Italien – Antifaschistisches Archiv für Rostock und Umgebung https://indyhro.blackblogs.org Linke Veröffentlichungen aus unterschiedlichen Quellen Sat, 21 Nov 2020 19:09:29 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Europol und das Gespenst des Anarchismus https://indyhro.blackblogs.org/2012/03/22/europol-und-das-gespenst-des-anarchismus/ Thu, 22 Mar 2012 00:00:21 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1629 Continue reading Europol und das Gespenst des Anarchismus]]> Mit immer mehr Maßnahmen verfolgen EU-Institutionen grenzüberschreitende linke Bewegungen. Dem BKA haben es angebliche „Euro-Anarchisten“ besonders angetan

Seit 2002 ist die EU-Polizeiagentur für die Verfolgung von Umwelt- und Tierrechtsaktivismus bekannt. Jetzt bekommt die Kriminalisierung internationaler politischer Kampagnen eine neue Facette: Eine Konferenz von Europol nimmt unter anderem verkehrspolitische und antirassistische Aktivisten aufs Korn. Um die Kompetenzen der Behörden zu erweitern, werden die Ausgeforschten mit Absendern von Briefbomben gleichgesetzt. Auch der EU-Geheimdienst ist mit von der Partie.

 

Europol organisiert eine Konferenz zu anarchistischen Bewegungen in der Europäischen Union. Dies berichtete ein Sprecher der EU-Polizeiagentur letzte Woche in der Ratsarbeitsgruppe „Terrorismus“[1]. Demnach soll die Veranstaltung am 25. April stattfinden. Über den Ort wurden keine Angaben gemacht. Gewöhnlich finden derartige Zusammenkünfte aber am Sitz der Agentur in Den Haag statt.

Im Sommer 2011 bezog Europol einen ausschweifenden Neubau[2]. Dort haben fortan neben den umfangreichen Informationssystemen und forensischen Abteilungen auch die Verbindungsbeamten der 27 EU-Mitgliedstaaten sowie von weiteren neun Regierungen Platz (Wer kontrolliert Europol?[3]).

 

Initiative aus Italien
Die Mitteilung von Europol erfolgte im Rahmen eines Referats der italienischen Delegation über Aktivitäten der „Federazione Anarchica Informale“ (F.A.I.). 2003 hatte sich die italienische Gruppe in einer „Operation Weihnachtsmann“ zum Versand von Päckchen bekannt, die beim Öffnen eine Stichflamme entfachten („Archipel der Gewaltbereitschaft“[4]). Auch an die Europäische Zentralbank (EZB) und an Europol wurde derartige Post verschickt. Zuletzt erhielt im Dezember der Chef der Deutschen Bank einen mit Sprengstoff gefüllten Brief, dem ein Bekennerschreiben der F.A.I.[5] beigelegt war (Explosive Post an Ackermann[6]).

Nicht nur innerhalb linker Bewegungen wird über die Authentizität der Gruppe gerätselt[7]. Tatsache ist, dass immer wieder Anschläge die Handschrift der F.A.I. tragen und Erklärungen hierzu auf einschlägigen Webseiten publiziert[8] werden. Auch Inhaftierte beziehen sich international positiv[9] auf die F.A.I. – ein Indiz dafür, dass es sich eher um ein Netzwerk oder um einen Sammelbegriff für eine Aktionsform handelt.

Jedoch soll die Konferenz von Europol zu „Anarchismus“ mitnichten nur militante Aktionen beargwöhnen, die von den Behörden in den Kontext des „Anarchismus“ gestellt werden. In anderen Papieren der Europäischen Union wird zirkuliert, dass ein Fokus auf jenen Gruppen liegen soll, die grenzüberschreitenden Widerstand gegen Schienennetzwerke organisieren. Damit dürfte erneut eine italienische Protestbewegung gemeint sein: gegen eine Schnellbahntrasse durch das Susa-Tal im Nordwesten Italiens (Aus für Hochgeschwindigkeitszüge[10]).

Widerstand im Susa-Tal
Seit rund 20 Jahren plant die italienische Regierung eine Hochgeschwindigkeitsverbindung von Turin ins französische Lyon. Von Beginn an leistete die lokale Bevölkerung erbitterten Widerstand gegen den „Treno ad Alta Velocità“ (TAV). Kritisiert werden nicht nur die 20 Milliarden Euro, die das Vorhaben vermutlich kostet. Bei den Tunnelbauarbeiten würde zudem uran- und asbesthaltiges Gestein freigesetzt und oberirdisch gelagert. Etliche Grundstücke werden enteignet.

Die „No TAV“-Bewegung zählt auf einen starken Rückhalt in der italienischen Linken, vergleichbar mit den Protesten gegen den bislang jährlichen Castor-Transport in Deutschland. 2005 beteiligten sich 80.000 Menschen an einer Großdemonstration in Turin. In der anschließenden „Schlacht von Venaus“ blockierten Aktivisten die Zufahrtsstraßen, woraufhin die Bauarbeiter samt schützender Polizei aus dem Tal abziehen mussten. Letzten Monat protestierten erneut rund 70.000 Menschen. Tausende Demonstranten reisten aus ganz Italien und anderen europäischen Ländern an.

Es sind wohl jene internationalen Netzwerke, die der italienischen Regierung ein Dorn im Auge sind und die nun von Europol aufs Korn genommen werden sollen. Tatsächlich versucht die Regierung in Rom, die Proteste zu kriminalisieren. Die Polizei behauptete kürzlich, die Demonstranten würden Tote in Kauf nehmen und seien als „terroristisch“ einzustufen. Demgegenüber war es die Polizei, die einen Baumkletterer aus großer Höhe abstürzen ließ und schwer verletzte[11].

Kriminalisierung von „Grenzcamps“
Doch noch eine weitere internationale Bewegung erregt das Interesse der EU-Polizeiagentur: Die Aktivitäten des sogenannten „No Border“-Netzwerks sollen ebenfalls auf der Konferenz im April thematisiert werden.

Seit den frühen 90er Jahren organisieren migrationssolidarische Gruppen mit Netzwerken wie „Kein Mensch ist illegal“ regelmäßige grenzüberschreitende Demonstrationen, Camps oder Kampagnen. Tatsächlich sind die Aktivisten international gut vernetzt: Für dieses Jahr wollen sie unter dem Motto „Boats for people“ mit mehreren Schiffen auf dem Mittelmeer Präsenz zeigen und dort gegen die menschenverachtende Politik der EU-Grenzschutzagentur Frontex demonstrieren[12].

Doch der Schlüssel für das polizeiliche Interesse an der „No Border“-Bewegung liegt weniger im Mittelmeer, als vielmehr auf einem der jüngsten „Grenzcamps“ im September 2010 in Brüssel. Die belgische Polizei wollte in einer beispiellosen Aktion verhindern, dass die Teilnehmer des Camps[13] an einer internationalen Gewerkschaftsdemonstration teilnehmen. Geholfen hatte dabei vermutlich der später aufgeflogene deutsche Polizeispitzel Simon Bromma. Der vom Landeskriminalamt (LKA) Stuttgart geführte verdeckte Ermittler schlich sich ins Camp ein und unterwanderte[14] dessen Organisationsstrukturen.

Seine „Erkenntnisse“ gab Bromma an das LKA Stuttgart weiter („Ich habe täglich berichtet“[15]). Womöglich gelangten die Falschinformationen daraufhin an die belgische Polizei: „96 Anarchisten wurden verhaftet, als sie an der Demonstration teilnehmen wollten“, meldete[16] kurz darauf der Brüsseler Polizeisprecher. Doch es ging lediglich um die vermeintliche Gesinnung, denn den Festgenommenen wurde keinerlei Vorwurf gemacht: Weder führten sie verbotene Gegenstände mit, noch nahmen sie strafrechtlich relevante Handlungen vor. Vermutlich aus Protest gegen die „präventiven“ Massenfestnahmen wurden allerdings wenige Tage später mehrere Scheiben eines Polizeireviers beschädigt.

Beobachtung von Umwelt- und Tierrechtsaktivisten
Mit den antirassistischen und verkehrspolitischen Aktivisten geraten erneut linke Bewegungen in den Fokus von Europol. Erst kürzlich wurde offenkundig, dass die Polizeiagentur grenzüberschreitende Initiativen von Umwelt- und Tierrechtsaktivisten beobachtet. Während sich in entsprechenden Berichten bereits Einträge seit 2002 finden, datiert die Bundesregierung[17] den Beginn der Überwachung erst auf 2006. Europol wertet hierfür „öffentlich zugängliche Quellen“ aus. Analysiert werden Tierbefreiungen in Nerzfarmen, oder „Aktionen und Angriffe“ gegen Bekleidungsgeschäfte, die Pelzbekleidung verkaufen. Alle „Erkenntnisse“ werden in dem jährlichen „Terrorism Situation and Trend Report“ (TE-SAT) publiziert. Auf Grundlage der Informationen organisiert die Agentur regelmäßige Konferenzen zu „Tierrechtsextremismus“.

Die Beobachtungen werden in den weitgehenden Analysearbeitsdateien (AWF) abgelegt, die teilweise regelrechte Dossiers über Personen, Objekte oder Tathergänge enthalten können. Umwelt- und Tierrechtsaktivismus wird in der AWF „Dolphin“ gespeichert, die 2003 eingerichtet wurde. Das für die Datensammlung zuständige Fachreferat bei Europol ist die Organisationseinheit „O 4 Counter Terrorism“.

Ursprünglich sollte „Dolphin“ lediglich Informationen über jene terroristischen Gruppen bevorraten, die von der EU als „terroristisch“ eingestuft wurden und in deren halbjährlichen „Terrorlisten“ auftauchen („Zivile Todesstrafe“[18]). Bereits zwei Jahre nach ihrer Einführung hatte „Dolphin“ über 6.000 Einträge. Auch deutsche Polizeien liefern über das Bundeskriminalamt (BKA) Daten an die AWF „Dolphin“: Nämlich immer dann, wenn zwei oder mehr EU-Mitgliedstaaten von einer verfolgten Straftat betroffen sind. Das BKA legt vorher fest, ob „aufgrund des Umfangs, der Bedeutung und der Folgen der Straftat ein gemeinsames Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten erforderlich ist“. Auch für die „Bedrohungsanalysen“ von Europol schickt die Wiesbadener Bundesbehörde vierteljährliche Berichte.

Nicht nur durch die Listung in der „Dolphin“-Datei werden die politischen Aktivisten kriminalisiert. Im Mai werden die zahlreichen Analysearbeitsdateien bei Europol neu strukturiert und fortan unter den beiden Schlagworten „Organisierte Kriminalität“ und „Terrorismus“ geführt. Wieder wird Umwelt- und Tierrechtsaktivismus dann unter „Terrorismus“ verschlagwortet. Die belgische Ratspräsidentschaft hatte 2010 angeregt, „Tierrechtsextremismus“ in die Europol-Analysedatei „Check the Web“ aufzunehmen, die bis dahin nur „islamistischen Terrorismus“ beobachtete. Offensichtlich verlief der Vorschlag aber im Sande.

Ziercke und die „Euro-Anarchisten“
Die jetzigen Initiativen gegen Anarchismus in der Europäischen Union bleiben jedoch ohne Blick auf den Chef des deutschen Bundeskriminalamts unverstanden. Jörg Ziercke war im Januar letzten Jahres vom Innenausschuss des Bundestages befragt[19] worden, wozu seine Behörde mit Großbritannien ausgiebig verdeckte Ermittler tauscht. Mehr als ein Dutzend britische Spitzel waren 2007 beim G8-Gipfel in Heiligendamm eingesetzt gewesen, fünf deutsche Polizisten zuvor 2005 beim G8-Gipfel im schottischen Gleneagles (Mit falschen Papieren gegen „Euro-Anarchisten“[20]).

Ziercke hatte die fragwürdige Heimlichtuerei gegen die damals international erstarkende Anti-G8-Bewegung mit einer „Europäisierung der Anarchoszene“ begründet. Deren Protagonisten aus Griechenland, Spanien, Großbritannien, Frankreich, Dänemark und Deutschland würden angeblich „schwerste Straftaten“ begehen. Deshalb müssten Polizeien laut Ziercke vermehrt „international und konspirativ“ agieren.

Jedoch blieben die orakelten „schwersten Straftaten“ beim G8 in Heiligendamm aus und wurden auch bei späteren Protesten nicht gesichtet. Hiernach befragt, setzt die Bundesregierung die erfolgreichen Gipfelproteste trotzig mit der „grenzüberschreitenden Versendung von Briefbomben“[21] gleich. Ins gleiche Horn stieß der BKA-Chef, der die in Heiligendamm eingesetzten britischen Spitzel gegen „Euroanarchisten, militante Linksextremisten und -terroristen“ am Werk sieht.

Zierckes Vokabular war aufschlussreich: Der Begriff „Euro-Anarchisten“ war bis dahin im deutschen Sprachraum nicht gebräuchlich. Erstmals eingeführt wurde er 2003 als angebliches „Kartell europäischer Anarchistengruppen“ vom damaligen italienischen Innenminister Guiseppe Pisanu. Anlass waren die Briefe mit Sprengstoff der F.A.I. an Europol und die EZB.

„Euro-Anarchisten“ scheinen jedoch längst zum gemeinsamen Oberbegriff der Polizeizusammenarbeit innerhalb der EU geworden sein. In diese fragwürdige Matrix werden auch alle anderen grenzüberschreitenden linken Bewegungen eingebaut, um sie leichter kriminalisieren und durchleuchten zu können.

Doch nicht nur Europas Polizeien organisieren sich gegen linke Bewegungen: Der als „gemeinsames Lagezentrum“ (SitCen) bezeichnete EU-Geheimdienst[22] widmet sich wie Europol dem „Phänomen ‚Anarchismus'“[23]. Im Oktober hatte der Dienst ein „Situation Assessment“ erstellt, für das Geheimdienste der Mitgliedstaaten Informationen anlieferten. Das deutsche Bundesamt für Verfassungsschutz steuerte „auf Anfrage von SitCen“ ebenfalls einen Beitrag bei. Weitere Berichte kamen aus Zypern, Spanien und Griechenland.

Auch Eurojust durchleuchtet linken Aktivismus. Die EU-Agentur zur justiziellen Zusammenarbeit vernetzt die Staatsanwaltschaften der Mitgliedstaaten und hat bereits mehrere Veranstaltungen zum Thema „Tierrechtsextremismus“ ausgerichtet. Vier deutsche Staatsanwälte und Richter sind mit dem „deutschen Tisch“ bei Eurojust beteiligt. Die Agentur gilt als „Keimzelle“[24] einer zukünftigen EU-Staatsanwaltschaft.

Links
[1] http://register.consilium.europa.eu/pdf/en/12/st07/st07705.en12.pdf
[1] http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de
[2] http://www.europol.europa.eu/content/news/report-published-2011-european-police-chiefs-convention-and-opening-europols-new-headqu
[3] http://www.heise.de/tp/artikel/34/34337/1.html
[4] http://www.heise.de/tp/artikel/16/16475/1.html
[5] http://www.wiwo.de/politik/deutschland/politik-entsetzt-bekennerschreiben-nach-briefbombe-gegen-ackermann/5937312.html
[6] http://www.heise.de/tp/blogs/8/150994
[7] http://de.indymedia.org/2004/01/71110.shtml
[8] http://325.nostate.net/?tag=informal-anarchist-federation-fai
[9] http://linksunten.indymedia.org/de/node/51728
[10] http://www.heise.de/tp/artikel/35/35025/1.html
[11] http://linksunten.indymedia.org/de/node/55584
[12] http://www.afrique-europe-interact.net/index.php?article_id=544&clang=0
[13] http://www.noborderbxl.eu.org/spip.php?rubrique87
[14] http://linksunten.indymedia.org/de/node/31404
[15] http://www.heise.de/tp/artikel/34/34027/1.html
[16] http://datarecollective.net/node/21
[17] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/089/1708961.pdf
[18] http://www.heise.de/tp/artikel/32/32482/1.html
[19] http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,741826,00.html
[20] http://www.heise.de/tp/artikel/34/34241/1.html
[21] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/057/1705736.pdf
[22] http://euro-police.noblogs.org/2012/02/europa-will-hoch-hinaus-%E2%80%93-der-eu-geheimdienst-entsteht/
[23] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/082/1708279.pdf
[24] http://www.lto.de/de/html/nachrichten/5676/zehn-jahre-eurojust-keimzelle-fuer-eine-echte-europaeische-staatsanwaltschaft/

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NATO-Intervention in Libyen: Aufklärung aus Neustrelitz https://indyhro.blackblogs.org/2011/10/19/nato-intervention-in-libyen-aufklarung-aus-neustrelitz/ Wed, 19 Oct 2011 20:02:34 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1391 Continue reading NATO-Intervention in Libyen: Aufklärung aus Neustrelitz]]> Das italienische Verteidigungsministerium wird für die Planung der NATO-Intervention mit Satellitenaufklärung aus EU-Programmen versorgt. Die Bilder werden in Deutschland aufbereitet

Seit einigen Jahren baut die Europäische Union an einem Aufklärungssystem, das auf Satelliten basiert. Das „Global Monitoring of Environment and Security“ soll die bereits existierende Satellitenaufklärung einiger Mitgliedsstaaten um ein eigenes EU-System ergänzen. GMES vereint neben Satelliten auch boden- und seegestützte Radarstationen sowie Flugzeuge und Drohnen. Die bereits vorhandenen Aufklärungskapazitäten Italiens, Deutschlands, Spaniens oder Frankreichs werden ebenso integriert.

 

Die sicherheitstechnische Nutzung von GMES wird über Forschungsprogramme eingefädelt, die über Mittel des 7. Rahmenprogrammes der EU finanziert werden. Die Bilder aus dem All werden unter anderem vom EU-Satellitenzentrum (EUSC) im spanischen Torrejón ausgewertet, das seit 2002 als EU-Agentur operativ ist und der nach dem Lissabon-Vertrag installierten „Hohen Vertreterin der Union für Außen- und Sicherheitspolitik“ untersteht. Daraus aufbereitete Informationen werden an den Europäischen Rat, den Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), das Geheimdienstzentrum SitCen und die EU- Mitgliedstaaten geliefert. Auch internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die OSZE oder die NATO können ihre Missionen auf GMES-Produkte stützen, sofern dies im Interesse der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) liegt.

 

Die Auswertung der Bilder unternimmt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit deinem „Fernerkundungsdatenzentrum“ im bayerischen Oberpfaffenhofen und in Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern. Ebenfalls zum DLR gehört das „Zentrum für satellitengestützte Kriseninformation“ (ZKI).

 

Daten vom GMES-Dienst SAFER…

 

In der Antwort auf die Kleine Anfrage hatte die Bundesregierung noch im März diesen Jahres behauptet, dass „GMES-Daten wegen ihrer derzeitigen technischen Parameter (insbesondere geringe geometrische Auflösung) für militärische bzw. nachrichtendienstliche Aufklärung nicht geeignet“ seien. Das stimmte offensichtlich schon im Frühjahr nicht – denn GMES-Bilder fließen in die Durchführung des NATO-Krieges in Libyen ein, für den Italien wichtige Aufklärungsfunktionen übernimmt. Unter anderem wurde hierfür der Dienst „GMES Emergency Response Service“ in Anspruch genommen. Dieser „satellitenbasierte Notfallkartierungsservice“ gründet sich auf das Forschungsprojekt „Services und Anwendungen für Notfall- und Krisensituationen“ (SAFER), der meteorologische „Risiken“ (Feuer, Flut) ebenso adressiert wie geophysikalische (Erdbeben, Vulkanausbruch, Erdrutsche) und menschlich verursachte Katastrophen. Erst an letzter Stelle werden bei SAFER „humanitäre Krisen“ genannt.

 

Für den Krieg in Libyen wurden die Dienste von SAFER vom „Zentrum für Satellitengestützte Kriseninformation“ aufbereitet. Bereits am 24. Februar, also wenige Tage nach Beginn der Aufstände, meldete das Institut die Überlassung von „EU Referenzkarten von Libyen und Nachbarländern“. Damit standen der Bundesregierung ebenso wie der EU offiziell also bereits drei Wochen vor der Resolution 1973, durch die der UN-Sicherheitsrat die NATO zur Intervention ermächtigte, Bilder libyscher Städte und Grenzregionen zur Verfügung. GMES-Radarsatelliten sind in der Lage, zentimetergenaue Oberflächenberechnungen vorzunehmen, etwa um das Schmelzen von arktischem Eis zu untersuchen. Gleichsam dürften Veränderungen durch Explosionen festgestellt werden können, etwa die behaupteten Bombardierungen der Zivilbevölkerung durch libysche Militärflugzeuge – diese galten damals als Grund zur Eile für die Resolution. Beweise wurden hierfür jedoch nicht vorgelegt.

 

… und über Umwege vom GMES-Programm G-MOSAIC

 

Die Aufklärung für den Krieg in Libyen wird anscheinend auch anderweitig aus Deutschland vorgenommen: Die italienische „Earth Observation Satellite Services Company“ (e-GEOS) betreibt ein Satellitenzentrum in Neustrelitz, wo auch das DLR mit seinem „Fernerkundungsdatenzentrum“ über einen Standort verfügt. e-GEOS gehört zu 80% zum italienischen Weltraumkonzern Telespazio, einem Ableger des Rüstungsgiganten Finmeccanica. Die Firma beliefert vor allem italienische Behörden mit Aufklärungsdaten aus dem All.

Auf der Webseite von e-GEOS wird erklärt, dass die Dienste der Firma vom italienischen Militär bald nach Beginn der Aufstände „aktiviert“ wurden, um Bilder von libysch-tunesischen Grenzübergängen, aber auch Städten wie Bengasi und Tripolis zu überlassen.

 

Focussiert werden laut e-GEOS „kritische Punkte“ wie Häfen, Flughäfen, Botschaften, Krankenhäuser, Hauptstraßen. Die Firma greift hierfür pikanterweise auf Produkte des von der EU finanzierten und immer noch laufenden Forschungsprojekts „GMES services for Management of Operations, Situation Awareness and Intelligence for regional Crises“ (G-MOSAIC) zurück. Auch G-MOSAIC wird von Finmeccanica durch deren Firma e-GEOS koordiniert. Aus Deutschland ist wieder das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt und der EADS-Ableger Astrium sowie die Universität Freiberg an an G-MOSAIC beteiligt.

 

Unter anderem stammen Materialien, die G-MOSAIC produziert, von dem US-amerikanischen „GeoEye-1“-Satelliten. Die Echtzeit-Bilder von „GeoEye-1“ werden laut e-GEOS im Kontrollzentrum in Neustrelitz „mit „Unterstützung des DLR“ empfangen.

 

Mit G-MOSAIC wurde auch der Aufstand in Ägypten aufgeklärt und der EU-Geheimdienst SitCen über das EU-Satellitenzentrum EUSC mit Bildern aus Alexandria, Luxor und Sharm-el-Sheik beliefert.

e-GEOS verkauft außerdem die Bilder der vier vom italienischen Verteidigungsministerium co-finanzierten, hochauflösenden „COSMO-Skymed“-Satelliten. Auch die „COSMO-Skymed“-Satelliten überfliegen Libyen und versorgen das italienische Militär mit Aufklärungsdaten. Ausgeforscht werden dadurch Panzerbewegungen, Truppenkonzentrationen, Bewegung von Flugzeugen auf Flughäfen von Schiffen in Häfen.

 

Damit dürfte Italien auch im Weltraumsektor die wichtigste Aufklärungsfunktion für den NATO-Krieg in Libyen innehaben, die ansonsten vom Militärstützpunkt Sigonella auf Sizilien ausgeführt wird: Dort haben die USA die Langstrecken-Drohnen „Global Hawk“ stationiert und sich dabei zusammen mit Premierminister Silvio Berlusconi über den Wählerwillen hinweggesetzt: Nachdem Berlusconi 2008 die Erlaubnis zur Stationierung erteilte, drängte das italienische Militär den US-Botschafter, dies noch bis nach den Wahlen geheim zu halten.

MARISS schematic
MARISS schematic
Libyen-Krieg mit Satellitenaufklärung aus Neustrelitz
Libyen-Krieg mit Satellitenaufklärung aus Neustrelitz

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Carlo-Gedenk-Graffitis https://indyhro.blackblogs.org/2011/07/09/carlo-gedenk-graffitis/ Sat, 09 Jul 2011 20:55:06 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=1387 Continue reading Carlo-Gedenk-Graffitis]]> Eine Bilderserie über die Mobilisierung zur Gedenkdemo für Carlo Giuliani in Berlin.

Auf dem Fusion-Festival in Mecklenburg-Vorpommern gab es zahlreiche Hinweise auf die Gedenkdemonstration für den getöteten Gipfelstürmer. In Berlin soll nach Angaben eines Blogs und verschiedener anderer Quellen ohne polizeiliche Anmeldung den Ereignissen von 2001 in Genua gedacht werden. Neben einigen deutschen Städten wird auch Genua dieses Jahr Ort der Erinnerung sein.

Mehr dazu unter: rachefuercarlo.blogsport.de

 

BombingCarlo Giuliani
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Bombing2Carlo Giuliani
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LoveTechnoCarlo Giuliani
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TranspiCarlo Giuliani
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