Neonazis https://rkowl.blackblogs.org Mon, 10 Mar 2025 15:43:53 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Die Erben der Eichensöhne – Identitäre Bewegung in der Region Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2024/06/17/die-erben-der-eichensoehne-identitaere-bewegung-in-der-region-bielefeld/ Mon, 17 Jun 2024 14:36:24 +0000 https://rkowl.blackblogs.org/?p=1872 Continue reading Die Erben der Eichensöhne – Identitäre Bewegung in der Region Bielefeld ]]>
01.06.2024, Bernsdorf, Uhlig Mühle, Feier 10 Jahre Identitäre Bewegung: David Krömker (links), rechts daneben Dario Voss, Quelle: Pixelarchiv

Für den 01.06.2024 lud die Identitäre Bewegung Deutschland (IB) nach Sachsen ein, um das 10-jährige Bestehen der Organisation zu feiern. Die Feier fand in der „Uhlig Mühle“ (Bernsdorf, Landkreis Zwickau) statt, einer Miet-Immobilie im Besitz des AfD-Gemeinderats Frank Schneider, in der in den vergangenen Jahren immer wieder Veranstaltungen der AfD und Feiern der nationalistischen „Freien Sachsen“ abgehalten wurden. Der Einladung folgten u.a. IB-Aktivist*innen, Mitglieder der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative, Neonazis aus Italien und der Schweiz. Ein Sicherheitsteam aus IB-Aktivisten sollte den ungestörten Ablauf der Feier sicherstellen und brachte mehr oder minder funktionale Sichtschutzvorrichtungen nach Beginn der Anreise an. Dieses Sicherheitsteam bestand aus IB-Aktivisten aus Ostwestfalen, die sich bislang öffentlicher Thematisierung weitgehend entziehen konnten. Dies soll sich nun ändern.

Die Identitäre Bewegung verfügte in Ostwestfalen lange über keine nennenswerten Strukturen. Einzelne (zum Teil führende) Mitglieder wie Nils Altmieks oder Martin Küsterarend (beide ursprünglich aus Paderborn) stammen aus der Region oder haben Bezug zu der Region, wie Nils Hartwig, Mitglied der Bielefelder Burschenschaft Normannia Nibelungen. Bis heute ist der Vereinssitz im Kreis Paderborn gemeldet und auch das Konto der Organisation wird bei der lokalen Sparkasse Paderborn-Detmold geführt. Eine feste Gruppe mit regelmäßigen Treffen, öffentlichem Auftreten oder Aktionen gab es lange Zeit nicht. In unregelmäßigen Abständen wurden Mitte bis Ende der 2010er Jahre „Stammtische“ in Bielefeld, Paderborn oder auch „Westfalen“ angekündigt. Bundesweit gingen Aktionen und Einfluss der neofaschistischen Organisation bis 2019 gravierend zurück, die IB war 2019 der Bedeutungslosigkeit nahe. Während verschiedene IB-Gruppen sich auflösten, wurde im November 2020 auf dem Telegram-Kanal der IB über das Treffen einer neuen Ortsgruppe Bielefeld berichtet. Beigefügte Fotos dokumentierten bis dato unbekannte Aktivisten. 2021 wurden die IB in Frankreich verboten. In Österreich, mit der für den europäischen Raum zentralen Struktur, kam es zu einem Verbot von Symbolen der IB. Auch die IB in Deutschland befürchtete ein Verbot. Als Folge benannten sich bestehende IB-Ortsgruppen um oder fanden sich in Nachfolgegruppen neu zusammen. Beliebt waren Namen mit Regionalbezug und völkisch-aktivistischem Klang wie Revolte Rheinland, Lederhosenrevolte oder auch Schwaben Bande. Die Bielefelder Ortsgruppe der IB ging in der Gruppe Westfalens Eichensöhne auf. Seit diesem Zeitpunkt fällt die ostwestfälische Gruppe in verschiedenen Zusammenhängen neofaschistischer und neonazistischer Szenen regional, bundesweit und auch international auf. Aufmerksamkeitsheischende Einzelaktionen im klassischen Aktionsmodus der IB gehören nur vereinzelt zum Repertoire der Bielefelder Ortsgruppe. Eine Besonderheit ist hier die Spektren übergreifende Zusammenarbeit zwischen IB-Aktivisten und bekannten lokalen Neonazis aus Strukturen der Jungen Nationalisten und der verbotenen HDJ und Artgemeinschaft. Nimmt man die führenden Aktivisten genauer in den Blick, so fallen sie auch durch Kontakte in die gewaltbereite Neonazi-Kampfsportszene auf. Ende Mai 2024 haben sich die Westfalens Eichensöhne in Westfalens Erben umbenannt. Vier zentrale Figuren, die sich beim Sicherheitdienst in der Uhlig Mühle betätigten, stellen wir im folgenden vor.

01.06.2024, Bernsdorf, Uhlig Mühle, Feier 10 Jahre Identitäre Bewegung: Dario Voss, Quelle: presse-fuchs

Dario Voss:

  • Jahrgang 2001, Zimmermann

  • seit 2018 auf Demonstrationen und bei Aktionen der IB in Deutschland und Österreich, z.B. am 25.08.2018 in Dresden, am 20.07.2019 in Halle, am 31.07.21 in Wien gemeinsam mit Valentin Hassenewert und Magnus Baak

  • seit 2020 tritt Voss wiederholt als Kampfsportanleiter bei Zusammenkünften der IB auf, so z.B. beim Sommerfest der IB NRW im Sommer 2020, beim IB-Bundeslager 2020 sowie beim IB-Bundeslager 2022

  • Februar 2022 beteiligt sich Voss an dem neonazistischen Gedenkmarsch „Ausbruch 60“ in Budapest (Ungarn)

  • Im Sommer 2022 nimmt Voss am Wanderevent „Wardon-Gipfelsturm“ in den Alpen, organisiert von der neonazistischen NS-Kampfsportstruktur Wardon21 teil

  • Am 04.11.23 beteiligt sich eine größere Gruppe von IB-Aktivisten und Neonazis der Gruppen Westfalens Eichensöhne und Aktion Hermannsland, darunter auch Dario Voss, an dem verschwörungsideologischen Aufmarsch der Gruppe Bielefeld steht auf

  • Am 29.07.2023 nimmt Voss an einer IB-Demo in Wien teil. Dabei übernimmt er Sicherheitsaufgaben und versucht, anwesende Presse mit Regenschirmen von der Dokumentation abzuhalten

  • Voss ist außerdem Teil rechtsoffener Hooliganstrukturen von Arminia Bielefeld

  • Am 01.06.2024 ist Voss Teil des Sicherheitsteams bei der Jubiläumsfeier der IB in der Uhlig Mühle

02.06.2018, Solingen: Dario Voss (weißes Shirt, am Transparent), Quelle: left_pictures
29.07.2023, IB Demo, Wien: Dario Voss (Mitte, rechts daneben Martin Sellner), Quelle: Recherche Netzwerk Berlin

 

 

 

 

 

 

2022, IB Bundeslager: Dario Voss (Mitte), Quelle: youtube
2020, IB Bundeslager: Dario Voss (links mit Phalanx/Wardon21-Shirt), Quelle: youtube

 

 

 

 

 

 

 

01.06.2024, Bernsdorf, Uhlig Mühle, Feier 10 Jahre Identitäre Bewegung: Valentin Hassenewert, Quelle: presse-fuchs

Valentin Hassenewert:

  • Jahrgang 1998, gelernter Zimmerer

  • Im Sommer 2020 nimmt Hassenewert an der Sommertour der IB teil

  • Im November 2020 ist Hassenewert an der Gründung einer IB-Ortsgruppe Bielefeld beteiligt

  • Am 06.03.2021 nimmt Hassenewert im Block der IB an einer verschwörungsideologischen Demo gegen die Coronaschutzmaßnahmen teil

  • Rund um den Jahreswechsel 2021/2022 nimmt Hassenewert an mehreren Demo von Bielefeld steht auf teil. Am 17.12.21 ist Hassenewert Teil einer größeren Gruppe aus Neonazis und IB-Aktivisten, die am Rathaus Bielefeld gewaltsam eine Polizei-Absperrung durchbricht

  • 09./10.04.22 nimmt Hassenewert am IB-Aktivistenwochende in Hohenlohe teil

  • Am 04.11.23 beteiligt sich eine größere Gruppe von IB-Aktivisten und Neonazis der Gruppen Westfalens Eichensöhne und Aktion Hermannsland, darunter auch Valentin Hassenewert, an dem verschwörungsideologischen Aufmarsch der Gruppe Bielefeld steht auf

  • Am 30.06.2023 posiert Hassenewert mit 4 weiteren IB-Aktivisten vor der Sparrenburg im Rahmen einer queerfeindlichen, nationalistischen Propaganda-Aktion

  • Am 15.07.2023 beteiligt sich Hassenewert, ebenso wie Magnus Baak und David Krömker, an einer konspirativ organisierten Wanderung von Neonazis in der Region Bremen

  • Am 29.07.2023 nehmen Hassenewert und Dario Voss an einer IB-Demo in Wien teil und versuchen, Pressearbeit zu behindern

  • Hassenewert ist ebenso wie Dario Voss Teil rechtsoffener Hooliganstrukturen von Arminia Bielefeld

  • Am 01.06.2024 ist Hassenewert Teil des Sicherheitsteams bei der Jubiläumsfeier der IB in der Uhlig Mühle

06.03.2021, Demo Wien: Valentin Hassenewert (vorne, mit Bart), Quelle: presse-service.net
29.07.2023, IB-Demo Wien: Valentin Hassenewert (Mitte, mit Cap), Quelle: Recherche Netzwerk Berlin
15.07.2023, Neonazi-Wanderung Bremer Umland: Valentin Hassenewert (miitig, mit Bart), Quelle: recherche-nord

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

01.06.2024, Bernsdorf, Uhlig Mühle, Feier 10 Jahre Identitäre Bewegung: Magnus Baak, Quelle: Pixelarchiv

Magnus Baak:

  • Jahrgang 1996

  • Bassist bei der Black Metal Band Securitate aus Schloss Holte

  • Am 31.Juli 2021 nimmt Baak an der IB Demo in Wien zusammen mit Valentin Hassenewert und Dario Voss teil

  • 2022, 2023 und 2024 nimmt Baak an dem neonazistischen Gedenkmarsch „Ausbruch 60“ in Budapest (Ungarn) teil

  • Am 15.07.2023 beteiligt sich Baak, ebenso wie Valentin Hassenewert und David Krömker, an einer konspirativ organisierten Wanderung von Neonazis in der Region Bremen

  • Am 01.06.2024 ist Baak Teil des Sicherheitsteams bei der Jubiläumsfeier der IB in der Uhlig Mühle

31.07.2021, IB-Demo Wien: 4.v.l Magnus Baak (olivgrüne Hose), rechts daneben Valentin Hassenewert, Quelle: Thomas Witzgall
15.07.2023, Neonazi-Wanderung Bremer Umland: links Magnus Baak, Quelle: recherche-nord

 

 

 

 

 

 

 

01.06.2024, Bernsdorf, Uhlig Mühle, Feier 10 Jahre Identitäre Bewegung: David Krömker, Quelle: presse-fuchs

David Krömker:

  • Jahrgang 1985, arbeitet laut eigenen Angaben bei der Stadt Bielefeld in der IT-Abteilung

  • nimmt seit 2018 an Aktionen der IB bundesweit teil, z.B. am 02.06.2018 in Solingen und am 20.07.2019 in Halle

  • Am 15.07.2023 beteiligt sich Krömker, wie auch Valentin Hassenewert und Magnus Baak, an einer konspirativ organisierten Wanderung von Neonazis in der Region Bremen

  • Am 01.06.2024 ist Krömker Teil des Sicherheitsteams bei der Jubiläumsfeier der IB in der Uhlig Mühle

02.06.2018, Solingen: rechts David Krömker, Quelle: left_pictures
20.07.2019, Halle/Saale: rechts David Krömker, Quelle: Linkes Fotoalbum
15.07.2023, Neonazi-Wanderung Bremer Umland: rechts David Krömker, Quelle: recherche-nord

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Gruppe um Dario Voss und Valentin Hassenewert stellt durch ihren Bezug zur Neonazi-Kampfsportszene und ihrer vielfältigen Vernetzung in verschiedene Spektren neonazistischer und neofaschistischer Organisierungen eine besondere Gefahr dar. Sie verfügen über gute Kontakte national wie auch international und agieren bisher unterhalb dem Radar einer kritischen Öffentlichkeit. Durch seine Tätigkeit als Kampfsportanleiter bei den IB-Sommerlagern trägt Dario Voss eine Mitverantwortung für die zunehmende Gewaltorientierung in der Identitären Bewegung. Die momentane gesamtgesellschaftliche politische Lage bietet Nationalist*innen und Neonazis einen idealen Nährboden, um künftig auch durch gewaltsame Übergriffe zu versuchen, ihre rechten Ideologien durchzusetzen.

David Krömkers Anstellung in der IT-Abteilung der Stadt Bielefeld eröffnet ihm Zugang zu sensiblen Daten von Menschen, die in Bielefeld leben und von IB und Neonazi-Szene als Feinde wahrgenommen werden. Dieser Zustand bedeutet ein enormes Gefährdungspotenzial für BpoCs, Jüd*innen und Juden und antifaschistisch Engagierte, die in den Fokus der Gruppe geraten können. Die Stadt Bielefeld ist hier gefordert zu klären, zu welchen Daten Krömker Zugang hat, welche Datenabfragen er seit seinem Beschäftigungsbeginn unternommen hat und ihm ggf. den weiteren Zugriff auf Daten zu verunmöglichen. Auch Voss und Hassenewert können über ihre berufliche Tätigkeit als Handwerker Zugang zu Privatadressen von Menschen, die dem Feindbild von IB und Neonazis entsprechen, erlangen. Die Arbeitgeber sind hier gefordert, sich mit dem Gefährdungspotenzial, dass von ihren Mitarbeitern ausgeht, auseinander zu setzen.

Darum ist es Zeit, Dario Voss, Valentin Hassenewert, Magnus Baak und David Krömker ins Licht der Öffentlichekit zu stellen und ihren faschistischen Umtrieben ein Ende zu bereiten.

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Braunes Fallobst? Rechte Wanderfreunde beim Hermannslauf https://rkowl.blackblogs.org/2024/05/16/braunes-fallobst-rechte-wanderfreunde-beim-hermannslauf/ Thu, 16 May 2024 10:15:21 +0000 https://rkowl.blackblogs.org/?p=1805 Continue reading Braunes Fallobst? Rechte Wanderfreunde beim Hermannslauf ]]> Wanderfreunde für den guten Zweck: Unternehmer, Handwerker, Hooligans und Neonazis

Jedes Jahr im Mai zieht der Hermannslauf Tausende Läufer*innen und Wander*innen nach Ostwestfalen, die sich der Herausforderung der 31-km-langen Strecke zwischen Detmold und Bielefeld stellen wollen. Über 6000 Läufer*innen und mehr als 1000 Wander*innen nahmen allein im Jahr 2023 teil. Die Teilnehmer*innen stammen aus verschiedenen Städten und Regionen, sie nehmen allein oder als Team teil. Viele Teams stellen ihre Teilnahme unter ein wohltätiges Motto und sammeln Spenden für entsprechende Organisationen oder Vereine. So auch das Team Fallobst. 2014 startete das Team Fallobst zum ersten Mal beim Hermannslauf. Im Magazin Supporter (Ausgabe 34, herausgegeben durch den Arminia Supporters Club) wird das Team als „verschworener Haufen um die Arminen Michael ‚Onkel Heini‘ Heyn und Marcel Lossie“ vorgestellt. Die Idee für das Team hatte nach Eigenangaben Michael Heyn, hinzugekommen seien „ein paar Leute aus der Bielefelder Fanszene“. Gemeinsam mit dem bekannten Bielefelder Unternehmer Marcel Lossie (u.a. Gin Lossie, Rübe Vodka, Fast4Ward GmbH, Lokschuppen), der ebenfalls der Fanszene von Arminia Bielefeld angehört, sei dann die Idee entstanden, für das Projekt Fruchtalarm Spenden zu sammeln. Das Projekt Fruchtalarm hat sich zum Ziel gesetzt, den Alltag von Kindern und Jugendlichen auf Krebsstationen durch frisch gemixte Fruchtcocktails aufzuheitern. Gegründet wurde das Projekt 2010 von Marcel Lossie, seit 2012 ist die von Laer Stiftung für das Projekt verantwortlich. Ein nobles Spendenziel. Jedoch fällt bei näherer Betrachtung des Team Fallobst auf, dass dieser „verschworene Haufen“ auch aus rechten Althooligans und Neonazis besteht. In Zeiten des zunehmenden Rechtsrucks, des Erstarkens nationalistischer und profaschistischer Kräfte wie der AfD muss sich eine Stadtgesellschaft fragen, ob sie den offenen Schulterschluss von gewaltbereiten Hools und Neonazis mit Unternehmern und Handwerkern im Team Fallobst in ihrer Mitte dulden will, egal unter welchem wohltätigen Deckmantel sie laufen. Zeit für einen genaueren Blick auf das Team Fallobst.

Der Teamkapitän: Rechter Althooligan

Michael Heyn (rechts, 25 Jahre Feier Blue Army)
Michael Heyn

Michael Heyn, der gemeinsam mit Marcel Lossie das Team Fallobst gründete, ist in Bielefeld und auch darüber hinaus unter seinem Spitznamen Onkel Heini in Hooligan-Kreisen wohlbekannt. Heyn, heute 59 Jahre alt, gehört seit Gründung 1982 zu der rechten Hooligantruppe Blue Army Bielefeld, auch bekannt unter dem Namen Ostwestfalenterror (OWT). Bis heute ist er das bekannteste Gesicht der Blue Army/OWT. Hooligans stellen sich selbst nach außen oft als unpolitisch dar. Ihre spezifisch patriarchal-gewaltvollen, auf Gruppenidentität getrimmten Zusammenhänge weisen aber oft personelle Überschneidungen in andere Männerbünde wie neonazistische Kameradschaften oder auch Rockergruppierungen auf. So auch bei der Gruppe, in der Michael „Onkel Heini“ Heyn sich seit vier Jahrzehnten bewegt. Auch wenn die Blue Army/OWT nicht primär als von Neonazis geprägt gelten kann wie bspw. die ähnlich alte Borussenfront in Dortmund, so wurden und werden immer wieder ideologische Sympathien und personelle Kontakte in die Neonazi-Szene Ostwestfalens deutlich. Subkulturell inszenierte Männlichkeit, sozialdarwinistische und rassistische Überzeugungen bilden hier ein Bindeglied zwischen den Szenen. 1989 gab die Blue Army/OWT ein eigenes Fanzine heraus „der Rüpel“. Auf dem Cover der ersten Ausgabe ist ein Skinhead mit einem OWT-Shirt abgebildet und Baseballschläger in der Hand, links und rechts am Bildrand steht der abgewandelte Leitspruch der nationalsozialistischen Schutzstaffel (SS) „Unsere Ehre heisst Treue“. Der Satz gilt als Bekenntnis zu der SS und ihren Verbrechen und ist in Deutschland strafbar. Am linken unteren Bildrand ist eine Odalrune abgebildet, die das Logo von Arminia Bielefeld umrahmt. Die Odalrune war im Nationalsozialismus unter anderem das Symbol der Hitlerjugend, nach 1945 nutzten verschiedene neonazistische Gruppierungen das Symbol, darunter die 1994 verbotene Wiking-Jugend. Zum 20-jährigen Bestehen der Blue Army/OWT 2002 wurde ein Bericht der Jubiläumsparty im Neonazi-Fanzine Skinhead-Meeting abgedruckt.

24.06.23, 40+1 Feier Blue Army, v.l. hockend Andre Krumm, dahinter Michael Heyn, ganz rechts Frank Dreier (Bierstube Esser)

Bei den Partys der Blue Army/OWT nehmen immer wieder auch bekannte Neonazis, wie z.B. aus dem Umfeld der ehemaligen Road Crew OWL (siehe Abschnitt Jan Weißberg) teil, wie sich zuletzt bei der „40+1 Jubiläumsparty“ im Juni 2023 zeigte. Zu den Gästen gehörten unter anderem Sven Göhner, Jan Weißberg, Magnus Brandenburg, Enrico Petzke und Dirk Heiermeier. Fotos der 25-Jahre-Blue-Army-Party aus dem Jahr 2007 zeigen Jan Weißberg im Shirt der Road Crew bei den Feierlichkeiten. Der Kontakt ist nicht abgerissen, 15 Jahre später (2022) läuft Weißberg mit im Team Fallobst.

ganz links: Jan Weißberg (25 Jahre Feier Blue Army)

Im zweiten Jahr des Team Fallobst machte Michael Heyn selbst überregional Schlagzeilen: Am 19.04.2015, nur knapp eine Woche vor dem Hermannslauf, ereignete sich ein rassistischer Übergriff auf eine türkischstämmige Familie vor der Parkgarage Altstadt-Carré am Waldhof in Bielefeld. Die Osnabrücker Zeitung schrieb damals zum Tathergang: „Am 19. April war die zehnköpfige Familie, sechs Frauen und vier Männer, nachts auf dem Weg von einer Familienfeier auf dem Weg zu ihrem Auto. Vor einem Parkhaus trafen sie auf drei mutmaßliche Neonazis. Die zwei Männer mit Glatzen und Springerstiefeln und ihre Begleiterin beleidigten die Familie rassistisch und griffen sie an. Ein 27-Jähriger erlitt einen Nasenbeinbruch sowie eine Kieferverletzung, seine Frau und sein Bruder wurden durch Schläge leicht verletzt.“ Als die Polizei am Tatort eintraf, tauchten acht bis zehn weitere Männer auf, die die Familie erneut angriffen. Die Polizei setzte Pfefferspray ein. Keine*r der Täter*innen konnte in der Nacht durch die Polizei gestellt werden. Die Bielefelder Polizei stand damals in der Kritik, da sie die rassistische Dimension der Tat nicht als solche erkannt und den Fall erst spät der Öffentlichkeit bekannt gemacht hatte. Onkel Heini wanderte eine Woche später den Hermannslauf als Kapitän des Team Fallobst. Im Juni 2015 dann konnten Michael Heyn und seine Frau auf Fotos als Täter*innen identifiziert werden. Das Ehepaar schwieg sich zu den Vorwürfen aus. 2016 erfolgte der Prozess wegen gemeinschaftlicher Beleidigung und gegen Onkel Heini wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Heyn wurde im Verlauf von der Staatsanwaltschaft als gewaltbereiter und einflussreicher Hooligan der Blue Army/OWT beschrieben, der auch in der rechten Szene bekannt sei. Letztendlich wurde das Verfahren gegen Heyn gegen Auflagen eingestellt.

Werteunion, Neonazis und Hooligans: Markus Mittwoch

Hans-Georg Maaßen + Markus Mittwoch (2019)

Markus Mittwoch ist Mitglied der CDU Bielefeld, der CDU-internen Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) sowie stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins WerteUnion NRW. Zeitweise war der Malermeister aus Bielefeld auch im Bundesvorstand des rechten Vereins aktiv, der sich jüngst unter der Führung von Hans-Georg Maaßen als Partei neu gründete. Den stellvertretenden Landesvorstand teilt sich Mittwoch mit Christoph Wald und Michaela Schneider. Schneider war kürzlich in den bundesweiten Schlagzeilen, als Recherchen von correctiv offenbarten, dass sowohl Schneider als auch die erste Vorsitzende der WerteUnion NRW, Simone Baum, an dem bekannt gewordenen Geheimtreffen in Potsdam teilgenommen hat. Bei dem Treffen diskutierten die beiden WerteUnions– und CDU-Mitglieder gemeinsam mit Neonazis, finanzstarken Unternehmern und anderen rechten Akteur*innen Pläne, die Millionen von Menschen, ausgewählt nach rassistischen Kriterien, zur Ausreise aus Deutschland zwingen sollten. Die WerteUnion stellte sich hinter Baum und Schneider, verharmloste den Charakter des Potsdam-Treffens und der rassistischen Pläne, die dort vorgestellt wurden. Markus Mittwoch scheinen die Recherchen zu seinen Vereinsfreundinnen ebenfalls nicht abgeschreckt zu haben, im Gegenteil. Auf seinem facebook-Account teilte er im Januar und Februar Videos von Schneider und Baum, in denen sie das Treffen und ihre Teilnahme daran verharmlosen. Die in Folge der correctiv-Recherche bundesweit stattfindenden Demos gegen rechts, bei denen mehr als 1 Million Menschen ein notwendiges Zeichen setzten, bezeichnet Mittwoch in einem facebook-Beitrag vom 07.02.2024 als „Hass-Demos welche sich gegen die AfD und die WerteUnion richten“. Am 26.01.2024 war er mit dem rechten Video-Blogger und WerteUnions-Mitglied Peter Weber im Landtag in Düsseldorf, wo Mittwoch (zum wiederholten Mal) gemeinsam mit dem AfD-Landtagsabgeordneten Martin Vincentz für Webers Format „Hallo Meinung“ ein Interview gab (mehr zu Weber gibt es hier: https://www.belltower.news/youtube-rechtsaussen-was-ist-eigentlich-hallo-meinung-110095/). An dem Interview sollte ursprünglich auch Simone Baum teilnehmen, Baum sagte aber infolge der correctiv-Recherchen das Interview ab. Mittwoch bagatellisiert in dem Interview das Potsdam-Treffen als harmloses privates Treffen („Glaubt mir, ich kenn solche Treffen, das sind harmlose Treffen“ Min 12:30) und sieht die WerteUnion als Opfer einer linken Medienkampagne. Er würde Martin Sellner, wenn er ihn treffen würde, auch die Hand geben, so Mittwoch gegenüber Weber und Vincentz. Berührungsängste mit Neonazis hat er ohnehin nicht, was auch seine privaten Kontakte zeigen.

Dirk Stranghöner + Markus Mittwoch (2018)

Wanderfotos auf facebook zeigen Mittwoch zusammen mit dem Neonazi Dirk Stranghöner aus dem Kreis Lippe. Stranghöner ist seit mehr als 25 Jahren als Neonazi bekannt und aktiv. Er war unter anderem Teil der neonazistischen Kameradschaft Bielefeld sowie der Road Crew OWL. Wenn Stranghöner mit anderen bekannten Neonazis wie Marcus Winter (Mindener Jungs), Michael Sundermann und Jan Weißberg zum Vatertagsausflug loszieht, gefällt das Markus Mittwoch auf facebook.

Im November 2023 besuchte Mittwoch nach Eigenangaben den Tabak- und Spirituosenabend der Burschenschaft Normannia Nibelungen in Bielefeld. Die Bielefelder Burschenschaft ist schon lang als nationalistisch öffentlich bekannt und hält gute Kontakte in diverse Spektren rechter Organisierungen. So haben (ehemalige) „Normannen“ Bezüge in unterschiedliche Spektren, von der AfD, über Identitäre Bewegung bis hin zu der 2023 in Deutschland verbotenen Hammerskin Nation.

Auf facebook betreibt Mittwoch des weiteren seit 2018 den rechtskonservativen Blog NachGedacht. Hier teilt er heute vornehmlich Inhalte der WerteUnion mit einem kleinen Publikum. In den Jahren vor der Corona-Pandemie dominierten hier vor allem Anti-Merkel-Sprüche, refugee-feindliche, rassistische Textfragmente und pressefeindliche Statements. So setzte er z.B. ARD und ZDF im Oktober 2019 mit der von Joseph Goebbels geführten NS-Staatspropaganda gleich. Ab März 2020 dominierten dann coronaleugnerische Mythen, stets verbunden mit Hetze gegen Geflüchtete, Mittwochs NachGedacht-Blog. Passend zu seinen coronaleugnerischen Ansichten nahm er am 21.01.2022 an der rechten verschwörungsideologischen Demo der Gruppe Bielefeld steht auf teil.

Team Fallobst Hermannslauf 2015, unten v.l.n.r. u.a.: Jens Niehoff, Andreas Jäger, Markus Mittwoch, Michael K, Andre Krumm, Thomas Zimmer. Oben v.l.n.r. u.a.: Marcel Lossie, Dirk Klemme, Michael Heyn, Marco Rabeneick, Hans-Jürgen Husemann (Nr. 8556)

Zwischen 2017 und 2022 veröffentlichte Mittwoch 8 Artikel bei dem rechtskonservativ Online-Magazin Tichys Einblick, in denen er als Gastautor und Mitglied der rechtskonservativen CDU-Initiative Konrads Erben gegen Angela Merkel, Geflüchtete und nicht-rechte Politik wetterte. Die CDU und auch die WerteUnion verneinen eine Nähe zu Neonazis. Wie die Causa Mittwoch dazu passt, wird sich zeigen.

28.06.2014, Honour&Pride Konzert Nienhagen: Hans-Jürgen Husemann (iMitte, Hand oben), Dirk Stranghöner (links, versteckt hinter Person) / Quelle: Antifaschistische Recherche
2013, Road Crew Fußballturnier, v.l.n.r.: Jan Weißberg, Andreas Gauß, Magnus Brandenburg, Dirk Stranghöner, Hans-Jürgen Husemann

Hans-Jürgen Husemann aus dem lippischen Leopoldshöhe hat 2015 für das Team Fallobst am Hermannslauf teilgenommen. Zu dem Zeitpunkt war er fest in der regionalen Naziszene verwurzelt. Auch wenn er nur in einem Jahr teilgenommen hat, so zeigt dies über all die Jahre hinweg bis heute die Normalität der Beteiligung rechter und neonazistischer Akteure beim Team Fallobst. Husemann war zu der Zeit sowohl im kameradschaftlichen Spektrum als auch im rechten subkulturellen Skinhead-Milieu organisiert. Er bewegte sich viel im Umfeld des Mindener Nazi-Spektrums um bekannte Personen wie André Bille, Jannik Rohlfing oder den langjährigen Kameradschaftsführer Marcus Winter. Im Jahr 2013 trat Husemann bei einem von der Road Crew OWL organisierten Fußballturnier im Jahr 2013 im Shirt der Mindener Jungs auf. Mit auf dem Foto ist auch der Neonazi Jan Weißberg zu sehen, der 2022 ebenfalls Teilnehmer für das Team Fallobst beim Hermannslauf war. Weiterer enger Kontakt von Husemann ist der Neonazi Dirk Stranghöner. Mit ihm reiste er auf Neonazikonzerte, wie z.B. das Honour&Pride–Festival in Nienhagen im Jahre 2014, wo mit Mark Pfeiffer auch ein weiteres Mitglied des Team Fallobst zugegen war.

Mark Pfeiffer: Fallobst und Mindener Jungs

28.06.2014, Honour&Pride Konzert Nienhagen, v.l.n.r.: Hans-Christian Kruse, Mark Pfeiffer, Dirk Fasold, Hans Kemner / Quelle: Pixelarchiv

Zwischen 2015 und 2019 war Neonazi Mark Pfeiffer Mitglied im Team Fallobst. Pfeiffer, der ursprünglich aus Gütersloh kommt, bewegte sich schon vor 20 Jahren in der regionalen Kameradschaftsszene. Er ist bis heute ein aktiver Neonazi und nimmt nach wie vor regelmäßig an einschlägigen Szene-Veranstaltungen teil. Auch während seiner Zeit beim Team Fallobst. Bilder des Neonazi-Festivals Honour&Pride 2014 in Nienhagen zeigen Mark Pfeiffer als Besucher. Pfeiffer nahm damals mit ua. Bernd Stehmann (Leopoldshöhe), Dirk Fasold (Leese), Hans-Christian Kruse (Petershagen) und Hans Kemner an dem Rechtsrock-Konzert teil. Die Honour&Pride-Konzerte wurden zwischen 2011 und 2014 von Blood&Honour/Combat 18 Nachfolgestrukturen organisiert und lockten bis zu 1800 Neonazis nach Nienhagen (Sachsen-Anhalt). Pfeiffers Begleiter, Dirk Fasold und Hans-Christian Kruse, arbeiteten 2014 als Ordner bei dem Rechsrock-Event. Fasold ist Mitglied der Mindener Jungs, einer Neonazi-Gruppe, die im ostwestfälischen Veltheim Neonazi-Konzerte veranstaltet. Bis zu dem Verbot im Jahr 2000 war Fasold Leiter der „Sektion Westfalen“ der „Divison Deutschland“ von Blood & Honour.

Ein beträchtlicher Teil seiner damaligen Blood&Honour-Kameraden sind heute Teil der Mindener Jungs. Auch Hans-Christian Kruse bewegt sich im Kreis der Mindener Jungs.

06.05.2017, Eichsfeldtag, v.l.n.r.: Mark Pfeiffer, André Michaelis, Dirk Fasold / Quelle: Recherche-Nord

Vier Jahre lief Neonazi Pfeiffer mit beim Team Fallobst. Auch an privaten (Trainings-) Zusammenkünften innerhalb des Team Fallobst nahm er in dieser Zeit teil, wie verschiedene Fotos bei social media belegen. So auch Bilder vom April 2017, die Pfeiffer u.a. mit Thomas Zimmer und Andreas Jäger am Johannisberg in Bielefeld zeigen. Nur wenige Wochen später, am 06.05.2017, reiste Mark Pfeiffer zusammen mit Dirk Fasold und André Michaelis (ebenfalls Mindener Jungs) zur NPD-Veranstaltung Eichsfeldtag in Leinefelde. Am Eichsfeldtag 2017 nahmen rund 500 Neonazis aus dem Bundesgebiet teil, lauschten den Rechtsrock-Bands Nahkampf und Lunikoff-Verschwörung und verschiedenen Rednern der Neonazi-Szene.

07.05.22, Veltheim, Oidoxie Konzert organisiert von den Mindener Jungs: Mark Pfeiffer (links) / Quelle: Pixelarchiv

Am 07.05.2022 nahm Pfeiffer dann an einem konspirativ organisierten Oidoxie-Konzert bei den Mindener Jungs in Veltheim teil, wie die Fotodokumentation belegt. Die Gruppe Mindener Jungs um Dirk Fasold und Marcus Winter (Minden) hat sich nach ihrem Gruppenemblem schon 1998 gegürndet, doch der Gruppenname wird erst seit einigen Jahren vermehrt verwendet. In Veltheim hat Marcus Winter einen Teil einer alten Gärtnerei für die Mindener Jungs gemietet. Zwischen 2016 und 2017 fanden dort Kampfsporttrainings statt, ab 2018 in regelmäßigen Abständen konspirativ organisierte Neonazi-Konzerte.

Jan Weißberg – Kameradschaftszene und Road Crew OWL

Fallobst Hermannslauf 2022: Reihe oben, v.l.n.r.: Thomas Zimmer, Marco Rabeneick, Jens Niehoff, Dirk Klemme. Reihe unten, v.l.n.r.: Jan Weißberg, Andre Krumm, Sebastian Kraus

Beim Hermannslauf 2022 nahm für das Team Fallobst auch der aus Lippe kommende Jan Weißberg teil. Seit mehr als 20 Jahren bewegt sich dieser in der regionalen Neonaziszene und ist gut mit den lokalen Strukturen vernetzt. Auf einem alten Gruppenfoto (circa 2002) steht er im Kreis ostwestfälischer Neonazis, die sich damals kameradschaftlich organisiert und u.a. auch in der ehemaligen Kneipe Postmeister am Bielefelder Kesselbrink getroffen haben. Vom Postmeister aus fanden regelmäßig Übergriffe auf nicht in das Weltbild der Neonazis passende Personen statt.

Road Crew OWL, v.l.n.r.: Magnus Brandenburg, Jörg Schiewald, Bodo Greweling, unbek., Jan Weißberg, Andreas Gauß, Dirk Stranghöner, Robert Kampeter, Michael Sundermann, Maurice Quakernack

Jan Weißberg war im Verlauf der Jahre auch Teil der neonazistischen Road Crew OWL. Die Gruppe bestand im Kern aus ca. 10 Personen, die nahezu alle aus dem neonazistischen Spektrum kommen und, wie bereits im vorherigen Absatz erwähnt, schon Anfang der 2000er Jahre kameradschaftlich organisiert waren. Die Road Crew OWL hatte in Lage-Kachtenhausen ein eigenes Clubhaus in den Räumlichkeiten des Motorradclubs Freeway Riders, zu dem es personelle Überschneidungen gab. In erster Linie agierte die Road Crew OWL im subkulturellen Bereich der rechten Erlebniswelt. Sie organisierten mehrere Rechtsrockkonzerte in der näheren Umgebung. Am 15.09.2012 fand ein Konzert mit den neonazistischten Bands Sleipnir und Agartha in Leopoldshöhe statt, bei dem Jan Weißberg organisatorisch eingebunden war. Zwei der von der Road Crew OWL organisierten Konzerte mit Endstufe und Kategorie C konnten auf Grund antifaschistischer Interventionen nicht stattfinden. 2015 gab die Road Crew OWL aufgrund des starken und anhaltenden antifaschistischen Protests ihr Clubhaus auf. Neben Rechtsrock hatte Fußball einen besonderen Stellenwert bei der Road Crew OWL. Wiederholt organisierte die Gruppe auch Fußballturniere, an denen Neonazis und rechte Hooligans teilnahmen, zum Beispiel von der rechten Fangruppe Freshmaker aus Bielefeld. Die hauseigene Band Knock Out stellte in ihrem Texten vor allem offensive männliche Inszenierung und Fußballerlebniskultur in den Vordergrund. In der Band spielten die Neonazis Andreas Gauß, Jörg Schiewald, Sven Göhner und Maurice Quakernack. Die beiden letztgenannten spielten zuvor in der Neonazi-Band Sleipnir. Verschiedene Mitglieder des Team Fallobst, darunter Michael Heyn, Andre Rübe, Thomas Zimmer und Dirk Klemme (beide Blue Army/OWT) zeigten sich auf facebook als Fans der rechten Band. Über die Überschneidung zwischen der Road Crew OWL und der Bielefelder Fußballszene berichteten 2011 auch überregionale Medien (https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2011/12/08/das-braune-musiknetzwerk-um-die-band-barking-dogs_7746).

2016 war Weißberg Teil einer Reisegruppe aus Road Crew-Mitgliedern. Gemeinsam mit Andreas Gauß, Robert Kampeter und Sven Göhner fuhr Weißberg am am 21.05.2016 nach Rom, um am Marsch der Völker Europas, organisiert von der faschistischen Casa Pound, teilzunehmen. Im Anschluss fand im Herzen von Rom das Neonazikonzert Tana delle Tigri, mit 5 Bands statt. Für Weißberg und seine mitreisenden lief der Ausflug zu den italienischen Faschist*innen nicht wie geplant. Ihr Van geriet in eine Gegenprotest, der den deutschen Neonazis eindrücklich deutlich machte, dass sie nicht erwünscht waren. https://antifainfoblatt.de/aib/hausarrest-fuer-roemische-antifas

Auch wenn Jan Weißberg in den letzten Jahren nicht mehr sichtbar an neonazistischen Veranstaltungen teilgenommen hat, so bleiben die Verknüpfungen in das neonazistische Spektrum weiter erhalten. Die alten Kameraden sind im privaten Umfeld weiterhin eng miteinander verbunden, die rechte bis hin zu neonazistische Ideologie und gemeinsames Feiern sind bis heute geblieben. Die meisten ihrer Aktivitäten finden nicht mehr primär im politischen Raum, sondern meistens auf privater und subkultureller Ebene statt. Man triff sich bei Geburtstagspartys, in der Kneipe oder anderen (zumeist unpolitischen) Konzerten oder Feiern. Durch eindeutige Äußerungen, das Tragen bestimmter Klamotten, Tattoos etc. wird ihr Weltbild weiterhin öffentlich zur Schau getragen.

Mai 2022: Reihe oben stehend, v.l.n.r.: unbek., unbek., Jan Weißberg, Michael Sundermann, Bernd Stehmann, Marcus Winter, Magnus Brandenburg, unbek. / Reihe unten, v.l.n.r.: Thomas Zimmer, Andreas Gauß, Dirk Stranghöner, unbek., unbek.
September 2021, Reihe oben, v.l.n.r.: Maurice Quakernack, unbek., Marco Gräfe, unbek., unbek. Peter van der Hoeven, Sven Göhner, Andreas Gauß, Dirk Stranghöner, unbek., Thomas Zimmer, Robert Kampeter, unbek., Michael Rose, Dennis Laghusemann, unbek., unbek., unbek., unbek., Lars Feldbusch, unbek. / unten v.l.n.r.: unbek., Michael Heyn, Magnus Brandenburg, Sebastian Zurheide

Die Bilder privater Partys bei dem langjährig aktiven Neonazi Dirk Stranghöner aus den Jahren 2021 und 2022 zeigen beispielhaft den Fortbestand der sozialen Bande der Neonazis. Und sie belegen die guten Kontakte der Fallobst-Mitglieder Michael „Onkel Heini“ Heyn, Lars Feldbusch und Thomas Zimmer in die ostwestfälische Neonazi-Szene. Ein GruppMai 2020, Jens Niehoff kommentiert Neonazi-Geburtstagsfeier, v.l.n.r.: Marucs Winter, unbek., Magnus Brandenburg, Michael Sundermann, Helge Broder, unbek. / unten Dirk Stranghönerenbild aus dem September 2021 zeigt Jan Weißberg vorne liegend, dahinter finden sich neben bekannten Neonazis wie Dirk Stranghöner, Maurice Quakernack, Andreas Gaus, Sven Göhner, Michael Rose und Magnus Brandenburg auch die Fallobst-Mitglieder Michael Heyn, Thomas Zimmer und Lars Feldbusch. Ein Gruppenbild aus dem Jahr 2022 zeigt die ostwestfälischen Neonazi-Kader Marcus Winter (Mindener Jungs) und Bernd Stehmann gemeinsam mit Thomas Zimmer und Jan Weißberg.

Mai 2020, Jens Niehoff kommentiert Neonazi-Geburtstagsfeier, v.l.n.r.: Marucs Winter, unbek., Magnus Brandenburg, Michael Sundermann, Helge Broder, unbek. / unten Dirk Stranghöner

Auch weitere Mitglieder des Team Fallobst sind mit Dirk Stranghöner freundschaftlich verbunden wie Markus Mittwoch (siehe Abschnitt Markus Mittwoch) und Dachdeckermeister Jens Niehoff. So kommentiert Niehoff 2020 ein Bild der Geburtstagsfeier Stranghöners mit dem Kommentar „Stabile Truppe“. Auf dem Bild sind lokale Neonazis zu sehen, darunter Marcus Winter, Magnus Brandenburg und Helge Broder. Broder trägt ein T-Shirt, auf dem das Lagertor des nationalsozialistischen Vernichtungslagers Auschwitz abgebildet ist mit dem Schriftzug „Eisenbahn Romantik“ in Fragturschrift. Über den volksverhetzenden Charakter des Shirts ist keine Diskussion nötig. Jens Niehoff gefällt es, wie auch den Fallobstlern Dirk Klemme und Stephan Lottermoser.

Kaum verwunderlich, so sind doch alle durch ihr patriarchales und rechts-nationalistisches Weltbild ideologisch miteinander verbunden.

So wundert es wenig, dass Jan Weißberg im Jahr 2022 als Mitglied des Team Fallobst beim Hermannslauf gelaufen ist, zusammen mit den ehemaligen Blue Army/OWT Hooligans Andre Krumm und Dirk Klemme. Als Schirmherr und Mitorganisator des Team Fallobst war Michael Heyn natürlich, auch wenn nicht aktiv beim Lauf, aber natürlich unterstützend dabei.

Juli 2019: oben v.l.n.r.: Mark Pfeiffer, unbek., Basti Homann / unten v.l.n.r.: „Mel Rabe Templer“, Jan Weißberg, Thomas Zimmer
Februar 2024: Sven Göhner + Thomas Zimmer

Thomas Zimmer ist seit vielen Jahren für das Team Fallobst beim Hermannslauf dabei, auch 2024 tritt er für das Team an. Der aus dem lippischen Raum kommende Zimmer zeigt sich privat immer wieder in Gesellschaft bekannter Neonazis aus dem früheren Kameradschafts- und Road Crew-Spektrum. Ob auf Fotos von Partys bei Dirk Stranghöner (siehe Abschnitt Jan Weißberg), in der Kneipe mit Dirk Heiermeier oder beim Feiern mit Jan Weißberg und Mark Pfeiffer. In seiner Freizeit tätowiert Zimmer, betätigt sich als Outdoor-Survival-Influencer auf instagram und geht gern auf den Schießstand. Kürzlich zeigte er sich auf facebook bei einem Abend unter Freund*innen. Er trug dabei ein Shirt der Neonazi-Band Bronson aus Rom, welche dem Umfeld der neofaschistischen Casa Pound zugerechnet werden. Neben ihm ist eine weitere Person mit Bronson-Shirt zu sehen sowie Sven Göhner im Shirt der Band Burzum. Letztere Band wird auf Grund nationalsozialistischer Positionen auch dem NSBM (National Socialist Black Metal) zugeordnet. Sven Göhner ist häufig an der Seite von Thomas Zimmer zu sehen. Göhner ist der ehemalige Schlagzeuger der Rechtsrock-Band Sleipnir. Thomas Zimmer ist somit Teil einer rechten Erlebniswelt.

Braunes Fallobst: nicht harmlos, sondern gefährlich

Das Team Fallobst besteht seit der Gründung 2014 zu einem nicht unerheblichen Anteil aus Personen aus dem (ehemaligen) rechten Hooliganspektrum sowie verschiedenen Personen aus dem neonazistischen Milieu. Die Personen, die wir in unserem Text näher betrachtet haben, sind durch ihre Organisierungen, Ideologie und ihr Handeln präsent und erwähnenswert. Gewaltbereitschaft, zur Schau gestellte Männlichkeitsinszenierung und Nationalismus bilden in dieser sozialen Gruppe das Bindeglied, das den Jahrzehnte währenden Männerfreundschaften zugrunde liegt. Der Teamkapitän Michael Heyn, als Alt-Hooligan vor einigen Jahren noch durch einen rassistischen Angriff in Erscheinung getreten, ist ein perfektes Sinnbild dafür. Die gealterten Hooligans und Neonazis sind mittlerweile in der bürgerlichen Mitte angekommen. Sie haben Familien, gehen Arbeit nach und nehmen am Stadtleben teil. Der Veranstaltungskaufmann und Spirituosenproduzent Marcel Lossie steht in der öffentlichen Stadtwahrnehmung am meisten im Fokus, sei es als Eventmanager im Lokschuppen, Gin-Verkäufer oder als Gesicht von Fruchtalarm. 2021 beschwerte sich Lossie öffentlichkeitswirksam darüber, dass junge Menschen in der Bielefelder Innenstadt Alkohol tranken, pöbelten und Musik hörten – ein Vorwurf, der verwundern kann, wenn man bedenkt, in welcher Regelmäßigkeit (von Lossie mehr als wohlwollend wahrgenommen) Massen Alkohol trinkender junger und auch nicht mehr junger Menschen an Arminia-Spieltagen durch Bielefeld ziehen. Oder auf den Straßen vorglüht auf dem Weg zu Lossies Oktoberfest im Lokschuppen. Auf Lossies (ziemlich überzogene) Kritik folgten prompt Einladungen des Oberbürgermeisters und anderer führender Politiker*innen aus der Stadt. Er ist eine Person mit Einfluss und gewisser Prominenz, dies spiegelt sich auch in der Berichterstattung lokaler Medien zu der Laufgruppe Team Fallobst. Von Gewaltverherrlichung und rechten Freunden liest man in den Artikeln nichts. So strahlt der karikative Zweck der Laufgruppe auch ein positives Licht auf die anderen Mitglieder. Diverse Mitglieder des Team Fallobst führen als Handwerker ihre eigenen Betriebe, zum Beispiel Markus Mittwoch (Malermeister Mittwoch), Andreas Jäger (Dach Jäger) oder auch Jens Niehoff (Jens Niehoff Zimmerei & Bedachung). Und unterhalten privat Kontakte zu Neonazis.

Dies geschieht vor den Augen der Bielefelder Stadtgesellschaft. Wenn wir uns heute fragen müssen, wie es sein kann, dass eine profaschistische Partei wie die AfD so große Unterstützung findet, woher die weit verbreiteten rechten, rassistischen und nationalistischen Einstellungen in der Bevölkerung herrühren, müssen wir einen ehrlichen Blick auf unsere eignen unmittelbaren Umfelder richten. Welche Positionen akzeptieren wir? Welchen Grad an Gewaltbegeisterung? Faschistische Zustände funktionieren nicht allein durch die organisierten Faschist*innen, sie funktionieren durch ihre Unterstützer*innen und Freund*innen, durch einen bürgerlichen Mittelstand, der ihnen die Türen öffnet. Unser Ziel ist es, eine rechte Hegemonie zu durchbrechen indem wir aufzeigen, in welchen Einflussbereichen sich die Personen des Team Fallobst bewegen und mit welcher Normalität und Akzeptanz sie sich in der Stadtgesellschaft bewegen. Mit ihrer geschickten Inszenierung als „die netten Jungs von nebenan“ schaffen sie es, Personen jeglicher rechter Couleur in der Mitte der Gesellschaft zu platzieren. Das ist nicht harmlos, es ist gefährlich.

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„Die Sturmjugend eines Volkes“ – Völkische Familienbanden in OWL https://rkowl.blackblogs.org/2023/07/01/die-sturmjugend-eines-volkes-voelkische-familienbanden-in-owl/ Sat, 01 Jul 2023 21:56:52 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1782 Continue reading „Die Sturmjugend eines Volkes“ – Völkische Familienbanden in OWL ]]> Braune Schatten ziehen seit Jahrzehnten über das behütet anmutende ostwestfälische Hinterland. In völkischen Familienverbänden, sogenannten Sippen, wird hier – von den Behörden ungestört – eine nationalsozialistisch geprägte Erziehung von Generation zu Generation weitergegeben. Das Ergebnis ist eine junge, ideologisch geschulte und gewaltbereite Generation von Neonazis.

Bereits seit drei Generationen ist die „Sippe“ Ulrich aus Detmold-Berlebeck in der völkisch-neonazistischen Szene aktiv. Großvater Günter Ulrich saß im Schiedsgericht der Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V. Bis zum Verbot der Wiking-Jugend (WJ) im Jahr 1994 leitete sein Sohn Gerd Ulrich den Gau Westfalen der WJ. Viele der Funktionär*innen und Familien, die zuvor in der WJ aktiv waren, fanden in der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) eine neue Struktur. Auch in Ostwestfalen war dies der Fall. Wie der internen Zeitung Funkenflug der HDJ zu entnehmen war, wurde Gerd Ulrich Führer der im März 2005 gegründeten Einheit Hermannsland. Gemeinsam mit seiner Frau Anna-Maria Ulrich ist Gerd Ulrich bis heute in die völkisch-neonazistische Indoktrination von Kindern eingebunden.

10.11.18, Bielefeld: Gerd Ulrich + Armin Steinbiß / Quelle: Pixelarchiv

Zelten im Führerbunker

In den folgenden Jahren wurden Fahrten, Lager und ideologische Schulungen organisiert. Ausgerichtet waren diese, wie schon bei der WJ, auf Kinder und Jugendliche. Beide Organisationen verstanden sich10 als Kaderschmiede für den Nachwuchs aktiver und überzeugter Neonazis. Dieser sollte frühzeitig militärisch gedrillt und ganz im Sinne der völkischen Ideologie geschult werden. Besonders deutlich wurde dieser Aspekt bei den großen Lagern, wie zum Beispiel das in Fromhausen (Horn-Bad Meinberg/Kreis Lippe) im Jahre 2006, das von Gerd Ulrich und Andreas Hanusek organisiert wurde. Der Erziehung der Heranwachsenden liegt von klein auf ein nationalsozialistisches Welt- und Menschenbild zugrunde. Disziplin und Gehorsam, basierend auf einem streng hierarchischen Führerprinzip, sind ebenso elementarer Bestandteil wie die offensiv kämpferische Ausrichtung bei militärischen Geländespielen. Hierbei geht es um die Stärkung der Kampfbereitschaft, gepaart mit der Entbehrung eigener Bedürfnisse bzw. dem Erbringen von Opfern zum Wohle einer konstruierten „Volksgemeinschaft“. Frühsport, Fahnenappelle, Uniformierung, politisch-ideologische Schulungen zu „Volk“ und „Rasse“: Die HDJ und bereits zuvor die WJ haben alles unternommen, um das Konstrukt einer wehrfähigen „Volksgemeinschaft“ aufzubauen, ganz in der Tradition des NS: „Du bist nichts; Dein Volk ist alles!“ Die ideologische Ausrichtung zeigte sich auch beim Lager in Fromhausen deutlich: Eines der aufgebauten Zelte war mit der Aufschrift „Führerbunker“ versehen.

Weitergeführt

Nach 2006 kam es zunehmend zu kritischer medialer Berichterstattung und zu Protesten gegen die HDJ. Im Jahr 2009 folgte dann das Verbot. Die gut vernetzten völkischen Strukturen waren davon allerdings kaum gelähmt, weder in OWL noch bundesweit. Sie führten ihre Kindererziehung teils verdeckt, oft auch sehr offensichtlich weiter. So kam es in den folgenden Jahren kontinuierlich zu Veranstaltungen auf dem Grundstück von Gerd Ulrich. Immer wieder treffen sich hier HDJ-Mitglieder, um den völkischen Nachwuchs zu schulen. Oftmals ist eine große Anzahl von Kindern bei diesen Treffen dabei. Ziel ist es, eine ideologisch gefestigte und wehrhafte jugendliche Generation aufzubauen, die zukünftig führende Positionen in der völkisch-neonazistischen Szene einnehmen soll. Nach dem Verbot der HDJ gab es großen Zulauf für die damals neue Gruppe IG Fahrt und Lager der Jungen Nationaldemokraten (JN, heute Junge Nationalisten). Diese veranstaltete Lager ganz im Sinne der HDJ. Auch der bis heute fortbestehende völkische Sturmvogel bietet völkischen Familien einen Anlaufpunkt für die ideologische und soziale Ausbildung ihres Nachwuchses. Außer zu spezifischen Jugendorganisationen pflegten HDJ-Mitglieder insbesondere sehr enge Kontakte zur völkisch-neuheidnischen Artgemeinschaft. Die Artgemeinschaft fungiert als quasi-religiöse Glaubensgemeinschaft mit geschlossenem völkisch-rassistischen und antisemitischen Weltbild. Sie ist eine elitäre, klar neonazistische Organisation mit vielfachen Verbindungen in den organisierten Rechtsterrorismus. Ralf Wohlleben, ein wichtiger Unterstützer des NSU-Kerntrios, fand zeitweise Unterschlupf beim Vorsitzenden der Artgemeinschaft. Angeklagt im NSU-Prozess war auch André Eminger, der zusammen mit seinem Zwillingsbruder Maik Eminger mehrere Artgemeinschafts-Veranstaltungen besuchte. Der Mörder von Walter Lübcke ebenso zeitweise Mitglied. In der Region OWL leben diverse Mitglieder dieser Gruppierung. Viele ihrer Kinder wurden in der HDJ erzogen. Die „Sippe“ Ulrich veröffentlichte Geburtsanzeigen ihrer Kinder nicht nur im Funkenflug, sondern auch in der Nordischen Zeitung der Artgemeinschaft. In den Zeitungen finden sich ebenfalls Anzeigen der „Sippe“ Hanusek aus Fromhausen. Die „Sippe“ Steinbiß um das damalige Ehepaar Almut und Holger Steinbiß (Lippstadt) verkündete die Geburten von drei ihrer fünf gemeinsamen Kinder im Funkenflug. Holger und Almut Steinbiß besuchen seit Jahren die konspirativen Treffen der Artgemeinschaft. 2015 wurde Holger Steinbiß zum Schriftführer der Artgemeinschaft gewählt. In der von Gerd Ulrich geführten Einheit Hermannsland der HDJ waren mindestens fünf der beteiligten Familien auch Teil der Artgemeinschaft. Ulrichs, Hanuseks und Steinbiß‘ Familien pflegen untereinander engen Kontakt.

10.05.18, Bielefeld: v.l.n.r.: Andreas Hanusek (mit Hemd), Erik Hanusek (Sonenbrille), Gerlinde Ulrich, Thoren Hanusek

Aktive „Sippen“

Die langjährige völkisch-neonazistische Erziehung in den ostwestfälischen HDJ-„Sippen“ scheint Früchte zu tragen. Sowohl im familiären als auch im politischen Kontext. Nach dem Prinzip „von der Wiege bis zur Bahre“ werden soziale Kontakte, Freundschaften und auch Liebesbeziehungen primär innerhalb der völkisch-neonazistischen Szene gepflegt. Den Aufbau eines eigenen „Sippen“-Verbandes werden zukünftig Gerlinde Ulrich (*1998) und Erik Hanusek (*1999) verfolgen, sie haben sich kürzlich verlobt und sehen der „Eheleite“ entgegen. Die Sprösslinge Arne Ulrich (*2004) und Thoren Hanusek (*2002) verbindet eine enge Freundschaft. Alle vier Kinder haben ein gutes Verhältnis zueinander und unternehmen gemeinsame Aktivitäten, wie beispielsweise im April dieses Jahres eine Wanderung in Tschechien. In den letzten Jahren wurden die Kinder vermehrt an öffentliche politische Aktivitäten und Auseinandersetzungen herangeführt. 2016 besuchten Gerd Ulrich und Andreas Hanusek samt einiger Kinder einen Auftritt von Björn Höcke in Paderborn. Der aggressive völkische Nationalismus des Demagogen Höcke findet auch in den Kreisen der früheren HDJ großen Anklang. Mehrere frühere HDJ-Kader arbeiten heute für die AfD. Im Mai 2018 nahmen die älteren Kinder der „Sippen“ Hanusek und Ulrich an der neonazistischen Demonstration „Solidarität mit Ursula Haverbeck“ in Bielefeld teil. Die Suche nach gemeinsamen Aktionen auf der Straße führte Gerd Ulrich und Andreas Hanusek mitsamt fünf ihrer Kinder im September 2018 nach Chemnitz. Dort konnten die Kinder ihre ersten Erfahrungen mit gewalttätigen Auseinandersetzungen gegen politische Gegner*innen und Polizist*innen im Rahmen eines rechten Großereignisses sammeln. Auch der älteste Sohn der „Sippe“ Steinbiß, Armin Steinbiß (*2001) reiste zu den rassistischen Ausschreitungen im September 2018 nach Chemnitz. Er trat als Teil einer Neonazi-Gruppe um den Tischler Lennard Sanner (Horn-Bad Meinberg) auf. Armin Steinbiß besuchte außerdem mit seinem ehemaligen HDJ-Einheitsführer Gerd Ulrich und Lennard Sanner den zweiten neonazistischen Haverbeck-Aufmarsch im November 2018 in Bielefeld. Der 20-Jährige macht derzeit eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner in Sachsen. Gewaltbereitschaft und körperliche Angriffe sind für die Kinder der HDJ keine Ausnahmen, sondern waren erklärte Erziehungsziele der HDJ. Angriffe auf politische Gegner*innen und Feindbilder waren bei den Mitgliedern der HDJ keine Seltenheit. Auch die Kinder von Hanusek und Ulrich sind mit Gewalt vertraut. Im Mai 2019 wurde ein Nachbar der „Sippe“ Hanusek, der sich wiederholt kritisch gegen die HDJ positioniert hatte, brutal angegriffen. Beteiligt an dem Angriff waren Andreas Hanusek und seine beiden älteren Söhne Erik und Thoren. Auch der jüngste Sohn Falk Hanusek (*2005) und die baldige Schwiegertochter Gerlinde Ulrich waren bei dem Angriff anwesend. Die gerichtliche Aufarbeitung verkam leider zur Farce. Nach offenkundigen Falschaussagen der völkischen Neonazis folgte ein Freispruch für Hanusek.

01.09.18, Chemnitz: Lennard Sanner (mit Regenschirm), rechts daneben Armin Steinbiß / Quelle: Pixelarchiv

Neue Kämpfer braucht das Land

Von den Kindern und Jugendlichen der HDJ wurde politisch Großes erwartet. So schrieb der damalige Bundesführer der HDJ Sebastian Räbiger 2005 im Funkenflug: „Wir brauchen eine Jugend, die an unser Volk glaubt und bereit ist, für diesen Glauben alles zu opfern. Wir brauchen Kameraden, die treu sind und sich einem gemeinsamen Willen unterordnen. Wir brauchen Kämpfer von fanatischer Besessenheit und zäher Ausdauer. […] die Sturmjugend eines Volkes.“ Vom Nachwuchs wird nicht nur die Unterordnung in die bestehende Struktur erwartet, sondern auch offensives und vorbildhaftes politisches Engagement nach außen. Die junge Generation der völkischen Neonazis aus OWL tritt nicht nur an der Seite der Eltern auf, sondern betätigt sich auch zunehmend eigenständig politisch. So nahm Arne Ulrich an der Sommertour 2020 der Identitären Bewegung (IB) teil. Im Januar 2022 tauchte dann eine augenscheinliche Nachfolgegruppierung der IB mit dem Namen Westfalens Eichensöhne auf. Der skurril klingende Name ist aus dem Liederbuch des Jungdeutschen Ordens von 1921 entlehnt. Der Jungdeutsche Orden war ein 1919 gegründeter nationalistischer Männerbund mit klar völkisch-rassistischer und antisemitischer Ideologie, in dem sich ältere Mitglieder der Wandervogel-Bewegung sammelten. Fotos von Aktionen von Westfalens Eichensöhnen belegen die Teilnahme von Arne Ulrich und Thoren Hanusek. Im nahezu gleichen Zeitraum tauchten bundesweit diverse Gruppen auf, die ästhetisch auf die IB Bezug nahmen, mit den Gruppen Oskars Osna (Osnabrück) und Scheiteljugend Kassel (Nordhessen) auch in der näheren Umgebung von OWL. In einem etwas moderneren Gewand verpackt, spielen Wehrhaftigkeit durch sportliche Betätigung, völkische Verbundenheit zu „Natur und Heimat“ sowie hip in Szene gesetzter politischer Aktivismus die primären Rollen. Auch wenn die IB sich von Beginn an in ihrem Auftreten, Vokabular und in ihrer Inszenierung von klassischen neonazistischen Gruppen bewusst unterschied, waren von Beginn an Akteur*innen insbesondere des völkisch-neonazistischen Spektrums in der IB aktiv. Zum Beispiel der Mitbegründer der IB Deutschland Nils Altmieks. Der aus Paderborn stammende Altmieks war maßgeblich für den Aufbau der IB in Deutschland verantwortlich und früher Mitglied der HDJ. Auch die Töchter der „Sippe“ Meyer-Sande (Bienenbüttel) und Alf Börm – Sohn des Neonazi-Aktivisten Manfred Börm – durchliefen die HDJ-Erziehung und waren später bei IB-Aktionen zu sehen. Das Engagement der Kinder aus den ostwestfälischen HDJ-„Sippen“ in der IB oder entsprechenden Nachfolgegruppen verwundert also nicht. Wanderungen, Liederabende und Vernetzungstreffen mit anderen Gruppen im Bundesgebiet werden auf dem Instagram-Account von Westfalens Eichensöhnen in der üblichen Ästhetik inszeniert. Aber es bleibt nicht bei harmlosen Wanderfotos. Im Januar 2022 wurde die Sporthalle in Berlebeck großflächig mit Nazisymbolen, antisemitischen und pandemieleugnenden Parolen sowie dem Lambda-Symbol der IB besprüht. Arne Ulrich teilte in den Sozialen Medien ein Foto, das ihn in der Tatnacht vor den Sprühereien zeigt. Etwas später folgte dann im elterlichen Hause eine Hausdurchsuchung.

01.09.18, Chemnitz: vorne v.l.n.r.: Gerd Ulrich, Gerlinde Urlich, Erik Hanusek, Arne Ulrich, Falk Hanusek, Thoren Hanusek / Quelle: Igor Netz

Von der Einheit zur Aktion

Parallel zu Westfalens Eichensöhnen wurde mit der Aktion Hermannsland eine weitere Gruppe bei Instagram ins Leben gerufen. Hier scheint in erster Linie der Neonazi Lennard Sanner im Vordergrund zu stehen. Zwischen der Aktion Hermannsland und Westfalens Eichensöhnen gibt es personelle Überschneidungen. So belegen beispielsweise Fotos einer Sicherheitsschulung der Aktion Hermannsland im März 2022 die Teilnahme von Arne Ulrich. Die Aktion Hermannsland richtet sich in Wortwahl und Inszenierung offensiver an ein klassisch neonazistisch und völkisch interessiertes Publikum als Westfalens Eichensöhne. Die zeitliche Nähe der Gruppengründungen sowie die Bilder der jeweiligen Veranstaltungen legen allerdings eine hohe personelle Überschneidung und Kooperation der beiden Gruppen nahe. Sanner war auch mit einer Gruppe Neonazis an den Ausschreitungen bei einer verschwörungsideologischen Großdemo in Bielefeld am 17. Dezember 2021 beteiligt. Kurz darauf wurde die Aktion Hermannsland bei Instagram geschaltet. Schon 2020 hatte er versucht, in den verschwörungsideologischen Telegram-Gruppen neue Leute zu rekrutieren. Die Demos der Verschwörungsgläubigen und Corona-Leugner*innen bieten den Neonazis die Möglichkeit zur Rekrutierung und zur Probe von Straßenkampfszenarien. Lennard Sanner ist ein seit Jahren aktiver Neonazi. Nach seinem kurzen Intermezzo bei der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen in Bielefeld 2017 bewegte er sich sowohl auf klassischen Neonazi-Veranstaltungen als auch zuletzt verstärkt in der völkischen Szene. Er hat gute Kontakte in Strukturen der Jungen Nationalisten (JN), besonders in die Regionen Braunschweig und Göttingen. Er ist seit einiger Zeit mit Ann-Marie Diederichs aus Göttingen liiert. Diederichs ist seit Jahren Teil der Göttinger Neonazi-Szene und stammt selbst aus einem völkisch-neonazistischen Familienverband. Sanner und Diederichs haben mittlerweile ein gemeinsames Kind. Diederichs ist auch auf Fotos der Aktion Hermannsland als Identifikationsfigur für das herrschende antifeministische, völkische Frauenbild abgebildet. Die Nähe zwischen Sanner, Diederichs und den Sprösslingen der örtlichen HDJ-„Sippen“ zeigte sich auch Ende März 2022 bei einem konspirativen Treffen der Artgemeinschaft in Ilfeld (Thüringen). Zu dem Treffen reisten Lennard Sanner und Ann-Marie Diederichs mit ihrer Tochter an. Holger Steinbiß brachte seinen Sohn Erik (*2004) mit. Ebenso nahmen Erik, Thoren und Falk Hanusek sowie Arne Ulrich an der exklusiven Zusammenkunft teil.

Angekommen

Alle hier genannten Person eint eine gemeinsame Gesinnung. Die grundlegende Ideologie ist der völkische Neonazismus. In den meisten Fällen haben die Eltern über Jahre hinweg ihre Kinder strikt auf Linie erzogen. In den hierarchisch und streng nach heteronormativen Gesichtspunkten organisierten Familienverbänden hatten die Kinder genau genommen nie eine Wahl. Für sie war durch die elterliche Erziehung der Weg vorbestimmt. Ein Ausstieg aus dieser Szene ist selten und besonders schwer, denn er bedeutet nicht nur ein radikales Umdenken und eine Abkehr von alten Kameraden und Kameradinnen, sondern den Bruch mit der eigenen Familie und dem gesamten sozialen Umfeld. Und wie es aktuell ausschaut, sind die Kinder dort angekommen, wo ihre Eltern sie haben wollen. Sie sorgen für die gewünschte Kontinuität des völkischen Neonazismus und werden in eigener Verantwortung zu neonazistischen Täter*innen. Die HDJ hatte es sich zur Aufgabe gemacht, eine junge völkisch-neonazistische Elite auszubilden, die militant und ideologisch gefestigt die zukünftige Bewegung anführen sollte. Die langjährige Erziehung nach diesen Prinzipien, die enge Verbundenheit unter den völkischen „Sippen“, verbunden mit ihrem Lebensbundprinzip, tragen in der Region Ostwestfalen dazu bei, dass eine Generation ideologisch gefestigter und militanter Neonazis entsteht. Die regionale Neonazi-Szene stellt sich neu auf, und die Akteur*innen sind schon in jungen Jahren bestens vernetzt.

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Neonazi-Konzert in Veltheim am 05.11.2022 angekündigt https://rkowl.blackblogs.org/2022/10/23/neonazi-konzert-in-veltheim-am-05-11-2022-angekuendigt/ Sun, 23 Oct 2022 19:51:31 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1726 Continue reading Neonazi-Konzert in Veltheim am 05.11.2022 angekündigt ]]> Seit 2018 veranstaltet die Neonazi-Gruppe Mindener Jungs in einer angemieteten Halle im Sprengelweg in Veltheim (Porta Westfalica) Konzerte. Zu den Konzerten reisen Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet an, darunter auch Unterstützer*innen des verbotenen Netzwerks Blood & Honour / Combat 18 (B&H/C18). Die Drahtzieher Marcus Winter und Dirk Fasold, die Band-Auswahl sowie die Bewerbung des ersten Konzertes 2018 über die offizielle B&H-Website belegen eine Nähe der Mindener Jungs zu dem verbotenen Nazi-Netzwerk. Die Behörden sowie die Stadt Porta Westfalica haben es den Neonazis bisher sehr leicht gemacht, das ostwestfälische Hinterland als Rückzugs- und Veranstaltungsort zu nutzen.

Nun steht am 05.11.2022 das nächste Neonazi-Konzert im Veltheimer Sprengelweg an.

Flyer des Oidoxie Konzerts am 07.05.22

Aktueller dürftig verpixelter Flyer für das Konzert am 05.11.22

Neonazi-Konzerte in OWL

Am Samstag den 05.11.2022, soll um 19 Uhr der Neonazi-Liedermacher FreilichFrei zusammen mit Rac Drummer bei den Mindener Jungs auftreten. Angekündigt wird außerdem ein „Specialguest“. Unter dem Namen Freilich Frei tritt Neonzai Maik Krüger aus Zwickau auf, unterstützt durch Rac Drummer. RAC steht für „Rock against Communism“, eine in der Neonazi-Szene beliebte Bezeichnung für neonazistische und rassistische Rockmusik. Maik Krüger tritt seit 2014 unter dem Namen FreilichFrei als Liedermacher bei einschlägigen Szeneveranstaltungen auf. Nachdem der Bürgermeister von Zwickau 2014 den Abriss des letzten Unterschlupfs des NSU-Kerntrios beschlossen hatte, widmete Krüger Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos das Lied „Das Haus wird abgerissen“ auf seinem Album „Ehrbarer Kämpfer – Mein Volk hasst unsere Freiheit“. Darin huldigte er den drei Rechtsterrorist*innen, die mindestens 10 Morde und 3 Sprengstoffanschläge begingen, mit folgenden Zeilen: “Und wir huldigten ihr, der hübschen Nazimaus […] Die Frau und die beiden Männer, die ich selbstzensierenderweise nicht nennen darf, obwohl sie super zusammen passende Namen haben, sind die größten unserer Zunft. Sie waren die allerschlimmsten Floristen, und das ist gut für uns.” Die Bezeichung als „allerschlimmste Floristen“ ist dabei besonders zynisch. Das erste bekannte Mordopfer des NSU war der Blumenhändler Enver Şimşek, der am 11.09.2000 an seinem mobilen Blumenstand in Nürnberg ermordet wurde. Am 05.11.2022 soll Maik Krüger nun in Veltheim auftreten.

Akzeptanz von Stadt und Behörden

Die Gärtnerei im Sprengelweg ist derzeit die einzige bekannte neonazistische Konzert-Location im Raum OWL. Im Jahr 2018 wurde durch antifaschistische Recherchen das von den Mindener Jungs organisierte Sturmwehr-Konzert öffentlich gemacht. Das Konzert wurde über die offizielle Website des B&H/C18-Netzwerks beworben. Wie eine Quelle im Verfassungsschutz gegenüber einer großen Tageszeitung angab, war unter den teilnehmenden Neonazis auch Jannik Rohlfing aus Porta Westfalica. Rohlfing ist der Lebenspartner der ehemaligen InstaCop-Kommissarin Anna Jendrny. Die Mindener Jungs bestehen aus altbekannten Neonazis aus der Region OWL und dem südlichen Nidersachsen. Marcus Winter (Minden) und Dirk Farsold (Leese) bewegen sich seit über 20 Jahren in der Neonazi-Szene und waren immer wieder in die Organisation von Neonazi-Konzerten eingebunden. Zu den Mindener Jungs gehören außerdem André Michaelis, Michael Holland und Sebastian Harre, der soziale Kreis um die Neonazi-Gruppe ist aber größer als die bekannten Mitglieder. Obwohl die Gruppe Mindener Jungs seit 2018 vom Verfassungsschutz beobachtet wird, werden die von ihnen veranstalteten Konzerte nicht als solche im Verfassungsschutz-Bericht erwähnt. Bekannt geworden sind bisher 5 Konzerte im Zeitraum zwischen März 2018 und Mai 2022, das FreilichFrei-Konzert soll nun das sechste werden. Die Konzerte werden nur szeneintern und konspirativ beworben. Diese Strategie ist nicht unüblich und dient dem Schutz der eingebundenen Strukturen und dem reibungslosen Ablauf der Konzerte. Es ist folglich denkbar, dass in dem genannten Zeitraum weitere, nicht öffentlich bekannt gewordene Konzerte in Veltheim stattfanden.

Bei Verfassungsschutz und Staatsschutz verlassen sich die Mitarbeitenden auf das Wort der veranstaltenden Neonazis, es handele sich bei Konzerten „um Privatfeiern“. Die Deklarierung neonazistischer Konzerte wahlweise als Privatfeiern oder aber politische Kundgebung ist eine altbekannte Strategie, die kommerziellen und organisationalen Zwecke der Konzerte zu verschleiern. Trotz der Offensichtlichkeit dieser Strategie sind die Sicherheitsbehörden in OWL und NRW erstaunlich umstandslos bereit, den Neonazis das ostwestfälische Hinterland zu überlassen. Bei den Konzerten der letzten drei Jahre fanden keine Kontrollen der Teilnehmer*innen statt, weder wurden die gespielten Lieder auf ihren Inhalt hin untersucht noch der Verkauf von Merchandise und Getränken überwacht. Die Mindener Jungs bewerben ihre Konzerte zum Teil über die Telegramkanäle der auftretenden Bands. Auf den Flyern wird neben dem Musik-Act auch der Verkauf von Getränken angekündigt („Getränke – Snacks – Cocktailbar“). Da insbesondere der Verkauf von Getränken den Behörden und der Stadt Porta Westfalica als Hinweis auf einen kommerziellen Charakter gilt, wie ein Sprecher des Staatsschutz sowie der Sprecher der Stadt im Mai gegenüber dem Mindener Tageblatt betonten, wurden für das anstehende Konzert entsprechende Hinweise auf dem Flyer durch die Veranstalter verpixelt. Ein Blick auf den Bewerbungsflyer für das Odioxie-Konzert im Mai 2022 legt die Vermutung nahe, dass die Konzert-Besucher*innen auch diesmal nicht auf Getränke und Snacks verzichten werden müssen. Nachdem wir im Mai 2022 eine Recherche zu dem konspirativ organisierten Oidoxie-Konzert am 07.05.22 in Veltheim veröffentlichten, bemühten sich die lokalen Behörden redlich, das Konzert als Privatfeier zu verharmlosen und behaupteten eine wesentlich geringere Teilnehmenden-Zahl als tatsächlich vor Ort gesichtet wurden. Die Akzeptanz-Strategie der Stadt Porta Westfalica und der verantwortlichen Sicherheitsbehörden bietet Marcus Winter und seinen Mindener Jungs die Möglichkeit, sich in der bundesweiten Neonazi-Szene einen Namen als Konzertveranstalter zu machen und OWL als Ort ungestörter Feier- und Vernetzungstreffen für Neonazis zu etablieren. Es braucht entschlossenen antifaschistischen Protest und Widerstand gegen diese neonazistische Raumnahme in Porta Westfalica.

07.05.2022, Oidoxie-Konzert in Veltheim vlnr.: unbk., Marcus Winter, Dirk Fasold, Sebastian Harre, André Michaelis (Quelle: Pixelarchiv)

 

Zum Nachlesen:

https://rkowl.blackblogs.org/2022/05/08/neonazi-konzert-in-porta-westfalica-am-07-05-22/

https://rkowl.blackblogs.org/2022/06/22/polizeiproblem-insta-cop-lebt-mit-neonazi-zusammen/

https://www.mt.de/lokales/minden/Ehemalige-Gaertnerei-in-Veltheim-entwickelt-sich-zu-Treffpunkt-fuer-Rechtsextreme-23259709.html

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#Polizeiproblem: Insta-Cop lebt mit Neonazi zusammen https://rkowl.blackblogs.org/2022/06/22/polizeiproblem-insta-cop-lebt-mit-neonazi-zusammen/ Wed, 22 Jun 2022 16:41:33 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1703 Continue reading #Polizeiproblem: Insta-Cop lebt mit Neonazi zusammen ]]>
#Insta-Cop Kommissarin Anna Jendrny: Quelle: Mindener Tageblatt

Die sogenannten Insta-Cops sollen den Menschen in Deutschland den Polizeidienst als sympathisch, politisch neutral und zugewandt präsentieren. Zumeist junge Beamt*innen posieren unter dem Hashtag instacops auf Instagram, mal vor dem Streifenwagen, einer Regenbogenflagge oder auch mit dem süßen Diensthund. Das schafft positiven Content, das schafft Bürger*innennähe. Für solchen Content sorgt auch Polizeidiensthundeführerin Anna Jendrny (29) und ihr Diensthund Kenai (6 Jahre alt) auf ihrem Profil polizei.hannover.aj. Sie beschreibt sich als sportbegeisterte Frühaufsteherin, Weltenbummlerin und Kaffeeliebhaberin mit Schwäche für Schokolade. Dem Account der Kommissarin der Polizeidirektion Hannover folgen mittlerweile mehr als 8400 Accounts, darunter viele offizielle Polizeiaccounts sowie Accounts der Polizeigewerkschaften. Viele regionale Zeitungen berichten über Insta-Cop Jendrny, sogar die Süddeutsche Zeitung erwähnt die Diensthundeführerin der hannoveranerischen Polizei. Anna Jendrny hat zwei Hunde, ihren Diensthund Kenai und ihren Privathund Bronson. Bronson ist ein sogenannter Malinois-Herder und wohnt mit Jendrny, Kenai und Jendrnys Partner Jannik Rohlfing zusammen. Jannik Rohlfing ist ein Neonazi.

Jannik Rohlfing & Bronson. Rohlfing trägt einen Pullover des Rechtsrock-Labels OPOS-Records.

Jannik Rohlfing (32) ist ein seit Jahren regional bekannter und gewaltbereiter Neonazi. Er ist seit mehr als 12 Jahren teil der regionalen Neonaziszene in OWL. Sowohl politisch als auch privat bewegte sich Rohlfing in den Kreisen um Nazikader Marcus Winter (Minden), und war Teil der Neonazi-Gruppe von Dirk Stranghöner, Andre Bille und Hans-Jürgen Husemann. Rohlfing trat bei neonazistischen Demonstrationen in Erscheinung, zum Beispiel bei den Neonazi-Großaufmärschen in Bad Nenndorf, bei denen Rohlfing u.a. 2014 als Ordner fungierte.

Im November 2010 war Rohlfing an einem gewaltsamen Angriff auf die alternative Kneipe „Hamburger Hof“ in Minden beteiligt. Vermummte Neonazis stürmten die Kneipe, zerstörten die Einrichtung und brüllten eindeutige Parolen und Drohungen. Ein Gast der Kneipe wurde bei dem Angriff verletzt, die anderen konnten fliehen oder sich verstecken. Rohlfing gab bei dem folgenden Prozess 2013 an, er und die anderen Neonazis hätten den linken Kneipengästen „einen Denkzettel verpassen“ wollen.

Im Oktober 2014 war Rohlfing dann an der Gründung des Stützpunktes Hermannsland der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ beteiligt, gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin Fiona Koch und Peter Hallmann. In den folgenden Monaten verteilten die Neonazis um Rohlfing rassistische Flyer und versuchten gezielt, die Stimmung gegen Geflüchtete anzuheizen. Es kam in der Folge zu mehreren Angriffen auf Geflüchtetenunterkünfte in der Region. In den letzten Jahren wurde es ruhig um Rohlfing. Der gelernte Zimmerer machte eine weitere Ausbildung (Abschluss im Sommer 2020), es kam zur Trennung mit Fiona Koch und schließlich zur neuen Liebesbeziehung mit der Polizeikommissarin Anna Jendrny.

Rückzug gleich Ausstieg?! Nein!

Rohlfing im Shirt der Neonazi-Band „Überzeugungstäter“

Politischer Aktivismus in der Neonazi-Szene ist häufig an die jeweiligen Lebensphasen gebunden. In Jugend- und jungen Erwachsenenalter häufen sich Demobesuche, öffentlichkeitswirksame neonazistische Inszenierungen und gewaltsame Übergriffe. In fortschreitendem Alter gibt es für viele Neonazis Jahre, in denen öffentliche Auftritte vermieden werden. Dies fällt häufig mit der Aufnahme einer festen Anstellung und / oder der Gründung einer eignen Familie zusammen. Die persönlich Prioritäten verlagern sich, die politische, neonazistische Überzeugung bleibt und die freundschaftlichen Kontakte in die Neonazi-Szene bleiben. Es wird weiterhin zusammen gefeiert, Konzerte besucht und gemeinsame menschenfeindliche Ideologien geteilt. Ein (phasenweiser) Rückzug aus der politischen Öffentlichkeit ist also in keiner Weise gleichzusetzen mit einem Ausstieg aus der Neonazi-Szene. Ein Ausstieg bedeutet den konsequenten Bruch mit der neonazistischen Szene und den privaten Kontakten zu Neonazis. Es bedarf der kontinuierlichen Auseinandersetzung und Reflexion der eigenen bisherigen Ansichten und Taten, idealerweise mit einer Begleitung durch Antifaschist*innen oder wenigstens einer Ausstiegsorganisation. Ein Ausstieg wird in der Neonazi-Szene als Verrat betrachtet, Aussteiger*innen werden bedroht und sind nicht selten darauf angewiesen, ihre bisherigen Lebensumstände radikal zu verändern. Wir wissen aus dem Umgang der regionalen Szene um Marcus Winter mit Aussteiger*innen wie Daniel B., dass ein Ausstieg nicht geduldet und akzeptiert wird, sondern mit Hass und Drohungen verbunden ist.

Jannik Rohlfing ist kein Aussteiger.

Der Kampfsport-begeisterte Zimmerer und Restaurator ist seit mehr als 12 Jahren ein Neonazi. Er trat öffentlich als Teil der Szene auf, bedrohte Andersdenkende und Geflüchtete, er feierte in der Neonazi-Szene, führte seine Freundschafts- und Liebesbeziehungen in der Szene. Ein kurzer Blickauf sein aktuelle Instagram-Profil zeigt, dass Rohlfing auch weiterhin gute private Kontakte zur politisch aktiven Neonazi-Szene pflegt. Besonders augenfällig ist hier die neonazistische Gruppe „Mindener Jungs“, bestehend aus Marcus Winter, Dirk Farsold, André Michaelis, Michael Holland und Sebastian Harre. In den sozialen Netzwerken werden gegenseitig Fotos kommentiert und gelikt. Wenn Rohlfing Fotos seines Kampfsporttrainings teilt, gefällt das Marcus Winter.

Rohlfing im Shirt von Phalanx Europa

Winter ist ein mehrfach verurteilter gewaltbereiter Neonazi, der für den Aufbau der Neonazi-Szene in OWL der letzten zwanzig Jahre eine zentrale Rolle spielt. Dirk Fasold, ehemals Führer der Sektion Hermannsland der verbotenen Organisation Blood & Honour, kommentiert die Bilder anerkennend „Killer !!!“ und „Maschine !!!“ (siehe Screenshots unten). Sebastian Harre, ebenfalls Teil der Neonazi-Gruppe „Mindener Jungs“, wünscht Rohlfing einen schönen Urlaub (siehe Screenshot). Auch Michael Holland gefallen Rohlfings Bilder. Die Gruppe „Mindener Jungs“ organisiert seit 2018 Neonazi-Konzerte in einer alten Gärtnerei in Veltheim, zuletzt im Mai 2022 mit der Band Oidoxie. Oidoxie gilt als das musikalische Aushängeschild von Combat 18, einer militanten Gruppierung des Blood & Honour – Netzwerks.

Rohlfing selbst zeigt sich auf Instagram in eindeutiger Szenekleidung. In einem Foto mit Hund Bronson trägt Rohlfing einen Pullover des Neonazi-Musiklabels OPOS-Records (siehe Bild oben). OPOS-Records (OPOS= One People One Struggle, übersetzt „Ein Volk, ein Kampf“)) vertreibt Musik und Merchendise von Rechtsrock-Bands wie „Terrorsphära“, „Endstufe“ oder „Überzeugungstäter“. Das Label gilt als eines der umsatzstärksten in der Szene und gehört Sebastian Raack, der ebenfalls bei Blood & Honour aktiv war. Ein weiteres Bild auf Rohlfings Profil zeigt ihn im Shirt der Rechtsrock-Band „Überzeugungstäter“, ebenfalls vertrieben durch OPOS-Records. Bei einem Schottland-Urlaub posiert Rohlfing in einem T-Shirt von Phalanx Europa. Die Kleidermarke wurde von den Neofaschisten Patrick Lenart und Martin Sellner 2013 gegründet. Sellner ist Kopf der neofaschistischen Identitären Bewegung und gilt Neonazis und Neofaschist*innen international als Bezugspunkt. So unterhielt Sellner einen Mailkontakt mit dem Attentäter von Christchurch und erhielt im Jahr vor dem Attentat 1500 Euro von dem späteren Mörder. Bei dem rassistischen Attentat von Christchurch wurden am 15.03.2019 51 Menschen ermordet, 50 weitere verletzt.

Polizeikommissarin Anna Jendrny und Neonazi Jannik Rohlfing in Norwegen Juni 2022

Polizeikommissarin Anna Jendrny und Neonazi Jannik Rohlfing im Dänemarkurlaub mit Diensthund Kenai und Privathund Bronson im Oktober 2021

#Polizeiproblem: Keine Privatsache

Die Polizei in Deutschland ist in Ausbildung und Praxis geprägt von strukturellem Rassismus und entzieht sich trotz anhaltender Kritik aus der Zivilgesellschaft der notwendigen Aufarbeitung. Racial Profiling ist polizeiliche Alltagspraxis, immer wieder kommt es dabei zu Polizeigewalt. Die konsequente Verweigerung der Polizeiverantwortlichen, diesen Strukturproblemen entgegen zu treten, bietet auch nationalistisch und rassistisch gesinnten Beamt*innen nach wie vor einen Schutzmantel im Polizeidienst. Die rassistischen und neonazistischen Chatgruppen in diversen Polizeidienststellen bundesweit belegen dies allzu deutlich. Immer wieder werden Informationen über linke politische Aktivist*innen, (Lokal-)Politiker*innen, Journalist*innen und Anwält*innen von Polizist*innen an Neonazis weitergegeben. Wie der Fall NSU 2.0 zeigt, wird die Aufklärung solcher Vorkommnisse häufig durch Polizeiverantwortliche erschwert. Kampagnen und Aktionen wie die Insta-Cops sollen helfen, das angekratzte Image der Polizei wieder aufzuwerten.

Polizeikommissarin Anna Jendrny lebt mit einem Neonazi zusammen, der Kampfsport trainiert, aktiv seine Gesinnung zeigt und sozial weiter in neonazistischen Kreisen verkehrt. Sie erziehen ihre Hunde gemeinsam, auch der zum Angriff ausgebildete Diensthund Kenai lebt in diesem Haushalt. Bilder bei Instagram zeigen auch Privathund Bronson bei der Abrichtung zum gezielten Angriff. Jendrny wird mit ihrem Diensthund sowohl im Streifendienst, als auch bei Großeinsätzen wie Demonstrationen, Fußballspielen und anderen Großevents bundesweit eingesetzt. Sie bildet zudem neue Diensthunde der Polizei aus. Für alle Menschen, die von Polizeieinsätzen mit Jendrny betroffen sind und sein können, stellt Jendrnys offensichtliche Sympathie für militanten Neonazismus ein zusätzliches Risiko dar. Es ist angesichts Jendrnys privater Situation mehr als fraglich, ob sie ihren Dienst neutral ausüben kann. Als Polizistin ist sie nicht nur in der Lage, ohne juristische Konsequenzen bei Einsätzen Gewalt auszuüben. Sie verfügt auch über Zugang zu den persönlichen Daten Festgenommener und hat Zugang zu polizeilichen Datenbanken. Das ist nicht hinnehmbar. Die Polizei Hannover billigt hier nicht nur offensichtliche Kontakte ihrer Kommissarin zu militanten Neonazis, sondern nutzt diese Beamtin auch noch als Instagram-Aushängeschild. Ein weiteres Beispiel für das Polizeiproblem in Deutschland.

 

Screenshots von Rohlfings Profil:

 

Dirk Fasold kommentiert Rohlfings Trainingsfoto

Links: Dirk Fasold kommentiert Rohlfings Bild „Maschine !!!“

 

 

 

 

Bronson beim Angriffstraining

Sebastian Harre wünscht einen schönen Urlaub

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mehr zu den „Mindener Jungs“:

https://rkowl.blackblogs.org/2022/05/08/neonazi-konzert-in-porta-westfalica-am-07-05-22/

Instagram & Artikel zu Insta-Cop Anna Jendrny:

https://www.instagram.com/polizei.hannover.aj/?hl=de

https://www.haz.de/lokales/hannover/polizeidirektion-hannover-stellt-zwei-neue-instacops-vor-I4K4OCQU3Q6SA4CEILGM7WGQBQ.html

https://www.neuepresse.de/lokales/hannover/hannovers-instacops-bekommen-weibliche-verstaerkung-PYIUT6SQEBI2TERWTYV6GACH7Y.html

https://www.haz.de/lokales/hannover/besuch-bei-der-hundestaffel-der-polizei-hannover-4YPNOQZ23VK3VRP7ZA6I62S7XM.html

https://www.dewezet.de/region/weserbergland_artikel,-29jaehrige-portanerin-bildet-diensthunde-aus-_arid,2750346.html

https://www.mt.de/instagram/Insta-Cop-aus-Porta-Diese-29-Jaehrige-ist-das-Gesicht-der-Polizei-und-bildet-Diensthunde-aus-23278567.html

https://www.sueddeutsche.de/panorama/polizei-hannover-neuer-instacop-der-polizei-hoch-zu-ross-im-einsatz-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220516-99-312005

https://www.sn-online.de/lokales/hameln-pyrmont/insta-cop-anna-aus-porta-bildet-polizei-diensthunde-in-hannover-aus-2V64CZFKB2MGHQUSXVEJSNGVZI.html

https://www.dieharke.de/Nachrichten/Polizistin-Anna-Jendrny-bildet-Diensthunde-aus-160204.html

https://www.szlz.de/aus-der-region-szlz/minden-luebbecke_artikel,-instacop-aus-porta-diese-29jaehrige-bildet-diensthunde-bei-der-polizei-aus-_arid,2749733.html

 

Hier den Text als PDF zum Download:

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Neonazi-Konzert in Porta Westfalica am 07.05.22 https://rkowl.blackblogs.org/2022/05/08/neonazi-konzert-in-porta-westfalica-am-07-05-22/ Sun, 08 May 2022 20:12:13 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1660 Continue reading Neonazi-Konzert in Porta Westfalica am 07.05.22 ]]>
Werbe-Flyer für das Konzert in Porta

Am Freitag, den 07. Mai 2022, fand ein konspirativ organisiertes RechtsRock-Konzert (Unplugged) mit der Dortmunder Band Oidoxie in Porta Westfalica (Kreis Minden-Lübbecke) statt. Organisiert wurde das Konzert von der Gruppe Mindener Jungs. Rund 100 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen an dem Konzert teil. Obwohl die Polizei über das Konzert informiert war und auch Beamt*innen des Bielefelder Staatsschutz vor Ort waren, konnten die Neonazis ihr Konzert ungestört und von der Polizei unbehelligt durchführen.

 

Organisation aus OWL: Alte Bekannte

Hinter den Mindener Jungs verbirgt sich eine Struktur um die langjährig bekannten Neonazis Marcus Winter (Minden) und Dirk Fasold (Leese). Nach eigenen Angaben existieren die Mindener Jungs seit 1998. Mitglieder der Gruppe sind seit vielen Jahren Teil der ostwestfälischen Neonazi-Szene. Im Februar 2018 gab der Verfassungsschutz NRW an, die Mindener Jungs stünden unter Beobachtung.

Mindener Jungs im Juli 2020: vlnr. Dirk Fasold, André Michaelis, Marcus Winter und Michael Holland

Marcus Winter ist seit über 20 Jahren in der ostwestfälischen Neonazi-Szene aktiv. Er führte mehrere neonazistische Kameradschaften wie die Kameradschaft Weserbergland, Nationale Offensive Schaumburg und sowie die überregionale Vernetzungsstruktur Westfalen Nord. Winter bemühte sich um die Schaffung „nationalbefreiter Zonen“ in OWL und ist für diverse Angriffe auf linke Strukturen und antifaschistisch engagierte Personen verantwortlich. Er ist mehrfach verurteilt wegen schwerer Gewalttaten und Volksverhetzung. Zu seinem politischen Betätigungsfeld gehörten neben dem lokalen Strukturaufbau auch die Vernetzung mit Neonazi-Strukturen aus anderen Teilen der BRD. Er organisierte die bis 2015 jährlich stattfindenden geschichtsrevisionistischen Trauermärsche in Bad Nenndorf und veranstaltet seit über 15 Jahren regelmäßig Neonazi-Konzerte. Ab 2010 verstärkte Winter seine Konzert-Aktivitäten und organisierte diverse Konzerte mit nationalen und internationalen Bands, die dem Neonazi-Netzwerk Blood & Honour / Combat 18 (B&H / C18) zugeordnet werden. In den letzten Jahren verzichtete Winter weitgehend auf öffentlich Auftritte, blieb aber aktiver Neonazi-Kader.

24.03.2018 Veltheim: Fasold und Winter Quelle: Recherche Nord

2016 trat er beim neonazistischen Kampfsportevent Kampf der Nibelungen als Kämpfer gegen den russischen Neonazi Denis „Nikitin“ Kapustin an. Im gleichen Jahr mietete Winter das ehemalige Gärtnerei-Gelände im Sprengelweg in Veltheim (Porta Westfalica) an, wo auch das Konzert vergangenen Freitag stattfand. Winter gab damals an, das Gebäude als Boxclub zu nutzen. Am 24.03.2018 veranstalteten Winter und Fasold ein Konzert mit der Kombo Sturmwehr. Das Akustik-Konzert des Duos, bestehend aus Jens Brucherseifer und Martin Böhne, wurde über die internationale Website der seit 2000 in Deutschland verbotenen B&H-Netzwerks beworben. Bilder des Konzerts zeigen die Veranstalter Winter und Farsold an dem Veranstaltungsort in Veltheim. Obwohl das Konzert Blood & Honour klar zugeordnet werden konnte, ließ die Polizei das Konzert stattfinden. Nachdem Antifaschist*innen das konspirativ organisierte Konzert sowie die Akzeptanz-Strategie der Behörden öffentlich machten, berichteten auch lokale Medien. Dirk Fasold war bis zum Verbot von B&H im Jahr 2000 Leiter der B&H-Sektion Westfalen und ist seit über 20 Jahren mit Winter bekannt und politisch aktiv. Das Sturmwehr-Konzert 2018 blieb nicht das letzte. Am 27. Juli 2019 veranstalteten die Mindener Jungs einen Balladen-Abend.

18.09.2021 Veltheim: Hier und Jetzt – Konzert bei den Mindener Jungs (Quelle: Facebook)

Am 18.09.2021 fand ein Konzert mit Projekt Hier und Jetzt (HJ, Martin Böhne Gitarre & Gesang sowie Patrick Barth am Schlagzeug) in den Räumen statt, sowie am 09.10.2021 erneut ein Konzert mit Sturmwehr (Jens Brucherseifer & Martin Böhne mit Verstärkung durch Patrick Barth am Schlagzeug). Fotos der Konzerte belegen, dass es sich um den gleichen Veranstaltungsort handelt. Zu sehen ist in den Aufnahmen ein Holzbalken, auf dem der Schriftzug „Mindener Jungs est. 1998“, gerahmt von zwei eisernen Kreuzen, zu lesen ist. Die Querstreben des Balkens sind mit eingeschnitzten Totenköpfen versehen. Die Räumlichkeiten sind ausgebaut und verfügen über Veranstaltungstechnik.

Oidoxie am 07.05.2022

Drei der bisherigen bekannten Konzerte der Mindener Jungs wurden mit Acts veranstaltet, die entweder eng vernetzt mit der musikalischen Abteilung des Blood & Honour / Combat 18 – Netzwerks sind oder dieser direkt zugeordnet werden können. Dies belegt unter anderem die Bewerbung des Sturmwehr-Konzerts im März 2018 auf der offiziellen Blood & Honour-Homepage. Und es passt in Winters Konzert-Portfolio, der schon 2007 ein Konzert mit der B&H- Band Weisse Wölfe in Minden organisierte. Die Band Oidoxie aus Dortmund gilt als das musikalische Sprachrohr von Combat 18. Das Netzwerk Combat 18 (C18) verstand sich als bewaffneter Arm von Blood & Honour und wurde 2020 schlussendlich verboten. Im Umfeld der Band formierte sich vor 5 Jahren die B&H / C18-Gruppierung Brothers of Honour, seit 2019 treten die Mitglieder in entsprechenden Kutten auf. Oidoxie-Sänger Marko Gottschalk ist das exponierteste Mitglied der Brothers of Honour und fällt seit Jahren in entsprechender Kleidung auf.

Neben dem Schriftzug „Brothers of Honour“ ziert die Kutten die Zahl 28 (für den 2. und den 8. Buchstaben des Alphabets), die auch von Blood & Honour als Kennziffer verwendet wird. Der C18-Leitspruch „Whatever it takes“ ziert die Kutten ebenso wie Patches mit der Aufschrift 28FF28 (ausgeschrieben Blood & Honour forever – forever Blood & Honour) und stellen ein Bekenntnis an das verbotene B&H/ C18 -Netzwerk dar. Die Gruppe Exif-Recherche schreibt dazu: „Die «Brothers of Honour» sind ein integraler Bestandteil von B&H/C18, sie pflegen intensive Verbindungen zu den C18-Gruppen in Skandinavien, England, der Schweiz und Polen und werden von diesen als das deutsche C18 angesehen.“ Konzerte bilden in dieser Szene nicht nur eine lukrative Einnahme-Quelle, sondern sie bieten den Neonazis auch die perfekte Kulisse für Vernetzungstreffen. Die Konzerte von Oidoxie stechen dabei besonders heraus. Dazu Exif-Recherche: „So wurde die Neustrukturierung des internationalen Netzwerks von B&H/C18 am 3. März 2012 im Rahmen eines «Oidoxie»-Konzertes in Schweden beschlossen.“ Das B&H/C18-Netzwerk ist für diverse rechtsterroristische Anschläge weltweit verantwortlich und war u.a. in die Unterstützungsstrukturen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) eingebunden.

Auch am vergangenen Freitag (07.05.2022) zeigten sich Mitglieder der Brothers of Honour in entsprechender Kleidung, wie Fotos belegen. Die Polizei hat also erneut ein Konzert mit Beteiligung bekannter Akteur*innen des verbotenen B&H/ C18 – Netzwerks stattfinden lassen.

 

07.05.2022: Mitglieder der Brothers of Honour in Veltheim Quelle: Pixelarchiv

 

 

 

Kontinuitäten: Neonazis und das Versagen der Behörden

Mit den Räumlichkeiten in Veltheim (Porta Westfalica) existiert ein Treffpunkt und Veranstaltungsort der militanten Neonazi-Szene in OWL, der bei Konzerten auch zur bundesweiten Vernetzung der Szene genutzt wird. Die Gruppe Mindener Jungs ist den Behörden seit Jahren bekannt und steht offiziell unter Beobachtung. Die Polizei und der Staatsschutz billigen die Konzerte und ermöglichen Akteur*innen von B&H / C18, sich in Ostwestfalen zu treffen und zu vernetzen. Im Verfassungschutzbericht des Landes NRW für das Jahr 2021 werden die Konzerte der Mindener Jungs nicht mal erwähnt – laut VS fand 2021 kein einziges Neonazi-Konzert in NRW statt. Die behördliche Akzeptanz-Stragie schafft der militanten Neonazi-Szene eine Rückzugsraum im ostwestfälischen Hinterland und ermöglicht ihnen die Finanzierung ihrer Strukturen.

07.05.2022 Veltheim: vlnr. Unbk., Marcus Winter, Dirk Fasold, Sebastian Harre, André Michaelis Quelle: Pixelarchiv

Wie so oft liegt es nun an Antifaschist*innen, öffentlichen Druck aufzubauen und aufzuklären. Militante Neonazis wie Winter, Fasold und die Mindener Jungs müssen aus der Deckung geholt und ihre Aktivitäten ans Licht gebracht werden. Ihr Treiben stellt ein konkrete Gefahr für Alle dar, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen. Es darf keine weiteren ungestörten Neonazi-Konzerte in OWL geben. Das hier auf die Behörden kein Verlass ist, haben die letzten Jahre deutlich gezeigt. Es braucht entschlossenen und starken antifaschistischen Protest, damit Veltheim nicht weiter Anzugspunkt für Neonazis bleibt.

 

– Bilderstrecke vom Konzert am 07.05.22:

https://pixelarchiv.org/event/2022.05.07.porta.westfalica/1#001.jpg

– Bilderstrecke zum Konzert am 24.03.2018:

https://recherche-nord.com/gallery/2018.03.24.html

– Ausführliche Infos zu Marcus Winter:

https://recherchenetzwerkhannover.org/2021/01/05/historische-entwicklung-der-extrem-rechten-szenen-zwischen-hannover-schaumburg-und-nienburg/

– Ausführliche Infos zu Oidoxie / C18/ Marko Gottschalk:

https://exif-recherche.org/?p=6351

 

Hier noch der Text als PDF zum Download:

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Stellungnahme zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 07.01.2022 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2022/01/09/stellungnahme-zum-verschwoerungsideologischen-demonstrationsgeschehen-am-07-01-2022-in-bielefeld/ Sun, 09 Jan 2022 19:38:06 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1536 Continue reading Stellungnahme zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 07.01.2022 in Bielefeld ]]>
Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 07.01.22

Am 07.01.2022 konnten erneut über 2000 Personen aus der verschwörungsideologischen Szene das Bielefelder Stadtgebiet vereinnahmen. Trotz hoher Präsens der Polizei lies diese jede Gelegenheit verstreichen, die nicht genehmigten Aufzüge festzusetzen und die 3G-Auflagen umzusetzen. Durchsagen der Polizei wurden gänzlich ignoriert, es wurden weder Masken getragen noch Abstand gehalten. Es kam zu einem gewaltsamen Angriff auf einen Pressevertreter, andere Pressevertreter*innen wurden bepöbelt und bedroht. Bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße (Höhe Potemkin Bar) wurde nach Berichten der Demo-Teilnehmer*innen Pfefferspray gegen die Polizist*innen eingesetzt. Bei der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei war mindestens ein Kind zugegen, das unter Tränen darum bat, den Ort verlassen zu dürfen. Erst nach über 3 Stunden löste sich die Ansammlung Verschwörungsgläubiger langsam auf.

Beteiligung aus der neofaschistischen und neonazistischen Szene

Tim Sauer am 07.01.22 in Bielefeld (Quelle:Doku Netzwerk OWL)

Jan Tiemann am 07.01.22 in Bielefeld (Screenshot a. Video)

Neonazi, Name unbek.(Quelle:Doku Netzwerk OWL)

01.05.2018: Neonazis von „Die Rechte OWL“ besuchen Meinolf Schönborn, 2. v. r. der benannte Neonazi

Wie schon bei der letzten Großdemonstration der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann am 17.12.2021 nahmen auch am 07.01. wieder bekannte Neonazis aus OWL am Demonstrationsgeschehen in Bielefeld teil. Antifaschistische Beobachter*innen konnten Gerd Ulrich (Detmold-Berlebeck, u.a. HDJ) mit vier weiteren Personen im Demo-Zug ausgehend vom Oetker-Park ausmachen. Am Kesselbrink fanden sich gegen 18:30 Uhr die Neonazis Tim Sauer (Bielefeld, Mitglied „Die Rechte“) und Bernd Stehmann (Leopoldshöhe) in Begleitung von 5 weiteren Personen ein. Auch der Neonazi Jan Tiemann (Bielefeld) nahm an dem vom Kesselbrink ausgehenden Demozug teil.

Auf Videos der Demoteilnehmer*innen konnte außerdem dieser Mann identifiziert werden. Er nahm 2018 an konspirativen Treffen der neonazistischen Kleinstpartei „Die Rechte“ teil und zeigt sich seit Pandemie-Beginn immer wieder bei Demos der verschwörungsideologischen Szene in Bielefeld. In dem Demo-Zug, der sich ausgehend vom Oetker-Park gebildet hatte, liefen auch Mitglieder der rechten Burschenschaft Normannia Nibelungen (Bielefeld) mit. Die Normannia ist seit Jahren als nationalistische profaschistische Burschenschaft bekannt. Aus ihren Reihen stammen namhafte Neonazis wie der führende Hammerskin Hendrik Stiewe. Der früher führende Aktivist der Identitären Bewegung (heute AfD & JA Arnsberg) Nils Hartwig ist ebenfalls Teil der Normannia. 2019 gab es einen Polizeieinsatz bei der schlagenden Burschenschaft, nachdem dort indizierter Rechtsrock sowie „Sieg-Heil“-Rufe zu hören waren. Seit 2020 ist die Normannia die vorsitzende Burschenschaft des rechten Korporationsverbands Deutsche Burschenschaft. Am 07.01. nahmen Lars Peterat (Normannia Nibelungen &Sprecher der Deutschen Burschenschaft), Domenic Nagel (Normannia Nibelungen, stellvertretender Sprecher der Deutschen Burschenschaft & Junge Alternative Bielefeld) und Florian Schürfeld(Normannia Nibelungen, Aktivist der Identitären Bewegung) mit mindestens zwei weiteren Personen an der Demo teil. Dabei trat insbesondere Domenic Nagel aggressiv und provozierend gegenüber den Polizeibeamten auf.

07.01.22: ganz rechts Lars Peterat mit Mitgliedern der Normannia Nibelungen (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

07.01.22: Domenic Nagel belästigt Polizeibeamte (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Aktiva der Normannia Nibelungen im Wintersemester 2020/2021: vlnr. Unbek., Lars Peterat, Domenic Nagel, Robert Malcoci, unbek., Florian Schürfeld (Quelle: Burschenschaftliche Blätter)

07.01.22: Florian Schürfeld und Domenic Nagel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

07.01.22: vorne Jonas Vriesen in Bielefeld (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Auch der ehemalige Vorsitzende der Jungen Alternative Bielefeld, Jonas Vriesen, fiel durch aggressives Verhalten sowohl Pressevertreter*innen als auch der Polizei gegenüber auf.

07.01.22: markiert vlnr.: Christoph Woskres, Maxim Dyck, Jonas Vriesen (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Ein Video des Fernsehsenders RTL zeigt Jonas Vriesens Beteiligung an der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße. Vriesen besuchte die Demo gemeinsam mit Maxim Dyck (Junge Alternative OWL & AfD Gütersloh) und einer weiteren Person, die sich bei Telegram Christoph Woskres nennt. Woskres nahm im November 2019 mit Florian Schürfeld an einer pressefeindlichen Neonazi-Demo in Hannover teil. Zu der Demo am 23.11.2019 hatten NPD und Die Rechte aufgerufen, es wurde gegen unliebsame Journalist*innen und die Pressefreiheit gehetzt. Die Aktiva der Normannia Nibelungen halten engen Kontakt zum Bielefelder Verband der Jugendorganisation der AfD. Unter Jonas Vriesens Führung wurden Kontakte geknüpft, wie wir in Recherchen bereits dargelegt haben. Ein Foto vom Sommerfest der JA OWL zeigt die Teilnahme von Domenic Nagel und einem weiteren Burschenschafter. Auf dem Foto ist auch Woskres zu sehen. Mittlerweile findet der monatliche Stammtisch der JA Bielefeld im Haus der Normannia Nibelungen statt. Neben den namentlich bekannten Neonazis und Neofaschisten wurden mindestens drei weitere rechte Kleingruppen in den Demonstrationszügen gesichtet.

23.11.2019: Christoph Woskres & FlorianSchürfeld bei NPD-Demo in Hannover (Quelle: Recherche Nord)

Erneut konnten Neonazis und Neofaschisten im Schulterschluss mit Verschwörungsgläubigen, Esoteriker*innen und sonstigen Pandemie-Leugner*innen durch Bielefeld ziehen und gewaltsame Auseinandersetzungen suchen. Die erneut eklatante Fehleinschätzung der Polizei, es wären nur zwei Neonazis unter den Teilnehmenden gewesen, arbeitet den Aufzügen der Verschwörungsgläubigen zu und verharmlost die rechte Allianz, die sich auf Bielefelds Straßen und in den Telegram-Chats bildet.

Mobilisierung

Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 17.12.21

Die Hauptmobilisierung fand über die Telegram-Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann statt. Diese hatten zu einer Großdemo am 07.01. für 18 Uhr auf den Kesselbrink aufgerufen. Trotz der eindeutig belegten Teilnahme militanter Neonazis bei der letzten „Bielefeld steht auf“-Demo am 17.12. 21 gab es von den Veranstalter*innen keinerlei Abgrenzung in diese Szene. Wie wir in mehreren Stellungnahmen bereits deutlich gezeigt haben, dominieren in der Chat-Gruppe von „Bielefeld steht auf“ strukturelle bis offen antisemitische Verschwörungsmythen, gemischt mit pronationalistischen und emanzipationsfeindlichen Inhalten, Werbung für die AfD und verschiedene Reichsbürger-Organisationen. Während die Administrator*innen Jesse, Landwehr und Bergmann jede Beleidigung gegen das Organisationsteam sowie jede Kritik an der ideologischen Ausrichtung der Gruppe direkt aus dem Chat löschen und die Teilnehmer entfernen, werden alle verschwörungsideologischen und rechten Inhalte unkommentiert stehen gelassen und gedultet. Diese Inhalte bilden die ideologische Schnittstelle für die neonazistische, neurechte und neofaschistische Szene. An den „Bielefeld steht auf“- Demos nehmen immer wieder Mitglieder der Jungen Alternative Bielefeld, der AfD und Unterstützer*innen der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck teil, wie wir bereits mehrfach belegt haben. Daran stören sich weder die Organisator*innen, noch die anderen Gruppen-Mitglieder. Es wird die vielfache Werbung für die neue Gruppe „Westfalens Eichensöhne“ akzeptiert, eine Neuauflage der Identitären Bewegung. Die AfD und JA bewerben die „Bielefeld steht auf“-Demos seit Monaten, am 17.12. war einer der Ordner Tim Marvin Braungart von der Jungen Alternative Bielefeld. André Jesse löste aufgrund der 3G-Auflagen spontan seine angemeldete Demo auf und zog sich damit aus der Verantwortung. Im Anschluss an die von der Polizei gebilligte, nun unangemeldete Großdemo mit Auschreitungen am Rathaus frohlockte Angela Landwehr abends noch bei Telegram über die „gigantische Teilnahme an unserem Spaziergang“ (siehe Screenshot). Das Verhalten der Stadt Bielefeld und der Polizei bescherte der Gruppe große Demo-Erfolge und verschafft der Gruppe immer weiteren Zulauf. Mittlerweile hat die Chat-Gruppe mehr als 4500 Mitglieder. Für den 07.01. meldete Jesse erneut eine Großdemo an lies diese in den letzten Wochen in regionalen und bundesweiten verschwörungsideologischen Kanälen bewerben.

Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 07.01.22

Nach dem Anmeldungsrückzug, begründet mit der Sorge vor der rechtlichen Verantwortung für die zu erwartende Nichteinhaltung der 3G-Auflagen ab 751 Teilnehmer*innen, stellten Jesse, Landwehr und Bergmann ihren Kanal bereitwillig für die Bewerbung unangemeldeter Demos am 07.01.22 zur Verfügung. Neben der Bewerbung wurden auch ausschweifende Strategie-Diskussionen durch die Administrator*innen zugelassen. Es war vollkommen klar, dass die Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ mehrere unangemeldete Demo-Züge sowie Masken- und Abstandsverweigerung planten. Am 07.01. selbst schaltete André Jesse dann den sonstigen verlangsamten Schreibmodus der Gruppe aus, um während der unangemeldeten Demos die digitale Vernetzung und Koordination der Teilnehmer*innen zu ermöglichen (siehe Screenshots). André Jesse und die anderen Gruppenverantwortlichen stellten so eine digitale Supportstruktur für das Demonstrationsgeschehen am 07.01.22 und übernahmen damit konkret auch Verantwortung für das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei.

Fazit

Trotz der geplanten und absolut offensichtlichen Nichteinhaltung der 3G-Regelung, der geplanten und umgesetzten Nicht-Anmeldung der Demozüge und gewaltsamer Auseinandersetzungen mit der Polizei konnten die Verschwörungsgläubigen, Impfgegner*innen, Neonazis und Neofaschist*innen weite Strecken in der Stadt unbehelligt laufen. Die Polizei beruft sich für ihr Nicht-Verhalten auf den Schutz des Versammlungsrechts. Dieser Schutz wird jeder anderen Gruppe, die in Bielefeld demonstriert, ab nun angemeldet oder auch bei Spontandemonstrationen in keiner Weise gewährt. Er gilt auch nicht für Fußballfans. Dieser Schutz wird einzig und allein der rechten und verschwörungsideologischen Szene gewährt – und er führt zur Vergrößerung und Radikalisierung dieser Szene. Es wäre gänzlich undenkbar, dass linke Demos laufen würden, wenn es gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei inklusive Pfeffersprayeinsatz gegeben hätte. Linke Spontandemos mit 20 Teilnehmer*innen wurden in der Vergangenheit mit polizeilichem Großaufgebot verfolgt, vermeintliche Teilnehmer*innen teilweise über Nacht rechtswidrig in Gewahrsam genommen. Bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen 2018 und 2019 sperrte ein Polizei-Großaufgebot die Bielefelder Innenstadt ab, behinderte den linken Gegenprotest massiv und zeigte, dass sie auch über Einsatztaktiken für 14.000 Protestierende verfügten. Davon zeigt sich angesichts der rechten verschwörungsideologischen Demos nichts. Und hier muss sich die Polizei fragen lassen, welche politische Entscheidung hinter dieser Akzeptanz für die Demos dieser Szene steckt. Es braucht keine rigideren Gesetze, die die Demonstrationsfreiheit weiter einschränken und auch keine Schnellverfahren. Sondern die Anerkennung der ideologischen und realen Gefahr, die von dieser Szene ausgeht, auf der politischen Ebene. Und es braucht entschlossenen und starken Gegenprotest auf der Straße. Ein Rückzug in die bequeme Onlinewelt räumt die Straße für die Verschwörungsgläubigen und Neonazis und beeindruckt die Szene in keiner Weise. Die Bewohner*innen von Minden haben am Samstag gezeigt, dass auch bürgerlicher Gegenprotest verantwortungsvoll in Pandemie-Zeiten möglich ist. Die Mitglieder der regionalen Chatgruppen waren sichtlich erschüttert von den 2500 Menschen, die ein Zeichen gegen antisemitische Verschwörungsmythen und rechte Hetze setzten. Wir bedanken uns bei den Gegendemonstrant*innen, die am 07.01. nicht dem Aufruf des Bielefelder „Bündnis gegen rechts“ folgten, sondern auf der Straße Stellung bezogen.

Polizei und Stadt Bielefeld müssen sich fragen lassen, was noch passieren muss, um der verschwörungsideologischen Szene um „Bielefeld steht auf“ entschlossen Einhalt zu gebieten.

Links:

https://twitter.com/ChrisReichFoto/status/1479512256991870982

https://twitter.com/ver_jorg/status/1479525145249300486

https://twitter.com/mor_schl/status/1479819346012737540

https://twitter.com/SebastianReddig/status/1479527756262219778

https://twitter.com/mor_schl/status/1479819357169586180

https://twitter.com/alibi602/status/1479525944180236295

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Polizei lässt tausende Verschwörungsgläubige durch Bielefeld ziehen und Neonazis proben den Aufstand – zum Demonstrationsgeschehen am 17.12.2021 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2021/12/19/polizei-laesst-tausende-verschwoerungsglaeubige-durch-bielefeld-ziehen-und-neonazis-proben-den-aufstand-zum-demonstrationsgeschehen-am-17-12-2021-in-bielefeld/ Sun, 19 Dec 2021 13:20:11 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1469 Continue reading Polizei lässt tausende Verschwörungsgläubige durch Bielefeld ziehen und Neonazis proben den Aufstand – zum Demonstrationsgeschehen am 17.12.2021 in Bielefeld ]]> Gestern kam es zu einer Großdemonstration von ca. 3000 Verschwörungsgläubigen, die dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse und Angela Landwehr gefolgt waren. Der Aufruf der Gruppe wurde regional und bundesweit in einschlägigen Telegram-Gruppen, aber auch über neonazistische Kanäle sowie AfD-Kreisverbände verbreitet. Nachdem bereits am 03.12. eine verschwörungsideologische Großdemo reibungslos ohne Masken- und Abstandsauflagen von der Polizei Bielefeld ermöglicht wurde und die Presse zunächst uneingeschränkt verharmlosend darüber berichtet hatte, schlossen sich der Telegram-Gruppe „Bielefeld steht auf“ in den letzten zwei Wochen über 1500 neue Mitglieder an. Wir haben konstant öffentlich auf das Mobilisierungspotenzial, das Personenspektrum und auch die Mobilisierung in Neonazi-Kreisen hingewiesen. Dennoch zeigte sich die Polizei gestern angesichts der Einschätzung der bei „Bielefeld steht auf“ Demonstrierenden erneut vollkommen unfähig. Sowohl auf der Straße als auch in der anschließenden Einschätzung der Polizeisprecherin Sonja Rehmert. Rehmert ließ gegenüber der Presse verlautbaren, nur ein einzige Person aus der Neonazi-Szene sei der Polizei aufgefallen. Dabei bewegte sich eine größere Gruppe polizeibekannter Neonazis von Beginn an unter den Demonstrierenden – und nahm bei den Ausschreitungen am Rathaus gegen 19:25 Uhr eine entscheidende Rolle ein.

17.12.21 Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Neonazi Lennard Sanner in Neonazi-Gruppe, dahinter im hellen Mantel mit Bielefeld-Fahne der Vorsitzende der JA Bielefeld Florian Rust

Videos belegen die Beteiligung der Neonazis Lennard Sanner und Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg), Meinhard Otto Elbing und Jan Tiemann (Bielefeld) an der Ausschreitungssituation. Sanner ist zu sehen, wie er die umstehenden Demonstranten wild gestikulierend zur weiteren Aktion anstachelt. Die bekannten Neonazis bewegten sich in einer Gruppe von ca. 10 teilweise vermummten Neonazis. Außerdem unter ihnen und ebenfalls an dem Durchbruch am Rathaus beteilligt: Florian Rust, Vorsitzender der Jungen Alternative (JA) Bielefeld. Rust hatte sich schon auf dem Kesselbrink in dem Trupp militanter Neonazis bewegt, gut zu erkennen an seinem hellen Mantel und der großen Flagge mit dem Bielefelder Stadtwappen, die er mit sich führte. Rust nahm in der Vergangenheit wiederholt an Demos von „Bielefeld steht auf“ teil, z.B. am 24.09.2021. Er ist seit Juni 2021 Vorsitzender der JA Bielefeld und organisiert ihren monatlichen Stammtisch bei der ultranationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen, an dem sich teilweise auch Neonazis beteiligten. Rusts Anwesenheit in der Neonazi-Gruppe gestern ist ein weiterer Beleg für die Bereitschaft der AfD, sich mit Unterstützung militanter Neonazis politisch in Szene zu setzen.

17.12.21 Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Lennard Sanner, zweiter von rechts Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg)

Links im Bild: Meinhard Otto Elbing (mit grauem Pferdeschwanz), daneben Florian Rust

 

 

 

 

Die gestrigen von lokalen Neonazis teilweise angeleiteten Ausschreitungen waren zu erwarten! Wir und auch die Gruppe Antinationale Linke Bielefeld (ALIBI) sowie die Jugendantifa Bielefeld haben seit dem 03.12. auf die fatalen Folgen der positiven Erstberichterstattung und polizeilichen Einschätzung der Demo am 03.12. hingewiesen. Die Polizei Bielefeld leugnet auch für den 03.12. die Teilnahme von Neonazis, wir haben die Teilnahme des Ex-Reservisten und Neonazi Heinz Kriegel durch Fotos belegt. Schon in der Vergangenheit haben immer wieder Unterstützer*innen der Holocaustleugnerin und Nationalsozialistin Ursula Haverbeck an den Demos teilgenommen, auch diesen Umstand haben wie wiederholt öffentlich gemacht. Diese Personen sind bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen in Bielefeld 2018 und 2019 aufgefallen. Mindestens 4 der Haverbeck-Unterstützer*innen nahmen auch gestern an der Demo teil. Außerdem sind auch die bekannten Neonazis Tim Sauer, Jan Tiemann (Bielefeld) und Rene Heitmann (Gütersloh) unter den Teilnehmenden gewesen. Aus Detmold-Berlebeck kamen die beiden bekannten Neonazis und Funktionäre der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) Gerd und Anna-Maria Ulrich. Gerd Ulrich leitete in den 1990er Jahren eine Wehrsportgruppe, ist wegen Sprengstoffdelikten vorbestraft und führt bis heute paramilitärische Schulungen von Kindern aus der Neonazi-Szene auf seinem Grundstück durch. Das Ehepaar Ulrich nimmt seit Pandemie-Beginn an verschwörungsideologischen Demos regional und bundesweit teil und organisiert eine wöchentliche Schilderaktion in Detmold, an der auch schon Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ teilnahmen. Gerd Ulrich ist außerdem Teil eines verschwörungsideologischen Zusammenschlusses von Reservisten und Veteranen. Aus Bünde reiste der erst kürzlich wegen Holocaustleugnung verurteilte Neonazi Kai Berger an. Auch die Neonazis Heinz Kriegel und Dennis Seibert waren gestern vor Ort. Kriegel musste nach unseren Recherchen im Februar den Reservistenverband und die Bielefelder Reservistenkameradschaft RK36 Alt-Bielefeld verlassen. Des weiteren zeigte sich eine größere Gruppe türkischer Nationalisten, die den „Grauen Wölfen“ zugeordnet werden können. Der Großteil der genanten Neonazis ist übrigens einschlägig polizeibekannt.

Christian Lange & Lennard Sanner bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz 01.09.2018 (Foto v. Recherche Nord)

Das sich die Gruppe um Sanner, Lange und Elbing sowie die Ulrichs bei „Bielefeld steht auf“ eingefunden haben ist dabei nicht nur Ausdruck der ideologischen Schnittmengen, die die Neonazis mit der antisemitischen Verschwörungsszene haben. Die verschwörungsideologischen Großdemos bieten den militanten Neonazis eine perfekte Kulisse, um ihre Tag-X-Umsturzfantasien zu proben. Sie proben sich in Straßenkampf-Szenarien und werben um Unterstützer*innen auf der Straße. Lennard Sanner, Christian Lange und auch Gerd Ulrich reisten 2018 zu den rassistischen Ausschreitungen nach Chemnitz und beteiligten sich dort an den Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch hier liefen AfD, JA und militante Neonazis Schulter an Schulter.

Gerd Ulrich bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz 01.09.2018 (Foto v. Recherche Nord)

Die verschwörungsideologische Szene mit ihrem ideologischen Überbau reicht dieser militanten Szene bereitwillig die Hand. Die Geschehnisse gestern am Rathaus zeigen, dass die Neonazis in Bielefeld am 17.12. mit Unterstützung rechnen konnten. Und die Fehleinschätzung der Polizeipräsidentin Rehmert zeigt, dass diese bekannten Neonazis nicht mit einer konsequenten polizeilichen Intervention zu rechnen haben.

Vor unseren Augen entsteht gerade eine rechte verschwörungsideologische Großbewegung, die nicht von Neonazis unterwandert wird, sondern ihnen bereitwillig die Hand reicht. Wie gefährlich die Verschwörungsmythen der Pandemie-Leugner*innen sind, zeigen uns die Morde von Idar-Oberstein und Senzig allzu deutlich auf. Diesen Leuten die Straße zu überlassen, arbeitet ihrem Gefühl von Überlegenheit und Legitimität zu. Und ebnet Neonazis den Weg zur Tag-X-Probe. Dieses Wissen ist nicht neu, diese Szenarien zeigen sich seit Pandemie-Beginn bei den verschwörungsideologischen Großdemos bundesweit, z.B. in Berlin, Leipzig oder Kassel. Und das Verschwörungsmythen und rechter Terror Hand in Hand gehen, muss allen spätestens seit den Anschlägen von München, Halle und Hanau mit 20 Todesopfern schmerzlich bewusst sein.

Heute ist der 18.12.2021. Heute vor genau 3 Monaten wurde Alex W. In Idar-Oberstein von einem verschwörungsgläubigen Maskenverweigerer ermordet. Er wurde 20 Jahre alt.

 

Link zu den Videos mit der Rathausszene:

https://twitter.com/RechercheKolle1/status/1471952812959490048

https://twitter.com/mor_schl/status/1471912285706805257

 

Hier die Stellungnahme auch noch mal als PDF zum Download:

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Hammerskin Hendrik Stiewe https://rkowl.blackblogs.org/2021/08/20/hammerskin-hendrik-stiewe/ Fri, 20 Aug 2021 08:24:25 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1264 Continue reading Hammerskin Hendrik Stiewe ]]> Das Recherche Kollektiv OWL betreibt auch einen twitter-account. Dieser wurde vor einigen Wochen gesperrt, da wir in zwei tweets auf den Neonazi und führenden Hammerskin-Funktionär Hendrik Stiewe aufmerksam gemacht haben. Dabei haben wir – offenbar zu seinem Unwillen – auch Fotos von Stiewe verbreitet. Da twitter die Löschung der tweets fordert, wollen wir Euch die Infos nicht vorenthalten und deshalb hier kurz präsentieren:

Hendrik Stiewe am Stand illegaler Musikproduktionen beim Hammerfest in Frankreich am 2. November 2019 (Bildrechte Exif Recherche)

Stiewe gilt als einer der wichtigsten Hammerskins in Deutschland. In der Vergangenheit betrieb er den neonazistischen Versand Wewelsburg-Records, der heute von Nils Budig geführt wird. Stiewe ist Alter Herr der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen in Bielefeld. Er steht damit sinnbildlich für die tiefe Verwobenheit der Normannia Nibelungen in die nationalistische und neonazistische Szene! Heute lebt Stiewe in Bochum. 2019 war er dort als Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aufgeflogen. Er strebt weiterhin eine Karriere in der Verwaltung an. Alle Infos zu Stiewe und zum deutschen Hammerskin-Netzwerk findet ihr in der kürzlich erschienenen Recherche von Exif: Das geheime Netzwerk der Hammerskins – Chapter in Deutschland

Hendrik Stiewe und das frisch gegründete Chapter Westfalen in Bremen 2014 (Bildrechte Exif Recherche)

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Neonazistische Umtriebe im Reservistenverband Kreisgruppe Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2021/01/31/neonazistische-umtriebe-im-reservistenverband-kreisgruppe-bielefeld/ Sun, 31 Jan 2021 23:42:18 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1137 Continue reading Neonazistische Umtriebe im Reservistenverband Kreisgruppe Bielefeld ]]>
03.10.2020 vlnr.: Seibert, Kriegel und Reinert in Berlin beim Aufmarsch III. Weg, Quelle: Democ (Video)

Am 03.10.2020 nahmen rund 300 Neonazis in Berlin Hohenschönhausen an einer Demo der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ teil. Darunter auch eine Gruppe von 3 Personen in einheitlichen Shirts mit dem Aufdruck „Division Ostwestfalen“. Recherchen ergaben: bei den 3 Personen handelt es sich um Heinz Kriegel, Michael Reinert und Dennis Seibert aus Bielefeld. Zwei von ihnen sind Reservisten der deutschen Bundeswehr – in leitender Position!

03.10.2020: Heinz Kriegel, Quelle: RechercheNetzwerk Berlin

03.10.2020: Michael Reinert, Quelle: element investigate Recherchekollektiv

 

Militärische Ausbildung an Waffen & Kampftechnik bei der Kreisgruppe Bielefeld, Quelle: Reservisten Report 2020

Seit 2019 ist Michael Reinert, Obergefreiter der Reserve, Vorsitzender der Bielefelder Reservistenkameradschaft RK 36 Alt-Bielefeld. Auch Heinz Kriegel ist dort aktiv. In den Jahren 2009 und 2010 war Heinz Kriegel selbst der Vorsitzende der RK 36, Die RK 36 Alt-Bielefeld ist organisiert im Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr. Die Reservisten haben in Deutschland eine besondere Scharnierfunktion. Sie sollen eine vermittelnde Postion zwischen der Bundeswehr und der Bevölkerung einnehmen. Sie vertreten somit die Bundeswehr in der Öffentlichkeit, auch wenn sie selbst aktuell keine aktiven Soldaten sind. Der Reservistenverband wird zu einem großen Teil aus Steuermitteln finanziert. Als Reservist besteht immer die Möglichkeit, sich militärische Fähigkeiten zu erhalten und sich in diesen Bereichen auch fort- und weiterzubilden. Es finden regelmäßige Schießtrainings, Ausbildung in „waffenloser Selbstverteidigung“ und andere Aktionen, wie von der RK 36 geplante Winter- und Sommerbiwaks, statt. Seit Beginn der Pandemie haben sich 16.000 Reservisten zum Corona-Einsatz gemeldet. Sie sollen bei Bedarf Amtshilfe leisten.

 

Die Bundeswehr und deren Reservistenverband vertreten nach eigener Satzung die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Dabei schaffen Corpsgeist, übersteigerter Patriotismus und militärischer Gehorsam eine perfekte Grundlage für nationalistische und faschistische Ideologien in der Truppe. Exemplarisch stehen hierfür die Recherchen zu dem Hannibal-Komplex und Uniter, der Nordkreuzgruppe und die Enthüllungen zu den extrem rechten Strukturen in weiten Teilen der Eliteeinheit KSK. Immer wieder fliegen aktive oder ehemalige Soldaten auf, die Verbindungen in das extrem rechte Spektrum haben. In eigenen Chat-Gruppen werden Umsturzfantasien gehegt, Feindeslisten geführt und Bewaffnung organisiert. Massenweise Munition und Waffen sind in den letzten Jahren aus den Beständen der Bundeswehr verschwunden, während sich rechte Preppergruppen auf den Tag X vorbereiten, an welchem die Kontrolle über Deutschland verloren geht und sie dann gemeinsam die Macht übernehmen. Dies beinhaltet auch ganz klar die Liquidierung von politischen Gegner*innen und anderen missliebigen Personen. Immer wieder sind auch Reservisten in diesen Gruppen zentral aktiv!

Beide Screenshots von Heinz „Charlie“ Kriegels facebook-Profil. Dem RK36- Vorsitzenden Michael Reinert gefallen seine Beiträge!

Nachdem gemeinsame Recherchen der Gruppe Sachsen-Anhalt rechtsaussen und der beiden Reporter*innen Christian Schmidt und Sebastian Erb im Juni vergangenen Jahres eine Reservistengruppe aufdeckte, die sich bewaffnete und auf den „Rassenkrieg“ vorbereiten wollte, versicherte der Präsident des Verbandes der Reservisten in einem Interview, das klar Maßnahmen ergriffen würden und Personen mit extrem rechter Gesinnung aus dem Verband ausgeschlossen würden. Insbesondere den Präsidenten und Vorsitzenden komme hier eine besondere Verantwortung zu, sie müssten sich klar zur Demokratie positionieren. Im Fall von Heinz Kriegel und Michael Reinert ist eindeutig belegt, dass sie keine Gesellschaft nach den Leitlinien der freiheitlich demokratischen Grundordnung anstreben.

Extrem rechte & neonanzistische Aktivitäten

Heinz „Charlie“ Kriegel ist bei facebook aktiv, ihm gefallen dort die NPD, verschiedener AfD-Verbände und die extrem rechte Bruderschaft Deutschland. Auch die mit Blood & Honour verbundene Rocker-Organisation Brigade 8 gefällt Kriegel. Er teilt dort seit Jahren offen extrem rechte, rassistische und klar regierungsfeindliche Inhalte. Seit 2019, also seit Beginn des Vorsitzes von Michael Reinert, gefallen Reinert diese Inhalte und er bekundet seinen Befall in Form von Likes und Kommentaren. Reinert ist mit einer langjährigen Freundin von Heinz Kriegel liiert, in deren Auto Kriegel, Reinert und Seibert auch am 03.10.2020 zu dem Neonazi-Aufmarsch nach Berlin reisten. Die uniformen Shirts mit dem Aufdruck Division Ostwestfalen stammen aus dem Label „Druck 18“, welches von dem Neonazi-Kader Tommy Frenck betrieben wird. Tommy Frenck ist seit fast 20 Jahren in der neonazistischen Szene aktiv. Er führt das Gasthaus Goldener Löwe in Kloster Veßra, das als Treffpunkt der Neonazi-Szene dient. 2017 war Frenck Anmelder des neonazistischen Großevents „Rock gegen Überfremdung“, an dem ca. 6000 Neonazis aus ganz Europa teilnahmen.

19.09.2018: Heinz Kriegel möchte gern früher zu Tommy Frencks Neonazi-Konzert anreisen, Quelle: Internetseite T. Frenck

Im Oktober 2018 besuchte Heinz Kriegel mit zwei weiteren Personen eine „Kundgebung mit Programm“ in Frencks „Gasthaus Goldener Löwe“. Zu dem Programm gehörte ein Auftritt der neonazistischen Band Sleipnir. Die Band wird dem verbotenen Netzwerk Blood & Honour zugerechnet. Seit Beginn der Pandemie 2020 ist Kriegel den verschwörungsideologischen Protesten gegen die Corona-Maßnahmen zugetan. Er verbreitet entsprechende Inhalte auf facebook und besuchte die Großdemonstrationen am 29.08.2020 in Berlin, sowie am 06.12.2020 in Düsseldorf. In Düsseldorf nahm Kriegel erneut im Shirt „Division Ostwestfalen“ teil, Fotos und Videos zeigen ihn in wilder Diskussion mit Polizeibeamt*innen, nachdem diese eine klar erkennbare Großgruppe von Neonazis und Hooligans von der restlichen Veranstaltung abgetrennt hatten.

06.12.2020: Kriegel auf der Querdenken-Demo in Düsseldorf, Quelle: Thomas PWue

06.12.2020: Kriegel in Diskussion mit der Polizei, Quelle: Tobias Kaluza

 

 

 

 

 

 

Biker-Clubs und die RK 36

Neben ehemaligen Soldaten gehören Biker zu dem sozialen Umfeld von Heinz Kriegel. Siet 2019 ist er Teil des MC Streunende Wölfe. Im Jahr 2015 bezog sich Kriegel bei facebook noch auf den MC Nightmare Biker Germany, bei dem er mindestens seit 2013 aktiv war.

Zweite Reihe 1.& 2. Person von links: Kriegel und Wollny, Freundschaftsausfahrt 2015 des Nightmare Biker MC, Quelle: Andreas Frücht

Auch auf Fotos der Nightmare Biker ist Kriegel bei Fotos von MC-eigenen Veranstaltungen zu sehen. Brisant daran ist besonders der Umstand, dass auch Michael Reinerts Vorgänger beim Vorsitz der Reservistenkameradschaft RK 36, Mario Wollny (Obergefreiter der Reserve), Teil des Nightmare Biker MC ist. Ein Pressefoto von der „Freundschaftsfahrt 2015“ des Nightmare MC zeigt Kriegel und Wollny nebeneinander in Kutten des MC. Zu diesem Zeitpunkt teilte Kriegel schon eindeutig rassistische Inhalte auf facebook. Es ist daher davon auszugehen, dass auch dem früheren Vorsitzenden Wollny die politische Orientierung seines Reservisten-Kameraden bekannt war. Und das sie für Wollny kein Problem, sondern sozialen Alltag darstellt. Wollny übernahm den Vorsitz der RK 26 Alt-Bielefeld im Jahr 2011 von Heinz Kriegel,

Die RK36 im August 2016 im Tal am Eggebach, rot umrandet vlnr.:
Wollny, Reinert, oben Kriegel, Quelle: Sibylle Kemna

Er führte die Kameradschaft von 2011 bis 2018, dann übernahm Reinert. Wir haben es hier also mit einer Reservisten-Kameradschaft zu tun, in der seit 2009 durchgehend Personen den Vorsitz innehaben, die privat miteinander in Biker-Kontexten verbunden sind, selbst rassistische und demokratiefeindliche Inhalte verbreiten oder diese Verbreitung zumindest dulden. Ein Zustand, der nach Aussagen des Reservisten-Präsidenten unmöglich sein sollte!

Die Bundeswehr hat ein Strukturproblem und ist mitverantwortlich dafür, dass sich Neonazis in ihren Reihen aufhalten können und dort auch wohl fühlen. Nachdem wir am 06.12.2020 via twitter erneut auf Kriegel und die RK 36 hingewiesen haben, meldete sich der Reservisten-Verband ebenfalls via twitter mit der Nachricht: „Wir prüfen.“

Michael Reinert wird im Januar 2021 erneut als Vorsitzender der RK 36 im Reservisten Report der Kreisgruppe Bielefeld geführt. In den einleitenden Worten und auch auf der Homepage der Kreisgruppe Bielefeld finden sich keine Aussagen zu einer (aktuellen) Auseinandersetzung mit extrem Rechten, keinerlei Distanzierung. Der Kreisvorstand ruft zur Einheit auf: Pflegt bitte den Kontakt zu den Kameraden und Freunden über Whatsapp, E-Mail oder Telefon.“

Die RK36 Alt-Bielefeld wird seit 2009 durchgehend von Personen geführt, die entweder selbst Neonazi-Demos und -Konzerte besuchen extrem Rechte Ideologie verbreiten (Kriegel und Reinert) oder aber diese zumindest klar dulden – sowohl privat als auch in der Reserve. Über 12 Jahre konnte in der Reservekameradschaft eine solche Ideologie gepflegt werden. Wir fordern daher die zuständigen Behörden auf, umgehend zu handeln und die RK36 Alt-Bielefeld aufzulösen! Neonazis und ihre Sympathisanten, die auf Staatskosten militärisch ausgebildet werden und denen die Reservisten-Strukturen als Vernetzungsstruktur dienen, können nicht hingenommen werden!

Vorsitz der RK36 Alt-Bielefeld: 2009 & 2010 Heinz Kriegel / 2011 – 2018 Mario Wollny / Seit 2019 Michael Reinert / Quelle: Reservisten Report

 

Quellen:

http://www.tommyfrenck.de/2018/09/04/terminhinweis-kloster-vessra-27-10-2018-europaeischer-traum-gemeinsam-fuer-ein-europa-der-vaterlaender/#comment-2356

https://twitter.com/RechercheKolle1/status/1335592681829969928

https://twitter.com/RechercheKolle1/status/1315049347726352391

http://www.flying-death-mc.de/14nmbno03.jpg

https://www.nw.de/lokal/bielefeld/mitte/20529832_Biker-nehmen-spastisch-gelaehmten-Christopher-mit-auf-Tour.html

https://archiv.reservistenverband.de/Regional/3035354100/Angebote_und_Termine?menu=6002&newsid=4064&g2=1&gliederung=3035354100

https://www.reservistenverband.de/wp-content/uploads/2019/08/2021-01-01_ReservistenReport_Jan-Dez_2021-1.pdf

https://de-de.facebook.com/heinz.kriegel

 

Weiterführende Links:

https://taz.de/Reservisten-Praesident-zu-Rechtsradikalen/!5691190/

https://lsa-rechtsaussen.net/sieg-heil-herr-hauptmann-rechte-prepper-in-der-bundeswehr/

https://www.imi-online.de/2019/07/09/der-hannibal-komplex-2/

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/rechtsextreme-im-ksk-die-mauer-des-schweigens-broeckelt-a-06c33e4f-d93c-4116-976e-9774ad9fea9d

 

Hier noch den Text als PDF zum Download:

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