Beweismittelfälschung – Free Schubi https://freeschubi.blackblogs.org Fri, 07 Dec 2018 11:02:07 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://freeschubi.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/777/2019/01/cropped-cropped-hangarheader-1-32x32.jpg Beweismittelfälschung – Free Schubi https://freeschubi.blackblogs.org 32 32 Ein Hauptbelastungszeuge und differenzierter Lügner https://freeschubi.blackblogs.org/2018/12/07/ein-hauptbelastungszeuge-und-differenzierter-luegner/ https://freeschubi.blackblogs.org/2018/12/07/ein-hauptbelastungszeuge-und-differenzierter-luegner/#respond Fri, 07 Dec 2018 11:02:07 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=360 Continue reading ]]> Am 27.11.2018 traf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH), der über die Revision des Urteils vom Landgericht im Mai 2016 bescheiden sollte, ein. Obwohl das Urteil ein Ausstellungsdatum vom 24.10.2018 aufweist, wurde es also erst einen Monat später den Prozessbeteiligten zugestellt. Der Zeitpunkt der Zustellung hätte passender nicht sein können, fand doch in den darauf folgenden Tagen die Innenministerkonferenz (IMK) in Magdeburg statt, auf der sich die Innenminister mit Strafverschärfungen gegen Linke und Fussballfans gegeseitig übertrumpften.*

Alle formalen Mängel, die Schubis Verteidigung im Sommer 2016 in der Revision auf über 700 Seiten zusammenfasste, wurden in einer nur wenige Seiten kurzen Begründung zurückgewiesen. Die von der Verteidigung beanstandete Besetzung des Schöff*innengerichts war für die Richter*innen am BGH kein ausreichender Grund, um die Revision zuzulassen. Stattdessen wurde dem Landgericht Rostock Recht gegeben. Der BGH unterstütze damit in seiner Begründung ein Urteil, das ausschließlich auf Indizien und Aussagen eines Hauptbelastungszeugen basiert. Thomas C., der sich während Schubis U-Haft dem Verfassungschutz in MV angedient hatte, wäre ein glaubwürdiger Zeuge, dem Schubi eine der Taten gestanden hätte, so die Auffassung des Landgerichts. Alles spricht dafür, dass der Hauptgrund, warum Schubi verurteilt wurde, nicht objektive Beweise, sondern die Aussagen eines mehrfach vorbestraften, zum Zeitpunkt seiner Aussage in Haft sitzenden und als psychisch auffälligen Mannes waren. Schubis Verteidigung hatte zum Zeitpunkt der Verhandlungen immer wieder auf die besondere Situation von Aussagen von Gefangenen hingewiesen, auch darauf, dass der Gefangene C. kurz nach seiner Aussage beim Verfassungsschutz und der Staatsschutz-Abteilung der Polizei aus der Haft entlassen wurde. Dies war auch deshalb von Bedeutung, da der Zeuge C. vor Gericht versichert hatte, dass er keinen Antrag auf frühzeitige Haftentlassung gestellt habe. Während die vorsitzenden Richter*innen ihm treu doof Glauben schenkten,zweifelte jedoch die Staatsanwaltschaft Rostock an der Glaubhaftigkeit letzterer Aussage. Und so wurde C. nach Abschluss von Schubis Prozess am Landgericht von der Staatsanwaltschaft wegen uneidlicher Falschaussagen zu seinem eigenen Verfahren und dem Antrag auf frühzeitige Haftentlassung in Schubis Prozess angeklagt und im November 2017 von dem Amtsgericht Rostock rechtskräftig verurteilt. Das Amtsgericht Rostock sah es als erwiesen an,dass Thomas C. bei seinen Aussagen, bezogen auf seinen eigenen Prozess in Schubis Verhandlung gelogen hatte. Demnach hatte C. erfunden, dass er bei seiner Festnahme durch Polizist*innen misshandelt wurde. Hinsichtlich von C.‘s Aussagen in Schubis Prozess, er habe keinen Antrag auf vorzeitige Entlassung gestellt, was sich später anders darstellte, verwies der Richter am Amtsgericht jedoch darauf, dass es keinen eindeutigen Nachweis für die Falschaussage gäbe. Denn, entgegen der Staatsanwaltschaft hatte das Landgericht in seiner Urteilsbegründung C.‘s damalige Aussage so zusammengefasst, dass C. nicht gelogen haben müsse, sondern den Antrag auf vorzeitige Haftentlassung nach seiner Aussage bei den staatlichen Diensten gestellt habe. Selbst der gehörte Zeuge der Staatsanwaltschaft zeigte sich darüber verwundert, dass das Gericht das so gesehen habe. Die fehlende Verurteilung C.‘s auch in diesem Anklagepunkt basiert vor allem darauf, dass keine Wortprotokolle von Verhandlungen am Landgericht existieren. Um diesen Sachverhalt aufklären zu können, hätten mehr Zeug_innen aus Schubis Verfahren gehört werden müssen. Jedoch schien auch der Richter am Amtsgericht wenig Interesse an einer echten Aufklärung zu haben. Immer wieder wies er den Zeugen der Staatsanwaltschaft und damit dem Beteiligten aus Schubis Prozess darauf hin, dass die „Sache pikant“ sei und er sich gerne mit jemanden darüber austauschen und außergerichtlich einigen würde, vermutlich weil der Richter davon ausging, dass ein Urteil Konsequenzen für das Urteil gegen Schubi haben würde. Auf Deals ließ sich der Zeuge der Staatsanwaltschaft jedoch nicht ein. So wurde nach einer kurzen Verhandlungspause das Urteil gegen Thomas C. gesprochen und dieser nur für eine einzige Falschaussage verurteilt. Wie das Landgericht, folgte das
Amtsgericht der Begründung, dass, nur weil Thomas C. hinsichtlich seines eigenen Verfahrens nachweislich gelogen habe, er jedoch nicht gelogen habe, was sein angebliches Täterwissen von Schubi anging. Der als psychologisch diagnostizierte pathologische Lügner, lügt also differenziert.

Man möchte auf Grund der Zurückweisung der Revision meinen, dass solche Gerichtspossen aus Rostock dem BGH egal sind. Denn natürlich wies Schubis Verteidigung den BGH darauf hin, dass C. wegen Falschaussage rechtskräftig verurteilt wurde. Doch Falschaussagen des Hauptbelastungszeugen sind keine formalen Mängel und damit kein Revisionsgrund.

*Beispielsweise brachte der Innenminister aus MV, Lorenz Caffier (CDU), ein Verbot der Initiative „Cop Watch“ aufs Tableau, womit von staatlichen Repressionen Betroffenen geholfen werden soll, im Alltag ein erneutes Zusammentreffen mit ihren Peinigern zu vermeiden.

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Über die bedenklichen Parallelen zu Dresdener Justizskandalen https://freeschubi.blackblogs.org/2015/08/27/ueber-die-bedenklichen-parallelen-zu-dresdener-justizskandalen/ https://freeschubi.blackblogs.org/2015/08/27/ueber-die-bedenklichen-parallelen-zu-dresdener-justizskandalen/#respond Thu, 27 Aug 2015 14:31:13 +0000 http://freeschubi.blogsport.eu/?p=63 Continue reading ]]> Weit im Vorfeld der Eröffnung der Hauptverhandlung am Rostocker Landgericht hatten Schubis Verteidiger einen umfassenden Einblick in die Ermittlungsakte beantragt. Trotz der großen Menge von Videoaufzeichnungen, hatten die Rechtsanwälte allerdings nur einige, kleinere Zusammenschnitte erhalten, welche den mutmaßlich einen und selben „Intensivtäter“ beim Begehen von Straftaten im Rahmen der Spiele des FC Hansa Rostock zeigen soll. Aus diesen Zusammenschnitten wird wenig über die Umstände des dort gezeigten Geschehens ersichtlich. Daher beantragte die Verteidigung abermals nach der Eröffnung des Prozesses am Rostocker Landgericht endlich einen vollumfassenden Einblick in die Akte zu bekommen, um der Wahrung der Rechte des Angeklagten auf einen fairen Prozess durch eine rechtmäßige Verteidigung nachkommen zu können.

Dabei führte einer der Verteidiger aus, dass er keinem der Prozessbeteiligten eine pauschale Unterstellung machen wolle. Sein Vertrauen in die Ermittlungsarbeit der Polizei und der Staatsanwaltschaft würde aber auch nicht so weit gehen, dass er nicht selbst einen Blick auf das ungeschnittene Material werfen wollen würde. Der Rechtsanwalt begründete dies mit zwei Fällen aus der jüngeren Vergangenheit, in denen erst die von der Verteidigung erzwungene Sichtung ungeschnittener Videoaufzeichnungen die Unschuld der jeweils angeklagten Personen bewiesen werden konnte.

Bei diesen Fällen handelt es sich um die bundesweit bekannt gewordenen Skandalprozesse gegen den Jenaer Jugendpfarrer Lothar König und den Antifaschisten Tim H. aus Berlin. Beiden wurden Straftaten im Rahmen der Gegenproteste zum größten europäischen Naziaufmarsch am 19. Februar in Dresden vorgeworfen. Neben den beiden Prozessen gegen Lothar König und Tim H. machten auch die übrigen Ermittlungen rund um die Gegenproteste in Dresden Schlagzeilen, da Polizeibeamte zudem ein Rechtsanwaltsbüro und Räume der Dresdener Linkspartei stürmten, sowie im Laufe des Tages per Funkzellenabfrage rund eine Million Handydaten erfasst hatte.

Dem Jugendpfarrer König wurde zur Last gelegt sich des „schweren, aufwieglerischen Landfriedensbruches“ und der Beihilfe zum Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, sowie der versuchten Strafvereitelung schuldig gemacht zu haben. Weiterhin ermittelten die sächsischen Behörden gegen Lothar König wegen des Verdachtes der Zugehörigkeit zu einer „Antifa Sportgruppe“, welche gezielt in Dresden Jagd auf Neonazis machen würde und deren Kopf und Anführer er sei.

Der Seelsorger als Rädelsführer?

Die Anklage gegen Lothar König stützte sich auf die Behauptung, dass König als Fahrer und Halter des VW-Busses der Jenaer Jungen Gemeinde während der Demonstrationen und der anschließenden Krawalle in Dresden zu Gewalt aufgerufen haben soll. Laut Staatsanwalt sei aus seiner Lautsprecheranlage auf dem Autodach in einer Menschenmenge unter anderem gerufen worden sein: „Deckt die Bullen mit Steinen ein“. König soll, so die Dresdener Staatsanwaltschaft, versucht haben ein Einsatzfahrzeug der Polizei von der Straße zu drängen. Im Verlauf des Vorfalls seien dann mehrere Steine auf Polizeiwagen geflogen. Der Jugendpfarrer habe anschließend Verdächtige in sein Auto aufgenommen.

Der Prozess gegen den Jenaer Jungendseelsorger wurde noch vor der eigentlichen Eröffnung im Frühjahr 2013 wieder verschoben, weil ein Anwalt der Verteidigung durch einen Zufall in den Akten des Gerichts mehr als 170 Seiten ungeordnetes Material entdeckte, welche der Verteidigung bis zu diesem Zeitpunkt vorenthalten wurde. Auch der weitere Prozess war geprägt von einem unbedingten Verurteilungswillen der Dresdener Staatsanwaltschaft. Es wurde von vornherein einseitig ermittelt, entlastende Akten unterschlagen und auch der Umstand, dass gegen den Pfarrer bloße Vermutungen sowie Falschaussagen von Polizeibeamten anstelle von Beweisen vorlagen, führte erst sehr spät im Sommer 2013 zu einer Aussetzung des Verfahrens.
Hintergrund war, dass die Verteidigung erst während des Verfahrens mitten im Juni 2013 Kenntnis von der Existenz von ca. 160 Stunden unausgewerteten Videomaterials erlangte. Die dann von der Verteidigung nach eigener Auswertung eingebrachten Videoauschnitte aus dem neuen Beweismaterial führten dazu, dass Lothar König auf ganzer Linie entlastet und die ihm zur Last gelegten Anklagepunkte widerlegt wurden.

„Kommt nach vorne!“ – Der Fall Tim H.

Ähnlich, wenn auch weniger prominent wahrgenommen, spielte sich ein weiterer sächsischer Justizskandal ab, der die Auseinandersetzungen vom 19. Februar 2011 zum Gegenstand hatte. Der Berliner Antifaschist Tim H. wurde im Januar 2013 in erster Instanz wegen Körperverletzung, besonders schweren Landfriedensbruchs und Beleidigung durch das Amtsgericht Dresden zu einem Jahr und zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt. Das Schöffengericht hatte es als erwiesen angesehen, dass der Angeklagte am 19. Februar in der Dresdner Südvorstadt mit einem Megafon zum Durchbrechen einer Polizeisperre aufgerufen hatte. Beim Durchfließen einer Absperrung waren vier Polizisten verletzt worden, wobei einer der Beamten als „Nazischwein“ beschimpft worden war.

Auch gegen Tim H. sagte ein Polizeibeamter aus, der bereits auf Grund seines Auftretens im Verfahren gegen Lothar König von der Verteidigung wegen Fälschung von Beweismitteln angezeigt wurde. Der skandalöse Ablauf des Verfahrens gegen Lothar König führte auch bei der Verteidigung von Tim H. dazu, auf die eigenständige Sichtung des gesamten Videobeweismaterial zu bestehen. Mit Erfolg: in den Aufnahmen tauchten mehrere, andere Personen auf, die die selben vagen Merkmale aufwiesen wie Tim H., wodurch das Urteil aus erster Instanz nicht aufrecht erhalten werden konnte. Der Berliner Antifaschist wurde vom Vorwurf des besonders schweren Landfriedensbruches freigesprochen und musste lediglich eine Geldstrafe wegen Beleidigung zahlen.

Welche Bedeutung haben die Dresdener Verfahren für den aktuellen Rostocker Fall?

Auch im Rostocker Verfahren gegen Schubi liegt offensichtlich ein hohes Verurteilungsinteresse vor und ebenso wird der Verteidigung nur sehr widerwillig und häppchenweise Zugang zu einem Teil der polizeilichen Videoaufzeichnungen gewährt. Ob das Videomaterial im Rostocker Verfahren ähnlich suggestiv und manipulierend zusammengeschnitten wurde wie dies in Dresden gegen Lothar König und Tim H. der Fall war, kann derzeit weder bestätigt, noch ausgeschlossen werden.
Ob durch diese Videos eine Entlastung des Angeklagten möglich ist, konnte bislang ebenfalls kaum geklärt werden. Die Beweismittel liegen bislang nur bei der Polizei vor und Oberstaatsanwalt Krüger sieht bislang keine Veranlassung, diesen Zustand zu ändern. In einem ersten, patzigen Antwortschreiben teilte er der Verteidigung mit, dass er als Herr des zur Anklage gebrachten Ermittlungsverfahrens sich nicht in der Lage sähe der Polizei Anweisungen zu erteilen. Doch die Verteidigung beließ es nicht dabei, sich das Recht auf Akteneinsicht verwehren zu lassen und beantragte daraufhin die Heranziehung aller an diesem Tage angefertigten Videoaufzeichnungen als Beweismittel im Gerichtsverfahren, um damit die Blockadehaltung auf Seiten der Staatsanwaltschaft aufzubrechen. Statt dem Recht zu geben, lehnte das Gericht am 27.08.2015 in einer 35 Seiten umfassenden Begründung ab, das beantragte Videomaterial in den Prozess einzuführen. Ohne es selbst bisher gesehen zu haben, verwies es darauf, dass das Beweismaterial zu keinen neuen Erkenntnissen führen würde.

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