Grevesmühlen – Antifaschistisches Archiv für Rostock und Umgebung https://indyhro.blackblogs.org Linke Veröffentlichungen aus unterschiedlichen Quellen Sat, 21 Nov 2020 19:09:01 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Neonazitreffen im Thinghaus, Grevesmühlen https://indyhro.blackblogs.org/2015/03/03/neonazitreffen-im-thinghaus-grevesmuhlen/ Tue, 03 Mar 2015 08:46:07 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1676 Continue reading Neonazitreffen im Thinghaus, Grevesmühlen]]> Am 01.03.2015 fand im sogenannten „Thinghaus“ in Grevesmühlen die „2. Norddeutsche Bücherbörse“, eine Veranstaltung der Neonaziszene statt.

 

Zu der seid einigen Tagen beworbenen Veranstaltung reisten Neonazis aus Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen an. Zu der Veranstaltung, an der auch etliche Kleinkinder teilnahmen gehörte ein Vortrag von Klaus Grotjahn, welcher über seine Zeit beim „Deutschen Jungvolk“ und seine Aktivitäten im Verlauf des 2.Weltkrieges berichtete. Ein Gegenprotest fand nicht statt.

 

Kleine Fotostrecke des Neonazitreffens: http://recherche-nord.com/gallery/2015.03.01.html

 

 

2015.03.01.thinghaus
2015.03.01.thinghaus
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„Liebhaber nationaler Literatur“ https://indyhro.blackblogs.org/2014/02/03/liebhaber-nationaler-literatur/ Mon, 03 Feb 2014 19:04:45 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1673 Continue reading „Liebhaber nationaler Literatur“]]> Völlig unbehelligt veranstalteten Neonazis am 2. Februar eine „Bücherbörse“ im „Thinghaus“.

 

Gegen 11.00 Uhr am Sonntag sollte die „1. Norddeutsche Bücherbörse“ der Neonazi-Szene aus Mecklenburg im „Thinghaus“ in Grevesmühlen starten. Zunächst wurde der „Büchermarkt für Liebhaber antiquarischer und nationaler Literatur“ nur intern beworben, dann kündigte auch „mupinfo“ die Veranstaltung an. Private Anbieter sollten 15 Prozent ihres Verkaufserlöses an den „Freundeskreis Thinghaus“ abgeben, professionelle Aussteller hatten einen Obolus pro Laufmeter zu zahlen.

Bereits Stunden zuvor begannen zwei fleißige Frauen aus dem Umfeld von Sven Krüger aus Jamel alles vorzubereiten. Wenig später fuhr der Wagen von Stephan Jandzinski aus Teldau vor. 2011 war der ehemalige NPD-Direktkandidat mit einem T-Shirt mit der Unterschrift von „Adolf Hitler“ am „Thinghaus“ aufgefallen. Bis zum Samstagnachmittag reisten dann rund 30 Autos auch aus Stralsund, Neukloster oder Lübeck an. Viele Besucher schleppten Kisten ins Gebäude. Einige interessierte Anwohner aus Grevesmühlen betraten die ansonsten abgeschottete braune Festung mit Wachturm. An der Straßenfront prangt immer noch das Plakat mit dem kleinen Mädchen mit Kopftuch, welches die Zunge herausstreckt. Daneben steht eigentlich der Spruch der NPD-MV: „Ätsch noch immer nicht verboten. Mitgliedsausweis sichern.“ Doch der ist kaum lesbar, weil Zaun und Werbefläche im Oktober vergangenen Jahres großflächig mit weißer Farbe übersprüht wurden.

 

Gefährliches Interesse an NS-Büchern

Am gestrigen Sonntag gab es weder regionalen Protest noch sichtbare Polizeipräsenz trotz öffentlicher Ankündigung der Veranstaltung. Dabei ist das gefährliche Interesse vor allem völkisch-geprägter Kameraden an NS-Büchern auch den Sicherheitsbehörden seit Jahren bekannt. Nach den Hausdurchsuchungen zur 2009 verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) und Umfeldorganisationen fanden die eingesetzten Beamten das bestätigt. Gern gelesen werden unter anderem antisemitische Kinderbücher wie der „Der Giftpilz“, Literatur zum Brauchtum oder Bücher des umtriebigen bayerischen Jugendschriftstellers Josef Viera, der sich als Autor einer Horst Wessel-Biografie und zahlreicher anderer NS-Bücher einen umstrittenen Namen machte. Das Internet-Auktionshaus ebay scheint für Neonazis auf der Suche nach ewiggestriger Literatur eine der wichtigsten Quellen, wird aber intern abfällig „jewbay“ genannt.

Der verurteilte Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion Michael Grewe ist als Anhänger der Literatur des Dritten Reiches intern bekannt. Er könnte sich hinter dem Bücherbörsen-Veranstalter „Michael“ verbergen, der dem rechtsextremen Portal „mupinfo“ im Vorfeld der Bücherbörse ein Interview gab und behauptete, dass „bei uns sogar mehr gelesen wird, als im Durchschnitt der Bevölkerung“.

Bereits zwei Tage zuvor, am Freitag, hatte der NPD-Kreisverband Westmecklenburg unter Andreas Theißen im ehemaligen Hotel Stadt Hamburg in Lübtheen getagt. Die Parteiliste für die Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern am 25. Mai 2014 sollte aufgestellt werden. (ar)

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Zottelrock Location für Grauzonenbands? https://indyhro.blackblogs.org/2012/12/24/zottelrock-location-fur-grauzonenbands/ Mon, 24 Dec 2012 01:49:44 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1671 Continue reading Zottelrock Location für Grauzonenbands?]]> Am Freitag den 21.12 fand in Pieverstorf Nähe Grevesmühlen ein Grauzonenkonzert statt. Bisher waren dort die Konzerte linksalternativ geprägt. Einmal im Jahr findet das Zottelrockfestival dort in einer Scheune statt. Am 21ten fanden sich dann 3 Bands dort ein.

Und zwar :

BLOOD IN THE CHAIR (facebook.com/blood.in.the.chair.schwerin)
I KILLED BAMBIS MUM IN A FIST FIGHT (facebook.com/IKBMIAFF)
FEUERKIND (band-feuerkind.de/)

Bei Feuerkind handelt es sich um die neue Band von Ex HAUPTKAMPFLINIE Sänger Oliver Podjaski.
O. Podjaski stellt sich gern als Aussteiger dar, da er bei Exit (Aussteigerorganisation vom Verfassungsschutz) als Musteraussteiger gehandelt wird.
Es gibt viele Gründe dafür,das sein „Ausstieg“ unglaubwürdig wirkt.
Einige davon sind:
Bis heute schützt er Namen und Strukturen in der Naziszene unter anderem auch blood and honour Nazis.
Nach wie vor verdient er mit seiner alten Band Hauptkampflinie(HKL) Geld.
Kurz vor seinem „Ausstieg“ veröffentlichte  HKL ein neues Album noch.
Auch bei rechten onlineshops bestellt er ab und an mal gern ein paar neue Klamotten, natürlich darf auch der Thor Steinar Newsletter nicht fehlen .

 

Oliver Podjaski betreibt in Lübeck ein Tattoostudio mit dem Namen WOLFSBLUT (wolfsblut-tattoo.de.tl/)
Man kann davon ausgehen, das Podjaski als Aufhörer in der Naziszene einfach  in Ruhe in seinem Tattoostudio arbeiten möchte, unbehelligt von antifaschistischen Protesten, daher sein angeblicher Ausstieg.

 

Diese Infos waren beiden Bands I KILLED BAMBIS MUM IN A FIST FIGHT und BLOOD IN THE CHAIR bekannt. Trotz alledem nahmen sie den Gig mit FEUERKIND wahr.
Bei beiden Bands ist bekannt, besonders bei I KILLED BAMBIS MUM IN A FIST FIGHT, das sie möglichst viele Konzerte spielen wollen, daher auch mit Bands wie FEUERKIND auftreten.
Dieses unreflektierte Handeln dieser Bands sollten Konsequenzen haben.
Linke Zentren und Konzertveranstalter sollten sich fragen , ob sie diese Bands auftreten lassen wollen in Zukunft..

Interessant ist auch was der Veranstalter „Zottel“ bei facebook auf die Kritik antifaschistischer Gruppen geschrieben hat.

Wir zitieren :
„Kinners,wir Rocken den Untergang….extremistische Gesinnungen,,,egal von welcher Seite bleiben ausserhalb meines Hofes Lg und bis Freitag,ZOTTEL“

ANTIFA IS WATCHING YOU – FUCK THE GREYZONE

Feuerkind -Oliver Podjaski rechts
Feuerkind -Oliver Podjaski rechts
Veranstalters Sicht zu dem Konzi bei Kommentaren Facebook
Veranstalters Sicht zu dem Konzi bei Kommentaren Facebook
Kommentar Fan I killed bambis mum in a fist fight
Kommentar Fan I killed bambis mum in a fist fight

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Die Naziszene in Nordwestmecklenburg https://indyhro.blackblogs.org/2012/10/18/die-naziszene-in-nordwestmecklenburg/ Thu, 18 Oct 2012 07:59:09 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1995 Continue reading Die Naziszene in Nordwestmecklenburg]]> Jetzt sind es nur noch 2 Tage bis zur Nazidemo am 20. Oktober in Wismar und ein weiteres mal wirft das Bündnis “Kein Leben ohne Freiheit – NPD und JN bekämpfen” einen Blick auf die Region und ihre Nazis. Dass die Nachwuchsnazis der “Jungen Nationaldemokraten” (JN) am 20. Oktober ausgerechnet in Wismar aufmarschieren wollen, überrascht bei näherer Betrachtung der Verhältnisse in der Hansestadt wenig. Sie gilt schon lange als rechte Hochburg im Westen des Bundeslandes. Anders sah es lange im angrenzenden Altkreis Nordwestmecklenburg aus – dieser war für hiesige Verhältnisse eher “Entwicklungsgebiet – doch auch das hat sich in den letzten zwei Jahren geändert.

 

Hansestadt Wismar – Rechte Hochburg im Wandel

 

Dass die Hafenstadt ein eklatantes Neonaziproblem hat, war für örtliche AntifaschistInnen schon in den 1990er Jahren offensichtlich. Auch den zahlreichen Betroffenen rechter Gewalt muss es wie Hohn erschienen sein, wenn die Stadtverwaltung die Präsenz von Neonazis immer wieder leugnete. Schon im September 1992 kam es im Neubaugebiet Friedenshof zu einem fünftägigen Pogrom gegen ein Flüchtlingsheim. Im Juli 2000 wurde in der Stadt ein 52-jähriger Obdachloser totgeschlagen und im April 2006 wurde ein 39-jähriger Mann aus Togo so schwer misshandelt, dass er längere Zeit stationär behandelt werden musste. Überregional bekannt wurde die Gewaltbereitschaft der örtlichen rechten Szene jedoch erst, als im August 2006 mit Baseballschlägern bewaffnete Neonazis aus dem damaligen Szenetreff “Werwolfshop” stürmten und versuchten, eine antifaschistische Demonstration anzugreifen.

 

In kürzester Zeit verbreitete sich ein Video, dass eine Gruppe aufgeputschter Schläger zeigt, die durch die anwesende Polizei erst mit entsicherten Dienstwaffen gebremst werden können. Nun konnte auch die Stadtverwaltung die offensichtlichen Probleme nicht mehr leugnen und versuchte ab 2007, mit der Imagekampagne “Wismar – Neugierig. Tolerant. Weltoffen.” den angeschlagenen Ruf der Touristenstadt Wismar aufzupolieren. Gewalt und Geschäfte – auf diese Formel ließ sich das Agieren der rechten Szene in Wismars lange Zeit reduzieren. Als Kopf dieser eher subkulturell geprägten Kreise galt der aus Lübeck zugezogene Philipp Schlaffer. Er hatte schon vorher eine längere Karriere in der rechten Musikszene hinter sich und galt als umstrittener Geschäftemacher, gegen den zwischenzeitlich sogar Boykottaufrufe kursierten. Diese Vergangenheit holte ihn im Oktober 2006 ein, als er von Berliner Neonazis in seiner Wohnung wegen „alter Rechnungen“ überfallen wurde. In der Hansestadt sorgte er jedoch für einen enormen Aufschwung der örtlichen Szene, die sich mit der „Wolfshöhle“ auf dem Gelände eines ehemaligen Holzhandels ihren ersten eigenen Konzert- und Veranstaltungsraum schuf.

 

Innerhalb kurzer Zeit folgten der Szeneladen „Werwolfshop“ mit angeschlossenem Onlinehandel und das Tattoostudio „Needle of Pain“. Schließlich etablierte sich in der Innenstadt ein „nationales Wohnprojekt“ mit Kneipe und Proberäumen – genannt „Wolfshöhle II“. Als AntifaschistInnen im April 2007 erneut in Wismar demonstrierten und die Schließung der zahlreichen Nazitreffpunkte forderten,wurden sie aus diesem Haus mit sogenannten “Zwillen” beschossen. Politik spielte in dieser Szene eher eine Nebenrolle. Versuche der wenigen örtlichen NPD- AktivistInnen, größeren Einfluss zu erlangen, blieben erfolglos. Zwar wurde auch schon mal ein „nationaler Stammtisch“ abgehalten, doch außer im Landtagswahlkampf 2006 ließen sich die „Werwölfe Wismar“ kaum für politische Aktivitäten begeistern. Für Gewalt waren sie dagegen immer zu haben. Dass diese sich mitunter auch in den eigenen Reihen entladen kann, zeigte sich am 1. Januar 2007. Während eines Saufgelages in einer Wohnung im Stadtteil Wendorf kam es zwischen den betrunkenen Neonazis zum Streit, den einer von ihnen nicht überlebte. Über Stunden wurde er von seinen „Kameraden“ geschlagen, getreten und schließlich mit einem Messer erstochen. Sechs Personen, die meisten aus dem Umfeld des „Werwolfshops“, mussten sich dafür vor Gericht verantworten und wurden im Mai 2008 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Damit ging die Zeit der Wismarer „Werwölfe“ zu Ende. Schlaffer erklärte mehrfach seinen Rückzug und verlegte sich immer stärker auf Aktivitäten im kriminellen Milieu.

 

Im Dezember 2008 gründete er zusammen mit anderen Neonazis den Motorradclub„Schwarze Schar“, der seit 2010 ein eigenes „Klubhaus“ in Gägelow vor den Toren Wismars besitzt. Die „Schwarze Schar“ gibt sich nach außen bewusst unpolitisch, kann und will aber die Herkunft vieler ihrer Mitglieder nicht verleugnen. Sie ist bis heute ein Paradebeispiel für eine Mischszene aus Rockern und Nazischlägern. Seit 2010 versucht sich nun die “Freie Kameradschaft Wismar” an neonazistischer Politik in der Stadt. Im Januar 2011 etwa verteilte sie Flugblätter, in denen gegen das örtliche Flüchtlingsheim gehetzt wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen Kameradschaften schlossen sich in Wismar jedoch keine “Szeneneulinge” zusammen, sondern wesentlich Personen mit einer bereits längeren Laufbahn in den einschlägigen lokalen Kreisen. So sind Überschneidungen zur Neonaziband “Vidar” auffällig, die schon in den Jahren 2006 und 2007 öffentlich in Erscheinung trat. Einzelne Mitglieder der etwa zwanzigköpfigen Kameradschaft zeigten sich bereits 2001 bei Aufmärschen und ähnlichen Anlässen. Viele von ihnen orientierten sich in früheren Jahren am Jamelner Naziführer Sven Krüger, andere suchten den Kontakt zu Schlaffers “Werwölfen”. Dass Krüger und Schlaffer nicht unbedingt enge Freunde sind, galt in Wismar als offenes Geheimnis. Heute sind die Kameradschaftler ganz offensichtlich am Schulterschluss zur Regionalgruppe der NPD- Jugendorganisation “Junge Nationaldemokraten” interessiert, mit der sie im Februar diesen Jahres Propagandaaktionen anlässlich des Jahrestages der Bombardierung von Dresden durchführten.

 

Mittlerweile wird die “Freie Kameradschaft Wismar” mit verantwortungsvollen Aufgaben betraut: So übernahm sie bei einem einer rechten Demonstration im September 2010 in Schwerin ebenso den Schutz des Lautsprecherwagens wie beim diesjährigen Aufmarsch zum 1. Mai in Neubrandenburg. Zu solchen Anlässen treten die Neonazis gerne in Kapuzenpullovern auf, die ihre Zugehörigkeit zur Kameradschaft deutlich machen. Bei deren Herstellung stand ihnen ganz offensichtlich Astrid Bansemir zur Seite, die enge Kontakte zur Kameradschaft pflegt und längere Zeit als Kontaktperson der “ersten nationalen ‘Wunsch’-T-Shirt-Druckerei im Weltnetz” – “Druckmeister” benannt war. Diese Internetseite ist wiederum dem umtriebigen Neonazi Ingo Knauf zu zurechnen. Auch die “Freie Kameradschaft Wismar” tritt immer wieder aggressiv auf. Mitglieder der Gruppe störten im Mai 2011 ein städtisches Demokratiefest, bevor ein Stand der LINKEN attackiert wurde. Als sicher gilt außerdem eine Beteiligung von Nazis aus der Kameradschaft an einem Angriff im Dezember 2010, als eine größere Gruppe Rechter Gäste einer Party im alternativen Kultur- und Wohnprojekt „Tikozigalpa“ anging und Scheiben des Hauses einwarf. Naheliegend ist auch eine Beteiligung der Kameradschaft an einem illegalen Aufmarsch im Mai diesen Jahres.

 

Damals zogen etwa 40 mit weißen Masken vermummte und mit Fackeln bestückte Neonazis durch die Stadt und ahmten die Aktionen der sogenannten „Unsterblichen“ nach. Ideengeber für die Kampagne „Werde unsterblich“ war die Neonazi-Gruppierung „Spreelichter“, die wiederum dem mittlerweile verbotenen Netzwerk „Widerstandsbewegung Südbrandenburg“ zuzuordnen ist. Inhalt ihrer Kampagne war der von Neonazis herbei halluzinierte „Volkstod“, der auch im Mittelpunkt des bevorstehenden Aufmarsches am 20. Oktober stehen soll. Für Aufregung und Empörung sorgte in der Hansestadt vor wenigen Wochen auch eine weitere rechte Aktion: Über Nacht hatten Neonazis einen Großteil der in der Stadt verlegten „Stolpersteine“, die an das Schicksal von Opfern des Nationalsozialismus erinnern, mit Metallplatten überklebt. Auf diesen fanden sich Lebensdaten von SS-Männern und anderen Kriegsverbrechern.

 

Nordwestmecklenburg – vom rechten Entwicklungsland zur Schwerpunktregion

 

Wie überall im Bundesland gab es auch im Altkreis Nordwestmecklenburg seit Anfang der 1990er Jahre zahlreiche rechte Cliquen und kameradschaftsähnliche Gruppierungen, etwa in der ehemaligen Kreisstadt Grevesmühlen. Die örtliche rechte Szene fiel allerdings eher durch Gewalt als durch organisiertes, politisches Agieren auf. Im Jahr 1996 stand sie kurzzeitig überregional im Fokus, als in Lübeck ein verheerender rassistischer Brandanschlag verübt wurde, dem 10 Menschen zum Opfer fielen; dringend tatverdächtig waren damals vier junge Neonazis aus Grevesmühlen. Dass es trotz zahlreicher Beweise nie zu ernsthaften Ermittlungen gegen die vier kam, gilt bis heute als handfester Justizskandal. Ansonsten zeigte die regionale rechte Szene jahrelang ein auch aus anderen Landstrichen bekanntes Bild: Es gab ein großes Potential an jungen Rechten, die ungestört auf der Straße Angst und Schrecken verbreiten konnten. So wurde das Gebäude des alternativen Vereins “Kultur und Toleranz” (KUT) in Gadebusch immer wieder angegriffen und schließlich völlig verwüstet. Um aber ernsthaft Politik betreiben zu können, fehlte es den Neonazis an festen Treffpunkten und Kadern, die zur Bereitstellung von Angeboten und Impulsen für eine arbeitsfähige Organisierung fähig waren. Dieser Einschätzung widerspricht auch nicht, dass im Oktober 2008 in der Nähe von Grevesmühlen eines der größten Rechtsrockkonzerte in der Geschichte Mecklenburgs-Vorpommerns stattfand. Zu einem Konzert der “Lunikoff Verschwörung” fanden sich damals mehr als 1.000 BesucherInnen ein. Allerdings sollte dieses Konzert ursprünglich in einem anderen Bundesland stattfinden, örtliche Strukturen spielten in Vorbereitung und Durchführung daher keine entscheidende Rolle. Eine Sonderstellung in Nordwestmecklenburg nahm schon immer das winzige, zwischen Wismar und Grevesmühlen gelegene Dorf Jamel ein. Bereits Anfang der 1990er Jahre scharrte dort der damalige Nazi-Skinhead Sven Krüger “Kameraden” um sich und ging gegen all jene vor, die seiner Vorstellung einer “national befreiten Zone” im Wege waren. DorfbewohnerInnen wurden systematisch eingeschüchtert und Zugezogenen mehrfach die Wohnhäuser angezündet, bis sie das Dorf finanziell ruiniert wieder verlassen mussten. Jahrelang lebten die Neonazis um Krüger in Jamel in einem nahezu rechtsfreien Raum, den sie zu nutzen wussten: Schon 1992 feierten mehr als 100 von ihnen im Dorf den Geburtstag von Adolf Hitler. Im nahe gelegenen Wald fanden regelmäßig sogenannte “Wehrsportübungen” statt, bei denen mit scharfen Waffen geschossen wurde. Der damalige Bürgermeister der zuständigen Gemeinde Gägelow war einer der wenigen, der sich dem rechten Treiben entgegenstellte. Doch statt breiter Unterstützung durch politische VerantwortungsträgerInnen brachte ihm sein Engagement polizeiliche Ermittlungen ein. Weil er von staatlicher Seite nicht mit wirkungsvoller Unterstützung rechnen konnte, hatte er sich mit einem Jagdgewehr zur Selbstverteidigung bewaffnet.

 

Erst im Jahr 2007 versuchte die Landespolitik eher hilflos, auf die Situation im Ort zu reagieren. Der Innenausschuss des Landtages traf sich pressewirksam zur Sitzung in Jamel, doch geändert hat das wenig an der Situation im Dorf, in dem mittlerweile fast nur noch Neonazis lebten. Aus dem Skinhead Krüger war zwischenzeitlich ein Unternehmer geworden, der bei seinem Abrissunternehmen vor allem Neonazis einstellte – “Jungs für`s Grobe” eben. Doch auch politisch blieb der mehrfach vorbestrafte und inhaftierte Krüger aktiv, seit 2006 immer stärker für die NPD. Er organisierte federführend deren Landtagswahlkampf in Nordwestmecklenburg und Wismar und trat 2009 für die Partei erfolgreich zur Kommunalwahl an. Gemeinsam mit dem damals ebenfalls in der Region lebenden David Böttcher vertrat er die NPD fortan im Kreistag Nordwestmecklenburg. Dieses Engagement wurde schließlich belohnt und Krüger in den Landesvorstand der Partei gewählt. Ebenfalls im Jahr 2009 erwarb er ein ehemaliges Betonwerk im Grevesmühlener Industriegebiet. Nach umfangreichen Umbaumaßnahmen wurde dieses Gebäude im April 2010 als “Thinghaus” eröffnet. Ein zwei Meter hoher, mit Stacheldraht versehener Bretterzaun umgibt seitdem das knapp 2000 Quadratmeter große Gelände der wenig einladenden “NPD-Festung”. Das “Thinghaus” entwickelte sich schnell zu einem der zentralen Objekte der mecklenburg-vorpommerschen Neonazi-Szene. Mehrmals im Monat finden seitdem in dem Haus einschlägige Veranstaltungen statt. Nicht nur NPD und JN nutzen die Räumlichkeiten regelmäßig für interne Sitzungen und Schulungsveranstaltungen, sondern auch der sogenannte “Bundesordnerdienst” der Partei.

 

Konzerte, Liederabende und Faschingsfeiern werden nicht nur von Neonazis aus der Region besucht, sondern ziehen häufig auch Gäste aus anderen Bundesländern an. Mit Informationsveranstaltungen, Mobilisierungen zu überregionalen Aufmärschen und Vorträgen von “Zeitzeugen” – gemeint sind frühere Mitglieder der SS und andere Vorbilder der Neonazis – versucht man sich an ideologischer Schulung. Darüber hinaus bietet das “Thinghaus”, in dem sich offiziell auch ein Bürgerbüro der NPD Landtagsabgeordneten Pastörs und Köster befindet, auch wichtige Infrastruktur. Nicht nur das Internetportal “MUP Info” ist hier dem Papier nach ansässig, sondern auch die bundesweite NPD-Frauenorganisation “Ring nationaler Frauen” und die “Gemeinschaft Deutscher Frauen”, die das „Thinghaus“ bereits für ihr alljährliches Sommerlager nutzte. Sven Krüger konnte sich am Erfolg “seines” Szenetreffs jedoch nicht all zu lange erfreuen. Im Januar 2011 durchsuchte die Polizei sein Wohnhaus und weitere Immobilien und fand nicht nur eine Maschinenpistole samt Munition, sondern auch zahlreiche gestohlene Baumaschinen, mit denen der Bauunternehmer offensichtlich auch handelte. Dies brachte Krüger schließlich eine vierjährige Haftstrafe ein. Um das „Thinghaus“ hatte sich zu diesem Zeitpunkt längst eine eigene Struktur gebildet, die sich selbst “Freundeskreis Thinghaus” nennt und eng mit anderen rechten Zusammenhängen verflochten ist. Exemplarisch für diese Konstellation steht der ebenfalls in Jamel ansässige Jungnazi Tino Streif. Er ist nicht nur im “Thinghaus” in zentraler Position aktiv, sondern auch bei den „Jungen Nationaldemokraten“. Gleichzeitig ist er Vorsitzender des im März 2012 gegründeten NPD-Kreisverbandes Nordwestmecklenburg und vertritt die Partei im Kreistag.

 

Neben Angeboten für die eigene Szene bemühen sich die Neonazis vom “Thinghaus” auch um Akzeptanz unter der Grevesmühlener Bevölkerung. So übernahmen sie das Konzept der “Kinderfeste”, das die NPD in anderen Regionen des Bundeslandes seit Jahren mehr oder weniger erfolgreich praktiziert. Außerdem beteiligte sich ein knappes Dutzend von ihnen im Juni diesen Jahres am örtlichen Stadtlauf. Ungestört konnten sie sich mit Transparenten und einheitlichen “Thinghaus”-T-Shirts präsentieren, auf denen auch für „MUP Info“, die NPD, den „Pommerschen Buchdienst“ und „Abriss Krüger“ geworbenwurde. Neben Streif liefen u.a. die JN’lerin Julia Thomä und der Vater ihres Kindes, der ehemalige “Einheitsführer” der verbotenen “Heimattreuen Deutschen Jugend” (HDJ) Ragnar Dam, mit. Das langjährige HDJ-Mitglied Silke Tinz stand jubelnd am Rand. Im Kreistag sitzt für die NPD neben Streif und seinem JN-Mitstreiter Alf Börm auch Janette Krüger. Sie engagiert sich nicht nur beim “Ring nationaler Frauen” und bei der “Gemeinschaft Deutscher Frauen”, sondern führt nun auch das Abrissunternehmen ihres inhaftierten Ehemanns. Als die beiden im August 2010 in Jamel heirateten, erschienen neben zahlreichen NPD-Funktionären aus MV auch etliche Mitglieder der „Division Deutschland“ der internationalen „Hammerskin Nation“, um ihrem „Bruder“ zu gratulieren. Das konspirative Netzwerk der „Hammerskins“ war es auch, das nach der Inhaftierung Krügers bundesweit um finanzielle Unterstützung für ihn und seine Familie warb und im Juli 2011 gar eine Solidaritätsparty unter dem Motto “Freiheit für Sven Krüger” in dessen Wohnort organisierte. Dass im nahe gelegenen „Thinghaus“ immer wieder Bands auftreten, die den „Hammerskins“ zugeordnet werden, lässt allerdings vermuten, dass es ihnen nicht nur um Krüger, sondern auch ums Geschäft geht. Denn nicht erst seit dem Verbot der bundesdeutschen Sektion des ebenfalls international agierenden „Blood & Honour“- Netzwerkes gehören die „Hammerskins“ zu den ganz Großen im millionenschweren Rechtsrockbusiness. Ebenfalls seit Jahren „im Geschäft“ ist Ingo Knauf. Der in Plüschow bei Grevesmühlen lebende Neonazi betreibt seit 2000 rechte Internetversände mit Namen wie „V7“ oder „TTV Versand“. Mittlerweile hat er ein nur schwer zu durchschauendes Geflecht aus Läden, Versänden und Musiklabels aufgebaut und setzt mit dem Verkauf von rechtem Lifestyle nach Einschätzung von SzenekennerInnen jährlich mehr als 500.000 Euro um. In solchen Größenordnungen dürften sich die Aktivitäten der Nazirocker der „Schwarzen Schar“ noch nicht bewegen. Doch auch sie setzen auf Expansion in der Region. Im Jahr 2011 gründeten sie die Supportergruppe „Schwarze Jäger“, die sich ebenfalls hauptsächlich aus dem rechten Schlägermilieu rekrutiert. So sind unter diesem Label mittlerweile zahlreiche Mitglieder der rechten Clique „Division Krembs“ aktiv. Im neuen Großkreis Nordwestmecklenburg hat sich in den vergangenen Jahre nahezu ungestört eine neonazistische Szene etabliert, die sich äußerst differenziert darstellt. Das „Thinghaus“ als einer der wichtigsten Treffpunkte in der Region und im Bundesland verbindet viele dieser expandierenden und zunehmend organisierten und ideologisierten Strukturen, während andere eigenständiger existieren und in ihren Geschäften von der Nähe zu Schleswig-Holstein und Hamburg profitieren. Wenn breiter gesellschaftlicher Widerstand weiterhin ausbleibt, ist ein Ende der Aufwärtsentwicklung der Neonazi-Szene in der Region nicht abzusehen.

Die Freie Kameradschaft Wismar im März 2012 in Lübeck
Die Freie Kameradschaft Wismar im März 2012 in Lübeck
Philipp Schlaffer erklärt seinen Ausstieg aus dem Rechtsrockgeschäft auf der Seite seines Onlinehandels
Philipp Schlaffer erklärt seinen Ausstieg aus dem Rechtsrockgeschäft auf der Seite seines Onlinehandels
Bei Partys der Naziband „Vidar“ waren auch immer Mitglieder der Freien Kameradschaft Wismar
Astrid Bansemir (links) ist ebenfalls Domaininhaberin der Homepage ttv88.de
Astrid Bansemir (links) ist ebenfalls Domaininhaberin der Homepage ttv88.de
Silke Tinz (links) am 01. Mai 2011 verkleidete sich als Ministerpräsident Erwin Sellering (rechts)
Silke Tinz (links) am 01. Mai 2011 verkleidete sich als Ministerpräsident Erwin Sellering (rechts)
Trotz „gelungener Infoveranstaltung“ im Thinghaus marschierten nur wenige Nazis aus MV am 02. Juni im Hamburg
Das Logo von Abriß Krüger zeigt einen zerschlagenen Davidstern
Das Logo von Abriß Krüger zeigt einen zerschlagenen Davidstern
Sven Krüger und David Böttcher bei der konstitierenden Sitzung des Landkreises Nordwestmecklenburg
Sven Krüger und David Böttcher bei der konstitierenden Sitzung des Landkreises Nordwestmecklenburg
Rechter Angriff aus dem „Werwolfshop“, der inzwischen geschlossen ist
Teile der Freien Kameradschaft Wismar am 01. Mai 2012 in Neubrandenburg
Teile der Freien Kameradschaft Wismar am 01. Mai 2012 in Neubrandenburg
2007: Während ein Teil der BesucherInnen aus der Wolfshöhle II unten gegen die Antifa-Demo pöbeln, wird von oben mit „Zwillen“ geschossen

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Ambitioniert, doch überschaubar – Der Landesverband der „Jungen Nationaldemokraten“ in MV https://indyhro.blackblogs.org/2012/10/12/ambitioniert-doch-uberschaubar-der-landesverband-der-jungen-nationaldemokraten-in-mv/ Fri, 12 Oct 2012 10:36:19 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1778 Continue reading Ambitioniert, doch überschaubar – Der Landesverband der „Jungen Nationaldemokraten“ in MV]]> Ein Beitrag des Bündnis „Kein Leben ohne Freiheit – NPD und JN bekämpfen“ welches zu Protesten gegen die geplante JN-Demo in Wismar (Mecklenburg) aufruft.

Seit Ende 2009 tritt der hiesige Landesverband der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) zunehmend öffentlich in Erscheinung. Wer sind die führenden Köpfe, welche Aktionen führen die „Kameraden“ durch und welche Bedeutung hat die Parteijugend im Bundesland?
 

Von der Gründung bis zum Neustart

Der Landesverband der „Jungen Nationaldemokraten“ in Mecklenburg-Vorpommern war nach Sachsen der zweite Ableger der NPD-Jugendorganisation in den neuen Bundesländern. Er wurde bereits 2005 mit dem beginnenden Wiederaufschwung der NPD unter Leitung der damaligen Kreisvorsitzenden von Rostock und Stralsund, dem aus Sachsen zugezogenen Roland Horn und Dirk Ahrendt, gegründet. Im Gegensatz zu Sachsen entfaltete die hiesige Parteijugendorganisation abgesehen von einigen Lagern und Wanderungen aber nur wenig Aktivität und wurde scheinbar innerhalb der rechten Szene kaum angenommen. Dies änderte sich erst im späteren Verlauf des Jahres 2009 mit der Teilnahme an Aufmärschen, Bildungsveranstaltungen und eigenen Aktivitäten. Firmierten die Aktionen dabei zuerst unter ständig wechselnden Namen, so wurde ab 2011 kontinuierlich die Eigenbezeichnung „Junge Nationaldemokraten Mecklenburg und Pommern“ gewählt.

Alte Bekannte unter sich

Betrachtet man die personelle Zusammensetzung der hiesigen JN, dann fällt auf, dass sie nur in Mecklenburg im Westen des Bundesland vertreten ist. Die aktiven Mitglieder der JN MV lassen sich dort zwei Schwerpunktregionen zuordnen: zum einen dem Nordwestmecklenburger Raum und zum anderen der Region um Rostock. Einer der führenden Köpfe in der Region Nordwestmecklenburg ist Alf Börm. Er stammt ursprünglich aus Niedersachsen und war dort bereits als Einheitsführer der „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) aktiv. Das völkische Ziehkind ist Sohn von Manfred Börm, der für die Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung eine mehrjährige Haftstrafe verbüßte. Alf Börm kam zum Studieren nach Wismar und wohnt in Naschendorf bei Grevesmühlen. Der Jungnazi hat seit 2011 den JN-Landesvorsitz inne und inzwischen auch ein Mandat für die NPD im Kreistag von Nordwestmecklenburg. Ebenfalls in dieser Kommunalvertretung sitzt Tino Streif. Der gelernte Schlosser hat mit Alf Börm zusammen Maschinenbau studiert und besitzt ein Haus in Jamel. Er ist Kreisvorsitzender des neu gegründeten NPD-Kreisverbandes in Nordwestmecklenburg.

Weitere Aktivposten der JN in dieser Region sind Julia Thomä und Jennifer Wiese. Die seit langem aktive Thomä, die sich entgegen den Rollenvorstellungen der rechten Szene auch durch ihre Mutterschaft nicht von der politischen Arbeit abhalten lässt, stammt ursprünglich aus Sternberg und der dortigen Frauenkameradschaft „Sternberger Nazissen“. Inzwischen wohnt sie in Schwerin. Wiese stammt aus Boizenburg, wo in den letzten Jahren wiederholt JN-Aktivitäten stattgefunden haben. Seitdem der Landesverband zunehmend wieder in Erscheinung tritt, ist sie regelmäßige Teilnehmerin an dessen Veranstaltungen.

In und um Rostock rekrutiert sich die JN hauptsächlich aus dem Umfeld der Rostocker Kameradschaft „Nationale Sozialisten Rostock“. Der sogenannte „Schulungsbeauftrage“ Daniel Fiß hat nach seinem Abitur an der Rostocker Borwin-Schule ein Studium in „Good Governance“ aufgenommen. Er ist das neue Gesicht der JN in Rostock und präsentiert sich auch bereitwillig im Mobilisierungs-Video zum Aufmarsch in Wismar.

Der vorher führende Michael Fischer hält sich nach der Affäre um Nadja Drygalla auffällig bedeckt. Seine angebliche Lösung von der Szene erscheint aber wenig glaubwürdig. Auch Danny Brandt ist vorerst zu Inaktivität verdammt: Er wurde unter anderem wegen eines Angriffs auf Polizeibeamte während eines Nazi-Konzerts zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt, die er momentan absitzt.

In diesem Umfeld bewegen sich auch Marcel Prätorius und der ehemalige HDJler Friedrich Tinz. Der wegen seiner rechten Umtriebe unehrenhaft aus der Bundeswehr entlassene Prätorius war bereits bei der lange entschlafenen Kameradschaft „Aktionsgruppe Festungsstadt Rostock“ aktiv. Momentan läuft gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen gewalttätiger Ausschreitungen am Rande des Pölchow-Prozesses. Eines der wenigen JN-Mitglieder im Raum Rostock, das nicht der NSR zugeordnet werden kann, ist Friedrich Tinz aus Satow, der auch während seines Studiums der Agrar-, Garten- und Forstwissenschaft in Neubrandenburg weiter in der HDJ aktiv war. Er musste sich vor Gericht für einen Angriff auf eine Journalistin verantworten und war bereits 2004 an der Durchführung eines JN-Infostandes in Bad Doberan beteiligt.

Eine nennenswerte Entwicklung wird durch den Zuzug von Sebastian Richter nach Groß Krams bei Ludwigslust angezeigt. Der stellvertretende JN-Bundesvorsitzende kommt ursprünglich aus Hoyerswerda und war dort führend im „Lausitzer Aktionsbündnis“ aktiv. In Brandenburg war er Mitglied der inzwischen verbotenen „Spreelichter“, die sich auch die Thematik des angeblich drohenden „Volkstods“ auf die Fahnen geschrieben hatten. Die Gruppierung gilt als Ideengeber für eine Kampagne unter dem Motto „Werde unsterblich“. Neonazis, in einheitlicher schwarzer Kleidung und mit weißen Masken vermummt, zogen in den vergangenen Monaten illegal durch zahlreiche Kleinstädte und traten auch in Wismar auf. Als ehemaliges HDJ-Mitglied steht er für den eher völkisch geprägten Flügel innerhalb der JN und agiert als Bundesführer ihrer Unterorganisation „IG Fahrt und Lager“, in der sich diese Gruppe organisiert. Er ist im Bundesland kein Unbekannter und beteiligte sich bereits vor seinem Zuzug an zahlreichen Veranstaltungen und hielt Vorträge – auch zum Thema „Volkstod“.

„Bildung, Aktivismus und Gemeinschaft“

Mit dem Motto „Bildung, Aktivismus und Gemeinschaft“ versucht die JN, die auch bei Kameradschaften üblichen Aktivitäten ideologisch zu überhöhen, und präsentiert sich als Elite der rechten Szene. Dabei wird mit Freizeitunternehmungen die eigene Gemeinschaft gestärkt, mit Vorträgen ideologische Schulung betrieben und mit öffentlichen Aktionen nach außen getreten.

In Mecklenburg-Vorpommern setzt die NPD-Jugendorganisation vorrangig auf Outdoor-Aktivitäten, um den Zusammenhalt zu stärken. Eine vom Bundesverband organisierte Segeltour im August 2011 führte pünktlich zum Wahlkampf nach Rostock. Mit dem Halt bei der Hanse Sail endete die einwöchige Fahrt mit einer Einladung dazu, die NPD vor der Landtagswahl zu unterstützen. Regionale Veranstaltungen sind seit mehreren Jahren im Landkreis Rostock zum Jahresende stattfindende Wanderungen und eine jährliche Kanu-Tour auf der Warnow bei Sternberg. Ein zentrale Rolle übernimmt dabei Julia Thomä, deren Eltern in Sternberg einen Zeltplatz mit angeschlossenem Kanu-Verleih besitzen.

Regelmäßig veranstaltet die JN Informationsveranstaltungen in Räumen der rechten Szene wie dem „Thinghaus“ in Grevesmühlen und dem „Kulturraum“ in Lübtheen. Als Redner traten meistens Sebastian Richter und Daniel Fiß auf, die manchmal auch durch ein prominentes NPD-Mitglied unterstützt wurden. Inhaltlich beschäftigen sich die Nachwuchsnazis dabei schon länger mit dem angeblich drohenden „Volkstod“. So hielt Richter einige Vorträge zur Thematik und Ende August 2011 gab es ein „Aktivistentreffen“ mit Gästen aus anderen Bundesländern.

Die hiesige JN beteiligt sich aber auch an öffentlichen Veranstaltungen, besucht zahlreiche Aufmärsche in MV oder im restlichen Bundesgebiet und präsentiert dort oft auch eigene Transparente. Exemplarisch seien für 2012 die Demonstrationen in Lübeck, Dresden, Magdeburg und Neubrandenburg erwähnt. Bei dem NPD-Aufmarsch am 1. Mai 2011 in Greifswald kam ihnen mit dem Tragen von Pappmasken von PolitikerInnen sogar eine zentralere Rolle zu. Sie führen aber auch für Kameradschaften typische eigene Aktionen wie das Verteilen von Flyern und – für solche Strukturen eher ungewöhnlich – eigene Infostände durch. So meldete Fabian Bendig, der inzwischen Mitglied der neu gegründeten „Kameradschaft Schwerin“ ist, im Mai 2011 im Schweriner Stadtteil Lankow einen JN-Infotisch zum Thema „Kinderarmut“ an, der mit Unterstützung der NPD durchgeführt wurde. Neben Julia Thomä, Daniel Fiß und Michael Fischer beteiligte sich auch der JN’ler Torsten Görke aus Sachsen-Anhalt. Neonazis von außerhalb nehmen oft an hiesigen Aktivitäten teil, im Gegenzug reisen die MecklenburgerInnen häufig zur Unterstützung der dortigen Strukturen in andere Bundesländer.

JN in Mecklenburg – Kaderschmiede oder Restekiste?

Es stellt sich die Frage, ob die JN in Mecklenburg-Vorpommern ihrem eigenen elitären Anspruch gerecht wird oder sie eher ein Sammelbecken derer ist, die sich in keiner eigenen Struktur zusammen finden können. Schon der eigens gewählte Name „Junge Nationaldemokraten Mecklenburg und Pommern“ wird den Realitäten nicht gerecht, da der Verband in Vorpommern nicht in Erscheinung tritt. Dort existieren seit Jahren gewachsene und lokal verankerte Kameradschaftsstrukturen sowie rechte Nachwuchsorganisationen wie der „Jungsturm Pommern“ und der „Jugendbund Pommern“, die sich an ein ähnliches Klientel richten und somit JN-Strukturen in dieser Region überflüssig machen. Auch in Mecklenburg ist die JN nicht flächendeckend vertreten, sondern beschränkt sich auf Nordwestmecklenburg und den Rostocker Raum.

Die Ausgestaltung ihres Mottos „Bildung, Aktivismus und Gemeinschaft“ unterscheidet die Jungnazis kaum von anderen Kameradschaften. Allerdings weist die JN einen für die rechte Szene vergleichsweise hohen Bildungsgrad auf, der mit persönlichen Ambitionen der Mitglieder einhergeht. An der Übernahme wichtiger Posten in der NPD und der häufigen Unterstützung durch Parteifunktionäre zeigt sich die enge Verknüpfung mit der Mutterpartei. Anders als etwa in Sachsen-Anhalt oder Sachsen kann die hiesige JN mangels Dissonanzen mit der NPD klar als Parteinachwuchs eingeschätzt werden. Angesichts der Symbiose von „freien“ Kameradschaftsstrukturen und NPD im Bundesland und ihrer radikal nationalsozialistischen Einstellung ist dies jedoch nicht überraschend.

Somit ist die zukünftige Bedeutung der JN noch nicht abzuschätzen: Einige seit Jahren in der Szene aktive Neonazis bereiten sich erkennbar auf eine Karriere innerhalb der NPD vor. Landesweit nimmt die JN die Funktion einer Parteijugend jedoch nicht wahr und fungiert eher als ein Auffangbecken für engagierte rechte AktivistInnen, die sich in örtlichen Strukturen nicht wiederfinden. Auffallend ist auch der für die Szene recht hohe Frauenanteil.

Der Aufmarsch am 20. Oktober 2012 in Wismar wird die Position der JN innerhalb der rechten Gemengelage im Bundesland aufzeigen. Dort kann sich zeigen, ob sie sich mit innovativen Aktionen und eigenem Personal von der rechten Szene abgrenzen und zukünftige Relevanz reklamieren kann, oder ob sie trotz ihres elitären Dünkels auf deren Mobilisierungspotential und Demonstrationserfahrung angewiesen ist – also nicht mehr als ein Anhängsel der Mutterpartei und Auffangbecken für heimatlose AktivistInnen darstellt.

JN MV im März 2010 in Lübeck: links am Transparent Jennifer Wiese
JN MV im März 2010 in Lübeck: links am Transparent Jennifer Wiese
Mai 2003 Rostock: Roland Horn (2.v.l.) und spätere JN-Aktivist Friedrich Tinz (1.v.r.)
Mai 2003 Rostock: Roland Horn (2.v.l.) und spätere JN-Aktivist Friedrich Tinz (1.v.r.)
JN-Teilnahme bei NPD Demo 2010 Schwerin. Am Transpi Tino Streif (links), Julia Thomä (2.v.r.) Alf Börm (rechts)
JN-Teilnahme bei NPD Demo 2010 Schwerin. Am Transpi Tino Streif (links), Julia Thomä (2.v.r.) Alf Börm (rechts)
Julia Thomä zu Sternberger Zeiten (Brustaufdruck: halb Stadtwappen Sternberg, halb schwarze Sonne)
Julia Thomä zu Sternberger Zeiten (Brustaufdruck: halb Stadtwappen Sternberg, halb schwarze Sonne)
Daniel Fiß (2.v.l.) 01. Mai 2012 Neubrandenburg hinter Transparent der „Nationalen Sozialisten Rostock“
Sebastian Richter (rechts) 01.Mai 2012 als Ordner
Sebastian Richter (rechts) 01.Mai 2012 als Ordner
“Kein Leben ohne Freiheit – NPD und JN bekämpfen”
“Kein Leben ohne Freiheit – NPD und JN bekämpfen”

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