RIsE https://riseffm.blackblogs.org Raum für Information und selbstbestimmte Entscheidungen Tue, 30 Nov 2021 08:13:52 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://riseffm.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1857/2021/11/cropped-Bildschirmfoto-2021-11-09-um-15.12.56-32x32.jpg RIsE https://riseffm.blackblogs.org 32 32 Über Schwangerschaftsabbrüche und Pränataldiagnostik in Deutschland https://riseffm.blackblogs.org/praenataldiagnostik/ Tue, 09 Nov 2021 10:36:48 +0000 http://riseffm.blackblogs.org/?p=84 Unsere Analyse und Bewertung der Gesetzestexte zu Schwangerschaftsabbrüchen lässt nur ein Schluss zu: Die Möglichkeit einen legalen und damit scheinbar auch legitimen Abbruch durchzuführen, ist nur dann möglich, wenn der Fötus nicht der gesellschaftlich und staatlich konstruierten Norm entspricht.

Seit Jahrzehnten setzen sich viele Menschen, vor allem Flinta* Personen, also Frauen, Lesben, Inter- ,Nichtbinäre-, Trans- und Agender- Personen, mit den Widrigkeiten im Zusammenhang mit Schwangerschaftsabbrüchen auseinander. Sie kämpfen entschieden für die Legalisierung weltweit. Die gesetzlichen Regelungen in Deutschland hierzu bestehen teilweise schon seit 150 Jahren und wurden seitdem nur geringfügig angepasst, in Teilen sogar verschärft. 

Schwangerschaftsabbrüche sind in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig und durch § 218 Strafgesetzbuch mit Strafe bedroht. Obwohl dies sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene kritisiert wird. So fordert z.B. der Ausschuss der UN Frauenrechtskonvention von Deutschland bereits seit Jahren die Streichung dieses Paragraphen aus dem Strafgesetzbuch. Nach dieser Regelung im Strafgesetzbuch ist es einer schwangeren Person nicht möglich, innerhalb der Rechtsordnung die Entscheidung gegen ein Kind zu treffen und damit selbstbestimmt über ihren Körper und ihr weiteres Leben zu entscheiden.

Nur unter bestimmten, eng gefassten Voraussetzungen ist ein Abbruch straffrei und wird nicht rechtlich verfolgt. Bedingung hierfür ist sowohl das Einhalten einer minutiös vorgegebenen zeitlichen Frist von 12 Wochen, als auch die Wahrnehmung eines  Beratungstermins in einer Beratungsstelle und die Vorgabe einer 3-tägigen sog. Bedenkzeit zwischen Beratungstermin und Durchführung des Abbruchs. Die schwangere Person bleibt nach diesem Vorgang zwar straffrei, allerdings wird der Abbruch von der Rechtsordnung immernoch als „rechtswidrig“ eingestuft und die schwangere Person so rechtlich an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Das Verbot in Paragraph 219a verhindert außerdem das Bereitstellen notwendiger Informationen über Schwangerschaftsabbrüche durch Ärzt*innen. Schwangeren Personen wird es systematisch erschwert, überhaupt erst an die notwendigen Informationen über die medizinischen und rechtlichen Rahmenbedingungen bezüglich Schwangerschaftsabbrüchen zu kommen. Dieser Regelungskomplex steht im Widerspruch zu dem Menschenrecht auf reproduktive-, sexuelle- und körperliche Selbstbestimmung. Dieses schützt die Entscheidung für, aber auch die medizinische Ausführung eines Schwangerschaftsabbruchs.

Wird ein Abbruch hingegen aus medizinischen Gründen durchgeführt, d.h. aufgrund einer möglichen Beeinträchtigung oder Erkrankung des Fötus, so ist dieser per Gesetz ausdrücklich straffrei. Diese rechtliche Bewertung bedeutet, dass ein sog. medizinisch indizierter Schwangerschaftsabbruch dann innerhalb der Rechtsordnung, sprich legal, und zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft möglich ist. Außerdem werden die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch dann vollständig von den Krankenkassen übernommen. Eine solche medizinische Indikation kann sich im Rahmen von Pränataldiagnostik ergeben.

Pränataldiagnostik ist eine vorgeburtliche Untersuchung des Fötus. Seit diesem November wird das nicht-invasive Pränataltest-Verfahren durch die Krankenkassen finanziert, wenn zuvor eine ärztliche Beratung stattgefunden hat. Dieser vorgeburtlicher Bluttest dient der Entdeckung chromosomaler Abweichungen, die zu den autosomalen Trisomien 13, 18 und 21 und X / Y Chromosomen Anomalien führen. Diskutiert wird, ob ab Frühjahr 2022 diese Untersuchung zur Routinevorsorge gezählt werden soll.

Das neue nicht-invasive Pränataltest-Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass die Untersuchung durch einen einfachen und kostengünstigen Bluttest durchgeführt wird. Die schwangere Person ist somit kaum einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt und kann diesen direkt bei der gynäkologischen Untersuchung mit durchführen lassen. Der Zugang ist nun also sehr viel niedrigschwelliger als zuvor. Das Ergebnis dieser Untersuchung und anderer pränataldiagnostischer Verfahren soll eine Aussage über die sogenannte „Gesundheit“ des Fötus machen. Das, was als gesund angesehen wird, richtet sich jedoch nach einer vom Staat definierten Norm. Die Aufstellung dieser Norm stellen wir entschieden in Frage. Denn was passiert, wenn bei der pränatalen Untersuchung ein „auffälliges“ Ergebnis herauskommt? 

Laut Gesetz sind Ärzt*innen dazu verpflichtet, über das Ergebnis der Untersuchung aufzuklären und die schwangere Person an entsprechende Beratungsstellen zu verweisen. Die schwangere Person hat dann die Möglichkeit, sich für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch zu entscheiden. Sie muss dann zwar weiterhin eine dreitägige „Bedenkzeit“ einhalten, gesetzlich wird sie jedoch nicht dazu gezwungen einen Beratungstermin in Anspruch zu nehmen. Ihr wird auch keine zeitliche Frist von 12 Wochen vorgeschrieben. Und sie muss keine Entscheidung treffen, mit der sie außerhalb der Rechtsordnung steht. 

Kurz gesagt: Wenn die Person ein erhöhtes Risiko hat, ein Kind zu gebären, das vermeintlich beeinträchtigt sein könnte oder, wie vom Gesetzestext als „geschädigt“ definiert wird, (§2a Abs.1 Schwangerschaftskonfliktgesetz), wird die Entscheidung zu einem Abbruch gesetzlich begünstigt. Wer voraussichtlich ein „gesundes Kind“ erwartet  und sich für einen Abbruch entscheidet, macht sich unter bestimmten Voraussetzungen gesetzlich strafbar. Dass schwangere Personen selber entscheiden können einen Abbruch vorzunehmen, wenn eine medizinische Indikation vorliegt, finden wir zwar richtig. Die großen Unterschiede in der rechtlichen Bewertung der Entscheidung der schwangeren Person sind aber höchst problematisch.

Diese festgelegte Wertigkeit von Menschen anhand vermeintlicher Gesundheit oder Krankheit steht im klaren Widerspruch zu unserer Vorstellung davon, dass allen Menschen die gleichen Chancen ermöglicht werden sollen. Außerdem steht die Wertung und damit die staatliche Verwertbarkeit von Menschen im Widerspruch zu den gesetzlich verankerten Zielen und Maßnahmen zur Inklusion. Möglicherweise werden bald die in dem neuen nicht-invasiven Pränataltest-Verfahren untersuchten Syndrome routinemäßig festgestellt und von der Krankenkasse übernommen. Damit wäre es dann möglich Schwangerschaften mit diesen Indikationen niedrigschwellig und ohne weitere Beratung abzubrechen. Was ist die Botschaft, die mit den Regelungen im Zusammenhang mit pränatalen Untersuchungen und Schwangerschaftsabbrüchen transportiert wird? 

Angeblich steht dabei die körperliche und psychische Gesundheit der schwangeren Person und des Fötus im Mittelpunkt. Aber mit diesen Regelungen wird vielmehr staatlicher Druck aufgebaut, einen Schwangerschaftsabbruch nur dann durchzuführen, wenn der Fötus nicht der staatlich konstruierten Norm entspricht! Durch die Rechtslage wird der Abbruch bei einem potentiell „leistungsschwächeren“ Menschen eindeutig begünstigt. Eine solche diskriminierende Einteilung in Menschengruppen, die sich seit Jahrhunderten trotz aller vorgegebener Fortschrittlichkeit und Modernität nicht verändert hat, lehnen wir ab!

– Wird fordern deshalb die Entkriminalisierung aller Schwangerschaftsabbrüche und eine individuelle Beratungs- und Unterstützungsangebote, frei von Moralisierung, frei von Stigmatisierung und frei von Zwang – für alle, die eine solche Beratung wünschen! 

– Wir fordern, Schwangerschaftsabbrüche unabhängig davon, ob medizinisch indiziert oder nicht, als Krankenkassenleistung anzuerkennen!

– Wir fordern, die Anerkennung selbstbestimmter Entscheidungen! 

– Und damit fordern wir letztlich nur die längst überfällige Umsetzung der Menschenrechte auf reproduktive-, sexuelle- und körperliche Selbstbestimmung!

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Aktionstage gegen patriachale Gewalt https://riseffm.blackblogs.org/aktionstage-gegen-patriachale-gewalt/ Tue, 09 Nov 2021 08:24:34 +0000 http://riseffm.blackblogs.org/?p=43 Gemeinsam für ein Ende der Gewalt auf der Straße und zu Hause!

19. bis 25. November 2021 in Frankfurt am Main

Anlässlich des Trans(*) Day of Remembrance und des internationalen Tages gegen Gewalt gegen Frauen rufen wir vom 19. bis 25.11.2021 alle trans(*), inter, nicht-binären, genderqueeren Menschen und Frauen zum Widerstand auf. Du bist nicht allein!

Wir stehen solidarisch mit unseren Geschwistern auf der ganzen Welt und kämpfen gemeinsam gegen patriarchale Gewalt, Hass und Faschismus.

Wir positionieren uns gegen jede Form von Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Queerfeindlichkeit.
Ob Zuhause oder auf der Straße, ob bei Behörden, auf der Arbeit oder im Gesundheitssystem, ob Pandemie oder Wirtschaftskrise – Selbstverteidigung und Selbstbestimmung sind unser Recht!

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