Free Schubi https://freeschubi.blackblogs.org Sun, 24 Mar 2019 11:43:24 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://freeschubi.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/777/2019/01/cropped-cropped-hangarheader-1-32x32.jpg Free Schubi https://freeschubi.blackblogs.org 32 32 Eine Haft – ein Verfahren – ein Urteil https://freeschubi.blackblogs.org/2019/03/24/eine-haft-ein-verfahren-ein-urteil/ Sun, 24 Mar 2019 11:43:24 +0000 http://freeschubi.blackblogs.org/?p=402 Continue reading ]]> Vor über vier Jahren wurde Schubis Wohnung durchsucht und er wurde für über ein Jahr in den Knast gesteckt. Bei uns, seinen Freund_innen und Genoss_innen, waren es Momente von Schock, Ohnmacht und Wut. In diesen Jahren ist viel passiert, der lange Gerichtsprozess, seine Freilassung,das Urteil und das lange Warten auf die Revisionsentscheidung vom Bundesgerichtshof. Da Schubi nun seiner Freiheit,seiner Familie, und uns, seinen Freund_innen, entrissen wird, wollen wir einen Rückblick leisten. Dieser Rückblick ist ein Gastbeitrag von einer
einzelnen Person, die die letzten Jahren aus ihrer persönlichen Sicht
schildern möchte.

Gastbeitrag

Die Stunden, Tage und Wochen nach der Inhaftierung einer geliebten und befreundeten Person sind für die draußen Geblieben wie für den/ die Inhaftierte*n eine Zumutung. Es ist dieses Gefühl von Leere, Unwissenheit und Handlungsunmöglichkeit, den diese Repression bewirken soll. Seit Schubis Verhaftung im Dezember 2014 bis zur Verkündung des Haftbefehls vergingen quälende 3 Monate und auch danach waren wir als Unterstützer*innen auch nicht schlauer – die Vorwürfe: versuchter Totschlag durch Steinwürfe während eines Spiels des FC Hansa Rostock, U-Haft wegen Fluchtgefahr. Wir waren fassungslos. Bis es zum ersten Verhandlungstag Anfang Juni 2015 kam, wurden derweil weitere Tatvorwürfe durch die Staatsanwaltschaft hinzugefügt, und der eigentlich erste anberaumte Verhandlungstermin verstrich durch verschlampte rechtzeitige Ladungszustellung durch das Gericht. Auch waren die Laienrichter_innen (Schöff_innen) am Landgericht durch ein unzulässiges Nachrückverfahren falsch besetzt worden, was das Gericht lächerlicherweise dadurch umging, noch einen Schöffen mehr in die Verhandlung zu setzen, anstatt die Wahl rechtmäßig neu anzuordnen. Während dessen las der Richter fröhlich die postalische Korrespondenz zwischen Schubi und seinen Freund_innen und seinen Anwälten mit. Letzteres ist grundrechtswidrig.
Es gingen viele Verhandlungstage ins Land, in denen sich der Richter als Kleiner Mann mit Hut ganz groß als Herr seines Saales inszenierte, solidarische Beobachter*innen des Prozesses mit Oberlehrer-Manier aus den 50er Jahren versuchte zu „maßregeln“ und sich gegen Kritik an seinen eigenen Fehlern in Form von Befangenheitsanträgen oder der Feststellung von Verfahrensfehlern durch die Verteidigung jedes Mal aalglatt verwehrte.
Ich musste oft an Passagen aus dem Geschichtsunterricht denken, wenn die Formulierung „Einem Einzelnen ausgeliefert sein“ im Zusammenhang mit dem MfS (Stasi, DDR) fiel. Im Angesicht des Gerichtssaales begang ich langsam zu verstehen. Die zwei beisitzenden Richter*innen waren neben ihrem buhlenden Oberchef traurige Gestalten, die wohl immer einmal mehr das Maul hielten, um in der Karriereleiter dieses Provinzgerichtes doch noch eine Chance zu haben.
Als dann im September 2015 am zehnten Verhandlungstag Thomas Cho, ein Mitgefangener von Schubi aus der JVA Waldeck, als Topinformant des Verfassungsschutzes M-V auftauchte, war die Posse drehbuchreif. Wenn ein nervöser, psychisch labiler Typ, der in seinem eigenen Verfahren von einer psychologischen Gutachterin als „notorischer Lügner“ bezeichnet wird, wenn eben dieser zum Hauptbelastungszeugen wird, zeigt sich neben der Lächerlichkeit dieses Prozesses doch vor allem: dass Staatsanwaltschaft und Richter_innen nichts hatten. Keine belastbaren Beweise, anthropologische Gutachten die keine Täterschaft nachweisen konnten, Polizeizeugen, deren Aussagen nach genauem Nachfragen mehr als wackelig waren und ansonsten viel Brimmborium um wie schwer der geworfene Stein nun wirklich war.
Die Aussagen des Zeugen Thomas Cho zu Schubi als „Kopf“ einer „roten Zelle“ in Rostock, die großangelegte Straftaten gegen den Staat planen würden, enspringen wohl jedem heimlichen Traum von Staatsschützer_innen und Nachrichtendienstler_innen, die am Abend zuvor den Bader-Meinhof-Komplex mit Moritz Bleibtreu geschaut haben. Statt nach der Wahrheit zu suchen, nutzte das Gericht dieses krude Zeug um die U-Haft weiter mit Schubis angeblicher Gefährlichkeit zu begründen und wollte dieses „linksextremistische“ Verhalten noch weiter untermauern, in dem Schubis ehemaliger Arbeitgeber zu seinem Verhalten während einer Abschiebung an ihrem Arbeitsort befragt wurde. Es zeigte sich jedoch für den Richter leider nur, dass Schubi sich gegenüber der Frau, die nach Schweden abgeschoben werden sollte, solidarisch, also menschlich, verhielt. Als dieses Ereignis in der Urteilsverkündung hervorgeholt und vorgelesen wurde, klatschte der volle Saal und erhob sich als Zeichen der Würdigung von Schubis solidarischer Handlung.
Dass Schubi dann mehr als überraschend am 7. Januar 2016 aus dem Knast entlassen wurde, dürfte niemanden mehr geärgert haben als den Richter, der diesmal mit der Verschleppung des Prozesses selbst den Grund für die Entlassung lieferte. Und niemanden mehr gefreut haben als uns, seine Freund_innen und Genoss_innen. In Freiheit ließ es sich gleich besser ertragen: dieses Urteil vom 4. Mai 2016, das bereits mit Verhandlungsbeginn im Juni 2015 schon festzustehen schien.
Dass dieses Urteil nun vom Bundesgerichtshof nicht kassiert wurde, und all die Besetzung- und Verfahrensfehler damit legal und legitim sind, kostet Schubi nicht nur seine Freiheit, sondern die Juristerei das, was man gemeinhin als Rechtsfrieden bezeichnet.
Als Abschluss so eines Textes folgt eigentlich der große pathosbesetzte Aufruf nach Solidarität mit allen politischen Gefangenen. Ich denke, dass es im Fall von Schubi keine vielen Worte braucht, damit klar ist, dass er von denjenigen, die in Freiheit sind, alles bekommen sollte, was wir geben können: Anteilnahme, politische Thematisierung, Post und Pakete in den Knast und ungeheuer viel Geld, um die Kosten der Verfahrens abzuzahlen und, um sich nach den Jahren im Knast wieder ein Leben aufbauen zu können. Und eine Menge Liebe von seinen Freund_innen und Genoss_innen. Denn auch wenn die Haft nun unausweichlich geworden ist, geben wir nicht auf. Wir machen weiter! Wir vergessen nicht! Freiheit für Schubi!

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Redebeitrag 18.3. Tag der politischen Gefangenen https://freeschubi.blackblogs.org/2019/03/18/redebeitrag-18-3-tag-der-politischen-gefangenen/ Mon, 18 Mar 2019 17:30:03 +0000 http://freeschubi.blackblogs.org/?p=397 Continue reading ]]> Wir veröffentlichen hier unseren Redebeitrag zum Tag der politischen Gefangenen für die Kundgebung in Rostock. (Lesezeit ca. 8 Minuten)Wir sprechen heute zu euch als Freundinnen und Genossinnen von Schubi – unserem Freund, der in Haft sitzt. Wir müssen feststellen, dass die Themen Knast und Inhaftierung nun immer mehr ein wichtiger Gegenstand für uns werden: 

Wir sehen, in Mecklenburg-Vorpommern ist die CDU in Partnerschaft mit der SPD fleißig dabei das Sicherheits- und Ordnungsgesetz zu verschärfen.
Wir haben vor 2 Jahren im Sommer gesehen wie sehr linker Aktivismus für eine bessere Welt im Zuge des G20 kriminalisiert wurde, wie es Hausdurchsuchung gab, wie es Öffentlichkeitsfahndungen gab ohne jeglichen Maßstab.
Wir sehen bei den Klima-Protesten im Hambacher Forst oder auch in Nordrhein-Westfalen und Berlin im Zuge von Ende Gelände, dass ständig Leute in U-Haft sitzen, ohne, dass sie einen fairen Prozess bekommen.
Wir haben eine gesellschaftliche Stimmung, die den sogenannten Linksextremismus als Haupt-Problem sieht, während der NSU jahrelang mordend durch das Land gezogen ist und Menschen grauenhaft umgebracht hat.
Die Innere Sicherheit ist das Wahlkampfthema Nummer eins. Und wir Menschen, die sich für eine bessere Welt einsetzen, die linke Aktivistinnen sind, sind dabei neben Menschen, die in Deutschland Schutz suchen und geflüchtet sind, sind wir die Hauptfeinde.
Wir sehen, dass es keine Empörung von bürgerlicher Seite gibt, wenn es hohe Haftstrafen gegen linke Aktivistinnen gibt, wenn Sie unrechtmäßig in U-Haft sitzen und wenn es massive Einschnitte in Grundgesetze und Grundfreiheiten jeder Einzelnen und Jedes Einzelnen gibt.
 
Während wir uns vor allem in Rostock in den letzten Jahren in der Antirepressionsarbeit darauf konzentrieren konnten, Verurteilungen zu vermeiden, indem zum Beispiel die Aussageverweigerung immer praktiziert wurde, werden wir uns wohl häufiger auf die Szenarien von hohen Verurteilungen oder Haftstrafen einstellen müssen. So zeigt uns auch das Verfahren gegen Genossinnen, das morgen in Stralsund geführt werden wird, dass es einen absoluten Verteilungswillen von staatlicher Seite gibt, um antifaschistisches Engagement zu kriminalisieren Das bringt uns dazu umdenken zu müssen und uns mit den Besonderheiten einer neuen politischen Unterstützungsarbeit auseinander zu setzen Wenn die Zeiten härter werden, ist es vorbei damit alles auf die leichte Schulter zu nehmen. Wir müssen uns damit auseinandersetzen, dass dann auch Knastarbeit zu unserer täglichen politischen Praxis gehören muss.
 
Knastarbeit ist dabei immer ein Marathon und kein Sprint. Das bedeutet:
Knastarbeit ist immer langfristig – wir müssen uns darauf einstellen, dass wenn Leute jahrelang in der Haft sitzen, wir sie auch jahrelang begleiten müssen. Und nicht nur sie: auch das politische Umfeld, die politische Gruppe gehört dazu, genauso wie Familie, Partnerinnen, Kinder und auch Freunde müssen Teil der Antirepressionsarbeit werden. Denn die Leute da drin und ihr Umfeld hier draußen brauchen unsere Unterstützung!
Und selbst wenn die Haft vorbei ist, bedeutet es nicht, dass unsere Arbeit zu Ende ist.
Denn Haftstrafen wirken Lebenslang. Die Inhaftierten, die wieder raus kommen, müssen von uns aufgefangen werden: sie brauchen unsere Stützung in psychischer und sozialer Hinsicht. Wir müssen dafür sorgen, dass sie wieder zurückkommen können, dass sie den Versuch unternehmen können, sich wieder ein neues Leben aufzubauen und die Zeit im Knast hinter sich zu lassen.
Das bedeutet auch, dass wir sie vor Allem finanziell unterstützen müssen. Prozesse, die mit hohen Haftstrafen einhergehen, sind unglaublich kostspielig und es ist die Verantwortung einer linken Bewegung diese Kosten aufzufangen und die Freigelassenen nicht mit einem Schuldenberg dastehen zu lassen. Weil sie dann im Leben da draußen keine Chance auf eine Wohnung, einen Job, ein neues Leben haben werden.
Und wenn wir uns vor Augen führen, dass die Unterstützungsarbeit eine lange Zeit dauert, so lange wie die Person drin sitzen und so lange wie sie dann wieder ins Leben zurück finden müssen – das ist länger, als wir sonst zum Beispiel mit Kampagnen zu tun haben – dann müssen wir uns auch darüber bewusst sein, dass diese Unterstützungsarbeit meist unsichtbar ist.
Es ist klassische Care-Arbeit. Wir können uns nicht selber in Aktionen feiern, diese Betreuung ist unsichtbar. Sie ist kleinteilig und zudem verschlingt diese Knastarbeit unglaublich viele Ressourcen.
Das ist in der linken Bewegung selten Thema, genauso wie zum Beispiel die Arbeitskämpfe, die Inhaftierte in Knästen führen wenn sie sich zum Beispiel in Form der GG/BO zusammenschließen und für Arbeitsrechte im Knast kämpfen, dafür kämpfen dass ihre Arbeit, die sie dortzwangsweise verrichten müssen, auch zum Beispiel in der Rente anerkannt wird.
Dafür brauchen wir ein Gespür und wir müssen Menschen, die diese Arbeit leisten auch mal auf die Schulter klopfen und sagen: „Ihr macht wertvolle Arbeit und wir wissen dass ihr kaum Höhepunkte habt, um neue Energie zu gewinnen. Für diese Arbeit habt ihr keine Gipfel-Proteste, ihr habt keine tollen Partys, weil es immer um ein Thema geht, das schwer ist und was auch belastend ist.“ Deswegen ist es auch wichtig, dass sich trotzdessen es wenig attraktiv erscheint, viele Menschen für diese Form der Antirepressionsarbeit interessieren und sich dafür engagieren. Denn auf je mehr Schultern diese Arbeit verteilt ist, desto eher kann den Menschen, die von Repression betroffen sind, geholfen werden und desto eher ist man als linke Bewegung fähig dem Repressionsapparat etwas entgegenzusetzen.
 
Und wenn wir solidarisch sind mit Menschen, die inhaftiert sind, dann sind wir selbstlos solidarisch. Denn Solidarität ist kein Tauschgeschäft, wir können für unsere Solidarität kein „Danke“ oder irgendeine andere Gegenleistung von den inhaftierten Personen verlangen.
Solidarität funktioniert nur dann, wenn ich Genossinnen helfe, ihnen Unterstützung gebe ohne dafür eine Gegenleistung zu verlangen. 
Diese Solidarität darf auch nicht davon abhängig sein, ob wir mit der Person, die im Knast sitzt, super cool sind oder super dick mit ihr befreundet sind oder schon seit vielen Jahren gemeinsam politisch aktiv sind.
Diese Solidarität sollte nicht davon abhängig sein, ob ich jemanden mag, sondern davon, dass ich verstehe, dass es auch andere – vielleicht auch mich – hätte treffen können.
Außerdem sollten uns darüber bewusst sein, dass die Personen, die im Knast sitzen, nicht so handeln können, wie wir es manchmal von ihnen erwarten. Denn die Bedingungen da drin sind eben nicht dieselben, wie hier draußen. Es sollte dementsprechend klar sein, dass schlaue Ratschläge oder auch Werturteile von draußen da drinnen niemanden helfen.
 
Was uns aber ganz konkret hilft, was uns dabei hilft Solidarität zu praktizieren und Antirepressionsarbeit zu leisten, ist uns über das Wissen und die Abläufe im Knast und über die allgemeine Repression auszutauschen.
Wenn wir wissen, wie Weg in den Knast gestaltet ist, wie der Alltag dort zu meistern ist, dann haben wir auch weniger Angst. Dann haben wir weniger Angst davor, dass es vielleicht auch uns hätte treffen können.
Wenn wir verlässlich und kontinuerlich arbeiten und mit Geduld an diese Sache rangehen, wenn wir die Leute, die aktuell im Knast sitzen, eben nicht vergessen, brauchen wir auch selber keine Angst zu haben in der gleichen Situation selbst vergessen zu werden.
 
Und deshalb wollen wir heute am Tag der politischen Gefangenen vor allem eine Person aus Rostock nicht vergessen und zwar Schubi, der im Knast sitzt. Wir müssen nicht immer nur nach Hamburg gucken oder in den Hambacher Forst, denn unser Freund Schubi aus Rostock sitzt derzeit im Knast. Es ist das erste Mal seit langem, dass ein Aktivist aus Rostock und M-V im Knast sitzt und das auch noch für mehrere Jahre. Unsere Aufgabe als Bewegung muss es deshalb sein mit Schubi solidarisch zu sein und ihn aktiv zu unterstützen. In diesem Fall können wir eben nicht auf andere Zeigen und uns nicht auf Hamburg oder Berlin verlassen, sondern es betrifft ganz aktuell uns als Rostocker linke Szene. Und da ist nun Schubi für uns der Maßstab zu zeigen ob wir es hinbekommen, ob wir es schaffen als solidarische linke Schutz vor Repression zu bieten. Wir können manchmal nicht verhindern – trotz kontinuierlicher Prozessbegleitung, trotz Öffentlichkeitsarbeit, trotz Skandalisierung – dass Leute verurteilt werden und in den Knast müssen. Aber wir können verhindern, dass der Knast das bewirkt was er bewirken soll und zwar Vereinzelung. Lasst uns nicht in die Falle geraten aktiv an der Repression der Bullen und der Gerichte mit zu arbeiten, indem wir Betroffene vergessen oder uns distanzieren oder sogar behaupten, sie seien selber Schuld.
Deshalb rufen wir euch heute am Tag der politischen Gefangenen zu mehr Solidarität mit den Gefangenen auf und wir fordern Solidarität mit Schubi und zwar über mehrere Jahre!
Solidarität hat auch eine Signalwirkung auf uns hier draußen: erst wenn wir die Solidarität mit denjenigen wahrnehmen, die sie gerade am Dringendsten brauchen, sind auch wir hier draußen motiviert weiter zu machen! Darum kommt nachher zu 20 Uhr ins Cafe Median, dort gibt es eine Infoveranstaltung zu dem Fall von Schubi, was passiert ist, was in den Verhandlungen passiert ist und wie ihr ihm konkret helfen könnt.
 
Wir machen weiter, wir geben nicht auf! Freiheit für alle politischen Gefangenen! Freiheit für Schubi! Für eine solidarische Linke!
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Schubi in Haft – Infoabend am 18.3. https://freeschubi.blackblogs.org/2019/03/15/schubi-in-haft-infoabend-am-18-3/ Fri, 15 Mar 2019 11:07:30 +0000 http://freeschubi.blackblogs.org/?p=393 Continue reading ]]> Unser Freund und Genosse Schubi sitzt in Haft. Für alle Infos kommt am Tag der politischen Gefangenen, dem 18.3., ab 17.30 Uhr zur Kundgebung auf dem Doberaner Platz und ab 20 Uhr zum Info-Vortrag ins Cafe Median, Niklotstraße 5/6, Rostock! Vor Ort könnt ihr gleich n bisschen Kohle loswerden und im Tauschhandel dafür die neuen, freshen Soli-Shirts bekommen.

Freiheit für alle politischen Gefangenen! Freiheit für Schubi! Für eine solidarische Linke!

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Ein Hauptbelastungszeuge und differenzierter Lügner https://freeschubi.blackblogs.org/2018/12/07/ein-hauptbelastungszeuge-und-differenzierter-luegner/ https://freeschubi.blackblogs.org/2018/12/07/ein-hauptbelastungszeuge-und-differenzierter-luegner/#respond Fri, 07 Dec 2018 11:02:07 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=360 Continue reading ]]> Am 27.11.2018 traf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH), der über die Revision des Urteils vom Landgericht im Mai 2016 bescheiden sollte, ein. Obwohl das Urteil ein Ausstellungsdatum vom 24.10.2018 aufweist, wurde es also erst einen Monat später den Prozessbeteiligten zugestellt. Der Zeitpunkt der Zustellung hätte passender nicht sein können, fand doch in den darauf folgenden Tagen die Innenministerkonferenz (IMK) in Magdeburg statt, auf der sich die Innenminister mit Strafverschärfungen gegen Linke und Fussballfans gegeseitig übertrumpften.*

Alle formalen Mängel, die Schubis Verteidigung im Sommer 2016 in der Revision auf über 700 Seiten zusammenfasste, wurden in einer nur wenige Seiten kurzen Begründung zurückgewiesen. Die von der Verteidigung beanstandete Besetzung des Schöff*innengerichts war für die Richter*innen am BGH kein ausreichender Grund, um die Revision zuzulassen. Stattdessen wurde dem Landgericht Rostock Recht gegeben. Der BGH unterstütze damit in seiner Begründung ein Urteil, das ausschließlich auf Indizien und Aussagen eines Hauptbelastungszeugen basiert. Thomas C., der sich während Schubis U-Haft dem Verfassungschutz in MV angedient hatte, wäre ein glaubwürdiger Zeuge, dem Schubi eine der Taten gestanden hätte, so die Auffassung des Landgerichts. Alles spricht dafür, dass der Hauptgrund, warum Schubi verurteilt wurde, nicht objektive Beweise, sondern die Aussagen eines mehrfach vorbestraften, zum Zeitpunkt seiner Aussage in Haft sitzenden und als psychisch auffälligen Mannes waren. Schubis Verteidigung hatte zum Zeitpunkt der Verhandlungen immer wieder auf die besondere Situation von Aussagen von Gefangenen hingewiesen, auch darauf, dass der Gefangene C. kurz nach seiner Aussage beim Verfassungsschutz und der Staatsschutz-Abteilung der Polizei aus der Haft entlassen wurde. Dies war auch deshalb von Bedeutung, da der Zeuge C. vor Gericht versichert hatte, dass er keinen Antrag auf frühzeitige Haftentlassung gestellt habe. Während die vorsitzenden Richter*innen ihm treu doof Glauben schenkten,zweifelte jedoch die Staatsanwaltschaft Rostock an der Glaubhaftigkeit letzterer Aussage. Und so wurde C. nach Abschluss von Schubis Prozess am Landgericht von der Staatsanwaltschaft wegen uneidlicher Falschaussagen zu seinem eigenen Verfahren und dem Antrag auf frühzeitige Haftentlassung in Schubis Prozess angeklagt und im November 2017 von dem Amtsgericht Rostock rechtskräftig verurteilt. Das Amtsgericht Rostock sah es als erwiesen an,dass Thomas C. bei seinen Aussagen, bezogen auf seinen eigenen Prozess in Schubis Verhandlung gelogen hatte. Demnach hatte C. erfunden, dass er bei seiner Festnahme durch Polizist*innen misshandelt wurde. Hinsichtlich von C.‘s Aussagen in Schubis Prozess, er habe keinen Antrag auf vorzeitige Entlassung gestellt, was sich später anders darstellte, verwies der Richter am Amtsgericht jedoch darauf, dass es keinen eindeutigen Nachweis für die Falschaussage gäbe. Denn, entgegen der Staatsanwaltschaft hatte das Landgericht in seiner Urteilsbegründung C.‘s damalige Aussage so zusammengefasst, dass C. nicht gelogen haben müsse, sondern den Antrag auf vorzeitige Haftentlassung nach seiner Aussage bei den staatlichen Diensten gestellt habe. Selbst der gehörte Zeuge der Staatsanwaltschaft zeigte sich darüber verwundert, dass das Gericht das so gesehen habe. Die fehlende Verurteilung C.‘s auch in diesem Anklagepunkt basiert vor allem darauf, dass keine Wortprotokolle von Verhandlungen am Landgericht existieren. Um diesen Sachverhalt aufklären zu können, hätten mehr Zeug_innen aus Schubis Verfahren gehört werden müssen. Jedoch schien auch der Richter am Amtsgericht wenig Interesse an einer echten Aufklärung zu haben. Immer wieder wies er den Zeugen der Staatsanwaltschaft und damit dem Beteiligten aus Schubis Prozess darauf hin, dass die „Sache pikant“ sei und er sich gerne mit jemanden darüber austauschen und außergerichtlich einigen würde, vermutlich weil der Richter davon ausging, dass ein Urteil Konsequenzen für das Urteil gegen Schubi haben würde. Auf Deals ließ sich der Zeuge der Staatsanwaltschaft jedoch nicht ein. So wurde nach einer kurzen Verhandlungspause das Urteil gegen Thomas C. gesprochen und dieser nur für eine einzige Falschaussage verurteilt. Wie das Landgericht, folgte das
Amtsgericht der Begründung, dass, nur weil Thomas C. hinsichtlich seines eigenen Verfahrens nachweislich gelogen habe, er jedoch nicht gelogen habe, was sein angebliches Täterwissen von Schubi anging. Der als psychologisch diagnostizierte pathologische Lügner, lügt also differenziert.

Man möchte auf Grund der Zurückweisung der Revision meinen, dass solche Gerichtspossen aus Rostock dem BGH egal sind. Denn natürlich wies Schubis Verteidigung den BGH darauf hin, dass C. wegen Falschaussage rechtskräftig verurteilt wurde. Doch Falschaussagen des Hauptbelastungszeugen sind keine formalen Mängel und damit kein Revisionsgrund.

*Beispielsweise brachte der Innenminister aus MV, Lorenz Caffier (CDU), ein Verbot der Initiative „Cop Watch“ aufs Tableau, womit von staatlichen Repressionen Betroffenen geholfen werden soll, im Alltag ein erneutes Zusammentreffen mit ihren Peinigern zu vermeiden.

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https://freeschubi.blackblogs.org/2018/12/07/ein-hauptbelastungszeuge-und-differenzierter-luegner/feed/ 0
Revision abgelehnt – Schubi muss in Knast! https://freeschubi.blackblogs.org/2018/11/29/revision-abgelehnt-schubi-muss-in-knast/ https://freeschubi.blackblogs.org/2018/11/29/revision-abgelehnt-schubi-muss-in-knast/#respond Thu, 29 Nov 2018 09:18:12 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=285 Continue reading ]]> Anfang der Woche wurde die Revision von unserem Freund Schubi vom Bundesgerichtshof als „unbegründet“ abgewiesen. Dies bedeutet, dass das Urteil (4 Jahre und 5 Monate) vom Mai 2016 nun rechtskräftig ist. Damit steht fest, dass unser Freund für mehrere Jahre in den Knast muss. Dies ist der traurige Höhepunkt eines Prozesses, den man auf Grund nicht vorhandener Beweise, dünner Indizien und einem gekauften Zeugen nur noch als Schauprozess bezeichnen kann.

Viele Dinge, wie das Haftantrittsdatum oder der Knast, sind noch nicht klar, eins steht jedoch fest: Schubi braucht nun mehr als jemals zuvor unsere und eure Unterstützung und Solidarität.

Was ihr schon jetzt tun könnt:
– Eure Anteilnahme ist wichtig für Schubi. Schreibt ihm eine Karte oder einen Brief und schickt das Ganze an

Rote Hilfe e.V. – Ortsgruppe Rostock
Postfach 141011
18021 Rostock

– Trotz des vielen Geldes, das wir in den letzten Jahren mit eurer Unterstützung schon gesammelt haben, fehlt noch über die Hälfte der Prozess- und Anwaltskosten. Also streicht alle Weihnachtsgeschenke für alle geliebten und ungeliebten Verwandten und spendet eure Kröten an

Rote Hilfe e.V.
IBAN: DE83430609674007238395
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Free Schubi

– Überlegt euch jetzt schon Mal, was ihr am Tag X seines Haftantritts machen könnt. Werdet kreativ, macht öffentliche Aktionen!

Wir werden euch nun wieder regelmäßig auf diesem Blog und auf Twitter unter @freeschubi informieren.

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https://freeschubi.blackblogs.org/2018/11/29/revision-abgelehnt-schubi-muss-in-knast/feed/ 0
Revision und ein Präzedenzfall https://freeschubi.blackblogs.org/2016/09/13/revision-und-ein-praezedenzfall/ https://freeschubi.blackblogs.org/2016/09/13/revision-und-ein-praezedenzfall/#respond Tue, 13 Sep 2016 14:58:52 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=344 Continue reading ]]> Anfang August, drei Monate nach Schubis Verurteilung zu vier Jahren und fünf Monaten Haft, hat das Landgericht das schriftliche Urteil fertiggestellt. Auf 176 Seiten breitet die Kammer aus, warum sie Schubi verurteilt hat. Wie im Rest des Verfahrens, hat die Kammer dabei Fehler gemacht. Den Verfahrensbeteiligten wurden unterschiedliche Versionen des Urteils zugestellt. Auf der einen hatte alle drei Richter_innen unterschrieben, auf der anderen nicht, weil ein Richter in Elternzeit gegangen sei. Unterschiedliche Urteilsversionen sind jedoch aus naheliegenden Gründen unzulässig und so wäre die Zustellung formal ungültig gewesen. Das fiel auch dem Gericht auf, weshalb es das Urteil einige Wochen später vorsichtshalber noch einmal zustellte – diesmal einheitlich.

Mit dem schriftlichen Urteil konnten Schubis Verteidiger_innen nun die Revisionsbegründung vorbereiten. Am 9. September wurde die 600-seitige Schrift beim Rostocker Landgericht eingereicht. Nun muss unter anderem die Bundesanwaltschaft zum Verfahren Stellung nehmen, bevor der Bundesgerichtshof über die Revision entscheidet. Wann das sein wird, ist vollkommen offen. Wahrscheinlich irgendwann 2017.

Doch warum ist die vom Landgericht verschlampte Urteilszustellung wichtig? Weil die vierwöchige Frist, innerhalb der die Revisionsbegründung durch Schubis Verteidigung eingereicht werden musste, ab der Zustellung des Urteils lief. Eigentlich müsste die Frist mit der erneuten Zustellung des Urteils auch erneut begonnen haben, doch für so einen Fall gibt es bisher keine höchstrichterliche Rechtssprechung. Trotzdem mussten die Anwält_innen aber mit der „neuen“ Urteilsversion arbeiten, so dass die Vier-Wochen-Frist durch diesen Gerichtsfehler defacto weiter verkürzt wurde. Der Bundesgerichtshof wird wohl auch darüber zu befinden haben, ob eine Revisionsfrist mit Neuzustellung des Urteils erneut beginnt. Was wie trockener Jurakram klingt, bedeutet, dass daraus ein Präzedenzfall mit bundesweiten Auswirkungen werden könnte.

Auch wenn es gerade etwas ruhiger um Schubi wird, ist das Verfahren also nicht beendet. Wir sammeln weiterhin Spenden für die Prozesskosten – spendet für Schubi!

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David gegen Goliath https://freeschubi.blackblogs.org/2016/06/14/david-gegen-goliath/ https://freeschubi.blackblogs.org/2016/06/14/david-gegen-goliath/#respond Tue, 14 Jun 2016 06:42:11 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=334 Continue reading ]]> Auch wenn wir uns schon einmal biblischer Methaphorik bedient haben, drückt die Bezeichnung „David gegen Goliath“ wohl wie keine andere das Machtgefälle zwischen Polizei und Gesellschaft aus – sei es bei Demonstrationen, Fußballspielen, Verkehrskontrollen oder bei Großereignissen. Nahezu jede Person befand sich schon einmal in Kontakt mit Polizeibeamt_innen und weiß die eine oder andere Geschichte zu erzählen, mal mit besserem, mal mit schlechterem Ausgang.
Doch eins ist Fakt: die Polizei stellt in der demokratischen Gewaltenteilung die Exekutive, also die gewaltausführende Instanz dar. So wies auch der Vorsitzende Richter in seinem Urteilsspruch gegen Schubi auf die Polizei in ihrer Rolle als nicht zu hinterfragende und makellose Staatsmacht hin. Doch wer von den Leser_innen zur derjenigen Gruppe gehört, deren Zusammenkünfte mit Polizist_innen eher negativ waren, wird sich an dieser Stelle mitunter zu Recht fragen, ob solch einseitige und undifferenzierte Äußerungen nicht etwas weltfremd sind. Und dies kann man sich vor allem dann fragen, wenn kurz vor der Urteilsverkündung ein Zeuge gehört wurde, der zu den renommiertesten Polizeiwissenschaftler_innen und Kriminolog_innen in Deutschland und Europa gehört.
Prof. Dr. jur. Thomas Feltes M.A., Universitäts-Professor an der Ruhr-Universität Bochum und Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft, wurde am Urteilstag von der Verteidigung geladen, um ein etwas anderes Bild der Polizeieinsätze der Heimspielpartien gegen SG Dynamo Dresden und RB Leipzig zu zeichnen, als es bislang im Prozess der Fall war.


Deeskalation, really?

Und schon die ersten Aussagen des Zeugen ließen in den Zuschauerreihen die Ohren klingeln. So legte Thomas Feltes dar, dass das Verfahren gegen Schubi bundesweit nicht nur auf Grund der medialen Begleitung in Expert_innenkreisen Aufsehen erregt, sondern auch auf Grund der einsatztaktischen Fehler an den Spieltagen. Auch wenn einige der Prozessbeobachter_innen erst dachten, sie hätten nicht richtig gehört, referierte Feltes, dass es ein „ungeschriebenes Regelwerk“ in der Deutschen Fußballliga (DFL) sei, Polizeieinsätze nach dem Grundsatz der Deeskalation zu planen und durchzuführen. Auf Grund jahrelanger Erfahrung der Polizei mit Einsätzen im Umfeld von Fußballspielen und ähnlichen Großeinsatzanlagen gäbe es ein Bewusstsein der Polizei, dass sie trotz möglicher Auseinandersetzungen, mit denen in diesem Berufsalltag gerechnet werden muss, den Grundsatz der Deeskalation nicht über Bord werfen dürfen, so Feltes. Insbesondere die sogenannten Risikospiele, wie es bei SG Dynamo Dresden und RB Leipzig der Fall war, erfordern dabei ein Vorgehen mit Fingerspitzengefühl. Kleineren Vergehen, wie beispielsweise das Zünden von Pyrotechnik, sollte dann nicht mit einem Sturm in den Fanblock begegnet werden, um vor allem auch Unbeteiligte nicht in Gefahr zu bringen. Ein medial bekanntes Negativbeispiel dafür ist das Spiel Schalke 04 gegen PAOK Saloniki. An den Spieltagen des FC Hansa Rostock gegen SG Dynamo Dresden und RB Leipzig glänzte die eingesetzte Polizei ebenso nicht mit Besonnenheit, Taktik oder Deeskalation. Die im Verfahren gezeigten Videos machen deutlich, dass die Polizei nicht nur unverhältnismäßig reagiert und Situationen durch vermutlich blind-wütendes Verhalten weiter eskaliert hat, auch Unbeteiligte werden durch einsatztaktische Fehler geschädigt.

„Gefahr für Leib und Leben“ – durch wen?

So zeigt ein dem NDR vorliegendes Video, wie inmitten des Manövers des sogenannten Sprinträumens während des Heimspiels gegen RB Leipzig der Behindertenbeauftragte des FC Hansa Rostock von der Polizei zu Boden gebracht und Verletzungen ausgesetzt ist. Hieran lässt sich einerseits exemplarisch zeigen, wie unverhältnismäßig dieses Manöver der Polizei ist, da durch das Räumen auf dem engen Umlauf des Stadions zwangsläufig vollkommen unbeteiligte Zuschauer in Panik versetzt und mitunter auch schwer verletzt werden. Der Zeuge Feltes erinnert während der Videosichtung dabei an die Vorkommnisse in der Alsterdorfer Sporthalle im Januar 2012, bei der auf Grund von Räumsprints durch die Polizei auf engstem Raum anwesende Zuschauer_innen in Panik über Ballustraden kletterten und sich Verletzungen zuzogen.
Andererseits wird bei der Sichtung der Einsatzvideos vom Heimspiel gegen RB Leipzig auch deutlich, dass die Taktik der Deeskalation bei den Beamt_innen wohl in Vergessenheit geraten ist. So würden offensichtliche Schlichtungsversuche der Fans untereinander, aber auch durch Hansa-Mitarbeiter vollkommen ignoriert, legt Feltes dar. Statt diese Deeskalations-Mechanismen zu berücksichtigen und der gegenüberliegenden Gruppe der aufgebrachten Fans Zeit zur Beruhigung zu geben, entscheidet sich die Polizei für den eskalierenden Schachzug des Sprintäumens und des massiven Einsatzes von Pfeffersprays.

Sprüh, bis die Augen brennen!

Auch dieses polizeiliche Mittel unterzieht Feltes einer polizeiwissenschaftlichen und einsatztaktischen Kritik. So sei in den letzten Jahren bei Polizeieinsätzen zunehmend zu beobachten, dass das Pfefferspray nicht mehr, wie vorgesehen, nur als Mittel zur Selbstverteidigung dient, vielmehr avanciert es zunehmend als „Wasserwerfer-Ersatz“ auf engstem Raum, legt Feltes dar. Ein Mittel, welches unter der Rubrik chemische bzw. biologische Kampfstoffe zu führen ist, wird somit zum schnell einsatztaktischen Mittel. Nicht nur, dass dies eine Eskalationsspirale bei Polizeieinsätzen weiter anheizt, auch wird hier wieder die Verletzung von Personen, bis hin zu möglichen Todesfällen, von den Polizeibeamt_innen in Kauf genommen, um eine Situation aus ihrer Perspektive vermeintlich beherrschbarer zu machen.

Klappe zu, Affe tot!

Auch scheint die Polizei noch andere Taktiken für vollkommen vertretbar zu halten. In der Schau der Videos zeigte sich im Laufe von Schubis Verfahren, dass beim Einsatz gegen RB Leipzig ebenfalls Räumsprints auf dem Stadionumlauf, die Treppen hinauf in die A-Blöcke durchgeführt wurden. Und es kommt noch dicker: Die, wie Wildvieh in das Stadioninnere getriebenen Zuschauer_innen werden von den eingesetzten Polizist_innen wie ebensolches Vieh eingesperrt. Die nach außen aufgehenden Fluchttüren (!) werden von den Beamt_innen mehrere Minuten lang mit Hilfe ihrer Schlagstöcke als mechanische Sperren verbarrikadiert. Was dem halbwegs aufmerksamen Leser_in klar sein sollte, legte auch noch einmal Thomas Feltes explizit dar: Fluchttüren dürfen selbst bei schwierigen, heißen Einsatzlagen unter keinen Umständen verschlossen werden. Im April 2014 sah sich die Polizei aber anscheinend als über jeglichen Gesetzen und Regularien stehend und nahm dabei Massenpaniken und viele Verletzte billigend in Kauf. Und warum? Weil vorher Beleidigungen gegenüber den Polizeibeamt_innen gebrüllt und Gegenstände wie Trinkbecher und Metallkörbe geworfen wurden.
Ein Schluss, der nach der Einsicht in die Polizeieinsätze mittels Videomaterial bei den Zuschauer_innen von Schubis Verfahren geblieben sein dürfte: Eine Berufsgruppe, deren Beruf es nun einmal ist, sich bewusst in gefährliche und unsichere Situationen zu begeben (abseits der vermeintlich so gefährlichen Fußballspiele sei hier an Einsätze im Drogenmilieu oder bei häuslicher Gewalt erinnert), stellt das Gebot der Sicherung der Unversehrtheit aller anderen Menschen ganz weit hinten an.

Ermittlungen? Nein, danke.

Selbst wenn man großzügig und nachsichtig sein möchte und bei diesen ungeheuerlich schlechten Polizeieinsätzen während der Partien des FC Hansa Rostock gegen RB Leipzig und die SG Dynamo Dresden nur von Fehlern einzelner Beamt_innen reden würde, bleibt doch die Frage offen, warum solch ein berufliches Fehlverhalten für die, vom vorsitzenden Richter als Staatsmacht betitelte Berufsgruppe der Polizei keine Konsequenzen folgen. Nicht nur, dass Opfer von Polizeigewalt auf Grund von Korpsgeist und fehlender Kennzeichnungspflicht nur schwer gegen die Beamt_innen vorgehen können, auch sind Staatsanwaltschaften in solchen Fällen von Kompetenzüberschreitung und blinder Wut im Polizeieinsatz oft auf mindestens einem Auge blind. Nur dem Ehrgeiz von Schubis Verteidigung, ein anderes Licht auf die Polizeieinsätze im Ostseestadion werfen zu wollen, und der Berichterstattung durch den NDR ist es zu verdanken, dass die gegen den Fanbeauftragten des FC Hansa Rostock ausgeübte Gewalt nun auch auf rechtlicher Ebene verhandelt wird und der Staatsanwaltschaft aufzeigt wird, dass sie ihre Hausaufgaben als Judikative in der Gewaltenteilung nicht erfüllt hat.
Für das Forschungs- und Interessensfeld des Zeugen Thomas Feltes und auch für die zahlreichen Beobachter_innen des Prozesses bleibt nach den 30 Verhandlungstagen das festzuhalten, was Schubis Verteidigung in ihren Plädoyers resümierte – Polizeieinsätze wie die bei den Spielen gegen RB Leipzig und die SG Dynamo Dresden bieten beste Gelegenheit tradierte Feindschaften und ohnehin schon tief gegrabene Gräben weiter zu vertiefen. Eine (vermeintlich) professionalisierte Berufsgruppe konnte mal wieder ihren Spielraum im Einsatz gegen Fans, Normalbürger und vor allem auch jungen Menschen erweitern und gewinnt einmal mehr an Narrenfreiheit.

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„Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet werdet“* https://freeschubi.blackblogs.org/2016/05/04/richtet-nicht-auf-das-ihr-nicht-gerichtet-werdet/ https://freeschubi.blackblogs.org/2016/05/04/richtet-nicht-auf-das-ihr-nicht-gerichtet-werdet/#respond Wed, 04 May 2016 16:46:20 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=317 Continue reading ]]>

Nach 30 langen Verhandlungstagen ging am 2. Mai der Prozess gegen Schubi am Landgericht Rostock zu Ende. Die Kammer verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von 4 Jahren und 5 Monaten.

Die Urteilsbegründung

In der etwa einstündigen Verlesung der Urteilsbegründung richtete der Vorsitzende Richter eine längere Eingangsrede an den Angeklagten und das Publikum. Die ca. 100 Besucher_innen reagierten darauf wiederholt mit Zwischenrufen. In seiner Ansprache avancierte der Richter zu einem wahren „Extremismus“-Kenner. Gewalt gegen öffentliche Bedienstete sei nicht hinnehmbar, so der Richter. Er begründete dies damit, dass „Angriffe auf Polizeibeamte oder auch zum Beispiel auf Feuerwehrleute die brennende Asylbewerberheime beschützen, … nicht zu tolerieren“ seien. Und mit Angriffen auf Asylunterkünfte kennt er sich aus: Er war es, der die beiden Neonazis Thomas Hocke und Florian Hillner Anfang des Jahres wegen versuchten Mordes und schwerer Brandstiftung zu einer minimalen Haftstrafe von 5 Jahren verurteilt hatte, nachdem sie im Oktober 2014 versucht hatten, eine bewohnte Unterkunft in Groß Lüsewitz (Landkreis Rostock) mit Molotow-Cocktails in Brand zu setzen. Für den Richter sind rechte und linke „Hetzer“ gleich.

Er unterstellte Schubi Hass gegen Polizei und Staat, den dieser bei Fußballspielen ausgelebt habe. Dies begründete er mit dessen antifaschistischer Haltung und Funden aus Schubis Wohnung, wie etwa linken Plakaten. Obwohl es mit der Anklage nichts zu tun hatte, warf das Gericht Schubi erneut vor, Fluchthilfe unterstützt zu haben. Auf eine entsprechende Anweisung der Polizei hätte er in seiner Tätigkeit als Schiffsoffizier entgegnet, dass er sich nicht an Abschiebungen beteilige – ein wahrer Staatsfeind eben, so soll man die Thematisierung dieser Episode in Prozess und Urteilsverkündung wohl interpretieren. Vom Publikum erhielt Schubi dafür langen Applaus, das Gericht hatte jedoch nur Missbilligung für ihn übrig.

Ein Steinwurf auf den Nebenkläger, der dabei leicht verletzt wurde, wurde mit einer Einzelstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten bestraft. Die harte Strafe, die sogar noch sechs Monate über der Forderung der Staatsanwaltschaft liegt, wurde unter anderem mit der Geschwindigkeit begründet, die der Stein beim Aufprall gehabt haben soll. Empörte Zwischenrufe wiesen darauf hin, dass vor 6 Jahren am gleichen Landgericht ein Neonazi einen Feuerlöscher von einer Empore aus mehreren Metern Höhe auf Antifaschist_innen geworfen hatte (die, nebenbei bemerkt, keine Körperschutzausrüstung angelegt hatten). Damals wurde der sogenannte Pölchow-Prozess vor Gericht verhandelt. Der Neonazi, der damals den Feuerlöscher geworfen hatte, war straffrei davon gekommen. Der Vorsitzende Richter in Schubis Verfahren wiegelte den wütenden Einwurf des Prozessbeobachters damit ab, dass er sich um diesen Vorfall später kümmern werde.

Die Polizist_innen, die auf richterliche Anordnung seit dem achten Verhandlungstag im Juli letzten Jahres im Gerichtssaal verweilen um die richterliche Hoheit im Saal durchsetzen zu können, beobachteten das Publikum derweil. Eine Polizistin versuchte mehrfach Personen während der Verhandlung abzufilmen, versteckte die Kamera jedoch, wenn sie dabei beobachtet wurde. Bereits im Juli hatten Prozessbeobachter_innen bemerkt, dass Polizist_innen im Gerichtssaal Filmaufnahmen gemacht hatten, was damals durch die Verteidigung beanstandet wurde.

Auch die Verteidigung griff der Vorsitzende Richter an, indem er dieser vorwarf, die Kammer mit „dumpfen Populismus“ bewusst diskreditiert zu haben. Insbesondere die Einschätzung der Verteidigung in ihren Plädoyers, dass an Schubi aus politischer Überzeugung ein Exempel statuiert werden solle, schien dem Vorsitzenden nicht gefallen zu haben.

Das Urteil

Wegen versuchter und vollendeter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Sachbeschädigung und Verstößen gegen das Vermummungsverbot wurde Schubi zu einer Haftstrafe von 4 Jahren und 5 Monaten verurteilt. Weiterhin muss er 300 Euro (!) Schmerzensgeld an den Nebenkläger, einen Polizisten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) zahlen, der von einem Steintreffer eine Rippenprellung davon getragen hatte. Die Kammer hatte „keinen Zweifel“, dass Schubi, trotz der schwachen Beweislage, der Täter sei, der beim Spiel des FC Hansa Rostock gegen Dynamo Dresden im November 2014, Steine auf Polizeibeamte geworfen hatte. Für die Tatvorwürfe vom Spiel des FC Hansa Rostock gegen RB Leipzig wurde er hingegen freigesprochen, weil ihm keine Würfe nachgewiesen werden konnten.

Bei beiden Spielen bestanden die Beweismittel vor allem aus Videomaterial der Polizei, das überhaupt nur schleppend in das Verfahren eingeführt wurde. Der Unterschied, warum die Kammer die Beweislage beim Spiel gegen Dynamo Dresden anders bewertet, ist der ehemalige Mithäftling und Zeuge Thomas C.. Im Sommer 2015 hatte er sich an den Verfassungsschutz MV gewandt und „Bericht erstattet“. Er behauptete, Schubi habe die Vorwürfe vom Spiel gegen Dresden ihm gegenüber zugegeben. Außerdem versprach C. „Erkenntnisse“ über die linke Szene in Rostock. Der von einer Sachverständigen vor Gericht als „pathologischer Lügner“ klassifizierte C. avancanierte damit zum Hauptbelastungszeugen, dessen Glaubwürdigkeit für die Kammer durch nichts, aber auch rein gar nichts zu erschüttern war.

Die Gesamtstrafe von 4 Jahren und 5 Monaten liegt nur oberflächlich betrachtet unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten 4 Jahren und 9 Monaten. Deren Forderung bezog sich auf alle fünf Anklagepunkte, verurteilt wurde Schubi nun nur wegen drei Anklagepunkten. Damit ist das Gericht bei der Strafzumessung im Grunde über das von der Anklage geforderte Strafmaß deutlich hinaus gegangen. Schubis Verteidigung hatte einen Freispruch sowie Entschädigung für die U-Haft gefordert und kündigte an, Revision gegen das Urteil einzulegen.

*Fußnote: Matthäus 7:1 – Eines der bei Schubi gefundenen und in der Urteilsverkündung thematisierten Plakate zeigt ein Zitat („Der Mensch ist am wenigsten er selbst, wenn er in seiner eigenen Person spricht. Gib ihm eine Maske und er wird dir die Wahrheit sagen“), dessen Urheber Oscar Wilde der Richter allerdings unter den Tisch fallen ließ. Stattdessen sollte der Spruch wohl Schubis angebliche Bereitschaft zur Vermummung und Gewaltausübung gegen Polizist*innen illustrieren – oder so. Da die Zitatrecherche offensichtlich nicht zu den Stärken der Kammer gehört, haben wir in diesem Fall den Urheber gleich mitgeliefert.
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Erneute Kritik am Prozess: Plädoyer der Verteidigung II https://freeschubi.blackblogs.org/2016/04/29/erneute-kritik-am-prozess-plaedoyer-der-verteidigung-ii/ https://freeschubi.blackblogs.org/2016/04/29/erneute-kritik-am-prozess-plaedoyer-der-verteidigung-ii/#respond Fri, 29 Apr 2016 14:29:17 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=315 Continue reading ]]> Am Donnerstag, den 28.04.2016, hielt Schubis Pflichtverteidiger sein Plädoyer und forderte einen Freispruch für seinen Mandanten. Wie bereits am Montag, ließ allerdings auch der zweite Verteidiger erkennen, dass er nicht an ein gerechtes Urteil der Kammer gegen Schubi glaube. Stattdessen legte er seinen Eindruck dar, dass an Schubi ein Exempel statuiert werden solle. Darüber hinaus wies er darauf hin, dass bis heute für die angebliche Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) des Nebenklägers kein Gutachten eines für solche Diagnosen zugelassenen Experten vorliegt.

Gleich zu Beginn seines Plädoyers machte der Rechtsanwalt deutlich, dass er davon ausgehe, dass das Urteil des Gerichts bereits feststehe. Eine Verurteilung vor Gericht sei auch keine Seltenheit. Denn nur 3 % der angeklagten Fälle werden frei gesprochen, so der Anwalt. Dies läge vor allem daran, dass einmal getroffene Entscheidung nicht wieder revidiert werden würden. Aus Sicht der Verteidigung hatte die Kammer des Landgerichts schon mehrfach gezeigt, dass sie nicht bereit ist, von der Schuldzuweisung gegen Schubi abzuweichen, trotz fehlender Beweise. Ein Jahr lang hatte das Gericht die Hauptverhandlung verschleppt. Erst seit April diesen Jahres schien das Gericht aus unerkennbaren Gründen das Verfahren auf einmal beschleunigen zu wollen. Als einschneidenden Verhandlungstag nannte der Anwalt den 13.04., ein Tag an dem die Sitzung von morgens bis 22:30 Uhr gedauert hatte. Aus Sicht des Verteidiger hatte das Gericht damit seine „Fürsorgepflicht“ gegenüber allen Prozessbeteiligten und Bediensteten am Landgericht verletzt, die in dieser Zeit anwesend sein mussten. Er kritisierte ebenso erneut, dass der Verteidigung das Videobeweismaterial nicht in Gänze und zeitnah zur Verfügung gestellt wurde. Schubis Pflichtverteidiger monierte, dass das Gericht lieber den Lügen des Zeugen Thomas C. glaube, als das Videomaterial umfassend auszuwerten. Der Rechtsanwalt hinterfragte weiterhin, warum sich der Zeuge Thomas C. mit seiner belastenden Aussage an den Verfassungsschutz (VS) in MV gewandt hatte. Vor Gericht und in einem psychologischen Gutachten hatte dieser Zeuge zu erkennen gegeben, dass er politisch anders denke, als der Angeklagte. Schubis Verteidiger sah darin das Motiv, warum er sich an den VS gewandt hat. Wäre es ihm allein um die Tat gegangen, hätte er sich an das Gericht oder die Polizei gewendet, so der Pflichtverteidiger.

Weiterhin kritisierte er die Staatsanwaltschaft, die in ihrer Begründung der langen U-Haft von Schubi eine Neigung zu Verschwörungstheorien erkennen ließe. Um Schubi in Haft zu halten, hatte die Staatsanwaltschaft Schubi als einen politischen Täter gezeichnet und dafür auf die Aussagen des VS-Informanten C. und der umfangreichen Literatursammlung des Angeklagten in seiner Zelle zurückgegriffen. Daraus konstruierte die Staatsanwaltschaft letztlich ein absurdes Konglomerat einer politischen Haltung, die von den Roten Brigaden bis Stauffenberg reichen sollte, auf Grund derer der Angeklagte in U-Haft bleiben müsse, da ansonsten ein Untertauchen in den Untergrund zu erwarten sei. Am Montag hatte Schubis Wahlverteidiger bereits darauf hingewiesen, dass damit Schubi zu Unrecht seiner Freiheit beraubt wurde.

Wie auch in anderen Strafverfahren so ist auch in Schubis Verfahren eine Deutungshoheit der Polizei erkennbar. Der PTBS-Polizist und Nebenkläger hatte selbst das Strafverfahren wegen versuchten Totschlags eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft übernahm diesen Vorwurf, ohne dies noch einmal zu überprüfen und stufte erst nach Sichtung des Videomaterials in der Hauptverhandlung den Vorwurf des versuchten Totschlags auf eine gefährliche Körperverletzung zurück. Ohne den Vorwurf des versuchten Totschlags wäre Schubis Verfahren jedoch vor dem Amtsgericht behandelt worden und hätte nach Ansicht seiner Verteidiger nicht ein Jahr gedauert. Zudem berichtete Schubis Pflichtverteidiger von vergleichbaren Verfahren, wo ein Angeklagter trotz Vorstrafe bei einem ähnlichen Vorwurf und Beweislage nur auf Bewährung verurteilt wurde. Nach dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft ist nicht davon auszugehen, dass Schubi ebenfalls mit einer Bewährungsstrafe davon kommt, obwohl er keine Vorstrafen aufweist.

Zuletzt kritisierte der Verteidiger die Darstellung des Nebenklägers als „schwer verletzt“ wie es sowohl in der Presse als auch vor Gericht immer wieder geheißen hatte. Er machte deutlich, dass es sich bei einer Rippenprellung nicht um eine schwere Verletzung handle. Zudem stellte er die Diagnose der PTBS in Frage. Diese dürfe nämlich nur durch Psycholog_innen oder Psychiater_innen mit Spezialkenntnissen in Traumafolgestörungen diagnostiziert werden. Im Falle des geschädigten BFE-Polizisten hatte diese Diagnose jedoch der Allgemeinmediziner und Polizeiarzt vermutet. Ein psychologisches Gutachten des Polizisten, das eine PTBS hätte belegen können, läge indes nicht vor.

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Plädoyers verlesen – Schubi soll über 4 Jahre in Haft https://freeschubi.blackblogs.org/2016/04/26/plaedoyers-verlesen-schubi-soll-ueber-4-jahre-in-haft/ https://freeschubi.blackblogs.org/2016/04/26/plaedoyers-verlesen-schubi-soll-ueber-4-jahre-in-haft/#respond Tue, 26 Apr 2016 17:44:37 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=308 Continue reading ]]> Nach fast 30 Prozesstagen geht Schubis Verhandlung dem Ende entgegen. Am 25. April wurden die Schlussplädoyers gehalten. Die Staatsanwaltschaft forderte vier Jahre und neun Monate Haft, Schubis Verteidigung einen Freispruch. Ein Urteilsspruch könnte bereits am 28. April folgen.

Auch ohne Totschlag: Staatsanwaltschaft fordert vier Jahre und neun Monate Gefängnis

Die Staatsanwaltschaft hält Schubi – bis auf zwei Ausnahmen – in allen Anklagepunkten der versuchten und vollendeten gefährlichen Körperverletzung, des schweren Landfriedensbruch und Verstößen gegen das Vermummungsverbot für überführt. Die zwei Ausnahmen betreffen zum einen den bisherigen Vorwurf des versuchten Totschlags, der nach Willen der Anklage zur gefährlichen Körperverletzung heruntergestuft werden soll. Zur Erinnerung: Der geschädigte Polizist von der BFE M-V hatte lediglich eine leichte Rippenprellung und angeblich auch eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) davon getragen. Diese hatte ihm der zuständige Polizeiarzt, ein Allgemeinmediziner, vor Gericht bescheinigt. Trotzdem will die Staatsanwaltschaft Schubi allein für diese Tat drei Jahre hinter Gitter schicken. Die zweite Abweichung von der Anklageschrift betrifft einen der leichteren Steinwürfe, die Schubi zur Last gelegt werden. Hier habe der Prozess keinen Zusammenhang zwischen dem Wurf und der vom Polizisten präsentierten Verletzung (ein roter Fleck) ergeben, weshalb «nur» eine versuchte gefährliche Körperverletzung in Frage komme.

Aus mehreren Einzelstrafen ergebe sich somit die geforderte Gesamtstrafe von vier Jahren und neun Monaten, zudem soll Schubi die Kosten des Verfahrens und die Kosten des Nebenklägers (dem angeblichen PTBS-Polizisten) tragen. Die lange U-Haft Schubis und die lange Verfahrensdauer seien strafmildernd berücksichtigt worden, während die Art der Tatausführung und die Vielzahl der Vorwürfe strafverschärfend bewertet wurden, sagte der Staatsanwalt weiter.

Ein verrückter Zeuge und wenig belastbare Gutachten

Die Argumentation der Staatsanwaltschaft und wahrscheinlich auch des Gerichts gründet sich dabei – vereinfachend gesagt – auf zwei Themenkomplexe:

  • mehrere anthropologische Gutachten, in denen Schubis Körpermerkmale, Proportionen, Laufstil usw. mit den Aufnahmen von vermummten Tätern von Polizeivideos verglichen wurden
  • den Aussagen des Hauptbelastungszeugen Thomas C., einem ehemaligen Mithäftling Schubis.

Selbstverständlich ist die Staatsanwaltschaft der Meinung, dass die Gutachten Schubis vermeintliche Täterschaft belegt hätten und Thomas C., der von einer psychologischen Gutachterin als «pathologischer Lügner» bezeichnet wurde, glaubwürdig sei.

in den anthropologischen Gutachten konnte die Sachverständige Wittwer-Backofen bei der Betrachtung der Aufnahmen mit vermummten Tatverdächtigen nur Merkmalsübereinstimmungen mit geringer Wertigkeit finden. Übersetzt bedeutet dies, dass sie keine Merkmale finden konnte, die Schubis Identität mit den Vermummten ausschließen würden, aber auch keine, die eine Identität mit hoher Wahrscheinlichkeit oder gar Sicherheit belegen würden. Die von ihr gefundenen Merkmale erreichten regelmäßig nur die zweitschlechteste Kategorie – schlechter wäre nur noch die Kategorie «Identität ausgeschlossen».
Eigentlich sollte hier nun der Grundsatz in dubio pro reo greifen, doch nicht so vor dem Landgericht Rostock. Die Kammer hat durch Wortmeldungen und in Beschlüssen mehrfach sehr deutlich gemacht, dass sie der Argumentation insgesamt folgt, so dass wir keine Entscheidung zugunsten Schubis erwarten können.

Thomas C. hatte sich 2015 an den Landesverfassungsschutz gewandt und dort ausgesagt, dass Schubi die Vorwürfe ihm gegenüber in der Haft gestanden hätte. Dies erscheint nicht nur angesichts von Schubis konsequenter Aussageverweigerung mehr als zweifelhaft. Thomas C. wurde im März 2016 vorzeitig aus der Haft entlassen und war zuvor psychologisch begutachtet worden. Die Sachverständige kam dabei zu dem Schluss, dass C. ein übersteigertes Selbstbewusstsein mit oberflächlichem Charme habe und ein «pathologischer Lügner» sei. Nicht nur, dass die Staatsanwaltschaft den teils wirren und widersprüchlichen Aussagen C.s Glauben schenken will, so wurden am Montag auch weitere Beweisanträge der Verteidigung als unbegründet abgelehnt, die weitere Lügen C.s hätten beweisen sollen. Erneut festigte sich der Eindruck, dass der einzige Belastungszeuge unter keinen Umständen «beschädigt» werden darf.

Verteidigung fordert Freispruch

Schubis Verteidigung forderte einen Freispruch und holte zu einem kritischen Rundumschlag gegen Staatsanwaltschaft und das Gericht aus. Der Anwalt griff die Darstellungen des PTBS-Polizisten erneut an, wonach der Beamte eben nicht vom Stein getroffen auf den Boden geschleudert wurde und dort benommen liegen blieb, bis ein Kollege ihm aufhalf und in Sicherheit brachte: «So werden Geschichten erzählt, die so nicht stattgefunden haben». Er untermauerte seine Zweifel mit (bereits gezeigten) Videoaufnahmen, auf denen zu sehen ist, dass sich der BFEler nach dem Treffer selbst auf eine nahe Treppe setzt und wenige Sekunden später ohne Hilfe aufsteht und sich entfernt. Benommen wirkt er nicht, es ist sogar zu erkennen, wie er per Sprechfunk kommuniziert. Diese Unwahrheiten betreffen nicht den Kern der Ereignisse, dass also ein Stein geworfen und den Beamten auch getroffen habe, doch die Darstellungen werden dramatisiert und es stelle sich die Frage nach dem Warum.

Die Darstellungen Thomas C.s seien «absolut unglaubhaft» und teils widersprüchlich. Doch alle Anträge, mit denen C.s Unwahrheiten hätten belegt werden können, hatte das Gericht abgelehnt, «weil sie [die Kammer] meinen, darauf komme es nicht an». Eine Verurteilung auf Grundlage von C.s Angaben sei unzulässig, sagte der Anwalt weiter. Und wenn Schubi schon einige Tatvorwürfe gegenüber C. gestanden haben soll, warum dann nicht alle? Das Gericht müsse sich überlegen, wie es auch die weiteren Taten auf Grundlage von C.s Aussage Schubi zurechnen wolle.

Die Erkenntnisse der Sachverständigen zu Kleidung des Täters und den Körperbau Schubis seinen «eigentlich fast ohne jeden Aussagewert». Kleidung, die der oder die Täter getragen hätten, ist bei Schubi nicht gefunden worden. Bei so ähnlich aussehenden Kleidungsstücken seien keine Spuren zu finden gewesen und es habe sich um preisgünstige Allerweltsmodelle gehandelt. In Richtung Staatsanwaltschaft sagte der Anwalt weiter, man müsse «schon genau hinsehen. So wie sie es darstellen, war es jedenfalls nicht.»

Eskalation nach verunglücktem Polizeieinsatz

Anschließend kritisierte er das polizeiliche Vorgehen, als die Beamten bei den Spielen gegen Leipzig und Dresden den Tribünenumlauf des Stadions gestürmt und «Sprint geräumt» hätten, während gleichzeitig gegnerische Fans die Hansaanhänger hätten angreifen wollen. Erst dadurch seien die Situationen eskaliert und Gegenstände auf die Einsatzkräfte geworfen worden. Der «offensichtlich verunglückte Polizeieinsatz führte mehr und mehr zur Eskalation». Man müsse sich doch fragen, warum solche Ausschreitungen immer dann geschehen, wenn die Polizei so ungeschickt agiere.

Zum Schluss seines Plädoyers griff er das Gericht und Staatsanwaltschaft frontal an und warf beiden vor, Schubi wegen seines Linksseins verfolgt zu haben. «Ich kann nur davor warnen, Jagd auf eine bestimmte Gesinnung zu machen». Die mehr als einjährige U-Haft Schubis war immer wieder mit Fluchtgefahr begründet worden, die wiederum auf seine politische Einstellung zurückgeführt worden war. Auch nach seiner Entlassung, nach der er keine Meldeauflagen etc. bekommen hatte, war er immer zur Verhandlung erschienen: «Sie haben sich geirrt und, objektiv betrachtet, jemanden der Freiheit beraubt». Angesichts eines Richters einer anderen Kammer, dessen Urteil in einem anderen Verfahren jüngst vom BGH wegen krassen Fehlverhaltens kassiert worden war, sprach der Anwalt von einer «Wagenburgmentalität» im Rostocker Landgericht, die jede Selbstkontrolle des Gerichts verhindere. Schubi befürchte, «bei diesem Gericht nicht in den besten Händen zu sein, was eine objektive Betrachtung der Geschehnisse angeht». Die Aufgabe von Gerichten sei es aber, auch polizeiliches Verhalten kritisch zu beleuchten und zurückhaltend zu urteilen. «Ich mache mir keine Illusionen über den Ausgang des Verfahrens, jedenfalls was die Verurteilung angeht». Er forderte einen Freispruch und eine Entschädigung für die erlittene Untersuchungshaft.

Urteilsspruch könnte am Donnerstag erfolgen

Der zweite Verteidiger soll am Donnerstag plädieren. Es ist möglich, dass bereits danach das Urteil gesprochen wird. Wir haben keinen Anlass uns Illusionen hinzugeben, das Gericht würde Schubi nicht wieder in den Knast stecken wollen. Zeigt eure Solidarität und kommt am Donnerstag, den 28.4. um 9:30 Uhr ins Landgericht Rostock!

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