erichschwarz – Ramba Zamba https://rambazamba.blackblogs.org Blog.Links.Gut Wed, 13 May 2020 06:00:32 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 „Nein, wir sind keine Hippies.“ https://rambazamba.blackblogs.org/2020/05/13/nein-wir-sind-keine-hippies/ Wed, 13 May 2020 06:00:32 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=851 Continue reading „Nein, wir sind keine Hippies.“ ]]> Bei den aktuellen „Hygienedemos“ treiben sich auch Personen des linken Spektrums herum. Auch wenn man dies gern leugnen möchte, ist es so. Zugegebenermaßen gehören sie zu einem linken Spektrum, das man schon vorher etwas belächelt hat. So mobilisierte die MLPD bereits für diese Demos. In München organisierte sie eine Querfrontveranstaltung, auf der auch ein Redner des faschistischen III. Wegs auftreten durfte. Auch andere Splittergruppen aus dem autoritär-marxistischen Bereich warben nicht nur dafür, sondern nahmen auch daran teil.

Die größte linke Gruppe, die sich auf den „Hygienedemos“ herumtreibt und deshalb als Querfront bezeichnet werden kann, sind jedoch wohl die „Altlinken“, die die 68er Bewegung maßgeblich mitprägten. Natürlich sind nicht alle Altlinken so. Im Gegenteil: viele warnen vor jenen, die jetzt zusammen mit Nazis, die sie früher noch gehasst haben, gegen die Maßnahmen zur Eindämmung von Corona protestieren.

Klaus der Geiger, der sonst im Hambi oder davor bei Castorprotesten spielte, tritt nun für die „Hygienedemo“ in Köln auf. Er ist beileibe kein Einzelfall, sondern wahrscheinlich nur der prominenteste Fall. Fragt man selbsternannte Linke, warum sie bei diesen Querfront-Veranstaltungen sind, bekommt man oft als Antwort, dass „es ja um die Sache ginge“. „Die Sache“ ist wohl in diesem Falle die ablehnende Haltung „gegen die da oben“. „Die da oben“ schränken unnötigerweise unsere Handlungsfreiheit ein, so heißt es. Natürlich ist es erstmal aus linker Sicht ablehnenswert, wenn die Freiheit eingeschränkt wird. Jedoch wird die Freiheit aktuell nicht grundlos und willkürlich eingeschränkt, sondern um Infektionen vorzubeugen und so Menschen zu schützen, besonders Risikogruppen.

Schwurbeleien sind bei den 68ern nix Neues und weit verbreitet. Sinnsuche und Spiritualität waren dort schon immer Teil des Ganzen. Die politische Arbeit war sinnstiftend und identitätsbildend. Die Hippie-Bewegung mit ihren esoterischen und anti-rationalen Inhalten verband sich mit der politischen Arbeit. Es überrascht daher nicht, dass die 68er auch heute noch offen sind für „alternative“ Denkmodelle. Ein gefundenes Fressen für Leute wie KenFM oder andere „Truther“, die so auch Nicht-Rechte für ihre Denkweise begeistern können. Denn auch bei Ken Jebsen, Attila Hildman und Xavier Naidoo finden sich einfache Erklärungen für komplexe Probleme, garniert mit einem Hauch Esoterik. Denn nur wenige erleuchtete Eingeweihte wissen, was wirklich geschieht. Genauso sahen sich auch die 68er damals und auch heute noch und finden sich heute bei einem gescheiterten Journalisten, Koch oder Sänger wieder, die jetzt munter Verschwörungstheorien verbreiten.

Denn auch das Kapitalismusverständnis der 68er-Bewegung war in der Masse simpel. Ausgehend von einer antiimperialistischen Grundhaltung wurde die Welt in „gut“ und „böse“ eingeteilt. Gut waren in jenem Falle die unterdrückten Völker, schlecht die kapitalistischen Unterdrücker. Eine komplexe Realität wie der Kapitalismus lässt sich jedoch nicht so leicht in ein Gut/Böse-Schema pressen. Zumal es einen strukturell antisemitischen Grundton aufweist, da bestimmten Ländern ein kapitalistischer aka ausbeutender Charakter oder eben ein antikapitalistischer bzw. ausgebeuteter Status zugeschrieben wird. Der Kapitalismus wird nicht als komplexes System verstanden, sondern personalisiert.

Der Antisemitismus eint die 68er mit den Verschwörungsheinis. Auch wenn sie selbst vielleicht nicht verstehen, warum ihr Denken antisemitisch ist. Selbst ohne direkten Hass gegen jüdische Menschen ist es das. Unterkomplexe Lösungen werden von Jebsen und co. vorgekaut und die Hippies käuen sie wieder. In ihren Köpfen und auch in ihrem politischen Selbstverständnis macht das Sinn. Es ist daher wenig verwunderlich, dass Altlinke, Hippies und 68er auf den „Hygienedemos“ auftauchen. Name und auch ihr (damaliger) Aktivismus war vielleicht links, aber ihre Ideologie nie, da sie auf regressiven Grundprämissen fußt. Man wird solche Leute auch nicht mehr vom Gegenteil überzeugen können.

Hier sind es halt nicht mehr die USA oder jüdische Menschen, die als der personifizierte Kapitalismus verstanden wird, sondern Bill Gates, der mit Hilfe eines finsteren Plans die Welt unterjochen wird. Hier verbindet sich die unterschwellige Anfälligkeit für Verschwörungstheorien mit einem flachen Verständnis von Kapitalismus. Schon können sich selbst als Linke verstehende Menschen für ein Querfront-Projekt gewonnen werden.

Für Linksradikale, die wirklich diesen Namen verdienen, gilt es daher sich scharf öffentlich von diesen Querfront-Linken abzugrenzen. Sie haben mit ihrem strukturell antisemitischen Denken, ihrer regressiven Kapitalismuskritik und ihrer spirituell angehauchten Sinnsuche nichts mit uns gemeinsam. Dies muss auch öffentlich deutlich werden. Ich will nicht mit solchen Hippies in einen Topf geworfen werden, die unsolidarisch Menschen opfern wollen, um sich die Haare schneiden lassen zu dürfen.

]]>
Extinction Rebellion – mehr Show als Rebellion? https://rambazamba.blackblogs.org/2019/10/06/extinction-rebellion-mehr-show-als-rebellion/ https://rambazamba.blackblogs.org/2019/10/06/extinction-rebellion-mehr-show-als-rebellion/#comments Sun, 06 Oct 2019 14:57:02 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=743 Continue reading Extinction Rebellion – mehr Show als Rebellion? ]]> Seit Neuestem ist die Bewegung Extinction Rebellion („Rebellion gegen das Aussterben“) in aller Munde. Ursprünglich in Großbritannien gegründet, gibt es inzwischen auf der ganzen Welt dezentrale Ortsgruppen, über 50 allein in Deutschland. Sie führen friedliche Massenaktionen durch, bei denen sie ihre Identität nicht verschleiern.
Beliebte Methode ist dabei das massenhafte Besetzen von Verkehrsknotenpunkten. Auch andere Aktionen wie Die-Ins werden durchgeführt. Die Aktionen sind dabei überwiegend symbolisch zu verstehen. Das Ziel ist es nicht auf Dauer den Verkehr lahmzulegen, sondern durch ihre Blockaden o.ä. soll vor allem mediale Aufmerksamkeit geschaffen werden. Erklärtes Ziel es, damit die EntscheidungsträgerInnen aus Politik und Wirtschaft auf das Problem der Klimakrise aufmerksam zu machen.

Die Gruppe hat 3 Kernforderungen:
1. Ausrufen des Klimanotstands durch die Regierung,
2. Auffordern der Regierung zum Handeln und dem Erreichen eines Treibhausgas-Nettonulls im Jahr 2025
3. Einberufen einer BürgerInnenversammlung durch die Regierung.

Was will XR erreichen?

Tiefer in ihren Forderungen geht XR dabei jedoch aus Prinzip nicht, da „es […] seit Jahrzehnten genügend Lösungen und Ansätze [gibt], wie den allgegenwärtigen Krisen begegnet werden kann“. *1 Auf der deutschen Webseite stehen magere fünf Zeilen zu jedem der drei o.g. Punkte. Auffällig ist dabei, dass alle drei Forderungen einen Appell an die Regierungen darstellen. Eigene Lösungen präsentieren sie dabei nicht, sondern vertrauen darauf, dass der Klimawandel durch staatliche Maßnahmen innerhalb des bestehenden Systems schon noch aufgefangen, kontrolliert und vermindert werden könnte. Aber im bestehenden System wird es keine grundlegenden und v. a. spürbaren Veränderungen geben. Daran hat die Politik nur sehr wenig Interesse, seit Jahrzehnten hat keine parlamentarische Partei radikale Maßnahmen durchgeführt. Wie dieser Betrieb bis 2025 dann eine Nettonullemission hinbekommen soll, steht in den Sternen.

Auch die Forderungen selbst sind inhaltsleer. Das Ausrufen eines Klimanotstands ist rein symbolisch. Rechtsbindende Pflichten erwachsen daraus nicht. Was genau getan werden soll, um die Treibhausgas-Emissionen auf null zu setzen, wird nicht erläutert. *2 Reichen staatliche Maßnahmen wie eine CO²-Steuer aus dem sogenannten Klimapaket aus? Wie genau soll eine „Bürger:innenversammlung“, die aus „zufällig ausgewählten Personen“*1 besteht, dabei helfen? Wie sollen Laien über notwendige Maßnahmen entscheiden, um zur Rettung des Planeten beizutragen, wenn nicht einmal XR selber ein tiefergehendes Verständnis für wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Mechanismen erkennen lässt?
Mit solchen unausgegorenen Ideen wird man keinen radikalen Politikwechsel erzwingen können – der zweifelsfrei notwendig ist. Man wüsste ja auch selbst nicht, was genau man machen müsste, würden die Regierungen auf XR hören. Schuldzuweisungen sind bei ihnen verpönt. *3 Stattdessen wird dem „toxischen System“ als Strohmann die Verantwortung für die Klimakrise gegeben. Analyse sieht anders aus.

Die Inhaltsleere ist gewollt

XR bleibt schwammig. Von (linksradikaler) Theorie hört man bei XR-Veranstaltungen gar nichts. Dass der Staat vor allem ein Interesse am Aufrechterhalten des Status Quo hat, wird geflissentlich übersehen. Die Schwammigkeit der eigenen Forderungen wird zum Dogma erhoben. Denn durch diese schwammigen Forderungen will man die größtmögliche Anschlussfähigkeit erreichen.
Doch diese Anschlussfähigkeit birgt auch Gefahren. Durch diese Offenheit können beispielsweise Querfront-Spinnereien die Tür geöffnet werden. Die Ocuppy-Bewegungen, die auch bewusst keine konkrete Forderungen aufgestellt hat, wurde in Amerika z.B. von einer Nazi-Party unterwandert, die antikapitalistische Forderungen antisemitisch umdeutete. *4 Ein fehlender, konkret formulierter Abgrenzungskonsens ist grundsätzlich anfällig und die Erfahrung zeigt, dass dieses Fehlen in konkreten Situationen den Ausschluss von rechten Gruppen und Personen be- und verhindert hat.
Dies droht auch XR. Man lädt Interessierte ein bzw. nimmt den Anschluss dieser billigend in Kauf, die mit linken Lösungsansätzen nichts anfangen können. Auch Rechte sind im Umweltschutz aktiv, deuten es aber entsprechend ihrer Agenda um. Roger Hallam, einer der Köpfe XR‘s in Großbritannien, möchte „niemanden ausschließen, der nur ein bisschen rassistisch oder sexistisch denkt“. *5 Dies öffnet natürlich die Türen nur weiter für eine Querfront.
Bislang hat sich eine solche zwar noch nicht herausgebildet, für die Zukunft kann es jedoch auch nicht ausgeschlossen werden, gerade weil Extinction Rebellion bewusst nicht als linksradikal eingeordnet werden will, in die der Umweltaktivismus an sich erst einmal automatisch gestellt wird. Sie wollen paradoxerweise ideologiefrei sein. *6 Dies bietet Rechtsradikalen die Möglichkeit, auch diese Bewegung zu unterwandern.

Die DogmatikerInnen wollen undogmatisch sein

Eines der Grundprinzipien von XR ist absolute Gewaltfreiheit. Damit sollen möglichst viele Menschen angesprochen werden. *7 Gewalt wird kategorisch ausgeschlossen. Auf den ersten Blick geht diese Taktik sogar auf. So sagte Laurence Taylor, stellvertretender Chef der Londoner Polizei, dass es ihm fast lieber wäre, die Aktivistis seien gewalttätig, dann könne man auch entsprechend „angemessen“ ihnen gegenüber reagieren. *8
Im Härtefalle ist dies der Polizei aber gleichgültig, wenn sie gewalttätig werden soll/muss. Wird die Bewegung als Gefahr wahrgenommen, hat der Staat im Zweifel keine Skrupel, z.B. Blockaden brutal räumen zu lassen. Statements von XR zeigen erstaunliche Naivität und nur eingeschränkte Solidarität mit jenen, die von solcher staatlichen Gewalt betroffen sind.
Als bei der Räumung einer Blockade in Hamburg die Polizei brutal mit Schmerzgriffen gegen AktivistInnen von #sitzenbleiben vorging, *9 hatte XR Hamburg nichts Besseres zu tun, als von diesen die sich selbst auferlegte Gewaltfreiheit einzufordern und sie für ihre Gewalt (in Form von Beleidigungen gegen die Polizei) zu kritisieren. *10 Aber für die wohlstandsverwahrlosten Elendsgestalten von Extinction Rebellion ist die Polizistin ja auch nur ein Mensch. Auch andere große XR-Gruppen wie Berlin oder Lübeck sind dogmatisch in ihrer Ablehnung der Gewalt. Damit allein sind sie schon unsolidarisch gegenüber Menschen, die für ihren Aktivismus Repressionen ausgesetzt sind.

So naiv, dass es weh tut

Diese Naivität zieht sich durch sämtlichen Aktivismus von XR. Gerade Empfehlungen im Umgang mit der Polizei scheinen dabei jeder Realitätsgrundlage zu entbehren. Selbst bei gewalttätigen Übergriffen durch Polizei solle man sich „nicht provozieren lassen“. *11 Auch solle man andere Teilnehmende, selbst bei Polizeiübergriffen, an den Anti-Gewalt Konsens erinnern. *12
Diese Haltung führt auch die Aussage der XR-Ortsgruppe Berlin (im Nachgang zu dem Polizeiübergriff gegenüber #sitzenbleiben in Hamburg), die von vielen XR-Ortsgruppen geteilt wurde, dass jegliche Taktik im Kampf gegen die Klimakrise willkommen sei *13, ad absurdum. Solidarität muss praktisch sein. Andernfalls ist sie nur ein Lippenbekenntnis.

Wie soll eine Gruppe wie XR, die Gewalt kategorisch ablehnt, das nächste Mal solidarisch sein können, wenn andere AktivistInnen mittels Schmerzgriffe abgeführt werden? Sie sitzen da und wollen mit den Cops nett plaudern. Dabei ist nicht gesagt, dass nicht sie beim nächsten Mal selbst bei völliger Passivität und propagierter Gewaltfreiheit der Schlagstock der Bullen trifft. Was für eine Vorstellung XR von der Arbeitsweise der Polizei hat, zeigen solche Statements: „Während der Vernehmung kannst du zum Beispiel immer mit Fakten über die Klimakrise antworten, ein Lied singen oder Gegenfragen stellen“. *14 Oder auch: „Es ist kein Problem, mit Polizist*innen über die Klimakrise zu sprechen, oder sie auf ihre Verantwortung anzusprechen“. *12 PolizeibeamtInnen haben in der Regel aber gar kein Interesse daran, groß zu diskutieren oder zu hinterfragen. (Eine ausführliche Kritik zur Polizei im Allgemeinen findet sich hier: https://rambazamba.blackblogs.org/…/acab-oder-etwa-doch-ni…/.)

Auch die Maßnahme, sich nicht zu vermummen, passt zu der staatsgläubigen Taktik. Während militante AktivistInnen dadurch einer Strafverfolgung entgehen, vertraut XR darauf, dass der Staat schon kein Interesse daran haben wird die Identität bei ihren Aktionen beteiligten Personen zu ermitteln. Dabei zeigt die Vergangenheit das Gegenteil. Leuten, die aufgrund ihrer Gesinnung dem Staat ein Dorn im Auge sind, brummt der Staat gerne ein Verfahren auf. Ein Grund dafür lässt sich, selbst bei völliger Gewaltlosigkeit, schon finden. Dabei warnt XR selbst vor genau solchen Fällen, in denen die Polizei nicht rechtskonform handelt. *12 Dies zeigt nur noch eindringlicher die Naivität und Widersprüchlichkeit, die gerade junge Menschen mit geringer aktivistischer Erfahrung in unvorhergesehene Schwierigkeiten bringen könnte.

Verhaftungen als Taktik der Rebellion

In der Vergangenheit haben sich Aktivistis in Großbritannien bewusst verhaften lassen, um das System zu überlasten. *8 Eine ähnliche Taktik fährt zum Beispiel auch Ende Gelände. Zwar bemüht sich XR in seiner Rechtshilfebroschüre einige Fragen für Neulinge zu beantworten, bleibt aber auch dort schwammig und naiv. So wird davon ausgegangen, dass grundsätzlich nur niedrigschwellige Strafen mittels Strafbefehl verhängt werden. *15 Man solle sich auch gut überlegen, ob man einen Strafbefehl anfechte, da ein Gerichtsverfahren grundsätzlich teuer sei.

Zudem würde ein solcher Verzicht aufs Gerichtsverfahren einer der grundlegenden Taktiken von XR widersprechen. Sie wollen ja eine möglichst breite Öffentlichkeit über die Gerichtssäle und die entsprechende Medienaufmerksamkeit erreichen und so ihr Anliegen vortragen. Wenn man aber nicht gegen den Strafbefehl vorgehe, kommt die Botschaft erst gar nicht vor Gericht.

Ihr seid nicht radikal

XR vertraut darauf, dass durch ihre Aktionen automatisch ein Umdenken bei Politik und Co einsetzt. Dabei sind sie nicht die ersten, die auf diese Problematiken hinweisen. In Deutschland nehmen beispielsweise „Ende Gelände“ und die Bewegung rund um den Hambacher Wald eine besondere Rolle bei den neueren Klimabewegungen ein. Aber auch die Vorläufer wie die Anti-Atom-Bewegung (Gorleben, Wackersorf, Kalkar) haben dazu geführt, dass das Thema Umweltschutz in Deutschland überhaupt so stark wahrgenommen wird. Diese haben dank jahrelanger Mühe tatsächliche Veränderungen bewirkt, auch wegen ihres radikalen Eigenanspruchs.

„Hambi bleibt“ und Ende Gelände unterscheiden sich vor allem durch ihren antikapitalistischen Anspruch von XR. XR hingegen stellt die Systemfrage nicht. Antikapitalistische Parolen wurden so beispielsweise in Stuttgart vom XR-Orga-Team entfernt, da „nicht alle kapitalismuskritisch seien“. *16 Dies ist kein Einzelfall. Solidarität mit anderen wie den Personen aus dem Hambi wird verweigert, da man sich nicht der gleichen Methoden bedient. *17

Dazu passt auch, dass XR sich selbst von kapitalistischen Großspendern Geld geben lässt. *18 In ihren Augen ist es kein Widerspruch, wenn Geld, das aus Ölgeschäften stammt, jetzt dazu verwendet werden soll, den Planeten zu retten. Da ist es auch keine Lösung, den einzelnen Ortsgruppen zu überlassen, ob sie Gelder annehmen. Die gesamte Organisation macht sich unglaubwürdig, wenn Ortsgruppen wie die in Berlin 75.000 € für ein Protestcamp aus diesem Spendentopf annehmen.

Alles Hallam

Die Rhetorik der Gruppe erinnert oft an apokalyptische Prophezeiungen. *6 Klar ist: Der Klimawandel ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit. Nichtsdestotrotz ist es sinnlos, Panik zu verbreiten. Andere Gruppen kommen auch ohne solche düsteren Visionen aus. Für die Agitation macht es ja sogar eventuell noch Sinn, solch eine Rhetorik zu verwenden, um möglichst viele Personen anzusprechen. Wenn man jedoch damit esoterische SpinnerInnen anzieht, verwässert es den Grundgedanken der Bewegung.

Auch der Personenkult rund um Roger Hallam ist sehr ausgeprägt. Er ist Bio-Landwirt und Doktorand der Soziologie. *7 Seine Worte gelten in der Bewegung. Er verfasste, zusammen mit einigen anderen, die „Bibel“ der Gruppe. *6 Er taucht regelmäßig in den Medien auf und veröffentlicht öfter Videos im Youtube-Channel von XR. Ironisch ist dabei, dass er zwar viel in seinen Videos erzählt, verbindliche Aussagen, wie die Klimaziele erreicht werden sollen, findet man aber auch dort nicht.

Für Gruppen, die den (menschengemachten) Klimawandel leugnen, ist die vordergründige – und sei es nur behauptete – Ähnlichkeit zu Sekten natürlich ein gefundenes Fressen. Dabei ist Extinction Rebellion mitnichten eine Sekte. Dieses Image ist Gift für die Klimabewegung. Zwar ist es verständlich, mit drastischen Worten auf diese Problematik aufmerksam zu wollen, letztlich erweist man sich selbst aber nur einen Bärendienst. Immerhin wollen sie möglichst alle Menschen erreichen, *7 schrecken durch dieses Image aber potenzielle Mitglieder ab.

Bloß keine Verantwortung übernehmen

XR will massenhaft Personen mobilisieren und Druck ausüben, um politische Veränderungen zu erreichen. Mit anderen Worten: XR will ein politischer Einflussfaktor werden. Im Idealfall schafft es diese Bewegung auch. Nur was dann? XR will keine Verantwortung für das eigene Wirkungspotential übernehmen. Das einzige Mittel, welches XR hat, sind ihre Aktionen. Aber ab welchem Punkt sieht man einen Wandel als ausreichend an, wie werden Maßnahmen bewertet und eigeordnet? Und vor allem: Was will XR tun, wenn die Politik nicht das tut, was man will?

Bis 2025 wird es keine Nettonullemissionen geben, so viel steht fest. Einen Beitrag hin zu diesem Ziel könnte XR selber liefern, indem sie konkrete Forderungen aufstellt und als Verhandlungspartnerin auftritt. So nutzt man nämlich politische Macht aus. Man organisiert ein möglichst wirkmächtiges Personenpotential und zwingt dadurch EntscheidungsträgerInnen zu Zugeständnissen. Je größer das Potential, umso größer die Zugeständnisse.

Wie dies mit nicht-staatlichen Organisationen funktioniert, kann man sich in der Geschichte der Gewerkschaften anschauen. Diese haben in den letzten 150 Jahren mit konkreten Forderungen und organisierter Mobilisierung Zugeständnisse erkämpft. Gegen den Willen von Wirtschaft und Politik. Wenn auch mal besser und schlechter, haben die Gewerkschaften insgesamt ihre politische Verantwortung wahrgenommen und sich aktiv um die Durchsetzung ihrer Interessen bemüht und dabei eben nicht darauf vertraut, dass andere diese Interessen für sie umsetzen.

XR – Nein Danke!

Extinction Rebellion hat ein riesiges Mobilisierungspotenzial. Aber dies alleine wird keine Veränderung herbeiführen. Dahinter muss ein entsprechendes Konzept stehen. Dies ist jedoch nicht erkennbar. Konkrete Lösungsansätze gibt es nicht. Staat und Wirtschaft haben den Karren in den Dreck gesetzt. Dennoch wird in grenzenloser Naivität darauf vertraut, dass der Staat den Karren auch wieder raus dem Dreck zieht. Ein bürgerliches Verständnis von Aktivismus wird hier deutlich.

Man kann natürlich einwenden, dass ein Großteil der Gruppe jung und unerfahren ist. Dies ist durchaus richtig. Die Köpfe dahinter sind dies aber nicht. Sie bringen junge Menschen bewusst in Gefahr, mit einer unzureichenden Vorstellung davon, was ihnen passieren kann. Bislang mag alles noch gut gegangen sein. Der Staat ist aber im Zweifelsfall auch nicht zimperlich darin, Blockaden von hauptsächlich jungen Menschen brutal zusammenknüppeln zu lassen.

Aktuell ist dies für uns keine Bewegung, mit der man zusammenarbeiten könnte. Zu wenig Theorie, zu viel Abgrenzung von den bösen Linksradikalen (gerade in Bezug auf die Militanzfrage), die Schwammigkeit ihrer eigenen Forderungen, die Offenheit für rassistische und sexistische Personen, die Anbiederung an kapitalistische Großspenden, etc. All dies stellt unter Beweis, dass es XR monothematisch bedingt einen Tunnelblick fährt und mit dem Klimawandel unweigerlich verbundene Fragen wie die der Wirtschaftsweise oder der Nationalstaaten ignoriert, während man sich von reaktionären Positionen jenseits der Klimafrage nicht entschieden abgrenzt.

Aber die Klimaproblematik lässt sich nicht ohne die Systemfrage stellen. Extinction Rebellion verharrt im gemachten Nest. Anstatt radikal alles zu hinterfragen, was uns erst so tief in die Krise gestürzt hat, wird es bewusst vermieden, konkrete Analysen anzustellen und Probleme klar zu benennen. So richtet man sich in einem Wohlfühlaktivismus ein, der vor allem darauf beruht, spektakuläre Bilder zu erzielen, aber keinen nachhaltigen Effekt hat.

Man darf sich dann auch keine Illusionen darüber machen, was man damit erreichen wird. Im besten Fall liefert man den Medien eine Weile spektakuläre Bilder, bevor das Interesse mangels Inhalte verflacht. Im schlimmsten Fall geht die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern gegen Jugendliche vor, die nicht wissen, was mit ihnen geschieht. In beiden Fällen hat man nichts gewonnen. Die Klimakrise nimmt weiter ihren Lauf. Nur radikale Maßnahmen können da noch entgegensteuern. Diese lehnt Extinction Rebellion aber ab. Wir unterstützen lieber radikale Lösungen, um noch einer Katastrophe zu entgehen.

*1 https://extinctionrebellion.de/wer-wir-…/unsere-forderungen/
*2 https://www.landtag.nrw.de/…/MMD17-6763.pdf;jsessionid=29C6…
*3 https://extinctionrebellion.de/wer-wi…/prinzipien-und-werte/
*4 https://www.derstandard.at/…/occupy-wall-street-die-antisem…
*5 https://www.belltower.news/kommentar-zu-extinction-rebelli…/
*6 https://www.spiegel.de/…/extinction-rebellion-was-die-neuen…
*7 https://www.jetzt.de/…/extinction-rebellion-massenprotest-g…
*8 https://www.klimareporter.de/…/prozesswelle-gegen-extinctio…
*9 https://www.fr.de/…/klimastreik-demo-hamburg-voellig-unnoet…
*10 https://www.facebook.com/story.php?story_fbid=2485155611530253&id=933332503379246
*11 XR Deutschland: Rechtshilfebroschüre, S. 27
*12 XR Deutschland: Rechtshilfebroschüre, S. 7-8
*13 https://twitter.com/XRBerlin/status/1175808508874375168?s=19
*14 * XR Deutschland: Rechtshilfebroschüre, S. 31
*15 XR Deutschland: Rechtshilfebroschüre, S. 36
*16 https://twitter.com/t2a_crew/status/1175523480810528770?s=19
*17 https://hambacherforst.org/…/an-open-answer-to-extinction-…/
*18 https://taz.de/Geld-fuer-Klima-AktivistInnen/!5616000/

]]>
https://rambazamba.blackblogs.org/2019/10/06/extinction-rebellion-mehr-show-als-rebellion/feed/ 1
Und ewig grüßt der Elfenbeinturm https://rambazamba.blackblogs.org/2019/06/20/und-ewig-gruesst-der-elfenbeinturm/ Thu, 20 Jun 2019 20:30:03 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=718 Continue reading Und ewig grüßt der Elfenbeinturm ]]> 2018 und 2019 werden teilweise durch Klimaproteste geprägt. So war es im letzten Jahr die Auseinandersetzung um den Hambacher Forst, welche über Wochen in den landesweiten Medien für Aufmerksamkeit sorgte und eine nicht abzusehende Eigendynamik entwickelte, welche 50.000 Menschen auf die Straße brachte. Parallel dazu ging ab August 2018 eine schwedische Schülerin auf die Straße und ab dem November hatte sich „Fridays For Future“ zu einer weltweiten Protestbewegung entwickelt, welche in den folgenden Monaten sowohl Medienecho als auch Protestpotential vom Hambacher Forst in den Schatten stellen sollte.

Beide Proteste haben einige Gemeinsamkeiten und diese Gemeinsamkeiten geben Hinweise auf zukünftige Proteste und soziale Bewegungen. Beide Bewegungen sind autonom entstanden. Weder finanzstarke noch personell und organisatorisch stark aufgestellte Organisationen haben diese Proteste gestartet. Es stehen weder Gewerkschaften noch Verbände dahinter, es handelt sich um Einzelpersonen oder kleine Gruppen. Der Hambacher Forst wurde zeitweise von Ende Gelände unterstützt, hier handelt es sich aber auch um einen autonomen Klimaprotest. Beide Protestbewegungen befassen sich mit dem gleichen Thema: Klimawandel und das viel zu wenig dagegen getan wird. Es finden sich auch jeweils viele junge Menschen bei den Protesten, FFF zieht seine Leute ausschließlich aus den Bildungseinrichtungen, also vorrangig den Schulen. Und beide Protestbewegungen sind größer geworden als man es erwarten würde.

Die Reaktionen ließen in beiden Fällen nicht lange auf sich warten und sie fallen auch erst einmal erwartungsgemäß aus. FPD, CDU, AfD und alles, was sich als wirtschaftsfreundlich versteht, ist konsequent dagegen und gibt das auch in diversen sprachlichen Härtegraden zu erkennen. Randnotiz: Beim Kohleabbau hat die FDP übrigens kein Problem mit Enteignungen, wie man an der Hambidebatte sehen kann. Die SPD macht mal wieder einen Spagat und blinkt links wie rechts, nur um dann doch in Richtung Wirtschaft abzubiegen, die Grünen und die Linkspartei sind auf Seiten der Proteste, auch wenn den Grünen einige Regierungsbeteiligungen kein so gutes Zeugnis in Sachen Klimapolitik ausstellen.

Geht man von diesen großen Akteuren der Politik mal weg und schaut sich in den Nischen um, wird man vor allem im Bereich der Ideologiekritik oder in dem Sektor, den man mal antideutsch nannte, jede Menge Rotz und Bullshit finden. Ewig winkt der Elfenbeinturm einer sich als kritisch verstehenden Theorie, welche mit Verachtung auf alles herunterschaut, was sich irgendwie für eine neue Form der Klimapolitik einsetzt. Irgendwelche Internetficker wähnen sich besonders schlau und betitulieren die Proteste entweder als konformistisch oder ökofaschistisch, beim Hambacher Forst noch gewürzt mit Barbarei. Mehr als hohle Schlagworte, die man selbst durch inflationäre Benutzung jeder präzisen Bedeutung und Schärfe entledigt hat, kommen selten. Man hat es sich im Elfenbeinturm der kritischen Kritik als kritischer Kritiker (es sind vorrangig Männer) eingerichtet und will sich aus seinem kleinen Nest auch nicht rausbewegen. Dabei überholt einen der Zeitgeist und je abgehängter man ist, desto schriller werden die Vorwürfe. Ein Bahamasautor bezeichnete die Protestierenden beim Hambi als grüne SA, Greta Thunberg wird regelmäßig als Hitlermädchen dargestellt – weil ihre Zöpfe, ist ja klar und kann gar nicht anders sein.

Was diese ganzen elfenbeinturmigen Trauergestalten nicht verstehen ist, dass es nicht weniger wird mit den Klimaprotesten. Warum? Weil in den letzten 30 Jahren einfach viel zu wenig passiert ist und sich die Klimaforschung einig ist, dass wir auf eine sehr große ökologische Katastrophe zusteuern, es wissen und nicht annähernd genug dagegen tun. Die Folgen des Klimawandels sind nicht genau abzuschätzen, die Prognosen sind aber alles andere erfreulich. Möglicherweise kommt es schon bei einer Erwärmung von 1,5 Grad zu Resonanzeffekten, also einem sich selber verstärkenden Treibhauseffekt. Innerhalb von 20 bis 30 Jahren werden wird zwangsläufig hunderte Millionen Klimaflüchtlinge haben. Der Meeresspiegel steigt an und wird dadurch Inseln und Küstenregionen unbewohnbar machen, extreme Wetterlagen nehmen zu. Allein im letzten Jahr gab es in Deutschland massive Ernteausfälle durch Dürre und in diesem Jahr sieht es zumindest im Norden auch nicht so viel besser aus. Von sehr vielen Wissenschaftler*innen wird ein Vergleich mit den uns bekannten großen Artensterben in der Geschichte der Erde gezogen. Dabei sind bis zu 97 Prozent allet Arten ausgestorben – und genau diese Option wird auch hier ins Spiel gebracht. Es sterben also nicht einfach nur ein paar Arten aus, wahrscheinlicher ist es, dass komplette Ökosysteme vernichtet werden. Welche Auswirkungen das widerum auf menschliches Leben haben wird, kann man sich selber denken.

Wer heute 20 ist, hat noch gut und gerne 70 Jahre auf dieser Welt zu leben und wird die Auswirkungen der Erwärmung in vollem Umfang abbekommen. Wer heute 60 ist, wird das nicht mehr mitbekommen, vielleicht aber an einem Hitzeschlag sterben. Und wie es in 150 Jahren aussieht, kann man jetzt noch gar nicht sagen, es kann aber tatsächlich dramatisch für das Gesamtsystem Erde werden. Politik und Wirtschaft agieren trotz wissenschaftlicher Evidenz (und hier kann man dann tatsächlich mal auf das Rezo-Video verweisen, da genau das der wissenschaftliche Konsenz ist) entgegen den Empfehlungen der Leute, die Expertise in Sachen Klimawandel und Auswirkungen haben. Politik und Wirtschaft agieren kontrafaktisch. Und das regt dann Leute auf, die darunter leiden werden. Da es auch nicht den Anschein macht, dass sich in den nächsten Jahren ein radikaler Wechsel der Wirtschaftspolitik vollziehen wird, werden entsprechende Proteste weitergehen und zunehmen.

Den ideologiekritischen Internetficker stört das hingegen kaum, der wissenschaftliche Konsenz ist für ihn in seinem Elfenbeinturm egal und nur mit Mühe kann er sich davon abbringen lautstark gegen die Klimalüge anzuschreiben. Stattdessen bedient man sich der alten Methode, alles als Hitler zu bezeichnen, was einem nicht passt. Da wird dann aus Greta Thunberg ein BDM-Mädchen, da brabbelt man vom Öko- oder Klimafaschismus, da sieht man schon das Vierte Reich am Horizont näher kommen. Was der ideologiekritische Internetficker allerdings gegen den Klimawandel tun will, bleibt er in der Regel schuldig. „Wird schon nicht so schlimm werden“ ist da oftmals das Einzige, was man vernehmen kann. Wie er mit hunderten Millionen Klimaflüchtlingen in den nächsten Jahrzehnten fertig werden will kann er nicht sagen. Solche Prognosen werden gekonnt ignoriert, der Elfenbeinturm darf ja nicht zum Einsturz gebracht werden.

Ähnlich verhält es sich mit dem Vorwurf, es handele sich um eine „konformistische Revolte“, man kratze also nicht an den Grundfesten des Systems sondern bewege sich ausschließlich in einem begrenzten Rahmen, der schlussendlich nur Detailänderungen zulässt, aber an der Gesamtscheiße nichts ändert. Und da ist ja auch was dran. Insbesondere der Forderungskatalog bei FFF liest sich sehr harmlos und ohne Biss. Es fehlt offenbar einem konsensualen Verständnis, dass Kapitalismus und Klimawandel aufs Engste miteinander verknüpft sind. Aber auch das ist nicht überraschend, handelt es sich doch vorrangig um Schüler*innenproteste. Und wie es bei allem Massenprotesten so ist, sind die weder einheitlich noch durch 20 Jahre Marxschule gegangen. Da kann sich der ideologiekritische Internetficker jetzt entspannt zurücklehnen und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate von Adorno und besonders gerne dem späten Horkheimer droppeb like nothing. Alles dumme Kinder, die keine Ahnung von der Welt haben und eh nur in ihrem falschen Bewusstsein schmoren, während man selber ja über den Dingen steht und den vollen Durchblick hat. Dummes Pack, was werden die überhaupt aktiv!

„Die Philosophen haben die Welt nur unterschiedlich interpretiert, es kömmt aber darauf an sie zu verändern.“ Diesen Leitsatz hat Marx seinerzeit jeder emanzipatorischen Bewegung ins Stammbuch geschrieben und dieser Leitsatz wird auch bis in alle Ewigkeit richtig bleiben. Der ideologiekritische Internetficker macht nichts anderes als die Welt zu beschreiben und in der Regel alles schlechtzureden, was einem vor die Kommentarfunktion hüpft. Ändern tut er nichts und will es auch gar nicht, zu bequem ist der Elfenbeinturm, zu sehr bürstet es das eigene Ego, wenn man sich über andere erheben kann. Dabei ist eine Protestbewegung wie Fridays For Future genau das, was eine radikale Linke braucht. Hier stehen Menschen freiwillig auf und artikulieren ihren Unmut auf der Straße. Es ist ein sozialer Protest, der in der Tendenz links ist und der ein Thema anspricht, welches unmittelbar die soziale Frage berührt.

Unter den Auswirkungen des Klimawandels werden nämlich die Armen am meisten leiden. Einmal die ärmeren Länder, welche kaum am Klimawandel Schuld tragen und nur wenige ökonomische Ressourcen besitzen, mit den Änderungen und den Wetterextremen fertig zu werden. Oder sie verschwinden gleich ganz, wie die Inseln im Pazifik. Und es wird die ärmere Bevölkerung in jedem Land treffen, welche nicht die finanziellen Mittel besitzt, sich auf die veränderte Wetterlage einzustellen und nicht einfach mal eben wegziehen kann oder dergleichen. In einer kapitalistischen Gesellschaft werden solche umfassenden Umwälzungen vor allem auf dem Rücken der Einkommensschwachen ausgetragen. Wenn sich der ideologiekritische Internetficker jetzt also ohne Alternativen anzubieten gegen jede Form des Klimaprotestes stellt, dann wird er zum Reaktionär, der ganz konformistisch das bestehende System stützt und dafür sorgt, dass die Ärmsten darunter leiden müssen. Der Elfenbeinturm ist dann nichts anderes als indirekter Sozialchauvinismus, gepaart mit NS-Verharmlosungen.

Dabei gibt es an Fridays For Future und auch an den Protesten rund um den Hambacher Forst Dinge, die man kritisieren kann und kritisieren sollte. Das Ziel dabei muss aber eine verbesserte Protestbewegung sein, nicht das Ende des Protestes. Letzteres will die ideologiekritische Kartoffel, denn der berechtigte und wissenschaftlich abgesicherte Grund für den Protest und die sozialen Auswirkungen des Klimawandels werden ignoriert. Je mehr solcher Kommentare man liest, desto mehr drängt sich der Verdacht auf, dass es vielen dieser Interfickern nur um ein Konservieren des Jetztzustandes ist. Es möge sich bitte nichts großartig ändern und vor allem soll es einen nicht selbst berühren. So was kann man auch gerne als kartoffelige Kleingeistigkeit bezeichnen. Nur kann das gar nicht funktionieren, da der Klimawandel stattfindet und auch jeden Elfenbeinturm der kritischen Kritikkritiker zum Einsturz bringen wird mit seinen realen Auswirkungen. Egal wie oft man Thunberg mit Hitler vergleicht, den Klimawandel interessiert das nicht.

Laura Stern

]]>
Gedanken zu dem Mord an Lübcke https://rambazamba.blackblogs.org/2019/06/20/gedanken-zu-dem-mord-an-luebcke/ Thu, 20 Jun 2019 20:29:30 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=716 Continue reading Gedanken zu dem Mord an Lübcke ]]> Ich bin müde. Müde von dem Aufschreien. Müde davon, dass es trotzdem verhallt.

Immer denkt man „Schlimmer kann es schon nicht kommen“. Es kommt schlimmer. Rechte Todesdrohungen gegen alle, die zu links sind, sind an der Tagesordnung. Selbst wir sind davon betroffen. Wir agieren aber aus einer weitgehenden Anonymität heraus. Aber jede Person, die sich im linksradikalen oder antifaschistischen Spektrum bewegt, kennt diese Drohungen.

Bislang wurden sie oftmals nur belächelt. Die Zeit des Abtuns ist aber lange vorbei. Auch ich hatte schon sehr reale Todesdrohungen. Scharfe Munition im Briefkasten nebst Drohbrief. Das hier ist kein Spiel. Das ist todernst. Linke PolitikerInnen können ein Lied davon singen, noch mehr als wir. Jetzt hat es einen CDU-Politiker (!) getroffen. Weil er flüchtlingsfreundlich war. Weil er sich an die Basics der Menschlichkeit gehalten hat.

In den letzten Jahren sind viele rechte Terrorzellen aufgeflogen, viele andere garantiert nicht. Hunderte von Faschos laufen mit offenen Haftbefehlen frei herum. Sie sind vielleicht auch bereit zu töten. Den Staat juckt das nur bedingt. Da steht auf der Tagesordnung Linke zu drangsalieren. Das Problem von Rechts wird weiter kleingeredet.

Die Gesellschaft scheint auch weitestgehend ruhig zu sein. Ich war mir gestern so sicher, dass ein Aufschrei durch das Land gehen wird. Natürlich war die Festnahme und dass es sich dabei um einen Rechten handelt überall nachzulesen. Die gesellschaftliche Reaktion blieb aber aus. Im Falle Magnitz war man mit Verurteilungen linker Gewalt ganz schnell bei der Hand. Rechter Terror ist aber anscheinend etwas, was man aushalten muss.

Die Kälte, die wir aktuell spüren, scheint immer schlimmer zu werden. Aus dem NSU wurde nichts gelernt. Jedes Mal geht der rechte Terror für eine Woche durch die Presse. Dann ist er verschwunden. Als ob er nie dagewesen wäre. Der Staat macht die drei Affen und der Rest der Hufeisen-Mitte-Gesellschaft gleich mit.

Wir haben uns an die Scheiße gewöhnt. Die Scheiße wird aber nicht okay, nur weil sie immer wieder passiert. Das macht es nur umso schlimmer. Wenn Faschos wieder Umsturzpläne schmieden, kann es nicht das Ziel sein, empört daneben zu stehen. Die Scheiße muss aufhören.

Auf den Staat ist schon lange kein Verlass mehr. Wir müssen uns selbst schützen. Organisiert den Selbstschutz. Schützt euch und eure Liebsten und alle untereinander.

Wir werden uns verteidigen.

[Erich Schwarz]

]]>
Heute ist Weltflüchtlingstag. https://rambazamba.blackblogs.org/2019/06/20/heute-ist-weltfluechtlingstag/ Thu, 20 Jun 2019 20:27:32 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=714 Continue reading Heute ist Weltflüchtlingstag. ]]> Im Oktober 2013 hatte Italien die Operation Mare Nostrum gestartet und so in einem Jahr 150000 Menschen das Leben gerettet. Und der Rest Europas? Der war dankbar und stolz. Dankbar dafür, dass das „Problem Flüchtlinge“ noch weit genug weg war. Und stolz darauf, dass Hilfe geleistet wurde. Selbst daran beteiligen musste man sich zunächst ja noch nicht, denn die Kosten für Mare Nostrum trug Italien allein. Doch irgendwann konnte oder wollte Italien das nicht mehr tun und hat andere Länder um Hilfe gebeten. Aber da hieß es noch „Och nö, die Flüchtlinge sind ja an eurer Grenze. Bezahlt das mal schön selber.“ Dann wurde Mare Nostrum eingestellt und Europa sagte sofort „Ach, kein Problem, wir machen jetzt eine eigene Operation mit unseren tollen Leuten von Frontex. Kostet weniger, werden weniger gerettet. Macht aber nichts. Hauptsache, die Flüchtlinge bleiben weit genug weg. Triton, wie der Meereskönig bei Arielle. Klingt doch nach nem Konzept.“ Menschenleben zu retten, hatte schon damals keine hohe Priorität. Grenzkontrollen waren natürlich das Hauptziel, so damals Innenminister de Maizière. Auf die Nachfrage, ob es nicht vielleicht auch das Ziel sei, Menschen aus Seenot zu retten, antwortete das Innenministerium damals, dazu hätte die Operation „weder das Mandat noch die Ressourcen“. Menschenleben zu retten, war in Europa, einem der reichsten Kontinente der Erde, also zu teuer. Das Mittelmeer zum Massengrab.

Auch konnte Italien die Versorgung für die dort eintreffenden Geflüchteten nicht mehr leisten. Hilfe aus Europa kam nicht und so wurden diese weitergeschickt. Jetzt war das „Problem Flüchtlinge“ direkt vor der Tür. „Aber das geht so doch nicht!“ und „Aber Italien muss sich an geltendes EU-Recht halten!“ und „Aber es gibt doch die Dublin-Regelung!“ usw. Jetzt war das Geschrei von Seiten der Politik und auch aus Teilen der Bevölkerung groß. In der Zivilgesellschaft jedoch etablierte sich zunächst der Wunsch, den Geflüchteten zu helfen. Das, was wir eine Willkommenskultur nannten, war überall in Deutschland zu finden. Der Schreck und die Empörung über das Ertrinken im Mittelmeer waren groß.

Einen Einschnitt bildete der Tod von Aylan Kurdi im September 2015. Ein Tod, der nicht hätte sein müssen und den die EU mit ihrer Politik der geschlossenen Grenzen mit verursacht hat. Geboren wurde Aylan Kurdi 2012. In diesem Jahr wurde der EU der Friedensnobelpreis verliehen. Ich kann hier kaum so viel Zynismus in meine Worte legen, wie es dieser Umstand verdient. Das Bild von Aylan Kurdi ging um die Welt und berührte viele Menschen und das war kein Einzelschicksal. Der Name Aylan Kurdi wurde ein Sinnbild für das Sterben im Mittelmeer. Er wurde der Fingerzeig auf das Scheitern der EU wie er deutlicher nicht sein konnte.

Daran sollte sich jede/r erinnern. Und Erinnerungen wurden geschaffen wie z.B. das Graffiti am Frankfurter Osthafen. Doch dies wurde bereits damals zweimal mit rechten Schmierereien überdeckt. Denn die Fragen um Deutschlands und Europas Umgang mit den Geflüchteten stieß reaktionäres, nationalistisches Gedankengut, das in der Gesellschaft zwar nie ganz weg war, immer unterschwellig verankert war in der Form von beispielsweise latentem Alltagsrassismus oder institutionellem Rassismus, mit aller Macht an die Oberfläche. AkteurInnen wie die AfD und andere rechte Gruppen, Organisationen und Strukturen, die vorweg gingen, um solche Gedanken wieder sagbar zu machen, trugen es mitten in die sogenannte „Mitte“ hinein.
Man spürte, wie der Wind sich drehte, denn „wir können uns nicht von Kinderaugen erpressen lassen“ (Gauland, 2016). Viele lernten „die grausamen Bilder aus[zu]halten“ (Gauland, 2016). Mit der Wahl von Sebastian Kurz zum österreichischen Kanzler wurde ein weiterer Schritt in die Richtung getan, Geflüchteten ihren Weg zu verunmöglichen, nämlich mit der Schließung der Balkan-Route.

Heute interessiert viele EuropäerInnen die Seenotrettung und das Schicksal so vieler Menschen, die ihr Zuhause verloren haben, längst nicht mehr. Wenn in Paris die Notre Dame niederbrennt, kommen am Folgetag mehr Spenden zusammen als für Seawatch in einem ganzen Jahr. Schlimmer noch: Nicht nur, dass Hilfe ausbleibt, die Seenotrettung wird kriminalisiert. Menschen, die sich dort ehrenamtlich einsetzen, um andere zu retten, müssen mit Haftstrafen rechnen. Das alles getragen vom Italien, das einst mit seiner Operation Mare Nostrum eine Vorbildfunktion erfüllt hat. Doch auch in Italien wie in vielen weiteren EU-Ländern weht längst ein anderer Wind.

Aylan Kurdi scheint vergessen. Das Sterben im Mittelmeer ist grausame Realität, an die sich, wie Gauland es sich gewünscht hatte, viele Menschen gewöhnt zu haben scheinen. Doch wir dürfen uns nicht daran gewöhnen. Ich will mich nicht daran gewöhnen und ich werde mich nicht dran gewöhnen. Deshalb sei mit dem noch vor vier Jahren so wirkmächtigen Bild von Aylan Kurdi heute am Weltflüchtlingstag daran erinnert, dass dies ein Schicksal Tausender ist und die Wirkmacht dessen noch genauso sein muss wie vor vier Jahren. Sonst hat die AfD ihr Ziel erreicht.

[Sophie Rot]

]]>
(K)Ein Frauenkampftag https://rambazamba.blackblogs.org/2019/03/09/kein-frauenkampftag/ Sat, 09 Mar 2019 07:43:01 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=708 Continue reading (K)Ein Frauenkampftag ]]> Ich bin den 8. März leid.
Ich bin es leid, in diesen 24 Stunden in meiner Timeline mit #empowermentund #feminism überhäuft zu werden.
Ich bin es leid, dass mein Emailpostfach mit Glückwünschen und Sonderangeboten zum Weltfrauentag geflutet wird.
Ich bin es leid, zu hören „Frauen haben ihre Stimmen entdeckt“ oder „Frauen erheben ihre Stimmen“.
Ich bin den 8. März leid.

Viele Männer sonnen sich immer noch allzu gerne im Schein ihres patriarchalen Männlichkeitskonstrukts. Gleichzeitig merken sie jedoch, wie an den Grundfesten des Gerüsts der Geschlechterbilder und damit an ihrer Selbst gerüttelt wird. Wie ihre Privilegien ins Wanken geraten. Wie Männlichkeit neu definiert wird. Wie gut, dass es den Weltfrauentag gibt. Ein Tag, an dem die nervigen Frauen mal all ihre Sorgen auf den Tisch packen können, man redet ein bisschen darüber und danach ist wieder Ruhe.
Der Weltfrauentag ist das Zugeständnis einer Gesellschaft, die sich einen speziellen Tag als Symbol geben muss, um sich der Ungerechtigkeit zu erinnern, die sie in Kooperation mit einem aus zum Großteil mit Männern besetztem Staatsapparat ihren Untertanen zweiter Klasse – uns Frauen – antut. Sie gibt sich einen symbolischen Tag für Inhalte, die bis in den kleinsten Winkel der Gesellschaft hinein Thema der Tagesgeschäfte sein müssten.

Am 8. März werden jährlich die gleichen Forderungen in endloser Manier vorgetragen, platziert zwischen Glückwunschrufen und verteilten Blumen. Forderungen nach guter Kinderbetreuung, gleichen Gehältern, Frauenquoten, dem Recht auf Abtreibung usw. Forderungen, die richtig und wichtig sind. Forderungen, die dennoch nicht weit genug gehen. Auf das „Warum?“ gäbe es hier zahlreiche Antworten. Eine davon ist, dass die feministische Bewegung, falls man in Deutschland überhaupt noch von einer solchen sprechen möchte, gespalten ist. Die feministisch Solidarität unter Frauen ist leider recht dürftig. Dies wird beispielsweise daran deutlich, dass der Forderungskatalog bestimmte Themen konsequent ausspart.
Jedes Jahr werden die gleichen Listen an Forderungen in den Raum gestellt. Bei manchen findet man auch mal zumindest die Erwähnung von sexueller oder häuslicher Gewalt, konkretisiert wird dies jedoch selten. In der Detail-Diskussion stellt sich dann leicht raus, dass es mit der Frauensolidarität leider nicht von so weit her ist. Dabei ist vor allem der Blick auf das nicht Vorhandene interessant, der Blick auf all das, was in den Forderungskatalogen und Aufrufen fehlt:
An der Stelle muss eins klar gesagt werden: Wer sich gegen Sexismus, Rassismus und Kapitalismus stellt, muss sich auch gegen Prostitution und Pornografie stellen. Ein Großteil der Frauen, die in Deutschland und anderen Ländern in diesen Bereichen ausgebeutet werden, gehört ethnischen Minderheiten an, stammt aus dem Ausland und lebt in prekären Verhältnissen. (Die Ausnahme bestätigt die Regel).
Im Kontext der Institutionalisierung haben autonome Frauenprojekte oftmals ihren radikalen Kern verloren. Ihre harten Kämpfe der 70er/80er Jahre sind in den Hintergrund getreten oder wurden ganz vergessen. Sozialeinrichtungen sind entstanden mit professionellem Personal, das jedoch häufig zu den Frauenkämpfen keinen Bezug hat. Ausreichend ist die Qualifikation für den Job, nicht noch die Überzeugung vom feministischen Kampf. Ein radikalfeministisches Selbstverständnis ist nicht vonnöten.

Der Diskurs wird verwässert. In den Vordergrund treten die individuellen Wünsche, nicht die Betrachtung der Frau als Klasse, als Kollektiv, die einem ebenso kollektiven Unterdrückungsmechanismus ausgesetzt ist. Brotkrumen, die uns zugeworfen werden in Form von ein paar Reförmchen werden als vermeintlicher Fortschritt gefeiert. Weite Teile der Frauenbewegung werden in das kapitalistische Gesamtkonstrukt integriert und Herrschaftsverhältnisse zementiert, indem man sich im Patriarchat häuslich einrichtet, anstatt diese radikal infrage zu stellen. Dafür wird sich artig bedankt und dies anschließend als „Empowerment“ gefeiert.

Mit Brotkrumen dürfen wir uns aber nicht zufrieden geben. Es ist an der Zeit, die Kämpfe unserer Mütter fortzuführen, Forderungen radikaler äußern und durchzusetzen.
In den letzten Jahren sind in anderen Ländern Massen von Frauen für ihre Rechte auf die Straße gegangen. Dieses Jahr wird auch in Deutschland von diversen Gruppen und Initiativen zu Streiks aufgerufen. Frauenstreiks haben in der Geschichte eine lange Tradition, beginnend in der antiken Erzählung „Lysistrata“ von Aristophanes, in der Frauen in Sex- und demzufolge zwangsläufig Gebärstreiks traten und somit die Schicksale Spartas und Athens beeinflussten, weil so kein weiteres Kanonenfutter für die Kriege „produziert“ werden konnte.
Streiks von Frauen gab es in den letzten 150 Jahren immer wieder, so beispielsweise 1975 in Island, als ca. 90% der Frauen ihre Arbeit niederlegten, um gegen Benachteiligung am Arbeitsplatz einzutreten. Bereits ein Jahr später wurde selbige gesetzlich verboten und dies ist nur ein(!) Beispiel, bei dem ein Frauenstreik den gewünschten Erfolg bescherte.
Die vermeintlich typische Frauenarbeit wird auch in Deutschland immer noch als geringwertiger betrachtet (Studie, 2010: http://ekvv.uni-bielefeld.de/…/mit_zweierlei_ma%C3%9F_gemes… ) Gewalt gegen Frauen ist an der Tagesordnung. Jeden Tag versucht ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Partnerin zu töten. Jeden dritten Tag gelingt es. Das Recht auf körperliche Selbstbestimmung wird eingeschränkt. Regressive Kräfte sind auf dem Vormarsch. Heute, am symbolträchtigen 8. März, formieren sich überall auf der Welt Streikbewegungen gegen alle Formen der Unterdrückung gegen uns und wir können Regierungen in die Knie zwingen, denn zu wichtig sind sowohl unsere bezahlte wie unbezahlte Arbeit, damit dieses ausbeuterische System funktioniert. Zu wichtig sind wir, denn wir sind über 50% der Bevölkerung.
Ein Streik am Weltfrauentag darf jedoch nicht das Einzige bleiben, was wir tun.
Ziviler Ungehorsam ist in unserer Zeit fast schon verpönt und die Bereitschaft, ein Risiko einzugehen, ist sehr gering geworden, bedenkt man auch die Tatsache, dass die neuen PolGs die Situation noch verschärft haben. So besteht selbst vermeintlich militanter Antifaschismus bei Demos oftmals nur noch darin, hinter einer Absperrung der Staatsmacht zu stehen und ein paar Parolen zu brüllen.
Feminismus kommt heute mit Einhornschildern um die Ecke, die das Patriarchat wegglitzern sollen. Frauen werden heute nicht mehr befreit, sondern „empowert“, damit sie es sich im Patriarchat schön gemütlich machen, sich vom kapitalistischen System ausbeuten lassen und lernen, noch „Danke“ zu sagen für die Unterdrückung, die sie erfahren, weil es „choice“ ist. Das Patriarchat wird nicht mehr bekämpft, sondern legitimiert – mit Hilfe eines Feminismus, der keiner ist.

Dass wir vergebens auf wirklich Veränderungen warten, wurde uns am Beispiel der Diskussion um den §219a eindrucksvoll bewiesen. Eine lange Diskussion. Am Ende viel Wirbel um nichts. Um etwas zu bewegen, brauchen wir wieder mehr selbst verwaltete Räume und Projekte, in denen diskutiert und Lösungen entwickelt werden können. Mehr, lautere und deutlichere Aktionen – wie auch immer diese aussehen mögen -, die unsere Anliegen in die Gesellschaft tragen.

Frauen haben ihre Stimme nicht entdeckt. Sie war schon immer da. Ich bin den 8. März leid, denn er ist nichts weiter als ein Deckmantel des Patriarchats, das wir beseitigen wollen.

 

[Sophie Rot]

]]>
Social Media hat die radikale Linke ruiniert! https://rambazamba.blackblogs.org/2019/02/25/social-media-hat-die-radikale-linke-ruiniert/ Mon, 25 Feb 2019 12:48:02 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=701 Continue reading Social Media hat die radikale Linke ruiniert! ]]>

Seit fast 15 Jahren bewege ich mich in der radikalen Linken. Mal mehr, mal weniger. Auch mit ein paar Unterbrechungen. Seit 2015 bin ich wieder stärker dabei nach einer etwas längeren Pause. Was sich wohl am stärksten verändert hat ist der Einfluss des Internets. Vor allem die sozialen Medien haben die linksradikale Szene verändert.

 

Früher traf man sich noch im Plenum. Natürlich wurde auch mal kontrovers diskutiert und man ging sich verbal gegenseitig an. Aber am Ende des Tages hatte man dann doch das gemeinsame Ziel im Auge. Egal ob das jetzt gemeinsam gegen Nazis zu demonstrieren, Veranstaltungen/Lesungen organisieren, sich an Plena beteiligen oder auch mal was Handfestes.

 

Ich will gar nicht über die gute alte Zeit jammern. Es war auch verdammt anstrengend alles ohne so einfache Kommunikationsmöglichkeiten wie heute zu organisieren. Heutzutage kann man innerhalb von Sekunden über die richtigen Kanäle Tausende von Leuten mobilisieren, informieren, diskutieren und ähnliches. Das ist echt ein Vorteil gegenüber früher.

 

Was heutzutage stark auffällt ist, dass sich große Teile der radikalen Linken nur noch in ihrem Spannungsfeld des Internet-Aktivismus bewegen. Viele kennen sogar Aktivismus gar nicht mehr groß außerhalb des Internets. Es wird nicht mehr als Werkzeug des Aktivismus verstanden, sondern als Selbstzweck. Ewige Diskussionen in FB-Gruppen, Rumhängen in der eigenen Bubble als Circle-Jerk-Selbstzweck, etc. Das ist nicht das, was Social Media mal für den Aktivismus interessant gemacht hat. Kritik an anderen zu üben ist richtig und wichtig. Inzwischen wird aber sich in vielen Teilen nur noch an Empörung und gegenseitigem Hochschaukeln sowie Bestärkung der eigenen Bubble geübt. Eine substanzielle Kritik wird entbehrlich.

 

Es ist häufig das Phänomen anzutreffen, dass bei KonsumentInnen „leichtverdauliche“ Dinge deutlich besser ankommen als thematisch komplexere Dinge. Memes sind schnell gebastelt, bekommen aber deutlich mehr Resonanz als Texte, an denen man deutlich länger sitzt. Es geht nicht darum nicht auch mal ein wenig Abwechslung genießen zu dürfen. Es ist eher ein Symptom dessen was mit den sozialen Netzwerken falsch läuft. Die Verteilung der Resonanz dürfte nicht dauerhaft so sein. Sie müsste andersherum sein.

 

Natürlich sind auch wir nicht von der Kritik auszunehmen. Wir evaluieren uns auch immer wieder selbst. In der Vergangenheit haben auch wir uns immer wieder in unnötigen Diskussionen verstrickt, sind zum Selbstzweck verkommen, haben nicht die Reichweite für Dinge wie Mobi genutzt, etc. Das wollen wir auch besser machen.

 

Vielleicht ist es an der Zeit, dass man sich einfach mal hinterfragt. Soziale Netzwerke haben uns als radikale Linke verändert, nicht immer zum Besten. Aber noch ist die radikale Linke nicht vollständig durch die sozialen Medien ruiniert. Es ist an der Zeit sich auf die Stärken dieses Mediums zu besinnen anstatt es als Werkzeug der Spaltung zu nutzen. Weniger FB-Gruppen, weniger Twitter-Bubble, weniger Drumherum. Mehr Nazis boxen, soziale Netzwerke mehr als Werkzeug nutzen, mehr befreite Gesellschaft. 
]]>
Merkel muss weg – über Sinnlosigkeit eines Slogans https://rambazamba.blackblogs.org/2018/11/01/merkel-muss-weg-ueber-sinnlosigkeit-eines-slogans/ Thu, 01 Nov 2018 19:07:11 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=671 Continue reading Merkel muss weg – über Sinnlosigkeit eines Slogans ]]> Angela Merkel hat ihren Rückzug angekündigt. Sie wird nicht mehr als Parteichefin kandidieren und steht auch nicht für eine weitere Legislaturperiode zur Verfügung. 2021 ist also spätestens Schluss bei ihr, sofern nicht vorher schon Neuwahlen anstehen. Wirklich überraschend ist der Abschied nicht, eine weitere Legislaturperiode hätte sicher niemand erwartet. Einzig die Ankündigung, jetzt schon auf den Parteivorsitz zu verzichten kommt unerwartet. Andererseits gibt es nun drei Jahre, um die Nachfolge richtig aufzubauen. 
Mit dem Rückzug erfüllt sich eine Kernforderung der Rechten und Rechtsradikalen der letzten Jahre: „Merkel muss weg!“ Auf so ziemlich jeder Demonstration der Besorgten gab und gibt es lautstarkes „Merkel muss weg!“-Rufe zu vernehmen – sowohl von den RednerInnen auf der Bühne als auch aus dem Publikum. Insbesondere Pegida ist für diesen Slogan bekannt, da er jeden Montag durch die Straßen Dresdens gebrüllt wird. Dabei ist dieser Slogan an Dämlichkeit kaum zu überbieten. Er ist vielmehr ein Beweis für mangelnde politische Kompetenz, fehlendes Abstraktionsvermögen und die pure Unfähigkeit, komplexere Sachverhalte zu verstehen und zu analysieren. Was wird sich denn ändern, wenn Merkel weg ist? Werden die Kreisläufer in Dresden dann aufhören, die Innenstadt unsicher zu machen? Werden die Angriffe auf migrantische Personen abnehmen? Wohl kaum. 
Die Unfähigkeit zur Abstraktion lässt sich am besten in den Bildern erkennen, die online zu Tausenden geteilt werden. Gemeint sind die Art von Bildern, die Merkel (gerne mit antisemitischen Implikationen) als mörderisch, als Puppenspielerin etc. darstellen. Solche Bilder gibt es über vermutlich so ziemlich alle Führungspersonen von Staaten und sie unterscheiden sich oft nur im konkreten Aussehen der dargestellten Person. Die Struktur der Bilder bleibt gleich. Ob die Republikaner jetzt Obama oder Clinton mit einer Karikatur verunglimpfen, ist egal. George Soros nimmt inzwischen den Platz des verstorbenen Rockefellers in antisemitischen Bildern ein und man kann anhand des abgebildeten französischen Präsidenten genau den Erstellungszeitraum einer Karikatur bestimmen. Und auch in zehn Jahren werden diese Bilder genau so aussehen, nur eben mit anderen Gesichtern in der gleichen Szenerie.
Was nicht verstanden wirdist die Funktionsweise des politischen Betriebs und der sozioökonomischen Abläufe und Gesetzmäßigkeiten. Wer ernsthaft behauptet, die Flüchtlingssituation von 2014-16 hätte irgendwie den eigenen Wohlstand gefährdet, hat schlicht keine Ahnung. Hartz IV wurde nicht gesenkt, der Arbeitsmarkt war vorher schon prekär und mit Ausnahme von Einzelfällen haben Migration und Flucht nach Deutschland wirklich niemandem hier was weggenommen. Der Abbau der Sozialsysteme ist ein Trend, der seit den 80ern zu bemerken ist. Am wirtschaftlichen Wachstum Deutschlands profitieren vor allem die einkommensstarken Schichten. In den Einkommensschwachen gibt es seit 20 Jahren Reallohneinbußen und es sieht nicht so aus, als würde sich dieser Trend in den nächsten drei Jahren entscheidend ändern. Auch das politische System wird durch den Abgang Merkels nicht verändert. Unbestritten ist, dass man als Kanzlerin einen Einfluss auf die politische Ausrichtung hat. Aber wirklich strukturell wird sich nichts ändern. Vor allem nicht aus rechtsradikaler Sicht.
Mach es dir einfach
Wer auf einer AfD-Demo „Merkel muss weg!“ ruft und vom „Merkel-Regime“ fabuliertvereinfacht sich das Leben nur dadurch, dass man viele bis alle Probleme Angela Merkel (und ihrer Bagage) andichtet. Davor war es Schröder, danach wird es Merz/Kramp-Karrenbauer/Spahn sein. Ob das tatsächlich stimmt, ist für die eigene Befindlichkeit unerheblich. Man ist auch an keiner Analyse interessiert, denn dies würde Aufwand bedeuten. Man müsste sich informieren, man müsste die bisherigen eigenen Annahmen in Frage stellen und man müsste sich inhaltlicher Kritik stellen. Und sich möglicherweise eingestehen, falsch gelegen zu haben. Ganz oft ist es ja eben nur ein ungefähres Gefühl, welches man hat und welches dann auf Merkel gerichtet wird. Geht es um Details, wird es schnell schwammig und man trifft auf Abwehrmechanismen, die diesen Umstand überspielen sollen. Eine tatsächliche Analyse liegt nicht vor, also kann man auch keine konkreten Antworten erwarten. Man hat keine Antwort auf die Frage, was passieren sollwenn Merkel dann weg ist. Oder die ganze Bagage. Von Elitenbildung hat man keine Ahnung, vom Kapitalismus noch weniger. Also hangelt man sich von Person zu Person zu Person zu Person. Einige mag man, andere müssen weg. Aber man kann sich hier an etwas Konkretem orientieren und muss nicht auf abstrakte Muster, Strukturen und Verhältnisse achten.
Ein Blick auf das Personalkarussell der AfD zeigt eindrucksvoll, wie wenig konkrete Personen mit der Popularität der Partei zu tun haben. Der Abgang des wirtschaftsliberalen Flügels um Parteigründer Lucke mag zwar organisatorisch einige Arbeit verursacht haben, geschadet hat es der Partei nicht. Neben Lucke konnte man sich schon mit Frauke Petry anfreunden, die man danach zwei Jahre als Gallionsfigur durch die sozialen Netzwerke postete und inzwischen komplett vergessen hat. Ihr Rücktritt führte weder zu einer Spaltung der Partei noch zog sie großartig Stimmpotential ab. Und die AfD-Fanbase? Hat jetzt Alice Weidel bekommen, welche vor der Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl öffentlich kaum in Erscheinung getreten ist. Damit steht die AfD kurioserweise überhaupt nicht in faschistischer Tradition der charismatischen Herrschaft nachMax Weber. Vielmehr scheint hier die Partei als Ganzes die nationalistische Fantasie zu beflügeln. Faiererweise muss hier aber auch gesagt werden, dass die rechtsradikalen Schwergewichte der Partei bisher noch nicht innerparteilich herausgedrängt wurden, mit Poggenburg als Ausnahme. Bystron und vor allem Gauland und Höcke prägen seit Langem den faschistischen Flügel der Partei. Dennoch waren bisher alle Personen ohne Stimmverluste austauschbar. 
Und was ist mit der Kritik?
Ähnlich stumpf wie der Slogan „Merkel muss weg“ ist allerdings auch die Häme der letzten Tage über genau jenen. Viel zu oft wurden Schenkelklopfer auf Mario Barth-Niveau von den Brechstangen des platten Humors, der Heute Show und etwas schwächer Extra3, geteilt. Der Tenor ist grob zusammenzufassen mit einem: „Merkel ist weg, die AfD/Pegida können sich auflösen.“ Hihi huhu haha. Was haben wir gelacht. Analyse der Verhältnisse? Fehlanzeige. Man bewegt sich auf demselben plakativen Niveau wie der Spruch selbst. Als ob es der „Merkel muss weg“-Menge wirklich nur um Merkel ginge. Nein, die wollen in der Regel schon den Systemumsturz, haben aber selten den Schneid, dies öffentlich zuzugeben. Oder können dies aufgrund der ganzen Begriffsverklärung in den „alternativen“ Medien eh nicht mehr, da Begriffe völlig ihrer ursprünglichen Bedeutung entfremdet und umgedeutet wurden. Man verkennt auch, warum die AfD so erfolgreich ist. Nicht weil Merkel Kanzlerin ist. Merkel ist nur die Projektionsfläche der autoritären Wünsche nach dem guten alten Deutschland, in dem alles noch seine Ordnung hatte und den Deutschen gehörte! 
Die AfD stellt nämlich genau diese Wünsche dar. Und zwar für eine breite Palette an Personen. Weidel, Meuthen und Pazderski bedienen diejenigen, die eher so auf die Adenauerzeit stehen und zwar den Krieg verloren hatten, dafür aber immer anständig geblieben sind. Höcke, Bystron und Gauland sind dann für die 33er zuständig, die irgendwas von nem semiabsolutistischem Staat nach Kaiserreichsmanier bis hin zum Vierten Reich wollen. Antisemitismusbeauftragter ist Gedeon, obwohl sich die gesamte Parteivom Ortsverband bis zum Bundesvorstand, da durch die Bank weg in irgendeiner Weise antisemitisch betätigt. Die infantilen Witze über das Ende von „Merkel muss weg“ würden selbst einem Fips Asmussen schlecht zu Gesicht stehen. Und verschleiern dabei die Gefährlichkeit der Partei und der Sehnsüchte, die sich tatsächlich hinter dem kollektiven „Merkel muss weg!“ von rechts verbergen. 
]]>
Demobericht Dritter Weg in Plauen 29.10 2018 https://rambazamba.blackblogs.org/2018/10/29/demobericht-dritter-weg-in-plauen-29-10-2018/ Mon, 29 Oct 2018 20:55:37 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=669 Continue reading Demobericht Dritter Weg in Plauen 29.10 2018 ]]> Am 29. Oktober 1938 deportierten die Nazis in der sogenannten Polenaktion in ganz Deutschland etwa 17.000 jüdische Personen. In Plauen waren etwa 85 Personen betroffen. 80 Jahre später laufen die Neonazis vom Dritten Weg durch die Stadt und halten einen Fackelmarsch. Als die Genehmigung dieses Marsches bekannt wurde hat man aus Sicherheitsgründen eine Gedenkveranstaltung abgesagt. Die Nazis konnten im Vorfeld einen Sieg einfahren.

An einem kalten und nebeligen Montagabend finden sich etwa 120 bis 130 Personen ein. Davon sind etwa 80 direkt dem gewalttätigen Neonazispektrum zuzuordnen, der Rest sieht bürgerlich aus. Der Gegenprotest, verteilt auf zwei Kundgebungsorte an der kurzen Strecke und am Endpunkt, kommt auf etwa 400 Personen. Hier gedenkt man der deportierten Jüdinnen und Juden, verliest Name, Alter und Adresse aller betroffenen Menschen. In den Redebeiträgen wird auf die sächsischen Verhältnisse verwiesen, auf das Agieren der CDU-geführten Landesregierungen und deren Relativierungen.

Bei den Nazis gibt es nichts Spannendes zu vernehmen. Es gibt ein Best-Of aktueller rechtsradikaler Positionen zu hören: Krieg gegen die Völker Europas, Merkelregime, Deutschland den Deutschen, Asylflut, Volksverräter, Umvolkung. Hat man alles schon unzählige Male gehört. Von dem Datum der Judendeportation hat man angeblich nichts gewusst und marschiert ganz zufällig an einem Montag auf und nicht am Samstag oder Sonntag. Zu berichten gibt es wirklich nichts, außer das einem von der fast halbstündigen Schlussrede irgendwann die Ohren bluteten und man sich minütlich dümmer vorkam.

Und das wars dann auch. Es gab ein unter den Umständen würdiges Gedenken an die deportierten Juden und die Nazis konnten ungestört ihre kurze Route laufen.

(Laura Stern)

]]>
ACAB – oder etwa doch nicht? https://rambazamba.blackblogs.org/2018/10/12/acab-oder-etwa-doch-nicht/ https://rambazamba.blackblogs.org/2018/10/12/acab-oder-etwa-doch-nicht/#comments Fri, 12 Oct 2018 09:33:34 +0000 http://rambazamba.blackblogs.org/?p=666 Continue reading ACAB – oder etwa doch nicht? ]]> Vor kurzem veröffentlichten wir ein Bild von den Protesten rund um den Hambacher Forst. Dies zeigt, wie eine „Hambi bleibt“-Fahne aus einem Polizeiwagen gehisst wurde. Die PolizistInnen haben sie wohl aus Solidarität selbst gekauft und gezeigt. Wir meinen, dass solche Solidarität uns gestohlen bleiben kann. Der Grund ist nicht etwa blinder Bullenhass (was uns auch ganz gerne mal vorgeworfen wird), sondern Heuchelei seitens der Polizei.

Anti-Repressionsarbeit zählt zu einem der Kernthemen der radikalen Linken. Nicht umsonst gibt es linke Organisationen wie die Rote Hilfe oder Anarchist Black Cross. Der Staat wollte schon immer Linksradikale stark in ihrer Arbeit einschränken.  Wir sind automatisch Feind des Staates und damit auch entsprechend zu bekämpfen.  Die Polizei ist der Bewahrer der herrschenden Klasse. Eigentumsverhältnisse und der gesellschaftliche Status Quo sollen beibehalten werden. Zur Not greift die Polizei halt hart durch. Echte Umsturzverhältnisse oder auch nur militante Arbeitskämpfe werden so unmöglich gemacht.

Tout le monde déteste la police

Unter Linksradikalen findet sich überproportional häufig eine Ablehnung der Polizei und anderer Sicherheitsbehörden. Sicherlich hängt das auch mit der grundsätzlichen Ablehnung von staatlicher  Autorität zusammen. Aber genauso hängt es mit der Gewalterfahrung zusammen, die wir auch leider häufig erleben müssen. Fast  jede/r, der/die sich schon mal an Aktionen beteiligt hat, kann von unliebsamen Begegnungen berichten.

So verwundert es dann nicht, dass das berühmte ACAB Linksradikalen besonders leicht über die Lippen geht. Fast ist es schon zu einer Art Mantra geworden. In vielen unserer Beiträge beschäftigen wir uns mit dem Thema Polizeigewalt und Artverwandtem. Dort lesen wir auch oft nur „1312“ oder Ähnliches. Zu erwähnen ist hier übrigens auch noch die Kritik an dem Ausdruck „All Cops are Bastards“, die sich an dem Wort Bastard aufhängt. Näheres dazu hier: http://rotehilfegreifswald.blogsport.de/2012/12/13/warum-a-c-a-b-scheisse-ist/.

Aber wird man mit so platten Parolen diesem komplexen Thema gerecht? Gibt es zwischen „ACAB“ und bootlicking noch Zwischentöne?

Siamo tutti Opfer von Repression

Seitdem sich der Rechtsruck merklich verschärft hat, ist auch der Aktivismus angestiegen, rein aus der Notwendigkeit heraus. Nicht alles davon militant, aber auch diese nicht-militanten Personengruppen sind von Polizeigewalt betroffen. Es trifft eben nicht nur „die gewaltbereiten Chaoten vom schwarzen Block“. Da prügeln PolizistInnen halt auch auf Bürgi-Gruppen ein, wenn sie am falschen Ort sind oder setzen Wasserwerfer gegen RentnerInnen ein wie bei Stuttgart 21 (mit schwerwiegenden Folgen).

Im Gegensatz dazu dürfen Faschos immer laufen. Sie brüllen ihren Hass auf die Straße und dürfen sich unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit ihre Lieblings-Hassbands anhören. Hitlergrüße auf Fascho-Demos sind Standard, auch gewalttätige Übergriffe auf JournalistInnen und andere unliebsame Personen keine Seltenheit. Die Dichte der rechten Demos hat deutlich zugenommen. Auch das Auftreten hat sich verändert. Immer martialischer und offener mit ihren Hass-Forderungen treten sie auf. Deshalb bekommen sie auch immer mehr Aufmerksamkeit. Ihre Sache erhält Auftrieb. Szenen wie die Auflösung des Naziskonzerts in Magdala am Wochenende sind äußerst selten.

Das alles geschieht unter dem wachen Auge des Staates. Der sieht aber eher selten einen Grund, direkt einzugreifen. Nicht umsonst laufen nach wie vor hunderte Faschos mit offenen Haftbefehlen rum. Stattdessen wird dann in der Mehrzahl der Fälle auf GegendemonstrantInnen eingeprügelt. Denn die stören ja die friedliche Fascho-Demo. Dabei sind FaschistInnen niemals friedlich, selbst wenn sie nicht in diesem exakten Moment Gewalt anwenden. Es ist aber Teil ihrer Ideologie. Man hat es in Chemnitz gesehen. Dort durfte der Mob toben. Gedanken haben sich die Staatsbediensteten und VolksvertreterInnen darüber gemacht, ob man schon von einem Mob sprechen kann oder ob die Antifa Videos fälscht (Shoutout an Antifa Zeckenbiss an dieser Stelle).

Hufeisen-Söhne und -Töchter

Aber nicht nur die Polizei wollen wir hier als Beispiel nennen. Auch der Verfassungsschmutz und andere Unsicherheitsbehörden halten die Mär von der „viel schlimmeren linken Gewalt“ aufrecht. Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. So sagt es zumindest die Verfassung. Genau deshalb können es Polizei, VS und Co. eben nicht durchgehen lassen, dass Linksradikale diese Gewalt in die eigenen Hände nehmen, wenn sie Nazis boxen gehen. Daneben sind Linksradikale allein deswegen Feindbild genug, weil sie diesen Staat überwinden wollen.

Es hat Tradition in Deutschland, rechte Umtriebe zu verharmlosen. Es ist wichtiger, zu betonen, wie gleich schlimm linke und rechte Gewalt doch sind. Dabei zeigen die erfassten Delikte eindeutig, dass bei den Gewaltdelikten Faschos die Nase vorne haben, vor allem bei schweren. Tötungsdelikte oder Ähnliches gehen vor allem auf ihr Konto im Vergleich. Die erfassten Delikte von links sind vor allem Propagandadelikte o.ä.

Natürlich üben auch Linke Gewalt aus. Wir als TEAM NZS BXN propagieren das sogar. Die Gewalt richtet sich dabei aber gezielt gegen eben solche. Hier bekommt der NPD-Kader aufs Maul oder der lokale Fascho. Bei Rechten kann es jeden treffen. Du kannst nicht sicher sein, wenn du in ihr Feindbild passt. Und das tut nahezu jede/r, allein weil man selbst kein Fascho ist.

Das Ungleichgewicht

Woher kommt es nun aber, dass Faschos nicht so sehr unter Repression leiden? Sie bemühen sich schlicht mehr, keine Konflikte mit dem Staat zu haben. Bilder wie aus Apolda, bei denen sich Faschos mit PolizistInnen prügeln, sind äußerst selten. Vordergründig bemühen sie sich immer um einen guten Kontakt zu den Staatsbediensteten. Faschos wollen einen starken autoritären Staat. Aktuell ist er leider nicht faschistisch in ihren Augen, aber dafür können die PolizistInnen ja nichts. Zumal sie es auch toll finden, wenn die Linken, die ihre Demos blockieren wollen, was von der Polizei abbekommen.

Im Gegensatz dazu lehnen die meisten Linksradikalen staatliche Autorität ab. Allein dies reicht der Polizei oftmals schon als Grund für Eskalation. Gewaltaffine PolizistInnen, die sich schon darauf freuen „es mal so richtig den Zecken zu zeigen“, tun ihr Übriges. Natürlich sind wir auch teilweise keine Unschuldslämmer. Das wollen wir nicht für uns beanspruchen. Nur: die Verhältnismäßigkeit fehlt oftmals.

Solange Faschos nicht vor den Augen der Polizei gewalttätig werden, drücken sie gerne mal beide Augen zu. Auch bei nicht-gewalttätigen Delikten (Hitlergrüße z.B.) werden nur manchmal Anzeigen gefertigt, manchmal passiert auch nichts. Selten wird jemand mal aus einer Demo gezogen. Es stellt sich die Frage nach dem Grund für dieses Ungleichgewicht. Sind alle PolizistInnen selbst verkappte Nazis oder tolerieren sie zumindest?

Mikrokosmos Polizei

Das stimmt natürlich nicht. Die Polizei ist eine heterogene Gruppe. Hier findet man ja sogar links angehauchte Personen aus dem bürgerlichen Spektrum (Linksradikale wird man dort nicht finden, da dies jeder linksradikalen Wertvorstellung widerspricht). Aber natürlich findet man dort auch Personen, die in ihrer Freizeit gerne bei PEGIDA mitspazieren. Oder Schlimmeres. Aber das ist okay für den Staat. Es muss sich ja nur „innerhalb des demokratischen Spektrums“ bewegen. Und selbst wenn es sich mal außerhalb dessen bewegt, fällt es vielleicht niemanden auf der Dienststelle auf. Oder sie laufen direkt neben einem.

Die Polizei ist ein sich geschlossener Kreis. Außenstehende bekommen das Innenleben dieses Haufens nicht zu sehen. Wichtige Begriffe sind dort Zusammenhalt, Verlässlichkeit, Gehorsam und Fleiß. Liest sich das nicht wie Schlagwörter einer rechtsradikalen Burschenschaft? Natürlich sind Werte wie Verlässlichkeit bei der Polizeiarbeit wichtig. Denn wenn man nicht auf seine/n PartnerIn vertrauen kann bei einer Festnahme, kann es einem schon mal das Leben kosten. Deshalb werden diese Dinge auch bereits während der Ausbildung immer und immer wieder trainiert.

The dark Side of the Police

So soll eine bestens vorbereitete verschworene geschlossene Gruppe entstehen, die für „Gerechtigkeit“ sorgt. Aber die oben erwähnten Schlagwörter haben auch ihre negativen Seiten: Korpsgeist, unhinterfragte Autorität, blinder Gehorsam, wenig Möglichkeiten der Einflussnahme von außen, etc. Solche geschlossenen Systeme müssen sich selbst zu erhalten. Um dies zu bewerkstelligen, müssen sie sich immunisieren.

Nehmen wir nun mal an, dass jemand ein Problem mit einem Einsatz hat. Zunächst ist diese Person an die Weisung gebunden. Sie kann zwar remonstrieren. Dies kann aber nur zum Erfolg führen, wenn die Weisung unrechtmäßig ist. Bei klar rechtmäßigen Befehlen haben die BeamtInnen diese auszuführen – ohne Wenn und Aber. Selbst bei der Remonstration müssen die BeamtInnen, nachdem Vorgesetzte/r und nächsthöhere/r Vorgesetzte/r die Maßnahme abgesegnet haben, diese ausführen. Die Remonstration schützt den/die PolizistIn zwar später vor Disziplinarmaßnahmen, aber der Schaden ist dann schon angerichtet.

Niemand muss Bulle sein

Ein Gewissen darf man also schon mal nicht haben. Im Zweifel muss man auch Dinge tun, die man niemals für möglich gehalten hätte. Im besten Fall für einen selbst hat man sich vorher immunisiert, so dass man juristisch nicht belangt werden kann. Selbst wenn man das nicht getan hat, kommt im Zweifelfall die eigene Behörde zu Hilfe. Denn Polizeigewalt wird selten bis nie verfolgt. Selbst bei klaren Rechtsbrüchen findet kaum eine strafrechtliche Verfolgung der betroffenen PolizistInnen statt. Zum einen liegt das an der fehlenden Kennzeichnungspflicht (bis auf wenige Ausnahmen) oder dem/der Kollegin, der/die dann doch auf eine Aussage verzichtet, wenn es eine/n KollegIn belasten könnte.

In einer verschworenen Gemeinschaft lässt es sich gut aushalten, solange man nicht das Nest beschmutzt. WhistleblowerInnen und Ähnliches sind dort nämlich gar nicht gern gesehen. Bist du nicht für uns, bist du gegen uns. So tritt auch hier eine weitere Art der Selbstimmunisierung des Systems Polizei auf. Verstöße dürfen nicht nach außen dringen. KollegInnen, denen der Schlagstock besonders locker sitzt, gilt es zu schützen. Tust du das nicht, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, aus der verschworenen Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden.  Aktuell läuft eine Untersuchung, die zeigen soll, warum so selten Polizeigewalt verfolgt wird (http://www.taz.de/!5523395/).

Dazu kommt, dass es in Deutschland keine externe Stelle für interne Untersuchungen z.B. bei Polizeigewalt gibt. Dieselben Leute, die selbst Teil der verschworenen Gemeinschaft sind, sollen also darüber entscheiden, ob eine/r der KollegInnen etwas falsch gemacht hat? Man kann sich vorstellen, dass solche Untersuchungen nicht gerade häufig zu dem Schluss kommen, dass ein Fehlverhalten vor lag. (https://www.deutschlandfunk.de/fehlverhalten-von-beamten-wenn-polizisten-das-staatliche.1773.de.html?dram:article_id=430143)

Die Negativbeispiele

Wir reden hier übrigens immer noch von den wenigen Exemplaren, die irgendwie „gut“ sind. Diejenigen, die noch ein wenig hinterfragen oder gar versuchen das System Polizei zu verändern. Es nützt aber nichts. Der Fisch stinkt vom Kopf her. Es krankt an Grundlegendem. Eine einzelne Person oder selbst viele können die systemimmanenten Fehler nicht beheben.

Denn auf jede Person, die etwas in diesem System versucht, zum Guten zu verändern, kommen noch Hunderte mehr, die das gar nicht erst wollen oder sogar das kaputte System zu ihren Zwecken nutzen. Korruption, Gewaltaffinität, Autoritarismus, Rassismus, Sexismus sind weit verbreitet. Es gibt genug Leute, die PolizistInnen werden, weil sie sich in dieser Welt wohlfühlen. Sie können sich dort voll ausleben.

Oury Jalloh und andere Opfer der Polizei

Gerade der oben erwähnte Rassismus ist inzwischen institutionalisiert. Polizeiliche Maßnahmen beziehen sich überproportional häufig auf PoC. Gerade in „Brennpunkten“ werden gerne mal alle, die nicht deutsch aussehen, unter Generalverdacht gestellt, kontrolliert und durchsucht. Dabei ist es recht egal, ob es um die Umsetzung einer unlogischen Drogenpolitik oder um Bagatelldelikte geht. Sowohl beim Verdacht des Verkaufs von 5 Gramm Gras als auch beim mutmaßlichen Schwarzfahren müssen in der Logik der Polizei PoC „die volle Härte des Gesetzes“ zu spüren bekommen. Wären sie weiß, hätten sie da mehr Glück.  (https://www.neues-deutschland.de/artikel/1088450.polizeikontrollen-und-racial-profiling-prozent-trefferquote-bundespolizei-kontrolliert-fast-nur-unschuldige.html)

Aber dies ist nicht die einzige Klientel, die unter solchen Schikanen zu leiden hat. Dies kann jeder Person, die „am Rande der Gesellschaft“ steht, passieren. DrogenkonsumentInnen, Obdachlose, Prostituierte, Punks, BettlerInnen, Flüchtlinge etc. sind alles potenzielle Ziele von Polizeigewalt oder anderweitiger Diskriminierung. Mit ihnen kann man es machen. Nicht jede/r verbrennt in seiner Zelle in Dessau oder Geldern oder kommt auf andere Art und Weise mysteriös ums Leben. Es muss noch nicht einmal zu körperlicher Gewalt kommen. Die täglichen Erniedrigungen reichen aus, um Hass auf die Polizei zu bekommen.

Die Polizei und wir

Bei nicht-marginalisierten Gruppen kommt es dagegen deutlich seltener zu solchen Übergriffen. Dies liegt wohlmöglich an einem privilegierten Status. Polizeigewalt? Personalienkontrollen? Beschimpfungen? Hast du bisher nicht erfahren müssen, weil du die richtige Hautfarbe hast und angepasst genug bist. Aber selbst wenn du die richtige Hautfarbe hast: Bist du nur unangepasst genug kannst du Probleme bekommen. Wir Linksradikalen können ein Lied davon singen.

Dazu bedarf es noch nicht einmal handfesten Auseinandersetzungen auf Demos oder Ähnlichem. Selbst kleinste Verdachtsmomente reichten aus, damit es zu massiven Bespitzelungen durch den Staat oder anderen Repressionen kam. Wir sind (neben Fußball-Ultras) wohl des PolzistInnen liebstes Spielfeld, um sich auszutoben. Personalienkontrollen und GefährerInnenansprachen sind der Normalfall auf Demos. Selbst Platzverweise wegen Nichtigkeiten („Nee, so mit den schwarzen Klamotten darfste nicht auf die Demo.“) sind keine Seltenheit.

Wir sind nicht alle, es fehlen die Gefangenen

Noch viel dicker kommt es, wenn man sich laut Polizei tatsächlich etwas hat zu Schulden kommen lassen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es tatsächlich so war oder nicht. Allein das Prozedere (Anzeige, GeSa, Anklage, etc.) frisst Nerven, Zeit und Geld. Deshalb ist es auch so wichtig, starke PartnerInnen zu haben, die einen den Rücken stärken. Denn auch diese Vorgehensweise ist eine Taktik des Polizeiapparats. Zermürbung soll linksradikale Gruppen zerschlagen. Gerade deshalb ist es auch so wichtig, zusammenzuhalten. Denn alleine machen sie dich ein.

Bei einer Verurteilung droht noch größeres Unheil. Wenn man Glück hat, ist es nur eine Geldstrafe. Es kann jedoch schlimmer kommen. Der Repressionsapparat des Staates kann dort seine volle Wirkmacht zeigen. Einschüchterung, Freiheitsverlust, Ansehensverlust, möglicher Verlust der geistigen und körperlichen Gesundheit, Einschränkung der Kontakte, eventuelle Arbeitslosigkeit, etc.: Dies alles kann auf eine/n Inhaftierte/n zukommen. Deshalb sollte man auch Solidarität nicht nur als Wort begreifen, sondern praktisch leben. Denn diejenigen, die ihre Freiheit verloren haben (und das sind nicht gerade wenige), wissen, was der Staat mit einem anstellen kann. Dies soll uns nicht passieren.

Zieh lieber eine Line Zement als down zu sein mit Rainer Wendt

Man muss sich als „guter Bulle“ sehr einsam vorkommen. Insbesondere dann, wenn man bedenkt, dass auch die „Sprachrohre“ der Polizei sich immer mehr dem rechten Duktus der AfD und co. anpassen. Ganz vorn mit dabei: Rainer Wendt und seine Deutsche Polizeigewerkschaft. Der Heuchler, der jahrelang zu Unrecht Bezüge kassiert hat, gibt den größten Moralapostel. Dabei predigt er gerne vom „starken Staat“, bedient sich rassistischer Narrative, biedert sich an Rechte an und ist auch selbst ein ziemlicher Hufeisensohn.

Das schlimmste daran ist, dass viele PolizistInnen genauso denken. Zwar ist Wendts Gewerkschaft noch nicht mal die größte Polizeigewerkschaft, aber auch die anderen Gewerkschaften äußern sich zumindest für einen stärkeren autoritären Wandel, jedoch in milderer Form als der Dampfplauderer Wendt. Wie gut es um kritische PolizeibeamtInnen bestellt ist, sieht man alleine an der Mitgliedszahl der „Bundesarbeitsgemeinschaft kritischer Polizistinnen und Polizisten“. Die haben nämlich aktuell genau zwei Mitglieder. 2010 fand die letzte MitgliederInnenversammlung statt. So viel dazu, dass NestbeschmutzerInnen nicht gerne gesehen werden.

Was sind denn die Alternativen?

Oft wird gesagt, es gäbe keine Alternative zu der Polizei. Irgendjemand muss Recht und Ordnung aufrechterhalten. In den Augen solcher Menschen kann dies nur durch einen Polizeiapparat geschehen. Dabei gibt es durchaus alternative Konzepte. Unter dem Schlagwort „Strong Communities make Police obsolete“ oder „Community Self Defense“ haben sich Linksradikale einige Gedanken darüber gemacht.  Es gibt auch noch zahlreiche andere Konzepte diesbezüglich.

Immer wieder werden wir gefragt, ob wir nicht bei Notfällen die Polizei rufen. Man ist verpflichtet zu helfen, wenn man schwerwiegende Delikte sieht. Dazu ist aber nicht zwangsläufig die Polizei erforderlich. Wenn man es nicht alleine kann, sollte man sich Hilfe holen. Wenn man sich tatsächlich der Polizei bedienen muss, sollte man dies auch nur dann tun, wenn es unumgänglich ist. Wenn jemand im Park Drogen kauft, geht das euch nichts an. Lasst die Cops da lieber aus dem Spiel.

Wirklich niemand muss Bulle sein

Zum Abschluss stellt sich die Frage, wie wir nun mit dem „polizeilichen Gegenüber“ umgehen sollen. Immer umklatschen würde zwar der/dem ein oder anderen diebische Freude bereiten, ist aber nur bedingt sinnvoll. Stiefel lecken und immer schön höflich bleiben, dürfte den Wenigsten in den Sinn kommen. Das können wir auch nachvollziehen.

Letztlich muss jede/r für sich einen Mittelweg finden. Für manche mag das ein Ignorieren sein, für jemand anderes dann schon eher ein konfrontativer Weg. Eins ist aber klar: linksradikal sein und BullenfreundIn sein verträgt sich nicht. Sie sind immer noch Hüter dieses bürgerlichen Rechtsstaats, den es zu überwinden gilt.

Wie oben dargelegt, kann es keine Freundschaft mit diesen Leuten geben. Wir stehen konträr zu allem, wofür sie stehen. Wenn PolizistInnen unter unseren LeserInnen sind, sollten sie eines wissen: Ihr dient den Falschen. Zieht die Uniform aus. Quittiert den Dienst. Wirklich niemand muss Bulle sein!

]]>
https://rambazamba.blackblogs.org/2018/10/12/acab-oder-etwa-doch-nicht/feed/ 83