gründung – Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz https://astendenz.blackblogs.org Es lebe die Möglichkeit der klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft! Mon, 22 May 2023 22:35:01 +0000 de-CH hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 7. Politische Formen der kapitalistischen Herrschaft https://astendenz.blackblogs.org/2023/05/22/7-politische-formen-der-kapitalistischen-herrschaft/ Mon, 22 May 2023 22:15:46 +0000 http://astendenz.blackblogs.org/?p=111 Damit die industriekapitalistische Warenproduktion zur herrschenden Produktionsweise werden kann, muss sie sich auch die Politik und ihr wichtigstes Organ, den Staat, unterwerfen, diesen zum Gewaltapparat der permanenten Kapitalvermehrung machen. Wir haben im Kapitel I.2 dargestellt, wie sich Ansätze einer kapitalistischen Warenproduktion bereits in der antiken (Griechenland und Römisches Reich) und in der ostafrikanischen Sklaverei sowie im eurasischen Feudalismus herausentwickelt hatten. Aus der antiken Sklaverei hat sich nicht der heutige Industriekapitalismus entwickelt, sie ging vorher unter beziehungsweise transformierte sich in den europäischen Feudalismus. Dieser und jener in Asien gebar schließlich die industriekapitalistische Warenproduktion. In Europa wurde der Industriekapitalismus zuerst zur auch politisch herrschenden Produktionsweise. Dagegen wurde in großen Teilen Asiens, in Afrika, Amerika und Australien entweder die ersten Grundlagen für die industriekapitalistische Produktionsweise durch den „weißen“ Imperialismus geschaffen (Teile Asiens, Afrika) oder sie setzten sich durch ihn voll durch (Amerika und Australien). Hier wurde der Industriekapitalismus durch den Prozess von Kolonialisierung und nationaler „Befreiung“ politisch durchgesetzt, womit wir uns im Kapitel I.12 auseinandersetzen werden.

In diesem Kapitel geht es uns darum, aufzuzeigen, wie die industriekapitalistische Warenproduktion sich eigenständig von innen in Westeuropa, Russland/Sowjetunion, in den arabischen Golfmonarchien und in Japan zur auch politisch herrschenden entwickelte.

Während der europäischen Übergangsperiode vom Feudalismus zum Industriekapitalismus (11. Jahrhundert bis ca. 1780) bildeten sich zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert in den Städten die faktische politische Herrschaft des Handelskapitals und in Oberitalien Stadtstaaten heraus. Die handelskapitalistisch beherrschten Städte waren als Keimformen bürgerlicher Politik Inseln im feudalen Meer. Die faktisch vom Handelskapital ökonomisch und politisch beherrschten Städte waren – bis auf die oberitalienischen – Teil von ständischen Monarchien. Auf dem Lande herrschten feudale Produktionsverhältnisse. Schauen wir uns die Herausbildung der sozialökonomischen und politischen Herrschaft des Handelskapitals in den europäischen Städten genauer an.

Seit dem 9. Jahrhundert entwickelten sich im europäischen Feudalismus neue Städte als Gewerbe- und Handelsniederlassungen heraus. Diese waren zunächst noch an Feudalburgen angelehnt. Dieses vorkommunale Stadium der städtischen Entwicklung wurde durch die Trennung des Handwerks von der Agrarproduktion und die Intensivierung des Fernhandels im 11. Jahrhundert überwunden. Zwischen dem 11. und dem 13. Jahrhundert bildeten sich viele neue Städte heraus. In diesen entwickelten sich die kleinbürgerlich-handwerkliche Warenproduktion und der Fernhandel.

Handel und Handwerk verwalteten sich in Form der Gilden und Zünfte selbst. Die Handwerksmeister beuteten bereits die Lohnarbeit von Gesellen und Tagelöhner embryonal-kapitalistisch aus. Allerdings war der Mehrwert zu gering, als dass die Meister ausschließlich von ihm leben konnten, weshalb sie im Unterschied zu KapitalistInnen auch noch unmittelbar selbst körperlich arbeiten mussten. Die Gesellen standen sozialökonomisch und -psychologisch zwischen KleinbürgerInnentum und Proletariat. Einerseits wurden sie bereits von ihren Meistern embryonal-kapitalistisch ausgebeutet, andererseits konnten sie selbst Meister werden. Sie führten auch in Form von Streiks einen Klassenkampf gegen ihre Meister. Aus diesem Klassenkampf entwickelte sich im 14. Jahrhundert die Gesellenbewegung heraus.

Die politische Emanzipation der Städte von den weltlichen und geistigen Feudalherren, die die Städte beherrschten, vollzog sich im Rahmen der Kommunebewegung, die sich ab der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts im deutschen Reich entfaltete. Zum Beispiel entwickelte sie sich 1073 in Worms und 1074 in Köln. Die Kommunebewegung dauerte bis zum Beginn des 14. Jahrhunderts an. Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts verband sie sich mit der Bürgeropposition gegen die patrizische Ratsverfassung, mit der wir uns weiter unten in diesem Kapitel beschäftigen wollen. Die Ziele der Kommunebewegung waren die soziale Emanzipation der StadtbewohnerInnen von den feudalen Bindungen an den Stadtherren, die Sicherung der freien Entfaltung von Handel und kleinbürgerlich-handwerklicher Warenproduktion, die Aufhebung feudaler Vorrechte wie zum Beispiel die der Burgen in der Stadt sowie die Herausbildung städtebürgerlicher Gerichts- und Verwaltungsorgane. Durch diese soziale Bewegung bildeten sich in unterschiedlichen Grad die von Feudalherren freien Städtegemeinden (Kommunen) heraus.

Die Kommunebewegung war klassengespalten in eine aus Kaufleuten und Ministeralen bestehende Oberschicht und kleinbürgerlich-proletarische Unterschicht (Handwerksmeister und Gesellen). Besonders in den älteren Bischofsstädten war die Kommunebewegung militant. Dagegen nahm sie in den jüngeren Städten – vor allem in den mittleren und kleinen – eine friedlichere Verlaufsform an, bei der die ehemals stadtherrlichen Rechte, Befugnisse und Ämter durch Kauf- und Pfandgeschäfte oder durch Übereinkünfte errungen werden mussten. Durch diese friedlichere Form der Bewegung konnten die Feudalherren diese Städte stärker unter ihrer Kontrolle behalten. Die organisatorische Form der Kommunebewegung war der Zusammenschluss der StadtbewohnerInnen zu Schwurgemeinschaften oder Eidgenossenschaften. Die Kommunebewegung verwirklichte bürgerliche Marktfreiheit und städtebürgerliche politische Freiheit, indem sie für einen Teil der StadtbewohnerInnen feudale Abhängigkeiten wie Leibeigenschaft und Hörigkeit aufhob. Als sozialrevolutionär ist sie dennoch nicht zu bezeichnen, weil sie nur die Keime für eine zukünftige kapitalistische Ausbeutung und die politische Herrschaft der Großkaufleute in den Städten freilegte.

Die Klassenspaltung der Kommunebewegung zwischen patrizischen Kaufleuten, welche politisch die Städte beherrschten und nichtpatrizischen Kaufleuten – die sozialökonomisch erstarkt waren, aber nach wie vor von der politischen Herrschaft ausgeschlossen waren –, Handwerksmeistern sowie Gesellen und Tagelöhnern, führte zu sozialen und politischen Kämpfen innerhalb der Stadtbevölkerung. Gegen die politische Alleinherrschaft der patrizischen Kaufleute entfaltete sich ab der zweiten Hälfte des 13 Jahrhunderts die Bürgeropposition, die zum größten Teil aus kleinbürgerlichen Zunfthandwerkern bestand. Die Bürgeropposition forderte die Beteiligung an der politischen Macht. Sie wurde manchmal von vorindustrieproletarischen Schichten unterstützt und fand ihre soziale Basis in den Zünften und Gilden. Die Bürgeropposition entstand oft aus dem Widerstand gegen zusätzliche Steuerforderungen der stätischen Regierung, des Rats, oder gegen dessen Verwaltung der Finanzen. So entfaltete sich zum Beispiel eine Bürgeropposition in Köln (1258-1261) und in Lübeck (1408-1416). In einigen Städten konnte die Bürgeropposition wenigstens zeitweise die politische Machtbeteiligung durchsetzen. Dagegen konnten die patrizischen Großkaufleute in Hamburg, Lübeck, Stralsund, Rostock, Regensburg, Nürnberg und in Frankfurt am Main ihre politische Alleinherrschaft behaupten. Hatte dagegen die Bürgeropposition Erfolg, dann bildete sich aus deren führenden Kräften und den patrizischen Kaufleuten eine neue städtische Oberschicht.

Die relative städtische Selbstverwaltung, durch die das Handelskapital politische Macht ausübte, war mit der feudalen Staatsform der ständischen Monarchie vereinbar, aber nicht wirklich mit der Staatsform des Absolutismus. So wurde unter dieser Staatsform die städtische Selbstverwaltung wieder eingeschränkt. Im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation beseitigten die sich herausbildenden absolutistischen Kleinstaaten im 17. und 18. Jahrhundert die Selbstverwaltung der Städte.

In Oberitalien entwickelten sich zwischen dem 13. und dem 16. Jahrhundert republikanische Stadtstaaten heraus, die politisch von der Handelsbourgeoisie und von Großhandwerkern beherrscht wurden. Unter diesen handelskapitalistischen Stadtstaaten in Oberitalien waren Genua, Florenz und Venedig die mächtigsten. Im 16. Jahrhundert verloren jedoch die oberitalienischen Stadtrepubliken wieder ihre ökonomische und politische Bedeutung. Zum einen wurden die Handelswege dieser Stadtstaaten durch die osmanische Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 stark behindert, zum anderen wurde die Öffnung neuer Handelsrouten sowie die europäische Entdeckung, Eroberung und Ausplünderung Amerikas – die eine gewaltige sozialreaktionäre Triebkraft zur Entwicklung des Kapitalismus wurde – durch den portugiesischen und den spanischen Territorialstaat vorangetrieben, die über ungleich stärkere Machtressourcen als die oberitalienischen Seerepubliken verfügten.

Neben den vom Handelskapital politisch beherrschten Städten entwickelten sich in Europa absolutistische Monarchien als Staatsformen des Überganges vom Feudalismus zum Industriekapitalismus heraus. Absolute (unbeschränkte) Monarchien lösten die ständischen ab. Dies geschah indem die MonarchInnen ständische oder andere Interessenvertretungen entmachteten – teilweise nach heftigen sozialen Kämpfen –, um alle politisch-staatliche Macht in ihrer Hand zu zentralisieren. Der Staatsapparat wurde ungeheuer ausgebaut und gefestigt. Mit seiner enormen politischen Zentralisation stellte der Absolutismus ein Vorläufer des bürgerlichen Nationalstaates dar. Er bildete sich im 15. und 16. Jahrhundert in Europa heraus und erfuhr im 17. und 18. Jahrhundert seinen Höhepunkt. Mächtige absolutistische Staaten bildeten sich in Spanien, England und Frankreich heraus. Die politische Zentralisation dieser Länder war auch notwendig dafür, dass diese Amerika kolonialisieren konnten. Im europäischen Absolutismus vermehrten sich auch erfolgreich das Handels-, Bank- und Manufakturkapital. Die politische Zentralisation begünstigte die Kapitalvermehrung in Form von einheitlichen Währungen und Zöllen. Im deutschen Sprachraum – einschließlich von Österreich – entwickelte sich der Absolutismus in Form von Kleinstaaten.

Doch der europäische Absolutismus war noch nicht der verwirklichte bürgerliche Nationalstaat als politischer Gewaltapparat der Kapitalvermehrung. Der absolute Machtanspruch der MonarchInnen musste von der Bourgeoisie gebrochen werden, um auch zur politisch herrschenden Klasse zu werden. In England und Frankreich wurde der Absolutismus im 17. und 18. Jahrhundert durch die politische Machteroberung der Bourgeoisie überwunden (siehe Kapitel I.8).

In den deutschen Kleinstaaten war die Bourgeoisie sozial und politisch zu schwach, um den Absolutismus durch den Prozess aus antifeudaler Revolution und bürgerlicher Konterrevolution loszuwerden. Hier verbanden sich die vielen Kleinstaaten durch den preußischen Imperialismus 1871 in Form des Kaiserreiches – eine konstitutionelle Monarchie – zum deutschen Nationalstaat. Der beruhte auf einen Klassenkompromiss aus sich verbürgerlichenden GroßgrundbesitzerInnen und KapitalistInnen. Dieser Kompromiss war für GroßgrundbesitzerInnen und KapitalistInnen gleichermaßen notwendig. Um in der zwischenstaatlichen Konkurrenz mithalten zu können, mussten sich die deutschen Kleinstaaten zur Nation vereinen und diese musste zur politischen Form der Industrialisierung werden. Im Industriezeitalter können nur Industriestaaten die globalen Konkurrenzkämpfe einigermaßen erfolgreich führen. Die Industrialisierung wurde zur ökonomischen Notwendigkeit der Politik und die Herausbildung bürgerlicher Nationalstaaten zur politischen Voraussetzung der Industrialisierung.

Im arabischen Raum gibt es bis heute absolute Monarchien (Katar, Saudi-Arabien…), diese sind aber im Zeitalter des Weltkapitalismus keine Staatsformen des Überganges vom Feudalismus zum Industriekapitalismus mehr – so wie früher der europäische Absolutismus –, sondern ganz klar politische Gewaltapparate der herrschenden Kapitalvermehrung. In den absoluten Golfmonarchien wurde die Ölförderung zur Triebkraft der nationalkapitalistischen Entwicklung. Das Privatkapital und Staatsfonds (zum Beispiel der von Katar) der Golfmonarchien investiert den Mehrwert stark in westeuropäische und nordamerikanische Kapitalgesellschaften.

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Die vom Handelskapital politisch beherrschten Städte gab es weder in Russland noch im asiatischen Feudalismus. Sie war eine Spezialität der europäischen Entwicklung zum Kapitalismus. Zwar entwickelten sich in China und in Arabien/Nordafrika schon eher kapitalistische Tendenzen als im europäischen Feudalismus – aber sie konnten sich dort nicht politisch zum ersten Mal vollständig durchsetzen.

Im arabischen Großreich, welches unter den Omajjaden und Abbasiden vom späten 7. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts bestand und das westliche Asien, Nordafrika und die iberische Halbinsel umfasste, entwickelten sich der Handelskapitalismus und die Ansätze einer kapitalistischen Warenproduktion zuerst sehr dynamisch. Jedoch konnte das arabische Handelskapital nicht die politische Macht erobern. Jürgen Kocka schrieb über das Dilemma der arabischen Bourgeoisie: „In den beiden letzten Jahrhunderten des ersten Jahrtausends entstand in einigen Teilen Arabiens ansatzweise eine kaufmannskapitalistische Bourgeoisie, deutlicher als irgendwo sonst auf der damaligen Welt. Doch an der von traditionellen Eliten, adligen Großgrundbesitzern und militärischen Führern ausgeübten politischen Macht nahmen die Kaufmannskapitalisten keinen Anteil. Die zeitweise und in Ansätzen entstehende Bourgeoisie herrschte nicht. Die arabischen Kaufleute blieben vom Staat weiter entfernt als die (…) europäischen.“ (Jürgen Kocka, Geschichte des Kapitalismus, Verlag C.H.Beck, München 2013, S. 31.)

Auch in Japan entwickelte sich zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert der vorindustrielle Kapitalismus innerhalb des Feudalismus. Es bildeten sich Zünfte, der Fernhandel, freie Städte und Kaufmannsgenossenschaften heraus – doch diese Entwicklung wurde im 17. Jahrhundert durch den japanischen Feudalstaat gestoppt. Ab dem Jahre 1638 schloss die Zentralgewalt Japan für über zwei Jahrhunderte von der Außenwelt ab. Dem japanischen Kapital gelang es im 17. Jahrhundert nicht die politische Macht zu erobern. Der noch nicht bürgerliche Staat ließ dann die kapitalistische Entwicklung Japans durch eine Abschottungspolitik stagnieren.

Nachdem 1853/54 US-Kriegsschiffe die „Öffnung“ des japanischen Marktes für US-amerikanisches Kapital erzwangen, organisierte Tokio die Industrialisierung des Landes. Diese vollzog sich unter der Staatsform einer konstitutionellen Monarchie. Das Japanische Kaiserreich bestand von 1889 bis 1946. Bei dieser schleichenden Transformation von der feudalen zur bürgerlichen Staatlichkeit ließ На промышленной основе sich Japan stark vom Deutschen Kaiserreich inspirieren. Auf industrieller Basis entwickelte sich der japanische Imperialismus. Dieser führte 1894/95 einen siegreichen Krieg gegen China, bei dem er sich Formosa (Taiwan) aneignen konnte. Auch der Krieg gegen Russland im Jahre 1904 endete für Japan siegreich. Russland musste nach seiner Niederlage die Mandschurei räumen und Süd-Sachalin an Japan abtreten. Im Jahre 1910 annektierte der japanische Imperialismus auch Korea. Doch der japanische Kapitalismus war ein Spätentwickler. Die Welt war schon imperialistisch aufgeteilt. Also versuchte der japanische Imperialismus im Zweiten Weltkrieg im Bündnis mit dem deutschen und italienischen Faschismus die Welt neu aufzuteilen – was jedoch bekanntlich misslang.

Im eurasischen Russland war dagegen der Zarismus als eine Mischform aus einer europäischen absoluten Monarchie und einer asiatischen Despotie das politische Herrschaftssystem, unter dem sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Beginn der kapitalistischen Industrialisierung vollzog. Und zwar gleich in der Form der Großindustrie. Diese industriellen Großbetriebe, die oft vom Auslandskapital betrieben wurden, blieben jedoch Inseln im agrarischen Meer. Die russische Bourgeoisie blieb im Zarismus sozialökonomisch und politisch gegenüber den agrarischen Großgrundbesitzern und der staatlichen Beamtenbürokratie sehr schwach. Doch es entwickelte sich in Russland ein zwar zahlenmäßig sehr schwaches und sich noch nicht völlig von den BäuerInnnen abgesondertes, aber sehr klassenkämpferisches Industrieproletariat. Als deren bürgerlich-bürokratischer und politideologisch entfremdeter Ausdruck entwickelte sich auch in Russland die Sozialdemokratie (siehe Kapitel II.6). Und zwar in Form eines reformistischen Flügels (Menschewiki) und eines kleinbürgerlich-radikalen (Bolschewiki).

Der Zarismus bestand die harte Prüfung des imperialistischen Ersten Weltkrieges nicht und geriet in eine Todeskrise. Die Russische Revolution, mit der wir uns anderer Stelle – siehe die Kapitel II.7 und V.2 – beschäftigen, stürzte nicht nur den russischen Zaren und brachte eine bürgerlich-demokratische Republik als Zwischenspiel hervor, sondern endete schließlich konterrevolutionär in der bolschewistisch-„kommunistischen“ Parteidiktatur als politischer Überbau eines Staatskapitalismus (siehe Kapitel I.9). Durch diesen entwickelte sich die Sowjetunion zu einer Industrienation.

Nach dem Zweiten imperialistischen Weltkrieg entstanden durch eigenständige politische Machteroberung und die Expansion des sowjetischen Imperialismus weitere marxistisch-leninistische Parteidiktaturen. Diese verdeutlichten zwei Tatsachen. Erstens, dass der totale Staatskapitalismus mit parlamentarischer Demokratie unvereinbar ist. Die Staatsbourgeoisie verfügt über die verstaatlichten Produktionsmittel, weil sie den Staat regiert. Als herrschende Klasse kann sie keine freien Wahlen erlauben, weil dies das Risiko einer Abwahl einschließt. Keine herrschende Klasse kann und will sich einfach abwählen lassen, dann wäre sie keine herrschende Klasse mehr. Die PrivatkapitalistInnen in den Demokratien lassen sich auch nicht von ihrer Belegschaft wählen und abwählen. Wähl- und abwählbar ist in pluralistisch-demokratischen Mehrparteiendiktaturen das regierende Personal der Bourgeoisie. Die marxistisch-leninistische Staatsbourgeoisie regierte selbst und konnte sich deshalb nicht einfach abwählen lassen. Als sie während der Todeskrise des sowjetisch-osteuropäischen Staatskapitalismus sich dennoch abwählen lassen musste, war dies für sie gleichbedeutend mit ihrer Transformation in eine „normale“ Bourgeoisie auf der Grundlage des Privateigentums. Viele heutige BerufspolitikerInnen, PrivatkapitalistInnen und WirtschaftsmanagerInnen in Russland und Osteuropa hatten ihre Karriere innerhalb der alten Staatsbourgeoisie begonnen. Zweitens war und ist die marxistisch-leninistische Parteidiktatur durchaus mit der Transformation zum Privatkapitalismus vereinbar, wie China, Vietnam und Kuba beweisen.

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Zur vorherrschenden Staatsform des entwickelten Privatkapitalismus entwickelte sich die Demokratie. Demokratie heißt Volksherrschaft. Das „Volk“ ist eine ideologische Abstraktion und besteht in der kapitalistischen Wirklichkeit aus sich bekämpfenden Klassen und untereinander konkurrierenden Marktsubjekten. Klassen- und Konkurrenzkämpfe verhindern, dass sich das „Volk“ solidarisch selbst regieren kann. In der demokratischen Wirklichkeit herrscht dann auch ein politischer Gewaltapparat. Dieser ist ideologisch dem „Volk“ verpflichtet und in der Realität das Machtorgan der herrschenden Bourgeoisie. Die moderne Demokratie ist eine politische Form der sozialen Diktatur des Kapitals. Für kleinbürgerliche DemokratInnen ist jedoch die „wirkliche Demokratie“ etwas anderes als sie in Wirklichkeit ist, nämlich eine sozialreaktionäre Herrschaftsform der Bourgeoisie. Sie spielen die ideologische „Volksherrschaft“ gegen die wirkliche Demokratie als Bourgeoisie-Herrschaft aus. Kleinbürgerliche DemokratInnen wollen die ideologische „Volksherrschaft“ verwirklichen. Doch das ist unmöglich. Das „Volk“ kann als ein ideologisches Konstrukt nicht herrschen und Subjekt eines Staates sein. Und eine klassen- und staatenlose Gesellschaft beruht auf einer herrschaftsfreien Selbstorganisation freier ProduzentInnen. Den möglichen Kommunismus als „Volksherrschaft“ zu bezeichnen, heißt, ihn in den Dreck der bürgerlichen Ideologieproduktion zu ziehen. Der antipolitische Kommunismus bekämpft die wirkliche Demokratie genauso konsequent wie alle anderen Staatsformen.

Moderne Demokratien können konstitutionelle Monarchien (zum Beispiel Großbritannien) oder Republiken sein. Die Republiken können wir noch in Präsidial- und parlamentarische Republiken unterteilen. Stabile Demokratien sind pluralistische Mehrparteiendiktaturen. Die politischen Parteien konkurrieren in Form der freien Wahlen um die Beherrschung der Staatsapparate. Politische Parteien sind bürgerlich-bürokratische Herrschaftsapparate aus BerufspolitikerInnen und -ideologInnen, die über die herrschaftslose kleinbürgerlich-proletarische Basis aus Mitgliedern und WählerInnen als Manövriermasse verfügen können. Politische Parteien wollen in einer Demokratie im Prinzip alle nur das eine: den Staatsladen regieren und sich vom Wahlvolk dazu ermächtigen lassen. Damit sie gewählt werden, müssen sie sich dann doch nach außen irgendwie unterscheiden. Demokratische Parteien liefern sich und dem zuschauenden Publikum eine Show mit dem Namen Wahlkampf. In dieser werfen sie sich gegenseitig vor, den Staatsladen unsachgemäß zu managen.

In freien Wahlen steht alles Wichtige schon vorher fest: Die Herrschaft des Tauschwertes über den Gebrauchswert, die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit und die Herrschaft der BerufspolitikerInnen über die gesamtgesellschaftliche Organisation. Ist die Demokratie stabil, können die ProletarierInnen links, mittig, rechts, ungültig oder gar nicht wählen, sie werden immer die pluralistisch-demokratische Mehrparteiendiktatur als politischen Überbau der Kapitalvermehrung bekommen. In stabilen Demokratien fälschen in der Regel die regierenden Parteien nicht die Wahlen und die unterlegenen erkennen ihre Niederlage an. Zu stabilen Demokratien gehört eine gewisse Fettschicht der Kapitalvermehrung und eine Disziplin der untereinander konkurrierenden politischen Parteien. Die Abwählbarkeit von Regierungen gewährleistet in stabilen Demokratien die reibungslose Reproduktion des Staates. Systemloyal-demokratische Oppositionsparteien kritisieren Regierungen, aber nicht den Staat, den sie in der Zukunft selbst regieren wollen. Demokratische Oppositionsparteien sind in der Regel Regierungsparteien im Wartestand. Auch parlamentarische OppositionspolitikerInnen leben in Form von Parlamentsdiäten vom staatlich angeeigneten Mehrwert.

Außer dem Politzirkus der freien Wahlen hat die Demokratie für ihr „Volk“ noch allerhand Narrenfreiheit zu bieten, was einen gewissen Spielraum für die kleinbürgerliche Protestpolitik bietet, aber dessen Rahmen das klassenkämpferische Proletariat zerschlagen muss, um sich von Ausbeutung und Unterdrückung befreien zu können. Pressefreiheit ist im Wesentlichen die Freiheit der kapitalistischen und kleinbürgerlichen EigentümerInnen der Medien ihre Meinung dem eigentumslosen Proletariat zu verkaufen. Medienfreiheit ist eine Unterabteilung der kapitalistischen Handelsfreiheit. Kleinbürgerliche Radikale und klassenkämpferische ProletarierInnen haben außerdem noch das Recht sich friedlich zu versammeln und unter Auflagen auch gegen den Staat zu demonstrieren. Darüber das die Versammlungen und Proteste friedlich bleiben, wacht der hochgerüstete politische Gewaltapparat. Kleinbürgerliche Protestpolitik fordert „politische Freiheiten“ vom Staat, also eine größere Spielwiese im Rahmen des Kapitalismus, während der antipolitische Kommunismus für eine politikfreie, klassen- und staatenlose Gesellschaft kämpft.

In nicht stabilen beziehungsweise nur formalen Demokratien akzeptieren Regierungsparteien ihre Abwahl nicht so ohne weiteres. Sie wollen nicht auf die legitimierende Funktion von Wahlen verzichten, aber sich auch nicht einfach abwählen lassen. Die Folgen sind eine nicht wirklich freie politische Konkurrenz zwischen den Parteien und gefälschte Wahlen. So zu beobachten im August 2020 in Belarus. Oder die Wahlverlierer akzeptieren nicht ihre Niederlage und mobilisieren ihren Anhang gegen die Sieger. Wie der Verlierer der US-Präsidentschaftswahlen von 2020, Donald Trump, der seine Niederlage nicht akzeptierte und seine Anhänger am 6. Januar 2021 gegen das Kapitol mobilisierte. Okay, das war jetzt noch nicht wirklich ein putschistischer Kampf um die politische Macht, aber „normalen“ demokratischen Gepflogenheiten entsprach es auch nicht. Die Ereignisse waren ein Ausdruck der politischen Krise der US-Demokratie.

Wenn sich innerhalb der herrschenden Klasse beziehungsweise des Politpersonals eines Staates schwere Konflikte entwickeln, die sich nicht durch die Herrschaftstechnik von Wahlkämpfen lösen lassen, dann kann dies auch in parlamentarischen Demokratien zu BürgerInnenkriegen führen. Ein Beispiel dafür war der US-amerikanische BürgerInnenkrieg (1861-1865) zwischen der Industriebourgeoisie der Nordstaaten, die von der Ausbeutung der doppelt freien Lohnarbeit lebte, und den AgrarkapitalistInnen der Südstaaten, die sich von afroamerikanischen SklavInnen Mehrwert produzieren ließen. Der US-amerikanische BürgerInnenkrieg war von beiden Seiten ein kapitalistisch-sozialreaktionäres Gemetzel. Der Sieg der Nordstaaten reproduzierte folgerichtig nicht nur die industriekapitalistische Ausbeutung der Lohnabhängigen, sondern ebenfalls den Rassismus gegenüber den AfroamerikanerInnen auch ohne deren direkte Versklavung. Da die Aufhebung der Sklaverei in den USA in diesem sozialreaktionären Zusammenhang erfolgte, war sie auch nicht emanzipatorisch.

In einer Demokratie ist das Militär einer zivilen Regierung untergeordnet. Ein Militärputsch stellt den Sturz einer zivilen Regierung dar. Regiert die Armee nach einem erfolgreichen Putsch, dann existiert eine Militärdiktatur. Der antipolitische Kommunismus bekämpft Militärputsche und -diktaturen – aber verteidigt niemals die Demokratie. Proletarische RevolutionärInnen nehmen am Klassenkampf gegen Militärputsche und -diktaturen teil, treten aber den prodemokratischen Illusionen innerhalb der Klasse entgegen. In einem BürgerInnenkrieg zwischen einer Demokratie und putschenden Militärs bekämpfen proletarische und intellektuelle SozialrevolutionärInnen konsequent immer beide Seiten.

Zum Beispiel im spanischen BürgerInnenkrieg (1936-1939). In Spanien regierte ab Januar 1936 eine prokapitalistisch-demokratische, antifaschistische Volksfrontregierung aus den Organisationen der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung – eine sozialdemokratische, eine moskauhörig-stalinistische und die linkssozialistische Partei POUM, sowie der anarchosyndikalistischen Gewerkschaft CNT (die beiden letztgenannten Kräfte traten dem sozialreaktionären Volksfront-Regime erst nach dem Militärputsch bei) – und der liberaldemokratischen Mitte. Dieses prokapitalistische und demokratisch-antifaschistisch-sozialreaktionäre Volksfrontregime geriet sowohl mit dem klassenkämpferischen Proletariat als auch mit der antidemokratischen Fraktion der spanischen Bourgeoisie aneinander. Letztere unterstützte den Militärputsch vom 17. Juli 1936. Gegen den Militärputsch entwickelte sich der reproduktive Klassenkampf des Proletariats, der durch starke prodemokratische Illusionen geprägt war. Eine sozialrevolutionäre Strömung, die es damals in Spanien nicht gab, hätte sich am Klassenkampf gegen den Militärputsch beteiligen und zugleich die prodemokratischen Illusionen und das Volksfront-Regime bekämpfen müssen. Sie hätte auf einen revolutionären Sturz des Volksfront-Regimes und auf einen revolutionären Klassenkrieg gegen das putschende Militär orientieren müssen.

Die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung – StalinistInnen, SozialdemokratInnen, aber auch POUM und die anarchosyndikalistische CNT – überführte jedoch den reproduktiven Klassenkampf des Proletariats in einen innerkapitalistisch-sozialreaktionären BürgerInnenkrieg zwischen dem demokratischen Volksfront-Regime und den putschenden Militärs, zu deren führenden Gestalt sich immer stärker General Franco entwickelte. Dieser BürgerInnenkrieg wurde auch schnell internationalisiert. Während der italienische und deutsche Faschismus das putschende Militär unterstützten, Frankreich und Großbritannien offiziell „neutral“ blieben, was Franco begünstigte, griff der sowjetische Staatskapitalismus militärisch auf Seiten des Volksfrontregimes ein. Der sowjetische Imperialismus strebte damals ein Bündnis mit Frankreich und Großbritannien an, weshalb Moskau auch den demokratischen Privatkapitalismus in Spanien verteidigte. Die sowjetische Geheimpolizei ging in Spanien mit Folter und Mord gegen das klassenkämpferische Proletariat, den Trotzkismus und gegen den linken Flügel des Volksfront-Regimes, CNT und POUM, vor. CNT und POUM waren aber nichts anderes als das linke Feigenblatt des Volksfrontregimes, zu dessen bluttriefenden Schnauze sich immer stärker der sowjetische Imperialismus und die von ihm ausgehaltenen stalinistischen Mordbuben und Folterknechte entwickelten.

Der sowjetische Imperialismus führte den Klassenkampf von oben gegen das klassenkämpferische Proletariat, den Trotzkismus, und den linken Flügel der Volksfront wesentlich konsequenter als gegen Franco. Weshalb er auch den ersten Krieg gewann und den zweiten verlor. Im Mai 1937 provozierte der Stalinismus in Barcelona durch Repression gegen die CNT einen proletarischen Klassenkampf gegen ihn. CNT-Führung und POUM-Apparat bremsten das klassenkämpferische Proletariat und hinderten es daran mit dem Volksfront-Regime abzurechnen. So blieb dieses an der politischen Macht. Die StalinistInnen zerschlugen im Juni 1937 die POUM. Eine wirkliche sozialrevolutionäre Strömung durfte das demokratische Volksfront-Regime nicht gegen den Militärputsch verteidigen, sondern musste beide kompromisslos bekämpfen. Das taten damals konsequent der italienische Linkskommunismus – italienisch vom Entstehungsort her, international in der Orientierung – und die rätekommunistische Organisation in den USA, Groups of Council Communists. Nach dem Sieg im BürgerInnenkrieg 1939 errichtete Franco eine Militärdiktatur, die ab sein Tod 1975 wieder in eine Demokratie transformiert wurde.

Eine Militärdiktatur gab es in Europa auch in Griechenland (1967-1974). In Lateinamerika entwickelten sich zum Beispiel in Chile (1973-1990), Argentinien (1976-1983) und Brasilien (1964-1974) Militärdiktaturen. In Chile organisierte der US-Imperialismus einen Militärputsch gegen das linksreaktionäre Allende-Regime, welche eine staatsinterventionistische und staatskapitalistische Tendenz innerhalb des Privatkapitalismus verkörperte und gegen die Interessen der US-amerikanischen Bourgeoisie verstieß. Die Militärdiktatur unter Pinochet betrieb dann als erste Nation der Welt eine neoliberale Wirtschaftspolitik. Auch in der Türkei putschte das Militär zum Beispiel 1980. Als Staatsstreich bezeichnet mensch es, wenn der Staatsapparat (Militär, Polizei, Geheimdienste) oder eine kleinbürgerliche Umsturzpartei (zum Beispiel der Bolschewismus 1917, siehe Kapitel II.7) putscht, aber danach eine Zivilregierung den Staat managt. So putschte zum Beispiel der Staatsapparat im November 2019 in Bolivien gegen das linksreaktionäre Morales-Regime. Aber das Ergebnis war keine Militärdiktatur, sondern eine rechtsreaktionäre Zivilregierung, die inzwischen wieder abgewählt ist und der Linksreaktion weichen musste. Der Militärputsch in Ägypten gegen das islamistische Regime 2013 führte formal zu einer Zivilregierung unter dem parteilosen Militär as-Sisi als Präsidenten. Das Militär ist aber ökonomisch – es besitzt mehrere Firmen – und politisch ein sehr starker Machtfaktor. In Myanmar besteht seit 1962 faktisch eine Militärherrschaft. Zwischen Februar 2011 und Februar 2021 existierten Zivilregierungen, das Militär behielt jedoch noch viel politische Macht. Im Februar 2021 putschte es gegen die Zivilregierung.

Bei der extremsten Form rechter Politik, dem Faschismus, ist zu unterscheiden zwischen ihm als politideologischer Strömung einerseits und als Staatsform andererseits. Während der Rechtskonservativismus als eine politideologische Strömung der Nationaldemokratie fließend in den Neofaschismus übergeht, ist die parlamentarisch-demokratische Staatsform klar vom Faschismus als Herrschaftssystem in Italien (1922-1945) und Deutschland (1933-1945) zu unterscheiden. Faschismus und Nationalsozialismus waren in Italien und Deutschland kleinbürgerlich-reaktionäre Massenbewegungen, deren Terror gegen die politische Linke und gegen Juden (durch die deutschen Nazis) von den demokratischen Staatsapparaten vorwiegend toleriert wurde. Schließlich brachte die Staatsexekutive im Interesse der Bourgeoisie rechtsstattlich die FaschistInnen und Nazis an die politische Macht – in Italien der König und in Deutschland der Reichspräsident Hindenburg. Der Faschismus und der Nationalsozialismus als dessen deutscher Ausprägung waren – sowohl als kleinbürgerlich-reaktionäre Bewegung als auch als Staatsform – ein ultraextremer Ausdruck des Konkurrenzchauvinismus und seiner ideologisierten Praxis beziehungsweise praktizierten Ideologie aus Sozialdarwinismus, Militarismus, Imperialismus, Nationalismus, Rassismus und rassistisch-massenmörderischer Judenfeindschaft. Faschismus und Nationalsozialismus wurden als extremer Konkurrenzchauvinismus in der strukturellen Profitproduktionskrise des westeuropäischen und nordamerikanischen Kapitalismus groß und massenmörderisch potent.

Der deutsche Faschismus stellte einen bis zum industriellen Massenmord extrem gesteigerten Konkurrenzchauvinismus dar. Im „normalen“ Kapitalismus bestimmt die sozialökonomische Konkurrenz, welche Einzelkapitale und produktions- und handelsmittelbesitzende KleinbürgerInnen bankrottgehen und welche Lohnabhängigen ihren Job verlieren. Der deutsche Faschismus bestimmte die Vernichtung von Existenzen politisch durch rassistischen Antijudaismus. Er enteignete jüdische KapitalistInnen, wodurch das „arisierte“ Gesamtkapital sich stärker konzentrierte und zentralisierte. Indem die Nazis die jüdische Bevölkerung aus den Berufen drängten, konnten „arische“ Volksgenossen ihre Stellung einnehmen. Im faschistischen Verdrängungs- und Vernichtungsantijudaismus verband sich kalkulierender Konkurrenz- und Bereicherungsrationalismus mit irrationalem Rassenwahn. Die faschistische „Volksgemeinschaft“ wurde als antijüdische Beute- und Vernichtungsgemeinschaft zur massenmörderischen Gewalt.

Indem die Nazis die jüdische Bevölkerung aus der Wirtschaft, der Kultur und den Berufen drängte, schufen sie massenhaft ein für das Kapital „unproduktives“ Elend. Der „normale“ Kapitalismus ließ und lässt entweder das „unproduktive“ Elend zu Grunde gehen oder verwaltet es notdürftig durch die nationalen Sozialstaaten. Die Nazis vernichteten als extreme Übertreiber des Kapitalismus das „unproduktive“ Elend der jüdischen Bevölkerung, was sie selbst durch ihren Rassenwahn geschaffen hatten. Der industrielle Massenmord an den europäischen Juden und Jüdinnen, an Roma und Sinti sowie Menschen mit geistigen Behinderungen stellt kein „Zivilisationsbruch“ dar, wie der liberaldemokratische Antifaschismus als Verteidigungs- und Rechtfertigungsideologie der kapitalistischen „Normalität“ behauptet, sondern war der bisherige Höhepunkt der kapitalistischen Zivilisationsbarbarei. Der Kapitalismus ist auch in seiner nichtfaschistischen Form absolut massenmörderisch. Dies soll die Propaganda vom Faschismus als angeblichen „Zivilisationsbruch“ ideologisch verschleiern.

Bei der Transformation von der Demokratie zum Faschismus und wieder zur Demokratie als Staatsformen in Italien und Deutschland hatten wir die demokratisch-faschistische Sozialreaktion mit großen personellen Überschneidungen vor uns. Im Gegensatz zu globalen Militärputschen und -diktaturen, verwirklichte sich der Faschismus nach 1945 nicht mehr als Staatsform. Er war auch in den Augen der übergroßen Mehrheit der Weltbourgeoisie zu irrational und zerstörerisch. So sehr auch der Rechtskonservatismus als politideologische Strömung fließend in den Neofaschismus übergeht, so sehr bleiben und blieben auch rechtskonservative Regimes – zum Beispiel in Polen, Ungarn und die USA unter Präsident Trump – im Rahmen der Demokratie. Der Neofaschismus wirkt objektiv als äußerster rechter Flügel der Demokratie. Wenn ihn die übergroße Mehrheit der Weltbourgeoisie auch nicht an der politischen Macht haben will, so wird er doch von den verschiedenen demokratischen Staatsapparaten eingebunden. In Deutschland wurde zum Beispiel in der Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) die mitunter starke Verquickung von Neofaschismus und demokratischen Geheimdiensten offensichtlich (siehe Nelke, Drei Kräfte gegen das Proletariat: Der Staat, die Nazis und der Antifaschismus, Soziale Befreiung, Bad Salzungen 2012). Hier haben wir die gelebte Praxis der demokratisch-faschistischen Sozialreaktion vor uns.

Auch auf dem Maidan in der Ukraine als reaktionäre Straßenbewegung gegen den unliebsamen Präsidenten Janukowitsch war sie 2013/2014 aktiv und erfolgreich. Das Bündnis zwischen der neoliberal-demokratischen und der ultranationalistisch-neofaschistischen Fraktion der Opposition gegen Janukowitsch wurde auch vom EU- und dem US-Imperialismus unterstützt. Galt es doch geopolitisch, die Ukraine vollständig aus der Einflusssphäre Moskaus zu befreien. Als Washington in der Ukraine die demokratisch-faschistische Sozialreaktion unterstützte, wurden die USA von der mittigen Kapitalfraktion regiert. Auch diese Fraktion ist also punktuell zur Zusammenarbeit mit NeofaschistInnen bereit. Unter US-Präsident Obama geschah dies in der Außenpolitik. Und unter Trump, dem Vertreter der rechten Fraktion des Kapitals, auch in der Innenpolitik – besonders während des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021.

SozialrevolutionärInnen waren und sind keine kleinbürgerlichen AntifaschistInnen. Links- und RätekommunistInnen bekämpften den Faschismus und Nationalsozialismus auf revolutionärer Grundlage. Aber sie verteidigten nicht wie die StalinistInnen und TrotzkistInnen die sozialreaktionäre Demokratie als kapitalistische Staatsform gegen den Faschismus. Auch der heutige antipolitische Kommunismus bekämpft die demokratisch-faschistische Sozialreaktion kompromisslos, verteidigt aber niemals die Demokratie. (Siehe dazu: Red Devil, Auschwitz als Alibi. Kritik des bürgerlichen Antifaschismus, Bibliothek des Widerstandes, Lübeck 2001 und Red Devil, Die Demokratie ist die Diktatur des Kapitals. Eine kommunistische Kritik der Demokratie, Bibliothek des Widerstandes, Lübeck 2009.)

Eine weitere politische Form der kapitalistischen Herrschaft stellt der Islamismus dar. Der Islamismus ist politisierte Religion und religiös ummantelte Politik von arabischen, nord- und westafrikanischen Regimes, Parteien und bewaffneten Gruppen, während der Islam eine der monotheistischen Weltreligionen ist und seit dem 7. Jahrhundert existiert. Wir können einen schiitischen und einen sunnitischen Islamismus unterscheiden. Indem der Islam Staatsreligion von imperialistischen Regionalmächten wie dem Iran (schiitisch) oder Saudi-Arabien (sunnitisch) ist, stellt er auch eine Ideologie des Imperialismus dar.

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3. Die industriekapitalistische Warenproduktion als herrschende Produktionsweise https://astendenz.blackblogs.org/2023/03/06/3-die-industriekapitalistische-warenproduktion-als-herrschende-produktionsweise/ Mon, 06 Mar 2023 22:57:31 +0000 http://astendenz.blackblogs.org/?p=87 Eine kapitalistische Warenproduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass fast alle Güter und Dienstleistungen für den Umtausch mit Geld produziert werden. Ziel und Zweck der kapitalistischen Produktionsweise ist die unaufhörliche und grenzenlose Vermehrung des Geldes. Nützliche Dinge werden vorwiegend nur produziert, wenn sie das Geld, diesen verselbständigten Ausdruck des Tauschwertes, vermehren. In der herrschenden kapitalistischen Produktionsweise besteht die totalitäre Diktatur des Tauschwertes über den Gebrauchswert. Diese beinhaltet, dass nicht die Bedürfnisse nach bestimmten Waren und warenförmigen Dienstleistungen zählen, sondern nur die zahlungsfähige Nachfrage nach ihnen. Hat der Bedürftige nicht genug oder gar kein Geld, so bleiben in der Warenproduktion seine Bedürfnisse unbefriedigt, während gleichzeitig Waren unverkäuflich bleiben. Das passiert auch im schönsten kapitalistischen Wirtschaftsaufschwung. Die kapitalistische Warenproduktion abstrahiert also real, in der Wirklichkeit, weitgehend von den wirklichen Bedürfnissen.

Außerdem abstrahiert sie die verschiedenen produktiven Tätigkeiten zur geldproduzierenden Arbeit. Zeitungen einer Druckerei und Gießkannen sind qualitativ verschiedene Produkte mit unterschiedlichen Gebrauchswerten. Zu ihrer Herstellung sind auch unterschiedliche produktive Tätigkeiten notwendig. In ihren Naturalformen sind Gießkannen und Zeitungen klar voneinander zu unterscheiden. Doch das Ziel der kapitalistischen Produktion von Zeitungen und Gießkannen ist ihr Verkauf, ihr Umtausch in Geld. Geld ist das Endprodukt der Zeitungs- und Gießkannenherstellung. Häufen wir diese Endprodukte in zwei Geldsummen nebeneinander auf, so lässt sich mit bloßem Auge nicht mehr feststellen, welche von beiden das Endprodukt der Gießkannen- oder der Zeitungsherstellung ist. In den beiden Geldsummen sind alle qualitativen Unterschiede ausgelöscht. Sowohl die unmittelbaren ProduzentInnen der Gießkannenherstellung als auch die DruckerInnen haben am Ende Geld produziert. Das ist die Realabstraktion der verschiedenen produktiven Tätigkeiten zur geldproduzierenden Arbeit.

Kapitalistische Warenproduktion ist die Herauspressung von Mehrwert aus den unmittelbaren ProduzentInnen, den Lohnabhängigen, durch die EigentümerInnen (KapitalistInnen) und den obersten VerwalterInnen (ManagerInnen) der Produktionsmittel. Das kapitalistische Eigentum an Produktionsmitteln – Privateigentum, Aktiengesellschaften und Staatseigentum – ist zwangsläufig mit der Existenz eines produktionsmittellosen Proletariats verbunden. Zum letzteren gehören sowohl nichtlohnarbeitende Unterschichten – noch nicht arbeitende Kinder und Jugendliche in proletarischen Familien beziehungsweise nicht mehr malochende RentnerInnen, innerfamiliär-innerproletarische HausarbeiterInnen (vorwiegend Frauen) und erwerbs- sowie obdachlose Menschen – als auch die ArbeiterInnenklasse als dessen Kern. Alle LohnarbeiterInnen sind negativ frei von Produktions- und Handelsmitteln. Sie können also weder Lebensmittel für sich selbst noch Waren herstellen, von dessen Verkauf sie leben könnten. Die Menschen, die ihre Arbeitskraft in hochqualifizierte (ÄrztInnen, IngenieurInnen, WissenschaftlerInnen, JournalistInnen, SchauspielerInnen…), leitende bis zur mittleren Ebene (VorarbeiterInnen, AbteilungsleiterInnen, ChefInnen…) oder repressive Funktionen innerhalb der Privatwirtschaft (Werkschutz) beziehungsweise des Staatsapparates (Polizei, Armee und Geheimdienste) vermieten können, gehören zum lohnabhängigen KleinbürgerInnentum. Alle anderen Lohnabhängigen sind Teil der ArbeiterInnenklasse, dem Kern des modernen Proletariats.

Viele LohnarbeiterInnen sind im Kapitalismus doppelt frei. Sie sind negativ frei von Produktionsmitteln, aber auch positiv freie Marktsubjekte – völlig der Ware-Geld-Beziehung unterworfene Geschöpfe, doch die bürgerliche Ideologie formuliert diese Unterwerfung als Freiheit. Positive und negative Freiheit ist hier nicht ethisch-moralisch gemeint, sondern im Sinne von Freiheit zu etwas (positiv) beziehungsweise die Freiheit von etwas (negativ). Die negative Freiheit von den Produktionsmitteln führt dazu, dass die Lohnabhängigen ihre positive Marktfreiheit dazu nutzen müssen, ihre eigene Arbeitskraft an die kleinbürgerlichen, kapitalistischen oder institutionellen EigentümerInnen von Produktions- und Handelsmitteln zu vermieten. Durch die Vermietung ihrer Arbeitskraft bekommen sie einen Geldlohn, von dem die ProletarierInnen sich die zum Leben notwendigen Waren und warenförmigen Dienstleistungen kaufen können.

Neben den doppelt freien LohnarbeiterInnen gab und gibt es im modernen Kapitalismus auch lediglich negativ freie Arbeitskräfte. Diese hatten und haben keine freie Marktsubjektivität und waren beziehungsweise sind mehr oder weniger deutlich staatlicher Zwangsarbeit unterworfen. Zum Beispiel in den faschistischen Konzentrationslagern, im Gulag des sowjetischen Staatskapitalismus, aber auch in demokratischen Knästen und die von Sozialstaaten mehr oder weniger erzwungene Arbeit von Erwerbslosen in Form von verschiedenen Maßnahmen.

Obwohl die Marktsubjektivität von Lohnabhängigen nur deren Ausbeutungsobjektivität einleitet (Arbeitsmarkt) beziehungsweise die Arbeitskräfte biosozial reproduziert (Konsumgütermärkte), ist sie doch mit der geistigen Reproduktion bürgerlicher Freiheitsvorstellungen, des Konkurrenzchauvinismus und des Geldfetischismus verbunden. Die totalitäre Unterwerfung unter die Ware-Geld-Beziehung wird auch von vielen Lohnabhängigen völlig verinnerlicht und nicht mehr als sozialökonomischer Zwang wahrgenommen, die eigene Arbeitskraft an die EigentümerInnen der Produktionsmittel vermieten zu müssen, sondern als eine Reihe von Chancen, die es zu ergreifen gilt. Nicht nur bei den KapitalistInnen und produktionsmittel- sowie handelsmittelbesitzenden KleinbürgerInnen, sondern auch bei den ProletarierInnen ist die Marktsubjektivität notwendig mit einem Konkurrenzindividualismus verbunden. ProletarierInnen konkurrieren auf den verschiedenen Arbeitsmärkten und den von seltenen Konsumgütern (preiswerte Mietwohnungen) auch untereinander. Als Marktsubjekte und Konkurrenzindividuen sind ProletarierInnen absolut kleinbürgerlich. Die Konkurrenz zwischen den KapitalistInnen, KleinbürgerInnen und ProletarierInnen entwickelt sich auf den verschiedenen Märkten – und hebt sich von dieser Basis ab und durchdringt alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. Ständig vergleichen sich die Menschen im Kapitalismus untereinander, werten sich gegenseitig ab, während sie sich selbst erhöhen. Wer ist erfolgreicher, schneller, schöner, intelligenter, witziger… – und wer ist der/die verdammte Loser/in, auf der alle anderen rumtrampeln können? Der Konkurrenzchauvinismus macht das biologische Geschlecht und die soziale Geschlechterrolle, die Hautfarbe, die Nationalität, die Religion und vieles andere Mehr zur Berufungsinstanz der eigenen Identität beziehungsweise zum Feindbild des zu bekämpfenden „Wettbewerbers“. Der ständige Konkurrenzkampf ist die Quelle von Rassismus, Sexismus, Nationalismus und religiöser Chauvinismen auch unter ProletarierInnen – aber auch von linker Identitätspolitik.

Auch ProletarierInnen reproduzieren praktisch-geistig den im Kapitalismus herrschenden Geldfetischismus. Dieser ist die herrschende Ideologie, falsches Bewusstsein, wie es aber notwendig von den gesellschaftlichen Beziehungen produziert wird. Dem Fetisch Geld wird als leblosen Ding Eigenschaften lebendiger Menschen angedichtet. So lautet zum Beispiel so ein geldfetischistischer Spruch: „Geld regiert die Welt!“ Doch Geld kann nicht regieren, das können nur Menschen. Die KapitalistInnen und WirtschaftsmanagerInnen regieren die Warenproduktion, deren oberstes Ziel und totalitäre Bestimmung die unaufhörliche und grenzenlose Geldvermehrung ist. Doch als KapitalistInnen und ManagerInnen müssen sie PraktikerInnen des realen Geldfetischismus sein. Sie müssen das Geld vermehren! Die Regierenden der Warenproduktion müssen dem kategorischen Imperativ des Kapitals „Vermehre mich!“ gehorchen Aber sie regieren auch über andere Menschen, die Lohnabhängigen, weil sie das Geld haben, um sie anmieten zu können. Regierende PolitikerInnen machen diesen realen Geldfetischismus der kapitalistischen Produktionsweise notwendig zum Staatsprogramm. Die Menschen gehen in einer kapitalistischen Warenproduktion notwendig Ware-Geld-Beziehungen ein, die nicht sie, sondern die sie beherrschen. Das sind verdinglichte menschliche Beziehungen, in denen dem leblosen Ding Geld Eigenschaften lebendiger Menschen angedichtet werden. Dem Geld kommt aber nur diese große Bedeutung zu durch gesellschaftliche Produktionsverhältnisse, die deren permanente Vermehrung zum obersten Ziel der ganzen Veranstaltung machen. In einer möglichen zukünftigen nachkapitalistisch-nachpolitischen, klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft, in der die Warenproduktion aufgehoben ist und direkt für die individuellen sowie gesellschaftlichen Bedürfnisse produziert wird, wird das alte Geld nichts anderes sein als Papier mit Zahlen darauf.

Der reale Geldfetischismus der kapitalistischen Produktionsweise beherrscht die ganze Ethik der bürgerlichen Gesellschaft. Auch das Alltagsbewusstsein der Marktsubjekte ist notwendig geldfetischistisch. Es gibt positiven Geldfetischismus, der den verselbständigten Ausdruck des Tauschwertes geradezu anbetet, und einen negativen, der diesen verdammt. Bei vielen ProletarierInnen weltweit bleibt am Ende des Geldes noch verdammt viel Monat übrig. Dies lässt sie fluchen: „Scheiß Geld!“ Doch ihre Lage liegt nicht an diesem allgemeinen Tauschmittel, sondern an den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen, die fast alle Güter zu Waren machen, die wiederum Geld erfordern, um sie einzutauschen. Und es liegt auch nicht am Geld, dass sie so wenig davon haben. Im Gegensatz zu vielen ProletarierInnen pflegen die Angehörigen der herrschenden kapitalistischen Klasse, der Bourgeoisie – KapitalistInnen, WirtschaftsmanagerInnen, hohe BerufspolitikerInnen und die Spitzen der Staatsapparate – einen positiven Geldfetischismus. So sagen Bourgeois sowie die WirtschaftsprofessorInnen als deren Kopflanger gerne: „Geld muss arbeiten!“ Doch Geld kann nicht arbeiten, im Gegensatz zu den Lohnabhängigen, die tatsächlich arbeiten müssen, um leben zu können. Deren Arbeit vermehrt das Geld.

Kommen wir also zu den doppelt freien Lohnabhängigen und ihrer Ausbeutung im Produktionsprozess, Handel und in der privaten Dienstleistungsbranche – die Ausbeutung der Lohnarbeit durch den Staat beschreiben wir in den Kapiteln I.6 und I.9. Die Geldvermehrung durch KapitalistInnen ist die Aneignung des von Lohnabhängigen produzierten und realisierten Mehrwertes. In der Industrie, der kapitalistischen Agrarwirtschaft und in vielen Dienstleistungsbranchen wird der Mehrwert produziert. Die Arbeitszeit dieser Lohnabhängigen ist durch eine unsichtbare Grenze in eine selbstreproduktive Arbeitszeit und in eine Mehrarbeitszeit geteilt. In der selbstreproduktiven Arbeitszeit produzieren die Lohnabhängigen einen Tauschwert, der ihrem eigenen Lohn entspricht, den sie von den ProduktionsmittelbesitzerInnen ausgezahlt bekommen, während sie in der Mehrarbeitszeit einen Mehrwert produzieren, den sich ihre AusbeuterInnen aneignen. Auch übertragen die mehrwertproduzierenden Lohnabhängigen in ihrer gesamten Arbeitszeit den Tauschwert der Produktions- und Hilfsmittel auf das neu entstehende Produkt. Während die Arbeitsgegenstände (Rohstoffe und Halbfabrikate) preislich und stofflich voll im neuen Produkt aufgehen, behalten die Arbeitsmittel (Werkzeuge und Maschinen) im Produktionsprozess ihre gegenständliche Selbständigkeit und ihr Tauschwert wird stückweise auf die Waren übertragen, die während ihrer durchschnittlichen Funktionszeit – bis sie ersetzt werden – mit ihrer Hilfe hergestellt werden können (Abschreibung). LohnarbeiterInnen haben also den Gebrauchswert, dass sie für ihre AusbeuterInnen mehr Geld produzieren, als sie den EigentümerInnen der Produktionsmittel in Form des Lohnes kosten.

Die LohnarbeiterInnen sind real vom Produktionsprozess, ihrer eigenen Arbeitskraft, den Produktionsmitteln und den Produkten entfremdet. Nachdem die Lohnabhängigen ihre Arbeitskraft vermietet haben, verfügen im Produktionsprozess nicht sie selbst über diese, sondern das Kapital. Letzteres hat die LohnarbeiterInnen durch die Anmietung ihrer Arbeitskraft eingesaugt. Die Lohnabhängigen sind im Produktionsprozess selbst menschliches produktives Kapital, dass für die Bourgeoisie den Mehrwert produziert. Proletarisches Elend produziert kapitalistischen Reichtum. Nicht die Lohnabhängigen bestimmen den Produktionsprozess, sondern ihre AusbeuterInnen. Nein, nicht die Lohnabhängigen bestimmen die Arbeitsorganisation, sondern sie sind einer Hierarchie von ChefInnen und/oder digitaler Überwachungstechnik ausgesetzt. Unter dem Kommando des Kapitals sind sie die menschlichen Hauptproduktivkräfte dieser Klassengesellschaft. Ihre Produktivität wird zu der des Kapitals, dem sie unterworfen sind. Und da die Produktivkräfte im Kapitalismus zugleich Destruktivkräfte gegen Natur und Mensch sind, zerstören sich die Lohnabhängigen im kapitalistischen Produktionsprozess massenhaft selbst. Wer zählt die Millionen ArbeiterInnen, die in der Geschichte dieser tollen Gesellschaft in Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten vor die Hunde gingen, die bei der Arbeit von giftigen Substanzen vernichtet wurden, die sich regelrecht totarbeiteten? Unter dem Kommando des Kapitals bauen die LohnarbeiterInnen Uran ab, errichten Kohle- und Atomkraftwerke, die der Natur und den Menschen Schaden zufügen. Als menschliches produktives Kapital sind die LohnarbeiterInnen auch Zerstörungsmittel gegen sich selbst und ihre Mitwelt. Das ist der höchste Ausdruck der Entfremdung.

LohnarbeiterInnen fühlen sich oft nicht als subjektive Anwender der Produktionsmittel als Gegenständen, sondern als Anhängsel der Maschinen, die kapitalistisches Eigentum bilden, gegenständliches produktives Kapital. Die EigentümerInnen arbeiten nicht an den Maschinen und die ArbeiterInnen sind keine EigentümerInnen der Gegenstände ihrer Arbeit. Kapitalistische EigentümerInnen der Produktionsmittel wenden als personifiziertes Kapital die Lohnabhängigen an. Produktionsmittel beherrschen als kapitalistisches Eigentum die produzierenden lohnabhängigen Menschen. Und auch das, was sie produzieren, gehört nicht den Lohnabhängen, sondern ist als Warenkapital Eigentum ihrer AusbeuterInnen. So sind sie auch vom Produkt ihrer eigenen Arbeit entfremdet. Ihre AusbeuterInnen verkaufen das Produkt ihrer Arbeit beziehungsweise lassen es von ihren kommerziellen Lohnabhängigen verkaufen. Auf diese Weise verwandelt sich ihr Waren- in Geldkapital. Der größte Teil des Geldkapitals verwandelt sich erneut in gegenständliches produktives Kapital, die Produktionsmittel, um die kapitalistische Produktion am Laufen zu halten. Ein Teil des realisierten Geldkapitals stellt Mehrwert dar, den die Lohnabhängigen produziert haben und den sich die KapitalistInnen aneignen. Ein Teil des Mehrwertes verwandelt sich in neues produktives Kapital, mit ihm werden noch mehr Maschinen gekauft, Fabrikhallen gebaut und neue Arbeitskräfte angemietet, also zur Vermehrung des Kapitals verwendet. Den anderen Teil des Mehrwertes müssen die KapitalistInnen, deren Kapital produktiv angelegt ist, mit der Handels- und Finanzbourgeoisie sowie dem Staat teilen. Der dritte Teil des Mehrwertes wird von den „produktiven“ KapitalistInnen – in Wirklichkeit sind es die von ihnen ausgebeuteten LohnarbeiterInnen, die produktiv sind – konsumiert. Nur ein Teil von dem durch den Verkauf der Waren realisierten Geldkapital verwandelt sich also in Lohn für die ArbeiterInnen. Oft können sich die individuellen LohnarbeiterInnen nicht mal die Dinge leisten, die sie kollektiv unter dem Kommando des Kapitals produziert haben. Weder individuell noch kollektiv. So errichten BauarbeiterInnen Villen, in denen sie im Kapitalismus als ProletarierInnen niemals wohnen werden.

Auch die kommerziellen Lohnabhängigen des Kapitals, die keinen Mehrwert produzieren, sondern ihn im Auftrag des Kapitals realisieren helfen, werden ausgebeutet und sind entfremdet von ihrer Arbeit und den Handelsmitteln als kapitalistischem Eigentum. Das Handelskapital lebt im Industriekapitalismus, hauptsächlich von einem Teil des Mehrwertes, den die Industrie- und AgrararbeiterInnen produzieren. Die einzelnen Industrie- und Agrarkapitale verkaufen ihre Produkte meistens nicht selbst an ihre EndverbraucherInnen, sondern an das Handelskapital. Dadurch gelangen die Industrie- und AgrarkapitalistInnen schneller an ihr Geldkapital und Mehrwert. Für diese wichtige Dienstleistung des Handelskapitals verzichtet die Industrie- und Agrarbourgeoisie auf einen Teil ihres Mehrwertes, den „ihre“ ArbeiterInnen produziert haben. Die Handelsbourgeoisie kauft vordergründig die Waren von ihren kapitalistischen Herstellerfirmen für weniger Geld ein als sie sie an ihre KundInnen weiterverkaufen lassen. Den praktischen Verkauf übernehmen die kommerziellen Lohnabhängigen des Handelskapitals. Sie realisieren das Geldkapital praktisch. Ein Teil des realisierten Geldkapitals verwandelt sich durch den Ankauf neuer Waren wieder in Warenkapital, ein zweiter in Mehrwert für die Handelsbourgeoisie – diese benutzt ihn einerseits dazu, um das Geschäft zu erweitern, also zur Kapitalvermehrung, andererseits konsumiert sie ihn – und der dritte in Lohn für die Angestellten. Die Ausbeutung der kommerziellen Lohnabhängigen besteht darin, dass sie durch ihre Arbeit wesentlich mehr Geld realisieren, als ihnen dann als Lohn ausgezahlt wird.

Auch die kommerziellen Lohnabhängigen des Bankkapitals werden von ihrer Bourgeoisie ausgebeutet. Das Bankkapital handelt mit Geld. Es leiht Geld an Menschen und Institutionen. Diese müssen das Geld später zurückzahlen – mit einem Aufpreis, dem Zins. Der Zins ist der realisierte Mehrwert des Bankkapitals. Die Finanzbourgeoisie überlässt die praktische Vergabe der Kredite ihren Lohnabhängigen. Diese realisieren also das Geldkapital für ihre „Arbeitgeber“ (=Ausbeuter). Sie werden ausgebeutet, indem sie mehr Geld realisieren, als sie dann in Form ihres Lohnes erhalten. Das andere von ihnen realisierte Geld verwandelt sich in Kapital und Mehrwert der Finanzbourgeoisie. Doch wie gesagt, die lohnabhängigen Bankangestellten realisieren den Mehrwert nur für ihre Bosse, produzieren diesen aber nicht. Vergeben die Banken Investitionskredite an das Industrie-, Agrar-, Handels- und Dienstleistungskapital, so wird auf diese Weise deren Kapital rascher vermehrt. Die kapitalistischen KundInnen der Banken zahlen den Zins aus dem Mehrwert, den „ihre“ Lohnabhängigen für sie produziert und realisiert haben. Vergeben Banken KonsumentInnenkredite an Lohnabhängige, bezahlen diese die gegenwärtige Erhöhung ihres Konsums über ihren Geldlohn hinaus mit einer zukünftigen Reduzierung dieses Konsums. Denn sie müssen den Kredit mit samt den Zinsen aus ihren zukünftigen Geldlöhnen zurückzahlen. Auf diese Weise verwandelt sich ein Teil des Lohnes in Mehrwert, den sich das Bankkapital aneignet.

Außerdem gibt es auch privat dienende Lohnabhängige, die weder Tausch- noch Mehrwert, sondern „nur“ Gebrauchswert für ihre KundInnen produzieren. Stellen zum Beispiel Bourgeois und gehobene KleinbürgerInnen Kindermädchen direkt für ihren Nachwuchs ein, für den sie selbst kaum Zeit haben, so produzieren diese die Beaufsichtigung und die Beschäftigung der lieben Kleinen als Gebrauchswert. Geben jedoch die bürgerlichen KundInnen die Beaufsichtigung des Nachwuchses als Auftrag an eine privatkapitalistische Agentur weiter, die selbst Kindermädchen als Lohnabhängige einstellt, so produzieren letztere Tausch- und Mehrwert für das Dienstleistungskapital, dass sie ausbeutet.

Doch ProletarierInnen sind nicht nur kleinbürgerliche Marktsubjekte und Ausbeutungsobjekte, sie bilden auch ein kollektives Klassenkampfsubjekt mit revolutionären Tendenzen und Potenzen.Um die kapitalistische Ausbeutung aufzuheben, reicht es übrigens nicht aus ein paar Großkonzerne im Rahmen von Warenproduktion und Staat zu „vergesellschaften“, wie große Teile der kleinbürgerlichen Protestpolitik behaupten. Unter „Vergesellschaftung“ verstehen große Teile der politisierenden und protestierenden KleinbürgerInnen die Verstaatlichung oder die Kollektivierung der Produktionsmittel in Form von Genossenschaften. Doch Staatseigentum an industriellen Produktionsmitteln kann in der Praxis nur Staatskapitalismus sein und auch die von der kleinbürgerlichen Protestpolitik oft idealisierten oder selbst praktizierten Genossenschaften sind nichts anderes als kleinbürgerlich-kollektive Formen der Warenproduktion, die fließend in Kapitalgesellschaften übergehen. Die kleinbürgerliche Warenproduktion wird von der kleinbürgerlichen Protestpolitik so gut wie gar nicht kritisiert. Doch auch in der heutigen kleinbürgerlichen Warenproduktion und im Kleinhandel wird embryonal die Lohnarbeit kapitalistisch ausgebeutet. Wenn auch die produktions- und handelsmittelbesitzenden KleinbürgerInnen nicht vollständig von der Ausbeutung fremder Arbeit leben können und sie noch unmittelbar selbst körperlich aktiv werden müssen, sind sie doch in der Praxis KlassenfeindInnen des Proletariats. Nur Soloselbständige, also produktionsmittel- und handelsmittelbesitzende KleinbürgerInnen, die selbst keine Lohnarbeit ausbeuten, können wirkliche Verbündete des klassenkämpferischen Proletariats sein. Will dieses sich von der kapitalistischen Ausbeutung befreien, muss es also auch die kleinbürgerliche Warenproduktion aufheben.

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Weltgeschichtlich wurde die kapitalistische Produktionsweise zum ersten Mal in Europa zur sozial herrschenden. In der europäischen Übergansperiode vom Feudalismus zum Industriekapitalismus (11. Jahrhundert bis ca. 1780) entwickelten sich die ersten Ansätze einer kapitalistischen Mehrwertproduktion auf der Basis der Lohnarbeit. Diese Ansätze wollen wir hier kurz beschreiben. Ab dem 11. Jahrhundert entwickelte sich im Europa das Fernhandelskapital. Auch eine kleinbürgerlich-handwerkliche Warenproduktion bildete sich heraus. Zuerst beherrschte das europäische Handelskapital durch das Verlagssystem die Warenproduktion indirekt. Dieses bildete sich im 14. und 15. Jahrhundert heraus und erlebte im 16. Jahrhundert seine Blüte. Der Verkauf der eigenen Produkte auf den Lokalmärkten kostete den Handwerksmeistern Zeit, die ihnen bei der Produktion ihrer Waren fehlte. So verkauften immer mehr Handwerker ihre Produkte nicht an die EndverbraucherInnen, sondern an Kaufleute als Zwischenhändler. Das waren die Verleger. Die Verleger lieferten den Handwerksmeistern auch die Rohstoffe oder die Halbfabrikate, also den Arbeitsgegenstand. Manchmal ließen sich die Zwischenhändler die gelieferten Rohstoffe oder Halbfabrikate nicht bezahlen, so dass die Handwerksmeister bis zur Fertigherstellung der Produkte zu den Schuldnern der Verleger wurden. Letztere zogen die Kosten des Arbeitsgegenstandes dann bei der Abholung der Waren bei den Handwerksmeistern ab. Das Verlagssystem war ein kapitalistisches Vertriebssystem, aber noch kein kapitalistisches Produktionsverhältnis.

Dagegen waren die Manufakturen, die sich zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert in Europa entwickelten, Orte der kapitalistischen Warenproduktion. In den Manufakturen wurden bereits LohnarbeiterInnen direkt durch das Kapital ausgebeutet. Sie wurden zentral in einem Haus oder mehreren Häusern als Produktionseinheit zusammengefasst. Neben den Lohnabhängigen in zentralen Arbeitsstätten beuteten die ManufakturkapitalistInnen auch formal selbständige HeimarbeiterInnen aus, die ihnen die Vorprodukte lieferten. Mensch muss klar zwischen den HeimarbeiterInnen unterscheiden, die im Verlagssystem ausgebeutet wurden und jenen, die für Manufakturen arbeiteten. Der Verleger war ein Handelskapitalist, während die Manufakturen produktives Kapital darstellten.

Technologisch beruhte die Manufaktur noch auf dem Handwerk. Der handwerkliche Produktionsprozess wurde jedoch in der Manufaktur in kleine Einzelarbeitsschritte zerlegt, die zu speziellen Funktionen von bestimmten ManufakturarbeiterInnen wurden. Produzierten die Handwerker der kleinbürgerlichen Warenproduktion selbständig das ganze Produkt dieser Produktionseinheit, so waren ManufakturarbeiterInnen TeilarbeiterInnen. Einige ArbeiterInnen stellten per Hand Teile des Produkts her, die andere ArbeiterInnen dann zum Endprodukt zusammenfügten. Die Spezialisierung der einzelnen Arbeitsschritte in der kapitalistischen Manufaktur ging mit einer Spezialisierung der Werkzeuge einher.

Die Manufakturen stellten bereits Formen der kapitalistischen Warenproduktion dar. Doch in der europäischen Manufakturperiode vom 16. bis zum 18. Jahrhundert herrschte die kapitalistische Produktionsweise noch nicht. Das Verlagswesen, welches auf der Ausbeutung von formal selbständigen Handwerkern durch das Handelskapital beruhte, war verbreiteter als die Manufakturen. Erst in Form von technologisch auf die Maschinerie basierenden Fabriken ab ca. 1780 in England konnte der Kapitalismus zur alles andere totalitär beherrschenden Produktionsweise werden.

Der junge Industriekapitalismus koexistierte auf dem amerikanischen Doppelkontinent eine relativ lange Zeit mit dem seit dem 16. Jahrhundert bestehenden Agrarkapitalismus, der auf der Plantagensklaverei beruhte. Versklavte AfrikanerInnen produzierten für ihre BesitzerInnen kapitalistischen Mehrwert. Diese Mehrwertproduktion auf der Basis der kapitalistischen Sklaverei wurde zuerst vom europäischen Kolonialismus und dann von den jungen amerikanischen Nationalstaaten USA und Brasilien organisiert. Der britische Imperialismus verbot die Sklaverei in der von ihm beherrschten Karibik im Jahre 1838. In den USA wurde die Sklaverei auf industriekapitalistisch-sozialreaktionäre Weise durch das Gemetzel des BürgerInnenkrieges (1861-1865) aufgehoben. Brasilien verbot die Sklaverei im Jahre 1889. Indem die bürgerlichen Staaten die Sklaverei schließlich aufhoben, griffen sie durchaus interventionistisch in die Wirtschaft ein. Ab 1873 regulierten sie auch immer stärker die kapitalistische Produktionsweise auf Basis der Lohnarbeit. Der Industriekapitalismus der relativ freien Konkurrenz wurde durch ungezügelte Brutalität groß – aber auf diese grobschlächtige Weise wäre er nicht alt geworden. Weshalb sich der Staatsinterventionismus herausentwickelte (siehe Kapitel I.10).

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Gründung der Antipolitisch-Sozialrevolutionären Tendenz https://astendenz.blackblogs.org/2022/11/08/gruendung-der-antipolitisch-sozialrevolutionaeren-tendenz/ Tue, 08 Nov 2022 08:16:00 +0000 http://astendenz.blackblogs.org/?p=31 Anfang November 2022 gründete nach einer kollektiven Diskussion das sozialrevolutionäre Netzwerk aus Sozialer Befreiung, Sozialer Widerstand, Sociaal revolutionaire Vonk sowie den Diskussionszirkeln auf russisch (tenox.livejournal.com) und armenisch (rgfront.livejournal.com) die Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST). Die Gründung stellt sowohl eine Namensgebung als auch eine Reorganisation dieses Netzwerkes dar. Auf dieser Homepage werden die Texte der AST sowie einige der Vorläuferorganisation der Unabhängigen Rätekommunisten veröffentlicht.

Mit der Gründung der Antipolitisch-Sozialrevolutionären Tendenz (AST) möchten wir einen praktisch-geistigen Impuls zur Radikalisierung des Klassenkampfes leisten. Wir sind uns natürlich bewusst, dass der Hauptimpuls zur Radikalisierung des bewussten Seins des Proletariats dessen eigene Klassenkampfpraxis ist. Auch wissen wir, dass die Wirkung der AST in nichtrevolutionären Zeiten nur gering sein kann. Aber gerade in solchen reaktionären Zeiten ist die klare Organisation von antipolitischen SozialrevolutionärInnen so wichtig – für ein mögliches zukünftiges bewusstes Sein der Revolution und einer klassen- und staatenlosen Weltgemeinschaft.

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