noprisonsociety – prisonsociety https://prisonsociety.blackblogs.org Fri, 31 May 2019 14:59:10 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Operation „Renata“ – Ein Text von Stecco aus dem Gefängnis von Tolmezzo https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/05/16/operation-renata-ein-text-von-stecco-aus-dem-gefaengnis-von-tolmezzo/ Thu, 16 May 2019 11:25:57 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=379 (von einem Gefährten aus dem italienischen übersetzt)

Liebe Gefährt*Innen,

es ist an der Zeit, etwas über das zu sagen, was im Februar passiert ist.

Etwas mehr als zwei Monate sind seit unserer Verhaftung mit der Operation „Renata“ vergangen, und ich kann sagen, dass ich mich ruhig und stark fühle und sicher wie nie zuvor, dass der Kampf trotz der Schläge des Staates, weitergeht.

Meine Verhaftung in Turin, in der Nähe des Corso Giulio, fand gegen 17.00 Uhr in aller Stille statt. Als ich meinen Gefährten verließ, bemerkte ich den typischen Polizisten in Zivil vor mir an der Straßenbahnhaltestelle, einige Sekunden später war ich umzingelt. Dass alles, muss ich sagen, hat mit viel Ruhe und mit einer ärgerlichen „Freundlichkeit“ stattgefunden, im Gegensatz dazu, wie meine Gefährten im Trentino behandelt wurden.

Bevor ich nach Trient abreiste, dachte ich noch, dass meine Inhaftierung an einige endgültige Urteile gebunden sei, auf die ich lange gewartet hatte. Ich fühlte mich etwas seltsam: zu viele Menschen mit hohen Dienstgradabzeichen in den Gängen der Kasernen in Turin. Erst beim Besuch des Anwalts stellte ich fest, dass mir am Tag meiner Verhaftung die alternativen Maßnahmen zum Gefängnis bestätigt wurden. Ein Zufall? Tatsache ist, dass sie mir gegen 20 Uhr einige Papiere über eine Durchsuchung von mir und dem Haus, in dem ich wohne, geben. Offensichtlich bemerkte ich „unsere“ schicksalhaften Artikel 270 bis, 280 bis und eine Reihe anderer vermeidlichen Verbrechen. Damals waren die aufgeführten Daten und Orte nicht verständlich, aber verständlich war meine Reaktion. Während ich las, war ich nicht überrascht von dem was um mich geschah; keine Aufregung oder Herzrasen, sondern die einfache Gewissheit meiner Ideen und Überzeugungen, die Gewissheit, immer für die Ideale der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Gleichheit aller Männer und Frauen gekämpft zu haben.

Und so, mit dieser seltsamen inneren Ruhe, begann meine 70 km lange Reise nach Trient zusammen mit vier SEKalern. Als ich gegen 2.00 Uhr nachts in der Kaserne von Trient ankam, verstand ich sofort das Ausmaß der Operation. Die Polizeiwache war ein Ameisenhaufen von Männern und Frauen mit oder ohne Uniform, mit Koffern voll mit Akten und sonstigen unnützen Papieren.

Es ist das dritte Mal in 8 Jahren, dass der Staat mich zusammen mit vielen meiner Gefährten des „Terrorismus“ beschuldigt, und ich kenne ein wenig den Ablauf, auch wenn ich diesmal selber zu denen gehöre, die im Knast gelandet sind. Als sie uns aus der Kaserne entlassen haben, war alles gut vorbereitet: Sirenen und Blaulichter waren eingeschalten für die Fotos der miserablen Journalisten, die entlang der Straße stationiert waren. Ich verstand, dass die Jagd auf Anarchisten bis ins kleinste Detail studiert haben, um als Endverstärker für diejenigen an der Spitze zu fungieren, deren Reden gegen die Freiheit – die leider von den meisten Ausgebeuteten unterstützt werden – im Scheinwerferlicht verstärkt und verbreitet werden.

Eine weitere Überzeugung, die mich Ruhig gehalten hat und weiterhin hält, ist, dass das, was mit mir passiert ist oder passieren wird, meine Gefährten nicht nur da sind, sondern auch die Kraft haben, auf diesen neuen Angriff zu reagieren. Turin, wenn auch nur für kurze Zeit, gab mir die Luft zum Aufatmen. Die Kraft und die Solidarität, die von den Gefährten dieser Stadt ausgeht, wurden an vielen Orten weitergegeben. Das Gefühl, ein zusammenhängendes, entschlossenes Klima zu haben, kann nur gut für alle sein, trotz der Schwierigkeiten der letzten Zeit. Die Kaskade von Telegrammen und Briefen, die uns geschickt wurden, bestätigte meine Gefühle.

Seit vielen Jahren denke ich darüber nach, was mein Gefährte Roberto geschrieben hat: „Ich wusste es schon immer, für die Freiheit zu kämpfen bedeutet auch, sie verlieren zu können“. Einfache und klare Worte, und vor allem, sie sind wahr. Jetzt, da ich im Gefängnis bin, sehe und höre ich Dinge, die mir manchmal entgangen sind (meine ersten beiden kurzen Erfahrungen im Gefängnis waren eine Kostprobe dessen, was ich jetzt erlebe). Jetzt berühre ich mit meinen Händen viele meiner Gedanken, die ich mir in diesen Jahren des Kampfes gemacht haben. Hier in Tolmezzo zu bleiben bedeutet, zu erkennen, wie der Staat und sein repressiver Apparat ständig an alte und neue Wege der Isolierung zu arbeiten und erneuern, gegen diejenigen die weiterhin gegen sie kämpfen. Und noch härter sind die Bedingungen, unter denen sich unsere Gefährtinnen in L’Aquila befinden, in diesem Hybrid zwischen AS2 und 41bis (Hochsicherheitsverwahrung).

Sie wollen diesem Gefängnis den Ruf eines Ortes der Folter und Schläge nehmen, den er sich zur Zeit der ehemaligen Direktorin Silvia Dalla Barca verdient wurde, auch wenn diese Zustände unverändert sind. Nur das jetzt die Gefangenen in den Hochsicherheitstrakten meist aus Süditalien kommen, keine isolierten Ausländer mehr, mit denen man alles tun kann, was man will, ohne dass es jemand erfährt. Die Taktiken sind jetzt anders. Das Gefängnis ist in verschiedene Kategorien unterteilt: Mafia hier, Mafia dort, 41 bis da, „normale“ Gefangene, Muslime, Anarchisten etc. Eine Taktik, die zu funktionieren scheint, wenn man bedenkt, dass unter den wenigen „Normalen“, einige der rassistischen Beleidigungen und verschiedene Vorurteile verfallen sind, mit großer Genugtuung für die Knastleitung. Ich denke, dass das Verständnis der Entwicklung der Gefängnisse, ihrer Geschichte, der Änderungen im Strafrecht, der Art und Weise, wie Ermittlungen durchgeführt werden, nicht nur gegen uns Anarchisten, sehr nützlich ist, um zu verstehen, was man heute sagen und tun soll, ob draußen oder drinnen.

Heute ist der 25. April (Tag der Befreiung in Italien – Anm. d. Übers. ). Einige Gefangene fragten mich, ob ich feiere, und es war interessant, wie in wenigen Minuten entschieden wurde, dass es keine Befreiung gab. Die Geschichte der Partisanenbewegung ist sehr komplex. Ich kann diesem Kampf Respekt entgegenbringen, aber auch ich ergreife Partei. Wenn ich an diesen Kampf denke, denke ich an Gefährten wie Pedrini, Tommasini, Mariga, Mariani und viele andere, die den Faschismus und den Staat lange vor dem 8. September 1943 (Waffenstillstand gegenüber den Allierten – Anm. d. Übers.) und weit nach dem 25. April 1945 bekämpft haben. Vor allem kämpften sie nicht für politische Ziele und Macht, sie verrieten nicht die Ziele, die sich so viele junge Männer und Frauen mit ihren Opfern gesetzt hatten. Es ist auch diesen Gefährten, ihren Erfahrungen, ihren Geschichten zu verdanken, dass ich jetzt das Wissen habe, dem Gefängnis mit Kraft und Würde zu begegnen. Für mich gibt es einen unterirdischen Faden, der mich mit diesen Gefährten verbindet, nicht weil ich den gleichen Mut habe – so viele Dinge, die sie erlebt haben, habe ich nicht an eigener Haut erfahren -, sondern weil ich demütig versuche, die gleichen Kämpfe und Ideen fortzusetzen. Ich finde es scheinheilig, dass wie jedes Jahr in Zeitungen wie dem „Corriere della Sera“ z.b. an einen großer Fotograf wie Robert Doisneau erinnert wird, der während des Krieges Ausweise für die französische Widerstandsbewegung gefälscht hat, und gleichzeitig diejenigen verurteilt und kriminalisiert werden, die heute vor den vom Westen finanzierten Lagern fliehen, in denen sie eingesperrt sind, weil sie keine Ausweispapiere haben und die nur durch die Flucht und die Fälschung von Ausweisen versuchen können, vor den Behörden zu entrinnen um frei zu bleiben. Dieser Tag spiegelt die Heuchelei der Gesellschaft wider, in der wir leben, in der alles das Gegenteil von allem sein kann.

Es sind traurige Zeiten. Berichte über willkürliche Massaker folgen auf beängstigende Weise aufeinander. Die Ereignisse in Libyen, Sri Lanka, Neuseeland, Venezuela und all jene, die verborgen bleiben, sind Teil derselben Seite der Medaille wie andere Massaker, die von verschiedenen Armeen auf der ganzen Welt verübt werden.

Alle diese Ereignisse sprechen von willkürlichen, zusammenfassenden, barbarischen Ermordungen, die nicht zu Emanzipationszwecken begangen werden, sondern darauf abzielen, das Leben durch Unterdrückung und Macht zu brutalisieren.

In diesem Zusammenhang von Kriegen und sozialen Veränderungen verschiedener Art wird der anarchistischen Bewegung in ihrer Geschichte zum x-ten Mal der Vorwurf des „Terrorismus“ gemacht. Diese Anschuldigung ist eine schwere Straftat, deren Zweck es ist, unsere Ideen und Methoden zu verunglimpfen. Der Staat, der die schmutzigsten und berüchtigtsten Methoden anwendet, wenn er Angst hat oder die Notwendigkeit sieht, schlägt gegen die bewusstesten Ausgebeuteten ein, die kämpfen. In vielerlei Hinsicht haben sich Anarchisten gegen diese Angriffe verteidigt, indem sie die Richtigkeit ihrer Ideen und Praktiken im Laufe der Zeit bekräftigt haben.
Jetzt möchte auch ich meinen Teil dazu sagen. Die Isolation und diese Zelle können mich nicht ruhig halten. Ich werde nie den Wunsch verlieren, Klarheit darüber zu schaffen, wo die größte Verwirrung herrscht. Dazu werde ich die Fakten und Worte einiger Anarchisten zitieren.

Seit vielen Jahren werden in Russland Anarchist*innen getötet, gefoltert, Propaganda geknebelt, Familienmitglieder verhaftet. Im Jahr 2001 wurde der junge Anarchist und Gewerkschafter Nikita Kalin wegen seiner Tätigkeit in der Fabrik, in der er arbeitete, mit einem Kopfschuss getötet. Viele andere sind von einer heftigen Unterdrückung des Staates und seiner faschistischen Diener betroffen, die in den letzten Jahren nur noch zugenommen hat. Am 31. Oktober 2018, um 8:52 Uhr, stirbt der junge Anarchist Michail Chlobitzky in Archangelsk durch seine Bombe innerhalb der Regionaldirektion des FSB (Russischer Geheimdienst). Drei Agenten werden verletzt und das Gebäude wird beschädigt. Diese dramatische Tatsache macht uns verständlich, dass wir auf der einen Seite einen mutigen Gefährten verloren haben und auf der anderen Seite die Schuld für das Geschehene beim Staat liegt. Wenn man Ideen und Freiheit in die Enge treibt, werden diese mit den mutigsten und entschlossensten ihrer Männer und Frauen darauf reagieren. Es sind die sozialen Bedingungen, die sowas ermöglichen. Und das ist kein „Terrorismus“. Wir können jetzt um den verstobenen Gefährten trauern, aber wir sollten noch mehr verstehen, dass der Kampf weitergehen muss, bis solche Gegebenheiten nicht mehr notwendig sind.

Am 20. September 1953 erschien in der anarchistischen Zeitung „Umanità Nova“ ein Artikel von Mario Barbani, in dem er Giuseppe Marianis Buch über die Ereignisse von Diana 1921 (Am 23. März 1921 legten Anarchisten aus Protest gegen die Verhaftung von Errico Malatesta eine Sprengstoffladung Im Mailänder Kursaal Diana. Damaliger beliebter Treffpunkt der Bourgeoisie. In der Explosion verloren 21 Menschen ihr Leben. 80 wurden verletzt – Anm. d. Über. ) kommentierte:

„Und ist der Tyrann nicht ein gefräßiger Löwe – immer auf der Suche nach siegreichen Sehnsüchten – wenn er in seiner despotischen Brutalität keine Mittel gegen diejenigen ausschließt, die versuchen, sich von der Tyrannei selbst zu befreien, aus Angst, dass andere auf die Realität aufmerksam gemacht werden, die sie erdrückt? Der Tyrann ist somit der wahre Ausdruck von Gewalt, und diejenigen, die sie bekämpfen, kämpfen gegen Gewalt.“

Wir Anarchisten müssen einen Kompass im Auge behalten, der uns immer von denen unterscheidet, die Gewalt für ihre bösen Zwecke einsetzen. Malatesta nannte es „moralische Gymnastik“, dank derer sich die revolutionäre Gewalt von dem der Gewalt unterscheidet, die der Staat mit seinen Mitteln und Dienern anwendet. Eine unserer Aufgaben ist es, Klarheit in diese Gewalt basierte Gesellschaft zu bringen, zu kämpfen, damit die Brutalität endlich durch Brüderlichkeit und Solidarität für die gesamte Menschheit ersetzt wird. Vielleicht ist heute der Kampf für die Menschlichkeit der schwierigste. Dem Hass zu entkommen, der uns umgibt, ist noch schwieriger. Wenn wir erfolgreich sind, können unsere Ziele mit Kraft und Klarheit herausragen.
Mit ihren Anschuldigungen wollen sie uns in einen Korb werfen, dessen Inhalt mehr als verfault ist; wir müssen aber angesichts der Barbarei unbestechlich bleiben.

fuhr Barbani fort:

„Es geht also nicht mehr um Gewalt oder Gewaltlosigkeit; um Liebe oder Hass; um Verständnis oder Mitleid; sondern darum, mit all unseren Energien als bewusste Menschen energisch zu kämpfen, um die Tyrannei zu beseitigen und das Joch der materiellen und geistigen Sklaverei zu beseitigen; und aus diesem Grund ermutigen wir jeden, sich selbst zu verstehen, um gleichzeitig andere zu verstehen.

Wenn eine morgige Dämmerung uns in der Realität einer Revolte von Unterdrückten und menschlichen Wracks versetzen würde, würden wir es nicht verachten, im Getöse der Barrikaden präsent zu sein, und selbst dann werden wir sicher sein, keine Gewalt anzuwenden, sondern die Gewalt zu bekämpfen!“

Das Buch Memoiren eines Anarchisten von Giuseppe Mariani hat mich immer wieder zu tiefen Reflexionen veranlasst, die mir geholfen haben, Klarheit über Praktiken und Methoden zu schaffen. Ich schließe diesen Diskurs mit den Worten von Gigi Damiani in der Einleitung zu Marianis Buch:

„Aber die Geschichte lehrt uns, dass es Zeiten gibt, in denen Gewalt zu einer sozialen Notwendigkeit wird. Nur ist es erforderlich, so weit wie möglich, dass sie nicht blindlings um sich schlägt und dass die Gedemütigten nicht für die Fehler der Großen bezahlen müssen“.

Ich denke, dass wir in diesem Moment, leider auch dank der Angriffe des Staates auf unsere Bewegung, die Möglichkeit haben, noch stärker zurückzukehren, um über unsere Ideen, Praktiken und Träume zu sprechen. Es eröffnen sich kleine Räume, und wir müssen die reformistischen Bewegungen mit ihrer Böswilligkeit kritisieren. In den letzten Monaten haben sich viele Menschen verschiedene Fragen über die Richtung gestellt, die diese Gesellschaft einschlägt, insbesondere bei Demonstrationen, die leider meist einen defensiven, reformistischen und nicht teilbaren Charakter haben. Es liegt an uns, mit denen, die bei uns sind, Brüche zu schaffen und die Realität so zu stimulieren, dass diese schwache Wiederherstellung des Bewusstseins die Wurzel der sozialen Probleme trifft und nicht von Worten wie Demokratie-Rechte-Fortschritt eingelullt werden. Die Klarheit und unsere Praktiken sind jetzt von grundlegender Bedeutung, um ein Kräfteverhältnis zu schaffen, das notwendig ist, um den Staat und die Herrschaft von ihren Absichten abzubringen. Auch hier brauchen wir eine gesunde Gymnastik.

Und wenn Staatsanwälte befreit von jeglichem Verdacht wie Raimondi und die Inquistoren von Turin und Trient überrascht sind von der Solidarität, die uns Anarchisten entgegengebracht wird, indem sie die so genannte Zivilgesellschaft einladen, sich von uns fernzuhalten, bedeutet das, dass der Weg richtig ist und mich nur glücklich machen kann. Unsere Kämpfe, unsere Propaganda, unsere Praktiken, wenn auch in geringer Weise, erschrecken in gewisser Weise diejenigen die es treffen sollte.

Ich danke allen Genossen und Gefährten, die sich in den letzten Monaten so sehr bemüht haben, die Kämpfe und die Solidarität mit uns allen im Gefängnis fortzusetzen. Ich danke all denen, die durch Versammlungen, Zeitschriften, eingehende Studien die Debatte und das Wachstum unserer Ideen weiterführen.

Meine aufrichtige Nähe gilt den Gefährten, die für die Prozesse „Scripta Manent“, „Panico“, „Scintilla“ und alle die Gefährten die in Gefängnissen überall festgehalten werden.

Meine größte Sorge gilt meiner anarchistischen Gefährtin Anahi Salcedo, die in Argentinien unter prekären körperlichen Bedingungen und ohne angemessene Pflege eingesperrt ist.

Ein brüderlicher Gruß geht an alle flüchtigen Gefährten, die auf den Straßen der Welt herumtreiben.

Noch einmal:

Für die soziale Revolution, für die Anarchie!

Gefängnis Tolmezzo, 25. April 2019

Luca Dolce, bekannt als „Stecco“

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11.5. Knast-Kundgebung JVA Tegel https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/05/07/11-5-knast-kundgebung-jva-tegel/ Tue, 07 May 2019 09:25:15 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=334 Continue reading 11.5. Knast-Kundgebung JVA Tegel ]]> Samstag 11.05.2019 -15 Uhr- JVA Tegel / Bernhard-Lichtenberg-Platz, Berlin

In Bezug auf den „Subversiven Mai“ wollen wir vor die Mauern der JVA Tegel und uns lautstark mit den Insass*innen solidarisieren. In den Knästen sitzen auch Gefährt*Innen die es immer wieder schaffen Verbindungen zu weiteren Insass*innen und unseren Kämpfen aufzubauen.

Diese Verbindungen sind wichtig um in den Kerken des Staates den Wunsch nach Freiheit nicht zu vergessen und weiterhin dafür kämpfen. Die Menschen in diesen Verliesen sind das Resultat einer Gesellschaft die auf die gewaltsame und massenhafte Disziplinierung der Menschen abzielt. Die vor kurzem veröffentlichte Nachricht einer geplanten Erweiterung der „Unterkunft“ für Häftlinge in Sicherungsverwahrung in Tegel ist daher Teil dieser autoritären Logik. Nehmen wir den Tag um das Knastsystem anzugreifen und diejenigen die weggesperrt sind in ihren Kämpfen zu unterstützen. Die Machtverhältnisse und jegliche Knastmauer zum Einsturz bringen!

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[B] Soligrüsse nach Moabit https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/05/07/b-soligruesse-nach-moabit/ Tue, 07 May 2019 08:54:32 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=359 Continue reading [B] Soligrüsse nach Moabit ]]>

In der Nacht des 6 zum 7 Mai haben wir unsere Solidarität mittels Feuerwerk und Parolen von zwei Seiten in die JVA Moabit gesendet.
Diese Grüsse wurden mit Jubel von den Gefangenen beantwortet.
Wir grüssen auch Isa welcher heute erneut in U-Haft genommen wurde.
Lasst uns die Isolation durchbrechen, unterstützt ihn und andere Gefangene mit allen Mitteln die euch zur Verfügung stehn.

Kommt zu Isas kommenden Prozesstagen

https://verfahrengebiet.noblogs.org

Knäste zu Baulücken
Freiheit für Isa
Freiheit für Loïc und alle Gefangenen und Verfolgten der G20-Revolte

(von: de.indymedia.org)

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Diskussion: Outlaw – Debattenbeitrag zu offensiven Prozessstrategien https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/05/06/diskussion-outlaw-debattenbeitrag-zu-offensiven-prozessstrategien/ Mon, 06 May 2019 19:49:58 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=357 Continue reading Diskussion: Outlaw – Debattenbeitrag zu offensiven Prozessstrategien ]]> 10. Mai – 20 Uhr – Kalabal!k (Reichenberger Str. 63a)

Anlässlich diverser Dikussionen über den Umgang mit Repression und Prozessstrategien soll mit einer neuen Broschüre weiter dazu angeregt werden, sich mit den Handlungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Der theoretische Ausgangspunkt bezüglich dieser Möglichkeiten basiert auf dem Willen zur Offensive gegenüber jeglicher Autorität, die unser Leben bestimmen will. Es geht nicht darum ein bloße Attitüde zu erzwingen, sondern darum die Herrschaftsfeindlichkeit mit einer Glaubwürdigkeit zu bewaffnen, die durch die Kohärenz zwischen unseren Ideen und Taten entsteht. Dieses Bewusstsein bestückt unser Handeln mit einen unwiderruflichen und inspirierenden Wiedererkennungsfaktor. 

Download Broschüre

Download Plakat OUTLAW

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(B) Isa soll in U-Haft! Kommt am 6.5. zum Prozess und zur Kundgebung – gemeinsam gegen Repression! https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/05/02/b-isa-soll-in-u-haft-kommt-am-6-5-zum-prozess-zur-kundgebung-gemeinsam-gegen-repression/ Thu, 02 May 2019 20:01:26 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=313 Continue reading (B) Isa soll in U-Haft! Kommt am 6.5. zum Prozess und zur Kundgebung – gemeinsam gegen Repression! ]]>

Unser Widerstand ist alltäglich. Die Verfolgung unserer Ideen durch Justiz, Bullen, Politik und Presse jedoch auch. Wir rufen euch auf, mit uns am 6. Mai zum Prozess gegen Isa und vor das Gericht und den Knast in Moabit zu kommen.

An diesem Tag beginnt der Berufungsprozess gegen unseren Freund und Gefährten Isa aus der Rigaer94 am Landgericht in Moabit. Aufgrund des vom Staat erhofften Strafmaßes und der Vorfälle beim kürzlich erfolgten Angriff der Bullen auf eine Soliveranstaltung im Mensch Meier, gehen wir wie immer davon aus, dass der Staatsanwaltschaft jedes Konstrukt recht ist, an Isa ein Exempel zu statuieren.

Nun hat ein Ermittlungsrichter Haftbefehl gegen Isa wegen dem Vorfall im Mensch Meier erlassen. So ist er akut davon bedroht, jederzeit auf der Strasse oder spätestens im Gerichtssaal festgenommen zu werden. Es ist klar, dass damit aktiv Einfluss auf das Berufungsverfahren genommen werden soll. Sie werden sich den Versuch nicht neh

men lassen, die Situation bereits vor der Verhandlung zu eskalieren und den Prozess damit zu beeinflussen. Trotzdem wird Isa zur Berufungsverhandlung erscheinen.

Die Bewohner*innen des Nordkiez lassen sich weder so einfach von der Justiz ins Exil treiben noch durch Räumungsklagen verjagen. Wir wohnen hier, wir kämpfen hier. Deswegen stellen wir uns immer wieder auch der Widersprüche, den Vorladungen der Justiz zu folgen. Wenn überhaupt, dann gehen wir erst, wenn die technischen Einheiten der Bullen und Bagger der Investor*innen unsere Häuser abgerissen haben.

Gegen diese anhaltende Kriminalisierung Isas und der autonomen Organisierungsansätze des Nord

kiezes wird am Tag des Prozessauftaktes ab 15:30 Uhr eine Kundgebung vor dem Gerichtssaal in der Wilsnacker Straße stattfinden. Wir rufen euch auch auf, den Prozess bereits im Vorfeld solidarisch zu begleiten, um zu verdeutlichen, dass die Strategie der Justiz, eine Vereinzelung unter den Widerständigen zu erreichen, nicht aufgeht und wir jedem Angriff kollektiv begegnen werden.

Unser Gefährte ist jedoch nicht der einzige, der mit Knast konfrontiert wird. Die Erfahrung zeigt, dass – egal welchen Verlauf die 1.Mai-Demos nehmen – die Bullen am Ende ihre nötigen Festnahmen tätigen und auch versuchen werden, einige von uns in Untersuchungshaft zu stecken. Wir lassen uns davon nicht beirren und erst recht nicht einschüchtern. Doch wie es unser aller Verantwortung ist, uns auf einer Demonstration gemeinsam gegen die Schweine zu schützen, so ist es auch unsere Verantwortung, diejenigen zu unterstützen, die für unsere Ideale und Kämpfe in den Knast gesteckt werden.

Wir werden daher im Anschluss an Isas Verhandlung die Kundgebung vor den Moabiter Knast verlegen, um dort unsere Unterstützung und Solidarität mit allen von Repression Betroffenen, von den G20-Prozessen über #besetzen zu den Gefährt*innen weltweit, und allen aufrechten Gefangenen zu bekunden.

Prozess: Montag, 06.05. 09:30 Wilsnacker Str, B218

Kundgebung: Montag 06.05. 15:30 Uhr | Wilsnacker Str. (Moabit)

16:30 Uhr | Alt-Moabit Ecke Rathenower Str. (Moabit)

Die Gefangenen vergessen, heißt unsere Kämpfe vergessen!

Freiheit für Isa, Loïc und alle Gefangenen und Verfolgten der G20-Revolte!

Für einen subversiven Mai!

 
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Ein anarchistischer Monat im Mai https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/04/13/ein-anarchistischer-monat-im-mai/ Sat, 13 Apr 2019 21:01:24 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=262 Continue reading Ein anarchistischer Monat im Mai ]]> Einige Leute denken, dass der 1. Mai ein reformistischer Feiertag ist. Tatsächlich wurde dieses Datum von der Linken und sogar von vielen Staaten wiedererlangt. Der 1. Mai ist offiziell der Tag der Arbeit, und als solcher ist er in vielen Ländern ein Tag in dem die harte Arbeit (im positiven Sinne) gefeiert wird, und Gewerkschaftsorganisationen (ob anarchistisch oder nicht) haben ihn zu ihrem Haupttermin des Jahres gemacht, an dem jeder mit seiner Flagge und seinem Banner auf die Straße geht, um im linken Karneval durch die Straßen zu ziehen.

Es ist eigentlich ziemlich lustig, dass Reformisten ein solches Datum feiern, denn der erste Mai ist für Anarchisten nicht der Tag der Arbeit, sondern das Gedenken an das, was im Mai 1886 in Chicago (USA) geschah, als Arbeiter, Anarchisten, häufig Migranten (aus Deutschland, Irland, Italien, etc.) einen massiven Streik begannen, um weniger Stunden zu arbeiten (die berühmten Streiks, um den achtstündigen Arbeitstag). In den Zeitungen dieser Anarchisten (einige davon in deutscher Sprache, wie z.B. Arbeiter-Zeitung) gab es Aufrufe, die Waffen gegen die Bosse und die Polizei zu erheben, Aufrufe zum Bombenbau. Und das ist in der Tat passiert, die Worte waren damals nicht nur Tinte, und während einer Kundgebung am Haymarket, die von der Polizei sehr gewaltvoll unterdrückt wurde (damals bedeutete dies, dass es Tote gab), wurde eine Bombe auf Polizisten geworfen, ein Polizist wurde getötet, und sieben Weitere wurden in dem folgenden Kampf getötet.

Infolgedessen wurden 8 Anarchisten vor Gericht gestellt und 5 zum Tode verurteilt. Einer von ihnen, ein Experte für Dynamit, beging Selbstmord in seiner Zelle, und vier wurden gehängt. Entgegen dem Mythos der linken Propaganda sind die Anarchisten vom Haymarket jedoch weder unschuldige Opfer, noch Märtyrer (Märtyrertum ist ein religiöses Konzept). Sie alle waren aktiv an der anarchistischen Propaganda beteiligt, sie schrieben in jenen Zeitungen, die den Griff nach Waffen und Bomben forderten und selbst Bomben bauten, und sie wurden verhaftet, weil ihre Tätigkeit als anarchistische Propagandisten sie für die Augen des Staates sichtbar machte, und sie versteckten sich nicht vor ihm. Damals wurde der Anarchismus als echte Bedrohung für die bestehende Herrschaft angesehen, wie dieses Zitat des Staatsanwalt zum Haymarket-Prozess zeigt: „Es ist nur ein Schritt von der Republik zur Anarchie. Das Gesetzt klagt die Anarchie an! Diese Männer wurden wurden anstelle von Tausenden vor Gericht gestellt, nicht etwa weil sie schuldiger sind, sondern weil sie deren Anführer waren. Gentlemen! Statuiert ein Exempel an ihnen, hängt sie! Nur so retten wir unsere Institutionen, unsere Gesellschaftsordnung! Es ist ihre Entscheidung, ob wir diesen Schritt zur Anarchie machen, oder nicht.

Dieser kurze Rückblick auf die Ereignisse von Haymarket soll nicht dazu dienen, Nostalgie zu provozieren oder uns zu sagen, dass die heutigen Anarchisten so handeln sollten wie 1886. Wir leben im Jahr 2019, in Deutschland, in einer äußerst befriedeten Gesellschaft, in der anarchistische Ideen oft in einer bitteren Suppe der linken Ideologie verwässert werden. Denn die heutige Erklärung gegen alle Götter, Herrscher oder Nationen ist nicht mehr so einvernehmlich wie im 19. Jahrhundert, als Nationalismus, Religion oder der Chef von Anarchisten eindeutig als Feinde der Freiheit angesehen wurden, und nicht als Details, bei denen wir tolerant sein können, je nachdem, wer diese reaktionären Konzepte trägt.

Es ist auch nicht so, dass wir unbedingt Jahrestage verteidigen müssen, die uns gehören würden. Schließlich ist der 1. Mai nur ein Datum im Kalender, und wir können andere finden, wenn wir uns nicht mit der Linken vermischen wollen, und wir können uns auch für unsere eignen Momente entscheiden, ohne einem festen, vorhersehbaren Kalender zu folgen.

Nichtdestotrotz beschlossen einige Berliner Anarchist*innen in diesem Jahr, die Idee eines „subversiven“ 1. Mai auf den ganzen Monat Mai auszudehnen. Sowohl durch Ideen als auch durch Taten soll die anarchistische Praxis, die bereits 1886 existierte, fortgesetzt werden, und daran erinnert werden, dass die Repression auch heute noch Anarchisten hart trifft, überall auf der Welt, und dass wir diese Gefährt*innen nicht im Stich lassen dürfen. Ob in Italien, Frankreich, Argentinien, Spanien, Griechenland, Mexiko, Kanada, Chile, der Schweiz, der Tschechischen Republik, Deutschland, Russland und anderswo, Anarchist*innen handeln weiter, verbreiten ihre Liebe zur Freiheit und werden aus diesem Grund unterdrückt. Und während es wichtig ist, an die Weggesperrten hinter Gittern zu denken oder an diejenigen, die zur Flucht gezwungen sind, um dem Gefängnis zu entgehen, ist es auch wichtig, selbst zu handeln, in Zeiten, die wir wählen, und nicht nur als Reaktion auf das, was der Staat gegen einen von uns tun könnte, denn wir sind keine Automaten, die aus einem konditionierten Reflex handeln.

Der Anarchismus versteht sich außerhalb des politischen Schachbretts, auf der linke und rechte Aktivist*innen spielen, oft mit dem Ziel, auf aktuelle Ereignisse zu reagieren. Die Anarchie ist ein freies Leben, und Anarchist*innen tun, was möglich ist, um sich darauf zuzubewegen. Und das wird nur geschehen, indem man sich weigert, kleine Soldaten zu sein, die im Namen von etwas Überlegenem handeln, und indem man sich von der Linken emanzipiert, was uns daran hindert, uns voll zu entwickeln, was uns Sauerstoff kostet. Lasst uns die Leidenschaft, den Hass, die Wut, all die gefährlichen Emotionen wiederentdecken, wie die Anarchist*innen seit dem 19. Jahrhundert überall in der Welt.

So wird die Idee für einen Monat des anarchistischen Mai in Berlin gestartet, in der Hoffnung, dass die Anarchist*innen in der Lage sein werden, die Ideen nach und nach zurückzugewinnen, die unsere Vorgänger ohne Zugeständnisse trugen und welche die Gefährt*innen heute noch tragen, manchmal trotz jahrzehntelanger Gefangenschaft in den Knästen der Demokratie.

„Die Zeit wird kommen, in der unser Schweigen stärker sein wird als die Stimmen, die ihr heute erwürgt“ (August Spies, Angeklagter im Haymarket-Prozess, während er das Seil um den Hals hatte)

Für einen Monat Mai der anarchistischen Praxis!

Ein*e Berliner Anarchist*in

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Brüssel, Belgien: Prozessbeginn gegen 12 Anarchist*innen am 29. April 2019 https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/04/02/bruessel-belgien-prozessbeginn-gegen-12-anarchistinnen-am-29-april-2019/ Tue, 02 Apr 2019 19:54:56 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=248 Continue reading Brüssel, Belgien: Prozessbeginn gegen 12 Anarchist*innen am 29. April 2019 ]]> Von 2008 bis 2014 führte der belgische Staat eine großräumige Ermittlung gegen die verschiedenen Formen der Kämpfe – jedoch immer ohne Zugeständnisse – die die Abschiebeknäste, die Gefängnisse und diese Welt die auf Autorität und Ausbeutung basiert, angriffen. Im Fadenkreuz der Ermittelung stand die anarchistische Bibliothek Acrata, die anarchistischen und anti-autoritären Publikationen (Hors Service, La Cavale und Tout doit partir), einige hundert Aktionen, Angriffe und Sabotagen… kurzum, der Kampf gegen die Macht in ihren unterschiedlichen Expressionen.

Anfänglich verfolgt als „Mitgliedschaft in einer terroristischen Gruppe“, lautet die Anklage schlussendlich „Zusammenschluss von Übeltätern“ für die 12 Kumpan*innen die Woche vom 29. April 2019 angeklagt sind.

Infos (auf französisch:) lalime.noblogs.org

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Ungehaltener Beitrag anlässlich der Veranstaltung „Was wollen die Anarchisten“ vom 9.2.19 https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/04/02/ungehaltener-beitrag-anlaesslich-der-veranstaltung-was-wollen-die-anarchisten-vom-9-2-19/ Tue, 02 Apr 2019 19:22:25 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=227 Continue reading Ungehaltener Beitrag anlässlich der Veranstaltung „Was wollen die Anarchisten“ vom 9.2.19 ]]> Brief von dem in U-Haft sitzenden Gefährten vom 1. März 2019 aus dem Bezirksgefängnis Zürich.

Liebe Gefährten
Angesichts der heutigen Diskussion zur Frage „Was wollen die Anarchisten?“ will auch ich mich hinsetzen und einige Überlegungen niederschreiben, die euch wahrscheinlich mit einiger Verspätung erreichen werden, da hier alles erst durch die Zensur muss.

Nicht im Gefängnis sein. Das ist irgendwie das erste, was mir gerade in den Sinn kommt. Aber es macht auch deutlich, wie die Panzertüre vor mir, dass es nicht ausreicht etwas zu wollen. Ohne Bedingungen, die es ermöglichen, den Gegenstand des Willens in der Realität zu erfassen und in der Handlung zu überwinden, bleibt es der blosse Ausdruck eines Wunsches, Ähnlich dem jener, die noch an den Weihnachtsmann glauben, oder jener etwas erwachseneren, die an eine objektive Kraft Glauben, die in der Welt wirkt und uns eines Tages befreien wird. Ob man sie nun Gott, Vernunft, Dialektik oder Fortschritt nenne. Nichts dergleichen.

Für die Anarchisten sind diese abstrakten Prinzipien alle derselbe Betrug. Und vielleicht haben wir noch zu wenig darüber nachgedacht, dass archê, bei den alten Griechen, noch bevor es Synonym für Herrschaft wurde, für das erste Prinzip stand, das allem zugrunde liegt. Es ist dieses ursprüngliche religiöse Element, woraus die Rechtfertigung der Autorität und schliesslich des Monsters des Staates erwächst.

Also, in Ermangelung eines Weltgeistes, wie Hegel es nannte, oder dialektischen Materialismus, wie Marx in direkter Abwandlung, müssen wir uns selber befreien. Und dazu, offensichtlich, müssen wir es wollen. Aber auch der Wille kann uns ein Gefängnis sein. Ich zum Beispiel habe manchmal, draussen, angesichts der Schandtaten, die um uns geschehen, Momente gehabt, in denen ich mich gefangener fühlte als jetzt hier drinnen. Hier sieht sich der Wille zwangsläufig veranlasst, seinen Perimeter zu reduzieren. Draussen aber stösst er gegen Mauern, die weniger deutlich, und eben deshalb perfider sind. Diese letzteren sind es an erster Stelle, die wir erkennen und Stein für Stein abtragen müssen, nur dann können eines Tages die konkreten Mauern der Gefängnisse fallen.

Ich will deshalb hier nicht von der Schönheit der Anarchie sprechen, von der Reinheit der anarchistischen Prinzipien. Das sind eitle Dinge, für die wir auf ein ganzes Jahrhundert der anarchistischen Propaganda verweisen können. Ich will meine Aufmerksamkeit weniger auf des Problem des „Was“ denn auf jenes des „Wollen“ legen.

Wir können nur wollen, was wir in irgendeiner Weise verstehen, also uns als Gegenstand vorstellen können, und sei es auch die sonderbarste aller Utopien. Das heisst unser Wollen ist durchaus nicht so frei, wie sich eine volutaristische Tradition auch vieler Anarchisten lange darauf stützte. Es ist abhängig von unserem Vorstellungshaushalt, von unserer Kultur im weiten Sinne. Wobei unter letzterer nicht nur die literarische Überlieferung und allgemeine Bildung zu vestehen ist, sondern auch was und wie wir essen, uns kleiden, miteinander umgehen, kommunizieren, wertschätzen, kurz, alle Aspekte des alltäglichen Lebens. In einer Gesellschaft, die dabei ist, alle diese Aspekte in einen geschlossenen Kreis hineinzuziehen, der von der Technologie verwaltet wird, bietet sich der Macht die Möglichkeit, die Kultur immer mehr von der Realität zu lösen. Das betrifft nicht nur jene überwiegende Masse der Ausgeschlossenen, die passiv verwaltet werden, sondern auch jene selbst, die Verwaltungspositionen besetzen. In diesem Sinne kann man davon sprechen, dass die Technologie sich den Staat, die alten politischen und wirtschaftlichen Herrschaftsstrukturen allmählich einverleibt.

Einige haben den Begriff der Derealisierung verwendet, um einem noch unsicheren Versuch, diesen allumfassenden Wandel zu vestehen, der unser aller Anstrengung bedarf. Wir müssen die Technologie nicht bloss als die Gesamtheit ihrer Apparate, sondern vor allem auch als einen Schleier von substanzlosen Formen und Inhalten vestehen, der sich immer mehr über die Realtität legt, dahin strebend, sie als Referenz zu ersetzen. Ist dieser Kreis einmal dicht geschlossen, werden die kutlurellen Inhalte, unser Vorstellungshaushalt, dem Willen gar keine befreienden Handlungsmündungen mehr eröffnen, die doch zumindest eines Kontakts mit der realen Substanz des Machtübergriffs und der Ausbeutung bedürfen. Der Wille, sich zu befreien, verwandelt sich nur noch in symbolische und Ersatzhandlungen, die im eigenen kulturellen Universum von gesonderten Denkmuster eingeschlossen bleiben. Es grassieren aufgeladene Schlagworte und Symbole, Geschwätz und Rituale. Unnötig zu bemerken, dass auch die Anarchisten von dieser Entwicklung nicht unbeeinflusst sind. Und das hat vielleicht auch damit zu tun, dass wir zu sehr glaubten, die Wahrheit, oder den Rosenkranz der Prinzipien, in der Tasche zu haben, ohne es nötig zu haben, uns einer weiteren Vertiefung der Probleme anzunehmen, die letztlich stets Probleme in Hinsicht auf das Handeln in der Realität sind.

Die Anarchisten haben eine Idee von Freiheit, die sich weder in Abstufungen noch in Sektoren unterteilen, und auch nicht in Worten einschliessen lässt. Da sie nicht bloss die bestehende Herrschaft zu einer Anpassung anregen oder eine neue, veränderte Herrschaft hervorbringen wollen, müssen sie, von einer globalen Sicht ausgehen. Unser Denken ist gezwungen, die Welt in getrennten Begriffen und Situationen zu fassen, als Behelfsmittel, um dem Verstand Orientierung zu geben. Die Welt als Ganzes aber, und somit auch die Idee von Freiheit, ist eins und ununterteilbar, und hat nur in unserem Herzen Platz. Anders wäre die Aussage Bakunins nicht verständlich, dass wir nicht wirklich frei sein können, solange noch ein Mensch auf der Welt in Ketten liegt. Heute mehr denn je, denke ich, müssen wir lernen, nicht nur auf die Worte zu achten, die oft trügerisch sind, und mehr auf das Herz, auf das, was zwischen den Worten mitschwingt. Die Suche nach Affinität, wenn nur die Worte kommunizieren bleibt letztlich unergiebig. Wer den Kopf eines Esels hat, sagte einmal jemand, kann nicht plötzlich das Herz eines Löwens in sich entdecken.

Die Rebellion, scheint mir, hat heute nur noch den Ausweg, direkt auf den obengenannten Kreis abzuzielen. Und dazu gehört auch, uns die kulturellen Mittel anzugeignen, die uns die Macht auf allen Ebenen entziehen will. Ein Element davon ist sicher die Kenntnis über den Gegenstand des Willens, die aber auch ein Hindernis werden und den Kontakt mit der Realität verlieren kann, wenn sie abschliessenden Anspruch hat. Ein anderes Element, noch viel wichtiger, sind gewissen Eigenschaften, die nicht sehr modern scheinen mögen, aber Grundlage sind für die Überwindung vom Willen zur Handlung: der Mut, an erster Stelle, die Entschlossenheit, aber auch, und in keinerlei Gegensatz dazu, die Liebe, in ihrem allgemeinen Fundament, die Offenheit für Andere, die Sensibilität, die Kreativität.

Das Buch, das bis heute im Zentrum der kulturellen Entwicklung zu stehen schien, ist sicher ein Gegenstand, der aus der Mode gekommen ist, und zu Recht, in seiner Anmassung die Welt zwischen zwei Deckeln einzufassen. Und sicher wir können der Ansicht sein, es dahin zu schicken, wo der Pfeffer wächst. Als provisorische Reflexionsgelegenheit könnte uns jedoch ein quasi unerschöpflicher Schatz an heute selten gewordenen Anregungen entgehen, die obengenannten Elemente zu vertiefen und zu verwurzeln.

Um abzuschliesssen, denke ich, die Anarchisten wollen die revolutionäre Umgestaltung der etatistischen Gewaltordnung, welche durch ihre ganze Geschichte hindurch, um einer herrschenden Gruppe Privilegien zu verschaffen, auf Kriegen, Ausbeutung und Massenarmut besiert. Eine Umgestaltung in Richtung eines staatenlosen, dezentralisierten, selbstorganisierten Zusammenschlusses, von Individuen, Gruppen, Gemeinden, etc. Nicht alle, aber die meisten sind der Ansicht, dass die technologischen Produktionsbedingungen von heute mit der Perspektive einer freiheitlichen Selbstverwaltung unvereinbar ist. Die Anarchisten wollen sich spezifisch als revolutionäre Minderheit organisieren, um in erster Person zu kämpfen, sowie die Selbstorganisation der Menschen in ihren Kämpfen fördern. Letztere alleine kann Grundlage einer revolutionären Umgestaltung sein, die nicht eine neue politische Gruppe an die Macht bringen soll. Nicht alle, aber die meisten sind der Ansicht, dass eine solche Umgestaltung nicht Resultat eines Grossen Abends oder einer bloss eduktionistischen Arbeit sein kann, sondern einer langen, manchmal auch schmerzhaften Reihe von Zwischenkämpfen und Aufstandsversuchen der Unterdrückten. Deshalb wollen sie den Wandel der sozialen Realitäten und Konflikte, in ihrem globalen Sinne, ausreichend verstehen, um vorschlagend und vorantreibend, und nicht wie ein Fremdelement, sich dort einbringen, wo sie ein Entwicklungspotential in diese Richtung sehen.

Natürlich mag ich falsch liegen, aber es ist das was ich in der Erfahrung der anarchistischen Bewegung auszumachen glaube, und auch persönlich denke. Ich denke ausserdem, dass allumfassende Umgestaltungen der Macht im Gange sind, die unseren Untergang bedeuten könnten, ohne dass wir es merken, wenn wir uns nicht einer Erneuerung öffnen. Und das Neue kommt stets durch die Handlung heran.

Ich hoffe, der heutige Abend bot Anlass zu einer lebhaften Diskussion, in der niemand zu widersprechen und konfrontieren scheut, aber nicht weil angetrieben vom Willen, Recht zu haben, sondern von dem, besser zu verstehen, um besser zu handeln. Schliesslich, und das seien wir uns stets bewusst, sind es nichts geringeres als unsere Leben, die auf dem Spiel stehen.

„Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“ (F. Nietzsche, „Also sprach Zarathustra“)

8. Februar, 2019, Gefängnis Zürich

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Subversiver Mai 2019 – In Solidarität mit den gefangenen Gefährt*innen in Italien! https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/03/26/subversiver-mai-2019-in-solidaritaet-mit-den-gefangenen-gefaehrtinnen-in-italien-gegen-jede-autoritaet-und-repression/ Tue, 26 Mar 2019 21:46:19 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=178 Continue reading Subversiver Mai 2019 – In Solidarität mit den gefangenen Gefährt*innen in Italien! ]]> Gegen jede Autorität und Repression!

In Turin und Trient werden 14 Leuten unter anderem Bildung einer subversiven Vereinigung, Anstiftung zu Verbrechen, sowie Besitz, Herstellung und Beförderung von Sprengkörpern an einen öffentlichen Ort vorgeworfen. Des weiteren läuft gerade noch die Operation “Scripta Manent”, wo die Staatsanwaltschaft insgesamt 204 Jahre Knast verlangt wegen den Angriffen der Informellen Anarchistischen Föderation und die Operation “Panico”, wo 3 Gefährten angeklagt sind eine faschistische Bücherei mit einem Sprengsatz angegriffen zu haben.

Diejenigen, die sich dazu entschieden haben sich im sozialen Konflikt gegen jegliche Herrschaft zu stellen müssen mit der ständigen Ungewissheit leben, früher oder später für das eigene Handeln von den Gegner*innen der Freiheit und Selbstbestimmung zur Rechenschaft gezogen zu werden. Die Idee und die Sehnsucht einer von Ausbeutung und Unterdrückung befreiten Gesellschaft soll damit im Keim erstickt werden.

So ergeht es gerade besonders der anarchistischen Bewegung in Italien. Diese wird von Staatsseiten in Angriff genommen. Die betroffenen Gefährt*Innen sollen mit drakonischen Urteilen lebendig in ihren Zellen begraben werden. Ihre Kompliz*innen und das solidarische Umfeld bekennen sich in Bezug auf ihre Entführung unmissverständlich zur permanenten Feindschaft gegen die Herrschaft. Das Verständnis eines Anarchismus, der sich zum Ziel gesetzt hat die Gesellschaft und ihre Moral der Entfremdung und Entmündigung grundlegend zu kritisieren, anzuprangern und anzugreifen, hat auch eine internationale Komponente. Daher liegt die Verantwortung und Solidarität für Gefährt*innen, die in Gefangenschaft geraten bei all denen, die sich im Willen zur Subversion und den Ideen der Freiheit wiedererkennen. Ja, die gelebte Subversion bringt uns in Gefahr, doch gibt sie uns auch die befreiende Möglichkeit und Momente der Selbstermächtigung und Selbstbestimmung .

„Ich bekenne mich zu meinem Antiautoritarismus, meinem Individualismus und zur Zerstörung dieses bestehenden schmutzigen und stinkenden Systems, dem Staat und Kapital! Für immer euer Feind! Für die Anarchie!“ (Gioacchino Somma, Angeklagter in der Operation „Scripta Manent“)

Agitatorisch, Solidarisch, für die Revolte!

Für einen herrschaftsfeindlichen Mai und ein ganzes Leben voller Subversion!

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[HH] – Funkmast in Fackel verwandelt https://prisonsociety.blackblogs.org/2019/03/26/hh-funkmast-in-fackel-verwandelt/ Tue, 26 Mar 2019 20:41:36 +0000 http://prisonsociety.blackblogs.org/?p=170 Continue reading [HH] – Funkmast in Fackel verwandelt ]]>

In der Nacht auf Mittwoch, den 20.03.2019 brannten im Hamburger Stadtteil Barmbek die Kabel eines Mobilfunkmastes, der von der Firma Vodafone genutzt wird.

Die Kabel brannten von einer zu einem Trafohäuschen führenden Kabelbrücke bis in 15 Meter Höhe, berichteten Medien wie NDR und Abendblatt.

Sabotage oder technischer Defekt?
Brandstiftung wurde laut Feuerwehr nicht ausgeschlossen, aber festlegen wollte sich niemand. Die tatsächlichen Auswirkungen will ebenfalls niemand benennen – diese Information könnten nicht zuletzt andere inspirieren.

Uns interessieren solche Spekulationen ohnehin nur am Rande,

viel wichtiger erscheint uns die Freude, die eine solche Unterbrechung der totalen Vernetzung uns bereitet und die sich in dem Feuer manifestierende Gewissheit, dass das Herrschaftsprojekt der allumfassenden Konnektivität fragil ist und angreifbar bleibt.

Brennende Masten sind kein seltenes Phänomen – neben flambierten Kabelschäften an Gleisanlagen erfreut sich dieses Mittel der Sabotage an den Nervensträngen des Kapitalismus offenbar steigender Beliebtheit bei jenen, die in dem Fortschritt und dem Funktionieren der Welt des Profits und der Unterwerfung vor allem ein Hindernis für die Entfaltung einer freiheitlichen Perspektive sehen.

Schon im Jahr 2016 wurde beispielsweise an einem Funkmast der Zürcher Polizei Feuer gelegt – aktuell sitzt ein Anarchist in Haft, dem eine Beteiligung an diesem Angriff vorgeworfen wird. Eine weitere Person ist im Zuge dieser Ermittlungen untergetaucht und nach wie vor auf der Flucht.

In diesem Jahr gab es auch schon eine ansehnliche Zahl von Interventionen dieser Art:

  • Am 12. März brannten in München unter einer Brücke, die über die Isar führt, Glasfaserkabel.
  • In Dresden brannte am 24.02. ein Sendemast – auch der Zugverkehr war daraufhin unterbrochen.
  • Am 01.02. brannten beim Hambacher Forst Stromkästen von RWE.
  • Am 29.01. brannten in Leipzig Kabelschächte der Deutschen Bahn.

Jeder Angriff auf die Infrastruktur der Herrschaft ist Teil eines Kampfes um die Selbstbestimmung und Freiheit des Individuums und ist als Vorschlag zu verstehen, die Offensive aufzugreifen und zu erweitern.

Ausserdem nähren sie die gegenseitige Solidarität – sie senden Kraft und Glück an die Inhaftierten, Verfolgten und diejenigen auf der Flucht.

(von: de.indymedia.org)

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