Sachsen – Antifaschistisches Archiv für Rostock und Umgebung https://indyhro.blackblogs.org Linke Veröffentlichungen aus unterschiedlichen Quellen Sat, 21 Nov 2020 19:06:30 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Von Rostock-Lichtenhagen zu Freital https://indyhro.blackblogs.org/2017/08/24/von-rostock-lichtenhagen-zu-freital/ Thu, 24 Aug 2017 08:55:25 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=484 Continue reading Von Rostock-Lichtenhagen zu Freital]]> Vor 25 Jahren brannte in Rostock eine Asylbewerberunterkunft. Die Prozesse dauerten Jahre, die Politik schränkte das Asylrecht ein. So konnte neuer Rechtsterror wachsen.

Ein Gastbeitrag von

 

Zum 25. Mal jährt sich das Pogrom von Rostock-Lichtenhagen. Im August 1992 griffen dort rassistisch gesinnte Anwohner, aber auch aus weit entfernten Bundesländern angereiste Rechtsextremisten die Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber von Mecklenburg-Vorpommern an.

 

Die Gewalttäter attackierten zudem benachbarte Unterkünfte vietnamesischer Vertragsarbeiter mit Steinen und Molotowcocktails. Mehrere Tage herrschte Ausnahmezustand. Zwar wurde niemand getötet, aber eine Gruppe von Migranten wurde in Todesangst versetzt. Ebenso ging es westdeutschen Journalisten, als sie in einem brennenden Wohnheim festsaßen, über das sie eigentlich im Fernsehen berichten wollten.

 

Schon zuvor hatten sich viele politisch Verantwortliche skandalös verhalten. So, dass Beobachter von heimlicher Komplizenschaft mit den Ausländerfeinden sprachen: Roma mussten vor der hoffnungslos überfüllten Asylunterkunft campieren und ihre Notdurft verrichten. Das brachte die Nachbarschaft gegen sie auf und heizte die Stimmung an. Polizeiführung und Mitglieder der Landesregierung versuchten, die Gewalt herunterzuspielen. Danach zog sich die Strafverfolgung hin. Erst fast zehn Jahre später begann das letzte Hauptverfahren wegen versuchten Mordes, schwerer gemeinschaftlicher Brandstiftung und Landfriedensbruchs. Von den 400 Festgenommenen wurde nur etwa jeder Zehnte verurteilt.

 

Der geistige Hintergrund des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen war eine öffentliche Debatte über den angeblich massenhaften Missbrauch von Sozialhilfe „durch Wirtschaftsasylanten“. Rechtsextreme Medien, Boulevardpresse und konservative Politiker überboten sich monatelang in der Hetze gegen Flüchtlinge, die sie zu „Asylbetrügern“ und „Sozialschmarotzern“ stempelten, wodurch sich die Haltung der SPD in der Asylpolitik schrittweise veränderte. Die mediale Stimmungsmache erklärt auch, warum Tausende zuschauten, als Brandsätze auf das Sonnenblumenhaus in Lichtenhagen flogen. Und warum biedere Kleinbürger und brave Familienväter vor laufenden Fernsehkameras dem brandschatzenden Mob applaudierten.

 

Nur ein paar Wochen später schlossen CDU/CSU, FDP und SPD auf Bundesebene den sogenannten Asylkompromiss. Gemeinsam schränkten sie das Grundrecht auf Asyl drastisch ein. Bis das Bundesverfassungsgericht die Aushungerungs- und Abschreckungspraxis gegenüber Flüchtlingen zehn Jahre später revidierte, erhielten politisch Verfolgte nur noch das Lebensnotwendigste. Dies werteten die Neonazis als Erfolg jener aggressiven Strategie, die sie in Rostock angewendet hatten. Dass Lichtenhagen durch die Herausbringen der angegriffenen Migranten ausländerfrei geworden war, galt als Beweis für die Effektivität brutaler Methoden.

 

Durch die Rostocker Randale gewann der rechte Terror – mehr noch als durch die Belagerung eines Vertragsarbeiterwohnheimes in Hoyerswerda knapp ein Jahr zuvor – eine neue Dimension: Organisierte Neonazis hatten über Ländergrenzen hinweg mobilisiert. Wirkungsvoller als jedes andere zeitgeschichtliche Ereignis hat das Pogrom von Lichtenhagen den Boden für spätere Wahlerfolge der NPD und die Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) bereitet. Ohne dieses Fanal hätten sich die ostdeutschen Skinheads nicht so schnell radikalisiert, hätte sich die Kameradschaftsszene vielleicht gar nicht etabliert. Die Kader des Thüringer Heimatschutzes wären möglicherweise nicht zu Rechtsterroristen geworden.

 

Rostock-Lichtenhagen stand lange für das schlimmste Pogrom der deutschen Nachkriegsgeschichte. Erst rassistisch motivierte Brandanschläge auf Flüchtlinge und deren Unterkünfte in Bautzen, Clausnitz, Freital, Heidenau bei Dresden, Tröglitz und anderswo bildeten eine erschreckende Parallele zu Rostock.

 

Daraus müssen wir die richtigen Lehren ziehen. Rassistischen Ressentiments und rechten Parolen wie „Ausländer raus!“ oder „Deutschland den Deutschen!“ nachzugeben, ist das falsche Signal. Es bestärkt die Neonazis und ruft Nachahmungstäter auf den Plan. Ordnungskräfte, Polizei und Geheimdienste dürfen nicht wegschauen, wenn sich gewaltbereite Rechtsextremisten zusammenrotten, sondern müssen eingreifen, bevor diese angreifen.

 

Wichtig ist, das Denken der rechten Gewalttäter zu ächten – jenes Denken, das sie in der Vorstellung bestärkt, im Namen „des Volkes“ zu handeln. Wir brauchen eine politische Kultur, die jeglichen nationalen Dünkel aus der Öffentlichkeit verbannt – etwa aus den Sportnachrichten, wo jede Bronzemedaille eines Deutschen bejubelt wird, während der Sieger anderer Nationalität häufig keines Wortes gewürdigt wird. Wir brauchen Solidarität mit allen sozial Benachteiligten und jenen Minderheiten, die von Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft diskriminiert werden. Nur in einem sozialen Klima, das (ethnische) Minderheiten nicht ausgrenzt, werden sich solch abscheuliche Vorfälle nicht wiederholen. Unser längerfristiges Ziel muss eine inklusive Gesellschaft sein, die niemanden ausgrenzt, der hier lebt oder Zuflucht vor politischer Verfolgung, Kriegen und Bürgerkriegen sucht.

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Hoher „Schwund“ bei Flüchtlingen im Osten https://indyhro.blackblogs.org/2015/12/20/hoher-schwund-bei-fluchtlingen-im-osten/ Sun, 20 Dec 2015 12:44:29 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=2318 Continue reading Hoher „Schwund“ bei Flüchtlingen im Osten]]> In Ostdeutschland verlassen Tausende Flüchtlinge bereits nach wenigen Tagen wieder die Erstaufnahmestellen. Die Quote „individueller Abreisen“ wird auf bis 30 Prozent geschätzt – obwohl die Asylbewerber eigentlich so lange in der Erstaufnahme bleiben sollen, bis über ihren Antrag entschieden ist. Doch viele wollen offenbar nicht solange warten und ziehen zu Verwandten in die großen Städte.

 

In Ostdeutschland verlassen Tausende Flüchtlinge die Erstaufnahmestellen bereits wenige Tage nach ihrer Ankunft. Nach Recherchen der „Saarbrücker Zeitung“ liegt die Quote sogenannter individueller Abreisen bei bis zu 30 Prozent. Vermutet wird, dass viele Flüchtlinge in Großstädte zumeist im Westen weiterziehen, zu Verwandten oder in andere EU-Staaten. Dabei sollen Asylbewerber eigentlich so lange in der Erstaufnahme bleiben, bis über ihren Antrag entschieden ist. Ein Problem ist auch, dass damit der „Königsteiner Schlüssel“ zur Verteilung der Flüchtlinge in Deutschland ausgehebelt wird. Andere Bundesländer müssen entsprechend mehr Hilfesuchende aufnehmen. 

 

In Thüringen und Sachsen geht etwa jeder vierte Flüchtling


In Thüringen wird die Quote der sogenannten individuellen Abreisen auf 20 bis 30 Prozent geschätzt, bei 27.000 registrierten Flüchtlingen in diesem Jahr. Das Migrationsministerium hat aber keine konkreten Zahlen.

 

Auch in Sachsen geht das Innenministerium von einem Schwund in Höhe von bis zu 30 Prozent aus. Manchmal warteten Angehörige und Bekannte schon an den Eingängen der Lager auf Neuzugänge und nähmen sie gleich mit. Genaue Zahlen liegen nicht vor. Bis Oktober wurden in Sachsen 45.000 Flüchtlinge registriert. Nach Sachsen-Anhalt kamen bis Anfang Dezember gut 36.400 Asylbewerber, doch nur 32.600 blieben. Auch in den ersten Wochen nach der Aufnahme gibt es laut Behörden weitere individuelle Fortzüge. 

 

Ziel sind Ballungszentren


Ähnlich ist die Lage in Brandenburg. Von gut 30.000 Flüchtlingen wurden nur etwa 24.600 dort tatsächlich untergebracht. Etwa jeder Fünfte ist „einfach verschwunden“, wie ein Regierungsvertreter auf Anfrage sagte, viele vermutlich nach Berlin.

 

In Mecklenburg-Vorpommern wurden dem Bericht zufolge bisher knapp 21.700 Flüchtlinge registriert. Das Innenministerium bezifferte die „Schwundquote“ auf zehn bis 15 Prozent. Sie sei nicht so hoch, weil das Land eine schnelle Antragstellung binnen drei Tagen schaffe. Allerdings versuchten die Flüchtlinge, nach der Anerkennung schnell in die Großstädte zu kommen, um dort Arbeit zu finden. Dem will Mecklenburg-Vorpommern jetzt vorbeugen, indem dort frühzeitig die Arbeitsagentur eingeschaltet wird. Man versuche, besonders die Fachkräfte zu halten. 

 

Nationalitäten sammeln sich in bestimmten Regionen


Überall ziehen die Metropolen die Flüchtlinge an, weil sie dort auf mehr Hilfe und Arbeitsmöglichkeiten hoffen. Auf dem flachen Land fühlen sich dem Bericht der „Saarbrücker Zeitung“ zufolge viele nicht wohl, zumal sie dort manchmal von Rechtsextremen angegriffen werden. Nach Daten der Bundesagentur für Arbeit lebte im Oktober die Hälfte der registrierten erwerbsfähigen Flüchtlinge aus den acht wichtigsten Herkunftsländern in nur 33 von 403 Landkreisen. Beliebteste Wohnregionen sind demnach das Saarland, Hessen, NRW sowie die Großräume Hannover, Hamburg, Bremen und Berlin. Abgesehen von Großstädten wie München, Nürnberg oder Stuttgart ist der gesamte Osten und Süden deutlich unterdurchschnittlich gefragt.

Dabei haben die einzelnen Nationalitäten Schwerpunktregionen. So ziehen zum Beispiel Afghanen meist nach Hamburg, Hannover und ins Rhein-Main-Gebiet. Die Syrier gehen überwiegend nach Ostwestfalen, Bremen, ins Ruhrgebiet und das Saarland. Iraker sind meist in Bielefeld, Hannover und Süddeutschland zu finden.

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Bundesweite Razzia gegen Nazi Terrorgruppe „Old School Society“ https://indyhro.blackblogs.org/2015/05/06/bundesweite-razzia-gegen-nazi-terrorgruppe-old-school-society/ Wed, 06 May 2015 08:21:54 +0000 http://indyhro.blackblogs.org/?p=2269 Continue reading Bundesweite Razzia gegen Nazi Terrorgruppe „Old School Society“]]> Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen die neue rechtsextreme Gruppe „Old School Society“ (OSS). Offenbar plante die Organisation Anschläge auf Moscheen und Asylbewerberheime. Drei Männer und eine Frau wurden festgenommen.

 

Seit den frühen Morgenstunden durchsuchen rund 250 Ermittler unter der Führung des Bundeskriminalamts in Bayern, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern zahlreiche Wohnungen. Zeitgleich nahmen Einsatzkräfte der Spezialeinheit GSG 9 drei Männer und eine Frau fest, die zur Führungsriege der OSS gehören sollen.

 

Die Sicherheitsbehörden gehen damit gegen die rechtsextreme Gruppierung „Old School Society“ (OSS) vor. Der Generalbundesanwalt ermittelt nach SPIEGEL-Informationen wegen des Verdachts auf Gründung einer „terroristischen Vereinigung“.

Nach Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft plante die OSS unter anderem Terroranschläge gegen Asylbewerberunterkünfte, Moscheen und Angehörige der salafistischen Szene in Deutschland. Möglicherweise stand eine erste Gewaltaktion der Gruppierung unmittelbar bevor.

Die rechtsextreme Truppe soll sich bereits im November 2014 zusammengeschlossen haben und war offenbar hierarchisch strukturiert. Laut Ermittlern fungierte der inzwischen festgenommene Andreas H. aus Augsburg als „Präsident“ und der 39-jährige Sachse Markus W. als dessen „Vize“. Weitere wichtige Funktionen sollen den Angaben zufolge der 47-jährige Olaf O. aus Bochum sowie die 22-jährige Denise G. aus Sachsen übernommen haben. Alle vier sollen in Kürze dem Haftrichter beim Bundesgerichtshof vorgeführt werden.

Auf die Spur der „Old School Society“ waren die Ermittler offenbar durch Hinweise der deutschen Verfassungsschutzbehörden gekommen. Demnach soll die Truppe unter anderem versucht haben, sich „Sprengmittel für Terroranschläge“ zu beschaffen, wie es aus Ermittlerkreisen heißt.

Auch eine Art Wappen hatten die Beschuldigten schon entworfen: Es bestand aus einem stilisierten Kampfpanzer, germanischen Runen und zwei Totenschädeln. Dazwischen prangte der Wahlspruch der OSS: „Eine Kugel reicht nicht“.

Logo von Oldschool Society
Logo von Oldschool Society
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