opportunistisch-sozialreformistischen Tendenzen, die während der relativen Stabilisierung des Kapitalismus (1924-1929) deutlich sichtbar wurden, noch überdeckt, aber sie waren im inkonsequenten Verhältnis der FAUD zu den sozialpartnerschaftlichen Betriebsräten schon vorhanden.

Bock schrieb darüber: „Eine ähnlich kompromisslose Stellung wie zu den politischen Parteien nahm die Geschäftskommission (der FAUD) zu den gesetzlichen Betriebsräten ein. Schon im August hatte Karl Roche (radikaler syndikalistischer Marxist, der sich zwischen FAUD einerseits und den radikalmarxistischen Organisationen AAUD/AAUE (siehe die Kapitel III.5 und III.6) andererseits bewegte, Anmerkung von Nelke) im Namen der ,Freien Vereinigung‘ (Vorläuferorganisation der FAUD, Anmerkung von Nelke) erklärt, die syndikalistischen Arbeiter könnten sich an den gesetzlichen Betriebsräten nicht beteiligen, da sie den Klassenkampf mit den Methoden der direkten Aktion führten. ,Die syndikalistischen Kampfmittel sind mit den Aufgaben eines Betriebsrates unverträglich.‘ (Der Syndikalist, 1. Jg., Nr. 36.) Auf dem Gründungskongress der FAUD (S) kam ein Kompromiss zustande, indem man diese in einer Resolution zur Betriebsrätefrage zwar prinzipiell ablehnte, aber gleichzeitig einräumte, dass örtliche Verhältnisse, organisatorische und praktische Gründe in den Betriebsbelegschaften zu einer Beteiligung von FAUD-Mitgliedern an den Wahlen zu den Betriebsräten führen könnten. Gleich nach dem Kongress setzte im Syndikalist eine andauernde und heftige Kampagne zum Boykott der Wahlen zu den Betriebsräten ein, und diese Haltung der Geschäftskommission blieb auch in den folgenden Jahren unverändert. Eine besondere Position nahmen in dieser wie in vielen anderen Fragen die FAUD-Organisationen im Ruhrgebiet ein, die sich niemals in ihrer Mehrheit den Einfluss der Berliner Geschäftskommission unterwarfen. Sie beteiligten sich zum Teil und mit nicht geringen Erfolgen an den Betriebsrätewahlen.“ (Hans Manfred Bock, Syndikalismus und Linkskommunismus von 1918-1923, Verlag Anton Hein, Meisenheim am Glan 1969, S. 172.)

Bock war kein Revolutionär. Aber auch ihm hätte beim genaueren Lesen seiner eigenen Schrift eigentlich auffallen müssen, dass ein Widerspruch zwischen der am Anfang behaupteten Kompromisslosigkeit und dem dann geschilderten Kompromiss bestand. So eine opportunistische Tendenz der Anpassung an Tarifvertrags- und Betriebsratssystem gab es in den vom radikalen Marxismus geprägten Klassenkampforganisationen, AAUD und AAUE, nicht. Jede opportunistische Anpassung an die Betriebsräte von lokalen Gruppen führte zum Ausschluss aus der Gesamtbewegung.

Der faule opportunistische Kompromiss der FAUD gegenüber den gesetzlich-sozialpartnerschaftlichen Betriebsräten zeigte schon bald während der relativen Stabilisierung des deutschen Kapitalismus in einigen Regionen deutlich seine reaktionären Tendenzen, wie auch heutige anarchosyndyndikalistische IdeologInnen zugeben müssen: „Im thüringischen Sömmerda mussten die syndikalistischen Betriebsräte bei Rheinmetall, welche schon Anfang der 20-er Jahre tätig waren, dagegen viele Zugeständnisse machen. Ende des Jahres 1924 wurden in den elfköpfigen Betriebsrat 8 Syndikalisten gewählt. Sie durften jedoch nur die zu entlassenden KollegInnen bestimmen und verhielten sich bei Protesten gegen Abzüge aufgrund von Akkordberechnungsfehlern passiv und traten Streikabsichten entgegen. Ähnlich ernüchternde Erfahrungen wurden aus Oberschlesien vermeldet. Hier seien syndikalistische Betriebsräte gar die Ursache für den örtlichen Mitgliederrückgang gewesen. Sie wurden zu Gegnern der direkten Aktion und erklärten der FAUD auf Nachfragen hin, dass sie ja schließlich nicht nur von syndikalistischen Betriebsangehörigen gewählt worden wären und daher der Gewerkschaft keine Rechenschaft darüber schuldig seien, ob ihre Handlungen nun syndikalistisch waren oder nicht.“ (H. Döhring, Syndikalismus nach 1945, in: FAU Bremen (Hg.), Syndikalismus. Geschichte und Perspektiven, S. 20.) Die heutige bundesdeutsche anarchosyndikalistische Möchtegerngewerkschaft FAU steht eindeutig in dieser reformistischen Tradition der opportunistischen Anpassung an das Tarifvertrags- und Betriebsratssystem der Bourgeoisie.

]]>
https://astendenz.blackblogs.org/2024/02/23/5-gewerkschaften/feed/ 0
4. GenossInnenschaften und selbstverwaltete Betriebe https://astendenz.blackblogs.org/2024/01/29/4-genossinnenschaften-und-selbstverwaltete-betriebe/ Mon, 29 Jan 2024 01:33:37 +0000 https://astendenz.blackblogs.org/?p=176 GenossInnenschaften sind kleinbürgerlich-kollektive Formen der Warenproduktion. Sie gehen im Privatkapitalismus nahtlos in Kapitalgesellschaften über. Der utopische Sozialismus hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts große Illusionen in GenossInnenschaften. Der bürgerliche Sozialreformist Robert Owen sowie seine kleinbürgerlichen und proletarischen AnhängerInnen sahen in den GenossInnenschaften einen Weg die kapitalistische Ausbeutung zu überwinden. Noch heute sehen verschiedene anarchistische und marxistische IdeologInnen in GenossInnenschaften eine Form der Vergesellschaftung der Produktionsmittel – im Rahmen von Warenproduktion und Staat. Vielleicht können einige Menschen in Form von GenossInnenschaften ein angenehmeres Leben führen als sie es als Lohnabhängige in einem „normalen“ kapitalistischen Betrieb führen könnten – aber die GenossInnenschaften können nur eine Nische innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft sein, aber keine gesamtgesellschaftliche Alternative zu dieser, die sie wirklich aufhebt.

Auch im entwickelten Industriekapitalismus führten verschiedene Belegschaften von Betrieben, die von ihren kapitalistischen EigentümerInnen geschlossen werden sollten, diese unter kollektiver Regie als „selbstverwaltete Betriebe“ weiter. Klar, innerhalb des Kapitalismus sind solche „selbstverwalteten Betriebe“ besser als die Arbeitslosigkeit. Aber diese Betriebe sind nicht wirklich „selbstverwaltet“, sondern vom kapitalistischen Markt organisiert, für den sie Produkte und Dienstleistungen liefern müssen, um überleben zu können. Außerdem können sie nur im Rahmen staatlicher Gesetzlichkeit fungieren. „Selbstverwaltete Betriebe“ stellen also keine wirkliche Alternative zum Kapitalismus dar, sie reproduzieren die Ware-Geld-Beziehung innerhalb des Staates. SozialrevolutionärInnen müssen diese Grenzen der „selbstverwalteten Betriebe“ klar erkennen und benennen und scharf jenen Sozialreformismus kritisieren, die diese zur angeblichen „Alternative zum Kapitalismus“ hochstilisieren.

…..

Wir schrieben bereits im Kapitel I.7 wie die anarchosyndikalistische Gewerkschaft CNT das innerkapitalistische Gemetzel des spanischen BürgerInnenkrieges (1936-1939) mit organisierte, während wirkliche SozialrevolutionärInnen beide kriegführende Seiten, also sowohl die putschenden Generäle unter Franco als auch das antifaschistische Volksfront-Regime bekämpfen mussten. Die sozialreaktionären CNT-Bonzen traten stattdessen in die Volksfront-Regierung ein. Dies wird auch heute von einigen anarchosyndikalistischen IdeologInnen als „Fehler“ bezeichnet – was für eine Verniedlichung! Aber auf ihre „Kollektivierungen“ während des spanischen BürgerInnenkrieges sind die AnarchoideologInnen noch heute verdammt stolz und erzählen über diese einen Haufen schmutziger Lügen.

Die Wahrheit: Die CNT organisierte auf „kollektivistische“ Weise den Kapitalismus, als viele PrivatkapitalistInnen ins Lager der putschenden Generäle geflohen waren und das klassenkämpferische Proletariat in größte Wallung geraten war. Die CNT war also zu Beginn des Militärputsches eine verdammt wichtige Konterrevolutionärin, die das reaktionäre Volksfront-Regime durch „Kollektivierungen“ im Rahmen von Staat und kapitalistischer Warenproduktion am Laufen hielt. Wir SozialrevolutionärInnen kritisieren diese „Kollektivierungen“ ganz klar als Anarchokapitalismus, während die republikanisch-stalinistische Konterrevolution in ihrem Verlauf bestrebt war diese anarchokapitalistischen Experimente zu beenden und das Privateigentum an den Produktionsmitteln wieder herzustellen. So erforderte der konsequente Schutz des Privateigentums an Produktionsmitteln die konterrevolutionäre Frontstellung gegen den CNT-Anarchokapitalismus.

Besonders in der Landwirtschaft ging die CNT gegen den Großgrundbesitz vor – um dann die Landbevölkerung in Form von „Kollektiven“ im Interesse des kapitalistisch-antifaschistischen Krieges auszubeuten. Die StalinistInnen, die selbst in der UdSSR eine brutale Zwangskollektivierung durchgezogen hatten, waren während des spanischen BürgerInnenkrieges die Avantgarde einer nicht weniger brutalen Zwangsentkollektivierung. Sie organisierten privatbesitzende BäuerInnen in der Gewerkschaft UGT – die sie auch sonst immer erfolgreicher unterwanderten – gegen die kleinbürgerlich-kollektive Warenproduktion. Besonders in Aragon, wo die CNT sehr stark war, ging die stalinistische Konterrevolution im August 1937 massiv gegen die kleinbürgerlichen Kollektive vor. Landwirtschaftliche Kollektive, Unternehmen unter gewerkschaftskapitalistischer UGT/CNT-Kontrolle und Genossenschaften in den Städten wurden vom republikanisch-stalinistischen Block massiv zerstört. So wurden die anarchokapitalistischen Experimente in der Fleisch- und Molkereiwirtschaft in Katalonien im Juni 1937 beendet und die Betriebe den früheren PrivateigentümerInnen zurückgegeben.

…..

Wir wollen uns hier mit kollektiven Formen der Agrarproduktion im Rahmen von Klassengesellschaften auseinandersetzen, weil diese ebenfalls von vielen sozialreformistischen IdeologInnen – sowohl von marxistischen als auch anarchistischen – idealisiert werden. Auch nachdem sich der Urkommunismus in die verschiedenen Klassengesellschaften transformiert hatte, blieben teilweise gewisse kollektive Formen des Eigentums, der Produktion und des Konsums in der Landwirtschaft bestehen. Zum Beispiel hielt sich im zaristischen Russland die alte Dorfgemeinde – bis sie von den kapitalistischen Agrarreformen nach der niedergeschlagenen Revolution von 1905 zerstört wurde. Einige MarxistInnen, LinksnationalistInnen und andere politische Wirrköpfe idealisieren diese Reste des gemeinschaftlichen Eigentums in der Agrarproduktion innerhalb von Klassengesellschaften als „Agrarkommunismus“. Wir betonen demgegenüber, dass dieser Begriff eine Idealisierung des Gemeinschaftseigentums darstellt. Wenn die Gemeinschaft durch soziale Ungleichheit und die Herausbildung von Klassenherrschaft geprägt ist, ist diese und ihr Eigentum nicht mehr kommunistisch.

Wir wollen diesen „Agrarkommunismus“, wie er in Form der Allmende im deutschen Feudalismus weiterbestand, analysieren und kritisieren. Wir haben bereits im Kapitel I.2 die militärische Demokratie der GermanInnen als sich auflösenden Urkommunismus beziehungsweise sich entwickelnde Klassengesellschaft beschrieben. Im 5. und 6. Jahrhundert wurde bei einigen germanischen Stammesverbänden – so auch bei den Franken – das Gemeinschaftseigentum an Ackerland aufgehoben. Es wurde Privateigentum (Allod). Im Gegensatz dazu blieben Weide, Wald und Gewässer im Gemeinschaftsbesitz der Dörfer (Allmende). Diese Allmende entwickelte sich im Rahmen des Feudalismus und des Agrarkapitalismus.

Schauen wir uns die Transformation der Allmende im Feudalismus und sich entwickelnden Agrarkapitalismus genauer an. Die Dörfer differenzierten sich durch die feudal-kapitalistische Entwicklung immer stärker aus. Neben einem breiten bäuerlichen Mittelstand entwickelte sich auch eine Schicht von landarmen und landlosen DorfbewohnerInnen, die Lohnarbeit leisten mussten, um überleben zu können. Sie wurden Knechte und Mägde der reicheren BäuerInnen. Doch das sich herausbildende Landproletariat konnte sich nicht allein durch Lohnarbeit ernähren. Zum Lebenserhalt trug neben der Armenfürsorge der Kirche auch die Allmende als dörflicher Gemeinschaftsbesitz an Wiesen, Weiden, Wäldern und Gewässern bei. Indem die KleinbäuerInnen und das entstehende Landproletariat das Gemeinschaftseigentum und die kollektiven Rechte der Allmende nutzen konnten – zum Beispiel das Recht auf die Ährenlese nach der Ernte oder das Recht ein kleines Vieh auf der Dorfwiese zu weiden –, konnten sie sich ihre biosoziale Reproduktion sichern. Die Allmende sicherte und regulierte also die soziale Differenzierung und die sich entwickelnde kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit im Dorfe. Sie war ein Rest des Urkommunismus, das bereits von der feudal-kapitalistischen Klassengesellschaft deformiert war. In ihrer Erleichterung der biosozialen Reproduktion der Dorfarmut gleicht sie dem heutigen bürgerlichen Sozialstaat. Hier schließt sich der Kreis. Große Teile der kleinbürgerlichen politischen Linken verklären sowohl den sozialreaktionären Wirkungszusammenhang der alten Allmende wie des modernen bürgerlichen Sozialstaates.

…..

In Bolivien bildete sich während des linksbürgerlichen Morales-Regimes (2005-2019) eine regelrechte GenossInnenschaftsbourgeoisie heraus. Die ersten GenossInnenschaften im bolivianischen Bergbausektor wurden bereits während der Weltwirtschaftskrise von 1929 gegründet. Deren Bedeutung nahm mal ab und mal zu. Während der neoliberalen Offensive der Privatbourgeoisie wurde in Bolivien im Jahre 1985 die Zerschlagung des staatlichen Bergbau-Konsortiums COMIBOL zugunsten multinationaler Konzerne beschlossen. Die entlassenen LohnarbeiterInnen gingen zuerst in die Städte und suchten dort neue Jobs. Als sie dort jedoch keine fanden, kehrten sie in die Minen zurück. Diese Rückkehr war mit Klassenkämpfen verbunden. Die neugegründeten GenossInnenschaften absorbierten einen Teil der Arbeitslosen, die der privatisierte Bergbausektor produzierte. Auch betrieben sie im Gegensatz zu den Privatinvestoren die alten und wenig profitablen Bergwerke. Durch die staatliche Legalisierung der GenossInnenschaften wurde der Klassenkampf befriedet.

Das linksreaktionäre Regime der MAS unterstützte seit 2005 die GenossInnenschaften. Aus ihren Reihen entwickelte sich eine neue Bourgeoisie. Durch die hohen Rohstoffpreise stiegen auch die bolivianischen Bergbauexporte von einem Preis von 500 Millionen US-Dollar 2006 auf über 3 Milliarden US-Dollar 2013. Aus der Produktion der Bergbauexporte stammten immerhin 30 Prozent von den GenossInnenschaften. Beim Gold waren es 71 Prozent, bei Zinn 41 Prozent, beim Silber 37 Prozent. Der von der Linksreaktion regierte Staat überantwortete seit 2008 43 Prozent der von ihm vergebenen Territoriums diesen Bergbaukooperativen. Deren Zahl verdreifachte sich von 447 im Jahr 2008 bis 2013 auf 1 400. Im letztgenannten Jahr beschäftigten sie 120 000 ArbeiterInnen, 90 Prozent der im Bergwerkssektor Tätigen. Der Staat unterstützte die GenossInnenschaften auch dadurch, dass diese nur wenig Steuern bezahlen mussten. Sie zahlten nur 4 Prozent Umsatzsteuer und lediglich ein Prozent des Produktionswerts als Konzessionsgebühr für die Ausbeutung der COMIBOL-Minen. So gingen im Jahre 2012 lediglich 44 Millionen US-Dollar ihrer Exporteinnahmen von 1,059 Milliarden an den Staat.

Die sozialen Unterschiede zwischen den bolivianischen GenossInnenschaften waren sehr ausgeprägt. Mehr als 80 Prozent der Bergbaukooperativen bestanden aus zehn bis fünfzig GenossenschafterInnen. Zwei Prozent von ihnen hatten mehr als 200 Mitglieder. Das Kapital der GenossInnenschaften war stark konzentriert und zentralisiert. So befanden sich 74 Prozent der Produktion in den Händen von 12 Prozent der Bergbaukooperativen. Dementsprechend waren auch die Gewinne sehr ungleich verteilt. Während um 2015 einige GenossenschafterInnen monatlich um die 60 000 Bolivianos – um diese Zeit etwa 8 500 Dollar – erhielten, bekamen die embryonal kapitalistisch ausgebeuteten LohnarbeiterInnen der Kooperative lediglich 1 500 Bolivianos (215 US-Dollar). Bei den großen GenossInnenschaften waren bis zu 80 Prozent der Beschäftigten LohnarbeiterInnen. Das waren schon keine kleinbürgerlich-kollektiven Formen der Warenproduktion mehr, das waren bereits kapitalistische Unternehmen! Lediglich 10 GenossInnenschaften hatten um 2015 mehr als 300 Mitglieder.

Die kapitalistischen GroßgenossInnenschaften sind sozial stark ausdifferenziert und auch von großer Ungleichheit geprägt. Lediglich formal waren alle ArbeiterInnen GenossenschafterInnen. In der Wirklichkeit existierten unterschiedliche Kategorien. So gab es vom Land kommende Hilfskräfte. Diese jobbten in den Kooperativen als SaisonarbeiterInnen, um ihr karges Einkommen aus der Agrarproduktion auszubessern. Auch unqualifizierte Arbeitskräfte wurden eine längere Zeit – manchmal Jahre – als Lohnabhängige ausgebeutet, bis sie Mitglieder der GenossInnenschaften werden konnten. Viele GenossenschafterInnen hatten TagelöhnerInnen unter Vertrag, die sie embryonal kapitalistisch ausbeuteten. So schufteten im Cerro Rico von Potosí vier HilfsarbeiterInnen für eine/n Genossenschafter/in. Der Gewinn wurde dann folgendermaßen aufgeteilt: Die GenossenInnenschafterInnen bekamen 40 Prozent, während es bei den TagelöhnerInnen 60 Prozent waren. So verdienten die TagelöhnerInnen nur etwa zwischen 700 und 1 000 Bolivianos (100-140 Dollar).

Auch gab es so genannte Zweithände, das war eine Kategorie zwischen TagelöhnerInnen und GenossenschafterInnen. Aber auch letztere waren nicht gleich. Es gab drei bis vier unterschiedliche Kategorien von ihnen. Die Rechte der GenossenschafterInnen waren ausdifferenziert und nur die oberen Kategorien hatten Anspruch auf Prämien und Zusatzzahlungen. In manchen Kooperativen übten nur wenige Mitglieder Führungsfunktionen aus.

Die Arbeit war so organisiert, dass sich die einzelnen GenossenschafterInnen ihren eigenen Platz im Stollen suchten. Diesen Platz beuteten sie dann unabhängig aus. Die GenossenschafterInnen konnten sich untereinander zusammenschließen oder Lohnabhängige einstellen und ausbeuten. Einnahmen der Kooperativen waren abhängig vom Mineraliengehalt des abgebauten Gesteins. In den größten GenossInnenschaften von Potosí widmete sich deren Management Führungsaufgaben, während die TagelöhnerInnen das Gestein abbauten. Die Führungstätigkeit im Management der Kooperativen enthielt die Möglichkeit des Aufstiegs in die Politik, zumal enge Verbindungen zur regierenden MAS bestanden. Große Kooperativen verfügten über bürgerlich-bürokratische Apparate. Diese entfalteten ihre politökonomische Macht über Büros, BuchhalterInnen, FahrerInnen, IngenieurInnen, Sicherheitspersonal und eine bessere technische Ausstattung. Auch konnten sie wegen ihres größeren Umsatzes zu besseren Preisen verkaufen. Die soziale Differenzierung innerhalb der Kooperativen war also sehr groß, sie gingen fließend in Kapitalgesellschaften über.

So entwickelte sich im linksreaktionären Regime der MAS eine GenossInnenschafts-Bourgeoisie. Diese besetzte Verwaltungsposten oder war mit dem Führungsmanagement eng verbunden. Sie kontrollierte wertvolle Mineralienvorkommen, gliederte Aufgaben aus und investierte in Technologie. Die GenossInnenschafts-Bourgeoisie eignet sich hohe Profite an. Sie handelte wie KapitalistInnen und große Wirtschaftsbosse. Diese Emporkömmlinge hatten direkte Beziehungen zu den VermarkterInnen. In einigen Fällen konnten sie auch Verträge mit ausländischen InvestorInnen zur Risikoaufteilung aushandeln.

So entwickelte sich eine neue Schicht der Bourgeoisie in Bolivien, deren Macht und Prestige auf der Kontrolle der produktiven Tätigkeit der anderen GenossInnenschafterInnen und der TagelöhnerInnen gründete. Das GenossInnenschafts-Proletariat schuftete währenddessen sehr hart – oft mit manuellen Werkzeugen – in den Minen. Indem die GenossInnenschafts-Bourgeoisie die Arbeit organisierte, eignete sie sich auch den Mehrwert an, den das Proletariat in den Kooperativen produzierte. Diese neue Schicht der herrschenden kapitalistischen Klasse kontrollierte selbstverständlich auch den GenossInnenschaftsverband Federación Nacional de Cooperativas Mineras de Bolivia (FENCOMIN), der vor dem Verfall der Rohstoffpreise etwa ein Drittel der Bergbauexporte des Landes organisierte.

Und diese GenossInnenschafts-Bourgeoisie strebte auch in die Politik, sie stärkte die linke Fraktion des bolivianischen Nationalkapitals. Eine führende Figur dieser Schicht der Bourgeoisie stellt zum Beispiel der Senator der regierenden MAS für das Departement Potosí, Efraín Condori, dar. Bevor dieser Herr sein Unwesen als linker Politbonze trieb, arbeitete er in den 1980er Jahren noch in der Mine Catavi – damals noch zum staatlichen Konsortium COMIBOL gehörend. In den 1990er Jahren wurde Condori in der GenossInnenschaft 20 de Octubre aktiv. Von dieser Kooperative wurde er schließlich zum Präsidenten gewählt. Zwischen 1998 und 2000 stieg dieser Emporkömmling zum Präsidenten des GenossInnenschaftsverbandes FENCOMIN auf. Und schließlich wurde er Politbonze der regierenden MAS. Das ist alles, was die Linksreaktion vermag: Der Aufstieg ehemaliger ProletarierInnen in die Bourgeoisie.

Eine weitere führende Figur der GenossInnenschafts-Bourgeoisie ist Pascal Huarachi. Dieser war zuerst ein StudentInnenführer, ab 1996 dann Bildungsbeauftragter der BergbaugenossInnenschaft von Chorolque. Zwischen 2002 und 2004 war der Mann ein führender Sekretär des GenossInnenschaftsverbandes FENCOMIN. In den Jahren 2005/2006 war er dessen Vorsitzender. Auch er stieg zum Senator der regierenden MAS auf. Außer den Senatoren stammten um 2015 sechs Kongressabgeordnete aus den Bergbaukooperativen. In dieser Zeit stellten sie 8 Prozent der Regierungsfraktion der linksreaktionären MAS. Auch der erste Bergbauminister von Evo Morales war ebenfalls ein früherer Vorsitzender der FENCOMIN. Dieser Verband hatte auch großen Einfluss innerhalb des Bergbauministeriums. Um 2015 herum waren mindestens zwei Genossenschafter Staatssekretäre.

Zwischen der GenossInnenschafts-Bourgeoisie als Teil der herrschenden kapitalistischen Klasse und den linken Politbonzen der MAS gab es also enge soziale Verflechtungen. Allerdings war diese auch nicht frei von Konflikten. Die Bergbaukooperativen übten teilweise Druck auf die regierenden linken BerufspolitikerInnen aus, damit diese Gesetze im Interesse der GenossInnenschafts-Bourgeoisie machten. Zum Beispiel vor den Wahlen von 2014. Da unterstützte der FENCOMIN die linke MAS erst nach der Verabschiedung eines für die GenossInnenschafts-Bourgeoisie vorteilhaften Gesetzes. Dieses 2014 verabschiedete Gesetz begünstigte den Bergbau gegenüber der Agrarproduktion. So beinhalteten die staatlich vergebenen Bergbaukonzessionen die Möglichkeit BäuerInnen zu enteignen. Auch richtet sich das Bergbaugesetz der regierenden Linksreaktion gegen die Interessen der amerikanischen UreinwohnerInnen von Bolivien. Trotz der plurinationalen Ideologie der MAS-Bonzen sind diese wie die regierende Rechtsreaktion vor ihr die politischen Charaktermasken der kapitalistischen Ausbeutung der Bodenschätze. Das Bergbaugesetz von 2014 erkannte nur drei Arten von Bergbauunternehmen an, nämlich privat- und staatskapitalistische, sowie genossenschaftliche. Wie wir weiter oben darlegten, ist der Übergang der GenossInnenschaften in Kapitalgesellschaften sehr fließend. Nach der Ansicht des Forschungszentrums Centro de Estudios para el Desarrollo Laboral y Agrario (CEDLA) zwang das Bergbaugesetz die uramerikanischen Gemeinschaften dazu „eine kapitalistische, marktorientierte Organisationsform anzunehmen, und eigene soziokollektive Strukturen aufzugeben“. (CEDLA, Ley Minera del MAS. Privatista y antiindígena, in: Boletín de Seguimiento a Polícas Públicas, Nr. 282014, S. 5, online: www.redunitas.org/CEDLA_control_ciudadano_26.pdf.)

Aus sozialrevolutionärer Sicht ist dazu zu sagen, dass diese „eigenen soziokollektiven Strukturen“ der amerikanischen UreinwohnerInnen innerhalb des bürgerlichen Nationalstaates Bolivien im besten Falle an bäuerlich-urkommunistische Traditionen anknüpfen und eine kollektiv-kleinbürgerliche Form der Warenproduktion verkörpern können. Sie können also nur weniger kapitalistisch ausgeprägt sein wie die großen Bergbaukooperativen, aber keine wirkliche nachkapitalistischeAlternative darstellen. Das linksreaktionäre MAS-Regime bekämpfte mit dem Bergbaugesetz von 2014 gewisse Traditionen des vorkapitalistischen BäuerInnen-Kommunismus. Selbstverständlich kann der antikapitalistische Kommunismus schöpferisch-kritisch an den Traditionen des vorkapitalistischenKommunismus anknüpfen, er macht sich aber keine Illusionen über deren Charakter innerhalb kapitalistischer Nationen. Aber er bekämpft auch dessen Zerstörung durch die kapitalistische Sozialreaktion, zu der auch die linke MAS-Regierung in Bolivien gehörte. Die Zerstörung bäuerlich-urkommunistischer Traditionen durch die bolivianische regierende Linksreaktion war nur die andere Seite der Medaille der Herausbildung einer GensossenInnenschafts-Bourgeoisie als linkspolitischer Beitrag zur Neuzusammensetzung der herrschenden kapitalistischen Klasse in Lateinamerika. Als das MAS-Regime den Bau einer Straße durch ein Gebiet der amerikanischen UreinwohnerInnen in Ost-Bolivien plante, konnten sich die linken Politbonzen auf die – auch von ihnen herangezüchteten – GenossInnenschafts-Bourgeoisie voll verlassen. Sie mobilisierte zu den Großdemonstrationen der Regierung, wofür sie das Regime mit zwei Gesetzen zugunsten des Bergbaus belohnte.

Der kleinbürgerlich-demokratische Intellektuelle und Forscher am Dokumentations- und Informationszentrum Bolivien (CEDIB), Pablo Vilegas, schrieb, dass keine andere gesellschaftliche Gruppe über eine solche Macht verfüge, wie sie im Rahmen der Bergbaukonzessionen zugestanden werde. Die Schürfrechte seien „durch Normen geschützt, die eher einer Monarchie als einer Demokratie entsprechen“. (Pablo Villegas, Ley de minería a costa de la democracia, in: Petropress, Nr. 33, Februar-August 2014, Cochabamba, Cedib, S. 26.) Typisches linksdemokratisches Gebaren, die großen Ideale der Demokratie gegen deren Wirklichkeit als kapitalistisches Staatssystem zu verteidigen. Nach der Analyse der CEDLA boten die gesetzlichen Regelungen der regierenden Linksreaktion den Bergbauunternehmen und ihren InvestorInnen Schutz vor „den Aktionen von Individuen oder Gruppen, die Bergbaugebiete und ihre Installationen besetzen oder besetzen planen.“ (CEDLA, Ley Minera del MAS, a.a.O., S. 6.) Das linksreaktionäre Regime schützte auf diese Weise das Bergbaukapital vor sozialen Protest.

Es wurde auf diese Weise „zu einem Instrument der Konzessionsinhaber“, wie Villegas schrieb. Die BesitzerInnen von Schürfrechten würden nach Ansicht dieses kleinbürgerlichen Demokraten auf widersprüchliche Weise sogar „über dem Parlament“ stehen, was nach dieser Denkrichtung ein schweres Verbrechen gegen die demokratischen Ideale darstellt. Das linksreaktionäre Regime hatte nach Villegas den GenossInnenschaften Privilegien eingeräumt, nachdem diese ihre politische Unterstützung von der Verabschiedung des Bergbaugesetzes abhängig gemacht hatten. Zum anderen setze die regierende MAS „die Polizei ein, um oppositionellen Verbänden wie CONAMAQ oder CIDOB (Anmerkung von Nelke: Organisationen der amerikanischen UreinwohnerInnen) den Organisationsstatus abzuerkennen und ihre Funktionen von der Regierung gegründeten Organisationen zu übertragen.“ (Pablo Villegas, Ley de minería a costa de la democracia, a.a.O., S. 28.) Wie wir sehen, muss die politische Linke, wenn sie zu einer regierenden Charaktermaske der Demokratie als realer kapitalistisch-sozialreaktionärer Staatsform wird, auch jene linksdemokratischen Illusionen, die sie woanders als Oppositionskraft selbst schürt, mit Füßen treten. SozialrevolutionärInnen belustigen sich über die kleinbürgerlich-demokratischen Ideale und bekämpfen die reale Demokratie kompromisslos.

Und die Demokratie ist auch ein Futternapf für linke Politbonzen und die GenossInnenschafts-Bourgeoisie. Dies bekamen auch die kleinbürgerliche DemokratInnen der CEDLA mit. Auch nach ihrer Ansicht unterstützte die Regierung „die Kooperativisten als Angehörige einer aufstrebenden Bourgeoisie, die wiederum das neue plurinationale Bolivien stärken soll“. (CEDLA, Ley Minera del MAS, a.a.O.) Neben der aufstrebenden GenossInnenschafts-Bourgeoisie unterstützt die linke MAS auch die HändlerInnen und mittleren AgrarproduzentInnen im Norden der Provinz Santa Cruz. Auf diese Weise baute die linke Fraktion des Kapitals ihre eigene ökonomische Basis aus, während andererseits sich neuformierende Teile der Bourgeoisie in der Linksreaktion ihre politische Vertretung sahen.

Die GenossInnenschafts-Bourgeoisie versteckte sich hinter der proletarischen Maske. In Wahlkampagnen für die MAS setzten sich die Bourgeois der Kooperativen BergarbeiterInnenhelme auf. Sie reproduzierten damit auf demagogisch-ideologische Weise Symbole der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung. Deren bürgerlich-bürokratischen Partei- und Gewerkschaftsapparate sind aber schon lange global Teil der linken Fraktion des Kapitals. Unter der proletarischen Maske mobilisierte die GenossInnenschafts-Bourgeoisie auch die LohnarbeiterInnen des Bergbaus – sowohl für als auch gegen die regierenden linken Politbonzen der MAS. So beteiligte sich auch die kapitalistische und bürokratische Führungsschicht der Bergbaukooperativen an den sozialen Kämpfen, wie zum Beispiel an denen in Potosí – die am stärksten von Bergbau geprägte Provinz in Bolivien. Die GenossInnenschafts-Bourgeoisie war zentraler Akteur der dortigen Bewegungen von 2007, 2010 und 2015. Selbstverständlich gehörte sie auch dem Comité Cívico Potosinista (COMCIBO; Bürgerkomitee von Potosí) an. Dieses organisierte 2015 einen dreiwöchigen Streik mit Verkehrsblockaden und Straßenprotesten.

2015, als die Rohstoffpreise fielen, stellte das COMCIBO einen Forderungskatalog, der aus 26 Punkten bestand. Unter anderem wurden Maßnahmen zur Strukturförderung gefordert. Außerdem mobilisierte die GenossInnenschafts-Bourgeoisie die proletarische Basis der Bergbaukooperativen für die Eröffnung der bereits vor 40 Jahren errichteten, aber nie in Betrieb genommene Minenanlage von Karachipampa und die Sanierung des Silberbergs von Potosí, deren Zusammenbruch und damit die Verschüttung der Gräben drohte. Dieser Cerro Rico de Potosí war eines der größten des von den GenossInnenschaften ausgebeuteten Silbervorkommens.

Durch Kampf und Kooperation im Verhältnis zur regierenden Linksreaktion hatten sich die Bergbaukooperativen und deren Bourgeoisie an der Spitze vier Privilegien erkämpft: Erstens zahlten sie weniger Abgaben und keine Mehrwertsteuer. Zweitens waren sie wegen ihrem vorgeblichen sozialen Charakter und weil sie angeblich nicht gewinnorientiert waren, von den normalen Verpflichtungen des Steuersystems befreit. Drittens wurden sie von der linken Regierung bei der Vermarktung ihrer Produkte unterstützt. Und viertens war für die Bergbaukooperativen auch die Umweltschutzgesetzgebung nicht bindend. Die linken BerufspolitikerInnen verbünden sich mit der herausbildenden Bourgeoisie der GenossInnenschaften und mit der Gewerkschaftsbonzokratie, um in der Konkurrenz mit der Rechtsreaktion über eine stabile sozialökonomische Basis verfügen zu können. Während die Führungselite der Bergbaukooperativen die Unterstützung durch das linke Regimes nutzte, um ihren weiteren sozialen Aufstieg politisch abzusichern. Sowohl in der Kooperation als auch im Konflikt mit der regierenden Linksreaktion setzte sie sich die proletarische Maske auf und mobilisiert die Basis der GenossInnenschaften. Die Hauptgeschädigten der Kooperation der linken Politbonzen mit der GenossInnenschafts-Bourgeoisie waren die von ihr ausgebeuteten TagelöhnerInnen in den Bergbaukooperativen sowie die uramerikanischen Dorfgemeinschaften in den Anden, die die Bodenschätze, die ihnen formal gehörten, selbst nicht abbauen konnten – der Abbau könnte auch im besten Falle höchstens kleinbürgerlich-kollektiv im Rahmen der Warenproduktion erfolgen –, weil sie weder über die dafür notwendigen Geldmittel verfügten noch vom Staat unterstützt wurden. Doch trotz der Unterstützung durch die regierende Linksreaktion suchte die aufstrebende Bourgeoisie der Bergbaukooperativen auch das Bündnis mit dem Privatkapital, um die Führung im Sektor zu übernehmen. Pablo Poveda vermutete: „Tendenziell geht die Entwicklung dahin, dass die Bergbaugenossenschaften und die für sie geltenden Sonderregeln zu einem Einfallstor für das ausländische Kapital werden und dass auf diese Weise die verschwundene Klasse des mittleren Bergbauunternehmertums in Bolivien ersetzt wird.“ (Pablo Poveda, Formas de productión de la cooperativas mineras en Bolivia, CEDLA, La Paz 2014, S. 85.)

]]>
DGB – Hausgewerkschaftsbund des deutschen Imperialismus https://astendenz.blackblogs.org/2023/05/01/dgb-hausgewerkschaftsbund-des-deutschen-imperialismus/ Mon, 01 May 2023 22:36:26 +0000 http://astendenz.blackblogs.org/?p=102 Dieses Flugblatt wurde bei der 1. Mai-Demo 2023 in Berlin verteilt.

Die steigenden Lebensmittel- und Energiekosten, die die Lohnabhängigen und Arbeitslosen sowohl weltweit als auch in diesem Land belasten, haben sehr viel mit Imperialismus und dem DGB zu tun.

Der Krieg in der Ukraine und der DGB

Das blutige Gemetzel in der Ukraine, das dort unsere Klassengeschwister mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit bezahlen müssen, ist ein Stellvertreterkrieg zwischen dem russländischen und dem westlichen Imperialismus (NATO und EU). Letztgenannte imperialistische Staatenbündnisse sind ab den 1990er Jahren stark nach Osten expandiert, wodurch sich die Märkte – einschließlich die für Mordwerkzeuge – für das westeuropäische (besonders das deutsche) und US-amerikanische Kapital stark erweiterten. Diese Gebiete wurden auch durch die niedrigen Löhne für westliche Direktinvestitionen interessant.

Durch die Osterweiterung von EU und NATO expandierte der kollektive Westen imperialistisch in Gebiete, die einst das Einflussgebiet der staatskapitalistischen Sowjetunion waren. Der russländische Imperialismus wollte die Ukraine nicht vollständig in die Hände von EU und NATO – die 2013/2014 die prowestliche und sozialreaktionäre Bewegung auf dem Maidan großzügig gesponsert hatten, bis diese schließlich die prorussische Regierung stürzte – gleiten lassen. Deshalb Moskaus Annexion der Krim 2014, die Unterstützung prorussischer „Volksrepubliken“ im Donbass und schließlich der russländische Angriffskrieg gegen die Ukraine ab dem 24. Februar 2022. Selbstverständlich ist der russländische Imperialismus vom Weltproletariat hart zu bekämpfen. Genau wie der deutsche Imperialismus, der als Teil von EU und NATO die Ukraine aufrüstet und einen harten Wirtschaftskrieg gegen Moskau führt, also Teil des Stellvertreterkrieges ist.

Das Weltproletariat bezahlt das Gemetzel in der Ukraine mit dem Leben, der Gesundheit sowie extrem gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten. Doch es muss nicht Opfer bleiben. Es kann perspektivisch zu dem Subjekt werden, dass den Krieg nicht „nur“ in der Ukraine beendet. Durch einen unbefristeten und branchenübergreifenden Massenstreik in allen kriegstreibenden Staaten – Russland, Ukraine, Belarus, in den NATO- und EU-Staaten. Massenstreik nicht nur gegen das militärische Gemetzel, sondern auch den Wirtschaftskrieg, an dem Teile des globalen Kapitals so prächtig verdienen und das Weltproletariat leidet!

Dieser branchenübergreifende und unbefristete Massenstreik erscheint aus zwei Gründen in Deutschland schier unmöglich. Erstens sind in der BRD „politische Streiks“ verboten und zweitens sind Arbeitsniederlegungen nur legal, wenn sie von Gewerkschaften für tarifvertragsfähige Ziele – zum Beispiel höhere Löhne und geringere Arbeitszeiten – geführt werden. Streiks gegen Deutschlands Kriege (Jugoslawien, Afghanistan, jetzt der indirekte Krieg gegen Russland) sind in dieser tollen Demokratie also genauso illegal wie in „Putlers Diktatur“ gegen die Gemetzel, die der Kreml organisiert. (Putler ist ein kreatives Wortspiel aus Hitler und Putin. Ja, die psychologischen KriegsführerInnen dieses Landes sind schon sehr helle Geister.)

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Einzelorganisationen würden auch niemals Streiks gegen den deutschen Imperialismus organisieren. Die bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparate aus hauptamtlichen FunktionärInnen – die sozial nicht zum Proletariat gehören, sondern eine besondere Art von ManagerInnen darstellen – stehen fest auf der Seite des deutschen Staates, des politischen Gewaltapparates des Kapitals. Die DGB-Bonzen unterstützen sowohl die militärische Aufrüstung der Ukraine durch Berlin als auch den Wirtschaftskrieg gegen Russland.

Das staatliche Gewalt- und das gewerkschaftliche Streikmonopol

„Ruhe und Ordnung“ der kapitalistischen Ausbeutung der Lohnarbeit beruhen in der deutschen Demokratie sowohl auf dem staatlichen Gewalt- als auch auf dem gewerkschaftlichen Streikmonopol. Für die imperialistische Konkurrenz mit anderen Staaten beziehungsweise andere ausländische bewaffnete Formationen sind die SoldatInnen zuständig – sowohl als Drohkulisse als auch für das direkte militärische Gemetzel (Afghanistan 2001-2021, Jugoslawien 1999). Im Innern die Bullen, denen auch in Deutschland zuweilen die Knarren recht locker sitzen. Sie sind die offiziellen Hooligans des deutschen Staates. Und sie sind teilweise auch in der DGB-Mitgliedsorganisation Gewerkschaft der Polizei (GdP) organisiert. Eine Bullengewerkschaft passt zum staatstragenden DGB wie die Faust auf das Auge. Der DGB ist der Zivilbulle gegen das Proletariat. Wenn seine Mitgliedsorganisationen die klassenkämpferische Basis ein wenig für das Tarifvertragsgeschäft streiken lassen, um ein bisschen Druck auf die werten „SozialpartnerInnen“ – also die Klassenfeinde Kapital und Staat – auszuüben, passen sie gut auf, dass dabei auch schön die Gesetze eingehalten werden.

Wie schon oben geschrieben, sind Streiks in diesem Land nur legal, wenn Gewerkschaften für tarifvertragsfähige Ziele zu ihnen aufrufen. Der DGB ist der tolle Hecht im deutschen Gewerkschaftsteich. Und seine Mitgliedsorganisationen wie auch die anderen Gewerkschaften gehen mit dem Streikmonopol, dass ihnen der deutsche Staat gibt, auch verdammt verantwortungsvoll um. So sanken ab 2020 die Reallöhne in Deutschland drei Jahre hintereinander. Das armselige Tarifvertrags-Geschacher der Gewerkschaften ist Teil der Elendsverwaltung in diesem Land. Durch die Tarifverträge werden die bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparate zu Co-Managerinnen der kapitalistischen Ausbeutung. Das Sitzen von Gewerkschaftsbonzen in den Aufsichtsräten großer Konzerne macht deren soziale Funktion recht gut deutlich.

Klassenkämpferische Selbstorganisation statt DGB!

Viele Lohnabhängige nutzen in diesem Land die Gewerkschaften als einzige Möglichkeit, um legal für ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse die Arbeit niederzulegen. Doch letztendlich sind sie nur die Manövriermasse der Gewerkschaftsapparate. Drei Jahre Reallohnverlust ab 2020 zeigen deutlich, dass die DGB-Gewerkschaften noch nicht mal den Willen haben und in der Lage sind, die Angriffe des Kapitals und des Staates zurückzuschlagen.

Die Alternative zu den DGB-Gewerkschaften ist die klassenkämpferische Selbstorganisation der Lohnabhängigen. Bereits in längeren Streiks, die noch unter der offiziellen Kontrolle der Gewerkschaften stehen, entwickelt sich oft eine Doppelherrschaft mit Strukturen der proletarischen Selbstorganisation auf der einen und den hauptamtlichen Gewerkschaftsbonzen auf der anderen Seite. Die letzteren neigen oft zu größeren Kompromissen als die klassenkämpferische Gewerkschaftsbasis, die auch tendenziell für radikalere Kampfmaßnahmen eintritt. Während eines Ausstandes zahlen in der BRD die Gewerkschaftsapparate an ihre Mitglieder – und nur an diese – Streikgeld. Mit diesem Streikgeld haben die Gewerkschaftsapparate gegenüber den klassenkämpferischen Belegschaften ein großes Druckmittel in der Hand. Die Apparate sagen den Belegschaften im Konfliktfall mehr oder weniger deutlich: Entweder ihr macht, was wir wollen, oder wir drehen euch den Geldhahn zu.

Zwischen den bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparaten und ihrer klassenkämpferisch-lohnabhängigen Basis entfaltet sich ein Klassengegensatz. Klassenkämpferisch-sozialrevolutionäre Lohnabhängige können in nichtrevolutionären Zeiten Mitglieder von Gewerkschaften sein, aber in ehren- oder gar hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionen haben sie nichts zu suchen. Sie müssen unabhängig von den Apparaten bleiben. Denn die Gewerkschaften sind nicht im klassenkämpferischen und sozialemanzipatorischen Sinne reformierbar. Auch der individuelle Austritt aus den Gewerkschaften bringt nichts. Die Alternative zu den Gewerkschaften entwickelt sich potenziell und tendenziell im Klassenkampf: die Selbstorganisation der Lohnabhängigen

In gewerkschaftsunabhängigen, wilden Streiks entwickelt sich die klassenkämpferische Selbstorganisation der Lohnabhängigen auf einem hohen Niveau. Sind die Arbeitsniederlegungen relativ kurz und nur kleine Belegschaften deren vorwärtstreibende Subjekte, reicht oft die informelle Form der klassenkämpferischen Selbstorganisation. Sind jedoch mehrere Belegschaften – oder gar perspektivisch mehrere Branchen – wild im Ausstand und/oder dauert dieser länger, dann sind offizielle Organe der klassenkämpferischen Selbstorganisation, gewerkschaftsunabhängige Streikkomitees, notwendig. Diese müssen dann auch Solidaritätsgelder für die Streikenden organisieren.

Es besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass sich im Wechselspiel mit der extremen kapitalistischen Krisendynamik der Klassenkampf irgendwann zur sozialen Revolution radikalisiert. In letzterer ist die revolutionäre Klassenkampforganisation des Proletariats notwendig. Diese wird wahrscheinlich sowohl in der informellen Aktion der Klasse als auch in offiziellen Organen zum Ausdruck kommen. Die revolutionäre Klassenkampforganisation muss die Lohnarbeit als Ausdruck des Elends und des Leidens der ArbeiterInnen aufheben. Die Aufhebung der Lohnarbeit ist nur bei Überwindung der Warenproduktion und der antipolitischen Zerschlagung des Staates möglich. Da die DGB-Gewerkschaften tief in den Staat integriert sind – der deutsche Staat gibt den Gewerkschaften das Streikmonopol –, müssen deren Apparate ebenfalls zerschlagen werden. Die mögliche Weltrevolution ist erst zu Ende, wenn global alle kapitalistischen Staaten zerschlagen sind. Dies wird die mögliche Geburt einer klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft sein.

Vielleicht entfaltet sich irgendwann eine siegreiche Weltrevolution, vielleicht auch nicht. Nur eines ist gewiss: Auf dem möglichen Friedhof des Kapitalismus wird sich auch das Grab für den DGB befinden! Und falls der Kapitalismus uns alle durch einen atomaren Overkill oder durch eine finale ökologische Krise umbringt, dann werden auch die DGB-Bonzen zu unseren Mördern gehören, so wie sie jetzt schon den Stellvertreterkrieg in der Ukraine mit organisieren.

Es lebe die Möglichkeit der klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft!

]]>
Plattform: Die Möglichkeit der Weltrevolution https://astendenz.blackblogs.org/2023/01/12/platform-die-moeglichkeit-der-weltrevolution/ Thu, 12 Jan 2023 02:33:39 +0000 http://astendenz.blackblogs.org/?p=62 Die AST hat ihre theoretische Plattform zur geistigen Orientierung für antipolitische SozialrevolutionärInnen veröffentlicht. Sie ist hier käuflich erhältlich (1. Teil und 2. Teil). Wir werden sie auch nach und nach auf dieser Homepage veröffentlichen.

Einleitung

Mit der Veröffentlichung unserer Plattform möchten wir, die Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST), einen geistigen Impuls zur Radikalisierung des Klassenkampfes leisten. Wir sind uns natürlich bewusst, dass der Hauptimpuls zur Radikalisierung des bewussten Seins des Proletariats dessen eigene Klassenkampfpraxis ist. Auch wissen wir, dass die Wirkung einer Schrift wie Die Möglichkeit der Weltrevolution in nichtrevolutionären Zeiten nur gering sein kann. Aber gerade in solchen reaktionären Zeiten ist revolutionäre Theorie so wichtig – als Ausblick auf ein mögliches zukünftiges bewusstes Sein der Revolution und einer klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft.

Im 1. Teil unserer Plattform analysieren und kritisieren wir den Kapitalismus in seiner geschichtlichen Entstehung und Bewegung. Wir beleuchten die Entstehung der Politik als staatsförmige Organisation der Klassengesellschaft – und dass es in ihrem Rahmen für das Proletariat keine soziale Befreiung von kapitalistischer Ausbeutung und staatlicher Elendsverwaltung geben kann. Auch nicht isoliert im Rahmen der Nation. Nur antipolitisches und antinationales Bewusstsein ist auch wirklich antikapitalistisch.

Der Klassenkampf hat eine enorme Bedeutung für die Radikalisierung des Proletariats, aber solange er reproduktiv im Rahmen des Kapitalismus geführt wird, hat er auch relativ sozialkonservative Tendenzen. Impulse zu einer sozialreformistischen Modernisierung der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft werden in ihm auch freigesetzt. Aber er hat selbstverständlich auch revolutionäre Tendenzen. ProletarierInnen setzen heimlich oder offen ihren eigenen Kopf, ihre materiellen Interessen und psychischen/mentalen Bedürfnisse gegen ihre ChefInnen und die krankmachende Kapitalvermehrung durch. Sie organisieren sich klassenkämpferisch selbst – gegen Kapital, Staat sowie die bürgerlich-bürokratischen Partei- und Gewerkschaftsapparate der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung. Letztere ist heute größtenteils mehr oder weniger in den Kapitalismus integriert und als Wächterin der reproduktiven Grenzen des Klassenkampfes aktiv. Sozialreformistisch und antirevolutionär. Dies kritisieren wir mit aller notwendigen Schärfe und Härte.

Im 2. Teil unserer Plattform analysieren wir dazu die mögliche sozialrevolutionäre Alternative. Wir verfolgen den langen Entwicklungsprozess des antipolitischen und antinationalen Kommunismus als geistig-ethischen Ausdruck des bewussten Kampfes gegen die nationalkapitalistische Politik. Dabei würdigen wir sowohl die revolutionären Tendenzen von Marxismus und Anarchismus, kritisieren aber auch deren weitverbreitete prokapitalistische Praxis. Heute ist ein nachmarxistischer und nachanarchistischer Kommunismus notwendig! Wir beschreiben die Vorgeschichte der AST als einer Strömung dieser Notwendigkeit.

Unsere Plattform gibt Impulse für die heutige Organisation von SozialrevolutionärInnen. Wir stellen den Widerspruch eines revolutionären Bewusstseins eines objektiv nichtrevolutionären Seins im „normalen“ Kapitalismus dar. Dieser Widerspruch kann progressiv nur durch das bewusste Sein der Revolution gelöst werden. Wir skizzieren diese mögliche zukünftige Weltrevolution als Geburtsprozess einer globalen, klassen- und staatenlosen Gesellschaft.

]]>