Der brutale Mord an Oury Jalloh in der Dessauer Polizeizelle Nr. 5 am 7. Januar 2005 ist und bleibt ein eindeutiges Sinnbild für institutionellen
Rassismus und die systemische Vertuschung staatlicher rassistischer
Gewalt in Deutschland.
Seit 20 Jahren halten Aktivist*innen, Initiativen, Organisationen und die
Zivilgesellschaft den Kampf für Gerechtigkeit aufrecht und weigern sich
zu schweigen – auch hier in Hamburg.
Dieses 20. Jahr ist mehr, als nur ein Moment des Gedenkens. Es ist ein
Moment der Reflexion und Analyse. Gemeinsam werden wir auf das
zurückblicken, was im Kampf für Gerechtigkeit erreicht wurde und jene
unsäglichen Herausforderungen untersuchen, die uns beim Abbau von
systemischem Rassismus, kolonialer Gewalt und staatlicher
Unterdrückung weiterhin und kontinuierlich begegnen.
Der Kampf für Gerechtigkeit für Oury Jalloh geht weit über Erinnerung,
Verantwortung und Würde hinaus. Es geht darum, eine neue Dynamik
aufzubauen, bisherige Fortschritte und Fehler zu reflektieren und
nachhaltig gegen systemische Gewalt und Unterdrückung zu
mobilisieren. Dieser Aufruf fordert uns alle auf, zusammenzustehen,
gegen Ungerechtigkeit aufzustehen und Rechenschaft zu einzufordern.
Schließe Dich uns an, während wir das Vermächtnis ehren und
weiterführen, die Gegenwart immer wieder neu konfrontieren und uns
auf die Zukunft dieses Kampfes vorbereiten.
Zwei Jahrzehnte der Straflosigkeit müssen endlich ein Ende haben!
Zwei Jahrzehnte der Schande für Deutschland müssen immer weiter
angeprangert werden!
Oury Jalloh wird niemals vergessen oder vergeben werden!
Gerechtigkeit für Oury Jalloh!
Gerechtigkeit für alle Opfer systemischer rassistischer Gewalt!
Gerechtigkeit für
Sebastian Kola Bankole, Aamir Ageeb, Achidi John, Yaya Jabbi,
N’deye Mareame Sarr, Laye-Alama Condé, Dominique Koumadio,
Ousman Sey, Christy Schwundeck, Mikael Haile, Tonou Mbobda,
Rita Awuor Ojunge, Rooble Warsame, Mohamed Idrissi, Mouhamed
Lamine Dramé, Mamadou Bah, Ibrahima Barry, Lamin Toure …
u.v.a.m.!!!
In Erinnerung an Oury Jalloh!
In Erinnerung an ALLE …!
Black Community Coalition for Justice & Self-Defence
]]>Oury Jalloh wurde am 7. Januar 2005 von Polizeibeamten des Polizeireviers Dessau rechtswidrig verhaftet, rechtswidrig inhaftiert und gefesselt, rechtswidrig Blut abgenommen, gefoltert, getötet und verbrannt. Im Zuge der unabhängigen Aufklärung durch die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh wurden auch noch zwei weitere Tötungsverbrechen der Dessauer Polizei bekannt:
Bis heute weigern sich die Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und die Landespolitik, diese Straftaten anzuerkennen und entsprechende strafrechtliche Konsequenzen zu ziehen. Die Verbrechen sind bis heute angeblich „unaufgeklärt“, ungesühnt, ohne offizielle Entschuldigungen und ohne Entschädigung geblieben!
Der brutale, rassistische Mord an Bruder Oury Jalloh jährt sich am 7. Januar 2023 zum nunmehr 18. Mal.
Im Angesicht der menschenverachtenden Mordserie im Dessauer Polizeirevier und deren systematischer Straflosigkeit rufen wir alle Menschen und insbesondere unsere Schwarzen und migrantischen Communities dazu auf, mit uns gemeinsam zur Gedenkdemonstration nach Dessau zu fahren, um den Toten und Gedemütigten des Dessauer Mordrevieres zu gedenken, die offizielle Anerkennung der Verbrechen und die entsprechende Strafverfolgung einzufordern.
Der Mord, die Verbrennung und die vorherige Folter von Oury Jalloh sind längst umfänglich und wissenschaftlich fundiert durch eine Vielzahl an forensischen Gutachten bewiesen worden – was fehlt ist die rechtsstaatliche Anerkenntnis der Faktenlage und entsprechende Konsequenzen.
Seit 18 Jahren sabotieren Staatsanwaltschaften, Gerichte und politische Verantwortungsträger*innen die Aufklärung von Amts wegen durch unhaltbare Hypothesen, durch systematische Beweismittelunterdrückung und -vernichtung, durch zweckorientierte Manipulationen von Gutachtenaufträgen und –ergebnissen sowie durch zielgerichtete Einschränkung der Ermittlungsrichtungen und Anklagepunkte.
Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh hat in diesen 18 Jahren dagegen anhand von Brandgutachten, Aktengutachten, medizinischen Gutachten und forensischen Rekonstruktionen eindrücklich bewiesen, dass
Am Donnerstag, den 22.12.2022 laden wir Euch deswegen herzlich zu einer Infoveranstaltung gemeinsam mit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh in das Internationale Zentrum B5 (Brigittenstraße 5, 20359 Hamburg-St. Pauli) ein, um Euch zum aktuellen Stand zu informieren, Eure Fragen zu beantworten und die gemeinsame Anreise am 7. Januar 2023 nach Dessau zu organisieren.
No JUSTICE – No PEACE
Touch ONE – Touch ALL
BREAK the SILENCE
]]>Der 16-jährige Mouhamed Lamin Dramé war ein unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter aus dem Senegal und am 8. August 2022 in einer so außergewöhnlichen Krisensituation, dass er drohte, sich selbst zu verletzen oder gar zu töten. Zu diesem Zeitpunkt befand er sich in einer stationären Unterbringung in einer Jugendwohngruppe der St. Elisabeth Jugendhilfe an der St. Antonius Kirche in der Dortmunder Nordstadt. Kurz zuvor war er auf eigenen Wunsch wegen psychischer Probleme in einer psychiatrischen Klinik behandelt worden und äußerte sowohl gegenüber seinen Betreuern als auch gegenüber den herbeigerufenen Polizeibeamten seine Suizidabsichten. Er verstand nur wenig oder gar kein Deutsch. Seine Muttersprachen waren Wolof und Französisch.
Wir fragen uns also: Wie und in welcher Sprache hat die Polizei eigentlich kommuniziert, um ihn zu beruhigen und seinen Selbstmord zu verhindern?
Mouhamed starb in einem Kugelhagel aus einer Maschinenpistole. Der Schrecken über den Tod eines so jungen Menschen sollte eigentlich die nationalen Schlagzeilen beherrschen, doch ein Großteil der Reaktionen erscheint eher als „Debatte“ oder Rechtfertigung für die Anwendung tödlicher Gewalt, weil Mouhamed ja ein Messer in der Hand gehalten hat.
Wir verurteilen die allgemeine Medienberichterstattung, die den Ablauf der Ereignisse so verzerrt, als ob die Polizeibeamten Mouhamed als letztmögliches Mittel erschießen „mussten“, weil der Einsatz von Reizgas und Tasern „ihn nicht beruhigen konnten“.
Warum gehörten zu den Einsatzkräften in einer suizidalen Krise keine psychologischen oder psychiatrischen Fachkräfte, oder warum warteten die Polizeibeamten nicht auf solche medizinischen Fachkräfte, die sich angemessen um Mouhamed hätten kümmern können, sondern griffen gleich selbst und im ersten Schritt übertrieben gewalttätig ein, wodurch eine ohnehin schon bestehende Krisensituation noch weiter unprofessionell eskaliert wurde?
Wie können Polizeibeamte ernsthaft „versuchen“ wollen, einen Selbstmord mittels eines chemischen Kampfstoffes („Tränengas“) und einer Elektroimpulswaffe (Taser) zu „verhindern“ und „die Lage zu beruhigen“?
Welche Kompetenzen haben eigentlich Polizeibeamt*innen, die in erster Linie für den Umgang mit Patienten in psychisch kritischen Situationen eingesetzt werden? Ist deren so genannte Amtshilfe eine Lizenz zum gewaltsamen Einschreiten oder gar eine Lizenz zum Töten?
Jede*r Mediziner*in würde für fehlerhafte tödliche Behandlungen von Patient*innen zur Rechenschaft gezogen werden – Polizist*innen jedoch haben eine uneingeschränkte Lizenz zum Verletzen und Töten, sanktioniert durch die staatlichen Behörden und Institutionen, durch Politiker*innen sowie die von den Medien einseitig erzeugte öffentliche Meinung. Es fehlt dabei jede kritische Bewertung von fehlender Kompetenz und Erfahrung sowie jede Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht. Während „Spekulationen“ über bekannte Tatsachen moralisch und rechtlich „verboten“ seien, gehört die voreingenommene und unreflektierte Konstruktion von angeblichen „Notwehrsituationen“ zur Normalität des öffentlichen Mediendiskurses über polizeiliche Tötungen und deren juristische Aufarbeitung.
Die Anwendung von Gewalt gegen Kinder, Jugendliche und schutzbedürftige Menschen ist jedoch immer ein menschenverachtendes Problem und kann nie und unter keinen Umständen als irgendwie zielführende „Lösung“ angenommen werden!
Unzählige Fälle von Polizeigewalt, rassistisch motivierten Aggressionen und extralegalen Tötungen schutzbedürftiger Menschen durch im Umgang mit psychischen Krisensituationen unzureichend geschulte Polizeibeamte sind ein leider nur allzu bekanntes Phänomen – doch Lernprozesse oder gar eine Fehlerkultur lässt sich in den Behörden leider nirgendwo erkennen. Eher im Gegenteil: der Status Quo ist garantierte Straffreiheit durch alle verfügbaren Mittel und Manipulationen.
Während wir den Verlust von Mouhamed betrauern, teilen wir gleichzeitig auch noch die Trauer, den Schmerz, die Wut und den Kummer über weitere Morde in der jüngsten Vergangenheit:
Und wir betrauern natürlich auch die vielen schon vorher begangenen Morde an
Kamal Ibrahim – am 3. Oktober 2021 von der Polizei Stade erschossen – 13 Schüsse
Omar K. – erschossen am 28. Mai 2021 von der Hamburger Polizei – 7 Schüsse
Mohamed Idrissi – erschossen am 18. Juni 2020 von der Bremer Polizei – 2 Schüsse
Aman Alizada – erschossen am 17. August 2019 von der Polizei Stade – 5 Schüsse
Adel B. – erschossen am 18. Juni 2019 durch die Polizei Essen – 1 Schuss (durch eine Tür)
Matiullah Jabarkhil – am 13. April 2018 von der Polizei in Fulda erschossen – 12 Schüsse
Diese Liste bedeutet ausdrücklich nicht, dass deutsche Polizeibeamte keine Weißen Menschen in psychischen Krisensituationen erschießen oder anderweitig töten würden – aber sie verdeutlicht eindrücklich, dass die unangemessene und kontraproduktive Exekutionen von verletzlichen Schwarzen Menschen und People of Colour in Krisensituationen durch die Polizei keinerlei rechtliche oder andere institutionelle Konsequenzen haben.
Kein einziger dieser Fälle führte zu strafrechtlichen Anklagen oder auch nur zu einer Disziplinarstrafe für die Beamten. Um künftige Gewaltanwendung zu verhindern und das Vertrauen der Community zu stärken, muss zukünftig Rechenschaft abgelegt werden.
Wir verstehen all diese Fälle als Fälle rassistischer Ungleichbehandlung und rassisch motivierter Brutalität, die tief in unserer institutionellen und systemischen Unterdrückung verwurzelt sind.
Wir verstehen den historischen Kontext und verurteilen die systemische Legalisierung der Entmenschlichung Schwarzen Lebens in deutschen Gesetzen, der deutschen Verwaltung, den deutschen Medien und allgemeinen gesellschaftlichen Praktiken und Verhaltensweisen.
Wir werden nicht zulassen, dass der Tod des 16-jährigen Mouhamed Lamin Dramé umsonst gewesen ist.
Seine Ermordung ist eine ernüchternde Erinnerung an die Notwendigkeit, wieder einmal für den Wert des Schwarzen Lebens in diesem Land kämpfen zu müssen, in dem ein Schwarzes Kind in einer psychischen Krise ungestraft gequält und ermordet werden kann.
Die BLACK COMMUNITY COALITION OF JUSTICE & SELF-DEFENCE fordert alle couragierten zivilgesellschaftlichen Initiativen und Organisationen auf, schnell und konsequent zu intervenieren, um den Mord an Mouhamed rückhaltlos aufzuklären und seiner trauernden Familie Gerechtigkeit widerfahren zu lassen.
Formal fordern wir auch eine gründliche und umfassende Aufarbeitung durch den deutschen Rechtsstaat, wohl wissend, dass wir bisher in allen derartigen Fällen immer wieder schmerzhafte Erfahrungen mit systematischer Rechtsbeugung und Vertuschung machen mussten.
TOUCH ONE – TOUCH ALL
]]>The 16-year-old Mouhamed Lamin Dramé was an unaccompanied refugee from Senegal and on August 8, 2022 in such an extraordinary crisis situation, that he threatened to harm or even kill himself. At that time, he was in an inpatient placement in a youth residential group of the St. Elisabeth Youth Welfare Service at St. Antonius Church in Dortmund Nordstadt. A short time before, he had been treated at his own request for mental problems in a psychiatric clinic and expressed his suicidal intentions both to his caregivers and to the police officers called. He understood little or no German. His mother tongues were Wolof and French.
So we ask ourselves: How and in which language did the police actually communicate to calm him down in order to prevent suicide?
Mouhamed died in a hail of bullets from a submachine gun. The horror of the taking of such a young life should be dominating national headlines, yet, much of the reaction seems to be a “debate” or justification about the use of deadly force given that Mouhamed was holding a knife.
We condemn the general media narrative which distorts the course of events as if the police officers „had“ to shoot Mouhamed as a last resort, because the use of irritant spray gas and Tasers had „failed to calm him down“.
Why did the team of responders in a suicidal crisis not include mental health professionals or why did the police officers not wait for medical professionals to take adequate care but intervened excessively violent in the first step, unprofessionally escalating an already existing crisis situation?
How can police officers seriously „try“ to „prevent“ a suicide by means of a chemical warfare agent („tear gas“) and an electric pulse weapon (Taser)?
What are the competencies of police officers who are primarily called to deal with patients in psychologically critical situations? Is so called administrative assistance a license to violently intervene or moreover a license to kill?
Every medical doctor* would be held accountable for wrongful fatal treatments of patients – police officers, however, have an unconditional license to harm and kill, sanctioned by the state authorities and politicians as well as media made public opinion, without regard to their lack of competence and expertise or any accountability. While „speculations“ about known facts are morally and legally „forbidden“, the prejudiced and immediate construction of „self-defense situations“ is a routine normality in the public media discourse of police killings and its juridical persecution.
However, the use of violence against children, adolescents and people in need of protection is always an inhuman problem and can never and under no circumstances be assumed a goal-oriented „solution“!
Countless cases of police violence, race-related aggression and extralegal killings of vulnerable people by police officers, who have insufficient training/expertise in handling psychological crisis situations, are an unfortunately all too familiar phenomenon – yet learning processes or even error culture in the authorities are nowhere to be recognized. Rather the contrary is the status quo: impunity by all means providable.
As we grieve the loss of Mouhamed, we share in the grief, pain, rage, and sorrow of the recent killings of
August 2nd – a 23 year old Black man from Somalia was executed by a shot in his head in the early morning hours by police in Frankfurt
August 3rd – 48 year old Jozef Berditchevski, a street musician of Russian nationality was killed in his flat by 2 Köln civil police officers
August 7th – a 39 year old man in an obviously psychotic state of mind was killed by the police in Recklinghausen.
We also mourn the past killings of
Kamal Ibrahim – shot dead on October 3, 2021 by Stade police – 3 shots fired
Omar K. – shot on May 28, 2021 by Hamburg police – 7 shots fired
Mohamed Idrissi – shot on June 18, 2020 by Bremen police – 2 shots fired
Aman Alizada – shot on August 17, 2019 by Stade police – 5 shots
Adel B. – shot dead on June 18, 2019 by Essen police – 1 shot (through a door)
Matiullah Jabarkhil – shot dead by Fulda police on April 13, 2018 – 12 shots fired.
This list explicitly does not mean that German police officers do not shoot or otherwise kill White people in psychological crisis situations – but it illustrates that the inappropriate and counterproductive execution of vulnerable Black and People of Colour in crisis situations by police has no legal or institutional consequences.
Not a single one of these cases resulted in criminal charges or even officer discipline. Accountability is needed to deter future use of force and build community trust
We do understand all these cases as instances of racial health inequality and race-related brutality which is deeply rooted in institutional and systemic oppression.
We understand the historical context and condemn the systemic legalization of the dehumanization of Black lives in German Laws, German Administration, Media and societal practices.
We will not allow the death of 16year old Mouhamed Lamin Dramé to be in vain.
His killing is a sober reminder of the need, once again, to fight for the value of Black life in this country where a Black child in a mental crisis can be assassinated in impunity.
The BLACK COMMUNITY COALITION Of JUSTICE & SELF-DEFENCE calls on all courageous civil society initiatives and organisations to act swiftly and thoroughly to investigate and clarify the murder of Mouhamed as to bring justice for his grieving family.
Formally we demand thorough and comprehensive procedures by the German state of law well aware of our lived experiences of legal bias and cover up in all such cases ever since.
TOUCH ONE – TOUCH ALL
]]>wir möchten Euch darüber informieren, dass ein Strafverfahren gegen Sista Oloruntoyin von der Black Community Coalition of Justice & Self-Defence
am 03. Februar 2022, um 09:00 Uhr,
im Gerichtssaal 176
Amtsgericht Hamburg stattfinden wird
(Strafjustizgebäude/Criminal Justice Building, Sievekingplatz 3)
Sista Oloruntoyin (LaToya Manly-Spain) muss sich wegen des Vorwurfs der „Abhaltung einer verbotenen oder nicht angemeldeten Kundgebung und Demonstration trotz Verbots oder polizeilicher Aufforderung zur Auflösung nach § 26 Versammlungsgesetz“ verantworten. Am 5. Juni 2020 versammelten sich rund 5000 Demonstranten aus Solidarität vor dem US-Konsulat in Hamburg, um ein starkes Signal in die Welt zu senden. Wir sehen die juristische Kriminalisierung von Sista Oloruntoyin als einen Angriff auf die Schwarze Community in Hamburg und alle Protestierenden. Wir rufen alle zivilgesellschaftlichen Gruppen und Organisationen zur aktiven Unterstützung und Solidarität auf.
Politische Aktionen gegen rassistische Polizeigewalt dürfen nicht kriminalisiert werden. Die CoVid-Pandemie darf nicht dazu missbraucht werden, politische Aktionen zu unterdrücken. Es wird ein öffentliches Gerichtsverfahren sein. Die Zahl der Besucher wird entsprechend den geltenden Corona-Beschränkungen und der Größe des Gerichtssaals begrenzt sein. Allerdings wird es auch draußen einen aktiven Protest geben.
Um den Gerichtssaal zu betreten, muss man keine Dokumente vorlegen. Handys und Kameras sind nicht erlaubt – Papier und Stifte zur Dokumentation hingegen schon.
GERECHTIGKEIT FÜR FLOYD! -STOPPT DAS TÖTEN VON SCHWARZEN! – STOPPT DEN RASSISTISCHEN TERRORISMUS IN DEN USA! Solidarität mit der Familie von George Floyd und mit den Familien aller unbewaffneten Schwarzen, die von staatlichen Agenten und bewaffneten Zivilisten in den USA und weltweit getötet wurden – TOUCH ONE! TOUCH ALL! – BLACK LIVES MATTER!
Stoppt die Verunglimpfung von Schwarzen Aktivistinnen!
Kommt zur Gerichtsverhandlung und vor das Gerichtsgebäude und zeigt eure Solidarität in und mit der Black Community in Hamburg gegen die repressive Hamburger Rechtsprechung!
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Politische Aktionen gegen rassistische Polizeigewalt dürfen nicht kriminalisiert werden!
Friedlicher Protest ist kein Verbrechen und Organisator*innen von Versammlungen sind keine Erfüllungsgehilfen von polizeilichen Entscheidungen!
TOUCH ONE – TOUCH ALL – Freispruch für Sista Oloruntoyin!
Das Landgericht Hamburg hat einen Strafbefehl gegen Sista Oloruntoyin (LaToya Manly-Spain) von der Black Community Coalition for Justice & Self-Defence erlassen, die als eine der Organisatorinnen und Leiterinnen der „Justice For Floyd“, #BlackLivesMatter Protestkundgebung am 5. Juni 2020 vor dem US-Konsulat die Verantwortung übernommen hatte.
Sollte sie für schuldig befunden werden, drohen ihr 2 Monate Haft.
Sie wird nun öffentlich vor Gericht gestellt am
3. Februar 2022 um 9:00 Uhr
Gerichtssaal 176 des Hamburger Strafjustizgebäudes am Sievekingplatz 3
Wir versammeln uns am 3. Februar 2022 ab 8:00 Uhr vor dem Strafjustizgebäude am Sievekingplatz.
HINTERGRUND
Am 25. Mai 2020 wurde Bruder George Floyd in Minneapolis von dem Polizeibeamten Derek Chauvin vor laufenden Kameras brutal ermordet. 9 Minuten und 25 Sekunden lang kniete er sich in den Nacken von Bruder George Floyd und raubte ihm Atem und Leben. Das grausame Video hat nicht nur Schwarze Menschen weltweit traumatisiert, sondern auch internationale Proteste auf allen Kontinenten ausgelöst. Die Hamburger Solidaritätsproteste fanden nach laufenden Tagen der Massenproteste in den USA am 5. Juni mit 5.000 Teilnehmer*innen vor dem US-Konsulat am Alsterufer und am 6. Juni 2020 vor dem Rathaus und am Jungfernstieg mit insgesamt 15.000 Menschen statt.
Die Protestkundgebung am 5. Juni 2020 wurde mit voraussichtlich 5.000 Teilnehmern organisiert und angemeldet. Die Polizei ließ nach ihrer Auslegung der Hamburger Korona-Schutzverordnung maximal 250 Personen zu. Die Black Community, afrikanische Organisationen, Schwarze politische Vereinigungen und die Hamburger Zivilgesellschaft schlossen sich erfolgreich der weltweiten Empörung gegen rassistische Polizeigewalt an – trotz Corona an zwei aufeinanderfolgenden Tagen!
Diese globalen Massenproteste in Solidarität mit der Familie von George Floyd und der weltweiten Black Lives Matter-Bewegung trugen maßgeblich zu einem Paradigmenwechsel im Strafprozess bei: Die beteiligten Polizeibeamten wurden umgehend entlassen, der Mörder wurde inzwischen in allen Anklagepunkten für schuldig befunden und ist verurteilt. Dieser Weg der Rechenschaftspflicht und Gerechtigkeit für ein von einem Staatsdiener brutal getötetes Schwarzes Leben war und ist eine außergewöhnliche Ausnahme von der peinlichen Staatsräson mit systematischer Straflosigkeit für die Mörder Schwarzer Leben und konnte nur durch organisierten zivilen Ungehorsam und weltweite Massenproteste durchgesetzt werden, wie sie am 5. Juni 2020 auch in Hamburg stattfanden.
Die repressive Haltung der Staatsanwaltschaft Hamburg, die nur eine Schwarze Aktivistin für den entscheidenden und angemessenen antirassistischen zivilen Ungehorsam ins Visier nimmt und strafrechtlich verfolgt, ist ein Angriff auf unsere Schwarzen/Afrikanischen/Migranten-Communities. Dass dieselbe Staatsanwaltschaft alle Anklagepunkte gegen die verantwortlichen Mitarbeiter des UKE-Krankenhauses, die für die Ermordung von Bruder Tonou Mbobda am 21. April 2019 verantwortlich sind, verworfen hat, zeigt ihre rassistische Voreingenommenheit und die Perversion von Werten und Gesetzen durch diese Institution. Die Fälle von Bruder Tonou Mbobda, Bruder Yaya Jabbie und Bruder Achidi John, die alle von staatlicher Seite oder in Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen getötet wurden, zeigen genau denselben systemischen Rassismus und die strukturelle rassistische Straflosigkeit, die die Notwendigkeit für die antirassistischen Massenproteste vom 5. und 6. Juni 2020 überhaupt erst geschaffen haben.
Wir rufen daher die Hamburger Zivilgesellschaft auf, sich erneut zu solidarisieren – dieses Mal mit der Black Community in Hamburg und Sista Oloruntoyin vor Gericht und in der Öffentlichkeit!
Kommt zur Gerichtsverhandlung und vor das Gericht und zeigt Eure Solidarität gegen die repressive Hamburger Rechtsprechung!
Unsere Solidarität gegen ihre Repression!
Politische Aktionen gegen rassistische Polizeigewalt dürfen nicht kriminalisiert werden!
Friedlicher Protest ist kein Verbrechen!
Black Lives Matter! – Auch die von Schwarzen politischen Aktivist*innen im Kampf gegen eine rassistische Polizei-Justiz!
3. Februar 2022 um 9:00 Uhr
Gerichtssaal 176 des Hamburger Strafjustizgebäudes am Sievekingplatz 3
Wir versammeln uns am 3. Februar 2022 ab 8:00 Uhr vor dem Strafjustizgebäude am Sievekingplatz.
TOUCH ONE – TOUCH ALL – Freispruch für Sista Oloruntoyin!
]]>This is to inform that there will be a criminal court case against Sista Oloruntoyin of the Black Community Coalition of Justice & Self-Defence
on 03. February 2022, at 09:00 am,
at courtroom 176
Amtsgericht Hamburg
(Strafjustizgebäude/Criminal Justice Building, Sievekingplatz 3)
Sista Oloruntoyin (LaToya Manly-Spain) faces criminal charges for allegedly “holding a prohibited or unregistered manifestation and rally in spite of ban or police order to disperse in accordance with Paragraph 26 of the law on assemblies”. About 5000 protesters joined in solidarity to send a strong signal across the globe. We are seeing this juridical criminalisation of Sista Oloruntoyin as an attack on the Black Community in Hamburg and all protesters. We call on all civil society groups and organisations to come out in active support and solidarity.
Political action against racist police brutality should not be criminalised. The CoVid Pandemic cannot be abused to repress political action. It will be a public court case. The amount of visitors will be limited according to current Corona restrictions and the size of the courtroom. However there will be an active protest also outside.
To enter the court, one does not have to show any documents. Mobile phones or cameras are not allowed – but paper and pens for documentation are.
JUSTICE FOR FLOYD! -STOP KILLING BLACKS! – STOP THE RACIAL TERRORISM IN THE USA! Solidarity with the family of George Floyd and with the families of all unarmed Blacks killed by agents of state and armed civilians in the USA and Worldwide – TOUCH ONE! TOUCH ALL! – BLACK LIVES MATTER!
Stop the scape-goating of Black women activists!
Come to the court hearing and in front of the courthouse and show your solidarity within and together with the Black Community in Hamburg against the repressive Hamburg jurisprudence!
Our solidarity against their repression!
Political actions against racist police brutality should not be criminalised!
Peaceful protest is not a crime and organizers of assemblies are not vicarious agents of police decisions!
TOUCH ONE – TOUCH ALL – Acquittal for Sista Oloruntoyin!
The Hamburg District Court has issued a criminal order against Sista Oloruntoyin (LaToya Manly-Spain) of the Black Community Coalition for Justice & Self-Defence, who had taken over responsibility as one of the organizers and leaders of the “Justice For Floyd”, ‘BlackLivesMatter protest rally on June 5, 2020 in front of the US Consulate.
If found guilty, she is facing the danger of 2 months imprisonment.
She will now be publicly tried on
February 3, 2022 at 9:00 a.m.
Courtroom 176 of the Hamburg Criminal Justice Building at Sievekingplatz 3
We will gather in front of the Criminal Justice Building at Sievekingplatz on FEBRUARY 3. 2022 starting at 8:00 am.
BACKGROUND
On May 25, 2020, Brother George Floyd was brutally murdered with cameras filming in Minneapolis by police officer Derek Chauvin, who spent an agonizing 9 minutes and 25 seconds kneeling on the neck of Brother George Floyd, taking away his breath and life. The gruesome video not only traumatized Black people worldwide, but also triggered international protests on all continents. The Hamburg protests in solidarity took place after running days of mass protests in the U.S. on June 5 with 5,000 participants* in front of the U.S. Consulate at Alsterufer and on June 6, 2020 in front of Rathaus -City Hall and on Jungfernstieg with a total of 15,000 people.
The June 5, 2020 protest rally was organized and registered on with an expected 5,000 participants. The police allowed a maximum of 250 people according to their interpretation of the Hamburg’s Corona Protection Ordinance. The Black Community, African organisations, Black political associations and Hamburg civil society successfully joined in the global outrage against racist police brutality – despite Corona for two consecutive days!
This global mass protests in solidarity with the George Floyd family and the Black Lives Matter-movement worldwide strongly contributed to a shift of paradigm in the criminal case: the police officers involved were fired promptly, and the killer was meanwhile found guilty of all charges and is sentenced. This course of accountability and justice for a Black life being brutally taken by an officer of state was and still is an extraordinary exception from the painful reason of state with systematic impunity for the killers of Black lives and could only be pushed through by means of organised civil disobedience and worldwide mass protests as took place on June 5 in Hamburg.
The repressive mind set of the public prosecution of Hamburg in targeting and prosecuting just one Black activist woman for the crucial and appropriate anti-racist civil disobedience is an attack on our Black/ African /Migrant Communities while the same prosecution office turned down all charges against those responsible staff of the UKE hospital responsible for the killing of Brother Tonou Mbobda on April 21 in 2019 exposes the racial bias and perversion of values and laws of this institution. The cases of Brother Tonou Mbobda, Brother Yaya Jabbie and Brother Achidi John who all have been killed at the hands of state and or together with state institution display the very same systemic racism and structural racist impunity that generated the need for the very anti-racist mass protests of June 5 and 6 2020 in the first place.
We therefore call on Hamburg civil society and to renew their solidarity once again – this time with the Black Community in Hamburg and Sista Oloruntoyin in court and in public!
Come to the court hearing and in front of the courthouse and show your solidarity against the repressive Hamburg jurisprudence!
Our solidarity against their repression!
Political actions against racist police brutality should not be criminalised!
Peaceful protest is not a crime!
Black Lives Matter! – also that of Black political activists in the fight against a racist police justice!
Note:
February 3, 2022 at 9:00 a.m.
Courtroom 176 of the Hamburg Criminal Justice Building at Sievekingplatz 3
We will gather in front of the Criminal Justice Building at Sievekingplatz on February 3, 2022 starting at 8:00 am.
TOUCH ONE – TOUCH ALL – Acquittal for Sista Oloruntoyin!
]]>DE – EN (below)
Am 9. Dezember 2001 wurde unser Bruder Achidi John (Michael Paul Nwabuisi) am Institut für Rechtsmedizin des Hamburger UKE von Dr. Ute Lockemann und mehreren Polizeibeamten durch die Anwendung der Brechmittelfolter brutal ermordet. Bruder Achidi John wehrte sich in Todesangst gegen die zwangsweise Einflößung des Brechmittels Ipecacuanha und warnte seine Mörder*innen mehrfach und eindringlich mit den Worten: „I will die!“. Bruder Achidi John wurde von insgesamt 5(!) Polizisten brutal fixiert, während die Ärztin Dr. Lockemann mehrfach versuchte, eine Magensonde durch seine Nase einzuführen, um dann 30ml Brechmittel und 800ml Wasser zwangsweise in ihn hineinzupumpen. Als Bruder Achidi John durch das Einflößen dieser Menge an Flüssigkeiten in seine Lungen das Bewusstsein verlor, ins Koma fiel und starb, unternahmen seine Peiniger*innen nichts und unterstellten ihm stattdessen, er würde sein Sterben nur „simulieren“. Erst nachdem eine anwesende Medizinstudentin keinen Puls mehr fühlen konnte und intervenierte, wurde ein Reanimationsteam des UKE hinzugerufen, die sein Leben allerdings nicht mehr retten konnten. Bruder Achidi John wurde notfallmäßig zur intensivmedizinischen Alibi-Behandlung und zur Vertuschung der Nachweismöglichkeit der Einflößung des Brechmittels in seine Lungen noch 3 weitere Tage maschinell „beatmet“. Die behandelnden Intensivmediziner gaben der Anwältin der Familie zu verstehen, dass ihnen quasi ein Leichnam zur „Behandlung“ übergeben worden war. Am 12. Dezember 2001 wurde der Leichnam dann offiziell für hirntot erklärt und die Beatmungsmaschine abgestellt.
Bis heute ist niemand der Beteiligten für die Ermordung unseres Bruders Achidi John zur Verantwortung gezogen worden – ganz im Gegenteil: der Ermordete wurde per Sektionsdiagnose eines angeblichen Herzfehlers quasi selbst für seinen eigenen Tod verantwortlich gemacht. Keiner der verantwortlich handelnden, anordnenden und ermöglichenden Personen, Institutionen oder Behördenvertreter*innen hat sich bisher bei der Familie des brutal Getöteten entschuldigt oder gar die offensichtliche Verantwortung für den gewaltsamen Tod von Bruder Achidi John übernommen. Alle Beteiligten sind nicht nur unbehelligt in Amt und Würden verblieben, sondern stiegen allesamt trotz oder gerade wegen ihrer Beteiligung in ihren Karriereleitern auf. Der prominenteste Aufsteiger ist der gerade frisch gewählte Bundeskanzler Olaf Scholz, der die Brechmittelfolter im Juni 2001 als damalig zwischenzeitlicher Innensenator in Hamburg offiziell und entgegen schwerwiegender medizin-ethischer, juristischer und menschenrechtlicher Bedenken zu Wahlkampfzwecken einführte. Die tötende Ärztin Dr. Ute Lockemann stieg im Institut für Rechtsmedizin zur Professorin auf und der Leiter Prof. Dr. Klaus Püschel erhielt die Durchführung der Brechmittelfolter an seinem Institut bis zu seiner Pensionierung im November 2020 trotz eindeutiger Beschlüsse der Bundesärztekammer und der Hamburger Ärztekammer und entgegen der Medizinethik und den einschlägigen ärztlichen Sorgfaltspflichten aufrecht, ohne irgendwelche Konsequenzen fürchten zu müssen.
Der systemisch institutionalisierte Rassismus der Brechmittelfolter, die durch Olaf Scholz in Hamburg trotz weitreichender medizinischer Risiken und rechtlicher Bedenken eingeführt wurde, spiegelt sich schon darin wieder, dass die „Zielgruppe“ der Maßnahme v.a. Menschen Afrikanischer Herkunft in der sog. „öffentlich wahrnehmbaren Drogenkriminalität“ waren, obwohl Experten in der Drogenkriminalitätsbekämpfung den „Marktanteil“ dieses Sektors mit lediglich um die 5% des gesamten Hamburger Drogenhandels beziffern. Die Law & Order-Maßnahme ist damit eindeutig populistischer Natur und grundsätzlich nicht geeignet, das Problem der Drogenkriminalität in Hamburg tatsächlich oder effektiv zu bekämpfen. Sie appelliert an eine selektive Wahrnehmung in einem rassistischen Konsens und wurde in ihrer Menschenverachtung und Tötungsbereitschaft nur deswegen beschlossen und exekutiert, weil als Zielgruppe v.a. Menschen Afrikanischer Herkunft bestimmt waren. Wesentliche Voraussetzung dieses institutionalisierten Rassismus war und ist dabei auch eine rassistische Justiz, die die gewalttätigen Handlungen von Täter*innen und Mörder*innen im Regelfall von einer Strafverfolgung befreit, obwohl diese vorsätzlichen Körperverletzungen und Tötungen immer in Kenntnis der bestehenden Risiken ausgeführt worden sind und ohne die die verursachten körperlichen und psychischen Schäden oder Todesfälle so gar nicht hätten eintreten können. Die ignorante Verweigerung einer Anerkenntnis der Verantwortung im Zusammenhang mit der verbrecherischen Brechmittelfolterpraxis ist die letzte Konsequenz des staatlichen Rassismus gegen Menschen Afrikanischer Herkunft, die das klare Signal beinhaltet, dass weder die politischen Verantwortlichen im Hamburger Senat, noch die medizinisch Verantwortlichen am UKE und erst recht die juristischen Verantwortungsträger irgendeine Notwendigkeit sehen oder die Absicht haben, diesen rassistisch institutionalisierten Status Quo zu beenden. Menschen Afrikanischer Herkunft sollen in Hamburg offensichtlich auch weiterhin straflos und systematisch diskriminiert, kriminalisiert, misshandelt, gefoltert und umgebracht werden dürfen.
Wir fordern die offizielle Anerkenntnis der verbrecherischen Verantwortung aller Beteiligten an der Hamburger Brechmittelfolter und eine offizielle Entschuldigung mit Entschädigung der Betroffenen und Hinterbliebenen, um Menschen Afrikanischer Herkunft glaubhaft zu signalisieren, dass einen tatsächlichen politischen und institutionellen Willen gibt, aus der menschenverachtenden Geschichte zu lernen und Anti-Schwarzen Rassismus in behördlichen und institutionellen Praktiken wirksam zu beenden. Ohne Anerkenntnis und Entschädigung der Betroffenen der Hamburger Brechmittelfolter wird die Tradition des systematischen Anti-Schwarzen Rassismus‘ per Racial Profiling einfach fortgeschrieben werden.
Wir rufen gemeinsam mit der Initiative in Gedenken an Achidi John zu den Protestkundgebungen am 10. Dezember 2021
um 15 Uhr vor dem UKE-Haupteingang
und
um 16:30 Uhr vor dem Institut für Rechtsmedizin
auf, um an Bruder Achidi John und die Verantwortung des UKE und der Rechtsmedizin für den Mord an ihm zu erinnern!
TOUCH ONE – TOUCH ALL !
BLACK COMMUNITY Coalition for Justice & Self-Defence
Mehr Informationen zum Protest und der Hamburger Brechmittelfolter ->
EN
On December 9, 2001, our Brother Achidi John (Michael Paul Nwabuisi) was brutally murdered at the Institute of Forensic Medicine of the Hamburg UKE by Dr. Ute Lockemann and several police officers through the use of emetic torture. Brother Achidi John, in fear of his life, resisted the forced administration of the emetic Ipecacuanha and warned his murderers repeatedly and urgently by shout out: „I will die! Brother Achidi John was brutally restrained by a total of 5(!) police officers, while the doctor Dr. Lockemann tried several times to insert a stomach tube through his nose in order to then forcefully pump 30ml of emetic and 800ml of water into him. When Brother Achidi John lost consciousness, went into a coma and died as a result of this amount of fluids being pumped into his lungs, his tormentors did nothing and instead insinuated that he was only „faking“ his dying. Only after a medical student present could no longer feel a pulse and intervened, a resuscitation team from the UKE was called in, but they were unable to save his life. Brother Achidi John then was artifially „ventilated“ by machine for 3 more days as a matter of an intensive care alibi treatment to cover up any proof that the emetic had been wrongfully instilled into his lungs. The attending intensive care physicians told the family’s lawyer that they had virtually been given a corpse for „treatment“. Then, on December 12, 2001, the body was officially declared brain dead and the ventilator machine was turned off.
To this day, none of those involved have been held responsible for the murder of our Brother Achidi John – in fact, even the contrary is true: the murdered man was made responsible for his own death by a postmortem diagnosis of an alleged heart abnormality. None of the responsible acting, ordering and enabling persons, institutions or authority representatives have so far apologized to the family of the brutally killed or even accepted the obvious responsibility for the violent death of brother Achidi John. All those involved have not only remained in office unmolested, but have all risen in their career ladders despite or perhaps because of their involvement. The most prominent climber is the newly elected German Chancellor Olaf Scholz, who officially introduced emetic torture for election campaign purposes in June 2001 as the then interim Senator of the Interior in Hamburg, despite serious medical-ethical, legal and human rights concerns. The killing doctor Dr. Ute Lockemann rose to the position of professor at the Institute of Forensic Medicine and the director Prof. Dr. Klaus Püschel maintained the implementation of emetic torture at his institute until his retirement in November 2020, despite clear resolutions of the German Medical Association and the Hamburg Medical Association and contrary to medical ethics and the relevant medical duties of care, without having to fear any consequences.
The systemic institutionalized racism of the emetic torture, which was introduced by Olaf Scholz in Hamburg despite far-reaching medical risks and legal concerns, is already reflected in the fact that the „target group“ of the measure were mainly People of African Descent in the so-called „publicly perceivable drug crime scene“, although experts in the fight against drug crime put the „market share“ of this sector at only about 5% of the total drug trade in Hamburg. The Law & Order measure is thus clearly populist in nature and fundamentally unsuitable for actually or effectively combating the problem of drug-related crimes in Hamburg. It appeals to a selective perception within a racist consensus and, in its contempt for humanity and readiness to kill, was decided upon and executed only because People of African Descent, in particular, were designated as the very group to be targeted. An essential prerequisite of this institutionalized racism was and is a racist judiciary, which as a rule exempts the violent actions of perpetrators and murderers from criminal prosecution, although these intentional bodily injuries and killings were always carried out with explicit knowledge of the existing risks and despite the fact, that the physical and psychological damage or deaths caused could not have occurred without these very actions. The ignorant refusal to acknowledge accountability in connection with the criminal emetic torture practice is the last consequence of state racism against People of African Descent, which implies the clear signal that neither those politically responsible in the Hamburg Senate, nor those medically responsible at the UKE, and certainly not those legally responsible, see any need or have any intention to end this racist institutionalized Status Quo. It shall obviously be allowed to continue to discriminate, criminalize, mistreat, torture and kill People of African Descent in Hamburg systematically and with impunity.
We demand the official acknowledgement of the criminal responsibility of all those involved in the Hamburg emetic torture and an official apology including compensation for the victims and survivors, in order to credibly signal to People of African Descent that there is a real political and institutional will to learn from the inhumane history and to effectively end anti-Black racism in official and institutional practices. Without recognition and compensation for those affected by the Hamburg emetic torture, the tradition of systematic anti-Black racism via racial profiling will simply be perpetuated.
Together with the Initiative in Remembrance of Achidi John, we call for
protest rallies on December 10, 2021
at 3 p.m. in front of the UKE main entrance
and
at 4:30 p.m. in front of the Institute of Forensic Medicine
to remember our Brother Achidi John and reinforce the accountability of the UKE and the Institute of Forensic Medicine for his murder!
TOUCH ONE – TOUCH ALL !
BLACK COMMUNITY Coalition for Justice & Self-Defence
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PDF InfoVA 26.11.21 Oury Jalloh
Mehr Informationen zu den 5 Gutachten der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh: https://blackcommunityhamburg.blackblogs.org/2021/11/21/oury-jalloh-wurde-von-deutschen-polizisten-gefoltert-ermordet-und-verbrannt/
]]>EN – PDF_Oury Jalloh was tortured, murdered and burned to death by German police officers!
DE – PDF_Oury Jalloh wurde von deutschen Polizisten gefoltert ermordet und verbrannt!
Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh hat am 3. November 2021 ihr mittlerweile fünftes zivilgesellschaftlich beauftragtes Gutachten im Fall Oury Jalloh vorgestellt. Dieses Brandgutachten des renommierten britischen Brandforensikers Iain Peck von den Principal Forensic Services UK beruht auf den Erkenntnissen aus einer detailgetreuen Rekonstruktion der Situation in der Todeszelle Nr. 5 des Dessauer Polizeirevieres am 7. Januar 2005 in einem originalgetreuen Zellennachbau dieser Zelle. Peck weist damit forensisch und damit wissenschaftlich fundiert nach, dass das Brandbild des 7. Januar 2005 nur unter Verwendung eines Brandbeschleunigers entstanden sein kann.
Nach fast 17 Jahren ist damit nun endgültig wissenschaftlich bewiesen, dass die Täter-Opfer-Umkehr der sog. „Selbstentzündungshypothese“ von Polizei, Justiz und Politik eine haltlose Verschwörungstheorie war und ist. Kein tatsächliches Beweismittel sprach jemals direkt dafür, aber viele direkt und indirekt dagegen. Ihre offenkundige Funktion bestand darin, die Täter*innen zu schützen und der Familie, den Angehörigen und Freund*innen, aber auch der Öffentlichkeit die Wahrheit über einen Mord vorzuenthalten. Die bis heute faktisch unbelegte Feuerlegung durch Oury Jalloh selbst ist eine nachweisliche Vorfestlegung der Ermittlungsbehörden, ohne die ihre Unterlassungen, Manipulationen und Vertuschungen in den bisherigen Ermittlungsverfahren im Fall überhaupt erst einen „Sinn“ ergeben. So waren es nicht die zuständigen Staatsanwaltschaften und Gerichte, die alle wesentlichen und heute bekannten Fakten des Falles ermittelt haben, sondern das zivilgesellschaftliche Engagement der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh, die diese Fakten in 5 unabhängigen Gutachten und gemeinsam mit den Rechtsanwält*innen der Familie offengelegt und nachgewiesen hat.
Das erste von der Initiative unabhängig beauftragte Gutachten war eine Zweitautopsie im März 2005 mit Durchführung einer von der Staatsanwaltschaft Dessau auf Antrag der Familie rechtswidrig verweigerten CT-Röntgenuntersuchung des Leichnams von Oury Jalloh. Dabei wurde u.a. ein Nasenbeinbruch festgestellt, der in einer späteren Untersuchung noch eine gewichtige Rolle spielen sollte.
Im ersten Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Dessau wurden die nur wegen unterlassener Hilfeleistung angeklagten Polizeibeamten 2008 freigesprochen, obwohl der Vorsitzende Richter Manfred Steinhoff selbst deren offensichtliche Lügen angeprangert, aber nichts dagegen unternommen hatte. Nach erfolgreicher Berufung gegen dieses Urteil vor dem BGH im Jahre 2010, fand ab 2011 ein zweites Gerichtsverfahren vor dem Landgericht Magdeburg statt, bei dem das am Tatort nicht gefundene, aber 3 Tage später angeblich in einer Brandschutttüte gefundene Feuerzeug auf Antrag der Familie erstmals spurentechnisch untersucht wurde. Das Ergebnis: keinerlei Spuren vom Tatort – nicht von Oury Jalloh, nicht von seiner Kleidung, nicht von der Matratze – dafür aber ausschließlich tatortfremde Fasern, Tierhaare und die DNA eines männlichen Europäers! Als dann der daraufhin gestellte Antrag der Familie auf ein (bisher noch nie durchgeführtes!) umfängliches Brandgutachten abgelehnt wurde und das Gericht stattdessen eine Einstellung des Verfahrens wegen „Unaufklärbarkeit“ und angeblich fehlendem öffentlichen Interesse vorschlug, war klar, dass der Fall unter keinen Umständen aufgeklärt werden sollte. Das war der Moment, in dem die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh entschied, die vollständige Aufklärung der Todesumstände selbst in die Hände zu nehmen. Das Magdeburger Gericht verurteilte den angeklagten Dienstgruppenleiter Andreas Schubert 2012 schließlich zu einer Geldstrafe von 10.800€ wegen unterlassener Hilfeleistung und begründete im Urteil, dass es von einer Feuerlegung durch Oury Jalloh selbst „überzeugt“ sei, obwohl ihm nachweislich gar kein Zündmittel dafür zur Verfügung gestanden haben kann.
Für das erste Brandgutachten fragte die Initiative bei verschiedenen deutschen Brandexperten nach, die jedoch allesamt absagten, sobald sie den Namen Oury Jalloh hörten. Da Brandsachverständige ihre Aufträge von Gerichten erhalten, war keiner von ihnen bereit, in einem gerichtlich offensichtlich unerwünschten Fall tätig zu werden. Schließlich fand die Initiative Maksim Smirnou – einen Brandexperten in Irland, der die verschiedenen Brandversuche mit und ohne verschiedene Brandbeschleuniger in verschiedenen Mengen und einem toten Schweine-Dummy in einem mit der Todeszelle Nr. 5 vergleichbar großen Raum durchführte. Seine Ergebnisse wurden am 12. November 2013 auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt: Feuerfeste Matratzen brennen ohne Brandbeschleuniger nicht selbständig ab und ein vergleichbares Brandbild entstand erst unter Verwendung von 5 Litern Benzin (https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/brandgutachten/).
Im zweiten Schritt beauftragte die Initiative dann ein internationales Team von Principal Forensic Services UK mit den britischen Brandforensiker*innen Emma Jane Wilson und Iain Peck, dem kanadischen Rechtsmediziner Dr. Alfredo E. Walker sowie dem Toxikologen Mike Scott-Ham mit einer Analyse der vorliegenden Aktenlage zu den staatsanwaltlichen und gerichtlichen Ermittlungen. Die Forensikexpert*innen stellten alle für ihre jeweiligen Fachgebiete fest, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft mangelhaft, einseitig, nicht im Einklang mit wissenschaftlichen Standards und die aufgestellten Hypothesen und „Überzeugungen“ nicht nachvollziehbar sind. Der Toxikologe schloss eine immer wieder behauptete Mischintoxikation durch illegalisierte Drogen und darüber hinaus eine gezielte komplexe Handlungsfähigkeit des Opfers bei dem vorliegend erheblichen Alkoholpegel im Leichenblut aus. Der Rechtsmediziner bemängelte eine auffällig lückenhafte und zum Teil falsch beschriftete Fotodokumentation der behaupteten makroskopischen Befunde der Leichenschau sowie das unerklärlich zerstörerische Brandbild und die Brandforensiker*innen monierten eine völlig unzureichende Tatortermittlung, bei der weder unmittelbar ein Brandsachverständiger eingeschaltet, bei dem auffälligen Brandbild nicht unmittelbar vor Ort nach Brandbeschleunigern gesucht, Teile des Brandschuttes und die rechte Handfessel einfach entsorgt wurden und ein Feuerzeug angeblich „übersehen“ worden sein soll, obwohl diverse Kleinstteile, wie z.B. ein Reißverschluss-Zipper aufgelistet waren ohne jedoch nachvollziehbar zu dokumentieren, wo genau diese aufgefunden worden waren. Insgesamt seien eine Brandlegung und das Erreichen des zerstörerischen Brandbildes nur mit Hilfe eines Feuerzeuges eher unwahrscheinlich und das erst später „aufgetauchte“ Feuerzeug ohne Spuren vom Tatort kann nicht das unterstellte „Tatwerkzeug“ sein. (https://initiativeouryjalloh.wordpress.com/2015/10/12/pressekonferenz-am-27-10-2015-in-berlin/)
Die durch diese beiden Gutachten und die öffentliche Berichterstattung dazu erheblich unter Druck geratene Staatsanwaltschaft Dessau beauftragte daraufhin das sog. Institut für Brand- und Löschforschung Sachsen und den Schweizer Forensiker Dr. Kurt Zollinger mit der Durchführung eines ersten eigenen vollständigen Brandversuches, welcher am 18. August 2016 ohne vorherige Bekanntgabe der technischen Details an die Rechtsvertreterinnen der Familie in Dippoldiswalde durchgeführt wurde. Trotz eines äußerst fragwürdigen Versuchsaufbaues, der in wesentlichen Punkten nicht mit der Tatortsituation in der Todeszelle Nr. 5 am 7. Januar 2005 übereinstimmte, kamen die Gutachter letztlich zu dem gleichen Ergebnis wie die zuvor von der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh beauftragten unabhängigen Gutachten: „Zwischen den Sachverständigen der Brandexpertise und der Medizin bestand Einigkeit darüber, dass auch unter Einbeziehung der neuen Ergebnisse vom bisherigen Ablauf des Todesgeschehens von Oury Jalloh nicht mehr ausgegangenen werden kann. Das heißt, die Theorie der Selbstanzündung erschien nicht mehr Gegenstand des Möglichen.“ (https://www1.wdr.de/daserste/monitor/sendungen/oury-jalloh-110.html)
Daraufhin informierte der Leitende Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Dessau Anfang April 2017 die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg darüber, dass er aufgrund der Ergebnisse des hauseigenen Gutachtens die Einleitung eines Mordermittlungsverfahrens gegen 2 namentlich benannte Polizeibeamt*innen für begründet erachte und entsprechend der Strafanzeige der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh eine Übernahme des Verfahrens durch den Generalbundesanwalt befürwortet. Die Generalstaatsanwaltschaft entzog ihm daraufhin das Ermittlungsverfahren und übergab es Anfang Juni zur „Prüfung“ an die Staatsanwaltschaft Halle, welche es nach nur 3-monatiger formeller Aktendurchsicht (der interne Abschlussbericht datierte bereits auf den 30. August 2017) und ohne Befragung der zuletzt beteiligten Gutachter am 12. Oktober 2017 offiziell einstellte. Die kurz darauf zur Leitenden Oberstaatsanwältin der Staatsanwaltschaft Halle berufene OStÄ Heike Geyer führt in der Einstellungsverfügung aus: Es habe „keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für die Beteiligung Dritter“ an der Brandlegung gegeben und betont ausdrücklich die angeblich „widerstreitenden, sich teils wechselseitig ausschließenden Darlegungen“ der Sachverständigen – „Bloße Vermutungen und Möglichkeiten begründen keinen Anfangsverdacht“.
Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg begrüßte diese Einstellung anstandslos und begründete diese im folgenden Klageerzwingungsverfahren am Oberlandesgericht Naumburg im Kern mit der „Überzeugung“ der Landesgerichtes Magdeburg, dass sich Oury Jalloh ohne ein am Tatort aufgefundenes Feuerzeug und entgegen aller vorgebrachten gutachterlichen Stellungnahmen selbst angezündet haben „muss“.
Die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh organisiert daraufhin die Gründung einer „Internationalen Unabhängigen Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Tod von Oury Jalloh“, welche sich am Wochenende des 27./28. Februar 2018 in Berlin konstituiert und gemeinsam mit der Initiative ein radiologisches Fachgutachten zur CT-Untersuchung an Oury Jallohs Leiche an der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität in Auftrag gibt. Am 18. Oktober 2019 stellt Prof. Dr. Boris Bodelle in seiner radiologischen Neubegutachtung der CT-Aufnahmen der unabhängigen Zweitautopsie aus dem Jahre 2005 im eigenen Hause fest: “Nach Begutachtung der Bilddateien der Computertomographie vom 31.03.2005 des Leichnams des Oury Jalloh sind Knochenbrüche des Nasenbeins, der knöchernen Nasenscheidewand sowie ein Bruchsystem in das vordere Schädeldach sowie ein Bruch der 11. Rippe rechtsseitig nachweisbar. Es ist davon auszugehen, dass diese Veränderungen vor dem Todeseintritt entstanden sind.”
Das neue Gutachten wurde umgehend in das anhängige Klageerzwingungsverfahren am Oberlandesgericht Naumburg eingeführt, von den dort zuständigen Richter*innen des Ersten Strafsenates jedoch vernachlässigt. Der OLG-Strafsenat verwarf am 23. Oktober 2019 den Klageerzwingungsantrag aus „formellen Gründen“ und weil er inhaltlich „unbegründet“ sei ab, da ja bereits die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg einen hinreichenden Tatverdacht in ihrem Prüfvermerk vom 4. Dezember 2018 „zu Recht verneint hat“.
Das aktuelle, fünfte und vorerst letzte unabhängige Gutachten stellte die Initiative in Gedenken an Oury Jalloh nun am 3. November 2021 vor. Dabei hatte der britische Brandforensiker Iain Peck von Principal Forensic Services UK seine Erkenntnisse aus seiner Analyse der Ermittlungsakten und Kritik an den bisherigen Branduntersuchungen berücksichtigend, einen originalgetreuen Zellennachbau mit detailgetreuer Rekonstruktion der Gegebenheiten in der Todeszelle Nr. 5 nachbauen und einrichten lassen. Ein eigens aus einer Skelettnachbildung mit Einlage von Schweineorganen, Auflage von Schweinefleisch und kompletter und mit verdünnter Schweinehaut umnähter Körper-Dummy wurde dabei erstmals auf einer übergroßen feuerfesten Matratze 4-Punkt-fixiert und verschiedenen Brandszenarien mit und ohne Brandbeschleunigern unterworfen. Im Ergebnis dieser Brandversuche ist es nach Ansicht des Gutachters “höchstwahrscheinlich, dass am 7. Januar 2005 eine Menge einer flüchtigen entzündbaren Flüssigkeit wie Benzin über Herrn Jalloh gegossen und absichtlich entzündet wurde”. Darüber hinaus hat der Forensiker Peck im Vorfeld Bewegungsversuche mit einer gleichermaßen 4-Punkt fixierten Person auf einer Matratze in Originalgröße durchgeführt, die gezeigt haben, dass Oury Jalloh weder den Bewegungsspielraum noch andere Möglichkeiten hatte, die Matratze selbst anzuzünden. Das Ergebnis des Brandgutachtens zieht damit einen forensischen Schlussstrich unter die unhaltbare, ablenkende, vertuschende und letztlich nur das Opfer kriminalisierende „Selbstentzündungshypothese“ und entzieht dieser endgültig jede realistische Argumentationsgrundlage.
Die unabhängige zivilgesellschaftliche Aufklärungsarbeit der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh hat nicht nur alle wesentlichen Fakten und Belege des Falles akribisch zusammengetragen und nachgewiesen, dass Oury Jalloh am 7. Januar 2005 von deutschen Polizeibeamt*innen ermordet wurde – sie hat damit gleichzeitig auch das Verhalten der zuständigen Ermittlungsbehörden und Gerichte als systematisch befangen entlarvt. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaften und Gerichte waren zu keinem Zeitpunkt offen oder unabhängig, sondern immer einseitig fixiert und von der vorformulierten Deutungshoheit der Täter*innen von der angeblichen Selbstentzündung abhängig: So formulierte es der Videograph des LKA schon bevor die eigentliche Tatortarbeit begonnen hatte – so teilte es die zuständige Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau der Öffentlichkeit ohne wesentliche Ermittlungsgrundlage bereits in ihrer ersten (und gleichzeitig letzten!) Pressekonferenz zum Fall am 15. Februar 2005 mit – so übernahmen es die großen Strafkammern der Landgerichte Dessau 2008 und Magdeburg 2012 trotz nachweislicher Lügen und Falschaussagen der beteiligten Polizeibeamt*innen sowie der Generalbundesanwalt und der BGH 2014 trotz rechtsfehlerhafter Urteilsbegründung und schließlich das OLG Naumburg 2019 trotz des Vorliegens gleich mehrerer gegenteiliger Gutachtenaussagen und allesamt ganz ohne tatsächliche Beweise, die jemals direkt dafür gesprochen hätten…
Wir danken der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh für ihre konsequente und kontinuierliche Hartnäckigkeit im Kampf für Aufklärung und Gerechtigkeit und damit nicht zuletzt für die notwendige Gewissheit, die Grundlage für Aufarbeitung und Heilung in unseren immer wieder (re)traumatisierten Black Communities und Communities of Color in den Europäischen und der weltweiten Diaspora ist. Die Initiative hat bewiesen, dass sich die Behauptung von angeblich „nicht vorhandenen Ermittlungsansätzen“ nicht mehr aufrecht erhalten lässt und sich nur auf die bewusste Verschonung der Täter*innen beziehen kann, die man einfach nicht mit ihren Lügen und Falschaussagen konfrontieren will. Die offizielle Anerkennung durch Justiz und Politik, dass Oury Jalloh ermordet wurde, ist überfällig – wenn der Rechtsstaat trotzdem und weiterhin vor den Mörder*innen in den eigenen Reihen kapitulieren will, dann sollte das auch in aller Öffentlichkeit und genau so zum Ausdruck gebracht werden!
Wir rufen alle Schwarzen und von Rassismus betroffene Menschen dazu auf, die unabhängige zivilgesellschaftliche Aufklärungsarbeit gegen den rechtsstaatlichen Korpsgeist in Polizei, Staatsanwaltschaften, Justiz und Politik zu unterstützen und den Fall noch weiter bekannt zu machen und zu diskutieren! Desgleichen fordern wir die nicht betroffene Mehrheitsgesellschaft dazu auf, dafür Sorge zu tragen, dass Rechtsstaatlichkeit in Deutschland keine hohle, privilegierte und rassistische Überlegenheutsphrase bleibt!
Kommt am 7. Januar 2022 vor das Mörderhaus des Polizeirevieres Dessau um den 17. Todestag von Bruder Oury Jalloh zu einem besonderen Tag der Aufmerksamkeit und des Gedenkens an den Mord an ihm zu machen:
OURY JALLOH – Das war MORD!
Wir sehen uns also spätestens am 7. Januar 2022 in Dessau beim Gedenken an Bruder Oury Jalloh!
BLACK COMMUNITY Coalition for Justice & Self-Defence
]]>COMMUNITY SAFETY EDUCATION SERIES
WORKSHOP „All Youth against Police Brutality & Racism“ (Teil I)
Sonntag, 09.05.2021 | 19 – 21 h
Die Gewalt, die immer wieder durch die Polizei Hamburg ausgeübt wird, findet innerhalb des politischen Systems von Hamburg und Deutschland statt. Durch diese Gewalt wird der systemische Rassismus mit rassistischen Polizeikontrollen von marginalisierten Schwarzen Männern (Racial Profiling) reproduziert, sowie eine militarisierte Polizeipräsenz und Überwachung hergestellt, die das Risiko erhöhen, dass erneut BIPoC rassifizierte Polizei Gewalt erfahren.
Hintergrund
Politisch aktive junge AktivistInnen erfahren extreme Gewalt ganz besonders dann, wenn sie nicht Weiß sind. So wurden nach der #BlackLivesMatter-Demonstration am 6. Juni 2020 am Hauptbahnhof 36 Kinder und Jugendliche verhaftet, während andere Aktivist*innen durch die militarisierte Hamburger Polizei verprügelt und eingeschüchtert wurden und dadurch körperlichen Schaden nahmen. Ein Jahr später, wurden nun Asad und Musa auf dem Heimweg nach der #BlackLivesStillMatter-Kundgebung am 10. April 2021 an der Balduintreppe, von mehreren Polizisten gewaltvoll eingekesselt. Hierdurch erfuhr Musa Verletzungen, die zu einem Krankenhausaufenthalt führten. Im Sommer 2020 wurde ein 15-jähriger Junge von 8 Polizist*innen gewaltvoll eingeschüchtert und zu Boden geworfen, weil er mit einem E-Roller auf dem Bürgersteig fuhr. Oder der Altenpfleger John H., der von zivil gekleideten Polizisten vom Fahrrad gerissen und verletzt wurde, da er sich nach ihrer Ansicht durch die Ausübung seiner Pflegearbeit „verdächtig“ verhielt. Oder auch der Vorfall im Februar dieses Jahres, im Jenisch Park, wo ein Polizeiauto einen 17-jähriger Jungen rücksichtslos verfolgte, weil er seine Freunde ohne Maske umarmt hatte und dabei unter Beschädigung des Wagens mögliche Verletzungen der fußläufigen Polizist*innen und des Verfolgten fahrlässig in Kauf nahm.
Workshop – Beschreibung
Um die polizeiliche und politische Gewalt zu verstehen, wird der erste Workshop „All Youth Against Police Brutality“ mit Unterstützung von Brother Ogun Babadele eine Reflektion zur Kontinuität der Gewalttaten der Polizei in Hamburg und darüber hinaus geben, die politischen Motivationen hinter diesen „polizeilichen Maßnahmen“ betrachten, Informationen und Erfahrungswerte zur Rechtmäßigkeit und Straflosigkeit von Polizeigewalt erläutern sowie darüber aufklären, was deine Rechte sind wenn du Gewalt erfährst oder wie Du anderen Betroffenen am besten helfen kannst.
Referent
Brother Ogun Babadele ist Teil der Annwohner*inneninitiative Balduintreppe und befasst sich seit Jahren mit der Dynamik und Logik hinter polizeilichen Eingriffen gegen junge Schwarze Männer in St. Pauli Süd, die letztlich zu der Ermordung von Yaya Jabbi 2016 führten.
Schreib an [email protected] für Zoom-Link zur Teilnahme und nimm an unseren gemeinsamen kritischen Nachforschungen teil!
EN
COMMUNITY SAFETY EDUCATION SERIES
WORKSHOP „All Youth against Police Brutality & Racism“ (Part I)
Sunday, 09.05.2021 | 19 – 21 h
The violence that is repeatedly carried out by the Hamburg police, takes place within the political system of Hamburg and Germany. Systemic racism is reproduced through these demonstrations of power. Racist police stop & frisk of marginalized Black men (Racial Profiling), as well as militarized police presence and surveillance increases the risk of BIPoC to experience repetitive racialized police violence.
Background
Politically active young activists experience brutal and extreme violence at the hands of the police, especially if they are not white. Groups of minors were arrested after the Black Lives Matter Demonstrations on the 6th of June 2020, other activists were brutalized, intimidated, now having to face charges for the violence they had actually to endure from the hands of the police. Musa and Asad were accosted, on their way home, by multiple police officers, for speaking up during the #BlackLivesStillMatter
Demonstration on the 10th of April 2021. Resulting in injuries for which Musa had to stay in the hospital overnight. In Summer of 2020, the pointless and unnecessarily drastic measures taken against the 15-year-old boy who was, consequently, pushed to the ground and accosted by multiple police officers for driving a scooter on the sidewalk. Or the caregiver who was tackled to the ground by two police officers for “looking suspicious” (aka for being black). Or recently, the incident in Jenisch Park in February of this
year, in which a 17-year-old boy was crazily and violently chased by a police car and multiple officers, for hugging his friends without a mask.
Workshop description
The All Youth against Police Brutality workshop series are about police and political violence, reflecting on the continuity of police violence in Hamburg and beyond, looking at the political motivations behind these „police actions“, provide information and experiences on legality and impunity of police violence as well as educate on what your rights are when you experience violence or how you can best help others.
Referent
With the help of Brother Ogun Babadele, who is part of the Neighborhood-Initiative Balduintreppe we will try to understand the dynamics and the logics of police actions against young black men in St. Pauli Süd, which ultimately killed Yaya Jabbi in 2016.
Mail to [email protected] for the Zoom-link and join our critical examinations!
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