Corona-Proteste https://rkowl.blackblogs.org Sat, 09 Apr 2022 17:46:59 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Stellungnahme zum bisherigen Verhalten von Rektorat und juristischer Fakultät der Universität Bielefeld in der Sache Martin Schwab https://rkowl.blackblogs.org/2022/04/09/stellungnahme-zum-bisherigen-verhalten-von-rektorat-und-juristischer-fakultaet-der-universitaet-bielefeld-in-der-sache-martin-schwab/ Sat, 09 Apr 2022 17:46:59 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1650 Continue reading Stellungnahme zum bisherigen Verhalten von Rektorat und juristischer Fakultät der Universität Bielefeld in der Sache Martin Schwab ]]> Am 21.03.22 haben wir unsere Recherche zu Martin Schwab veröffentlicht und auch an die Universität Bielefeld und die dortige juristische Fakultät versandt.

Sowohl Rektorat als auch Dekanat der Fakultät für Rechtswissenschaft geben an, Schwabs Positionen zu der Covid-19-Pandemie nicht zu teilen. Außerdem werde das Rektorat „die vorliegenden Informationen sorgfältig auswerten und in Hinblick auf die Grenzen der Meinungsfreiheit und beamtenrechtlichen Pflichten bewerten“. Inhaltlich geht die bisherige Positionierung von Rektorat und Fakultät nicht darüber hinaus, zu den Corona-Schutzmaßnahmen eine andere Position zu haben. Und genau mit dieser inhaltlichen Zurückhaltung billigen Rektorat und Fakultät Schwabs Positionen unkommentiert als akzeptabel. Wissenschaftlich nicht haltbare Fehlinformationen und juristisch falsche Gesetzesauslegungen werden so als für die Universität Bielefeld schlicht akzeptabel abgetan.

Auch Leser*innen, die keinen (wie auch immer gearteten) wissenschaftlichen Hintergrund haben, wird beispielsweise bei der Lektüre von Schwabs Wodarg-Verteidigungsschrift schnell auffallen, dass ein Großteil des Textes aus Schwurbelei, Mutmaßungen und Spekulationen besteht und mitnichten, wie Schwab selbst behauptet, aus „Forschungsergebnissen“. Es ist, nebenbei bemerkt, auch Schwabs einzige Schrift, die er über die Uni-Website extra bewirbt. Eine Schrift, in der Schwab bereits Presse und Medien als Feinde ausmacht. Er bezeichnet insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien als voreingenommen, als „Feind des Pluralismus“(S. 36) und „gebührenfinanzierte Boshaftigkeit auf der tiefsten Stufe der Niedertracht“ (S. 46). Wir fragen uns, wie das mit dem Selbstverständnis der Universität und der Fakultät für Rechtswissenschaften überein passt. Im Zuge der verschwörungsideologischen Demonstrationen ist es bundesweit zu einem massiven Anstieg gewaltsamer Angriffe auf Pressevertreter*innen gekommen. Mit seiner aggressiven Rhetorik und konstruierten Schuldzuweisungen an Journalist*innen trägt Martin Schwab zu der aggressiven Stimmung und auch dem Gewaltpotenzial seiner Zuhörer*innen bei den verschwörungsideologischen Demos bei. Am 18.03.22 belohnte sein Publikum Schwabs Worte mit „Lügenpresse“-Rufen. Wir fragen uns, wie die Uni Bielefeld dies unkommentiert stehen lassen kann.

Audio-Aufnahmen von einer von Schwab gehaltenen Vorlesung am 07.04.22 belegen, dass Schwab die medizinischen Falschinformationen, die er bereits seit 2 Jahren immer wieder verbreitet, auch gegenüber den Jura-Studierenden anbringt. Er halte von der geltenden Maskenregelung an der Uni nicht viel und forderte die Studierenden indirekt mehr als deutlich auf, die medizinischen Masken abzunehmen.

„[…] Ich will ja nicht, dass mir hier einer umfällt. Und das sage ich nicht, weil ich irgendwie Schwurbel- Schwurbel-Nazi-rechts-rechts-Nazi bin oder was man sich alles über mich erzählt, ne, sondern schlicht und einfach äh weil ich für ihre Gesundheit verantwortlich bin. So ne. Und das mit der Hyperkapnie und CO2 äh Überkonzentration und so was ähnliches steht halt dummerweise in peer-reviewten medizinischen [unverständlich]“.

Der Mythos der gesundheitlichen Schädigung durch Tragen medizinischer Masken ist mehrfach hinlänglich als falsch belegt worden. Schwab verbreitet ihn dennoch in seiner Vorlesung.

Jede Kritik an der verschwörungsideologischen Bewegung der Corona-Leugner*innen lehnt Schwab als inszeniert und erlogen ab. Wir verwenden den Begriff „Coronaleugner*in“ analog zur Definition des Duden: Personen, welche die Existenz oder die Gefahren der Covid-19-Pandemie leugnet. Daher passt der Begriff sowohl für die politische Szene, in der Schwab aktiv ist, als auch für Schwab selbst. Presse und Medien sind nicht nur wegen der Berichterstattung zu Corona und den Schutzimpfungen ein Dorn in Schwabs Auge, sondern auch besonders aufgrund der kritischen Berichterstattung zu den Demos der coronaleugnerischen Szene. Es ist vielfach belegt, dass bei den coronaleugnerischen Demos bundesweit neben Kritik an den Schutzmaßnahmen vor allem strukturell bis offen antisemitische Verschwörungsmythen, autoritäre Anrufungen sowie reichsideologische Positionen dominieren. Ein weit verbreitetes propagandistisches Mittel dieser Szene ist die systematische Relativierung der Verbrechen NS-Deutschlands. Mittlerweile gibt es mehrere wissenschaftliche Untersuchung dazu, zum Beispiel Nachtwey, Frei und Schäfer (2020) oder zuletzt Lamberty, Holnburger und Goedeke Tort (2022). Auch der Verfassungsschutz beschreibt antidemokratische und verschwörungsideologische Themen als bestimmend für die Szene, in der Schwab sich bewegt. Neben der ideologischen Verortung der bestimmenden Themen zeigen sich auf den Demos bundesweit und auch hier in Bielefeld immer wieder Neonazis, Reichsbürger*innen, Mitglieder der neofaschistischen Identitären Bewegung oder der nationalistischen AfD. Auch dies ist mehrfach und ausführlich belegt. Ebenso wie das Potenzial für gewaltsame Ausschreitungen. In seinen Stellungnahmen und auch seiner Rede vom 18.03.22 leugnet Schwab diese Umstände systematisch. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie die gezielte Verbreitung von Desinformationen von der Uni Bielefeld unkommentiert geduldet werden kann.

In juristisch nicht haltbarer Weise betonte Schwab in seiner Rede und auch in seinen seither erfolgten Stellungnahmen:

Denn ich bleibe dabei: Wer unbescholtene Menschen, die einfach nur ihr Leben zurückhaben wollen, mit Rechtsextremen gleichsetzt, banalisiert das Treiben derjenigen, die wirklich mit einer ausländerfeindlichen und rassistischen Agenda unterwegs sind, und verharmlost auf diese Weise das NS-Unrecht. Einschlägig ist hier § 130 Abs. 3 StGB. (Martin Schwab, 01.04.22 via Facebook)

§ 130 StGB Abs. 3 legt ein Strafmaß von bis zu fünf Jahren für die Billigung, Leugnung oder Verharmlosung der Shoa und anderer NS-Verbrechen fest. Es ist der Paragraph, wegen dem die (Neo-)Nazis Ursula Haverbeck, Horst Mahler oder auch Rigolf Hennig mehrfach verurteilt wurden. Wenn Martin Schwab als Jura-Professor in der Öffentlichkeit eine offensichtlich falsche Rechtsauslegung propagiert und journalistische und antifaschistische Recherchen zu der verschwörungsideologischen Szene als „Verharmlosung des Holocaust“ (Schwab in seiner Rede am 18.03.22 auf dem Kesselbrink) verklärt, verleiht er dieser unhaltbaren Position einen vermeintlichen Experten-Status. Es ist eine gängige Diskurspraktik der geschichtsrevisionistischen Szene, durch die gezielte inhaltliche Enthölung der Begriffe die historische Dimension der Verbrechen NS-Deutschlands in der öffentlichen Meinung zu schwächen. Mit seinen falschen Darlegungen arbeitet Schwab dieser Szene aktiv zu. Und die Leitung der Universität Bielefeld und die juristische Fakultät akzeptieren durch ihre Nicht-Positionierung Schwabs Äußerungen als akzeptabel. Wir fordern das Rektorat der Uni Bielefeld und die juristische Fakultät auf, sich zu Schwabs Rechtsauslegung des § 130 StGB Abs. 3 zu äußern.

Mit unseren Recherchen haben wir sowohl im August 2021 als auch im März 2022 Schwabs wiederholte Zusammenarbeit mit Neonazi und Geschichtsrevisionistin Juliane Sprunk belegt. Schwab selbst räumt die Zusammenarbeit ein, versucht aber, Sprunk als „Mutter zweier Kinder“ zu entpolitisieren. Fakt ist, Schwab hat wissentlich mit Sprunk kooperiert, trat mit ihr gemeinsam bei einer von Sprunk organisierten Veranstaltung auf und zeigte sich dort mit ihr vertraut und per du. Juliane Sprunks Teilnahme an der neonazistischen Haverbeck-Demos ist ebenso eindeutig belegt wie ihre Aktivitäten in der verschwörungsideologischen sowie der geschichtsrevisionistischen Szene. Sprunk selbst bestätigte 2021 gegenüber der Neuen Westfälischen (NW) ihre Teilnahme an den Neonazi-Demos. Schwab negiert alle diese Evidenzen komplett, er übergeht Sprunks eigene Bestätigung der Recherchen und versucht so, seine Kooperation mit einer bekannten ultranationalistischen Akteurin zu verharmlosen. In seiner Stellungnahme an einen Redakteur der NW vom 01.04.22 schreibt Schwab auf Facebook:

Bisher kenne ich über die Dame, die mir als „rechter“ Kontakt zum Vorwurf gemacht wird, nur die Informationen, die im Dossier des bereits erwähnten antifaschistischen Recherche-Kollektivs erwähnt sind. Und diese Informationen halte ich in keiner Weise für vertrauenswürdig. Auch Sie liefern im Text Ihrer Fragestellung nur Behauptungen, aber keine Belege.

Wenn ich mich also näher damit beschäftigen wollte, müsste ich eigene Ermittlungen anstellen. Ich müsste herausfinden, bei welchen Veranstaltungen besagte Dame tatsächlich zugegen war, was das genau für Veranstaltungen waren, wer diese Veranstaltungen verantwortlich organisiert und durchgeführt hat und wie diese verantwortlichen Personen politisch einzuordnen sind. Ich müsste mir ferner nähere Kenntnisse über Ursula Haverbeck aneignen; denn sie war mir völlig unbekannt, bevor Herr Gerdener mich mit diesem Namen im Hintergrund-Interview zu seinem Hetz-Artikel gegen mich vom 10.8.2021 (Datum der Online-Veröffentlichung) konfrontierte.

Ich müsste wissen, was genau sie gesagt hat und wofür genau sie verurteilt wurde. Und als Rechtswissenschaftler würde ich mir selbstverständlich auch eine eigenständige Bewertung vorbehalten, ob mich das Urteil überzeugt. Das heißt: Selbst wenn die Frau bei bestimmten Veranstaltungen tatsächlich dabei gewesen sein sollte, müsste ich hinterfragen, auf welcher Tatsachengrundlage und anhand welcher Maßstäbe diese Veranstaltungen als missbilligenswert angesehen werden.

Solange ich das alles nicht gemacht habe, ist die Frau, mit der ich damals kooperiert habe, für mich eine unbescholtene Bürgerin.

Schwab muss keine „eigenen Ermittlungen anstellen“, Sprunk selber hat unsere Recherchen schon bestätigt. Da gibt es gar nichts zu debattieren. Für Schwab ist Sprunk „eine unbescholtene Bürgerin“. Angesichts der Erfahrung der Uni Bielefeld mit neonazistischen Studierenden insbesondere an der juristischen Fakultät und der daraus resultierenden Initiation der „Uni ohne Vorurteile“ möchten wir wissen, wie Rektorat und juristische Fakultät die politische Kooperation eines Universitätsprofessors mit einer ultranationalistischen Aktivistin & Haverbeck-Unterstützerin wie Sprunk bewerten. Und Schwabs Statement offenbart noch einen weiteren politisch sowie juristisch hochproblematische Aspekt:

Ich müsste mir ferner nähere Kenntnisse über Ursula Haverbeck aneignen; denn sie war mir völlig unbekannt, bevor Herr Gerdener mich mit diesem Namen im Hintergrund-Interview zu seinem Hetz-Artikel gegen mich vom 10.8.2021 (Datum der Online-Veröffentlichung) konfrontierte.

Ich müsste wissen, was genau sie gesagt hat und wofür genau sie verurteilt wurde. Und als Rechtswissenschaftler würde ich mir selbstverständlich auch eine eigenständige Bewertung vorbehalten, ob mich das Urteil überzeugt.

Schwab behauptet, vor dem NW-Artikel aus dem August 2021 noch nie etwas von Ursula Haverbeck gehört zu haben. Schwab wurde 2015 an die Universität Bielefeld berufen. 2018 und 2019 fanden in Bielefeld drei Neonazi-Großaufmärsche statt, über die sehr ausführlich und langanhaltend in den Medien berichtet wurde. Die neonazistischen Aufzüge waren über Monate Thema in der Stadtpolitik und sogar im Landtag NRW. In der NW finden sich mehr als 30 Artikel seit 2015, in denen Haverbeck erwähnt wird, ebenso beim Westfalenblatt. Es wurde im regionalen Fernsehen und im Radio dazu berichtet. Auch an der Uni Bielefeld war Haverbeck Thema: das Institut für Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld veranstaltete im Dezember 2020 eine digitale Podiums-Diskussion, in der Haverbeck ausführlich thematisiert wurde. Das Schwab trotz all dem behauptet, noch niemals etwas von Haverbeck gehört zu haben und zu keiner Bewertung Haverbecks politischer Aktivitäten in der Lage zu sein, ist mehr als unglaubwürdig. Das er auch 8 Monate nach dem ersten NW-Artikel keinerlei Informationen über Haverbeck haben will, ist nur noch dreist. Durch seine Formulierung: „Ich müsste wissen, was genau sie gesagt hat und wofür genau sie verurteilt wurde. Und als Rechtswissenschaftlicher würde ich mir selbstverständlich auch eine eigenständige Bewertung vorbehalten, ob mich das Urteil überzeugt.“ legt Schwab außerdem nahe, dass er Haverbecks einschlägige Verurteilungen u.a. wegen § 130 StGB Abs. 3 potenziell in Frage stellt. Schwabs Äußerungen sind inakzeptabel und juristisch ebenfalls falsch. Zur juristischen Korrektheit und Eindeutigkeit Haverbecks Verurteilungen liegt ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. Juni 2018 – 1 BvR 673/18 -, Rn. 1-37). Es obliegt nicht dem persönlichen Geschmäckle von Martin Schwab, ob Ursula Haverbeck die Shoa geleugnet hat. Und es sagt eine Menge über Schwab aus, wenn er dazu keine oder gar eine skeptische Haltung findet. Seine Haltung passt zu der Akzeptanz geschichtsrevisionistischer Mythen und Beteiligung entsprechender Akteur*innen in der Corona-leugnerischen Bewegung.

Wir fordern Rektorat und juristische Fakultät auf, sich konkret zu diesen Aussagen Schwabs zu äußern.

Wir begrüßen die klare Positionierung des AStA und auch die Stellungnahme der Jüdischen Hochschulgruppe der Uni Bielefeld ausdrücklich. Und wir fordern Rektorat und Fakultät auf, die Studierenden in dieser Auseinandersetzung nicht allein zu lassen. Diverse Blogs und Vereinigungen der Corona-leugnerischen Bewegung haben sich mit Schwab solidarisiert und greifen insbesondere den AStA als vermeintlichen Gegner Schwabs heraus. Das Nicht-Verhalten die Verantwortlichen an der Uni Bielefeld stärkt die Unterstützer*innen Schwabs aus der verschwörungsideologischen Szene.

Wir möchten die Stellungnahme des AStA der Uni Bielefeld aufgreifen: die Studierenden der Uni Bielefeld haben ein Recht auf eine Universität, „die sicherstellt, dass keine Falschinformationen und Verharmlosungen der Covid-19-Pandemie in ihren Räumen verbreitet werden. Wir haben ein Recht auf Lehrende, die keine Kontakte zu Neonazis pflegen und kritische Berichterstattung in juristisch unhaltbarer Weise als „Volksverhetzung“ bezeichnen und Journalistinnen drohen“.

Wir fordern das Rektorat und die Fakultät für Rechtswissenschaften auf, sich zu Martin Schwabs Verhalten und Aussagen zu positionieren und seine Aktivitäten nicht länger unkritisch und unkommentiert geschehen zu lassen.

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Martin Schwab – Jura-Professor auf verschwörungsideologischen Abwegen https://rkowl.blackblogs.org/2022/03/21/martin-schwab-jura-professor-auf-verschwoerungsideologischen-abwegen/ Mon, 21 Mar 2022 20:34:04 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1623 Continue reading Martin Schwab – Jura-Professor auf verschwörungsideologischen Abwegen ]]>
Schwab am 18.03.22 auf dem Kesselbrink

Am 18.03.22. hielt Martin Schwab eine über 30-minütige Rede bei der Abschlusskundgebung der verschwöurngsideologischen Demo der Gruppe „Bielefeld steht auf“. Schwab hält eine Professur an der juristischen Fakultät an der Universität Bielefeld und ist Spitzenkandidat der Querdenken-nahen Kleinstpartei „Die Basis“ für die Landtagswahl in NRW im kommenden Mai. Schwab fällt schon seit Beginn der Pandemie durch Corona-verharmlosende Statements und seine Auftritte beim Fake-News-Format „Corona-Ausschuss“ um Rainer Füllmich auf. Bisher hat Schwab öffentliche Auftritte bei den verschwörungsideologischen Events in Bielefeld vermieden. Am Freitag präsentierte er sich nun im Wahlkampfmodus als Anheizer, der mit „Widerstand“-Rufen und „Scholz muss weg“-Gegröhle für ein Pegida-Feeling auf dem Kesselbrink sorgte. Zeit, einen genaueren Blick auf Prof. Dr. Martin Schwab zu werfen!

Juristischer Stichwortgeber der Corona-Leugner-Szene

Schwab hat seit Wintersemester 2015/2016 den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Verfahrensrecht und Unternehmensrecht an der Universität Bielefeld inne. Im Sommersemester 2022 hält er wöchentlich eine Vorlesung mit dem Titel „Rechtsdurchsetzung im Privatrecht“. Auf seiner Internetseite bei der Uni Bielefeld findet sich auch ein Link mit Titel „Corona-Diskussion“1.

Schwabs Verteidigungsschrift für Wodarg ist über die Uni- Seite erreichbar

Unter dem Link ist eine von Schwab verfasste 182 Seiten lange Verteidigungsschrift für den Corona-verharmlosenden Arzt Wolfgang Wodarg zu erreichen. Wie die Bielefelder Gruppe Antinationale Linke (ALIBI) schon im Januar 2021 dargelegt hat, verbreitet Schwab darin wissenschaftlich nicht haltbare Verharmlosungen der COVID19-Erkrankung und Fehlinformationen zum Tragen medizinischer Masken2. Und er macht in der Schrift vom 04.10.2020 bereits deutlich, was sich durch alle seine späteren Reden und Auftritte ziehen wird: seine Abneigung gegen Presse und Medien, die er in neurechter Sprachmanier als „Feind des Pluralismus“ bezeichnet3. Insbesondere stört Schwab schon im Oktober 2020, dass Journalist*innen auf antisemitische Verschwörungsmythen und Neonazis und Reichsbürger*innen bei den Anti-Corona-Protesten hinweisen. Er prägt schon in der Wodarg-Verteidigungsschrift einen Satz, den er bis heute Mantra-artig bei jeder Gelegenheit runterbetet: Wer jene, die Widerspruch oder Widerstand gegen die Corona-Politik wagen, pauschal zu Neonazis oder deren Verbündeten herabwürdigt, verleumdet nicht nur die Protestierenden, sondern verhöhnt darüber hinaus die Opfer des Nationalsozialismus.“4 Das ist natürlich sowohl abstrakt inhaltlich als auch ganz pragmatisch angesichts der tatsächlichen Beteiligung der organisierten rechten Szene an Anti-Corona-Protesten vollkommener Quatsch! Schwab blendet jede Kritik an den verschwörungsideologischen Anti-Corona-Demos als totalitär und erlogen aus und weigert sich, sich mit den dominanten Ideologien der Szene und der personellen Zusammensetzung bei den Demos und den Organisationsstrukturen auseinander zu setzen. Er betont stattdessen: „Das ist nur noch gebührenfinanzierte Boshaftigkeit auf der tiefsten Stufe der Niedertracht.[…] Was unterscheidet denn die persönliche Herabsetzung von Corona-Demonstranten, wie wir sie derzeit erleben, vom Umgang mit Regimegegnern in der Propaganda totalitärer Machthaber?“5. Er geht noch weiter und wittert angesichts des sogenannten „Sturms auf den Reichstag“ vom 30.08.2020 eine Verschwörung von Polizei, Antifa und Medien. Veröffentlicht wurde Schwabs Wodarg-Schrift bei dem „alternativen“ Medienformat „Club der klaren Worte“ von Markus Langemann. Langemanns Format ist in das neurechte und Corona-leugnende Medienspektrum einzuordnen. 2021 produzierte Langemann einen zweiteiligen Schmeichelfilm über Hans-Georg Maaßen. In Anlehnung an ein Björn-Höcke-Zitat lautet der Titel des Films „der Stachel“. Bis heute ist Schwabs Wodarg-Dokument über die offizielle Uni-Website erreichbar.

Schwab rühmt sich immer wieder für seine gute Beziehung zu den Studierenden. Dabei scheint er nicht nur Juristisches mit den Studierenden zu besprechen. Auf Rat einer Studentin hin nutze er das Wort „Verschwörungstheoretiker“ nicht mehr, um diesem „Framing“ die Macht zu nehmen6. Einer seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter, Justus P. Hoffmann7, ist einer der Hauptverantwortlichen für das Format „der Corona-Ausschuss“. In der verschwörungsideologischen Szene sehr beliebten Sendung werden Fehlinformationen zu den Corona-Schutzmaßnahmen, Verschwörungsmythen ebenso wie Holocaust-Relativierung verbreitet8. Martin Schwab ist bisher schon 19 mal bei der Sendung seines Mitarbeiters Hoffmann aufgetreten9. Seine Auftritte streamt Schwab dabei direkt aus seinem Büro in der Uni Bielefeld (H0-05).

Schwab in seinem Uni-Büro als Teilnhemer beim Corona-Ausschuss

Der Jura-Professor nutzt sein Büro für die Teilnahme an Gesprächsrunden mit dem Verschwörungsideologen Ken Jebsen (Sitzung Nr. 50) oder Max Otte ( Sitzung Nr. 36), Chef der Werteunion und Bundespräsidenten-Kandidat für die AfD. Aber auch für Interviews mit anderen Corona-leugnerischen Formaten wie Bittel-TV, seine Teilnahme am Corona-Kinder-Kongress 2021 oder seine Jura-Tipp-Videos für die Gruppe „Klagepaten“ nutzt Schwab konsequent seinen Arbeitsplatz in der Uni Bielefeld. Die Klagepaten liefern juristische Unterstützung für die Corona- und Pandemie-Leugner*innen und sind eng mit der Querdenken-Organisation von Michael Ballweg verbunden10. Schwab erstellte für die Organisation Klagepaten mehrere juristische Musterschreiben, die in den einschlägigen Telegram-Gruppen entsprechend beliebt sind und von Anhänger*innen der Szene bundesweit genutzt werden11.

Seit Januar 2022 ist Schwab auch offizielles Mitglied des Vereins Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie, e.V.(MWGFD). Der Verein verbreitet konstant Fehlinformationen mit wissenschaftlichem Anstrich und versucht durch die Platzierung großformatiger Anzeigen in großen Tageszeitungen verharmlosende Falschmeldungen in den öffentlichen Diskurs einzugreifen. Der MWGFD beteiligte sich 2020 an einer großangelegten Desinformationskampagne der Gruppen „Freiheitsboten“, „Ärzte für Aufklärung“ & „Eltern stehen auf“, bundesweit wurden tausende corona-leugnerische Flyer an private Haushalte und in den Städten verteilt12. Auch in Bielefeld. Zu Beginn der Pandemie stellte der MWGFD Adressen von Ärzt*innen und Heilpraktiker*innen bereit, die Maskenatteste ausstellten13. Vorsitzender des Vereins ist Prof. Sucharit Bhakdi, der 2021 als Spitzenkandidat der rechtsoffenen Querdenken-nahen Kleinstpartei „Basisdemokratische Partei Deutschland“ (Basis) zur Bundestagswahl antrat. Auch Martin Schwab kandidierte für die Basis im September 2021 und nun als Spitzenkandidat bei Landtagswahlen in NRW.

Bhakdi äußerte sich in der Vergangenheit wiederholt klar antisemitisch, gegen ihn wird wegen Volksverhetzung ermittelt14. Schwab bestreitet Bhakdis Antisemitismus rigoros (siehe Video oben) mit dem wenig überzeugenden Argument: „Sucharit Bhakdi ist alles bloß kein Antisemit, das bitte ich einfach zu glauben! […] Das ist so ein liebenswerter Mann, das würde der nie machen – Antisemitismus15.Ein erschreckend unfundierte Aussage für den Jura-Professor Schwab, der sonst sowohl bei Presse als auch Karl Lauterbach jederzeit Volksverhetzung wittert. Bhakdi sei Opfer eines gezielten Framings, Schwab nennt es „Nazi-Nazi-rechts-rechts-Nazi“-Framing.

Pegida-Feeling auf dem Kesselbrink

Bei seiner Rede am 18.03.22 in Bielefeld greift Schwab seine „Nazi-Nazi-rechts-rechts-Nazi“-Wortakrobatik wieder auf. Ihn selbst habe es getroffen, am 10.08.2021 in der Lokalzeitung „Neue Westfälische“. Schwab wörtlich:

„Dort wurde mir im Einleitungstext vorgeworfen, ich hätte mehrere Kontakte in die rechte Szene. Im darauffolgenden Text wird ein einziger Kontakt identifiziert, nämlich als ein Beleg mit als Beleg nämlich eine Dame, die nach Erkenntnissen eines wie auch immer gearteten antifaschistischen Recherche-Netzwerks mal auf einer Ursula-Haverbeck-Demo gesichtet worden sein soll. In Wirklichkeit handelt es sich bei der Dame um die Mutter zweier schulpflichtiger Kinder, die sich um die Gesundheit ihrer Kinder im Angesicht der Maskenpflicht sorgt. Und äh natürlich [schreiend] DIESE MASKEN DIE MACHEN KRANK DAS STEHT AUCH IN PEER-REVIEWTEN STUDIEN Diese Dame hat sich also völlig zurecht Sorgen gemacht! [die Zuhörenden skandieren „Die Maske muss weg“, Schwab stimmt am Mikro mit ein] DIE MASKE MUSS WEG! DIE MASKE MUSS WEG! […] Diese Dame hatte sich an mich gewandt, weil sie Hilfe brauchte und natürlich habe ich versucht, ihr zu helfen. [erneut schreiend] JEDER, DER MEINE HILFE BRAUCHT, BEKOMMT SIE SOLANGE MEINE KRÄFTE REICHEN.[…]

Dem Autor dieses Beitrags, einem Voluntär mit dem Namen [Schwab nennt seinen aufgebrachten Zuhörer*innen den vollen Namen des Journalisten], ging es offensichtlich nur darum, mich mit an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen mithilfe dieser widerlichen Denkfigur der Kontaktschuld in eine Ecke zu drängen [erneut schreiend] IN DIE ICH DEFINITIV NICHT HINGEHÖRE [„Lügenpresse“-Rufe und Applaus aus dem Publikum]. Ich weiß, dass die Neue Westfälische auch heute hier vertreten ist. Diese Rede, nur der Hinweis, wird aufgenommen und verbreitet über die Kanäle, also wenn Ihr glaubt, Ihr könnt hier irgendwelche Lügen über mich verbreiten. Die Beweisstücke werden gesichert [das Publikum skandiert erneut „Lügenpresse“].

Schwab spricht weiter von seinem Schadensersatzanspruch wegen vermeintlichen Rufmords, er habe diesen Artikel nicht vergessen. Wir auch nicht – denn wir sind dieses „wie auch immer geartete antifaschistische Recherche-Netzwerk“. Im Juli 2021 haben wir einen Journalisten bei einer Recherche zu Martin Schwab unterstützt. Schwab war zu diesem Zeitpunkt bei mehreren verschwörungsideologischen Demos aufgetreten und hatte in seinen Reden auch Verschwörungsmythen reproduziert. Den (sehr gut recherchierten) Artikel haben wir anschließend an unseren Text verlinkt. Uns war Schwabs Name in den lokalen verschwörungsideologischen Telegram-Gruppen aufgefallen. Mehrere Chatgruppen-Mitglieder gaben an, direkt mit ihm korrespondiert zu haben. Darunter Joachim Baum von der Montags-Mahnwache in Bielefeld, der im November 2019 an dem neonazistischen Haverbeck-Aufmarsch teilgenommen hat (siehe Screenshot und Foto). Und auch die Dame aus Schwabs Rede – Juliane Sprunk. Sprunk war 2014 für die verschwörungsideologischen Montagsmahnwachen in Herford mitverantwortlich. Damals gab sie an, durch die Neonazi-Proteste gegen die Wehrmachtsausstellung politisiert worden zu sein. 2016 nahm sie an einer geschichtsrevisionistischen „Friedensfahrt“ nach Moskau teil, die von dem AfD-Politiker Rainer Rothfuss organisiert wurde. 2017 flog sie aus der „Friedensfahrt“-Gruppe raus, nachdem sie Beiträge von Ursula Haverbeck geteilt hatte, die historische Faktizität der Shoa in Frage stellte und mit ihren massiven Geschichtsrevisionismus und Verschwörungsmythen sogar dem AfD-Publikum zu radikal wurde16.

10.05.2018: Juliane Sprunk beim neonazistischen Haverbeck-Aufmarsch in Bielefeld Quelle: Recherche Nord

Ihre Sympathie für die organisierte Holocaust-Leugnungs-Szene trug Sprunk dann im Mai und November 2018 auf den neonazistischen Haverbeck-Demos in Bielefeld zur Schau.

10.11.2018: Juliane Sprunk und Klaus-Wolfram Schiedewitz beim neonazistischen Haverbeck-Aufmarsch in Bielefeld Quelle: pixelarchiv

Im Mai 2018 lief sie in einem selbstbemalten T-Shirt mit der Aufschrift „Wir sind die Guten“ an der Seite organisierter Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet durch den Bielefelder Ortsteil Brackwede. Anlass war die nur wenige Tage zurück liegende Inhaftierung Ursula Haverbecks in die JVA Brackwede. Sprunk wurde von einer Gruppe Personen begleitet, von denen die meisten seit 2020 regelmäßig an den lokalen Anti-Corona-Protesten teilnehmen. Auch am Freitag waren zwei weibliche Haverbeck-Unterstützerinnen in Martin Schwabs Publikum auf dem Kesselbrink. Seine Rede über die Dame, „die mal auf einer Haverbeck-Demo gesichtet worden sein soll“ dürfte die beiden Haverbeck-Fans mindestens kurz irritiert haben. Im November 2018 lief Sprunk auf der Neonazi-Demo dann an der Seite von Klaus-Wolfram Schiedewitz, dem Leiter des geschichtsrevisionistischen Vereins „Gedächtnisstätte“ (siehe Fotos unten).

Seit 2020 zeigt sich Sprunk bei den Demos der Corona-leugnerischen Szene in Bielefeld und ist auch in einigen lokalen Telegram-Kanälen aktiv. Am 04.12.2020 schrieb Sprunk bei Telegram:

Screenshot 04.12.2020

Kein Bezug zur Maskenpflicht in Schulen, kein Bezug zu ihren zwei Kindern, wie Martin Schwab am 18.03.22 auf dem Kesselbrink behauptet. Sondern eine Kooperation zur Verhinderung der Impfzentren, die Schwab mit einem eigenen Text unterstützen möchte.

Zwei Tage später, am 06.12.2020 versuchte Sprunk am Rande einer verschwörungsideologischen Großdemo in Düsseldorf, den bekannten Neonazi Nikolai Nerling („der Volkslehrer“) bei einer polizeilichen Maßnahme zu unterstützen.

Screenshot vom 25.01.21

Im Januar 2021 berichtet sie von einer Gefährderansprache durch den Staatsschutz, da sie zur Anfertigung von Feindeslisten aufgerufen haben soll (siehe Screenshot). Im Februar 2021 berichtet Sprunk bei Telegram von einem Gerichtstermin, in dem sie Reichsbürger-Argumente vorgetragen haben will:

Screenshot vom 09.02.21

„ÜBRIGENS WURDE DIE RICHTERIN GANZ STILL, ALS ICH IHR SAGTE, DASS WIR RuStaG-Deutsche sind… Hat sie sich artig notiert. Habe ihr Rechnung angekündigt[…]“ (siehe Screenshot). RuStaG steht für das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, auf das sich Reichsbürger*innen gern beziehen, wenn sie die Legitimität deutscher Behörden und Gerichte ablehnen. Es ist fraglich, wie eine solche Argumentation mit dem juristischen Fachwissen eines Jura-Professors in Einklang gebracht werden kann. Im März 2021 organisiert Sprunk verschwörungsideologische Schilderdemos am Kesselbrink. Sie nahm regelmäßig an der verschwörungsideologischen Montagsmahnwache am Rathaus in Bielefeld teil und besuchte wiederholt die Demos von „Bielefeld steht auf“. Am 09.04.21 wurde sie bei einer „Bielefeld steht auf“-Demo in Gewahrsam genommen. Im Mai 2021 teilt Sprunk einen Spendenaufruf für Bauarbeiten an der geschichtsrevisionistischen Gedächtnisstätte bei Telegram. Niemand stört sich am Unterstützungsaufruf für die Neonazi-Bildungsstätte. Seit dem Sommer 2021 konzentriert Juliane Sprunk sich auf Vernetzungs- und Beratungsarbeit in der verschwörungsideologischen Corona-Leugner-Szene. Sie gibt Eltern-Seminare, in denen der Widerstand gegen Masken und vermeintliche Indoktrination in der Schule geprobt werden soll. Im Januar 2022 organisiert Sprunk mit anderen Verschwörungsgläubigen den mehrtätigen „Schul-Trauma-Kongress“, in dem vermeintliche Expert*innen Corona verharmlosten, Vertreter*innen der verschwörungsideologischen Freischulbewegung innerhalb des Corona-Leugner-Spektrums stundenlange Interviews gaben und gegen das staatliche Schulwesen gehetzt wurde.

Sie vernetzt sich mit den „Anwälten für Aufklärung“ und dem „Visualisierungstherapeuten“ Maurice Janich. Janich versucht seit Pandemie-Beginn gezielt Kinder für die Corona-Leugner-Szene anzusprechen und ist einer der aktivsten Vertreter der Behauptung, die Kinder und Jugendlichen würden durch die Schutzmaßnahmen in der Schule schwer traumatisiert. Auf seinem Telegram-Kanal verbreitet er neurechte Verschwörungsmythen vom Deep State und teilt medizinische Fehlinformationen. 2020 betreute er für den Querdenken-Frontmann Samuel Eckert eine eigens gegründete Kinder-Chatgruppe17. Die Beeinflussung junger Menschen durch den geschulten Mentaltrainer mit Hypnoseerfahrung, der bis heute behauptet, Kinder seien durch das Tragen medizinischer Masken gestorben, halten wir für gefährlich und schädlich. Aber Janich wird in der Corona-Leugner-Szene gefeiert. Im Juli 2021 wird Martin Schwab von dem Journalisten der Neuen Westfälischen mit unseren Recherchen zu Sprunk und seiner Kooperation mit der bekannten Haverbeck-Sympathisantin & Neonazistin & Reichsbürgerin & Mutter-zweier-Kinder konfrontiert. Schwab bestätigt seinen Kontakt zu Sprunk im Zuge der Gruppengründung gegen die Impfzentren. Und er verständigt Sprunk über die NW-Anfrage. Juliane Sprunk ruft daraufhin bei der NW an, droht mit juristischen Schritten, falls sie als „rechtsextrem“ bezeichnet würde und gibt dennoch ihre Teilnahme an den Haverbeck-Aufmärschen zu. Schwab gab gegenüber der NW an, er habe von Sprunks politischem Hintergrund nichts gewusst. Das neue Wissen um Juliane Sprunks politische Aktivitäten und Ansichten hindert Schwab aber nicht an einer weiteren Zusammenarbeit! Auch diese hat Schwab in seiner Rede am 18.03.2022 bewusst unterschlagen.

„Familienfürsprecher Kunterbunt“-Veranstaltung im September 2021: vlnr. Juliane Sprunk, Martin Schwab, Maurice Janich, Bianca Höltje

Im September 2021, also zwei Monate nach der Konfrontation mit den Informationen und einen Monat nach Erscheinen des Artikels in der NW nimmt Schwab als Redner an einer geschlossenen Veranstaltung teil, die Juliane Sprunk organisiert und auch moderiert18. Die Veranstaltung mit dem Titel „Kunterbunt stellt sich Elternfragen“ wurde nach Eigenangabe von der Initiative „Familienfürsprecher Kunterbunt“ veranstaltet, als Mitwirkende werden gelistet: Juliane Sprunk, Bianca Höltje, Martin Schwab und Maurice Janich. Höltje gründete der Gruppe „Schulleiter für Aufklärung“, die ähnlich wie die anderen Namens-verwandten Gruppen wie „Anwälte/Polizisten/Ärzte für Aufklärung“ eindeutig in der verschwörungsideologischen Szene der Pandemie-Leugner*innen zu verorten ist. Auf dem Video der Veranstaltung zeigt sich: Schwab und Sprunk sind per Du, der Kontakt ist vertraulich. Die Videoaufzeichnung der Veranstaltung übernahm der bekannte Rechtspopulist Ralph Lange aus Blomberg, der seit der Pandemie vor allem Demos und Veranstaltungen der Corona-leugnerischen Szene begleitet. Lange hatte im März 2019 eine rechtspopulistische Mini-Kundgebung auf dem Kesselbrink veranstaltet, bei der er seinen 3 Zuhörer*innen nationalistische & refugeefeindliche Hetze vortrug. 2020 organisierte Lange verschwörungsideologische Demos in Detmold und Lemgo. Zurück zu Schwab und der Veranstaltung der „Familienfürsprecher Kunterbunt“: Bei Minute 24:33 gibt es einen Schnitt im Video und dann spricht Schwab am Mikrofon:

[…] Verharmlosung des Holocaust. Und diese Kampfansage schicke jetzt an den gesamten Journalismus der alten Medien: wer versucht, mich nach rechts zu framen, den werde ich nach rechts gegenframen! Wer versucht, Menschen, die in der Mitte der Gesellschaft stehen und nichts anderes wollen als Argumente, Fakten, Belege und die sich dafür einsetzen, dass wir hier ein freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat bleiben. Wer solche Leute in die Neonazi-Ecke steckt banalisiert das Treiben der wirklichen Neonazis, verharmlost den Holocaust. Das ähm ich werde mir dieses Framing nicht bieten lassen“.

Währenddessen steht Holocaustleugnerin Sprunk zwei Meter weiter. Ein Jura-Professor, der an einer von einer Neonazistin organisierten Veranstaltung wissentlich in entscheidender Rolle teilnimmt und „dem Journalismus der alten Medien“ eine Kampfansage schickt – das spricht für sich. Martin Schwab hat in seiner Rede auf dem Kesselbrink gelogen, versucht, seine wiederholte Zusammenarbeit mit Sprunk zu verharmlosen und Sprunk als schutzsuchende Mutter entpolitisiert.

Schwab am 18.03.22:

[schreiend] Ja, ihr hört richtig: die Treiber des Coronaleugner-rechts-rechts-Nazi-Narratives VERHARMLOSEN DEN HOLOCAUST. Juristen wissen was das heisst, sowas ist strafbare Volksverhetzung nach Paragraph 130 Absatz 3 StGB. [Publikum jubelt und applaudiert, es wird „Nazis raus“ gerufen. Martin Schwab stimmt am Mikro mit ein] NAZIS RAUS! NAZIS RAUS! NAZIS RAUS!“

Im Publikum stehen dabei Tim Sauer von der Neonazi-Kleinstpartei „Die Rechte“, die 2 genannte weiblichen Haverbeck-Fans, sowie Florian Rust, Vorsitzender der nationalistischen Jungen Alternative Bielefeld mit Tim Marvin Braungart (ebenfalls JA Bielefeld) und ein Mann, der der Identitären Bewegung zugerechnet werden kann. Martin Schwab ist blind für seine braune Gefolgschaft. Er weiß, wer hier für alles schlechte in Land verantwortlich ist:

[schreiend] MAN HAT DIE GESELLSCHAFT MIT DIESER SCHEISS PROPAGANDA KRANK GEMACHT! MAN HAT SIE ZERSETZT! MAN HAT SIE ZERISSEN! [Publikum jubelt und applaudiert] UND SCHULD DARAN SIND DIE SCHARFMACHER IN POLITIK UND MEDIEN, DIE DIESE PROPAGANDA IN DIE WELT GESETZT HABEN!“

Er hetzte gegen die Presse, beschuldigte Karl Lauterbach der Volksverhetzung und schrie mit den anderen Demo-Teilnehmer*innen gemeinsam „Lauterbach muss weg“ und „Scholz muss weg“ ins Mikro.

Die Uni Bielefeld muss sich fragen, wie solches Verhalten mit dem Neutralitäts- und Mäßigungsgebot für Professor*innen zusammen geht. Und sie muss sich fragen lassen, warum Schwab Räume und technische Infrastruktur der Universität Bielefeld für seine Experten-Auftritte bei Corona-leugnerischen Formaten voller Falschinformationen und Verschwörungsmythen nutzen kann. Die Studierenden der Uni Bielefeld müssen sich fragen, ob sie von einem Professor in Rechtsfragen unterrichtet werden wollen, der bewusst Kontakt zu einer bekannten Neonazistin pflegt und aus seinem Büro heraus an verschwörungsideologischen Desinformationsformaten wie dem Corona-Ausschuss mitwirkt. Der Presse und Medien als klares Feindbild ausmacht, mit Kampfansagen und Klagen droht und Pressevertreter*innen mit Namen seiner Gefolgschaft als Volksverhetzer präsentiert.

Schwab offenbart einen absoluten Mangel an inhaltlicher Auseinandersetzung mit den menschenfeindlichen Ideologien, die für diese Bewegung prägend sind. Er hat keinerlei Bewusstsein für Antisemitismus, Nationalismus und sozialdarwinistische Argumentationsmuster, die in der Szene tonangebend sind. Selbst augenfälligste eindeutige Aussagen wie die von seinem Freund Bhakdi werden stumpf entpolitisiert. Er weigert sich, fundierte Recherchen zu rechten Strukturen und Personen anzuerkennen und arbeitet wissentlich mit einer Neonazistin zusammen.

Martin Schwab wird von niemandem in rechte Ecke gestellt – er stellt sich selbst in diese Ecke und lässt sich dort feiern. Wir fordern die Universität Bielefeld dazu auf, Stellung zu den Umtrieben ihres Jura-Professors zu beziehen.

 

Den Artikel der NW findet ihr hier:

https://www.nw.de/lokal/bielefeld/mitte/23067399_Wie-ein-Bielefelder-Professor-Verschwoerungstheorien-verbreitet.html

einen Stream der verschwörungsideologischen „Bielefeld steht auf“-Demo vom 18.03.22 mit Schwabs Rede gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=r8avyavelRM

 

1https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/rechtswissenschaft/ls/schwab/corona-diskussion/

2https://alibi.noblogs.org/post/2021/01/20/jura-professor-der-universitat-bielefeld-steckt-tief-im-corona-leugner-sumpf/

3Schwab, M. (04.10.2020): Meinungsfreiheit und wissenschaftlicher Diskurs in der Corona-Krise, S. 34.

4Ebd. S. 46

5Ebd.

7https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/rechtswissenschaft/ls/schwab/lehrstuhl-1/#comp_00005f73e6a7_00000060cb_646d

8https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/luegen-und-hetze-im-berliner-corona-ausschuss-im-impfstoff-sind-so-etwas-wie-lebendige-kraken/27670234.html

9https://2020tube.de/video-tag/prof-dr-martin-schwab/

10https://www.volksverpetzer.de/aufklarer/klagepaten/

11https://www.klagepaten.de/search-content-api?search_api_fulltext=Schwab

12https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/12/18/flyer-maschinerie-corona-gegner-freiheitsboten-desinformation/

13https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/08/27/im-netz-der-corona-gegner/

14https://www.tagesschau.de/investigativ/bhakdi-antisemitismus-111.html

17https://anonleaks.net/2020/optinfoil/samuel-eckerts-youngsters-echte-kinderpsychologen-oder-doch-nur-maurice-janich/

18https://rumble.com/vmmfch-besorgte-eltern-hilfreiche-pdagogen-juristische-betrachtungen.html

 

Folgend noch den Text als PDF zum Download:

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Zur Demo am 04.02.22: rechte Querfront und „Freie Linke“ https://rkowl.blackblogs.org/2022/02/09/zur-demo-am-04-02-22-rechte-querfront-und-freie-linke/ Wed, 09 Feb 2022 19:34:14 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1597 Continue reading Zur Demo am 04.02.22: rechte Querfront und „Freie Linke“ ]]> Am Freitag, den 04.02.22, zogen erneut ca. 1800 Impfgegner*innen, Pandemie-Leugner*innen und Verschwörungsgläubige durch Bielefeld. Sie waren dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse und Angela Landwehr gefolgt. Sowohl auf der Straße als auch in der namensgleichen Telegram-Gruppe stagniert die Zahl der Teilnehmenden. Die Masse der Demo-Teilnehmer*innen reist zu den „Bielefeld steht auf“-Demos aus dem ostwestfälischen Umland an. Die immer kleiner werdenden verschwörungsideologischen Montagsdemos mit Teilnehmer*innen-Zahlen zwischen 50 und 100 Personen belegen die geringe Größe der Bielefelder verschwörungsideologischen Szene. Bei den überregionalen Großdemos in Bielefeld, Paderborn oder auch Osnabrück bemüht sich die Szene der Rückversicherung, Teil einer imaginierten Mehrheit zu sein. Dabei sind sie sowohl in den Großstädten als auch in den kleinen Gemeinden eine traurige Minderheit.

Verschwörungsmythen, rechte Hetze und die „Freie Linke“

04.02.22: Toni Kopke & andere Verschwörungsgläubige in Bielefeld

Wir haben in der Vergangenheit mehrfach und ausführlich die ideologische Verortung der Gruppe „Bielefeld steht auf“ dargelegt. An dieser hat sich nichts geändert. Das Personenspektrum, dass die Demos von „Bielefeld steht auf“ besucht, bewegt sich in digitalen geschlossenen Echokammern, in denen antisemitische Verschwörungsmythen und wissenschaftsfeindliche Fake News dominieren. Die AfD wird als einzig wählbare Partei gehandelt, wenn Wählen nicht ohnehin als systemstützend abgelehnt wird. Kritik an Nationalismus, Rassismus oder Antifeminismus sind weder in Bezug auf die AfD noch allgemein zu finden. Es werden Sympathien für autoritäre und diktatorische Staatssysteme wie Belarus geäußert und die Hoffnungen auf nationalistische Herrscher wie Trump oder Putin gesetzt. Nichts davon ist freiheitlich oder emanzipatorisch. In dem Dunstkreis dieses Spektrums bewegt sich eine Splittergruppe, die sich „Freie Linke“ nennt. Seit Dezember sind Mitglieder der „Freien Linken“ auch in OWL auf den Demos aktiv und zeigen sich mit der Fahne der Gruppe. Doch bei genauerem Hinschauen zeigt sich schnell: die „Freie Linke“ ist alles andere als links. Sie ist eine Querfront-Gruppe mit hierarchischer Führung, bei der der Schulterschluss mit AfDlern und Neonazis keine Einzelfälle, sondern die Regel sind!

Die „Freie Linke“ fühlt sich berufen, durch links assoziierte Symboliken und Parolen den rechtsdominierten Protesten der Pandemie-leugnerischen Szene einen anderen Anstrich zu verpassen. Die Beteiligung rechter und neonazistischer Personen an den Anti-Corona -Demos wird als politisch notwendig gerechtfertigt. Eine Abgrenzung findet nur in Richtung der linken Szene statt, die sich seit Beginn der Pandemie gegen die rechte Querfront bei Querdenen und Co stark macht. Mit dem organisierten rechten Spektrum teilt die Freie Linke nicht nur die Straße, sondern auch die Feindbilder. Die Medien werden schon in der Ersterklärung der „Freien Linken“ vom 01.01.21 als „gesellschaftliche und politische Brandbeschleuniger, die jegliche demokratische Prozesse vergiften, unterbinden und die Spaltungen und Zerwürfnisse politisch und innerhalb der Gesellschaft weiter vorantreiben“ (Freie Linke vom 01.01.21). Die Beteiligung rechter und neonazistischer Personen an den Anti-Corona -Demos wird als politisch notwenidg gerechtfertigt. Die Dominanz antisemitischer Verschwörungsmythen wird akzeptiert, kritische Stimmen dazu wie die von Anetta Kahane (Leiterin der Amadeo-Antonio-Stiftung) werden ebenfalls als Feinde markiert. Im Sprech neofaschistischer Organisationen wie der Identitären Bewegung wird von „Globalisten“ und „Machteliten“ gesprochen, die Pandemie sei ein geheimer Plan, um einen „Klimalockdown“ herbeizuführen und den „Transhumanismus der Eliten“ zu befördern. Kann man alles schreiben – dann schreibt man halt antisemitische Verschwörungsmythen.

Über diese verschwörungsideologischen Erklärungsansätze für die Pandemie und den gezielten Schulterschluss mit Neonazis, Faschist*innen und organisierten Rechten inklusive der zugehörigen gemeinsamen Feindbilder hinaus bietet die Freie Linke wenig kohärente inhaltliche Positionen. Bestimmend ist die Idee, die Anti-Corona-Demos für einen Umschwung zu nutzen – was danach kommen soll, bleibt unklar. Was dann mit den Neonazis und AfDlern passieren soll, die man durch gemeinsame Demos gestärkt hat, bleibt unerwähnt. Was die Feinde der „Freien Linken“ nach dem ersehnten Umschwung dann erwarten soll findet ebenfalls keine Erwähnung.

Toni Kopke von der „Freien Linken“

Stattdessen gibt es bundesweit gemeinsame Demos und teilweise personelle Überschneidungen der „Freie Linke“-Mitglieder mit bekannten Neonazis – auch in OWL!

Freie Linke“ regional

Mitglied der ersten Stunde und Admin diverser „Freie Linke“-Gruppen bei facebook und telegram ist Toni Kopke aus Lage (OWL). Nach einer internen Spaltung der „Freien Linken“ aufgrund mangelnder Abgrenzung gegen Neonazis und Antisemitismus ergriff Kopke gemeinsam mit einigen weiteren Personen das Zepter, schuf neue Telegram-Gruppen und scharte Anhänger*innen um sich. Kopke und seine Mitstreiter*innen gehören zu der Fraktion, die eine Abgrenzung nach rechts ablehnt, wie sich aus der bei Telegram öffentlich geführten Diskussion im Juli 2021 nachvollziehen lässt. Die Gruppe um Kopke wurde für ihre Akzeptanz von „Antisemitismus oder ultrarechten geschichtsrevisionistischen und teils kaum kaschierten chauvinistischen Positionen“ (Telegram 05.07.21) kritisiert. Zur Struktur der FL gehört die „Zentrale Koordonation“(ZK), der Kopke nach der Spaltung angehörte und die in der hierarchischen Struktur der FL für politische Programmatik und Koordination zuständig ist. ZK-Mitglieder geben die FL-eigenen Fahnen an die Mitglieder aus. In NRW ist unter anderem Toni Kopke für die Verteilung der FL-Fahnen verantwortlich. Sechs Tage nach der Spaltung teilt ein Mitglied der FL NRW Fotos von einem Grill-und Campingausflug von FL-Mitgliedern. Auf den Fotos sind Mitglieder der rechten „Corona Rebellen Düsseldorf“ sowie der Neonazi Kevin Gabbe beim FL-internen Campen zu sehen. Auch Kopke selbst scheut keinen Kontakt mit aktiven Neonazis. Neben den Fl-Gruppen ist Kopke auch für den Telegram-Kanal „Lippe OWL Protest und Widerstand“ mitverantwortlich und teilt dort Videos und Bilder der wöchentlichen Schilderaktion des Neonazis und HDJ-Funktionärs Gerd Ulrich. Die anderen Gruppen-Admins „aymes“ und „Jani“ beteiligten sich mehrfach aktiv an der Schilderdemo Ulrichs. Am 30.12.21 fuhr Kopke gemeinsam mit FL-Frontfrau Sandra Gabriel zu der Schilder-Demo nach Detmold und erstellte ein Propaganda-Video der Aktion. Danach schrieb er im Telegram-Chat: „Jap, müssen sich noch mehr beteiligen, waren ja auch noch Schilder übrig“.

30.12.21: Sandra Gabriel und Toni Kopke bei Gerd Ulrichs Schilder-Demo in Detmold

Auf der von Gabriel und Kopke mitorganisierten verschwörungsideologischen Demo in Lemgo am 29.01.22 standen folgerichtig dann auch die Neonazis Gerd und Anna-Maria Ulrich gemeinsam mit dem stellvertretenden Leiter des rassistischen Thule-Seminars Burkhart Weecke in der ersten Reihe bei der Auftaktkundgebung. Mit Sandra Gabriel aus Halle an der Saale reist Toni Kopke seit Beginn 2021 zu Anti-Corona-Demos bundesweit, z.B. nach Leipzig, Berlin oder auch Kassel. Gabriel meldet in Halle an der Saale verschwörungsideologische Demos an und ist immer wieder durch die Nähe zu dem bekannten Neonazi Sven Liebich (ebenfalls Halle) und seiner Gefolgschaft ins Licht der Öffentlichkeit geraten. Ein Video zeigt Gabriel am 27.02.21 in einer größeren Gruppe Neonazis in Halle. Eine Person vor Gabriel zeigt zweimal sehr deutlich den Hitlergruß, Gabriel stört sich nicht daran, läuft weiter mit in dem Mob und filmt.

Querfrontler: Sandra Gabriel und Toni Kopke

Die Neonazi-Kleingruppe „Anti-Antifa-Germany“ aus Berlin bezeichnet Gabriel „als eine unserer Aktivisten“. Am 18.12.21 teilte sie sich bei einer Anti-Corona-Demo das Mikro mit einem Mitglieder der Jungen Alternative Paderborn. Die Rede des JA-Mitglieds teilten Gabriel und Kopke danach in der Telegram-Gruppe „Lippe OWL Protest und Widerstand“. Auch in der Gruppe sind bekannte Neonazis Mitglieder, so pries Lennard Sanner hier den rechten Anwalt Hendrik Schnelle am 01.01.22 als Rechtsvertretung bei Ordnungswidrigkeitsverfahren an. Als am 17.12.21 und am 07.01.22 Neonazis und Neofaschisten die Auseinandersetzung mit der Polizei suchten und Absperrungen durchbrachen, war Toni Kopke damit beschäftigt, antifaschistische Gegendemonstrierende zu beleidigen.

Weder die „Freie Linke“ noch ihre Frontpersonen Toni Kopke und Sandra Gabriel sind antifaschistisch, emanzipatorisch oder antirassistisch! Sie verbreiten antisemitische Verschwörungsmythen und paktieren mit Neonazis. Da hilft auch eine rote Fahne nichts!

Rechte Beteiligung am 04.02.22

04.02.22: Florian Schürfeld bei „Bielefeld steht auf“ (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

An den regionalen Großdemos der verschwörungsideologischen Szene haben in den letzten Wochen immer auch bekannte Personen der rechten Szene teilgenommen – ob in Bielefeld, Paderborn oder auch Lemgo. So auch am 04.02.22 in Bielefeld. Von der Neonazi-Kleinstpartei „Die Rechte“ lief der Bielefelder Tim Sauer mit. Florian Schürfeld, Burschenschafter bei der Normannia Nibelungen und Aktivist der Identitären Bewegung, nahm mit drei weiteren Personen an der Demo von „Bielefeld steht auf“ teil.

04.02.22: Tim Sauer bei „Bielefeld steht auf“

Von der nationalistischen Jungen Alternative Bielefeld nahm Tim Marvin Braungart mit entsprechender Fahne am Aufzug teil. Auch Reimund Ruhe von AfD Paderborn lies sich blicken. Als weiteres bekanntes Gesicht zeigte sich der verschwörungsideologische Zahnarzt Oliver Samson (Minden) in Bielefeld. Gegen Samson wird derzeit polizeilich ermittelt, nachdem er am 03.01.22 einen Teil der verschwörungs-ideologischen Montagsdemo in Minden zum Haus der Landrätin Anna Bölling führte.

Es ist der beständigen kritischen Öffentlichkeit geschuldet, dass sich in den letzten Wochen weniger Personengruppen aus dem organisierten neonazistischen und neofaschistischen Spektrum auf Bielefelds Straßen getraut haben. Von „Bielefeld steht auf“ und den anderen Gruppen ist keine glaubhafte Distanzierung in diese Szene erwarten. Das Beispiel der „Freien Linken“ zeigt eindrücklich, dass hier bereitwillig Seite an Seite mit organisierten Rechten demonstriert wird. Denn es gibt viele ideologische Schnittmengen. Darum müssen diese Demos auch weiterhin als das bezeichnet werden, was sie sind: Aufzüge einer rechten verschwörungsideologischen Querfront!

 

Quellen:

https://freie-linke.de/mitteilungen-der-freien-linken/aufruf-der-freien-linken

https://freie-linke.de/freier-funke/2021/06/kommt-der-klimalockdown#more-2092

https://twitter.com/IfS_dicht/status/1365756687060262912

https://twitter.com/AZeckenbiss/status/1365719378268991491

https://www.belltower.news/freie-linke-die-anti-impf-anti-imps-121205/

https://www.belltower.news/tag-der-deutschen-einheit-neonazis-und-corona-leugner-mobilisieren-nach-halle-121989

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 21.01.2022 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2022/01/24/zum-verschwoerungsideologischen-demonstrationsgeschehen-am-21-01-2022-in-bielefeld/ Mon, 24 Jan 2022 21:08:40 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1576 Continue reading Zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 21.01.2022 in Bielefeld ]]> Am Freitag, den 21.02.2022, folgten rund 2000 Personen dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ und zogen in 4 Demo-Zügen unter starker Polizeibegleitung durch Bielefeld. Im Gegensatz zu den Aufmärschen am 17.12.21 sowie 07.01.22 hatten diesmal die Organisator*innen um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann die Demozüge angemeldet. In den letzten Wochen wurden unsere Recherchen zu der Beteiligung bekannter militanter Neonazis und neofaschistischer Burschenschafter an den „Bielefeld steht auf“-Demos in den lokalen und überregionalen Medien aufgegriffen. Durch die zunehmend kritische Berichterstattung erhöhte sich der Druck auf das Orga-Team um Jesse, Landwehr und Co., sodass am 13.01.22 erstmals seit Gründung der Gruppe im März 2021 eine Distanzierung von „Extremismus“ formuliert wurde. Seit 8 Monaten haben wir immer wieder auf antisemitische und rechtspopulistische Inhalte in den Chats und bei den Demos von „Bielefeld steht auf“, sowie auf die Teilnahme von Unterstützer*innen von Ursula Haverbeck und Mitgliedern der AfD, JA und Identitärer Bewegung aufmerksam gemacht. Nie gab es auch nur einen Satz der Abgrenzung. Das die neue Distanzierung nichts anderes als Augenwischerei ist, belegen die Inhalte der Telegram-Gruppe auch nach dem 13.01., die von den Admins geduldet werden. Ein konsequentens Vorgehen gegen antisemitische Verschwörungsmythen, rechtspopulistische Propaganda, menschenfeindliche Aussagen würde die Gruppe sprengen. Denn sie machen den Kern des Austauschs unter den Mitgliedern von „Bielefeld steht auf“ aus.

Screenshot „Bielefeld steht auf“ vom 14.01.22

Antisemitische und pronationalistische Kontinuitäten

Seit dem 13.01. haben Jesse und Landwehr hin und wieder Posts gelöscht, wenn Mitglieder ein schlechtes Image für die Gruppe durch allzu offensichtliche volksverhetzende Posts oder allzu offene Gewaltaufrufe befürchteten. In diesen Fällen wird auf die mitlesende Presse, Antifa oder Polizei verwiesen, denen man „kein Futter“ bieten wolle – und nicht etwa auf den Umstand, dass Antisemitismus und Rassismus abzulehnen sind.

Weit mehr 90% der übrigen Inhalte, Links und Texte werden weiterhin akzeptiert. Es wird weiter von „Globalisten“ und „Zionisten“ gesprochen und geschichtsrevisionistische Mythen akzeptiert. So bspw. schreibt Mitglied Dr. Blond am 14.01.: „Hitler war ein Partner der Zionisten. Hitler sowie auch Merkel wurden im Tavistock Institut bei Rothschild ausgebildet und in Deutschland installiert um Deutschland zu zerstören“ (siehe Screenshot). Es wird von linker Umerziehung im Schulsystem gesprochen, homophobe Meinungen geteilt und Partei für bekennende Neofaschisten wie Martin Sellner ergriffen. Die Mitglieder wünschen keine Abgrenzung nach rechts, sie teilen selbst in der Mehrheit rechte Inhalte.

Oben: Screenshots „Bielefeld steht auf“ zum Anschluss „Rechtsextremer“

Und sie sprechen sich offen für den Schulterschluss mit Neonazis und Neofaschisten aus. Die vermeintliche Distanzierung des Orga-Teams ist bedeutungslos. Wenn also wie am Freitag 2000 Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ und anderer verschwörungsideologischer Chatgruppen durch Bielefeld ziehen, werten wir das als einen rechten Aufzug. Dies zeigt sich teilweise auch augenfällig auf der Straße, durch aggressives Auftreten gegenüber Pressevertreter*innen, aber auch durch Symbole. Eine Person trug eine Gadsden-Flagge, die in den USA vor allem von Anhänger*innen der rechtspopulistischen und antisozialistischen Tea-Party-Bewegung als Symbol genutzt wird.

Rechts: 21.01.22 Hitlergruß (hinter der Fahne) gegen die Gegendemo am Rand (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Sie steht symbolisch für US-Patriotismus, Regierungskritik und die im Zweifel gewaltsame Verteidigung der US-Verfassung. Ein anderer Teilnehmer zeigte auf der Arthur-Ladebeck-Straße den Hitler-Gruß in Richtung des antifaschistischen Gegenprotests (siehe Foto). Auch nach der Demo am 21.01.22 wurden erneut entlang der Route vielfach Sticker neofaschistischer Gruppen gefunden und durch engagierte antifaschistische Bielefelder*innen entfernt.

Beteiligung bekannter Akteur*innen

Auch am 21.01.22 beteiligten sich bekannte Personen der rechten Parteienlandschaft und der neonazistischen Szene am Demonstrationsgeschehen in Bielefeld. Tim Marvin Braungart von der nationalistischen Jungen Alternative lief in dem Zug ausgehend von der Kunsthalle mit JA-Fahne mit. Markus Mittwoch, Mitglied der CDU Bielefeld, beteiligte sich an dem Kesselbrink-Zug.

Neonazi Dirk Stranghöner & Markus Mittwoch (Quelle: Facebook)

Mittwoch ist aktives Mitglied des rechten Vereins Werteunion und ist für den Verein sowohl im Bundesvorstand als auch im Landesvorstand NRW als Beisitzer aktiv. Die Werteunion verbreitet unter dem Label Konservatismus nationalistische, antiemanzipatorische und AfD-nahe bis hin zu -identische Positionen. Sowohl das prominente Werteunions-Mitglied Hans-Georg Maaßen als auch der aktuelle Werteunionsvorsitzende Max Otte sind immer wieder durch die gezielte Relativierung und Rechtfertigung rechter Gewalt und Terrors aufgefallen. Ottes Vize-Chef Klaus Dageförde war früher in einer Neonazi-Gruppe als führender Kader aktiv.

Markus Mittwoch ist „Team Maaßen“

Der Bielefelder Malermeister Markus Mittwoch zeigt sich bei Facebook als Fan des früheren Verfassungsschutz-Chef Maaßen und betonte im Mai 2021: „Außerhalb vom Thüringer Wahlkreis von Herrn Maaß [sic!] würde ich niemandem raten die CDU zu wählen“. 2016 rief Mittwoch bereits öffentlich dazu auf, die AfD zu wählen. Am 21.01.22 schrieb Mittwoch auf Facebook: „Ob die heute noch Nazis finden? Und wenn wie mögen die jetzt wohl sein? Ist es da nicht besser der Natur freien Lauf zulassen?“. Der frühere Neonazi Dageförde antwortet: „Ich Sitz [sic] schon im Auto und komme euch unterstützen *Lachsmiley*“. Beide dürften durchaus mit Neonazis bekannt sein. Mittwoch ist dem Neonazi-Skinhead Dirk Stranghöner (Kreis Lippe) befreundet. Stranghöner ist seit mehr als 25 Jahren als Neonazi bekannt und aktiv. Er war unter anderem Teil der neonazistischen „Kameradschaft Bielefeld“ sowie der „Road Crew Ostwestfalen“. Fotos zeigen Stranghöner und Werteunions-Mitglied Markus Mittwoch bei gemeinsamen Wanderungen. Wenn Stranghöner mit anderen bekannten Neonazis wie Marcus Winter (Minden), Michael Sundermann und Jan Weißberg zum Vatertagsausflug loszieht, gefällt das Markus Mittwoch auf Facebook.

Auch andere Online-Kontakte Mittwochs weisen in die Neonazi-Szene um Stranghöner sowie in die rechte Hooligan-Szene von Arminia Bielefeld. Die CDU und auch die Werteunion verneinen eine Nähe zu Neonazis. Wie die Causa Mittwoch dazu passt, wird sich zeigen.

21.01.22: vorne 2. v.l. Heinz Kriegel, Rainer Kötter, Dennis Seibert (Quelle: https://twitter.com/mor_schl/status/1484908127980040193/photo/1)

Auch Neonazi und Ex-Reservist Heinz Kriegel nahm mit 3 weiteren Personen, darunter Neonazi und Hooligan Dennis Seibert, an der Demo am 21.01.22 teil. Kriegel und Seibert hatten im Oktober 2020 gemeinsam mit dem damaligen Vorsitzenden der Bielefelder Reservistenkameradschaft RK36 Alt-Bielefeld Michael Reinert eine Demonstration der neonazistischen Kleintspartei „Der dritte Weg“ in Berlin besucht. Seibert und Kriegel sind schon wiederholt bei den Demos von „Bielefeld steht auf“ aufgefallen. Am 17.12.21 beteiligte sich Seibert an einem gewaltsamen Durchbruch am Bielefelder Rathaus.

Die Medien sind das Virus“

Nach der unangemeldeten Demo vom 07.01.22 wurde in der „Bielefeld steht auf“-Gruppe massiv gegen die lokalen Medien und Journalist*innen gehetzt. Presse und Medien sind innerhalb der ideologisch heterogenen Pandemie-leugnerischen Szene ein übergreifendes Feindbild.

Gewaltaufruf gegen Fotograf bei „Bielefeld steht auf“

Sie werden als Propaganda-Organe der Regierung oder der eingebildeten geheimen „Elite“ begriffen und werden für die erlebten Einschränkungen verantwortlich gemacht. Bei der Demo vom 07.01.22 kam es zu körperlichen Angriffen auf Presse-Vertreter*innen. Fotograf*innen wurden bedrängt und bedroht. Im Chat wurden Fotos vonJournalist*innen geteilt und zur Gewalt gegen sie aufgerufen („Farbbeutel in die Fresse“).

Screenshot „Bielefeld steht auf“ 11.01.22

Lokale Medien wie Radio Bielefeld, der WDR oder die Neue Westfälische sollten besucht und angegangen werden. Widerspruch gab es keinen. Keine der Nachrichten, in denen zu Gewalt gegen einzelne Journalist*innen oder Konfrontationen an den Redaktionsgebäuden aufgerufen wurde, wurde durch die Administrator*innen kritisiert oder gelöscht. Auch am 21.01.22 berichteten Journalist*innen über Beleidigungen und Störungen während der Begleitung der Demo-Züge.

Fazit

Die Demos von „Bielefeld steht auf“ werden von Menschen besucht, die sich von den dort transportierten Inhalten angesprochen fühlen und die den Schulterschluss mit militanten Neonazis bereitwillig eingehen. Gewalt wird toleriert, wenn es dem Gefühl der Ermächtigung auf der Straße dient oder sich gegen gemeinsame Feinde wie Journalist*innen oder die Antifa richtet. Bekannte rechte Akteure nutzen diese Demos, um neue Anhänger*innen zu rekrutieren. Sei es die AfD, JA, die Werteunion oder auch Ableger der Identitären Bewegung oder militante Neonazi-Gruppierungen. Die Zugehörigkeit zur bürgerlichen Mitte ist kein ideologischer Schutzmantel. Die relevanten Überzeugungen und Ideologien müssen zur Bewertung dieser Bewegung in den Fokus genommen werden. Auch Teile der bürgerlichen Mitte hegen antisemitische, rassistische und antiemanzipatorische Überzeugungen. Und eine Minderheit dieser Teile läuft bei „Bielefeld steht auf“ und den anderen Pandemie-leugnerischen Demos regional und bundesweit mit! Die Leute, die sich tagtäglich in diesen Chatforen bewegen, akzeptieren und teilen die genannten Inhalte. Sie entscheiden sich jeden Tag aufs Neue, diese Inhalte unwidersprochen hinzunehmen oder selbst zu verbreiten. Und sie entscheiden sich bei jeder Demo, jeder Mahnwache und Kundgebung aufs Neue dazu, diese Ideologien auf die Straße zu tragen und Antisemit*innen, Neonazis und Reichsbürger*innen neben sich zu dulden. Das ist nicht harmlos, das ist auch nicht unpolitisch. Das sind bewusste Entscheidungen dieser Leute aus der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft, sich mit diesen Ideologien und ihren Vertreter*innen gemein zu machen.

Weiterführende Infos:

https://arip.noblogs.org/archiv/nazistrukturen-owl/sonstiges/road-crew-ostwestfalen/

https://www.werteunion.de/bundesvorstand/

https://www.werteunion.de/landesverbaende/nordrhein-westfalen/

https://www.youtube.com/watch?v=yb4mcayeUsk

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Stellungnahme zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 07.01.2022 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2022/01/09/stellungnahme-zum-verschwoerungsideologischen-demonstrationsgeschehen-am-07-01-2022-in-bielefeld/ Sun, 09 Jan 2022 19:38:06 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1536 Continue reading Stellungnahme zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 07.01.2022 in Bielefeld ]]>
Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 07.01.22

Am 07.01.2022 konnten erneut über 2000 Personen aus der verschwörungsideologischen Szene das Bielefelder Stadtgebiet vereinnahmen. Trotz hoher Präsens der Polizei lies diese jede Gelegenheit verstreichen, die nicht genehmigten Aufzüge festzusetzen und die 3G-Auflagen umzusetzen. Durchsagen der Polizei wurden gänzlich ignoriert, es wurden weder Masken getragen noch Abstand gehalten. Es kam zu einem gewaltsamen Angriff auf einen Pressevertreter, andere Pressevertreter*innen wurden bepöbelt und bedroht. Bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße (Höhe Potemkin Bar) wurde nach Berichten der Demo-Teilnehmer*innen Pfefferspray gegen die Polizist*innen eingesetzt. Bei der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei war mindestens ein Kind zugegen, das unter Tränen darum bat, den Ort verlassen zu dürfen. Erst nach über 3 Stunden löste sich die Ansammlung Verschwörungsgläubiger langsam auf.

Beteiligung aus der neofaschistischen und neonazistischen Szene

Tim Sauer am 07.01.22 in Bielefeld (Quelle:Doku Netzwerk OWL)
Jan Tiemann am 07.01.22 in Bielefeld (Screenshot a. Video)
Neonazi, Name unbek.(Quelle:Doku Netzwerk OWL)
01.05.2018: Neonazis von „Die Rechte OWL“ besuchen Meinolf Schönborn, 2. v. r. der benannte Neonazi

Wie schon bei der letzten Großdemonstration der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann am 17.12.2021 nahmen auch am 07.01. wieder bekannte Neonazis aus OWL am Demonstrationsgeschehen in Bielefeld teil. Antifaschistische Beobachter*innen konnten Gerd Ulrich (Detmold-Berlebeck, u.a. HDJ) mit vier weiteren Personen im Demo-Zug ausgehend vom Oetker-Park ausmachen. Am Kesselbrink fanden sich gegen 18:30 Uhr die Neonazis Tim Sauer (Bielefeld, Mitglied „Die Rechte“) und Bernd Stehmann (Leopoldshöhe) in Begleitung von 5 weiteren Personen ein. Auch der Neonazi Jan Tiemann (Bielefeld) nahm an dem vom Kesselbrink ausgehenden Demozug teil.

Auf Videos der Demoteilnehmer*innen konnte außerdem dieser Mann identifiziert werden. Er nahm 2018 an konspirativen Treffen der neonazistischen Kleinstpartei „Die Rechte“ teil und zeigt sich seit Pandemie-Beginn immer wieder bei Demos der verschwörungsideologischen Szene in Bielefeld. In dem Demo-Zug, der sich ausgehend vom Oetker-Park gebildet hatte, liefen auch Mitglieder der rechten Burschenschaft Normannia Nibelungen (Bielefeld) mit. Die Normannia ist seit Jahren als nationalistische profaschistische Burschenschaft bekannt. Aus ihren Reihen stammen namhafte Neonazis wie der führende Hammerskin Hendrik Stiewe. Der früher führende Aktivist der Identitären Bewegung (heute AfD & JA Arnsberg) Nils Hartwig ist ebenfalls Teil der Normannia. 2019 gab es einen Polizeieinsatz bei der schlagenden Burschenschaft, nachdem dort indizierter Rechtsrock sowie „Sieg-Heil“-Rufe zu hören waren. Seit 2020 ist die Normannia die vorsitzende Burschenschaft des rechten Korporationsverbands Deutsche Burschenschaft. Am 07.01. nahmen Lars Peterat (Normannia Nibelungen &Sprecher der Deutschen Burschenschaft), Domenic Nagel (Normannia Nibelungen, stellvertretender Sprecher der Deutschen Burschenschaft & Junge Alternative Bielefeld) und Florian Schürfeld(Normannia Nibelungen, Aktivist der Identitären Bewegung) mit mindestens zwei weiteren Personen an der Demo teil. Dabei trat insbesondere Domenic Nagel aggressiv und provozierend gegenüber den Polizeibeamten auf.

07.01.22: ganz rechts Lars Peterat mit Mitgliedern der Normannia Nibelungen (Quelle: Doku Netzwerk OWL)
07.01.22: Domenic Nagel belästigt Polizeibeamte (Quelle: Doku Netzwerk OWL)
Aktiva der Normannia Nibelungen im Wintersemester 2020/2021: vlnr. Unbek., Lars Peterat, Domenic Nagel, Robert Malcoci, unbek., Florian Schürfeld (Quelle: Burschenschaftliche Blätter)
07.01.22: Florian Schürfeld und Domenic Nagel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

07.01.22: vorne Jonas Vriesen in Bielefeld (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Auch der ehemalige Vorsitzende der Jungen Alternative Bielefeld, Jonas Vriesen, fiel durch aggressives Verhalten sowohl Pressevertreter*innen als auch der Polizei gegenüber auf.

07.01.22: markiert vlnr.: Christoph Woskres, Maxim Dyck, Jonas Vriesen (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Ein Video des Fernsehsenders RTL zeigt Jonas Vriesens Beteiligung an der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße. Vriesen besuchte die Demo gemeinsam mit Maxim Dyck (Junge Alternative OWL & AfD Gütersloh) und einer weiteren Person, die sich bei Telegram Christoph Woskres nennt. Woskres nahm im November 2019 mit Florian Schürfeld an einer pressefeindlichen Neonazi-Demo in Hannover teil. Zu der Demo am 23.11.2019 hatten NPD und Die Rechte aufgerufen, es wurde gegen unliebsame Journalist*innen und die Pressefreiheit gehetzt. Die Aktiva der Normannia Nibelungen halten engen Kontakt zum Bielefelder Verband der Jugendorganisation der AfD. Unter Jonas Vriesens Führung wurden Kontakte geknüpft, wie wir in Recherchen bereits dargelegt haben. Ein Foto vom Sommerfest der JA OWL zeigt die Teilnahme von Domenic Nagel und einem weiteren Burschenschafter. Auf dem Foto ist auch Woskres zu sehen. Mittlerweile findet der monatliche Stammtisch der JA Bielefeld im Haus der Normannia Nibelungen statt. Neben den namentlich bekannten Neonazis und Neofaschisten wurden mindestens drei weitere rechte Kleingruppen in den Demonstrationszügen gesichtet.

23.11.2019: Christoph Woskres & FlorianSchürfeld bei NPD-Demo in Hannover (Quelle: Recherche Nord)

Erneut konnten Neonazis und Neofaschisten im Schulterschluss mit Verschwörungsgläubigen, Esoteriker*innen und sonstigen Pandemie-Leugner*innen durch Bielefeld ziehen und gewaltsame Auseinandersetzungen suchen. Die erneut eklatante Fehleinschätzung der Polizei, es wären nur zwei Neonazis unter den Teilnehmenden gewesen, arbeitet den Aufzügen der Verschwörungsgläubigen zu und verharmlost die rechte Allianz, die sich auf Bielefelds Straßen und in den Telegram-Chats bildet.

Mobilisierung

Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 17.12.21

Die Hauptmobilisierung fand über die Telegram-Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann statt. Diese hatten zu einer Großdemo am 07.01. für 18 Uhr auf den Kesselbrink aufgerufen. Trotz der eindeutig belegten Teilnahme militanter Neonazis bei der letzten „Bielefeld steht auf“-Demo am 17.12. 21 gab es von den Veranstalter*innen keinerlei Abgrenzung in diese Szene. Wie wir in mehreren Stellungnahmen bereits deutlich gezeigt haben, dominieren in der Chat-Gruppe von „Bielefeld steht auf“ strukturelle bis offen antisemitische Verschwörungsmythen, gemischt mit pronationalistischen und emanzipationsfeindlichen Inhalten, Werbung für die AfD und verschiedene Reichsbürger-Organisationen. Während die Administrator*innen Jesse, Landwehr und Bergmann jede Beleidigung gegen das Organisationsteam sowie jede Kritik an der ideologischen Ausrichtung der Gruppe direkt aus dem Chat löschen und die Teilnehmer entfernen, werden alle verschwörungsideologischen und rechten Inhalte unkommentiert stehen gelassen und gedultet. Diese Inhalte bilden die ideologische Schnittstelle für die neonazistische, neurechte und neofaschistische Szene. An den „Bielefeld steht auf“- Demos nehmen immer wieder Mitglieder der Jungen Alternative Bielefeld, der AfD und Unterstützer*innen der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck teil, wie wir bereits mehrfach belegt haben. Daran stören sich weder die Organisator*innen, noch die anderen Gruppen-Mitglieder. Es wird die vielfache Werbung für die neue Gruppe „Westfalens Eichensöhne“ akzeptiert, eine Neuauflage der Identitären Bewegung. Die AfD und JA bewerben die „Bielefeld steht auf“-Demos seit Monaten, am 17.12. war einer der Ordner Tim Marvin Braungart von der Jungen Alternative Bielefeld. André Jesse löste aufgrund der 3G-Auflagen spontan seine angemeldete Demo auf und zog sich damit aus der Verantwortung. Im Anschluss an die von der Polizei gebilligte, nun unangemeldete Großdemo mit Auschreitungen am Rathaus frohlockte Angela Landwehr abends noch bei Telegram über die „gigantische Teilnahme an unserem Spaziergang“ (siehe Screenshot). Das Verhalten der Stadt Bielefeld und der Polizei bescherte der Gruppe große Demo-Erfolge und verschafft der Gruppe immer weiteren Zulauf. Mittlerweile hat die Chat-Gruppe mehr als 4500 Mitglieder. Für den 07.01. meldete Jesse erneut eine Großdemo an lies diese in den letzten Wochen in regionalen und bundesweiten verschwörungsideologischen Kanälen bewerben.

Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 07.01.22

Nach dem Anmeldungsrückzug, begründet mit der Sorge vor der rechtlichen Verantwortung für die zu erwartende Nichteinhaltung der 3G-Auflagen ab 751 Teilnehmer*innen, stellten Jesse, Landwehr und Bergmann ihren Kanal bereitwillig für die Bewerbung unangemeldeter Demos am 07.01.22 zur Verfügung. Neben der Bewerbung wurden auch ausschweifende Strategie-Diskussionen durch die Administrator*innen zugelassen. Es war vollkommen klar, dass die Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ mehrere unangemeldete Demo-Züge sowie Masken- und Abstandsverweigerung planten. Am 07.01. selbst schaltete André Jesse dann den sonstigen verlangsamten Schreibmodus der Gruppe aus, um während der unangemeldeten Demos die digitale Vernetzung und Koordination der Teilnehmer*innen zu ermöglichen (siehe Screenshots). André Jesse und die anderen Gruppenverantwortlichen stellten so eine digitale Supportstruktur für das Demonstrationsgeschehen am 07.01.22 und übernahmen damit konkret auch Verantwortung für das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei.

Fazit

Trotz der geplanten und absolut offensichtlichen Nichteinhaltung der 3G-Regelung, der geplanten und umgesetzten Nicht-Anmeldung der Demozüge und gewaltsamer Auseinandersetzungen mit der Polizei konnten die Verschwörungsgläubigen, Impfgegner*innen, Neonazis und Neofaschist*innen weite Strecken in der Stadt unbehelligt laufen. Die Polizei beruft sich für ihr Nicht-Verhalten auf den Schutz des Versammlungsrechts. Dieser Schutz wird jeder anderen Gruppe, die in Bielefeld demonstriert, ab nun angemeldet oder auch bei Spontandemonstrationen in keiner Weise gewährt. Er gilt auch nicht für Fußballfans. Dieser Schutz wird einzig und allein der rechten und verschwörungsideologischen Szene gewährt – und er führt zur Vergrößerung und Radikalisierung dieser Szene. Es wäre gänzlich undenkbar, dass linke Demos laufen würden, wenn es gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei inklusive Pfeffersprayeinsatz gegeben hätte. Linke Spontandemos mit 20 Teilnehmer*innen wurden in der Vergangenheit mit polizeilichem Großaufgebot verfolgt, vermeintliche Teilnehmer*innen teilweise über Nacht rechtswidrig in Gewahrsam genommen. Bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen 2018 und 2019 sperrte ein Polizei-Großaufgebot die Bielefelder Innenstadt ab, behinderte den linken Gegenprotest massiv und zeigte, dass sie auch über Einsatztaktiken für 14.000 Protestierende verfügten. Davon zeigt sich angesichts der rechten verschwörungsideologischen Demos nichts. Und hier muss sich die Polizei fragen lassen, welche politische Entscheidung hinter dieser Akzeptanz für die Demos dieser Szene steckt. Es braucht keine rigideren Gesetze, die die Demonstrationsfreiheit weiter einschränken und auch keine Schnellverfahren. Sondern die Anerkennung der ideologischen und realen Gefahr, die von dieser Szene ausgeht, auf der politischen Ebene. Und es braucht entschlossenen und starken Gegenprotest auf der Straße. Ein Rückzug in die bequeme Onlinewelt räumt die Straße für die Verschwörungsgläubigen und Neonazis und beeindruckt die Szene in keiner Weise. Die Bewohner*innen von Minden haben am Samstag gezeigt, dass auch bürgerlicher Gegenprotest verantwortungsvoll in Pandemie-Zeiten möglich ist. Die Mitglieder der regionalen Chatgruppen waren sichtlich erschüttert von den 2500 Menschen, die ein Zeichen gegen antisemitische Verschwörungsmythen und rechte Hetze setzten. Wir bedanken uns bei den Gegendemonstrant*innen, die am 07.01. nicht dem Aufruf des Bielefelder „Bündnis gegen rechts“ folgten, sondern auf der Straße Stellung bezogen.

Polizei und Stadt Bielefeld müssen sich fragen lassen, was noch passieren muss, um der verschwörungsideologischen Szene um „Bielefeld steht auf“ entschlossen Einhalt zu gebieten.

Links:

https://twitter.com/ChrisReichFoto/status/1479512256991870982

https://twitter.com/ver_jorg/status/1479525145249300486

https://twitter.com/mor_schl/status/1479819346012737540

https://twitter.com/SebastianReddig/status/1479527756262219778

https://twitter.com/mor_schl/status/1479819357169586180

https://twitter.com/alibi602/status/1479525944180236295

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Polizei lässt tausende Verschwörungsgläubige durch Bielefeld ziehen und Neonazis proben den Aufstand – zum Demonstrationsgeschehen am 17.12.2021 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2021/12/19/polizei-laesst-tausende-verschwoerungsglaeubige-durch-bielefeld-ziehen-und-neonazis-proben-den-aufstand-zum-demonstrationsgeschehen-am-17-12-2021-in-bielefeld/ Sun, 19 Dec 2021 13:20:11 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1469 Continue reading Polizei lässt tausende Verschwörungsgläubige durch Bielefeld ziehen und Neonazis proben den Aufstand – zum Demonstrationsgeschehen am 17.12.2021 in Bielefeld ]]> Gestern kam es zu einer Großdemonstration von ca. 3000 Verschwörungsgläubigen, die dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse und Angela Landwehr gefolgt waren. Der Aufruf der Gruppe wurde regional und bundesweit in einschlägigen Telegram-Gruppen, aber auch über neonazistische Kanäle sowie AfD-Kreisverbände verbreitet. Nachdem bereits am 03.12. eine verschwörungsideologische Großdemo reibungslos ohne Masken- und Abstandsauflagen von der Polizei Bielefeld ermöglicht wurde und die Presse zunächst uneingeschränkt verharmlosend darüber berichtet hatte, schlossen sich der Telegram-Gruppe „Bielefeld steht auf“ in den letzten zwei Wochen über 1500 neue Mitglieder an. Wir haben konstant öffentlich auf das Mobilisierungspotenzial, das Personenspektrum und auch die Mobilisierung in Neonazi-Kreisen hingewiesen. Dennoch zeigte sich die Polizei gestern angesichts der Einschätzung der bei „Bielefeld steht auf“ Demonstrierenden erneut vollkommen unfähig. Sowohl auf der Straße als auch in der anschließenden Einschätzung der Polizeisprecherin Sonja Rehmert. Rehmert ließ gegenüber der Presse verlautbaren, nur ein einzige Person aus der Neonazi-Szene sei der Polizei aufgefallen. Dabei bewegte sich eine größere Gruppe polizeibekannter Neonazis von Beginn an unter den Demonstrierenden – und nahm bei den Ausschreitungen am Rathaus gegen 19:25 Uhr eine entscheidende Rolle ein.

17.12.21 Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Neonazi Lennard Sanner in Neonazi-Gruppe, dahinter im hellen Mantel mit Bielefeld-Fahne der Vorsitzende der JA Bielefeld Florian Rust

Videos belegen die Beteiligung der Neonazis Lennard Sanner und Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg), Meinhard Otto Elbing und Jan Tiemann (Bielefeld) an der Ausschreitungssituation. Sanner ist zu sehen, wie er die umstehenden Demonstranten wild gestikulierend zur weiteren Aktion anstachelt. Die bekannten Neonazis bewegten sich in einer Gruppe von ca. 10 teilweise vermummten Neonazis. Außerdem unter ihnen und ebenfalls an dem Durchbruch am Rathaus beteilligt: Florian Rust, Vorsitzender der Jungen Alternative (JA) Bielefeld. Rust hatte sich schon auf dem Kesselbrink in dem Trupp militanter Neonazis bewegt, gut zu erkennen an seinem hellen Mantel und der großen Flagge mit dem Bielefelder Stadtwappen, die er mit sich führte. Rust nahm in der Vergangenheit wiederholt an Demos von „Bielefeld steht auf“ teil, z.B. am 24.09.2021. Er ist seit Juni 2021 Vorsitzender der JA Bielefeld und organisiert ihren monatlichen Stammtisch bei der ultranationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen, an dem sich teilweise auch Neonazis beteiligten. Rusts Anwesenheit in der Neonazi-Gruppe gestern ist ein weiterer Beleg für die Bereitschaft der AfD, sich mit Unterstützung militanter Neonazis politisch in Szene zu setzen.

17.12.21 Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Lennard Sanner, zweiter von rechts Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg)
Links im Bild: Meinhard Otto Elbing (mit grauem Pferdeschwanz), daneben Florian Rust

 

 

 

 

Die gestrigen von lokalen Neonazis teilweise angeleiteten Ausschreitungen waren zu erwarten! Wir und auch die Gruppe Antinationale Linke Bielefeld (ALIBI) sowie die Jugendantifa Bielefeld haben seit dem 03.12. auf die fatalen Folgen der positiven Erstberichterstattung und polizeilichen Einschätzung der Demo am 03.12. hingewiesen. Die Polizei Bielefeld leugnet auch für den 03.12. die Teilnahme von Neonazis, wir haben die Teilnahme des Ex-Reservisten und Neonazi Heinz Kriegel durch Fotos belegt. Schon in der Vergangenheit haben immer wieder Unterstützer*innen der Holocaustleugnerin und Nationalsozialistin Ursula Haverbeck an den Demos teilgenommen, auch diesen Umstand haben wie wiederholt öffentlich gemacht. Diese Personen sind bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen in Bielefeld 2018 und 2019 aufgefallen. Mindestens 4 der Haverbeck-Unterstützer*innen nahmen auch gestern an der Demo teil. Außerdem sind auch die bekannten Neonazis Tim Sauer, Jan Tiemann (Bielefeld) und Rene Heitmann (Gütersloh) unter den Teilnehmenden gewesen. Aus Detmold-Berlebeck kamen die beiden bekannten Neonazis und Funktionäre der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) Gerd und Anna-Maria Ulrich. Gerd Ulrich leitete in den 1990er Jahren eine Wehrsportgruppe, ist wegen Sprengstoffdelikten vorbestraft und führt bis heute paramilitärische Schulungen von Kindern aus der Neonazi-Szene auf seinem Grundstück durch. Das Ehepaar Ulrich nimmt seit Pandemie-Beginn an verschwörungsideologischen Demos regional und bundesweit teil und organisiert eine wöchentliche Schilderaktion in Detmold, an der auch schon Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ teilnahmen. Gerd Ulrich ist außerdem Teil eines verschwörungsideologischen Zusammenschlusses von Reservisten und Veteranen. Aus Bünde reiste der erst kürzlich wegen Holocaustleugnung verurteilte Neonazi Kai Berger an. Auch die Neonazis Heinz Kriegel und Dennis Seibert waren gestern vor Ort. Kriegel musste nach unseren Recherchen im Februar den Reservistenverband und die Bielefelder Reservistenkameradschaft RK36 Alt-Bielefeld verlassen. Des weiteren zeigte sich eine größere Gruppe türkischer Nationalisten, die den „Grauen Wölfen“ zugeordnet werden können. Der Großteil der genanten Neonazis ist übrigens einschlägig polizeibekannt.

Christian Lange & Lennard Sanner bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz 01.09.2018 (Foto v. Recherche Nord)

Das sich die Gruppe um Sanner, Lange und Elbing sowie die Ulrichs bei „Bielefeld steht auf“ eingefunden haben ist dabei nicht nur Ausdruck der ideologischen Schnittmengen, die die Neonazis mit der antisemitischen Verschwörungsszene haben. Die verschwörungsideologischen Großdemos bieten den militanten Neonazis eine perfekte Kulisse, um ihre Tag-X-Umsturzfantasien zu proben. Sie proben sich in Straßenkampf-Szenarien und werben um Unterstützer*innen auf der Straße. Lennard Sanner, Christian Lange und auch Gerd Ulrich reisten 2018 zu den rassistischen Ausschreitungen nach Chemnitz und beteiligten sich dort an den Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch hier liefen AfD, JA und militante Neonazis Schulter an Schulter.

Gerd Ulrich bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz 01.09.2018 (Foto v. Recherche Nord)

Die verschwörungsideologische Szene mit ihrem ideologischen Überbau reicht dieser militanten Szene bereitwillig die Hand. Die Geschehnisse gestern am Rathaus zeigen, dass die Neonazis in Bielefeld am 17.12. mit Unterstützung rechnen konnten. Und die Fehleinschätzung der Polizeipräsidentin Rehmert zeigt, dass diese bekannten Neonazis nicht mit einer konsequenten polizeilichen Intervention zu rechnen haben.

Vor unseren Augen entsteht gerade eine rechte verschwörungsideologische Großbewegung, die nicht von Neonazis unterwandert wird, sondern ihnen bereitwillig die Hand reicht. Wie gefährlich die Verschwörungsmythen der Pandemie-Leugner*innen sind, zeigen uns die Morde von Idar-Oberstein und Senzig allzu deutlich auf. Diesen Leuten die Straße zu überlassen, arbeitet ihrem Gefühl von Überlegenheit und Legitimität zu. Und ebnet Neonazis den Weg zur Tag-X-Probe. Dieses Wissen ist nicht neu, diese Szenarien zeigen sich seit Pandemie-Beginn bei den verschwörungsideologischen Großdemos bundesweit, z.B. in Berlin, Leipzig oder Kassel. Und das Verschwörungsmythen und rechter Terror Hand in Hand gehen, muss allen spätestens seit den Anschlägen von München, Halle und Hanau mit 20 Todesopfern schmerzlich bewusst sein.

Heute ist der 18.12.2021. Heute vor genau 3 Monaten wurde Alex W. In Idar-Oberstein von einem verschwörungsgläubigen Maskenverweigerer ermordet. Er wurde 20 Jahre alt.

 

Link zu den Videos mit der Rathausszene:

https://twitter.com/RechercheKolle1/status/1471952812959490048

https://twitter.com/mor_schl/status/1471912285706805257

 

Hier die Stellungnahme auch noch mal als PDF zum Download:

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Stellungnahme zur polizeilichen Einschätzung von „Bielefeld steht auf“ https://rkowl.blackblogs.org/2021/12/10/stellungnahme-zur-polizeilichen-einschaetzung-von-bielefeld-steht-auf/ Fri, 10 Dec 2021 21:52:23 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1359 Continue reading Stellungnahme zur polizeilichen Einschätzung von „Bielefeld steht auf“ ]]>
Logo der verschwörungs-ideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf!

Am 08.12.21 veröffentlichte die Neue Westfälische eine Stellungnahme der Bielefelder Polizei zu der Demo der verschwörungsideologischen Gruppierung „Bielefeld steht auf“, in der die Polizei folgendes äußerte:

Aus Sicht der Polizei sei der „überwiegende Teil der Teilnehmer dem regierungs- und coronakritischen, bürgerlichen Klientel zuzuordnen. Zum Teil wurden Plakate der Querdenkerbewegung gezeigt. Nach der wiederholten Kritik des linksextremen Recherche-Kollektivs, das einigen Teilnehmern dieser Demonstrationen sehr wohl strukturell bis offen antisemitische Verschwörungstheorien und unwidersprochene Relativierungen zur NS-Zeit zuordnet, sagt die Behörde zur jüngsten Demo: „Polizeiliche Erkenntnisse über die Teilnahme von verfassungsfeindlichen oder rechtsextremen Teilnehmern an der Versammlung am Freitag liegen nicht vor.“

Diese Äußerung offenbart den eklatanten Mangel an Wissen zu der Art und ideologischen Verfasstheit dieser Gruppierung im Speziellen und der verschwörungsideologischen Bewegung der Pandemie-Leugner*innen und Impfverweiger*innen im Allgemeinen. Durch die Reduktion der politischen Brisanz auf die personelle Teilnahme von polizeibekannten Personen aus der neonazistischen Szene an den Demos von „Bielefeld steht auf“ oder auch anderen Gruppierungen dieser Art werden die ideologisch dominanten Themen als unpolitisch und unbedeutsam verschleiert. Wie gefährlich und bedeutsam aber die in den Telegram-Gruppen dominierenden Themen sind, zeigen die Morde von Idar-Oberstein und Senzig alllzu deutlich auf. Der Mord an Alexander W. passierte nicht ohne ideologischen Überbau. Es ist kein „Familiendrama“, wenn ein Familienvater seine Frau und 3 Kinder ermordet und danach Suizid begeht. Es ist die Tat eines Menschen, der sich in einer verschwörungsideologischen Echokammer verloren hat und seine paranoiden Ideen nicht mehr von der Realität unterscheiden konnte. Auch für rechtsterroristische Gewalt sind Verschwörungsmythen von hoher Bedeutung. Die Anschläge von Halle, Hanau, München und Christchurch waren in bedeutsamer Weise von Verschwörungsmythen beeinflusst. Sie haben viele Menschen das Leben gekostet. Nach nunmehr 1,5 Jahren der Beobachtung und Analyse der Pandemie-leugnerischen Bewegung ist es bestürzend, dass die Polizei Bielefeld nach wie vor zu keiner inhaltlichen Einschätzung der lokalen Ableger fähig ist. Und es zeigt einmal mehr die Kontinuität der sicherheitsbehördlichen Unfähigkeit, rechtsnationalistische und antisemitische Bewegungen als solche zu erkennen und die entsprechenden Gefahren korrekt einzuschätzen. Wir können diese Fehldarstellungen so nicht akzeptieren! Es ist enorm wichtig, die beherrschenden Themen und deren politisch-ideologische Bedeutungen klar zu benennen

Welche Inhalte dominieren bei „Bielefeld steht auf“?

Verschwörungsmythos zu „globaler Elite“ und Dezimierung der Weltbevölkerung

Wie wir schon in unserer ersten Stellungnahme zu „Bielefeld steht auf“ Anfang April 2021 klar dargelegt haben, dominieren in den Telegram-Chats strukturell bis offen antisemitische Verschwörungsmythen. So wird von der jüdischen Familie Rothschild schwadroniert, diese Familie sei verantwortlich für die Pandemie und verfolge damit den Zweck der Entvölkerung Deutschlands und der Welt (siehe Screenshots unten). Dies ist eine aktualisierte Variante offen antisemitischer Verschwörungsmythen über Vernichtungspläne einer fiktiven jüdischen geheimen Elite an dem deutschen Volk, wie sie auch im Nationalsozialismus vertreten wurden. Die hier aufgeführten Screenshots sind nur exemplarisch. Für jeden hier dargestellten Sachverhalt finden sich im Telegram-Chat von „Bielefeld steht auf“ vielfältige Beispiele. Immer wieder wird von „geheimen Eliten“ geschrieben, die die Dezimierung der Weltbevölkerung vorantreibe.

Screenshots aus „Bielefeld steht auf“ belegen antisemitische Verschwörungsmythen

 

„Bielefeld steht auf“ Chat zu Soros-finanzierter Antifa
NS-Relativierung von „Bielefeld steht auf“ Mitgliedern
Das Video war Grundlage für Haverbecks Inhaftierung wg. Holocaustleugnung

Auch in der Neonazi-Szene beliebte Mythen um den jüdischen Unternehmer George Soros werden in dem Chat geteilt. Soros stecke wahlweise mit den Rothschilds hinter der Pandemie oder aber finanziere „die Antifa“ (siehe Screenshot links). Die immer wiederkehrende systematische Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen und insbesondere der Shoa bei „Bielefeld steht auf“ haben wir schon wiederholt, sowohl in unserer ersten Stellungnahme als auch auf twitter, kritisiert und diese inhaltlich eingeordnet. Durch die systematische NS-Relativierung wird die historische Erfahrung derjenigen, die in NS-Deutschland verfolgt und ermordet wurden, unsichtbar gemacht. Diese Form von Geschichtsrevisionismus ist in der Szene der Holocaustleugner*innen schon seit den 1950er Jahren verbreitet und arbeitet dem Narrativ zu, die Shoa sei eine jüdische Erfindung, um die Deutschen zu unterdrücken. Ein Video der wohl bekanntesten Holocaustleugnerin Deutschlands Ursula Haverbeck wurde Mitte November bei „Bielefeld steht auf“ geteilt, kein einziger der Chatteilnehmer*innen störte sich daran, bis wir auf twitter öffentlich darauf hinwiesen. Im Anschluss gab es eine kurze Diskussion zwischen einer Chatteilnehmerin, die Haverbeck kritisierte und dem Chatteilnehmer Ingo, der Haverbeck vehement verteidigte. Ingo nahm im November 2019 an der neonazistischen Haverbeck-Demo in Bielefeld teil. Er ist nicht der einzige Haverbeck-Unterstützer, der an den Demos von „Bielefeld steht auf“ teilnimmt. Auch auf die Teilnahme der Neonazistin Juliane Sprunk haben wir bereits in unserer ersten Stellungnahme hingewiesen. Eine weitere, namentlich nicht bekannte Teilnehmerin und Unterstützerin Haverbecks nahm wiederholt an den „Bielefeld steht auf“ Demos teil, zum Beispiel am 24.09.2021 (siehe Fotos unten).

Florian Rust, Vorsitzender der JA Bielefeld bei „Bielefeld steht auf“ am 24.09.21 neben der Haverbeck-Unterstützerin
10.05.2018: erster Haverbeck-Aufmarsch in Bielefeld (Foto von Nutshell Fotografie)

An diesem Datum nahmen auch der Vorsitzende der Jungen Alternative (JA) Bielefeld, Florian Rust sowie das JA-Mitglied Tim Marvin Braungart teil. Auch Florian Schürfeld, aktiv bei der Identitären Bewegung und der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen, nahm an der Demo teil (siehe Foto).

 

 

24.09.21: Florian Rust und die Haverbeck-Unterstützerin bei „Bielefeld steht auf“
Tim Marvin Braungart (JA Bielefeld) bei „Bielefeld steht auf“ 24.09.21

Überhaupt gibt es keinerlei Berührungsängste mit der AfD oder ihrer Jugendorganisation JA.

Florian Schürfeld, Normannia Nibelungen & Identitäre Bewegung bei „Bielefeld steht auf am 24.09.21

Es werden regelmäßig Aufrufe, Videos und Beiträge der AfD geteilt, es wird Wahlwerbung der nationalistischen Partei bei den Demos erlaubt und nicht wenige Mitglieder geben an, die AfD als einzige realpolitische Option wahrzunehmen. Im Zuge des Wahlkampfs wurde eine AfD-Veranstaltung am 28.08.21 in Bielefeld beworben, an der auch mehrere Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ teilnahmen.

Rechts: Homophobe Propaganda bei „Bielefeld steht auf“

Es wird Werbung für zum Teil verbotene Reichsbürger-Organisation-en gemacht wie z.B. die seit März 2020 verbotene Vereinigung „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ (siehe Screenshot links) und reichsbürgerliche Positionen werden vertreten. Immer wieder werden neben klimaleugnerischen auch homo- und transphobe Inhalte geteilt (siehe Screenshot rechts).

 

Links: die Organisatorin der wöchentlichen Mahnwachen Claudia Elbracht teilt Werbung für die verbotene Reichsbürger-Gruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ bei „Bielefeld steht auf“

 

Wer ist dazu gekommen?

Die erste Berichterstattung zu der verschwörungsideologischen Demo am 03.12.21 war überwiegend positiv für die Organisator*innen und Teilnehmer*innen von „Bielefeld steht auf“. Obwohl die Presse normalerweise in dieser Szene als Lügen- oder Mainstreampresse verschrien ist, ließen sich die Artikel der Neuen Westfälischen und des WDR wunderbar für verschwörungsideologische Propaganda nutzen. Die Chat-Gruppe ist in nur einer Woche auf über 2000 Mitglieder angewachsen, für die nächste Demo am 17.12.21 auf dem Kesselbrink in Bielefeld wird in allen einschlägigen Kanälen und auch nordrheinwestfälischen Neonazi-Kanälen (z.B. Die Rechte Dortmund) via Telegram mobilisiert.

Neonazi Lennard Sanner schreibt bei „Bielefeld steht auf“;
Sanner bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz, September 2018

Unter den neuen Gruppenmitgliedern tummeln sich bekannte Funktionäre der AfD und militante Neonazis. So sind seit dem 04.12. auch die Neonazis Lennard Sanner aus Horn-Bad Meinberg und Jan Tiemann (Bielefeld) im Chat von „Bielefeld steht auf“ dabei. Sanner mahnte im Chat zu einem höheren Maß an Disziplin und weniger Spam-Inhalten (Screenshot). Aus den Reihen der AfD finden sich Maxim Dyck (JA OWL), Reimund Ruhe (AfD Paderborn), Matthias Groh (AfD Bad Oeynhausen) und Florian Rust (JA Bielefeld) in der Gruppe wieder.

„Bielefeld steht auf“-Mitglied Marcus Rupprecht

Der Telegram-Nutzer Marcus Rupprecht zeigt sich in Mütze und Schal der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“. Andere Nutzer posieren vor Reichsflaggen oder in Thor Steinar Kleidung. Wiederum andere sind auch Teil der verschwörungsideologischen Telegram-Gruppe „Soldaten & Reservisten“, die gleichgesinnte Militaristen vernetzen soll.

„Bielefeld steht auf“-Mitglied posiert mit Waffe

Seit dem Zuwachs an Mitgliedern hat der Grad an Reichsbürger-Propaganda für die Gruppe um Rüdiger Hoffmann (staatenlos.info) massiv zugenommen. Mittendrin fürchtet sich der Zahnarzt Dr. Oliver Samson (Minden) vor einem Einsatz des SEK am 17.12.21 und fordert zur Strategieentwicklung auf. Samson nahm wiederholt an regionalen und überregionalen verschwörungsideologischen Demos teil und gab dem rassistischen Video-Blogger Matthäus Westfal (Aktivist Mann) ein 2-stündiges Interview.

Und sind die jetzt rechts?

Immer wieder wird versucht, sich an der Verfassungsschutz-Kategorie „Rechtsextremismus“ abzuarbeiten. Wir lehnen diese Kategorie und den darin enthaltenen Extremismusbegriff mit den zugehörigen Rechts-Links-Gleichsetzungen ab. Aber weil die Frage immer wieder aufkommt, möchten wir die Chat-Gruppe und die Demos von „Bielefeld steht auf“ diesbezüglich zu bewerten. Natürlich sind die Veranstaltungen von „Bielefeld steht auf“ keine Neonazi-Aufmärsche. Aber sie sind Aufmärsche von Menschen, die sich tagtäglich in digitalen Echokammern voller menschenfeindlicher und antisemitischer Mythen befinden und sich diesen Mythen verbunden fühlen. Und in dieser Menschenfeindlichkeit eben auch Anschluss für Neonazis, AfDler und Reichsbürger bieten, und zwar ganz problemlos. Und das kann durchaus als rechts bezeichnet werden.

Kriegel (Mitte rechts) am 03.12.21 bei „Bielefeld steht auf“

Sich allein an der Anwesenheit bekannter Neonazis abzuarbeiten verkennt die Gefahr und Brisanz der verschwörungsideologischen Radikalisierung, die wir gerade alle live beobachten können. Dennoch an dieser Stelle ein kleiner Hinweis für die offenbar mit der korrekten Einschätzung überforderte Bielefelder Polizei: am 03.12.21 haben in Bielefeld sehr wohl bekannte Neonazis teilgenommen. Der ehemalige Reservist Heinz „Charlie“ Kriegel nahm mit seinem Kumpel Dennis Seibert an der Großdemo teil.

Kriegel beim Neonaziaufmarsch vom III. Weg am 03.10.20 in Berlin / Quelle: Recherche Netzwerk Berlin

Kriegel musste Anfang diesen Jahres die Reservistenkameradschaft RK 36 Alt-Bielefeld verlassen, nachdem wir in einer Recherche auf Kriegel (früher Vorsitzender der RK 36) und Michael Reinert (bis zu unserer Recherche Vorsitzender der RK 36) und ihre neonazistischen Aktivitäten aufmerksam gemacht haben.

Über den Telegram-Kanal „Team Heimat“ mit über 35.000 Abonnent*innen wurde der NW-Artkel bundesweit zur Werbung genutzt

Es braucht dringend eine kritische und inhaltlich korrekte mediale Berichterstattung zu diesen Veranstaltungen! Die unkritische Erstberichterstattung konnte zur Bewerbung der Gruppe „Bielefeld steht auf“ in den verschwörungsideologischen Telegramkanälen bundesweit genutzt werden. Die Gruppierung und ihre Anhänger*innenschaft müssen konsequent als das benannt werden, was sie inhaltlich ausmacht: verschwörungsideologisch, antisemitisch und menschenfeindlich!

 

 

 

 

Stellungnahme als PDF zum Download!

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Kurze Analyse – Ein Jahr „Grundrechte Paderborn“ https://rkowl.blackblogs.org/2021/05/08/kurze-analyse-ein-jahr-grundrechte-paderborn/ Sat, 08 May 2021 20:51:24 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1238 Continue reading Kurze Analyse – Ein Jahr „Grundrechte Paderborn“ ]]> Seit mittlerweile einem Jahr finden in Paderborn regelmäßig Kundgebungen, Demonstrationen, Autokorsos und weitere Aktionen statt, organisiert aus dem Kreis „Grundrechte Paderborn“. Sowohl in der Stadt als auch im eigenen Telegram-Kanal werden die typischen verschwörungsideologischen und somit strukturell antisemitischen Narrative verbreitet.

Das permanente Betonen der sogenannten „Merkel-Diktatur“ und das Benennen von Kritiker*innen als „Faschisten“ gehört im Milieu der vielen „Querdenken-Gruppen“ zum guten Ton.

Screenshot Telegram Grund-rechte-PB, Eintrag vom 22.04.21

Im Chat der Paderborner Gruppe wurde wie folgend in NS-relativierender Weise Bezug auf die von der Regierung beschlossenen neuen Maßnahmen genommen: „Die Faschisten machen den Sack zu! Heil MERKEL“. Sehr ausgeprägt ist diese Rhetorik auch bei Reimund Ruhe von der AfD Paderborn, welcher sowohl in Paderborn als auch in anderen Städten an Veranstaltungen teilnimmt. Vor Beginn einer Demonstration in Bielefeld am 09.04.21 äußerte er sich bezüglich des WDR: „Göbbels hätte seine wahre Freude an diesem Propaganda-Apparat“.

Screenshot Telegram Grund-rechte-PB, Eintrag vom 14.04.21

Die AfD scheint ein gern gesehener Partner zu sein. Kürzlich wurde im Chat von „Grundrechte PB“ ein Video der rechten Lebensschützerin Beatrix von Storch von der AfD geteilt.

 

Kaum verwunderlich, dass sich in diesem Klima auch eindeutige Neonazis äußerst wohl fühlen und regelmäßig an den Veranstaltungen von „Grundrechte PB“ teilnehmen. Hervorzuheben sind hier Gerd + Anna-Maria Ulrich aus Detmold-Berlebeck sowie Burkhart Weecke aus Horn-Bad Meinberg. Die Familie Ulrich ist seit Jahrzehnten in der Neonaziszene verankert und bundesweit

Grundrechte PB, 05.09.20, Anna-Maria + Gerd Ulrich am Transparent, rechts daneben Burkhart Weecke

bestens vernetzt. Gerd Ulrich war Führungsperson der „Heimattreuen Deutsche Jugend“ (HDJ), welche 2009 verboten wurde. Ziel dieser Gruppierung war es, basierend auf einer nationalsozialistischen Ideologie, eine wehrhafte rechte Jugend heranzubilden.

Screenshot Youtube, 24.04.21, Grundrechte PB, Burkhart Weecke (mit Schild)

Langer Weggefährte der Familie Ulrich ist Burkhart Weecke. Dieser ist stellvertretender Vorsitzender des neurechten Thule-Seminars. Aktuell steht ein Prozess wegen Volksverhetzung gegen Weecke, den Leiter des Thule-Seminars Pierre Krebs und eine weitere Person aus. Weecke war im letzten Jahr wiederholt bei öffentlichen und internen AfD-Veranstaltungen aufgefallen. So nahm der Antiquar aus Horn-Bad Meinberg sowohl bei internen Treffen der AfD Paderborn teil, aber auch an öffentlichen AfD-Mahnwachen wie bspw. am 07.06.20 gemeinsam mit Gerd Ulrich in Bad Driburg.

Gerd und Anna-Maria Ulrich sowie einige ihrer Kinder haben seit September 2020 nachweislich an mindestens 14 Veranstaltungen von Grundrechte Paderborn teilgenommen. Burkhart Weecke war bei mindestens zwei Veranstaltungen in Paderborn zugegen.

Screenshot Youtube, 16.01.21, Trauerzug + Kundgebung, Anna-Maria + Gerd Ulrich (mit den Schildern)
Screenshot Youtube, 10.04.21, Gerd Ulrich

 

 

 

 

 

 

Der Verantwortliche für die Veranstaltungen in Paderborn ist Raphael Schlaff. Er scheint keinerlei Probleme damit zu haben, wenn rechte Hetzer*innen aus den Reihen der AfD sowie organisierte Neonazis Teil seiner Veranstaltungen sind. Solange alle für eine gemeinsame Sache auf die Straße gehen, scheint es völlig egal zu sein, wer dabei ist.

Die nach außen hin oftmals harmlos erscheinenden Veranstaltungen der „Pandemie-Leugner*innen-Szene“ entwickeln sich in rasantem Tempo zu einer immer stärker radikalisierten Bewegung. Ganz egal ob mit oder ohne Beteiligung eindeutig neonazistischer Strukturen. Der gemeinsame Hass gegen die „Merkel-Diktatur“, Presse, Antifa und der Sog der Verschwörungsmythen haben bereits jetzt zur Eskalation beigetragen. Hetze und auch körperliche Übergriffe gegen Andersdenkende und Journalist*innen finden regelmäßig bundesweit auf Demonstrationen dieser Bewegung statt. Aus dem Spektrum erfolgten bereits Brandanschläge, Sachbeschädigungen und Drohungen.

Verschwörungstheorien waren auch elementare Bestandteile der Gedankenwelt der Täter von Halle und Hanau. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit bis es aus den Reihen der „Querdenker“ zu tödlicher Gewalt kommt.

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OWL-Recherche-Adventskalender 2020 https://rkowl.blackblogs.org/2021/01/02/owl-recherche-adventskalender-2020/ Sat, 02 Jan 2021 14:46:59 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1074 Continue reading OWL-Recherche-Adventskalender 2020 ]]> Im Dezember 2020 haben wir über unseren Twitter-Kanal 24 Tage verschiedene Persoenen bzw. teilweise auch Zusammenhänge in aller Kürze dargestellt. Diese Informationen haben wir noch mal zusammengestellt, damit sie nicht im Twitter-Universum untergehen. So können alle Menschen das untenstehende PDF runterladen, sich dieses in Ruhe  durchschauen, ohne kompliziert nach einzelnen Infos suchen zu müssen.

Nazis aus der Deckung holen!
Lesen – Wiedererkennen – umsichtig handeln!

 

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Aktivist Mann: Sektierer und biologistischer Rassist aus OWL https://rkowl.blackblogs.org/2020/09/23/aktivist-mann-sektierer-und-biologistischer-rassist-aus-owl/ Wed, 23 Sep 2020 19:08:23 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1012 Continue reading Aktivist Mann: Sektierer und biologistischer Rassist aus OWL ]]>
Matthäus Westfal aus Hüllhorst findet sich schön

Heute beschäftigen wir uns mit dem rechten Youtuber Matthäus Westfal aka. Aktivist Mann aus Hüllhorst (Kreis Minden-Lübbecke). Größere Bekanntheit erlangte der IT-Systemkaufmann Westfal Ende August 2020, als er am 29.08.2020 ein Video seiner Teilnahme an den eskalativen Protesten am Reichstag in Berlin veröffentlichte. Das Video zeigt Westfal, wie er sich aktiv an dem „Sturm auf den Reichstag“ beteiligt, völlig entrückt brüllt „Das ist der Wahnsinn!“ und auch den Holocaustleugner Nikolai Nerling im Freudentaumel anschreit: „Nikolai, was geht hier ab? (…) Ein Geburtstagsgeschenk für dich zum 40!“. Schon seit Beginn der rechten Querfront-Proteste gegen die Corona-Beschränkungen taucht Westfal bei diversen Demos auf und erstellt verschwörungsmythologische Videos.

Aber wer ist dieser Aktivist Mann eigentlich?

Matthäus Westfal ist ein christlich-fundamentalistischer Sektierer, der seit mindestens 5 Jahren sowohl im evangelikal-fundamentalistischen Spektrum aktiv ist, als auch im Dunstfeld der AfD und der geschichtsrevisionistischen und neonazistischen Szene. Westfal selbst gibt an, mit 14 Jahren durch Youtube-Videos zum Truther geworden zu sein, also Teil einer verschwörungsideologischen Bewegung aus den USA. Truther glauben, die Anschläge am 11.09.2001 waren ein Inside-Job. Schaut man sich Westfals Videos an, merkt man schnell, Westfal lebt in einer Welt voller Verschwörungen – Rothschild, Deep State, Adrenochrom – alles dabei, immer verknüpft mit klaren Motiven von Nationalismus und Demokratiefeindlichkeit. Seine spirituelle Heimat in der OCG dürfte diesem zutiefst antisemitisch durchsetztem Weltbild nur förderlich sein. Seit mindestens 5 Jahren tritt Westfal auch öffentlich auf, für die OCG bei Großveranstaltungen oder den sekteneigenen Sendeformaten, bei AfD-Veranstaltungen , Impfgegner- und Anti-Choice-Großdemos lange vor Corona oder beim Haverbeck-Aufmarsch 2019 in Bielefeld.

Organische Christus Generation: Evangelikaler Absolutismus & Verschwörungsmythologien

Seit einigen Jahren ist Matthäus Westfal aktives Mitglied der Sekte Organische Christus-Generation (OCG) von Ivo Sasek, wie kürzlich durch Anonymous bekannt gemacht wurde1. Bei der OCG handelt es sich um es sich um eine streng hierarchisch organisierte evangelikal-antidemokratische Sekte mit Sitz in der Schweiz. In der OCG wird Demokratie als „Programm“ einer geheimen Kraft verteufelt, welche das Ziel der Menschheitszerstörung habe.

Juli 2019: Westfal beim „Freundestreffen 2019“ der OCG auf der großen Bühne

Verschwörungsmythen und antisemitische Ideologeme sind feste Bestandteile der OCG-Programmatik. Entsprechend werden rege Kontakte zu anderen antisemitisch-esoterischen Aktvist*innen wie Heiko Schrang oder Thorsten Schulte gepflegt, schon 2017 und 2018 traten diese als Redner für Ivo Sasek bei der AZK auf (siehe unten). Auch in die neurechte Szene sowie zum Reichsbürger-Milieu werden Kontakte gepflegt. Wie Anfang des Jahres bekannt wurde, führt die OCG ausführliche Feindeslisten über politische und spirituelle Gegner*innen, in denen auch Merkmale wie „Rasse“ und „sexuelle Orientierung“ vermerkt werden sollen2. Die OCG betreibt diverse Medienkanäle wie z.B. Jugend-TV oder klagemauer.tv bzw. kla.tv. Auch Matthäus Westfal ist für dieses Format aktiv, mindestens seit 20153.

 

AZK 2012: Ivo Sasek und Sylvia Stolz

2008 gründete Ivo Sasek die Anti-Zensur-Koalition (AZK), ein Forum für Verschwörungstheoretiker*innen,  Geschichtsrevisionist*innen, Holocaustleugner*innen.

Auf der Konferenz im Jahr 2010 trat der Holocaustleugner Bernhard Schaub und im Jahr 2012 die Holocaustleugnerin Sylvia Stolz auf. Sylvia Stolz und Bernhard Schaub sind in der geschichtsrevisionistischen Szene gefeierte Größen und langjährige Weggefährt*innen von Ursula Haverbeck. Für ihre Rede bei der AZK wurde Stolz letztendlich im Jahr 2018 in einem Revisions-Prozess zu 1,5 Jahren Haft verurteilt. Stolz nahm kurz vor ihrem Haftantritt noch an der ersten Haverbeck-Demonstration im Mai 2018 in Bielefeld teil4. In ihrer Rede bei der AZK 2012 leugnete sie den Holocaust und rief dazu auf, Nazis „doch mal kennen zu lernen“, um sich ein eigenes Bild zu machen5. Westfal nimmt sie beim Wort.

2018, also zu einem Zeitpunkt, als Westfal nachweislich schon für kla.tv aktiv war, wurden bei der AZK auch Infomaterialien der Gedächtnisstätte Guthmannshausen, der Reichsbürger-Vereinigung Freistaat Preußen sowie der völkisch-neurechten Organisation Ein Prozent ausgelegt. Der geschichtsrevisionistische Verein Gedächtnisstätte Guthmannshausen wurde 1992 unter anderem von Ursula Haverbeck gegründet, bis 2003 war sie Vorsitzende6. Der Verein kann als ideologische Nachfolgeorganisation des verbotenen Collegium Humanums (Vlotho) angesehen werden. Bei der neonazistischen Haverbeck-Demonstration im November 2019 waren auch der Leiter der Gedächtnisstätte, Klaus-Wolfram Schiedewitz sowie sein Stellvertreter Roland Wuttke zugegen. Ein Foto zeigt Westfal bei der Demonstration im Gespräch mit Schiedewitz.

Rechtes Milieu: von der AfD bis zum Haverbeck-Aufmarsch

Offiziell betont Westfal seine Parteilosigkeit, dennoch fällt er schon seit 2015 immer wieder bei AfD-Veranstaltungen auf. Schon 2015 verteilte Westfal bei dem ersten Alternativen Wissenskongress verschwörungstheoretische Flyer und beantwortete Presseanfragen7. Der Alternative Wissenskongress wurde jährlich zwischen 2015 und 2018 von dem AfD-nahen „Verein zur Förderung der politischen Dialogs“ organisiert, welcher 2014 unter anderem von MdB Udo Hemmelgarn aus Harsewinkel gegründet wurde. Bei den Alternativen Wissenskongressen dominierten geschichtsrevisionistische, rassistische und pressefeindliche Positionen, die Veranstaltungen werden als Reichsbürger-nah eingeschätzt8.

Im Laufe der letzten Jahre besuchte er immer wieder AfD-Veranstaltungen, führte Interviews mit AfD-Politiker*innen und stellte Videomitschnitte ins Netz. So zum Beispiel eine AfD-Veranstaltung im November 2018 in Espelkamp (Kreis Minden-Lübbecke), wo Christian Blex zum Thema Syrien referierte. Dabei filmt Westfal nicht nur, sondern applaudiert frenetisch und kommentiert viele Aussagen laut und beifällig. Als Thomas Röckemann, Anhänger des völkisch-nationalistischen Flügels und ehemaliger Landessprecher der AfD NRW, bei der Veranstaltung von „Regierungsextremismus“ und „Merkel und ihren Hoflügnern“ schwadroniert , kann Westfal kaum an sich halten9. Im Januar 2019 interviewt er Martin Renner und Michael Espendiller bei einer Parteiveranstaltung in Hüllhorst. Dabei tauschen sich Westfal und Espendiller über den fortschreitenden Polizeistaat aus und Westfal stellt die These in den Raum, dass es sich bei IS-Anschlägen um False-Flag-Operationen zur fortschreitenden Überwachung der Bevölkerung handeln würde.

01.08.2020: Westfal und Carolin Matthie (AfD Treptow)

Im März 2019 interviewt er Alice Weidel bei einem Parteiauftritt in Lübbecke zur Bankenkrise, auch da ist er voll des Lobes und Zuspruchs10. Im April 2019 solidarisiert sich Westfal dann in einem sogenannten „Volkskommentar“ für kla.tv mit der rassistischen Propaganda der AfD11. Auch im Zuge der rechten Querfrontproteste gegen die Corona-Beschränkungen geht er immer wieder mit AfD-Vertreter*innen wie Stefan Bauer oder Carolin Matthie ins Gespräch.

 

09.11.2019 neonazistische Haverbeck-Demonstration in Bielefeld: vorne links mit Sonnebrille Matthäus Westfal (Foto leftpictures2)

Im neonazistisch-kameradschaftlichen Milieu ist er bei der „Haverbeck-Demonstration“ am 09.11.2019 in Bielefeld aufgefallen. Es machte den Eindruck, dass er dort eher als Einzelperson als in einer Gruppe unterwegs war. Auf Fotostrecken ist erkennbar, dass er immer wieder mit verschiedenen Neonazis das Gespräch suchte. Dieser als Solidaritäts-Bekundung mit der Holocaust-Leugnerin Haverbeck zu verstehende Demoauftritt fällt angesichts seiner sonstigen Aktivitäten auf den ersten Blick aus der Reihe, ist aber durchaus durch mit seinem Engagement für die evangelikal-fundamentalistische Sekte OCG im Einklang. Das Motiv der vermeintlichen Wahrheitsverkündung gilt auch für das Leugnen der Shoa. Auf den Fotos ist ebenfalls ersichtlich, dass er auch bei dieser Demo ein Video erstellt hat, dieses Video ist allerdings auf keinem seiner Social-Media-Kanäle aufgetaucht.

01.08.2020 Berlin: Westfal & Nerling nach der Großdemo

Es ist daher durchaus denkbar, dass er auch andere Veranstaltungen aus dem explizit neonazistischen oder auch geschichtsrevisionistischen Spektrum besucht hat und deren Dokumentation aus Imageschutz-Gründen zurück gehalten hat. Im Juli 2020 geht er dann den nächsten Schritt und tritt bei einer Kundgebung von Holocaustleugner und Neonazi Nikolai Nerling in Berlin als Redner auf (siehe unten).

Rechte Querfront: Anti-Corona-Proteste

Westfal reges Engagement im Zuge der Anti-Corona-Proteste ist daher kaum verwunderlich. In der rechtsoffenen verschwörungsideologischen Protestszene werden die gleichen Verschwörungsmythen virulent, die von der OCG seit Jahren systematisch vorangebracht werden. Dabei kommen neben Antisemitismus klar antidemokratische Überzeugungen zu tragen, welche sich auch anschaulich in Westfals Video von der Reichstagstreppe am 29.08.2020 zeigen. Auch die in der QAnon-Sekte vertretenen Mythen geheimer Eliten, die systematisch Kinder entführen und ermorden würde, teilt Westfal offen. In einigen seiner Videos beschäftigt sich Westfal mit dem Antisemiten und Reichsbürger Xavier Naidoo, den er aufgrund seiner Andrenochrom-Videos als Kämpfer für die Wahrheit verehrt. Er bezeichnet ihn als „echten Patrioten“, wünscht sich, mehr Deutsche würden sich eine Scheibe von Naidoos Patriotismus und Nationalstolz abschneiden und offenbart dabei zugleich seinen eigenen Volksbegriff: „Ich möchte alle Deutschen, deren Vorfahren hier schon seit Jahrhunderten leben und nicht ausgewandert sind, so wie meine, möchte ich sagen, seid wieder stolz auf euer Land. Habt wieder Männlichkeit, wenn ihr sie noch nicht habt!“12 Entsprechend betont er auch seine eigenen deutschen Vorfahren, er rekurriert ganz klar auf einen biologistischen Blut-und-Boden-Volksbegriff.

04.07.2020 Berlin: Westfal spricht beim Volkslehrer über Menschenrassen (Foto Recherche Netzwerk Berlin)

Am 04.07. wird Westfal als Redner bei einer Kundgebung von „Volkslehrer“ Nikolai Nerling in Berlin noch deutlicher: „Ich bin dagegen, sich überall kulturell zu vermischen, Multikulti und so das gehört sich nicht, damit wir die Kulturen am Leben erhalten! (…) Für die Vielfalt der Menschenrassen!“13. Der Volkslehrer applaudiert.

Der Kontakt von Westfal zu bekannten Akteuren dieser rechten Querfront-Proteste wie Nerling, Attila Hildmann oder Heiko Schrang sind kaum verwunderlich und mit Sicherheit alles andere als Zufall. Verbindendes Element zwischen diesen Akteur*innen ist der Antisemitismus. Dabei reicht es Westfal nicht, die Videos seiner Idole wie Ivo Sasek, Naidoo, Andreas Popp und Nikolai Nerling zu teilen, nein, er möchte selbst erwecken. Wenn Westfal als Aktivist Mann selber ans Mikrofon geht, wie bei bspw. bei der Kundgebung von Attila Hildmann am 04.07.202014 in Berlin, dann reproduziert er auch das Gerede von Deep State, geheimen Eliten und der Notwendigkeit eines wehrhaften Volkes. Die Weltbanken seien in der Hand der Rothschilds, und die Macht der Familie Rothschild müsse nun an das Volk zurück gehen. Westfal folgt der antisemitischen Argumentationsstruktur, die auch Naidoo in seinen Videos vertritt. Es wird ein Unterschied zwischen „richtigen und falschen“ Jüd*innen gemacht, da man nur etwas gegen „die falschen Juden“ habe, sei das eigene Gerede auch nicht antisemitisch. Folgerichtig schreit auch Westfal ins Mikrofon, die Rothschild seien „keine echten Juden“ und darum rede er auch nicht gegen Jüd*innen. In der Corona-Krise sei die Zeit für die Erweckung des Volkes. Er wünsche sich Attila Hildmann, Eva Hermann und Andreas Popp auf den großen Bühnen, um noch mehr Menschen zu erreichen. Die Regierung möge in selbstgebauten Konzentrationslagern enden15. Westfal möchte mit den Erweckten ein tausendjähriges „Friedensreich“ erkämpfen – diese Formulierung kommt bekannt vor! Der Schulterschluss mit bekennenden Neonazis wird von Westfal nicht nur in Kauf genommen, sondern klar gewollt!

Matthäus Westfal ist ein biologistischer Rassist, der in antisemitischer Manier hetzt und manipuliert, der sich bei der AfD wohlfühlt und mit Neonazis kooperiert. Rechte Aktvist*innen und rechtsesoterische Sektierer*innen sehen in der Corona-Pandemie eben jenen Tag X nahen, auf den sie aus unterschiedlicher Motivation hinarbeiten. Zu diesem Zweck wird gelogen, manipuliert, radikalisiert. Matthäus Westfal ist teil dieser rechten Querfront – und als solche auch zu bekämpfen.

Es gibt kein ruhiges Hinterland, weder in OWL noch sonst irgendwo!

 

Hier gibts den Text auch noch mal als PDF!

 

12https://www.youtube.com/watch?v=yNhbUMyLV2o

13https://twitter.com/SchwarzePalmen/status/1280529826873593857

14https://www.youtube.com/watch?v=FItSgCITq7I

15Ebd. Min: 6:20

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