Zugegeben…
Es war noch „die gute alte Zeit“, als Polthier Fux war. Ein Gros der Studierendenschaft war korporiert. Man befand sich zwischen der Trauer über den Verlust der Monarchie und der vorfreudigen Hoffnung, dass bald wieder Ordnung im Land herrsche. Kommunist*innen konnten von Freikorpsverbänden noch ermordert werden, ohne das es großartige Ermittlungen nach sich gezogen hätte. Aber irgendwie muss man ja Anschluss in der neuen Stadt finden und dieser Corps bot sich scheinbar für Polthier an.
Suevia – lebenslange Freundschaften
Über Polthier selbst ist (noch) recht wenig herauszufinden. Aber wir können uns ihm eventuell über seinen Verbund, seine Kameraden und lebenslangen Freunde annähern.
Die Suevia entschied sich 1934 fürs „Weitermachen“ und schloss alle jüdischen Mitglieder aus. Laut Selbstdarstellung zog nach der „Auflösung“ eine SS-Einheit in das Haus ein. Zur SS und zur NSDAP-Parteielite gab es ausgezeichnete Kontakte. Da wäre zum Beispiel Wolfram Dörinkel, der sich ein Jahr später als Polthier korporierte und 1933 in die NSDAP eintrat und nicht gerade eine Karteileiche blieb – er war auch ehrenamtlicher Blockwart und im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund (NSRB) aktiv. Nach dem Krieg ging er wie so viele Nazis in die FDP.
Dann wäre da noch Wilhelm Groh, der prompt 1933 Rektor der Uni Heidelberg wurde, ebenfalls seit 1933 Mitglied der SA war und erst 1937 (es gab zwischendurch einen Aufnahmestopp) in die NSDAP kam. Ein weiterer Waffenbruder war Ottfried Hennig, der lange Sprecher der Landsmannschaft Ostpreußen war. Auch ein Kamerad: Kurt Kleinschmidt, der im Mai 1933 in die NSDAP eintrat und im Oktober zudem Mitglied der Reiter-SS wurde. Ab 1939 wurde er von der Front weg für die Deutsche Umsiedlungs-Treuhand dienstverpflichtet, die dafür sorgte, dass ’blutsdeutsche Volksgenossen Heim ins Reich` geholt werden.
In einem Interview mit der Suevia bezeichnete Polthier Curt Sonnenschein als engen Freund. Dieser unterzeichnete am 11. November 1933 das „Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler und dem nationalsozialisten Staat“. Er war zudem Mitglied des Instituts für Rassenhygiene und setzte sich – so Friedrich Hansen in einem Vortrag über die Geschichte der Deutschen Tropenmedizinischen Gesellschaft (DTG) – im Besonderen für rassistische Säuberungen in der DTG ein. Sonnenschein und Polthier wurden im gleichen Jahr Füxe der Suevia.
109 Jahre nix gelernt
Über Polthier selbst war bisher nur herauszufinden, dass er als Generalbevollmächtigter bei Henkell Sekt tätig war und so laut Interview „den Zweiten Weltkrieg überlebte“. Er wünscht sich, dass sich die Suevia mit ihren alten Traditionen „noch 100 Jahre“ fortentwickeln möge. Der Alte Herr mit dem Schmiss auf der linken Wange kann seiner Studienzeit und den Erinnerungen an seine Kameraden nur Gutes abgewinnen: Keine Kritik, keine Reflexion, nichts gelernt. Ein Grund für die Rostocker Uni zu feiern: „Dass dieses schöne Jubiläum gewürdigt werden konnte, ist dem Matrikelportal Rostock und seinen Nutzern zu verdanken.“
Viele Fragen
Was hat Polthier von ‘33-’45 gemacht? Das Interview legt nahe, dass er nicht im klassischen Sinne „gedient“ hat. Er war „als Soldat“ bei Henkell Sekt in Berlin tätig. Wie hat er das geschafft? Da wollte anscheinend jemand nicht an die Front. War er Parteimitglied? In SS oder SA? Wurden in der Henkell Sekt-Firma Zwangsarbeiter_innen eingesetzt? Um all das herauszufinden, bedarf es wohl mehr als ein paar Stunden Internetrecherche. Wir könnten uns eine Welt vorstellen, in der es der Anspruch des Repräsentanten einer wissenschaftlichen Institution wäre, herauszufinden, welche Personen man da eigentlich mit Lorbeeren schmückt. Wir könnten uns allerdings auch eine Welt vorstellen, in der eine Uni keinen Repräsentanten in Form eines Rektors bedarf.
Dem in der Tugend Beständigen leuchtet das Heil – „Virtute constantig fulget salus!“ (Wahlspruch der Sueva Freiburg)
Bereits vergangenen Donnerstag haben wir, die Rostocker Wagenplatzgruppe Trümmer bis Sonnig, den Grünen im Rostocker Ortsbüro einen Besuch abgestattet und sie dazu aufgefordert, die Politik ihrer „Parteifreunde“ zu hinterfragen.
Anfänglicher Empörung über die Beschlagnahmung der Wagen („Aber da gibts doch seit über zehn Jahren nen grünen Bürgermeister!“) folgte später das Versprechen, beim Kreisverband Breisgau-Hochschwarzwald Druck zu machen.
Damit geben wir uns nicht zufrieden. Als Zeichen unserer Solidarität haben wir außerdem Freiburgs Oberbürgermeister Dieter Solomon ein Päckchen geschickt. Inhalt: Jede Menge Sand fürs Getriebe. Denn den gibt es überall!
Wir sind in Gedanken und mit unseren Aktionen bei euch!
Wagenplatzgruppe Trümmer bis Sonnig
In der Nacht zu Montag wurden zudem im alternativ geprägten Stadtteil KTV mehrere Stencils gesprayt.
Da das so natürlich nicht gesagt werden kann, muss eine Gefahr für die „Allgemeinheit“ konstruiert werden. Eine dementsprechende Kampagne wurde dann auch vor dem letztjährigen Wendland-Castor gestartet, indem die Staatsanwaltschaft, durch die massenhafte Ermittlung wegen Aufruf zu Straftaten eine allgemeine Stimmung der Angst aufbauen wollte.
Zum Glück waren aber noch allzuviele geistig agil genug, um den strahlenden Atommüll und ein dahinterstehendes unmenschliches System, als die größere Gefahr zu erkennen, als diejenige die um genau diese Gefahr zu verhindern bereit sind Straftaten zu begehen. Wir sehen eine herrschaftsfreie Welt als notwendig, damit eine freie Aushandlung unter Menschen stattfinden kann, in der Abwägung welche Technologien genutzt werden sollen und welche nicht. Neben der Ablehnung von staatlicher Herrschaft, heißt dass für uns auch die herrschaftsförmigkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems zu erkennen.
Nun ist es also schon der dritte Castortransport der in diesem Winter quer durchs Land fährt und strahlt – der vierte Transport der ins russische Majak fahren sollte, konnte durch viel Widerstand verhindert werden. Nach dem massiven Widerstand im November im Wendland, soll der Widerstand
anscheinend erstickt werden indem es zur monatlichen Normalität wird, dass strahlende Fracht durch die Lande fährt.
Dieser Plan wird nicht aufgehen!
Selbst Mitte Dezember während sibirisch-winterlichen Verhältnissen gab es überall entlang der Strecke Gruppen die versuchten den Castor zu stoppen. Nahe Lubmin wurde der Widerstand dann massiver. Einer Gruppe gelang es sogar sich in einem Betonblock in den Gleißen festzuketten. Bei eisigen Minusgraden konnten sie den Transport so für viele Stunden stoppen. Wir rechnen fest damit, dass sich beim kommenden
Lubmin Castor noch eine Schippe draufsetzten lässt.
Betrachten wir näher die gelb-braune Suppe, die da ins Zwischenlager Lubmin gefahren werden soll. Im Kernforschungszentrum in Karlsruhe wurde während des Nationalsozialismus an der deutschen Atombombe geforscht. Glücklicherweiße verloren die Nazis den Krieg vor der Fertigstellung der Bombe. Diese Geschichte veranlasste das Nachkriegsdeutschland aber nicht dazu diesen Standort für immer dicht zu machen. Im Gegenteil: Der braune baden-würtenbergische Filz pumpte Milliarden in das Kernforschungszentrum, um sich eine führende Stellung in der Atomforschung auszubauen – mit denselben Wissenschaftlern die schon vor 1945 forschten.
Und: In Karlsruhe ist alles vorhanden was für die Atombombe gebraucht wird. Und ebenfalls jede Menge hochstrahlender Suppe, die nun nach Lubmin gebracht werden soll. Auf Straßenbahnschienen fährt diese strahlende Fracht in zwei Wochen durch Karlsruhe.
Wir rufen zur Teilnahme an der geplanten „Nachttanzblockade“ auf. „Tag X: Ob Tag oder Nacht. Ob tanzend, feiernd, stehend, sitzend- Wir stoppen mit einer Gleisbesetzung den Castor“ heißt es im Aufruf. Das klingt gut und wir meinen, das ist nicht weit von Dreyeckland. Mobilisiert eure Freunde und versucht es vor dem 15. Februar in Karlsruhe zu sein.
Beachtet aktuelle Infos auf der Seite: www.nachttanzblockade.de
Es lohnt sich auch nach Lubmin zu fahren und dort an den Blockaden teilzunehmen. Vorort wird Infrastruktur für den Widerstand organisiert. Auch auf der restlichen Strecke gibt es viele Möglichkeiten zu blockieren. Organisiert euch in Bezugsgruppen, seid kreativ, seid direkt!
Kapitalismus endlagern!
Lubmin? Nix da!
AAID – Januar 2011
In der Freiburger Innenstadt folgten mehrere hundert Menschen dem Aufruf der Anti-Atom-Initiative Dreyeckland zu einer Protestkundgebung unter dem Motto „Atomausstieg!? ohne Wenn und Aber!“ auf dem Rathausplatz. „Mit der Demonstration wollen wir ein starkes Zeichen setzen gegen die nukleare Rüstung und die blinde zivile Nutzung, die nicht nachhaltig sein kann“, sagte ein Mitglied der Anti-Atom-Initiative.
In Greifswald demonstrierten rund 2.000 Menschen für eine Umkehr in der deutschen Atompolitik. Sie riefen die Bundesregierung auf, die Nutzung der Atomenergie endgültig aufzugeben und die Atomindustrie an den Kosten für die Endlagerung zu beteiligen.
Der Zug mit den Castor-Behältern wird voraussichtlich am kommenden Mittwoch die deutsch-französische Grenze passieren. Der Transport wird voraussichtlich durch Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg rollen, konkrete Angaben zur Route gibt es allerdings bislang nicht.
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Hier die letzten Demo-Infos:
1. Die Demo beginnt um 14 Uhr vor dem Zwischenlager in Ahaus-Ammeln, Schöppinger Landstraße.
2. Busse und Autos können direkt auf der Landstraße geparkt werden, die wird wie immer für den Normalverkehr gesperrt. Lasst euch an den Polizeisperren nicht aufhalten. Gibt es irgendwelche Probleme mit der Zufahrt oder der Polizei, ruft bitte bei der BI Ahaus an: 0176-24608632.
3. Das Wetter soll stark bewölkt sein – und auf jeden Fall über 0 Grad Celsius. Die Straßen dürften also frei sein.
4. Nach der Auftaktkundgebung soll das Atommülllager „in die Zange“ genommen werden. Wie groß die Zange wird, hängt von der Teilnehmerzahl ab. In jedem Fall wird die Zufahrtsstraße komplett dicht sein. Bitte bringt auch Sitzmobiliar für eine weitere Sitzprobe mit, denn unser Motto „Nix rein, nix raus“ richtet sich 2011 wieder auf die Anlieferung von Atommüll.
Bringt gute Laune, Transpis, Atomfässer oder ein paar Weihnachtsüberraschungen mit, die Vokü sorgt für Verpflegung – gehen wir zum Jahresabschluss nochmal gegen die unverantwortliche Atompolitik lautstark und bunt auf die Straße!
Noch zwei aktuelle Infos zum Stand in Majak:
1. Ein Moskauer Gericht hat die Klage von Anwohnern gegen den Weiterbetrieb der Atomanlage zugelassen! Das ist ein kleiner Schritt nach vorn, um den katastrophalen Zuständen dort ein Ende zu setzen.
2. Aus Majak ist zu hören, dass die Wiederaufbereitungsanlage in Majak gar nicht stillsteht, wie von Röttgen behauptet. Auch wurde dort die Sorge geäußert, dass mit dem deutschen (und europäischen) Atommüll womöglich russische Atomsprengköpfe gebastelt werden, weil Majak ja immer ein Militärprojekt war. Im Neuen Deutschland sind dazu zwei sehr interessante Berichte erschienen.
Wir wollen deshalb auf der Demo zur Unterstützung der Anwohner-Klagen in Majak Spenden sammeln, die wir dann nach Russland weiterleiten.
Wer generell für die regionale Anti-Atom-Arbeit im Münsterland spenden möchte, damit wir auch 2011 wieder entschlossenen Widerstand organisieren können, ist dazu natürlich herzlich eingeladen. Widerstand kostet leider immer auch Geld, aber gerade die letzten Wochen haben gezeigt: Widerstand wirkt!
Spendenkonto:
Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen
Volksbank Wettringen
BLZ 357 730 701
Konto 401 646 18
Stichwort „Majak“ (für die Anwohner-Klagen)
Stichwort „Atomausstieg“ (für die regionale Arbeit)
Euch vielen Dank im Voraus und wir freuen uns auf euch morgen!
Atomfeindliche Grüße
Aktionsbündnis Münsterland gegen Atomanlagen, SOFA Münster, BI „Kein Atommüll in Ahaus“
(www.sofa-ms.de, www.kein-castor-nach-ahaus.de, www.urantransport.de)
Chronik
Lubmin: ca. 15km Luftlinie östlich von Greifswald
Größe der Leichtbauhalle: 20.000m²
Zwischenlagerung von schwach-, mittel- und hochradioaktivem Atommüll, z.Z. 65 Castorbehälter eingelagert
bis Ende 2010 Genehmigung für fünf Castorbehälter aus Karlsruhe und für vier Behälter aus dem französischem Cadarache
1990 Abschaltung der fünf AKW-Blöcken; weitere drei wurden nie fertig gestellt
1991 Zustimmung des Schweriner Landtags mit den Stimmen aller Fraktionen für den Bau des Zwischenlagers, wenn ausschließlich Atommüll aus den ostdeutschen AKWs eingelagert werden
1992 Beschluss zur Beschränkung auf Abfälle aus Greifswald und Rheinsberg wird durch die Regierungskoalition (CDU/FDP) verhindert
1993 „Umwidmung“ zur Einlagerung von hochradioaktivem Müll; Teillager für hochradioaktive Abfälle ist dreimal so groß wie nötig
1995 Es werden 15.000 Einwendungen gegen Zwischenlager erhoben
1999 Fertigstellung und Inbetriebnahme des gesamten Zwischenlagers
2006 Einlagerung der letzten Castorbehälter aus Rheinsberg und Greifswald
2007 Transport des Reaktordruckbehälters aus dem AKW Rheinsberg
Autoren: Rebecca Südmersen, Adelwin Bothe und Daniel Daedlow
„Das metallische Material eines gefüllten CASTORs ist ständig radioaktiver Strahlung ausgesetzt“
Von Prof. Dr. Rolf Bertram
Mit zunehmender „Betriebszeit“ nimmt die
Neutronenstrahlung und die Radioaktivität der Strukturmaterialien in gefährlicher Weise zu.
Durch Strukturveränderungen und Aufnahme von Wasserstoff läßt die Stabilität der Behälter nach, was bei Risikoabschätzungen berücksichtigt werden müßte.
Da die Verformungsfähigkeit des Eisens drastisch verschlechtert wird, sind Fall- und Brandversuche mit wasserstoffversprödeten und strahlenbelasteten Behältern unumgänglich.
Autor: Prof. Dr. Rolf Bertram (im Ruhestand, Technische Universität Braunschweig)
priv. Am Klausberge 27, 37075 Göttingen
eMail: [email protected]