Hallo,
Die Demonstration in Gedenken an Halim Dener und alle anderen durch Polizeigewalt Umgekommenen konnte erfolgreich zum Abschluss gebracht werden. Das ist nicht selbstverständlich, werden doch Demonstrationen mit dem Thema „Kurdistan“ in der Regel von der Polizei angegriffen, spätestens dann, wenn von der Polizei als verboten bezeichnete Symbole des kurdischen Befreiungskampfes gezeigt werden. Denn sowohl die PKK als auch diverse behördlicherseits als Nachfolge- oder Umfeldorganisationen definierte Gruppierungen sind in der BRD immer noch verboten.
So dient das Verbot nach wie vor dazu, politisch aktive Kurdinnen und Kurden verfolgen zu können. Wie absurd das mittlerweile ist, kann auch daran abgelesen werden, dass in der Türkei selbst die Anhängerschaft der PKK ihre Symbole mittlerweile öffentlich zeigen darf. Die kurdische Bewegung hat sich auch durch Verbote nicht kleinkriegen lassen – in Kurdistan nicht und auch nicht in der BRD.
Die Aufregung der Polizei im Vorfeld war entsprechend. Eine Anzahl von Wasserwerfern und Räumpanzern war in Sichtweite des Auftaktkundgebungsplatzes aufgefahren worden, eine immense Anzahl von Polizisten war aufgeboten worden. Von Anfang an setzte die Polizei auf Einschüchterung.
Anreisende wurden mit intensiven Vorkontrollen überzogen, im Hauptbahnhof Hannover wurden ganze Gruppen in einen Tunnel getrieben und dort ohne Angabe von Gründen festgehalten, Einzelne wurden unter Anwendung körperlicher Gewalt zur Abgabe ihrer Personalien gezwungen. Verschiedene Personen mussten solcherlei Kontrollen auch mehrmals über sich ergehen lassen. Der Lautsprecherwagen wurde bei der Anfahrt durchsucht, auch die Insassen mussten ihre Personalien abgeben.
Da auf alle diese Kontrollierten gewartet wurde verzögerte sich der Beginn der Demonstration, die im Wesentlichen von der Polizei in Ruhe gelassen wurde. In der Nähe des Ortes, an dem Halim Dener erschossen worden war, fand eine Kundgebung statt und viele Teilnehmende der Demonstration ließen es sich nicht nehmen, die kurdische Fahne zu zeigen. Auch dabei kam es nicht sofort zu Übergriffen der Polizei auf die Demonstration.
Es ist aber klar, dass die Polizei die Demonstration an diesem Ort gefilmt hat. Das ist in Hannover besonders einfach, da die gesamte Innenstadt Kameraüberwacht ist und Einzelne auf hunderte von Metern noch genau und scharf zu beobachten sind. Dazu kam Polizei mit Kameras auf vielen umliegenden Hausdächern.
Wir rechnen demnach mit einigen Ermittlungen zu Verstößen gegen das Vereins-oder das Versammlungsgesetz, z.B. wegen angeblicher Vermummung oder wegen des Zeigens der verbotenen Symbole.
Wir wissen von einer Anzahl von Ermittlungen, da direkt nach Abschluss der Demonstration, bei ihrer Abreise, einzelne Personen mit dieser Begründung festgehalten und zur Abgabe der Personalien gezwungen wurden. Autos von Abreisenden wurden zum Teil unter Hinzuziehung des Staatsschutzes durchsucht.
Wir wissen von einer Anzahl von Ermittlungen, da die Polizei selbst verlautbart hat, bisher würden 5 Strafverfahren wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz sowie 10 Ordnungswiedrigkeitsverfahren aufgrund Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verfolgt werden.
Fest steht also: Einige Personen werden Post von der Polizei bekommen.
Was nun?
Mit diesem ersten Brief wird das nicht erledigt sein. Weitere Post wird kommen. Das ist der Grund, warum ihr euch bei der Roten Hilfe e.V. melden solltet. Dann können wir uns zusammensetzen und gemeinsam überlegen, wie
mit der Post (Strafbefehle, Bußgeldbescheide, Zeugenvorladungen, etc. …) umgegangen werden kann. Bei Bedarf vermitteln wir euch eine anwältliche Beratung.
Meldet euch also!
Kampagne Halim Dener
Rote Hilfe e.V. Ortsgruppe Hannover
Vor 20 Jahren wurde der 16-jährige Kurde Halim Dener von einem deutschen Polizisten in Hannover erschossen. Die Kampagne Halim Dener erinnert an die Ereignisse der Jahre 1993/94 und stellt sie in einen Kontext mit der heutigen Situation in Kurdistan und der BRD.
Halim repräsentiert in seiner Person viele verschiedene Kämpfe, die hier in der BRD und auf der Welt geführt werden — der Kurdistan-Konflikt, die Frage von Flucht und Bleiberecht, Repression, linken Ideen und Organisationen sowie (rassistische) Polizeigewalt.
Vorläufiger Höhepunkt der Kampagne wird die bundesweite Demonstration am 21.06.2014 in Hannover sein. Diese Demo hatten die Behörden im Vorfeld versucht, an einem anderen Ort oder Datum laufen zu lassen, worauf sich die Kampagne nicht eingelassen und den angekündigten Termin durchgesetzt hat.
Bis zur Demo wurden 17 Informations- und Diskussionsveranstaltungen in verschiedenen Städten durchgeführt und eine Mobilisierungsdemo fand in Mainz statt. Mittlerweile unterstützen 50 Organisationen und Initiativen den Aufruf zur Demo. Aus zahlreichen Städten werden gemeinsame Anreisen mit Bussen oder Zügen geplant. Vorkontrollen, vor allem der Busse, sind möglich, werden aber bisher nicht erwartet.
Auftakt der Demonstration wird um 14.00 Uhr am Klagesmarkt in Hannover sein — unweit des Steintors, dem Ort, an dem Halim erschossen wurde.
Am Hauptbahnhof und am Steintor werden die ankommenden emoteilnehmer*innen an Infopoints empfangen und zum Klagesmarkt weitergelotst. Tausende Besucher*innen der Fête de la Musique — einer jährlichen Musik-Großveranstaltung — werden im Laufe des Tages die Hannoveraner Innenstadt aufsuchen, so dass manche Straßen für Busse oder Autos nicht passierbar sind, vor allem in der Innenstadt, und viele Menschen unterwegs sein werden.
Nach der Auftaktkundgebung am Klagesmarkt wird die Demonstration am türkischen Konsulat vorbei Richtung Herrschelwache ziehen, diese aber nicht passieren, sondern vorher in einem großen Bogen zum Steintor laufen. Dort wird eine Zwischenkundgebung abgehalten, um an Halim zu erinnern.
Vom Steintor aus zieht die Demo dann in zwei kleineren Schlenkern zurück zum Klagesmarkt, wo die Demo enden wird, so dass sich alle Teilnehmer*innen gemeinsam auf den Nachhauseweg machen können.
Ziel der Demo ist es, Halim zu seinem 20. Todestag angemessen zu gedenken und die verschiedenen Kämpfe, die sich in seinem Fall ausdrücken, auf die Straßen zu tragen.
Daher wird von der Demo keine Eskalation ausgehen und sie wird sich nicht provozieren lassen, weder von der Polizei noch von Faschist*innen und Rassist*innen.
Allerdings besteht die Kampagne entschlossen darauf, mit der Demonstration dem Anlass angemessen zu gedenken und zu demonstrieren.
Der Startpunkt wurde aufgrund eines großen Musikfestes in der Stadt vom Steintor 500m weiter zum Klagesmarkt verlegt.
Am Tag werden Infopunkte eingerichtet, um auf die Verlegung hinzuweisen und den Weg zu weisen.
Allgemein wurde die Demo genehmigt, die Infos zu Route und Auflagen werden hier noch gepostet.
Wir wollen laufen!
]]>Ort:Kargah e.V.
Zur Bettfedernfabrik 1, 30451 Hannover
Die Polzei inspizierte sie und befand sie für gut gelungen:
Hier die digitale Version [.JPG] für weitere Wände.
Kommt zur bundesweiten Demonstration!
gefoltert.
Der 16-jährige Kurde Halim Dener musste 1994 vor der Verfolgung durch den Staat Türkei aus seiner Heimat fliehen. Damals zerstörte das türkische Militär 4.000 Dörfer – so auch Halims Dorf in der Nähe von Çewlik (türk.: Bingöl). 17.000 „Morde unbekannter Täter“, Verschwundene und Folter waren die gängige Praxis von Polizei, Geheimdienst und Paramilitärs. Halim selbst wurde nach einer Festnahme von der türkischen Polizei eine Woche lang verhört und gefoltert.
Aktuell wird über einen Friedensprozess debattiert, doch hat sich die Situation kurdischer Jugendlicher in türkischen Gefängnissen nicht grundlegend geändert: Gewalt, Folter und sexuelle Übergriffe stehen nach wie vor auf der Tagesordnung. Und auch auf der Straße werden weiterhin Jugendliche in Auseinandersetzungen mit der Polizei getötet.
In den deutschen Medien wird der Kurdistan-Konflikt weitgehend verschwiegen. Die BRD ist jedoch durch die Bekämpfung der kurdischen Bewegung sowie Waffenlieferungen und militärische Zusammenarbeit im Rahmen der NATO-Partnerschaft selbst aktiver Teil des Kurdistan-Konflikts.
geflüchtet.
Halim flüchtete vor Krieg und Verfolgung unter falschem Namen, um seine Familie in der Heimat nicht zu gefährden. Als minderjähriger, unbegleiteter Flüchtling kam er in die BRD. Hier war nach öffentlicher rassistischer Hetze und Pogromen an Flüchtlingen und Migrant*innen 1993 das Grundrecht auf Asyl durch Änderung des Grundgesetzes faktisch abgeschafft worden. Infolgedessen sank die Quote der Anerkennung auf Asyl von damals bereits geringen 4,3% auf 0,8% im Jahr 2006.
Heute fliehen Menschen aus den Konfliktzonen, wie z.B. Syrien oder Libyen, um in Europa ihr Leben in Sicherheit weiterführen zu können. Darunter sind viele Minderjährige, die teilweise ohne Familienanschluss die gefährliche Flucht auf sich nehmen. Flüchtlingen und Migrant*innen schlägt immer wieder, auch von Seiten der Behörden, blanker Rassismus entgegen.
verboten.
Im November 1993 wurde nach einer beispiellosen Hetzkampagne gegen die kurdische Bevölkerung in der BRD die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und alle ihr nahestehenden Organisationen als „Terrororganisation“ verboten. Es folgte eine Welle von Durchsuchungen und Verhaftungen. Durch öffentliche Hetze gegen Kurd*innen wurde ein Klima von Hass und Angst geschaffen, das von einer simplen Gleichung bestimmt war: „Kurd*innen = PKK = Terrorist*innen“.
Das Verbot hat nach wie vor Bestand und findet rege Anwendung. So trifft die Repression kurdische Kulturvereine und öffentliche Strukturen der kurdischen Bewegung, insbesondere aber kurdische Jugendliche und Aktivist*innen, die sie sich mit der Bewegung identifizieren und politisch engagieren.
erschossen.
Auch in der BRD setzte sich Halim für die kurdische Bewegung ein. So plakatierte er wenige Wochen nach seiner Flucht in Hannover Plakate mit dem Emblem der ERNK, des (damaligen) politischen Arms der PKK. Dabei wurde Halim in der Nacht vom 30.06.1994 von SEK-Polizisten in Zivil überrascht und ihm bei der Festnahme aus kürzester Entfernung in den Rücken geschossen. An dieser Schussverletzung starb Halim wenig später. Der Polizist wurde von seinen Kolleg*innen gedeckt, sodass die Tat nie angemessen aufgeklärt werden konnte. In einem drei Jahre dauernden, zweifelhaften Prozess wurde er schließlich freigesprochen.
Diese Tötung durch Polizist*innen ist kein Einzelfall; Christy Schwundeck, Oury Jalloh oder Achidi John sind weitere bekannte Opfer. Auch Polizeigewalt, die gedeckt und vertuscht wird, sowie Kontrollen nach dem sogenannten „Racial Profiling“ sind an der Tagesordnung.
Halim Dener repräsentiert in seiner Person viele verschiedene Kämpfe, die hier in der BRD und auf der Welt geführt werden – der Kurdistan-Konflikt, die Frage von Krieg und Flucht, Repression linker Ideen und Organisationen sowie (rassistische) Polizeigewalt.
Halims Geschichte und Tod sind kein Einzelfall!
Deshalb fordern wir:
Schluss der militärischen Zusammenarbeit der BRD mit der Türkei!
Ende des Exports deutscher Waffen!
Bleiberecht für Alle!
Weg mit dem PKK-Verbot!
Lückenlose Aufklärung rassistischer Polizeigewalt!
Kampagne Halim Dener
Blog: http://halimdener.blogsport.eu
Kontakt: halim.dener [bei] riseup.net