Beweismaterial – Free Schubi https://freeschubi.blackblogs.org Fri, 23 Oct 2015 14:06:24 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://freeschubi.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/777/2019/01/cropped-cropped-hangarheader-1-32x32.jpg Beweismaterial – Free Schubi https://freeschubi.blackblogs.org 32 32 Machten Polizeizeugen falsche Angaben zum Tathergang? https://freeschubi.blackblogs.org/2015/10/23/machten-polizeizeugen-falsche-angaben-zum-tathergang/ https://freeschubi.blackblogs.org/2015/10/23/machten-polizeizeugen-falsche-angaben-zum-tathergang/#respond Fri, 23 Oct 2015 14:06:24 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=165 Continue reading ]]> Mit einem Paukenschlag endete der heutige Verhandlungstag im Prozess gegen Schubi am Landgericht Rostock. Die Verteidigung stellte einen detaillierten Antrag auf Inaugenscheinnahme und Hinzuziehung von Videoaufzeichnungen. Die entsprechenden Aufnahmen sollen belegen, dass Zeugen bei ihren Aussagen nicht die Wahrheit gesagt hatten. Besonders brisant: bei diesen Zeugen handelt es sich um Polizeibeamte, unter anderem um den Nebenkläger im Verfahren, einen Polizisten der BFE MV.

Konsterniert schaute die Kammer in den Raum während einer der Verteidigeranwälte den Antrag verlas. Das besagte Videomaterial, dass der Verteidigung nicht etwa durch die Staatsanwaltschaft oder dem Gericht zur Verfügung gestellt worden war, sondern der Verteidigung vielmehr zufällig über ein Gutachten in die Hände gefallen sei, zeige den Tathergang, der Schubi zu Last gelegt wird, aus einer bisher unbekannten Perspektive. Die Verteidigung hatte immer wieder beantragt, weiteres Videomaterial zur Verfügung gestellt zu bekommen. Die bisherige Beweisführung basierte jedoch vor allem auf zusammengeschnittenes Videomaterial der diensthabenden und betroffenen Einheiten während des besagten Spieltages im November 2014. Auf diesem Videomaterial war der vermeintliche „Treffer“, der als versuchter Totschlag in die Anklage einging, jedoch nicht zu sehen. Bei der Zeugenvernehmung des Nebenklägers und seiner Kolleg_innen erzählten diese allerdings einhellig einen Vorgang, in dem der Nebenkläger getroffen zu Boden ging, dort benommen lag und nur mit Hilfe seiner Kollegen den Ort des Geschehens verlassen konnte. Sollte das Videomaterial, wie im Antrag gefordert in der Hauptverhandlung vorgeführt werden, würde sich dort allerdings zeigen, dass drei der als Zeugen auftretenden Polizeibeamten bei ihren Aussagen nicht zutreffende Angaben gemacht haben. Es sei u. a. zu sehen, wie der Geschädigte nicht zu Boden gegangen ist. Weiterhin habe er auch keine Hilfe durch seine Kolleg_innen bekommen. Er sei sogar noch 20 Minuten nach dem Vorfall weiterhin im Einsatz gewesen.
Die Verteidiger unterstrichen mit ihrem Antrag nochmals die Notwendigkeit einer Zurverfügungstellung allen Videomaterials, das an den betreffenden Spieltagen gefertigt wurde: „Es ist ein Irrtum zu glauben, die Polizeiakten reichten für die Aufklärung.” Die Staatsanwaltschaft, sowie die Kammer habe offensichtlich nicht, so lautete einer der in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwürfe, selbstständig die Videoaufzeichnungen geprüft, sondern sich blind vertrauend darauf verlassen, dass die Angaben der Polizei schon stimmen würden. Über den Antrag wurde in der heutigen Sitzung nicht mehr entschieden.

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Über die bedenklichen Parallelen zu Dresdener Justizskandalen https://freeschubi.blackblogs.org/2015/08/27/ueber-die-bedenklichen-parallelen-zu-dresdener-justizskandalen/ https://freeschubi.blackblogs.org/2015/08/27/ueber-die-bedenklichen-parallelen-zu-dresdener-justizskandalen/#respond Thu, 27 Aug 2015 14:31:13 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=63 Continue reading ]]> Weit im Vorfeld der Eröffnung der Hauptverhandlung am Rostocker Landgericht hatten Schubis Verteidiger einen umfassenden Einblick in die Ermittlungsakte beantragt. Trotz der großen Menge von Videoaufzeichnungen, hatten die Rechtsanwälte allerdings nur einige, kleinere Zusammenschnitte erhalten, welche den mutmaßlich einen und selben „Intensivtäter“ beim Begehen von Straftaten im Rahmen der Spiele des FC Hansa Rostock zeigen soll. Aus diesen Zusammenschnitten wird wenig über die Umstände des dort gezeigten Geschehens ersichtlich. Daher beantragte die Verteidigung abermals nach der Eröffnung des Prozesses am Rostocker Landgericht endlich einen vollumfassenden Einblick in die Akte zu bekommen, um der Wahrung der Rechte des Angeklagten auf einen fairen Prozess durch eine rechtmäßige Verteidigung nachkommen zu können.

Dabei führte einer der Verteidiger aus, dass er keinem der Prozessbeteiligten eine pauschale Unterstellung machen wolle. Sein Vertrauen in die Ermittlungsarbeit der Polizei und der Staatsanwaltschaft würde aber auch nicht so weit gehen, dass er nicht selbst einen Blick auf das ungeschnittene Material werfen wollen würde. Der Rechtsanwalt begründete dies mit zwei Fällen aus der jüngeren Vergangenheit, in denen erst die von der Verteidigung erzwungene Sichtung ungeschnittener Videoaufzeichnungen die Unschuld der jeweils angeklagten Personen bewiesen werden konnte.

Bei diesen Fällen handelt es sich um die bundesweit bekannt gewordenen Skandalprozesse gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König und den Antifaschisten Tim H. aus Berlin. Beiden wurden Straftaten im Rahmen der Gegenproteste zum größten europäischen Naziaufmarsch am 19. Februar in Dresden vorgeworfen. Neben den beiden Prozessen gegen Lothar König und Tim H. machten auch die übrigen Ermittlungen rund um die Gegenproteste in Dresden Schlagzeilen, da Polizeibeamte zudem ein Rechtsanwaltsbüro und Räume der Dresdener Linkspartei stürmten, sowie im Laufe des Tages per Funkzellenabfrage rund eine Million Handydaten erfasst hatte.

Dem Jugendpfarrer König wurde zur Last gelegt sich des „schweren, aufwieglerischen Landfriedensbruches“ und der Beihilfe zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, sowie der versuchten Strafvereitelung schuldig gemacht zu haben. Weiterhin ermittelten die sächsischen Behörden gegen Lothar König wegen des Verdachtes der Zugehörigkeit zu einer „Antifa Sportgruppe“, welche gezielt in Dresden Jagd auf Neonazis machen würde und deren Kopf und Anführer er sei.

Der Seelsorger als Rädelsführer?

Die Anklage gegen Lothar König stützte sich auf die Behauptung, dass König als Fahrer und Halter des VW-Busses der Jenaer Jungen Gemeinde während der Demonstrationen und der anschließenden Krawalle in Dresden zu Gewalt aufgerufen haben soll. Laut Staatsanwalt sei aus seiner Lautsprecheranlage auf dem Autodach in einer Menschenmenge unter anderem gerufen worden sein: „Deckt die Bullen mit Steinen ein“. König soll, so die Dresdener Staatsanwaltschaft, versucht haben ein Einsatzfahrzeug der Polizei von der Straße zu drängen. Im Verlauf des Vorfalls seien dann mehrere Steine auf Polizeiwagen geflogen. Der Jugendpfarrer habe anschließend Verdächtige in sein Auto aufgenommen.

Der Prozess gegen den Jenaer Jungendseelsorger wurde noch vor der eigentlichen Eröffnung im Frühjahr 2013 wieder verschoben, weil ein Anwalt der Verteidigung durch einen Zufall in den Akten des Gerichts mehr als 170 Seiten ungeordnetes Material entdeckte, welche der Verteidigung bis zu diesem Zeitpunkt vorenthalten wurde. Auch der weitere Prozess war geprägt von einem unbedingten Verurteilungswillen der Dresdener Staatsanwaltschaft. Es wurde von vornherein einseitig ermittelt, entlastende Akten unterschlagen und auch der Umstand, dass gegen den Pfarrer bloße Vermutungen sowie Falschaussagen von Polizeibeamten anstelle von Beweisen vorlagen, führte erst sehr spät im Sommer 2013 zu einer Aussetzung des Verfahrens.
Hintergrund war, dass die Verteidigung erst während des Verfahrens mitten im Juni 2013 Kenntnis von der Existenz von ca. 160 Stunden unausgewerteten Videomaterials erlangte. Die dann von der Verteidigung nach eigener Auswertung eingebrachten Videoauschnitte aus dem neuen Beweismaterial führten dazu, dass Lothar König auf ganzer Linie entlastet und die ihm zur Last gelegten Anklagepunkte widerlegt wurden.

„Kommt nach vorne!“ – Der Fall Tim H.

Ähnlich, wenn auch weniger prominent wahrgenommen, spielte sich ein weiterer sächsischer Justizskandal ab, der die Auseinandersetzungen vom 19. Februar 2011 zum Gegenstand hatte. Der Berliner Antifaschist Tim H. wurde im Januar 2013 in erster Instanz wegen Körperverletzung, besonders schweren Landfriedensbruchs und Beleidigung durch das Amtsgericht Dresden zu einem Jahr und zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Das Schöffengericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der Angeklagte am 19. Februar in der Dresdner Südvorstadt mit einem Megafon zum Durchbrechen einer Polizeisperre aufgerufen hatte. Beim Durchfließen einer Absperrung waren vier Polizisten verletzt worden, wobei einer der Beamten als „Nazischwein“ beschimpft worden war.

Auch gegen Tim H. sagte ein Polizeibeamter aus, der bereits auf Grund seines Auftretens im Verfahren gegen Lothar König von der Verteidigung wegen Fälschung von Beweismitteln angezeigt wurde. Der skandalöse Ablauf des Verfahrens gegen Lothar König führte auch bei der Verteidigung von Tim H. dazu, auf die eigenständige Sichtung des gesamten Videobeweismaterial zu bestehen. Mit Erfolg: in den Aufnahmen tauchten mehrere, andere Personen auf, die die selben vagen Merkmale aufwiesen wie Tim H., wodurch das Urteil aus erster Instanz nicht aufrecht erhalten werden konnte. Der Berliner Antifaschist wurde vom Vorwurf des besonders schweren Landfriedensbruches freigesprochen und musste lediglich eine Geldstrafe wegen Beleidigung zahlen.

Welche Bedeutung haben die Dresdener Verfahren für den aktuellen Rostocker Fall?

Auch im Rostocker Verfahren gegen Schubi liegt offensichtlich ein hohes Verurteilungsinteresse vor und ebenso wird der Verteidigung nur sehr widerwillig und häppchenweise Zugang zu einem Teil der polizeilichen Videoaufzeichnungen gewährt. Ob das Videomaterial im Rostocker Verfahren ähnlich suggestiv und manipulierend zusammengeschnitten wurde wie dies in Dresden gegen Lothar König und Tim H. der Fall war, kann derzeit weder bestätigt, noch ausgeschlossen werden.
Ob durch diese Videos eine Entlastung des Angeklagten möglich ist, konnte bislang ebenfalls kaum geklärt werden. Die Beweismittel liegen bislang nur bei der Polizei vor und Oberstaatsanwalt Krüger sieht bislang keine Veranlassung, diesen Zustand zu ändern. In einem ersten, patzigen Antwortschreiben teilte er der Verteidigung mit, dass er als Herr des zur Anklage gebrachten Ermittlungsverfahrens sich nicht in der Lage sähe der Polizei Anweisungen zu erteilen. Doch die Verteidigung beließ es nicht dabei, sich das Recht auf Akteneinsicht verwehren zu lassen und beantragte daraufhin die Heranziehung aller an diesem Tage angefertigten Videoaufzeichnungen als Beweismittel im Gerichtsverfahren, um damit die Blockadehaltung auf Seiten der Staatsanwaltschaft aufzubrechen. Statt dem Recht zu geben, lehnte das Gericht am 27.08.2015 in einer 35 Seiten umfassenden Begründung ab, das beantragte Videomaterial in den Prozess einzuführen. Ohne es selbst bisher gesehen zu haben, verwies es darauf, dass das Beweismaterial zu keinen neuen Erkenntnissen führen würde.

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