Publikationen https://rkowl.blackblogs.org Thu, 23 Jun 2022 10:38:58 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 #Polizeiproblem: Insta-Cop lebt mit Neonazi zusammen https://rkowl.blackblogs.org/2022/06/22/polizeiproblem-insta-cop-lebt-mit-neonazi-zusammen/ Wed, 22 Jun 2022 16:41:33 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1703 Continue reading #Polizeiproblem: Insta-Cop lebt mit Neonazi zusammen ]]>
#Insta-Cop Kommissarin Anna Jendrny: Quelle: Mindener Tageblatt

Die sogenannten Insta-Cops sollen den Menschen in Deutschland den Polizeidienst als sympathisch, politisch neutral und zugewandt präsentieren. Zumeist junge Beamt*innen posieren unter dem Hashtag instacops auf Instagram, mal vor dem Streifenwagen, einer Regenbogenflagge oder auch mit dem süßen Diensthund. Das schafft positiven Content, das schafft Bürger*innennähe. Für solchen Content sorgt auch Polizeidiensthundeführerin Anna Jendrny (29) und ihr Diensthund Kenai (6 Jahre alt) auf ihrem Profil polizei.hannover.aj. Sie beschreibt sich als sportbegeisterte Frühaufsteherin, Weltenbummlerin und Kaffeeliebhaberin mit Schwäche für Schokolade. Dem Account der Kommissarin der Polizeidirektion Hannover folgen mittlerweile mehr als 8400 Accounts, darunter viele offizielle Polizeiaccounts sowie Accounts der Polizeigewerkschaften. Viele regionale Zeitungen berichten über Insta-Cop Jendrny, sogar die Süddeutsche Zeitung erwähnt die Diensthundeführerin der hannoveranerischen Polizei. Anna Jendrny hat zwei Hunde, ihren Diensthund Kenai und ihren Privathund Bronson. Bronson ist ein sogenannter Malinois-Herder und wohnt mit Jendrny, Kenai und Jendrnys Partner Jannik Rohlfing zusammen. Jannik Rohlfing ist ein Neonazi.

Jannik Rohlfing & Bronson. Rohlfing trägt einen Pullover des Rechtsrock-Labels OPOS-Records.

Jannik Rohlfing (32) ist ein seit Jahren regional bekannter und gewaltbereiter Neonazi. Er ist seit mehr als 12 Jahren teil der regionalen Neonaziszene in OWL. Sowohl politisch als auch privat bewegte sich Rohlfing in den Kreisen um Nazikader Marcus Winter (Minden), und war Teil der Neonazi-Gruppe von Dirk Stranghöner, Andre Bille und Hans-Jürgen Husemann. Rohlfing trat bei neonazistischen Demonstrationen in Erscheinung, zum Beispiel bei den Neonazi-Großaufmärschen in Bad Nenndorf, bei denen Rohlfing u.a. 2014 als Ordner fungierte.

Im November 2010 war Rohlfing an einem gewaltsamen Angriff auf die alternative Kneipe „Hamburger Hof“ in Minden beteiligt. Vermummte Neonazis stürmten die Kneipe, zerstörten die Einrichtung und brüllten eindeutige Parolen und Drohungen. Ein Gast der Kneipe wurde bei dem Angriff verletzt, die anderen konnten fliehen oder sich verstecken. Rohlfing gab bei dem folgenden Prozess 2013 an, er und die anderen Neonazis hätten den linken Kneipengästen „einen Denkzettel verpassen“ wollen.

Im Oktober 2014 war Rohlfing dann an der Gründung des Stützpunktes Hermannsland der neonazistischen Kleinstpartei „Der III. Weg“ beteiligt, gemeinsam mit seiner damaligen Partnerin Fiona Koch und Peter Hallmann. In den folgenden Monaten verteilten die Neonazis um Rohlfing rassistische Flyer und versuchten gezielt, die Stimmung gegen Geflüchtete anzuheizen. Es kam in der Folge zu mehreren Angriffen auf Geflüchtetenunterkünfte in der Region. In den letzten Jahren wurde es ruhig um Rohlfing. Der gelernte Zimmerer machte eine weitere Ausbildung (Abschluss im Sommer 2020), es kam zur Trennung mit Fiona Koch und schließlich zur neuen Liebesbeziehung mit der Polizeikommissarin Anna Jendrny.

Rückzug gleich Ausstieg?! Nein!

Rohlfing im Shirt der Neonazi-Band „Überzeugungstäter“

Politischer Aktivismus in der Neonazi-Szene ist häufig an die jeweiligen Lebensphasen gebunden. In Jugend- und jungen Erwachsenenalter häufen sich Demobesuche, öffentlichkeitswirksame neonazistische Inszenierungen und gewaltsame Übergriffe. In fortschreitendem Alter gibt es für viele Neonazis Jahre, in denen öffentliche Auftritte vermieden werden. Dies fällt häufig mit der Aufnahme einer festen Anstellung und / oder der Gründung einer eignen Familie zusammen. Die persönlich Prioritäten verlagern sich, die politische, neonazistische Überzeugung bleibt und die freundschaftlichen Kontakte in die Neonazi-Szene bleiben. Es wird weiterhin zusammen gefeiert, Konzerte besucht und gemeinsame menschenfeindliche Ideologien geteilt. Ein (phasenweiser) Rückzug aus der politischen Öffentlichkeit ist also in keiner Weise gleichzusetzen mit einem Ausstieg aus der Neonazi-Szene. Ein Ausstieg bedeutet den konsequenten Bruch mit der neonazistischen Szene und den privaten Kontakten zu Neonazis. Es bedarf der kontinuierlichen Auseinandersetzung und Reflexion der eigenen bisherigen Ansichten und Taten, idealerweise mit einer Begleitung durch Antifaschist*innen oder wenigstens einer Ausstiegsorganisation. Ein Ausstieg wird in der Neonazi-Szene als Verrat betrachtet, Aussteiger*innen werden bedroht und sind nicht selten darauf angewiesen, ihre bisherigen Lebensumstände radikal zu verändern. Wir wissen aus dem Umgang der regionalen Szene um Marcus Winter mit Aussteiger*innen wie Daniel B., dass ein Ausstieg nicht geduldet und akzeptiert wird, sondern mit Hass und Drohungen verbunden ist.

Jannik Rohlfing ist kein Aussteiger.

Der Kampfsport-begeisterte Zimmerer und Restaurator ist seit mehr als 12 Jahren ein Neonazi. Er trat öffentlich als Teil der Szene auf, bedrohte Andersdenkende und Geflüchtete, er feierte in der Neonazi-Szene, führte seine Freundschafts- und Liebesbeziehungen in der Szene. Ein kurzer Blickauf sein aktuelle Instagram-Profil zeigt, dass Rohlfing auch weiterhin gute private Kontakte zur politisch aktiven Neonazi-Szene pflegt. Besonders augenfällig ist hier die neonazistische Gruppe „Mindener Jungs“, bestehend aus Marcus Winter, Dirk Farsold, André Michaelis, Michael Holland und Sebastian Harre. In den sozialen Netzwerken werden gegenseitig Fotos kommentiert und gelikt. Wenn Rohlfing Fotos seines Kampfsporttrainings teilt, gefällt das Marcus Winter.

Rohlfing im Shirt von Phalanx Europa

Winter ist ein mehrfach verurteilter gewaltbereiter Neonazi, der für den Aufbau der Neonazi-Szene in OWL der letzten zwanzig Jahre eine zentrale Rolle spielt. Dirk Fasold, ehemals Führer der Sektion Hermannsland der verbotenen Organisation Blood & Honour, kommentiert die Bilder anerkennend „Killer !!!“ und „Maschine !!!“ (siehe Screenshots unten). Sebastian Harre, ebenfalls Teil der Neonazi-Gruppe „Mindener Jungs“, wünscht Rohlfing einen schönen Urlaub (siehe Screenshot). Auch Michael Holland gefallen Rohlfings Bilder. Die Gruppe „Mindener Jungs“ organisiert seit 2018 Neonazi-Konzerte in einer alten Gärtnerei in Veltheim, zuletzt im Mai 2022 mit der Band Oidoxie. Oidoxie gilt als das musikalische Aushängeschild von Combat 18, einer militanten Gruppierung des Blood & Honour – Netzwerks.

Rohlfing selbst zeigt sich auf Instagram in eindeutiger Szenekleidung. In einem Foto mit Hund Bronson trägt Rohlfing einen Pullover des Neonazi-Musiklabels OPOS-Records (siehe Bild oben). OPOS-Records (OPOS= One People One Struggle, übersetzt „Ein Volk, ein Kampf“)) vertreibt Musik und Merchendise von Rechtsrock-Bands wie „Terrorsphära“, „Endstufe“ oder „Überzeugungstäter“. Das Label gilt als eines der umsatzstärksten in der Szene und gehört Sebastian Raack, der ebenfalls bei Blood & Honour aktiv war. Ein weiteres Bild auf Rohlfings Profil zeigt ihn im Shirt der Rechtsrock-Band „Überzeugungstäter“, ebenfalls vertrieben durch OPOS-Records. Bei einem Schottland-Urlaub posiert Rohlfing in einem T-Shirt von Phalanx Europa. Die Kleidermarke wurde von den Neofaschisten Patrick Lenart und Martin Sellner 2013 gegründet. Sellner ist Kopf der neofaschistischen Identitären Bewegung und gilt Neonazis und Neofaschist*innen international als Bezugspunkt. So unterhielt Sellner einen Mailkontakt mit dem Attentäter von Christchurch und erhielt im Jahr vor dem Attentat 1500 Euro von dem späteren Mörder. Bei dem rassistischen Attentat von Christchurch wurden am 15.03.2019 51 Menschen ermordet, 50 weitere verletzt.

Polizeikommissarin Anna Jendrny und Neonazi Jannik Rohlfing in Norwegen Juni 2022
Polizeikommissarin Anna Jendrny und Neonazi Jannik Rohlfing im Dänemarkurlaub mit Diensthund Kenai und Privathund Bronson im Oktober 2021

#Polizeiproblem: Keine Privatsache

Die Polizei in Deutschland ist in Ausbildung und Praxis geprägt von strukturellem Rassismus und entzieht sich trotz anhaltender Kritik aus der Zivilgesellschaft der notwendigen Aufarbeitung. Racial Profiling ist polizeiliche Alltagspraxis, immer wieder kommt es dabei zu Polizeigewalt. Die konsequente Verweigerung der Polizeiverantwortlichen, diesen Strukturproblemen entgegen zu treten, bietet auch nationalistisch und rassistisch gesinnten Beamt*innen nach wie vor einen Schutzmantel im Polizeidienst. Die rassistischen und neonazistischen Chatgruppen in diversen Polizeidienststellen bundesweit belegen dies allzu deutlich. Immer wieder werden Informationen über linke politische Aktivist*innen, (Lokal-)Politiker*innen, Journalist*innen und Anwält*innen von Polizist*innen an Neonazis weitergegeben. Wie der Fall NSU 2.0 zeigt, wird die Aufklärung solcher Vorkommnisse häufig durch Polizeiverantwortliche erschwert. Kampagnen und Aktionen wie die Insta-Cops sollen helfen, das angekratzte Image der Polizei wieder aufzuwerten.

Polizeikommissarin Anna Jendrny lebt mit einem Neonazi zusammen, der Kampfsport trainiert, aktiv seine Gesinnung zeigt und sozial weiter in neonazistischen Kreisen verkehrt. Sie erziehen ihre Hunde gemeinsam, auch der zum Angriff ausgebildete Diensthund Kenai lebt in diesem Haushalt. Bilder bei Instagram zeigen auch Privathund Bronson bei der Abrichtung zum gezielten Angriff. Jendrny wird mit ihrem Diensthund sowohl im Streifendienst, als auch bei Großeinsätzen wie Demonstrationen, Fußballspielen und anderen Großevents bundesweit eingesetzt. Sie bildet zudem neue Diensthunde der Polizei aus. Für alle Menschen, die von Polizeieinsätzen mit Jendrny betroffen sind und sein können, stellt Jendrnys offensichtliche Sympathie für militanten Neonazismus ein zusätzliches Risiko dar. Es ist angesichts Jendrnys privater Situation mehr als fraglich, ob sie ihren Dienst neutral ausüben kann. Als Polizistin ist sie nicht nur in der Lage, ohne juristische Konsequenzen bei Einsätzen Gewalt auszuüben. Sie verfügt auch über Zugang zu den persönlichen Daten Festgenommener und hat Zugang zu polizeilichen Datenbanken. Das ist nicht hinnehmbar. Die Polizei Hannover billigt hier nicht nur offensichtliche Kontakte ihrer Kommissarin zu militanten Neonazis, sondern nutzt diese Beamtin auch noch als Instagram-Aushängeschild. Ein weiteres Beispiel für das Polizeiproblem in Deutschland.

 

Screenshots von Rohlfings Profil:

 

Dirk Fasold kommentiert Rohlfings Trainingsfoto
Links: Dirk Fasold kommentiert Rohlfings Bild „Maschine !!!“

 

 

 

 

Bronson beim Angriffstraining
Sebastian Harre wünscht einen schönen Urlaub

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mehr zu den „Mindener Jungs“:

https://rkowl.blackblogs.org/2022/05/08/neonazi-konzert-in-porta-westfalica-am-07-05-22/

Instagram & Artikel zu Insta-Cop Anna Jendrny:

https://www.instagram.com/polizei.hannover.aj/?hl=de

https://www.haz.de/lokales/hannover/polizeidirektion-hannover-stellt-zwei-neue-instacops-vor-I4K4OCQU3Q6SA4CEILGM7WGQBQ.html

https://www.neuepresse.de/lokales/hannover/hannovers-instacops-bekommen-weibliche-verstaerkung-PYIUT6SQEBI2TERWTYV6GACH7Y.html

https://www.haz.de/lokales/hannover/besuch-bei-der-hundestaffel-der-polizei-hannover-4YPNOQZ23VK3VRP7ZA6I62S7XM.html

https://www.dewezet.de/region/weserbergland_artikel,-29jaehrige-portanerin-bildet-diensthunde-aus-_arid,2750346.html

https://www.mt.de/instagram/Insta-Cop-aus-Porta-Diese-29-Jaehrige-ist-das-Gesicht-der-Polizei-und-bildet-Diensthunde-aus-23278567.html

https://www.sueddeutsche.de/panorama/polizei-hannover-neuer-instacop-der-polizei-hoch-zu-ross-im-einsatz-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220516-99-312005

https://www.sn-online.de/lokales/hameln-pyrmont/insta-cop-anna-aus-porta-bildet-polizei-diensthunde-in-hannover-aus-2V64CZFKB2MGHQUSXVEJSNGVZI.html

https://www.dieharke.de/Nachrichten/Polizistin-Anna-Jendrny-bildet-Diensthunde-aus-160204.html

https://www.szlz.de/aus-der-region-szlz/minden-luebbecke_artikel,-instacop-aus-porta-diese-29jaehrige-bildet-diensthunde-bei-der-polizei-aus-_arid,2749733.html

 

Hier den Text als PDF zum Download:

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Neonazi-Konzert in Porta Westfalica am 07.05.22 https://rkowl.blackblogs.org/2022/05/08/neonazi-konzert-in-porta-westfalica-am-07-05-22/ Sun, 08 May 2022 20:12:13 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1660 Continue reading Neonazi-Konzert in Porta Westfalica am 07.05.22 ]]>
Werbe-Flyer für das Konzert in Porta

Am Freitag, den 07. Mai 2022, fand ein konspirativ organisiertes RechtsRock-Konzert (Unplugged) mit der Dortmunder Band Oidoxie in Porta Westfalica (Kreis Minden-Lübbecke) statt. Organisiert wurde das Konzert von der Gruppe Mindener Jungs. Rund 100 Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet nahmen an dem Konzert teil. Obwohl die Polizei über das Konzert informiert war und auch Beamt*innen des Bielefelder Staatsschutz vor Ort waren, konnten die Neonazis ihr Konzert ungestört und von der Polizei unbehelligt durchführen.

 

Organisation aus OWL: Alte Bekannte

Hinter den Mindener Jungs verbirgt sich eine Struktur um die langjährig bekannten Neonazis Marcus Winter (Minden) und Dirk Fasold (Leese). Nach eigenen Angaben existieren die Mindener Jungs seit 1998. Mitglieder der Gruppe sind seit vielen Jahren Teil der ostwestfälischen Neonazi-Szene. Im Februar 2018 gab der Verfassungsschutz NRW an, die Mindener Jungs stünden unter Beobachtung.

Mindener Jungs im Juli 2020: vlnr. Dirk Fasold, André Michaelis, Marcus Winter und Michael Holland

Marcus Winter ist seit über 20 Jahren in der ostwestfälischen Neonazi-Szene aktiv. Er führte mehrere neonazistische Kameradschaften wie die Kameradschaft Weserbergland, Nationale Offensive Schaumburg und sowie die überregionale Vernetzungsstruktur Westfalen Nord. Winter bemühte sich um die Schaffung „nationalbefreiter Zonen“ in OWL und ist für diverse Angriffe auf linke Strukturen und antifaschistisch engagierte Personen verantwortlich. Er ist mehrfach verurteilt wegen schwerer Gewalttaten und Volksverhetzung. Zu seinem politischen Betätigungsfeld gehörten neben dem lokalen Strukturaufbau auch die Vernetzung mit Neonazi-Strukturen aus anderen Teilen der BRD. Er organisierte die bis 2015 jährlich stattfindenden geschichtsrevisionistischen Trauermärsche in Bad Nenndorf und veranstaltet seit über 15 Jahren regelmäßig Neonazi-Konzerte. Ab 2010 verstärkte Winter seine Konzert-Aktivitäten und organisierte diverse Konzerte mit nationalen und internationalen Bands, die dem Neonazi-Netzwerk Blood & Honour / Combat 18 (B&H / C18) zugeordnet werden. In den letzten Jahren verzichtete Winter weitgehend auf öffentlich Auftritte, blieb aber aktiver Neonazi-Kader.

24.03.2018 Veltheim: Fasold und Winter Quelle: Recherche Nord

2016 trat er beim neonazistischen Kampfsportevent Kampf der Nibelungen als Kämpfer gegen den russischen Neonazi Denis „Nikitin“ Kapustin an. Im gleichen Jahr mietete Winter das ehemalige Gärtnerei-Gelände im Sprengelweg in Veltheim (Porta Westfalica) an, wo auch das Konzert vergangenen Freitag stattfand. Winter gab damals an, das Gebäude als Boxclub zu nutzen. Am 24.03.2018 veranstalteten Winter und Fasold ein Konzert mit der Kombo Sturmwehr. Das Akustik-Konzert des Duos, bestehend aus Jens Brucherseifer und Martin Böhne, wurde über die internationale Website der seit 2000 in Deutschland verbotenen B&H-Netzwerks beworben. Bilder des Konzerts zeigen die Veranstalter Winter und Farsold an dem Veranstaltungsort in Veltheim. Obwohl das Konzert Blood & Honour klar zugeordnet werden konnte, ließ die Polizei das Konzert stattfinden. Nachdem Antifaschist*innen das konspirativ organisierte Konzert sowie die Akzeptanz-Strategie der Behörden öffentlich machten, berichteten auch lokale Medien. Dirk Fasold war bis zum Verbot von B&H im Jahr 2000 Leiter der B&H-Sektion Westfalen und ist seit über 20 Jahren mit Winter bekannt und politisch aktiv. Das Sturmwehr-Konzert 2018 blieb nicht das letzte. Am 27. Juli 2019 veranstalteten die Mindener Jungs einen Balladen-Abend.

18.09.2021 Veltheim: Hier und Jetzt – Konzert bei den Mindener Jungs (Quelle: Facebook)

Am 18.09.2021 fand ein Konzert mit Projekt Hier und Jetzt (HJ, Martin Böhne Gitarre & Gesang sowie Patrick Barth am Schlagzeug) in den Räumen statt, sowie am 09.10.2021 erneut ein Konzert mit Sturmwehr (Jens Brucherseifer & Martin Böhne mit Verstärkung durch Patrick Barth am Schlagzeug). Fotos der Konzerte belegen, dass es sich um den gleichen Veranstaltungsort handelt. Zu sehen ist in den Aufnahmen ein Holzbalken, auf dem der Schriftzug „Mindener Jungs est. 1998“, gerahmt von zwei eisernen Kreuzen, zu lesen ist. Die Querstreben des Balkens sind mit eingeschnitzten Totenköpfen versehen. Die Räumlichkeiten sind ausgebaut und verfügen über Veranstaltungstechnik.

Oidoxie am 07.05.2022

Drei der bisherigen bekannten Konzerte der Mindener Jungs wurden mit Acts veranstaltet, die entweder eng vernetzt mit der musikalischen Abteilung des Blood & Honour / Combat 18 – Netzwerks sind oder dieser direkt zugeordnet werden können. Dies belegt unter anderem die Bewerbung des Sturmwehr-Konzerts im März 2018 auf der offiziellen Blood & Honour-Homepage. Und es passt in Winters Konzert-Portfolio, der schon 2007 ein Konzert mit der B&H- Band Weisse Wölfe in Minden organisierte. Die Band Oidoxie aus Dortmund gilt als das musikalische Sprachrohr von Combat 18. Das Netzwerk Combat 18 (C18) verstand sich als bewaffneter Arm von Blood & Honour und wurde 2020 schlussendlich verboten. Im Umfeld der Band formierte sich vor 5 Jahren die B&H / C18-Gruppierung Brothers of Honour, seit 2019 treten die Mitglieder in entsprechenden Kutten auf. Oidoxie-Sänger Marko Gottschalk ist das exponierteste Mitglied der Brothers of Honour und fällt seit Jahren in entsprechender Kleidung auf.

Neben dem Schriftzug „Brothers of Honour“ ziert die Kutten die Zahl 28 (für den 2. und den 8. Buchstaben des Alphabets), die auch von Blood & Honour als Kennziffer verwendet wird. Der C18-Leitspruch „Whatever it takes“ ziert die Kutten ebenso wie Patches mit der Aufschrift 28FF28 (ausgeschrieben Blood & Honour forever – forever Blood & Honour) und stellen ein Bekenntnis an das verbotene B&H/ C18 -Netzwerk dar. Die Gruppe Exif-Recherche schreibt dazu: „Die «Brothers of Honour» sind ein integraler Bestandteil von B&H/C18, sie pflegen intensive Verbindungen zu den C18-Gruppen in Skandinavien, England, der Schweiz und Polen und werden von diesen als das deutsche C18 angesehen.“ Konzerte bilden in dieser Szene nicht nur eine lukrative Einnahme-Quelle, sondern sie bieten den Neonazis auch die perfekte Kulisse für Vernetzungstreffen. Die Konzerte von Oidoxie stechen dabei besonders heraus. Dazu Exif-Recherche: „So wurde die Neustrukturierung des internationalen Netzwerks von B&H/C18 am 3. März 2012 im Rahmen eines «Oidoxie»-Konzertes in Schweden beschlossen.“ Das B&H/C18-Netzwerk ist für diverse rechtsterroristische Anschläge weltweit verantwortlich und war u.a. in die Unterstützungsstrukturen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) eingebunden.

Auch am vergangenen Freitag (07.05.2022) zeigten sich Mitglieder der Brothers of Honour in entsprechender Kleidung, wie Fotos belegen. Die Polizei hat also erneut ein Konzert mit Beteiligung bekannter Akteur*innen des verbotenen B&H/ C18 – Netzwerks stattfinden lassen.

 

07.05.2022: Mitglieder der Brothers of Honour in Veltheim Quelle: Pixelarchiv

 

 

 

Kontinuitäten: Neonazis und das Versagen der Behörden

Mit den Räumlichkeiten in Veltheim (Porta Westfalica) existiert ein Treffpunkt und Veranstaltungsort der militanten Neonazi-Szene in OWL, der bei Konzerten auch zur bundesweiten Vernetzung der Szene genutzt wird. Die Gruppe Mindener Jungs ist den Behörden seit Jahren bekannt und steht offiziell unter Beobachtung. Die Polizei und der Staatsschutz billigen die Konzerte und ermöglichen Akteur*innen von B&H / C18, sich in Ostwestfalen zu treffen und zu vernetzen. Im Verfassungschutzbericht des Landes NRW für das Jahr 2021 werden die Konzerte der Mindener Jungs nicht mal erwähnt – laut VS fand 2021 kein einziges Neonazi-Konzert in NRW statt. Die behördliche Akzeptanz-Stragie schafft der militanten Neonazi-Szene eine Rückzugsraum im ostwestfälischen Hinterland und ermöglicht ihnen die Finanzierung ihrer Strukturen.

07.05.2022 Veltheim: vlnr. Unbk., Marcus Winter, Dirk Fasold, Sebastian Harre, André Michaelis Quelle: Pixelarchiv

Wie so oft liegt es nun an Antifaschist*innen, öffentlichen Druck aufzubauen und aufzuklären. Militante Neonazis wie Winter, Fasold und die Mindener Jungs müssen aus der Deckung geholt und ihre Aktivitäten ans Licht gebracht werden. Ihr Treiben stellt ein konkrete Gefahr für Alle dar, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen. Es darf keine weiteren ungestörten Neonazi-Konzerte in OWL geben. Das hier auf die Behörden kein Verlass ist, haben die letzten Jahre deutlich gezeigt. Es braucht entschlossenen und starken antifaschistischen Protest, damit Veltheim nicht weiter Anzugspunkt für Neonazis bleibt.

 

– Bilderstrecke vom Konzert am 07.05.22:

https://pixelarchiv.org/event/2022.05.07.porta.westfalica/1#001.jpg

– Bilderstrecke zum Konzert am 24.03.2018:

https://recherche-nord.com/gallery/2018.03.24.html

– Ausführliche Infos zu Marcus Winter:

https://recherchenetzwerkhannover.org/2021/01/05/historische-entwicklung-der-extrem-rechten-szenen-zwischen-hannover-schaumburg-und-nienburg/

– Ausführliche Infos zu Oidoxie / C18/ Marko Gottschalk:

https://exif-recherche.org/?p=6351

 

Hier noch der Text als PDF zum Download:

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Stellungnahme zum bisherigen Verhalten von Rektorat und juristischer Fakultät der Universität Bielefeld in der Sache Martin Schwab https://rkowl.blackblogs.org/2022/04/09/stellungnahme-zum-bisherigen-verhalten-von-rektorat-und-juristischer-fakultaet-der-universitaet-bielefeld-in-der-sache-martin-schwab/ Sat, 09 Apr 2022 17:46:59 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1650 Continue reading Stellungnahme zum bisherigen Verhalten von Rektorat und juristischer Fakultät der Universität Bielefeld in der Sache Martin Schwab ]]> Am 21.03.22 haben wir unsere Recherche zu Martin Schwab veröffentlicht und auch an die Universität Bielefeld und die dortige juristische Fakultät versandt.

Sowohl Rektorat als auch Dekanat der Fakultät für Rechtswissenschaft geben an, Schwabs Positionen zu der Covid-19-Pandemie nicht zu teilen. Außerdem werde das Rektorat „die vorliegenden Informationen sorgfältig auswerten und in Hinblick auf die Grenzen der Meinungsfreiheit und beamtenrechtlichen Pflichten bewerten“. Inhaltlich geht die bisherige Positionierung von Rektorat und Fakultät nicht darüber hinaus, zu den Corona-Schutzmaßnahmen eine andere Position zu haben. Und genau mit dieser inhaltlichen Zurückhaltung billigen Rektorat und Fakultät Schwabs Positionen unkommentiert als akzeptabel. Wissenschaftlich nicht haltbare Fehlinformationen und juristisch falsche Gesetzesauslegungen werden so als für die Universität Bielefeld schlicht akzeptabel abgetan.

Auch Leser*innen, die keinen (wie auch immer gearteten) wissenschaftlichen Hintergrund haben, wird beispielsweise bei der Lektüre von Schwabs Wodarg-Verteidigungsschrift schnell auffallen, dass ein Großteil des Textes aus Schwurbelei, Mutmaßungen und Spekulationen besteht und mitnichten, wie Schwab selbst behauptet, aus „Forschungsergebnissen“. Es ist, nebenbei bemerkt, auch Schwabs einzige Schrift, die er über die Uni-Website extra bewirbt. Eine Schrift, in der Schwab bereits Presse und Medien als Feinde ausmacht. Er bezeichnet insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien als voreingenommen, als „Feind des Pluralismus“(S. 36) und „gebührenfinanzierte Boshaftigkeit auf der tiefsten Stufe der Niedertracht“ (S. 46). Wir fragen uns, wie das mit dem Selbstverständnis der Universität und der Fakultät für Rechtswissenschaften überein passt. Im Zuge der verschwörungsideologischen Demonstrationen ist es bundesweit zu einem massiven Anstieg gewaltsamer Angriffe auf Pressevertreter*innen gekommen. Mit seiner aggressiven Rhetorik und konstruierten Schuldzuweisungen an Journalist*innen trägt Martin Schwab zu der aggressiven Stimmung und auch dem Gewaltpotenzial seiner Zuhörer*innen bei den verschwörungsideologischen Demos bei. Am 18.03.22 belohnte sein Publikum Schwabs Worte mit „Lügenpresse“-Rufen. Wir fragen uns, wie die Uni Bielefeld dies unkommentiert stehen lassen kann.

Audio-Aufnahmen von einer von Schwab gehaltenen Vorlesung am 07.04.22 belegen, dass Schwab die medizinischen Falschinformationen, die er bereits seit 2 Jahren immer wieder verbreitet, auch gegenüber den Jura-Studierenden anbringt. Er halte von der geltenden Maskenregelung an der Uni nicht viel und forderte die Studierenden indirekt mehr als deutlich auf, die medizinischen Masken abzunehmen.

„[…] Ich will ja nicht, dass mir hier einer umfällt. Und das sage ich nicht, weil ich irgendwie Schwurbel- Schwurbel-Nazi-rechts-rechts-Nazi bin oder was man sich alles über mich erzählt, ne, sondern schlicht und einfach äh weil ich für ihre Gesundheit verantwortlich bin. So ne. Und das mit der Hyperkapnie und CO2 äh Überkonzentration und so was ähnliches steht halt dummerweise in peer-reviewten medizinischen [unverständlich]“.

Der Mythos der gesundheitlichen Schädigung durch Tragen medizinischer Masken ist mehrfach hinlänglich als falsch belegt worden. Schwab verbreitet ihn dennoch in seiner Vorlesung.

Jede Kritik an der verschwörungsideologischen Bewegung der Corona-Leugner*innen lehnt Schwab als inszeniert und erlogen ab. Wir verwenden den Begriff „Coronaleugner*in“ analog zur Definition des Duden: Personen, welche die Existenz oder die Gefahren der Covid-19-Pandemie leugnet. Daher passt der Begriff sowohl für die politische Szene, in der Schwab aktiv ist, als auch für Schwab selbst. Presse und Medien sind nicht nur wegen der Berichterstattung zu Corona und den Schutzimpfungen ein Dorn in Schwabs Auge, sondern auch besonders aufgrund der kritischen Berichterstattung zu den Demos der coronaleugnerischen Szene. Es ist vielfach belegt, dass bei den coronaleugnerischen Demos bundesweit neben Kritik an den Schutzmaßnahmen vor allem strukturell bis offen antisemitische Verschwörungsmythen, autoritäre Anrufungen sowie reichsideologische Positionen dominieren. Ein weit verbreitetes propagandistisches Mittel dieser Szene ist die systematische Relativierung der Verbrechen NS-Deutschlands. Mittlerweile gibt es mehrere wissenschaftliche Untersuchung dazu, zum Beispiel Nachtwey, Frei und Schäfer (2020) oder zuletzt Lamberty, Holnburger und Goedeke Tort (2022). Auch der Verfassungsschutz beschreibt antidemokratische und verschwörungsideologische Themen als bestimmend für die Szene, in der Schwab sich bewegt. Neben der ideologischen Verortung der bestimmenden Themen zeigen sich auf den Demos bundesweit und auch hier in Bielefeld immer wieder Neonazis, Reichsbürger*innen, Mitglieder der neofaschistischen Identitären Bewegung oder der nationalistischen AfD. Auch dies ist mehrfach und ausführlich belegt. Ebenso wie das Potenzial für gewaltsame Ausschreitungen. In seinen Stellungnahmen und auch seiner Rede vom 18.03.22 leugnet Schwab diese Umstände systematisch. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie die gezielte Verbreitung von Desinformationen von der Uni Bielefeld unkommentiert geduldet werden kann.

In juristisch nicht haltbarer Weise betonte Schwab in seiner Rede und auch in seinen seither erfolgten Stellungnahmen:

Denn ich bleibe dabei: Wer unbescholtene Menschen, die einfach nur ihr Leben zurückhaben wollen, mit Rechtsextremen gleichsetzt, banalisiert das Treiben derjenigen, die wirklich mit einer ausländerfeindlichen und rassistischen Agenda unterwegs sind, und verharmlost auf diese Weise das NS-Unrecht. Einschlägig ist hier § 130 Abs. 3 StGB. (Martin Schwab, 01.04.22 via Facebook)

§ 130 StGB Abs. 3 legt ein Strafmaß von bis zu fünf Jahren für die Billigung, Leugnung oder Verharmlosung der Shoa und anderer NS-Verbrechen fest. Es ist der Paragraph, wegen dem die (Neo-)Nazis Ursula Haverbeck, Horst Mahler oder auch Rigolf Hennig mehrfach verurteilt wurden. Wenn Martin Schwab als Jura-Professor in der Öffentlichkeit eine offensichtlich falsche Rechtsauslegung propagiert und journalistische und antifaschistische Recherchen zu der verschwörungsideologischen Szene als „Verharmlosung des Holocaust“ (Schwab in seiner Rede am 18.03.22 auf dem Kesselbrink) verklärt, verleiht er dieser unhaltbaren Position einen vermeintlichen Experten-Status. Es ist eine gängige Diskurspraktik der geschichtsrevisionistischen Szene, durch die gezielte inhaltliche Enthölung der Begriffe die historische Dimension der Verbrechen NS-Deutschlands in der öffentlichen Meinung zu schwächen. Mit seinen falschen Darlegungen arbeitet Schwab dieser Szene aktiv zu. Und die Leitung der Universität Bielefeld und die juristische Fakultät akzeptieren durch ihre Nicht-Positionierung Schwabs Äußerungen als akzeptabel. Wir fordern das Rektorat der Uni Bielefeld und die juristische Fakultät auf, sich zu Schwabs Rechtsauslegung des § 130 StGB Abs. 3 zu äußern.

Mit unseren Recherchen haben wir sowohl im August 2021 als auch im März 2022 Schwabs wiederholte Zusammenarbeit mit Neonazi und Geschichtsrevisionistin Juliane Sprunk belegt. Schwab selbst räumt die Zusammenarbeit ein, versucht aber, Sprunk als „Mutter zweier Kinder“ zu entpolitisieren. Fakt ist, Schwab hat wissentlich mit Sprunk kooperiert, trat mit ihr gemeinsam bei einer von Sprunk organisierten Veranstaltung auf und zeigte sich dort mit ihr vertraut und per du. Juliane Sprunks Teilnahme an der neonazistischen Haverbeck-Demos ist ebenso eindeutig belegt wie ihre Aktivitäten in der verschwörungsideologischen sowie der geschichtsrevisionistischen Szene. Sprunk selbst bestätigte 2021 gegenüber der Neuen Westfälischen (NW) ihre Teilnahme an den Neonazi-Demos. Schwab negiert alle diese Evidenzen komplett, er übergeht Sprunks eigene Bestätigung der Recherchen und versucht so, seine Kooperation mit einer bekannten ultranationalistischen Akteurin zu verharmlosen. In seiner Stellungnahme an einen Redakteur der NW vom 01.04.22 schreibt Schwab auf Facebook:

Bisher kenne ich über die Dame, die mir als „rechter“ Kontakt zum Vorwurf gemacht wird, nur die Informationen, die im Dossier des bereits erwähnten antifaschistischen Recherche-Kollektivs erwähnt sind. Und diese Informationen halte ich in keiner Weise für vertrauenswürdig. Auch Sie liefern im Text Ihrer Fragestellung nur Behauptungen, aber keine Belege.

Wenn ich mich also näher damit beschäftigen wollte, müsste ich eigene Ermittlungen anstellen. Ich müsste herausfinden, bei welchen Veranstaltungen besagte Dame tatsächlich zugegen war, was das genau für Veranstaltungen waren, wer diese Veranstaltungen verantwortlich organisiert und durchgeführt hat und wie diese verantwortlichen Personen politisch einzuordnen sind. Ich müsste mir ferner nähere Kenntnisse über Ursula Haverbeck aneignen; denn sie war mir völlig unbekannt, bevor Herr Gerdener mich mit diesem Namen im Hintergrund-Interview zu seinem Hetz-Artikel gegen mich vom 10.8.2021 (Datum der Online-Veröffentlichung) konfrontierte.

Ich müsste wissen, was genau sie gesagt hat und wofür genau sie verurteilt wurde. Und als Rechtswissenschaftler würde ich mir selbstverständlich auch eine eigenständige Bewertung vorbehalten, ob mich das Urteil überzeugt. Das heißt: Selbst wenn die Frau bei bestimmten Veranstaltungen tatsächlich dabei gewesen sein sollte, müsste ich hinterfragen, auf welcher Tatsachengrundlage und anhand welcher Maßstäbe diese Veranstaltungen als missbilligenswert angesehen werden.

Solange ich das alles nicht gemacht habe, ist die Frau, mit der ich damals kooperiert habe, für mich eine unbescholtene Bürgerin.

Schwab muss keine „eigenen Ermittlungen anstellen“, Sprunk selber hat unsere Recherchen schon bestätigt. Da gibt es gar nichts zu debattieren. Für Schwab ist Sprunk „eine unbescholtene Bürgerin“. Angesichts der Erfahrung der Uni Bielefeld mit neonazistischen Studierenden insbesondere an der juristischen Fakultät und der daraus resultierenden Initiation der „Uni ohne Vorurteile“ möchten wir wissen, wie Rektorat und juristische Fakultät die politische Kooperation eines Universitätsprofessors mit einer ultranationalistischen Aktivistin & Haverbeck-Unterstützerin wie Sprunk bewerten. Und Schwabs Statement offenbart noch einen weiteren politisch sowie juristisch hochproblematische Aspekt:

Ich müsste mir ferner nähere Kenntnisse über Ursula Haverbeck aneignen; denn sie war mir völlig unbekannt, bevor Herr Gerdener mich mit diesem Namen im Hintergrund-Interview zu seinem Hetz-Artikel gegen mich vom 10.8.2021 (Datum der Online-Veröffentlichung) konfrontierte.

Ich müsste wissen, was genau sie gesagt hat und wofür genau sie verurteilt wurde. Und als Rechtswissenschaftler würde ich mir selbstverständlich auch eine eigenständige Bewertung vorbehalten, ob mich das Urteil überzeugt.

Schwab behauptet, vor dem NW-Artikel aus dem August 2021 noch nie etwas von Ursula Haverbeck gehört zu haben. Schwab wurde 2015 an die Universität Bielefeld berufen. 2018 und 2019 fanden in Bielefeld drei Neonazi-Großaufmärsche statt, über die sehr ausführlich und langanhaltend in den Medien berichtet wurde. Die neonazistischen Aufzüge waren über Monate Thema in der Stadtpolitik und sogar im Landtag NRW. In der NW finden sich mehr als 30 Artikel seit 2015, in denen Haverbeck erwähnt wird, ebenso beim Westfalenblatt. Es wurde im regionalen Fernsehen und im Radio dazu berichtet. Auch an der Uni Bielefeld war Haverbeck Thema: das Institut für Konflikt- und Gewaltforschung der Uni Bielefeld veranstaltete im Dezember 2020 eine digitale Podiums-Diskussion, in der Haverbeck ausführlich thematisiert wurde. Das Schwab trotz all dem behauptet, noch niemals etwas von Haverbeck gehört zu haben und zu keiner Bewertung Haverbecks politischer Aktivitäten in der Lage zu sein, ist mehr als unglaubwürdig. Das er auch 8 Monate nach dem ersten NW-Artikel keinerlei Informationen über Haverbeck haben will, ist nur noch dreist. Durch seine Formulierung: „Ich müsste wissen, was genau sie gesagt hat und wofür genau sie verurteilt wurde. Und als Rechtswissenschaftlicher würde ich mir selbstverständlich auch eine eigenständige Bewertung vorbehalten, ob mich das Urteil überzeugt.“ legt Schwab außerdem nahe, dass er Haverbecks einschlägige Verurteilungen u.a. wegen § 130 StGB Abs. 3 potenziell in Frage stellt. Schwabs Äußerungen sind inakzeptabel und juristisch ebenfalls falsch. Zur juristischen Korrektheit und Eindeutigkeit Haverbecks Verurteilungen liegt ein entsprechendes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vor (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 22. Juni 2018 – 1 BvR 673/18 -, Rn. 1-37). Es obliegt nicht dem persönlichen Geschmäckle von Martin Schwab, ob Ursula Haverbeck die Shoa geleugnet hat. Und es sagt eine Menge über Schwab aus, wenn er dazu keine oder gar eine skeptische Haltung findet. Seine Haltung passt zu der Akzeptanz geschichtsrevisionistischer Mythen und Beteiligung entsprechender Akteur*innen in der Corona-leugnerischen Bewegung.

Wir fordern Rektorat und juristische Fakultät auf, sich konkret zu diesen Aussagen Schwabs zu äußern.

Wir begrüßen die klare Positionierung des AStA und auch die Stellungnahme der Jüdischen Hochschulgruppe der Uni Bielefeld ausdrücklich. Und wir fordern Rektorat und Fakultät auf, die Studierenden in dieser Auseinandersetzung nicht allein zu lassen. Diverse Blogs und Vereinigungen der Corona-leugnerischen Bewegung haben sich mit Schwab solidarisiert und greifen insbesondere den AStA als vermeintlichen Gegner Schwabs heraus. Das Nicht-Verhalten die Verantwortlichen an der Uni Bielefeld stärkt die Unterstützer*innen Schwabs aus der verschwörungsideologischen Szene.

Wir möchten die Stellungnahme des AStA der Uni Bielefeld aufgreifen: die Studierenden der Uni Bielefeld haben ein Recht auf eine Universität, „die sicherstellt, dass keine Falschinformationen und Verharmlosungen der Covid-19-Pandemie in ihren Räumen verbreitet werden. Wir haben ein Recht auf Lehrende, die keine Kontakte zu Neonazis pflegen und kritische Berichterstattung in juristisch unhaltbarer Weise als „Volksverhetzung“ bezeichnen und Journalistinnen drohen“.

Wir fordern das Rektorat und die Fakultät für Rechtswissenschaften auf, sich zu Martin Schwabs Verhalten und Aussagen zu positionieren und seine Aktivitäten nicht länger unkritisch und unkommentiert geschehen zu lassen.

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Martin Schwab – Jura-Professor auf verschwörungsideologischen Abwegen https://rkowl.blackblogs.org/2022/03/21/martin-schwab-jura-professor-auf-verschwoerungsideologischen-abwegen/ Mon, 21 Mar 2022 20:34:04 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1623 Continue reading Martin Schwab – Jura-Professor auf verschwörungsideologischen Abwegen ]]>
Schwab am 18.03.22 auf dem Kesselbrink

Am 18.03.22. hielt Martin Schwab eine über 30-minütige Rede bei der Abschlusskundgebung der verschwöurngsideologischen Demo der Gruppe „Bielefeld steht auf“. Schwab hält eine Professur an der juristischen Fakultät an der Universität Bielefeld und ist Spitzenkandidat der Querdenken-nahen Kleinstpartei „Die Basis“ für die Landtagswahl in NRW im kommenden Mai. Schwab fällt schon seit Beginn der Pandemie durch Corona-verharmlosende Statements und seine Auftritte beim Fake-News-Format „Corona-Ausschuss“ um Rainer Füllmich auf. Bisher hat Schwab öffentliche Auftritte bei den verschwörungsideologischen Events in Bielefeld vermieden. Am Freitag präsentierte er sich nun im Wahlkampfmodus als Anheizer, der mit „Widerstand“-Rufen und „Scholz muss weg“-Gegröhle für ein Pegida-Feeling auf dem Kesselbrink sorgte. Zeit, einen genaueren Blick auf Prof. Dr. Martin Schwab zu werfen!

Juristischer Stichwortgeber der Corona-Leugner-Szene

Schwab hat seit Wintersemester 2015/2016 den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Verfahrensrecht und Unternehmensrecht an der Universität Bielefeld inne. Im Sommersemester 2022 hält er wöchentlich eine Vorlesung mit dem Titel „Rechtsdurchsetzung im Privatrecht“. Auf seiner Internetseite bei der Uni Bielefeld findet sich auch ein Link mit Titel „Corona-Diskussion“1.

Schwabs Verteidigungsschrift für Wodarg ist über die Uni- Seite erreichbar

Unter dem Link ist eine von Schwab verfasste 182 Seiten lange Verteidigungsschrift für den Corona-verharmlosenden Arzt Wolfgang Wodarg zu erreichen. Wie die Bielefelder Gruppe Antinationale Linke (ALIBI) schon im Januar 2021 dargelegt hat, verbreitet Schwab darin wissenschaftlich nicht haltbare Verharmlosungen der COVID19-Erkrankung und Fehlinformationen zum Tragen medizinischer Masken2. Und er macht in der Schrift vom 04.10.2020 bereits deutlich, was sich durch alle seine späteren Reden und Auftritte ziehen wird: seine Abneigung gegen Presse und Medien, die er in neurechter Sprachmanier als „Feind des Pluralismus“ bezeichnet3. Insbesondere stört Schwab schon im Oktober 2020, dass Journalist*innen auf antisemitische Verschwörungsmythen und Neonazis und Reichsbürger*innen bei den Anti-Corona-Protesten hinweisen. Er prägt schon in der Wodarg-Verteidigungsschrift einen Satz, den er bis heute Mantra-artig bei jeder Gelegenheit runterbetet: Wer jene, die Widerspruch oder Widerstand gegen die Corona-Politik wagen, pauschal zu Neonazis oder deren Verbündeten herabwürdigt, verleumdet nicht nur die Protestierenden, sondern verhöhnt darüber hinaus die Opfer des Nationalsozialismus.“4 Das ist natürlich sowohl abstrakt inhaltlich als auch ganz pragmatisch angesichts der tatsächlichen Beteiligung der organisierten rechten Szene an Anti-Corona-Protesten vollkommener Quatsch! Schwab blendet jede Kritik an den verschwörungsideologischen Anti-Corona-Demos als totalitär und erlogen aus und weigert sich, sich mit den dominanten Ideologien der Szene und der personellen Zusammensetzung bei den Demos und den Organisationsstrukturen auseinander zu setzen. Er betont stattdessen: „Das ist nur noch gebührenfinanzierte Boshaftigkeit auf der tiefsten Stufe der Niedertracht.[…] Was unterscheidet denn die persönliche Herabsetzung von Corona-Demonstranten, wie wir sie derzeit erleben, vom Umgang mit Regimegegnern in der Propaganda totalitärer Machthaber?“5. Er geht noch weiter und wittert angesichts des sogenannten „Sturms auf den Reichstag“ vom 30.08.2020 eine Verschwörung von Polizei, Antifa und Medien. Veröffentlicht wurde Schwabs Wodarg-Schrift bei dem „alternativen“ Medienformat „Club der klaren Worte“ von Markus Langemann. Langemanns Format ist in das neurechte und Corona-leugnende Medienspektrum einzuordnen. 2021 produzierte Langemann einen zweiteiligen Schmeichelfilm über Hans-Georg Maaßen. In Anlehnung an ein Björn-Höcke-Zitat lautet der Titel des Films „der Stachel“. Bis heute ist Schwabs Wodarg-Dokument über die offizielle Uni-Website erreichbar.

Schwab rühmt sich immer wieder für seine gute Beziehung zu den Studierenden. Dabei scheint er nicht nur Juristisches mit den Studierenden zu besprechen. Auf Rat einer Studentin hin nutze er das Wort „Verschwörungstheoretiker“ nicht mehr, um diesem „Framing“ die Macht zu nehmen6. Einer seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter, Justus P. Hoffmann7, ist einer der Hauptverantwortlichen für das Format „der Corona-Ausschuss“. In der verschwörungsideologischen Szene sehr beliebten Sendung werden Fehlinformationen zu den Corona-Schutzmaßnahmen, Verschwörungsmythen ebenso wie Holocaust-Relativierung verbreitet8. Martin Schwab ist bisher schon 19 mal bei der Sendung seines Mitarbeiters Hoffmann aufgetreten9. Seine Auftritte streamt Schwab dabei direkt aus seinem Büro in der Uni Bielefeld (H0-05).

Schwab in seinem Uni-Büro als Teilnhemer beim Corona-Ausschuss

Der Jura-Professor nutzt sein Büro für die Teilnahme an Gesprächsrunden mit dem Verschwörungsideologen Ken Jebsen (Sitzung Nr. 50) oder Max Otte ( Sitzung Nr. 36), Chef der Werteunion und Bundespräsidenten-Kandidat für die AfD. Aber auch für Interviews mit anderen Corona-leugnerischen Formaten wie Bittel-TV, seine Teilnahme am Corona-Kinder-Kongress 2021 oder seine Jura-Tipp-Videos für die Gruppe „Klagepaten“ nutzt Schwab konsequent seinen Arbeitsplatz in der Uni Bielefeld. Die Klagepaten liefern juristische Unterstützung für die Corona- und Pandemie-Leugner*innen und sind eng mit der Querdenken-Organisation von Michael Ballweg verbunden10. Schwab erstellte für die Organisation Klagepaten mehrere juristische Musterschreiben, die in den einschlägigen Telegram-Gruppen entsprechend beliebt sind und von Anhänger*innen der Szene bundesweit genutzt werden11.

Seit Januar 2022 ist Schwab auch offizielles Mitglied des Vereins Mediziner und Wissenschaftler für Gesundheit, Freiheit und Demokratie, e.V.(MWGFD). Der Verein verbreitet konstant Fehlinformationen mit wissenschaftlichem Anstrich und versucht durch die Platzierung großformatiger Anzeigen in großen Tageszeitungen verharmlosende Falschmeldungen in den öffentlichen Diskurs einzugreifen. Der MWGFD beteiligte sich 2020 an einer großangelegten Desinformationskampagne der Gruppen „Freiheitsboten“, „Ärzte für Aufklärung“ & „Eltern stehen auf“, bundesweit wurden tausende corona-leugnerische Flyer an private Haushalte und in den Städten verteilt12. Auch in Bielefeld. Zu Beginn der Pandemie stellte der MWGFD Adressen von Ärzt*innen und Heilpraktiker*innen bereit, die Maskenatteste ausstellten13. Vorsitzender des Vereins ist Prof. Sucharit Bhakdi, der 2021 als Spitzenkandidat der rechtsoffenen Querdenken-nahen Kleinstpartei „Basisdemokratische Partei Deutschland“ (Basis) zur Bundestagswahl antrat. Auch Martin Schwab kandidierte für die Basis im September 2021 und nun als Spitzenkandidat bei Landtagswahlen in NRW.

Bhakdi äußerte sich in der Vergangenheit wiederholt klar antisemitisch, gegen ihn wird wegen Volksverhetzung ermittelt14. Schwab bestreitet Bhakdis Antisemitismus rigoros (siehe Video oben) mit dem wenig überzeugenden Argument: „Sucharit Bhakdi ist alles bloß kein Antisemit, das bitte ich einfach zu glauben! […] Das ist so ein liebenswerter Mann, das würde der nie machen – Antisemitismus15.Ein erschreckend unfundierte Aussage für den Jura-Professor Schwab, der sonst sowohl bei Presse als auch Karl Lauterbach jederzeit Volksverhetzung wittert. Bhakdi sei Opfer eines gezielten Framings, Schwab nennt es „Nazi-Nazi-rechts-rechts-Nazi“-Framing.

Pegida-Feeling auf dem Kesselbrink

Bei seiner Rede am 18.03.22 in Bielefeld greift Schwab seine „Nazi-Nazi-rechts-rechts-Nazi“-Wortakrobatik wieder auf. Ihn selbst habe es getroffen, am 10.08.2021 in der Lokalzeitung „Neue Westfälische“. Schwab wörtlich:

„Dort wurde mir im Einleitungstext vorgeworfen, ich hätte mehrere Kontakte in die rechte Szene. Im darauffolgenden Text wird ein einziger Kontakt identifiziert, nämlich als ein Beleg mit als Beleg nämlich eine Dame, die nach Erkenntnissen eines wie auch immer gearteten antifaschistischen Recherche-Netzwerks mal auf einer Ursula-Haverbeck-Demo gesichtet worden sein soll. In Wirklichkeit handelt es sich bei der Dame um die Mutter zweier schulpflichtiger Kinder, die sich um die Gesundheit ihrer Kinder im Angesicht der Maskenpflicht sorgt. Und äh natürlich [schreiend] DIESE MASKEN DIE MACHEN KRANK DAS STEHT AUCH IN PEER-REVIEWTEN STUDIEN Diese Dame hat sich also völlig zurecht Sorgen gemacht! [die Zuhörenden skandieren „Die Maske muss weg“, Schwab stimmt am Mikro mit ein] DIE MASKE MUSS WEG! DIE MASKE MUSS WEG! […] Diese Dame hatte sich an mich gewandt, weil sie Hilfe brauchte und natürlich habe ich versucht, ihr zu helfen. [erneut schreiend] JEDER, DER MEINE HILFE BRAUCHT, BEKOMMT SIE SOLANGE MEINE KRÄFTE REICHEN.[…]

Dem Autor dieses Beitrags, einem Voluntär mit dem Namen [Schwab nennt seinen aufgebrachten Zuhörer*innen den vollen Namen des Journalisten], ging es offensichtlich nur darum, mich mit an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfen mithilfe dieser widerlichen Denkfigur der Kontaktschuld in eine Ecke zu drängen [erneut schreiend] IN DIE ICH DEFINITIV NICHT HINGEHÖRE [„Lügenpresse“-Rufe und Applaus aus dem Publikum]. Ich weiß, dass die Neue Westfälische auch heute hier vertreten ist. Diese Rede, nur der Hinweis, wird aufgenommen und verbreitet über die Kanäle, also wenn Ihr glaubt, Ihr könnt hier irgendwelche Lügen über mich verbreiten. Die Beweisstücke werden gesichert [das Publikum skandiert erneut „Lügenpresse“].

Schwab spricht weiter von seinem Schadensersatzanspruch wegen vermeintlichen Rufmords, er habe diesen Artikel nicht vergessen. Wir auch nicht – denn wir sind dieses „wie auch immer geartete antifaschistische Recherche-Netzwerk“. Im Juli 2021 haben wir einen Journalisten bei einer Recherche zu Martin Schwab unterstützt. Schwab war zu diesem Zeitpunkt bei mehreren verschwörungsideologischen Demos aufgetreten und hatte in seinen Reden auch Verschwörungsmythen reproduziert. Den (sehr gut recherchierten) Artikel haben wir anschließend an unseren Text verlinkt. Uns war Schwabs Name in den lokalen verschwörungsideologischen Telegram-Gruppen aufgefallen. Mehrere Chatgruppen-Mitglieder gaben an, direkt mit ihm korrespondiert zu haben. Darunter Joachim Baum von der Montags-Mahnwache in Bielefeld, der im November 2019 an dem neonazistischen Haverbeck-Aufmarsch teilgenommen hat (siehe Screenshot und Foto). Und auch die Dame aus Schwabs Rede – Juliane Sprunk. Sprunk war 2014 für die verschwörungsideologischen Montagsmahnwachen in Herford mitverantwortlich. Damals gab sie an, durch die Neonazi-Proteste gegen die Wehrmachtsausstellung politisiert worden zu sein. 2016 nahm sie an einer geschichtsrevisionistischen „Friedensfahrt“ nach Moskau teil, die von dem AfD-Politiker Rainer Rothfuss organisiert wurde. 2017 flog sie aus der „Friedensfahrt“-Gruppe raus, nachdem sie Beiträge von Ursula Haverbeck geteilt hatte, die historische Faktizität der Shoa in Frage stellte und mit ihren massiven Geschichtsrevisionismus und Verschwörungsmythen sogar dem AfD-Publikum zu radikal wurde16.

10.05.2018: Juliane Sprunk beim neonazistischen Haverbeck-Aufmarsch in Bielefeld Quelle: Recherche Nord

Ihre Sympathie für die organisierte Holocaust-Leugnungs-Szene trug Sprunk dann im Mai und November 2018 auf den neonazistischen Haverbeck-Demos in Bielefeld zur Schau.

10.11.2018: Juliane Sprunk und Klaus-Wolfram Schiedewitz beim neonazistischen Haverbeck-Aufmarsch in Bielefeld Quelle: pixelarchiv

Im Mai 2018 lief sie in einem selbstbemalten T-Shirt mit der Aufschrift „Wir sind die Guten“ an der Seite organisierter Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet durch den Bielefelder Ortsteil Brackwede. Anlass war die nur wenige Tage zurück liegende Inhaftierung Ursula Haverbecks in die JVA Brackwede. Sprunk wurde von einer Gruppe Personen begleitet, von denen die meisten seit 2020 regelmäßig an den lokalen Anti-Corona-Protesten teilnehmen. Auch am Freitag waren zwei weibliche Haverbeck-Unterstützerinnen in Martin Schwabs Publikum auf dem Kesselbrink. Seine Rede über die Dame, „die mal auf einer Haverbeck-Demo gesichtet worden sein soll“ dürfte die beiden Haverbeck-Fans mindestens kurz irritiert haben. Im November 2018 lief Sprunk auf der Neonazi-Demo dann an der Seite von Klaus-Wolfram Schiedewitz, dem Leiter des geschichtsrevisionistischen Vereins „Gedächtnisstätte“ (siehe Fotos unten).

Seit 2020 zeigt sich Sprunk bei den Demos der Corona-leugnerischen Szene in Bielefeld und ist auch in einigen lokalen Telegram-Kanälen aktiv. Am 04.12.2020 schrieb Sprunk bei Telegram:

Screenshot 04.12.2020

Kein Bezug zur Maskenpflicht in Schulen, kein Bezug zu ihren zwei Kindern, wie Martin Schwab am 18.03.22 auf dem Kesselbrink behauptet. Sondern eine Kooperation zur Verhinderung der Impfzentren, die Schwab mit einem eigenen Text unterstützen möchte.

Zwei Tage später, am 06.12.2020 versuchte Sprunk am Rande einer verschwörungsideologischen Großdemo in Düsseldorf, den bekannten Neonazi Nikolai Nerling („der Volkslehrer“) bei einer polizeilichen Maßnahme zu unterstützen.

Screenshot vom 25.01.21

Im Januar 2021 berichtet sie von einer Gefährderansprache durch den Staatsschutz, da sie zur Anfertigung von Feindeslisten aufgerufen haben soll (siehe Screenshot). Im Februar 2021 berichtet Sprunk bei Telegram von einem Gerichtstermin, in dem sie Reichsbürger-Argumente vorgetragen haben will:

Screenshot vom 09.02.21

„ÜBRIGENS WURDE DIE RICHTERIN GANZ STILL, ALS ICH IHR SAGTE, DASS WIR RuStaG-Deutsche sind… Hat sie sich artig notiert. Habe ihr Rechnung angekündigt[…]“ (siehe Screenshot). RuStaG steht für das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, auf das sich Reichsbürger*innen gern beziehen, wenn sie die Legitimität deutscher Behörden und Gerichte ablehnen. Es ist fraglich, wie eine solche Argumentation mit dem juristischen Fachwissen eines Jura-Professors in Einklang gebracht werden kann. Im März 2021 organisiert Sprunk verschwörungsideologische Schilderdemos am Kesselbrink. Sie nahm regelmäßig an der verschwörungsideologischen Montagsmahnwache am Rathaus in Bielefeld teil und besuchte wiederholt die Demos von „Bielefeld steht auf“. Am 09.04.21 wurde sie bei einer „Bielefeld steht auf“-Demo in Gewahrsam genommen. Im Mai 2021 teilt Sprunk einen Spendenaufruf für Bauarbeiten an der geschichtsrevisionistischen Gedächtnisstätte bei Telegram. Niemand stört sich am Unterstützungsaufruf für die Neonazi-Bildungsstätte. Seit dem Sommer 2021 konzentriert Juliane Sprunk sich auf Vernetzungs- und Beratungsarbeit in der verschwörungsideologischen Corona-Leugner-Szene. Sie gibt Eltern-Seminare, in denen der Widerstand gegen Masken und vermeintliche Indoktrination in der Schule geprobt werden soll. Im Januar 2022 organisiert Sprunk mit anderen Verschwörungsgläubigen den mehrtätigen „Schul-Trauma-Kongress“, in dem vermeintliche Expert*innen Corona verharmlosten, Vertreter*innen der verschwörungsideologischen Freischulbewegung innerhalb des Corona-Leugner-Spektrums stundenlange Interviews gaben und gegen das staatliche Schulwesen gehetzt wurde.

Sie vernetzt sich mit den „Anwälten für Aufklärung“ und dem „Visualisierungstherapeuten“ Maurice Janich. Janich versucht seit Pandemie-Beginn gezielt Kinder für die Corona-Leugner-Szene anzusprechen und ist einer der aktivsten Vertreter der Behauptung, die Kinder und Jugendlichen würden durch die Schutzmaßnahmen in der Schule schwer traumatisiert. Auf seinem Telegram-Kanal verbreitet er neurechte Verschwörungsmythen vom Deep State und teilt medizinische Fehlinformationen. 2020 betreute er für den Querdenken-Frontmann Samuel Eckert eine eigens gegründete Kinder-Chatgruppe17. Die Beeinflussung junger Menschen durch den geschulten Mentaltrainer mit Hypnoseerfahrung, der bis heute behauptet, Kinder seien durch das Tragen medizinischer Masken gestorben, halten wir für gefährlich und schädlich. Aber Janich wird in der Corona-Leugner-Szene gefeiert. Im Juli 2021 wird Martin Schwab von dem Journalisten der Neuen Westfälischen mit unseren Recherchen zu Sprunk und seiner Kooperation mit der bekannten Haverbeck-Sympathisantin & Neonazistin & Reichsbürgerin & Mutter-zweier-Kinder konfrontiert. Schwab bestätigt seinen Kontakt zu Sprunk im Zuge der Gruppengründung gegen die Impfzentren. Und er verständigt Sprunk über die NW-Anfrage. Juliane Sprunk ruft daraufhin bei der NW an, droht mit juristischen Schritten, falls sie als „rechtsextrem“ bezeichnet würde und gibt dennoch ihre Teilnahme an den Haverbeck-Aufmärschen zu. Schwab gab gegenüber der NW an, er habe von Sprunks politischem Hintergrund nichts gewusst. Das neue Wissen um Juliane Sprunks politische Aktivitäten und Ansichten hindert Schwab aber nicht an einer weiteren Zusammenarbeit! Auch diese hat Schwab in seiner Rede am 18.03.2022 bewusst unterschlagen.

„Familienfürsprecher Kunterbunt“-Veranstaltung im September 2021: vlnr. Juliane Sprunk, Martin Schwab, Maurice Janich, Bianca Höltje

Im September 2021, also zwei Monate nach der Konfrontation mit den Informationen und einen Monat nach Erscheinen des Artikels in der NW nimmt Schwab als Redner an einer geschlossenen Veranstaltung teil, die Juliane Sprunk organisiert und auch moderiert18. Die Veranstaltung mit dem Titel „Kunterbunt stellt sich Elternfragen“ wurde nach Eigenangabe von der Initiative „Familienfürsprecher Kunterbunt“ veranstaltet, als Mitwirkende werden gelistet: Juliane Sprunk, Bianca Höltje, Martin Schwab und Maurice Janich. Höltje gründete der Gruppe „Schulleiter für Aufklärung“, die ähnlich wie die anderen Namens-verwandten Gruppen wie „Anwälte/Polizisten/Ärzte für Aufklärung“ eindeutig in der verschwörungsideologischen Szene der Pandemie-Leugner*innen zu verorten ist. Auf dem Video der Veranstaltung zeigt sich: Schwab und Sprunk sind per Du, der Kontakt ist vertraulich. Die Videoaufzeichnung der Veranstaltung übernahm der bekannte Rechtspopulist Ralph Lange aus Blomberg, der seit der Pandemie vor allem Demos und Veranstaltungen der Corona-leugnerischen Szene begleitet. Lange hatte im März 2019 eine rechtspopulistische Mini-Kundgebung auf dem Kesselbrink veranstaltet, bei der er seinen 3 Zuhörer*innen nationalistische & refugeefeindliche Hetze vortrug. 2020 organisierte Lange verschwörungsideologische Demos in Detmold und Lemgo. Zurück zu Schwab und der Veranstaltung der „Familienfürsprecher Kunterbunt“: Bei Minute 24:33 gibt es einen Schnitt im Video und dann spricht Schwab am Mikrofon:

[…] Verharmlosung des Holocaust. Und diese Kampfansage schicke jetzt an den gesamten Journalismus der alten Medien: wer versucht, mich nach rechts zu framen, den werde ich nach rechts gegenframen! Wer versucht, Menschen, die in der Mitte der Gesellschaft stehen und nichts anderes wollen als Argumente, Fakten, Belege und die sich dafür einsetzen, dass wir hier ein freiheitlicher demokratischer Rechtsstaat bleiben. Wer solche Leute in die Neonazi-Ecke steckt banalisiert das Treiben der wirklichen Neonazis, verharmlost den Holocaust. Das ähm ich werde mir dieses Framing nicht bieten lassen“.

Währenddessen steht Holocaustleugnerin Sprunk zwei Meter weiter. Ein Jura-Professor, der an einer von einer Neonazistin organisierten Veranstaltung wissentlich in entscheidender Rolle teilnimmt und „dem Journalismus der alten Medien“ eine Kampfansage schickt – das spricht für sich. Martin Schwab hat in seiner Rede auf dem Kesselbrink gelogen, versucht, seine wiederholte Zusammenarbeit mit Sprunk zu verharmlosen und Sprunk als schutzsuchende Mutter entpolitisiert.

Schwab am 18.03.22:

[schreiend] Ja, ihr hört richtig: die Treiber des Coronaleugner-rechts-rechts-Nazi-Narratives VERHARMLOSEN DEN HOLOCAUST. Juristen wissen was das heisst, sowas ist strafbare Volksverhetzung nach Paragraph 130 Absatz 3 StGB. [Publikum jubelt und applaudiert, es wird „Nazis raus“ gerufen. Martin Schwab stimmt am Mikro mit ein] NAZIS RAUS! NAZIS RAUS! NAZIS RAUS!“

Im Publikum stehen dabei Tim Sauer von der Neonazi-Kleinstpartei „Die Rechte“, die 2 genannte weiblichen Haverbeck-Fans, sowie Florian Rust, Vorsitzender der nationalistischen Jungen Alternative Bielefeld mit Tim Marvin Braungart (ebenfalls JA Bielefeld) und ein Mann, der der Identitären Bewegung zugerechnet werden kann. Martin Schwab ist blind für seine braune Gefolgschaft. Er weiß, wer hier für alles schlechte in Land verantwortlich ist:

[schreiend] MAN HAT DIE GESELLSCHAFT MIT DIESER SCHEISS PROPAGANDA KRANK GEMACHT! MAN HAT SIE ZERSETZT! MAN HAT SIE ZERISSEN! [Publikum jubelt und applaudiert] UND SCHULD DARAN SIND DIE SCHARFMACHER IN POLITIK UND MEDIEN, DIE DIESE PROPAGANDA IN DIE WELT GESETZT HABEN!“

Er hetzte gegen die Presse, beschuldigte Karl Lauterbach der Volksverhetzung und schrie mit den anderen Demo-Teilnehmer*innen gemeinsam „Lauterbach muss weg“ und „Scholz muss weg“ ins Mikro.

Die Uni Bielefeld muss sich fragen, wie solches Verhalten mit dem Neutralitäts- und Mäßigungsgebot für Professor*innen zusammen geht. Und sie muss sich fragen lassen, warum Schwab Räume und technische Infrastruktur der Universität Bielefeld für seine Experten-Auftritte bei Corona-leugnerischen Formaten voller Falschinformationen und Verschwörungsmythen nutzen kann. Die Studierenden der Uni Bielefeld müssen sich fragen, ob sie von einem Professor in Rechtsfragen unterrichtet werden wollen, der bewusst Kontakt zu einer bekannten Neonazistin pflegt und aus seinem Büro heraus an verschwörungsideologischen Desinformationsformaten wie dem Corona-Ausschuss mitwirkt. Der Presse und Medien als klares Feindbild ausmacht, mit Kampfansagen und Klagen droht und Pressevertreter*innen mit Namen seiner Gefolgschaft als Volksverhetzer präsentiert.

Schwab offenbart einen absoluten Mangel an inhaltlicher Auseinandersetzung mit den menschenfeindlichen Ideologien, die für diese Bewegung prägend sind. Er hat keinerlei Bewusstsein für Antisemitismus, Nationalismus und sozialdarwinistische Argumentationsmuster, die in der Szene tonangebend sind. Selbst augenfälligste eindeutige Aussagen wie die von seinem Freund Bhakdi werden stumpf entpolitisiert. Er weigert sich, fundierte Recherchen zu rechten Strukturen und Personen anzuerkennen und arbeitet wissentlich mit einer Neonazistin zusammen.

Martin Schwab wird von niemandem in rechte Ecke gestellt – er stellt sich selbst in diese Ecke und lässt sich dort feiern. Wir fordern die Universität Bielefeld dazu auf, Stellung zu den Umtrieben ihres Jura-Professors zu beziehen.

 

Den Artikel der NW findet ihr hier:

https://www.nw.de/lokal/bielefeld/mitte/23067399_Wie-ein-Bielefelder-Professor-Verschwoerungstheorien-verbreitet.html

einen Stream der verschwörungsideologischen „Bielefeld steht auf“-Demo vom 18.03.22 mit Schwabs Rede gibt es hier: https://www.youtube.com/watch?v=r8avyavelRM

 

1https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/rechtswissenschaft/ls/schwab/corona-diskussion/

2https://alibi.noblogs.org/post/2021/01/20/jura-professor-der-universitat-bielefeld-steckt-tief-im-corona-leugner-sumpf/

3Schwab, M. (04.10.2020): Meinungsfreiheit und wissenschaftlicher Diskurs in der Corona-Krise, S. 34.

4Ebd. S. 46

5Ebd.

7https://www.uni-bielefeld.de/fakultaeten/rechtswissenschaft/ls/schwab/lehrstuhl-1/#comp_00005f73e6a7_00000060cb_646d

8https://www.tagesspiegel.de/themen/reportage/luegen-und-hetze-im-berliner-corona-ausschuss-im-impfstoff-sind-so-etwas-wie-lebendige-kraken/27670234.html

9https://2020tube.de/video-tag/prof-dr-martin-schwab/

10https://www.volksverpetzer.de/aufklarer/klagepaten/

11https://www.klagepaten.de/search-content-api?search_api_fulltext=Schwab

12https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/12/18/flyer-maschinerie-corona-gegner-freiheitsboten-desinformation/

13https://correctiv.org/faktencheck/hintergrund/2020/08/27/im-netz-der-corona-gegner/

14https://www.tagesschau.de/investigativ/bhakdi-antisemitismus-111.html

17https://anonleaks.net/2020/optinfoil/samuel-eckerts-youngsters-echte-kinderpsychologen-oder-doch-nur-maurice-janich/

18https://rumble.com/vmmfch-besorgte-eltern-hilfreiche-pdagogen-juristische-betrachtungen.html

 

Folgend noch den Text als PDF zum Download:

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Zur Demo am 04.02.22: rechte Querfront und „Freie Linke“ https://rkowl.blackblogs.org/2022/02/09/zur-demo-am-04-02-22-rechte-querfront-und-freie-linke/ Wed, 09 Feb 2022 19:34:14 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1597 Continue reading Zur Demo am 04.02.22: rechte Querfront und „Freie Linke“ ]]> Am Freitag, den 04.02.22, zogen erneut ca. 1800 Impfgegner*innen, Pandemie-Leugner*innen und Verschwörungsgläubige durch Bielefeld. Sie waren dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse und Angela Landwehr gefolgt. Sowohl auf der Straße als auch in der namensgleichen Telegram-Gruppe stagniert die Zahl der Teilnehmenden. Die Masse der Demo-Teilnehmer*innen reist zu den „Bielefeld steht auf“-Demos aus dem ostwestfälischen Umland an. Die immer kleiner werdenden verschwörungsideologischen Montagsdemos mit Teilnehmer*innen-Zahlen zwischen 50 und 100 Personen belegen die geringe Größe der Bielefelder verschwörungsideologischen Szene. Bei den überregionalen Großdemos in Bielefeld, Paderborn oder auch Osnabrück bemüht sich die Szene der Rückversicherung, Teil einer imaginierten Mehrheit zu sein. Dabei sind sie sowohl in den Großstädten als auch in den kleinen Gemeinden eine traurige Minderheit.

Verschwörungsmythen, rechte Hetze und die „Freie Linke“

04.02.22: Toni Kopke & andere Verschwörungsgläubige in Bielefeld

Wir haben in der Vergangenheit mehrfach und ausführlich die ideologische Verortung der Gruppe „Bielefeld steht auf“ dargelegt. An dieser hat sich nichts geändert. Das Personenspektrum, dass die Demos von „Bielefeld steht auf“ besucht, bewegt sich in digitalen geschlossenen Echokammern, in denen antisemitische Verschwörungsmythen und wissenschaftsfeindliche Fake News dominieren. Die AfD wird als einzig wählbare Partei gehandelt, wenn Wählen nicht ohnehin als systemstützend abgelehnt wird. Kritik an Nationalismus, Rassismus oder Antifeminismus sind weder in Bezug auf die AfD noch allgemein zu finden. Es werden Sympathien für autoritäre und diktatorische Staatssysteme wie Belarus geäußert und die Hoffnungen auf nationalistische Herrscher wie Trump oder Putin gesetzt. Nichts davon ist freiheitlich oder emanzipatorisch. In dem Dunstkreis dieses Spektrums bewegt sich eine Splittergruppe, die sich „Freie Linke“ nennt. Seit Dezember sind Mitglieder der „Freien Linken“ auch in OWL auf den Demos aktiv und zeigen sich mit der Fahne der Gruppe. Doch bei genauerem Hinschauen zeigt sich schnell: die „Freie Linke“ ist alles andere als links. Sie ist eine Querfront-Gruppe mit hierarchischer Führung, bei der der Schulterschluss mit AfDlern und Neonazis keine Einzelfälle, sondern die Regel sind!

Die „Freie Linke“ fühlt sich berufen, durch links assoziierte Symboliken und Parolen den rechtsdominierten Protesten der Pandemie-leugnerischen Szene einen anderen Anstrich zu verpassen. Die Beteiligung rechter und neonazistischer Personen an den Anti-Corona -Demos wird als politisch notwendig gerechtfertigt. Eine Abgrenzung findet nur in Richtung der linken Szene statt, die sich seit Beginn der Pandemie gegen die rechte Querfront bei Querdenen und Co stark macht. Mit dem organisierten rechten Spektrum teilt die Freie Linke nicht nur die Straße, sondern auch die Feindbilder. Die Medien werden schon in der Ersterklärung der „Freien Linken“ vom 01.01.21 als „gesellschaftliche und politische Brandbeschleuniger, die jegliche demokratische Prozesse vergiften, unterbinden und die Spaltungen und Zerwürfnisse politisch und innerhalb der Gesellschaft weiter vorantreiben“ (Freie Linke vom 01.01.21). Die Beteiligung rechter und neonazistischer Personen an den Anti-Corona -Demos wird als politisch notwenidg gerechtfertigt. Die Dominanz antisemitischer Verschwörungsmythen wird akzeptiert, kritische Stimmen dazu wie die von Anetta Kahane (Leiterin der Amadeo-Antonio-Stiftung) werden ebenfalls als Feinde markiert. Im Sprech neofaschistischer Organisationen wie der Identitären Bewegung wird von „Globalisten“ und „Machteliten“ gesprochen, die Pandemie sei ein geheimer Plan, um einen „Klimalockdown“ herbeizuführen und den „Transhumanismus der Eliten“ zu befördern. Kann man alles schreiben – dann schreibt man halt antisemitische Verschwörungsmythen.

Über diese verschwörungsideologischen Erklärungsansätze für die Pandemie und den gezielten Schulterschluss mit Neonazis, Faschist*innen und organisierten Rechten inklusive der zugehörigen gemeinsamen Feindbilder hinaus bietet die Freie Linke wenig kohärente inhaltliche Positionen. Bestimmend ist die Idee, die Anti-Corona-Demos für einen Umschwung zu nutzen – was danach kommen soll, bleibt unklar. Was dann mit den Neonazis und AfDlern passieren soll, die man durch gemeinsame Demos gestärkt hat, bleibt unerwähnt. Was die Feinde der „Freien Linken“ nach dem ersehnten Umschwung dann erwarten soll findet ebenfalls keine Erwähnung.

Toni Kopke von der „Freien Linken“

Stattdessen gibt es bundesweit gemeinsame Demos und teilweise personelle Überschneidungen der „Freie Linke“-Mitglieder mit bekannten Neonazis – auch in OWL!

Freie Linke“ regional

Mitglied der ersten Stunde und Admin diverser „Freie Linke“-Gruppen bei facebook und telegram ist Toni Kopke aus Lage (OWL). Nach einer internen Spaltung der „Freien Linken“ aufgrund mangelnder Abgrenzung gegen Neonazis und Antisemitismus ergriff Kopke gemeinsam mit einigen weiteren Personen das Zepter, schuf neue Telegram-Gruppen und scharte Anhänger*innen um sich. Kopke und seine Mitstreiter*innen gehören zu der Fraktion, die eine Abgrenzung nach rechts ablehnt, wie sich aus der bei Telegram öffentlich geführten Diskussion im Juli 2021 nachvollziehen lässt. Die Gruppe um Kopke wurde für ihre Akzeptanz von „Antisemitismus oder ultrarechten geschichtsrevisionistischen und teils kaum kaschierten chauvinistischen Positionen“ (Telegram 05.07.21) kritisiert. Zur Struktur der FL gehört die „Zentrale Koordonation“(ZK), der Kopke nach der Spaltung angehörte und die in der hierarchischen Struktur der FL für politische Programmatik und Koordination zuständig ist. ZK-Mitglieder geben die FL-eigenen Fahnen an die Mitglieder aus. In NRW ist unter anderem Toni Kopke für die Verteilung der FL-Fahnen verantwortlich. Sechs Tage nach der Spaltung teilt ein Mitglied der FL NRW Fotos von einem Grill-und Campingausflug von FL-Mitgliedern. Auf den Fotos sind Mitglieder der rechten „Corona Rebellen Düsseldorf“ sowie der Neonazi Kevin Gabbe beim FL-internen Campen zu sehen. Auch Kopke selbst scheut keinen Kontakt mit aktiven Neonazis. Neben den Fl-Gruppen ist Kopke auch für den Telegram-Kanal „Lippe OWL Protest und Widerstand“ mitverantwortlich und teilt dort Videos und Bilder der wöchentlichen Schilderaktion des Neonazis und HDJ-Funktionärs Gerd Ulrich. Die anderen Gruppen-Admins „aymes“ und „Jani“ beteiligten sich mehrfach aktiv an der Schilderdemo Ulrichs. Am 30.12.21 fuhr Kopke gemeinsam mit FL-Frontfrau Sandra Gabriel zu der Schilder-Demo nach Detmold und erstellte ein Propaganda-Video der Aktion. Danach schrieb er im Telegram-Chat: „Jap, müssen sich noch mehr beteiligen, waren ja auch noch Schilder übrig“.

30.12.21: Sandra Gabriel und Toni Kopke bei Gerd Ulrichs Schilder-Demo in Detmold

Auf der von Gabriel und Kopke mitorganisierten verschwörungsideologischen Demo in Lemgo am 29.01.22 standen folgerichtig dann auch die Neonazis Gerd und Anna-Maria Ulrich gemeinsam mit dem stellvertretenden Leiter des rassistischen Thule-Seminars Burkhart Weecke in der ersten Reihe bei der Auftaktkundgebung. Mit Sandra Gabriel aus Halle an der Saale reist Toni Kopke seit Beginn 2021 zu Anti-Corona-Demos bundesweit, z.B. nach Leipzig, Berlin oder auch Kassel. Gabriel meldet in Halle an der Saale verschwörungsideologische Demos an und ist immer wieder durch die Nähe zu dem bekannten Neonazi Sven Liebich (ebenfalls Halle) und seiner Gefolgschaft ins Licht der Öffentlichkeit geraten. Ein Video zeigt Gabriel am 27.02.21 in einer größeren Gruppe Neonazis in Halle. Eine Person vor Gabriel zeigt zweimal sehr deutlich den Hitlergruß, Gabriel stört sich nicht daran, läuft weiter mit in dem Mob und filmt.

Querfrontler: Sandra Gabriel und Toni Kopke

Die Neonazi-Kleingruppe „Anti-Antifa-Germany“ aus Berlin bezeichnet Gabriel „als eine unserer Aktivisten“. Am 18.12.21 teilte sie sich bei einer Anti-Corona-Demo das Mikro mit einem Mitglieder der Jungen Alternative Paderborn. Die Rede des JA-Mitglieds teilten Gabriel und Kopke danach in der Telegram-Gruppe „Lippe OWL Protest und Widerstand“. Auch in der Gruppe sind bekannte Neonazis Mitglieder, so pries Lennard Sanner hier den rechten Anwalt Hendrik Schnelle am 01.01.22 als Rechtsvertretung bei Ordnungswidrigkeitsverfahren an. Als am 17.12.21 und am 07.01.22 Neonazis und Neofaschisten die Auseinandersetzung mit der Polizei suchten und Absperrungen durchbrachen, war Toni Kopke damit beschäftigt, antifaschistische Gegendemonstrierende zu beleidigen.

Weder die „Freie Linke“ noch ihre Frontpersonen Toni Kopke und Sandra Gabriel sind antifaschistisch, emanzipatorisch oder antirassistisch! Sie verbreiten antisemitische Verschwörungsmythen und paktieren mit Neonazis. Da hilft auch eine rote Fahne nichts!

Rechte Beteiligung am 04.02.22

04.02.22: Florian Schürfeld bei „Bielefeld steht auf“ (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

An den regionalen Großdemos der verschwörungsideologischen Szene haben in den letzten Wochen immer auch bekannte Personen der rechten Szene teilgenommen – ob in Bielefeld, Paderborn oder auch Lemgo. So auch am 04.02.22 in Bielefeld. Von der Neonazi-Kleinstpartei „Die Rechte“ lief der Bielefelder Tim Sauer mit. Florian Schürfeld, Burschenschafter bei der Normannia Nibelungen und Aktivist der Identitären Bewegung, nahm mit drei weiteren Personen an der Demo von „Bielefeld steht auf“ teil.

04.02.22: Tim Sauer bei „Bielefeld steht auf“

Von der nationalistischen Jungen Alternative Bielefeld nahm Tim Marvin Braungart mit entsprechender Fahne am Aufzug teil. Auch Reimund Ruhe von AfD Paderborn lies sich blicken. Als weiteres bekanntes Gesicht zeigte sich der verschwörungsideologische Zahnarzt Oliver Samson (Minden) in Bielefeld. Gegen Samson wird derzeit polizeilich ermittelt, nachdem er am 03.01.22 einen Teil der verschwörungs-ideologischen Montagsdemo in Minden zum Haus der Landrätin Anna Bölling führte.

Es ist der beständigen kritischen Öffentlichkeit geschuldet, dass sich in den letzten Wochen weniger Personengruppen aus dem organisierten neonazistischen und neofaschistischen Spektrum auf Bielefelds Straßen getraut haben. Von „Bielefeld steht auf“ und den anderen Gruppen ist keine glaubhafte Distanzierung in diese Szene erwarten. Das Beispiel der „Freien Linken“ zeigt eindrücklich, dass hier bereitwillig Seite an Seite mit organisierten Rechten demonstriert wird. Denn es gibt viele ideologische Schnittmengen. Darum müssen diese Demos auch weiterhin als das bezeichnet werden, was sie sind: Aufzüge einer rechten verschwörungsideologischen Querfront!

 

Quellen:

https://freie-linke.de/mitteilungen-der-freien-linken/aufruf-der-freien-linken

https://freie-linke.de/freier-funke/2021/06/kommt-der-klimalockdown#more-2092

https://twitter.com/IfS_dicht/status/1365756687060262912

https://twitter.com/AZeckenbiss/status/1365719378268991491

https://www.belltower.news/freie-linke-die-anti-impf-anti-imps-121205/

https://www.belltower.news/tag-der-deutschen-einheit-neonazis-und-corona-leugner-mobilisieren-nach-halle-121989

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 21.01.2022 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2022/01/24/zum-verschwoerungsideologischen-demonstrationsgeschehen-am-21-01-2022-in-bielefeld/ Mon, 24 Jan 2022 21:08:40 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1576 Continue reading Zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 21.01.2022 in Bielefeld ]]> Am Freitag, den 21.02.2022, folgten rund 2000 Personen dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ und zogen in 4 Demo-Zügen unter starker Polizeibegleitung durch Bielefeld. Im Gegensatz zu den Aufmärschen am 17.12.21 sowie 07.01.22 hatten diesmal die Organisator*innen um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann die Demozüge angemeldet. In den letzten Wochen wurden unsere Recherchen zu der Beteiligung bekannter militanter Neonazis und neofaschistischer Burschenschafter an den „Bielefeld steht auf“-Demos in den lokalen und überregionalen Medien aufgegriffen. Durch die zunehmend kritische Berichterstattung erhöhte sich der Druck auf das Orga-Team um Jesse, Landwehr und Co., sodass am 13.01.22 erstmals seit Gründung der Gruppe im März 2021 eine Distanzierung von „Extremismus“ formuliert wurde. Seit 8 Monaten haben wir immer wieder auf antisemitische und rechtspopulistische Inhalte in den Chats und bei den Demos von „Bielefeld steht auf“, sowie auf die Teilnahme von Unterstützer*innen von Ursula Haverbeck und Mitgliedern der AfD, JA und Identitärer Bewegung aufmerksam gemacht. Nie gab es auch nur einen Satz der Abgrenzung. Das die neue Distanzierung nichts anderes als Augenwischerei ist, belegen die Inhalte der Telegram-Gruppe auch nach dem 13.01., die von den Admins geduldet werden. Ein konsequentens Vorgehen gegen antisemitische Verschwörungsmythen, rechtspopulistische Propaganda, menschenfeindliche Aussagen würde die Gruppe sprengen. Denn sie machen den Kern des Austauschs unter den Mitgliedern von „Bielefeld steht auf“ aus.

Screenshot „Bielefeld steht auf“ vom 14.01.22

Antisemitische und pronationalistische Kontinuitäten

Seit dem 13.01. haben Jesse und Landwehr hin und wieder Posts gelöscht, wenn Mitglieder ein schlechtes Image für die Gruppe durch allzu offensichtliche volksverhetzende Posts oder allzu offene Gewaltaufrufe befürchteten. In diesen Fällen wird auf die mitlesende Presse, Antifa oder Polizei verwiesen, denen man „kein Futter“ bieten wolle – und nicht etwa auf den Umstand, dass Antisemitismus und Rassismus abzulehnen sind.

Weit mehr 90% der übrigen Inhalte, Links und Texte werden weiterhin akzeptiert. Es wird weiter von „Globalisten“ und „Zionisten“ gesprochen und geschichtsrevisionistische Mythen akzeptiert. So bspw. schreibt Mitglied Dr. Blond am 14.01.: „Hitler war ein Partner der Zionisten. Hitler sowie auch Merkel wurden im Tavistock Institut bei Rothschild ausgebildet und in Deutschland installiert um Deutschland zu zerstören“ (siehe Screenshot). Es wird von linker Umerziehung im Schulsystem gesprochen, homophobe Meinungen geteilt und Partei für bekennende Neofaschisten wie Martin Sellner ergriffen. Die Mitglieder wünschen keine Abgrenzung nach rechts, sie teilen selbst in der Mehrheit rechte Inhalte.

Oben: Screenshots „Bielefeld steht auf“ zum Anschluss „Rechtsextremer“

Und sie sprechen sich offen für den Schulterschluss mit Neonazis und Neofaschisten aus. Die vermeintliche Distanzierung des Orga-Teams ist bedeutungslos. Wenn also wie am Freitag 2000 Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ und anderer verschwörungsideologischer Chatgruppen durch Bielefeld ziehen, werten wir das als einen rechten Aufzug. Dies zeigt sich teilweise auch augenfällig auf der Straße, durch aggressives Auftreten gegenüber Pressevertreter*innen, aber auch durch Symbole. Eine Person trug eine Gadsden-Flagge, die in den USA vor allem von Anhänger*innen der rechtspopulistischen und antisozialistischen Tea-Party-Bewegung als Symbol genutzt wird.

Rechts: 21.01.22 Hitlergruß (hinter der Fahne) gegen die Gegendemo am Rand (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Sie steht symbolisch für US-Patriotismus, Regierungskritik und die im Zweifel gewaltsame Verteidigung der US-Verfassung. Ein anderer Teilnehmer zeigte auf der Arthur-Ladebeck-Straße den Hitler-Gruß in Richtung des antifaschistischen Gegenprotests (siehe Foto). Auch nach der Demo am 21.01.22 wurden erneut entlang der Route vielfach Sticker neofaschistischer Gruppen gefunden und durch engagierte antifaschistische Bielefelder*innen entfernt.

Beteiligung bekannter Akteur*innen

Auch am 21.01.22 beteiligten sich bekannte Personen der rechten Parteienlandschaft und der neonazistischen Szene am Demonstrationsgeschehen in Bielefeld. Tim Marvin Braungart von der nationalistischen Jungen Alternative lief in dem Zug ausgehend von der Kunsthalle mit JA-Fahne mit. Markus Mittwoch, Mitglied der CDU Bielefeld, beteiligte sich an dem Kesselbrink-Zug.

Neonazi Dirk Stranghöner & Markus Mittwoch (Quelle: Facebook)

Mittwoch ist aktives Mitglied des rechten Vereins Werteunion und ist für den Verein sowohl im Bundesvorstand als auch im Landesvorstand NRW als Beisitzer aktiv. Die Werteunion verbreitet unter dem Label Konservatismus nationalistische, antiemanzipatorische und AfD-nahe bis hin zu -identische Positionen. Sowohl das prominente Werteunions-Mitglied Hans-Georg Maaßen als auch der aktuelle Werteunionsvorsitzende Max Otte sind immer wieder durch die gezielte Relativierung und Rechtfertigung rechter Gewalt und Terrors aufgefallen. Ottes Vize-Chef Klaus Dageförde war früher in einer Neonazi-Gruppe als führender Kader aktiv.

Markus Mittwoch ist „Team Maaßen“

Der Bielefelder Malermeister Markus Mittwoch zeigt sich bei Facebook als Fan des früheren Verfassungsschutz-Chef Maaßen und betonte im Mai 2021: „Außerhalb vom Thüringer Wahlkreis von Herrn Maaß [sic!] würde ich niemandem raten die CDU zu wählen“. 2016 rief Mittwoch bereits öffentlich dazu auf, die AfD zu wählen. Am 21.01.22 schrieb Mittwoch auf Facebook: „Ob die heute noch Nazis finden? Und wenn wie mögen die jetzt wohl sein? Ist es da nicht besser der Natur freien Lauf zulassen?“. Der frühere Neonazi Dageförde antwortet: „Ich Sitz [sic] schon im Auto und komme euch unterstützen *Lachsmiley*“. Beide dürften durchaus mit Neonazis bekannt sein. Mittwoch ist dem Neonazi-Skinhead Dirk Stranghöner (Kreis Lippe) befreundet. Stranghöner ist seit mehr als 25 Jahren als Neonazi bekannt und aktiv. Er war unter anderem Teil der neonazistischen „Kameradschaft Bielefeld“ sowie der „Road Crew Ostwestfalen“. Fotos zeigen Stranghöner und Werteunions-Mitglied Markus Mittwoch bei gemeinsamen Wanderungen. Wenn Stranghöner mit anderen bekannten Neonazis wie Marcus Winter (Minden), Michael Sundermann und Jan Weißberg zum Vatertagsausflug loszieht, gefällt das Markus Mittwoch auf Facebook.

Auch andere Online-Kontakte Mittwochs weisen in die Neonazi-Szene um Stranghöner sowie in die rechte Hooligan-Szene von Arminia Bielefeld. Die CDU und auch die Werteunion verneinen eine Nähe zu Neonazis. Wie die Causa Mittwoch dazu passt, wird sich zeigen.

21.01.22: vorne 2. v.l. Heinz Kriegel, Rainer Kötter, Dennis Seibert (Quelle: https://twitter.com/mor_schl/status/1484908127980040193/photo/1)

Auch Neonazi und Ex-Reservist Heinz Kriegel nahm mit 3 weiteren Personen, darunter Neonazi und Hooligan Dennis Seibert, an der Demo am 21.01.22 teil. Kriegel und Seibert hatten im Oktober 2020 gemeinsam mit dem damaligen Vorsitzenden der Bielefelder Reservistenkameradschaft RK36 Alt-Bielefeld Michael Reinert eine Demonstration der neonazistischen Kleintspartei „Der dritte Weg“ in Berlin besucht. Seibert und Kriegel sind schon wiederholt bei den Demos von „Bielefeld steht auf“ aufgefallen. Am 17.12.21 beteiligte sich Seibert an einem gewaltsamen Durchbruch am Bielefelder Rathaus.

Die Medien sind das Virus“

Nach der unangemeldeten Demo vom 07.01.22 wurde in der „Bielefeld steht auf“-Gruppe massiv gegen die lokalen Medien und Journalist*innen gehetzt. Presse und Medien sind innerhalb der ideologisch heterogenen Pandemie-leugnerischen Szene ein übergreifendes Feindbild.

Gewaltaufruf gegen Fotograf bei „Bielefeld steht auf“

Sie werden als Propaganda-Organe der Regierung oder der eingebildeten geheimen „Elite“ begriffen und werden für die erlebten Einschränkungen verantwortlich gemacht. Bei der Demo vom 07.01.22 kam es zu körperlichen Angriffen auf Presse-Vertreter*innen. Fotograf*innen wurden bedrängt und bedroht. Im Chat wurden Fotos vonJournalist*innen geteilt und zur Gewalt gegen sie aufgerufen („Farbbeutel in die Fresse“).

Screenshot „Bielefeld steht auf“ 11.01.22

Lokale Medien wie Radio Bielefeld, der WDR oder die Neue Westfälische sollten besucht und angegangen werden. Widerspruch gab es keinen. Keine der Nachrichten, in denen zu Gewalt gegen einzelne Journalist*innen oder Konfrontationen an den Redaktionsgebäuden aufgerufen wurde, wurde durch die Administrator*innen kritisiert oder gelöscht. Auch am 21.01.22 berichteten Journalist*innen über Beleidigungen und Störungen während der Begleitung der Demo-Züge.

Fazit

Die Demos von „Bielefeld steht auf“ werden von Menschen besucht, die sich von den dort transportierten Inhalten angesprochen fühlen und die den Schulterschluss mit militanten Neonazis bereitwillig eingehen. Gewalt wird toleriert, wenn es dem Gefühl der Ermächtigung auf der Straße dient oder sich gegen gemeinsame Feinde wie Journalist*innen oder die Antifa richtet. Bekannte rechte Akteure nutzen diese Demos, um neue Anhänger*innen zu rekrutieren. Sei es die AfD, JA, die Werteunion oder auch Ableger der Identitären Bewegung oder militante Neonazi-Gruppierungen. Die Zugehörigkeit zur bürgerlichen Mitte ist kein ideologischer Schutzmantel. Die relevanten Überzeugungen und Ideologien müssen zur Bewertung dieser Bewegung in den Fokus genommen werden. Auch Teile der bürgerlichen Mitte hegen antisemitische, rassistische und antiemanzipatorische Überzeugungen. Und eine Minderheit dieser Teile läuft bei „Bielefeld steht auf“ und den anderen Pandemie-leugnerischen Demos regional und bundesweit mit! Die Leute, die sich tagtäglich in diesen Chatforen bewegen, akzeptieren und teilen die genannten Inhalte. Sie entscheiden sich jeden Tag aufs Neue, diese Inhalte unwidersprochen hinzunehmen oder selbst zu verbreiten. Und sie entscheiden sich bei jeder Demo, jeder Mahnwache und Kundgebung aufs Neue dazu, diese Ideologien auf die Straße zu tragen und Antisemit*innen, Neonazis und Reichsbürger*innen neben sich zu dulden. Das ist nicht harmlos, das ist auch nicht unpolitisch. Das sind bewusste Entscheidungen dieser Leute aus der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft, sich mit diesen Ideologien und ihren Vertreter*innen gemein zu machen.

Weiterführende Infos:

https://arip.noblogs.org/archiv/nazistrukturen-owl/sonstiges/road-crew-ostwestfalen/

https://www.werteunion.de/bundesvorstand/

https://www.werteunion.de/landesverbaende/nordrhein-westfalen/

https://www.youtube.com/watch?v=yb4mcayeUsk

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Stellungnahme zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 07.01.2022 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2022/01/09/stellungnahme-zum-verschwoerungsideologischen-demonstrationsgeschehen-am-07-01-2022-in-bielefeld/ Sun, 09 Jan 2022 19:38:06 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1536 Continue reading Stellungnahme zum verschwörungsideologischen Demonstrationsgeschehen am 07.01.2022 in Bielefeld ]]>
Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 07.01.22

Am 07.01.2022 konnten erneut über 2000 Personen aus der verschwörungsideologischen Szene das Bielefelder Stadtgebiet vereinnahmen. Trotz hoher Präsens der Polizei lies diese jede Gelegenheit verstreichen, die nicht genehmigten Aufzüge festzusetzen und die 3G-Auflagen umzusetzen. Durchsagen der Polizei wurden gänzlich ignoriert, es wurden weder Masken getragen noch Abstand gehalten. Es kam zu einem gewaltsamen Angriff auf einen Pressevertreter, andere Pressevertreter*innen wurden bepöbelt und bedroht. Bei einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße (Höhe Potemkin Bar) wurde nach Berichten der Demo-Teilnehmer*innen Pfefferspray gegen die Polizist*innen eingesetzt. Bei der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei war mindestens ein Kind zugegen, das unter Tränen darum bat, den Ort verlassen zu dürfen. Erst nach über 3 Stunden löste sich die Ansammlung Verschwörungsgläubiger langsam auf.

Beteiligung aus der neofaschistischen und neonazistischen Szene

Tim Sauer am 07.01.22 in Bielefeld (Quelle:Doku Netzwerk OWL)
Jan Tiemann am 07.01.22 in Bielefeld (Screenshot a. Video)
Neonazi, Name unbek.(Quelle:Doku Netzwerk OWL)
01.05.2018: Neonazis von „Die Rechte OWL“ besuchen Meinolf Schönborn, 2. v. r. der benannte Neonazi

Wie schon bei der letzten Großdemonstration der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann am 17.12.2021 nahmen auch am 07.01. wieder bekannte Neonazis aus OWL am Demonstrationsgeschehen in Bielefeld teil. Antifaschistische Beobachter*innen konnten Gerd Ulrich (Detmold-Berlebeck, u.a. HDJ) mit vier weiteren Personen im Demo-Zug ausgehend vom Oetker-Park ausmachen. Am Kesselbrink fanden sich gegen 18:30 Uhr die Neonazis Tim Sauer (Bielefeld, Mitglied „Die Rechte“) und Bernd Stehmann (Leopoldshöhe) in Begleitung von 5 weiteren Personen ein. Auch der Neonazi Jan Tiemann (Bielefeld) nahm an dem vom Kesselbrink ausgehenden Demozug teil.

Auf Videos der Demoteilnehmer*innen konnte außerdem dieser Mann identifiziert werden. Er nahm 2018 an konspirativen Treffen der neonazistischen Kleinstpartei „Die Rechte“ teil und zeigt sich seit Pandemie-Beginn immer wieder bei Demos der verschwörungsideologischen Szene in Bielefeld. In dem Demo-Zug, der sich ausgehend vom Oetker-Park gebildet hatte, liefen auch Mitglieder der rechten Burschenschaft Normannia Nibelungen (Bielefeld) mit. Die Normannia ist seit Jahren als nationalistische profaschistische Burschenschaft bekannt. Aus ihren Reihen stammen namhafte Neonazis wie der führende Hammerskin Hendrik Stiewe. Der früher führende Aktivist der Identitären Bewegung (heute AfD & JA Arnsberg) Nils Hartwig ist ebenfalls Teil der Normannia. 2019 gab es einen Polizeieinsatz bei der schlagenden Burschenschaft, nachdem dort indizierter Rechtsrock sowie „Sieg-Heil“-Rufe zu hören waren. Seit 2020 ist die Normannia die vorsitzende Burschenschaft des rechten Korporationsverbands Deutsche Burschenschaft. Am 07.01. nahmen Lars Peterat (Normannia Nibelungen &Sprecher der Deutschen Burschenschaft), Domenic Nagel (Normannia Nibelungen, stellvertretender Sprecher der Deutschen Burschenschaft & Junge Alternative Bielefeld) und Florian Schürfeld(Normannia Nibelungen, Aktivist der Identitären Bewegung) mit mindestens zwei weiteren Personen an der Demo teil. Dabei trat insbesondere Domenic Nagel aggressiv und provozierend gegenüber den Polizeibeamten auf.

07.01.22: ganz rechts Lars Peterat mit Mitgliedern der Normannia Nibelungen (Quelle: Doku Netzwerk OWL)
07.01.22: Domenic Nagel belästigt Polizeibeamte (Quelle: Doku Netzwerk OWL)
Aktiva der Normannia Nibelungen im Wintersemester 2020/2021: vlnr. Unbek., Lars Peterat, Domenic Nagel, Robert Malcoci, unbek., Florian Schürfeld (Quelle: Burschenschaftliche Blätter)
07.01.22: Florian Schürfeld und Domenic Nagel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

07.01.22: vorne Jonas Vriesen in Bielefeld (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Auch der ehemalige Vorsitzende der Jungen Alternative Bielefeld, Jonas Vriesen, fiel durch aggressives Verhalten sowohl Pressevertreter*innen als auch der Polizei gegenüber auf.

07.01.22: markiert vlnr.: Christoph Woskres, Maxim Dyck, Jonas Vriesen (Quelle: Doku Netzwerk OWL)

Ein Video des Fernsehsenders RTL zeigt Jonas Vriesens Beteiligung an der gewaltsamen Auseinandersetzung mit der Polizei an der Heeper Straße. Vriesen besuchte die Demo gemeinsam mit Maxim Dyck (Junge Alternative OWL & AfD Gütersloh) und einer weiteren Person, die sich bei Telegram Christoph Woskres nennt. Woskres nahm im November 2019 mit Florian Schürfeld an einer pressefeindlichen Neonazi-Demo in Hannover teil. Zu der Demo am 23.11.2019 hatten NPD und Die Rechte aufgerufen, es wurde gegen unliebsame Journalist*innen und die Pressefreiheit gehetzt. Die Aktiva der Normannia Nibelungen halten engen Kontakt zum Bielefelder Verband der Jugendorganisation der AfD. Unter Jonas Vriesens Führung wurden Kontakte geknüpft, wie wir in Recherchen bereits dargelegt haben. Ein Foto vom Sommerfest der JA OWL zeigt die Teilnahme von Domenic Nagel und einem weiteren Burschenschafter. Auf dem Foto ist auch Woskres zu sehen. Mittlerweile findet der monatliche Stammtisch der JA Bielefeld im Haus der Normannia Nibelungen statt. Neben den namentlich bekannten Neonazis und Neofaschisten wurden mindestens drei weitere rechte Kleingruppen in den Demonstrationszügen gesichtet.

23.11.2019: Christoph Woskres & FlorianSchürfeld bei NPD-Demo in Hannover (Quelle: Recherche Nord)

Erneut konnten Neonazis und Neofaschisten im Schulterschluss mit Verschwörungsgläubigen, Esoteriker*innen und sonstigen Pandemie-Leugner*innen durch Bielefeld ziehen und gewaltsame Auseinandersetzungen suchen. Die erneut eklatante Fehleinschätzung der Polizei, es wären nur zwei Neonazis unter den Teilnehmenden gewesen, arbeitet den Aufzügen der Verschwörungsgläubigen zu und verharmlost die rechte Allianz, die sich auf Bielefelds Straßen und in den Telegram-Chats bildet.

Mobilisierung

Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 17.12.21

Die Hauptmobilisierung fand über die Telegram-Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse, Angela Landwehr und Kristina Bergmann statt. Diese hatten zu einer Großdemo am 07.01. für 18 Uhr auf den Kesselbrink aufgerufen. Trotz der eindeutig belegten Teilnahme militanter Neonazis bei der letzten „Bielefeld steht auf“-Demo am 17.12. 21 gab es von den Veranstalter*innen keinerlei Abgrenzung in diese Szene. Wie wir in mehreren Stellungnahmen bereits deutlich gezeigt haben, dominieren in der Chat-Gruppe von „Bielefeld steht auf“ strukturelle bis offen antisemitische Verschwörungsmythen, gemischt mit pronationalistischen und emanzipationsfeindlichen Inhalten, Werbung für die AfD und verschiedene Reichsbürger-Organisationen. Während die Administrator*innen Jesse, Landwehr und Bergmann jede Beleidigung gegen das Organisationsteam sowie jede Kritik an der ideologischen Ausrichtung der Gruppe direkt aus dem Chat löschen und die Teilnehmer entfernen, werden alle verschwörungsideologischen und rechten Inhalte unkommentiert stehen gelassen und gedultet. Diese Inhalte bilden die ideologische Schnittstelle für die neonazistische, neurechte und neofaschistische Szene. An den „Bielefeld steht auf“- Demos nehmen immer wieder Mitglieder der Jungen Alternative Bielefeld, der AfD und Unterstützer*innen der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck teil, wie wir bereits mehrfach belegt haben. Daran stören sich weder die Organisator*innen, noch die anderen Gruppen-Mitglieder. Es wird die vielfache Werbung für die neue Gruppe „Westfalens Eichensöhne“ akzeptiert, eine Neuauflage der Identitären Bewegung. Die AfD und JA bewerben die „Bielefeld steht auf“-Demos seit Monaten, am 17.12. war einer der Ordner Tim Marvin Braungart von der Jungen Alternative Bielefeld. André Jesse löste aufgrund der 3G-Auflagen spontan seine angemeldete Demo auf und zog sich damit aus der Verantwortung. Im Anschluss an die von der Polizei gebilligte, nun unangemeldete Großdemo mit Auschreitungen am Rathaus frohlockte Angela Landwehr abends noch bei Telegram über die „gigantische Teilnahme an unserem Spaziergang“ (siehe Screenshot). Das Verhalten der Stadt Bielefeld und der Polizei bescherte der Gruppe große Demo-Erfolge und verschafft der Gruppe immer weiteren Zulauf. Mittlerweile hat die Chat-Gruppe mehr als 4500 Mitglieder. Für den 07.01. meldete Jesse erneut eine Großdemo an lies diese in den letzten Wochen in regionalen und bundesweiten verschwörungsideologischen Kanälen bewerben.

Screenshot „Bielefeld steht auf“ Telegram 07.01.22

Nach dem Anmeldungsrückzug, begründet mit der Sorge vor der rechtlichen Verantwortung für die zu erwartende Nichteinhaltung der 3G-Auflagen ab 751 Teilnehmer*innen, stellten Jesse, Landwehr und Bergmann ihren Kanal bereitwillig für die Bewerbung unangemeldeter Demos am 07.01.22 zur Verfügung. Neben der Bewerbung wurden auch ausschweifende Strategie-Diskussionen durch die Administrator*innen zugelassen. Es war vollkommen klar, dass die Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ mehrere unangemeldete Demo-Züge sowie Masken- und Abstandsverweigerung planten. Am 07.01. selbst schaltete André Jesse dann den sonstigen verlangsamten Schreibmodus der Gruppe aus, um während der unangemeldeten Demos die digitale Vernetzung und Koordination der Teilnehmer*innen zu ermöglichen (siehe Screenshots). André Jesse und die anderen Gruppenverantwortlichen stellten so eine digitale Supportstruktur für das Demonstrationsgeschehen am 07.01.22 und übernahmen damit konkret auch Verantwortung für das Katz-und-Maus-Spiel mit der Polizei.

Fazit

Trotz der geplanten und absolut offensichtlichen Nichteinhaltung der 3G-Regelung, der geplanten und umgesetzten Nicht-Anmeldung der Demozüge und gewaltsamer Auseinandersetzungen mit der Polizei konnten die Verschwörungsgläubigen, Impfgegner*innen, Neonazis und Neofaschist*innen weite Strecken in der Stadt unbehelligt laufen. Die Polizei beruft sich für ihr Nicht-Verhalten auf den Schutz des Versammlungsrechts. Dieser Schutz wird jeder anderen Gruppe, die in Bielefeld demonstriert, ab nun angemeldet oder auch bei Spontandemonstrationen in keiner Weise gewährt. Er gilt auch nicht für Fußballfans. Dieser Schutz wird einzig und allein der rechten und verschwörungsideologischen Szene gewährt – und er führt zur Vergrößerung und Radikalisierung dieser Szene. Es wäre gänzlich undenkbar, dass linke Demos laufen würden, wenn es gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei inklusive Pfeffersprayeinsatz gegeben hätte. Linke Spontandemos mit 20 Teilnehmer*innen wurden in der Vergangenheit mit polizeilichem Großaufgebot verfolgt, vermeintliche Teilnehmer*innen teilweise über Nacht rechtswidrig in Gewahrsam genommen. Bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen 2018 und 2019 sperrte ein Polizei-Großaufgebot die Bielefelder Innenstadt ab, behinderte den linken Gegenprotest massiv und zeigte, dass sie auch über Einsatztaktiken für 14.000 Protestierende verfügten. Davon zeigt sich angesichts der rechten verschwörungsideologischen Demos nichts. Und hier muss sich die Polizei fragen lassen, welche politische Entscheidung hinter dieser Akzeptanz für die Demos dieser Szene steckt. Es braucht keine rigideren Gesetze, die die Demonstrationsfreiheit weiter einschränken und auch keine Schnellverfahren. Sondern die Anerkennung der ideologischen und realen Gefahr, die von dieser Szene ausgeht, auf der politischen Ebene. Und es braucht entschlossenen und starken Gegenprotest auf der Straße. Ein Rückzug in die bequeme Onlinewelt räumt die Straße für die Verschwörungsgläubigen und Neonazis und beeindruckt die Szene in keiner Weise. Die Bewohner*innen von Minden haben am Samstag gezeigt, dass auch bürgerlicher Gegenprotest verantwortungsvoll in Pandemie-Zeiten möglich ist. Die Mitglieder der regionalen Chatgruppen waren sichtlich erschüttert von den 2500 Menschen, die ein Zeichen gegen antisemitische Verschwörungsmythen und rechte Hetze setzten. Wir bedanken uns bei den Gegendemonstrant*innen, die am 07.01. nicht dem Aufruf des Bielefelder „Bündnis gegen rechts“ folgten, sondern auf der Straße Stellung bezogen.

Polizei und Stadt Bielefeld müssen sich fragen lassen, was noch passieren muss, um der verschwörungsideologischen Szene um „Bielefeld steht auf“ entschlossen Einhalt zu gebieten.

Links:

https://twitter.com/ChrisReichFoto/status/1479512256991870982

https://twitter.com/ver_jorg/status/1479525145249300486

https://twitter.com/mor_schl/status/1479819346012737540

https://twitter.com/SebastianReddig/status/1479527756262219778

https://twitter.com/mor_schl/status/1479819357169586180

https://twitter.com/alibi602/status/1479525944180236295

 

Stellungnahme als PDF zum Download:

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Polizei lässt tausende Verschwörungsgläubige durch Bielefeld ziehen und Neonazis proben den Aufstand – zum Demonstrationsgeschehen am 17.12.2021 in Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2021/12/19/polizei-laesst-tausende-verschwoerungsglaeubige-durch-bielefeld-ziehen-und-neonazis-proben-den-aufstand-zum-demonstrationsgeschehen-am-17-12-2021-in-bielefeld/ Sun, 19 Dec 2021 13:20:11 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1469 Continue reading Polizei lässt tausende Verschwörungsgläubige durch Bielefeld ziehen und Neonazis proben den Aufstand – zum Demonstrationsgeschehen am 17.12.2021 in Bielefeld ]]> Gestern kam es zu einer Großdemonstration von ca. 3000 Verschwörungsgläubigen, die dem Aufruf der verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“ um André Jesse und Angela Landwehr gefolgt waren. Der Aufruf der Gruppe wurde regional und bundesweit in einschlägigen Telegram-Gruppen, aber auch über neonazistische Kanäle sowie AfD-Kreisverbände verbreitet. Nachdem bereits am 03.12. eine verschwörungsideologische Großdemo reibungslos ohne Masken- und Abstandsauflagen von der Polizei Bielefeld ermöglicht wurde und die Presse zunächst uneingeschränkt verharmlosend darüber berichtet hatte, schlossen sich der Telegram-Gruppe „Bielefeld steht auf“ in den letzten zwei Wochen über 1500 neue Mitglieder an. Wir haben konstant öffentlich auf das Mobilisierungspotenzial, das Personenspektrum und auch die Mobilisierung in Neonazi-Kreisen hingewiesen. Dennoch zeigte sich die Polizei gestern angesichts der Einschätzung der bei „Bielefeld steht auf“ Demonstrierenden erneut vollkommen unfähig. Sowohl auf der Straße als auch in der anschließenden Einschätzung der Polizeisprecherin Sonja Rehmert. Rehmert ließ gegenüber der Presse verlautbaren, nur ein einzige Person aus der Neonazi-Szene sei der Polizei aufgefallen. Dabei bewegte sich eine größere Gruppe polizeibekannter Neonazis von Beginn an unter den Demonstrierenden – und nahm bei den Ausschreitungen am Rathaus gegen 19:25 Uhr eine entscheidende Rolle ein.

17.12.21 Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Neonazi Lennard Sanner in Neonazi-Gruppe, dahinter im hellen Mantel mit Bielefeld-Fahne der Vorsitzende der JA Bielefeld Florian Rust

Videos belegen die Beteiligung der Neonazis Lennard Sanner und Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg), Meinhard Otto Elbing und Jan Tiemann (Bielefeld) an der Ausschreitungssituation. Sanner ist zu sehen, wie er die umstehenden Demonstranten wild gestikulierend zur weiteren Aktion anstachelt. Die bekannten Neonazis bewegten sich in einer Gruppe von ca. 10 teilweise vermummten Neonazis. Außerdem unter ihnen und ebenfalls an dem Durchbruch am Rathaus beteilligt: Florian Rust, Vorsitzender der Jungen Alternative (JA) Bielefeld. Rust hatte sich schon auf dem Kesselbrink in dem Trupp militanter Neonazis bewegt, gut zu erkennen an seinem hellen Mantel und der großen Flagge mit dem Bielefelder Stadtwappen, die er mit sich führte. Rust nahm in der Vergangenheit wiederholt an Demos von „Bielefeld steht auf“ teil, z.B. am 24.09.2021. Er ist seit Juni 2021 Vorsitzender der JA Bielefeld und organisiert ihren monatlichen Stammtisch bei der ultranationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen, an dem sich teilweise auch Neonazis beteiligten. Rusts Anwesenheit in der Neonazi-Gruppe gestern ist ein weiterer Beleg für die Bereitschaft der AfD, sich mit Unterstützung militanter Neonazis politisch in Szene zu setzen.

17.12.21 Kesselbrink Bielefeld: zweiter von links Lennard Sanner, zweiter von rechts Christian Lange (beide aus Horn-Bad Meinberg)
Links im Bild: Meinhard Otto Elbing (mit grauem Pferdeschwanz), daneben Florian Rust

 

 

 

 

Die gestrigen von lokalen Neonazis teilweise angeleiteten Ausschreitungen waren zu erwarten! Wir und auch die Gruppe Antinationale Linke Bielefeld (ALIBI) sowie die Jugendantifa Bielefeld haben seit dem 03.12. auf die fatalen Folgen der positiven Erstberichterstattung und polizeilichen Einschätzung der Demo am 03.12. hingewiesen. Die Polizei Bielefeld leugnet auch für den 03.12. die Teilnahme von Neonazis, wir haben die Teilnahme des Ex-Reservisten und Neonazi Heinz Kriegel durch Fotos belegt. Schon in der Vergangenheit haben immer wieder Unterstützer*innen der Holocaustleugnerin und Nationalsozialistin Ursula Haverbeck an den Demos teilgenommen, auch diesen Umstand haben wie wiederholt öffentlich gemacht. Diese Personen sind bei den neonazistischen Haverbeck-Aufmärschen in Bielefeld 2018 und 2019 aufgefallen. Mindestens 4 der Haverbeck-Unterstützer*innen nahmen auch gestern an der Demo teil. Außerdem sind auch die bekannten Neonazis Tim Sauer, Jan Tiemann (Bielefeld) und Rene Heitmann (Gütersloh) unter den Teilnehmenden gewesen. Aus Detmold-Berlebeck kamen die beiden bekannten Neonazis und Funktionäre der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) Gerd und Anna-Maria Ulrich. Gerd Ulrich leitete in den 1990er Jahren eine Wehrsportgruppe, ist wegen Sprengstoffdelikten vorbestraft und führt bis heute paramilitärische Schulungen von Kindern aus der Neonazi-Szene auf seinem Grundstück durch. Das Ehepaar Ulrich nimmt seit Pandemie-Beginn an verschwörungsideologischen Demos regional und bundesweit teil und organisiert eine wöchentliche Schilderaktion in Detmold, an der auch schon Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ teilnahmen. Gerd Ulrich ist außerdem Teil eines verschwörungsideologischen Zusammenschlusses von Reservisten und Veteranen. Aus Bünde reiste der erst kürzlich wegen Holocaustleugnung verurteilte Neonazi Kai Berger an. Auch die Neonazis Heinz Kriegel und Dennis Seibert waren gestern vor Ort. Kriegel musste nach unseren Recherchen im Februar den Reservistenverband und die Bielefelder Reservistenkameradschaft RK36 Alt-Bielefeld verlassen. Des weiteren zeigte sich eine größere Gruppe türkischer Nationalisten, die den „Grauen Wölfen“ zugeordnet werden können. Der Großteil der genanten Neonazis ist übrigens einschlägig polizeibekannt.

Christian Lange & Lennard Sanner bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz 01.09.2018 (Foto v. Recherche Nord)

Das sich die Gruppe um Sanner, Lange und Elbing sowie die Ulrichs bei „Bielefeld steht auf“ eingefunden haben ist dabei nicht nur Ausdruck der ideologischen Schnittmengen, die die Neonazis mit der antisemitischen Verschwörungsszene haben. Die verschwörungsideologischen Großdemos bieten den militanten Neonazis eine perfekte Kulisse, um ihre Tag-X-Umsturzfantasien zu proben. Sie proben sich in Straßenkampf-Szenarien und werben um Unterstützer*innen auf der Straße. Lennard Sanner, Christian Lange und auch Gerd Ulrich reisten 2018 zu den rassistischen Ausschreitungen nach Chemnitz und beteiligten sich dort an den Auseinandersetzungen mit der Polizei. Auch hier liefen AfD, JA und militante Neonazis Schulter an Schulter.

Gerd Ulrich bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz 01.09.2018 (Foto v. Recherche Nord)

Die verschwörungsideologische Szene mit ihrem ideologischen Überbau reicht dieser militanten Szene bereitwillig die Hand. Die Geschehnisse gestern am Rathaus zeigen, dass die Neonazis in Bielefeld am 17.12. mit Unterstützung rechnen konnten. Und die Fehleinschätzung der Polizeipräsidentin Rehmert zeigt, dass diese bekannten Neonazis nicht mit einer konsequenten polizeilichen Intervention zu rechnen haben.

Vor unseren Augen entsteht gerade eine rechte verschwörungsideologische Großbewegung, die nicht von Neonazis unterwandert wird, sondern ihnen bereitwillig die Hand reicht. Wie gefährlich die Verschwörungsmythen der Pandemie-Leugner*innen sind, zeigen uns die Morde von Idar-Oberstein und Senzig allzu deutlich auf. Diesen Leuten die Straße zu überlassen, arbeitet ihrem Gefühl von Überlegenheit und Legitimität zu. Und ebnet Neonazis den Weg zur Tag-X-Probe. Dieses Wissen ist nicht neu, diese Szenarien zeigen sich seit Pandemie-Beginn bei den verschwörungsideologischen Großdemos bundesweit, z.B. in Berlin, Leipzig oder Kassel. Und das Verschwörungsmythen und rechter Terror Hand in Hand gehen, muss allen spätestens seit den Anschlägen von München, Halle und Hanau mit 20 Todesopfern schmerzlich bewusst sein.

Heute ist der 18.12.2021. Heute vor genau 3 Monaten wurde Alex W. In Idar-Oberstein von einem verschwörungsgläubigen Maskenverweigerer ermordet. Er wurde 20 Jahre alt.

 

Link zu den Videos mit der Rathausszene:

https://twitter.com/RechercheKolle1/status/1471952812959490048

https://twitter.com/mor_schl/status/1471912285706805257

 

Hier die Stellungnahme auch noch mal als PDF zum Download:

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Stellungnahme zur polizeilichen Einschätzung von „Bielefeld steht auf“ https://rkowl.blackblogs.org/2021/12/10/stellungnahme-zur-polizeilichen-einschaetzung-von-bielefeld-steht-auf/ Fri, 10 Dec 2021 21:52:23 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1359 Continue reading Stellungnahme zur polizeilichen Einschätzung von „Bielefeld steht auf“ ]]>
Logo der verschwörungs-ideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf!

Am 08.12.21 veröffentlichte die Neue Westfälische eine Stellungnahme der Bielefelder Polizei zu der Demo der verschwörungsideologischen Gruppierung „Bielefeld steht auf“, in der die Polizei folgendes äußerte:

Aus Sicht der Polizei sei der „überwiegende Teil der Teilnehmer dem regierungs- und coronakritischen, bürgerlichen Klientel zuzuordnen. Zum Teil wurden Plakate der Querdenkerbewegung gezeigt. Nach der wiederholten Kritik des linksextremen Recherche-Kollektivs, das einigen Teilnehmern dieser Demonstrationen sehr wohl strukturell bis offen antisemitische Verschwörungstheorien und unwidersprochene Relativierungen zur NS-Zeit zuordnet, sagt die Behörde zur jüngsten Demo: „Polizeiliche Erkenntnisse über die Teilnahme von verfassungsfeindlichen oder rechtsextremen Teilnehmern an der Versammlung am Freitag liegen nicht vor.“

Diese Äußerung offenbart den eklatanten Mangel an Wissen zu der Art und ideologischen Verfasstheit dieser Gruppierung im Speziellen und der verschwörungsideologischen Bewegung der Pandemie-Leugner*innen und Impfverweiger*innen im Allgemeinen. Durch die Reduktion der politischen Brisanz auf die personelle Teilnahme von polizeibekannten Personen aus der neonazistischen Szene an den Demos von „Bielefeld steht auf“ oder auch anderen Gruppierungen dieser Art werden die ideologisch dominanten Themen als unpolitisch und unbedeutsam verschleiert. Wie gefährlich und bedeutsam aber die in den Telegram-Gruppen dominierenden Themen sind, zeigen die Morde von Idar-Oberstein und Senzig alllzu deutlich auf. Der Mord an Alexander W. passierte nicht ohne ideologischen Überbau. Es ist kein „Familiendrama“, wenn ein Familienvater seine Frau und 3 Kinder ermordet und danach Suizid begeht. Es ist die Tat eines Menschen, der sich in einer verschwörungsideologischen Echokammer verloren hat und seine paranoiden Ideen nicht mehr von der Realität unterscheiden konnte. Auch für rechtsterroristische Gewalt sind Verschwörungsmythen von hoher Bedeutung. Die Anschläge von Halle, Hanau, München und Christchurch waren in bedeutsamer Weise von Verschwörungsmythen beeinflusst. Sie haben viele Menschen das Leben gekostet. Nach nunmehr 1,5 Jahren der Beobachtung und Analyse der Pandemie-leugnerischen Bewegung ist es bestürzend, dass die Polizei Bielefeld nach wie vor zu keiner inhaltlichen Einschätzung der lokalen Ableger fähig ist. Und es zeigt einmal mehr die Kontinuität der sicherheitsbehördlichen Unfähigkeit, rechtsnationalistische und antisemitische Bewegungen als solche zu erkennen und die entsprechenden Gefahren korrekt einzuschätzen. Wir können diese Fehldarstellungen so nicht akzeptieren! Es ist enorm wichtig, die beherrschenden Themen und deren politisch-ideologische Bedeutungen klar zu benennen

Welche Inhalte dominieren bei „Bielefeld steht auf“?

Verschwörungsmythos zu „globaler Elite“ und Dezimierung der Weltbevölkerung

Wie wir schon in unserer ersten Stellungnahme zu „Bielefeld steht auf“ Anfang April 2021 klar dargelegt haben, dominieren in den Telegram-Chats strukturell bis offen antisemitische Verschwörungsmythen. So wird von der jüdischen Familie Rothschild schwadroniert, diese Familie sei verantwortlich für die Pandemie und verfolge damit den Zweck der Entvölkerung Deutschlands und der Welt (siehe Screenshots unten). Dies ist eine aktualisierte Variante offen antisemitischer Verschwörungsmythen über Vernichtungspläne einer fiktiven jüdischen geheimen Elite an dem deutschen Volk, wie sie auch im Nationalsozialismus vertreten wurden. Die hier aufgeführten Screenshots sind nur exemplarisch. Für jeden hier dargestellten Sachverhalt finden sich im Telegram-Chat von „Bielefeld steht auf“ vielfältige Beispiele. Immer wieder wird von „geheimen Eliten“ geschrieben, die die Dezimierung der Weltbevölkerung vorantreibe.

Screenshots aus „Bielefeld steht auf“ belegen antisemitische Verschwörungsmythen

 

„Bielefeld steht auf“ Chat zu Soros-finanzierter Antifa
NS-Relativierung von „Bielefeld steht auf“ Mitgliedern
Das Video war Grundlage für Haverbecks Inhaftierung wg. Holocaustleugnung

Auch in der Neonazi-Szene beliebte Mythen um den jüdischen Unternehmer George Soros werden in dem Chat geteilt. Soros stecke wahlweise mit den Rothschilds hinter der Pandemie oder aber finanziere „die Antifa“ (siehe Screenshot links). Die immer wiederkehrende systematische Relativierung der nationalsozialistischen Verbrechen und insbesondere der Shoa bei „Bielefeld steht auf“ haben wir schon wiederholt, sowohl in unserer ersten Stellungnahme als auch auf twitter, kritisiert und diese inhaltlich eingeordnet. Durch die systematische NS-Relativierung wird die historische Erfahrung derjenigen, die in NS-Deutschland verfolgt und ermordet wurden, unsichtbar gemacht. Diese Form von Geschichtsrevisionismus ist in der Szene der Holocaustleugner*innen schon seit den 1950er Jahren verbreitet und arbeitet dem Narrativ zu, die Shoa sei eine jüdische Erfindung, um die Deutschen zu unterdrücken. Ein Video der wohl bekanntesten Holocaustleugnerin Deutschlands Ursula Haverbeck wurde Mitte November bei „Bielefeld steht auf“ geteilt, kein einziger der Chatteilnehmer*innen störte sich daran, bis wir auf twitter öffentlich darauf hinwiesen. Im Anschluss gab es eine kurze Diskussion zwischen einer Chatteilnehmerin, die Haverbeck kritisierte und dem Chatteilnehmer Ingo, der Haverbeck vehement verteidigte. Ingo nahm im November 2019 an der neonazistischen Haverbeck-Demo in Bielefeld teil. Er ist nicht der einzige Haverbeck-Unterstützer, der an den Demos von „Bielefeld steht auf“ teilnimmt. Auch auf die Teilnahme der Neonazistin Juliane Sprunk haben wir bereits in unserer ersten Stellungnahme hingewiesen. Eine weitere, namentlich nicht bekannte Teilnehmerin und Unterstützerin Haverbecks nahm wiederholt an den „Bielefeld steht auf“ Demos teil, zum Beispiel am 24.09.2021 (siehe Fotos unten).

Florian Rust, Vorsitzender der JA Bielefeld bei „Bielefeld steht auf“ am 24.09.21 neben der Haverbeck-Unterstützerin
10.05.2018: erster Haverbeck-Aufmarsch in Bielefeld (Foto von Nutshell Fotografie)

An diesem Datum nahmen auch der Vorsitzende der Jungen Alternative (JA) Bielefeld, Florian Rust sowie das JA-Mitglied Tim Marvin Braungart teil. Auch Florian Schürfeld, aktiv bei der Identitären Bewegung und der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen, nahm an der Demo teil (siehe Foto).

 

 

24.09.21: Florian Rust und die Haverbeck-Unterstützerin bei „Bielefeld steht auf“
Tim Marvin Braungart (JA Bielefeld) bei „Bielefeld steht auf“ 24.09.21

Überhaupt gibt es keinerlei Berührungsängste mit der AfD oder ihrer Jugendorganisation JA.

Florian Schürfeld, Normannia Nibelungen & Identitäre Bewegung bei „Bielefeld steht auf am 24.09.21

Es werden regelmäßig Aufrufe, Videos und Beiträge der AfD geteilt, es wird Wahlwerbung der nationalistischen Partei bei den Demos erlaubt und nicht wenige Mitglieder geben an, die AfD als einzige realpolitische Option wahrzunehmen. Im Zuge des Wahlkampfs wurde eine AfD-Veranstaltung am 28.08.21 in Bielefeld beworben, an der auch mehrere Mitglieder von „Bielefeld steht auf“ teilnahmen.

Rechts: Homophobe Propaganda bei „Bielefeld steht auf“

Es wird Werbung für zum Teil verbotene Reichsbürger-Organisation-en gemacht wie z.B. die seit März 2020 verbotene Vereinigung „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ (siehe Screenshot links) und reichsbürgerliche Positionen werden vertreten. Immer wieder werden neben klimaleugnerischen auch homo- und transphobe Inhalte geteilt (siehe Screenshot rechts).

 

Links: die Organisatorin der wöchentlichen Mahnwachen Claudia Elbracht teilt Werbung für die verbotene Reichsbürger-Gruppe „Geeinte deutsche Völker und Stämme“ bei „Bielefeld steht auf“

 

Wer ist dazu gekommen?

Die erste Berichterstattung zu der verschwörungsideologischen Demo am 03.12.21 war überwiegend positiv für die Organisator*innen und Teilnehmer*innen von „Bielefeld steht auf“. Obwohl die Presse normalerweise in dieser Szene als Lügen- oder Mainstreampresse verschrien ist, ließen sich die Artikel der Neuen Westfälischen und des WDR wunderbar für verschwörungsideologische Propaganda nutzen. Die Chat-Gruppe ist in nur einer Woche auf über 2000 Mitglieder angewachsen, für die nächste Demo am 17.12.21 auf dem Kesselbrink in Bielefeld wird in allen einschlägigen Kanälen und auch nordrheinwestfälischen Neonazi-Kanälen (z.B. Die Rechte Dortmund) via Telegram mobilisiert.

Neonazi Lennard Sanner schreibt bei „Bielefeld steht auf“;
Sanner bei den rassistischen Ausschreitungen in Chemnitz, September 2018

Unter den neuen Gruppenmitgliedern tummeln sich bekannte Funktionäre der AfD und militante Neonazis. So sind seit dem 04.12. auch die Neonazis Lennard Sanner aus Horn-Bad Meinberg und Jan Tiemann (Bielefeld) im Chat von „Bielefeld steht auf“ dabei. Sanner mahnte im Chat zu einem höheren Maß an Disziplin und weniger Spam-Inhalten (Screenshot). Aus den Reihen der AfD finden sich Maxim Dyck (JA OWL), Reimund Ruhe (AfD Paderborn), Matthias Groh (AfD Bad Oeynhausen) und Florian Rust (JA Bielefeld) in der Gruppe wieder.

„Bielefeld steht auf“-Mitglied Marcus Rupprecht

Der Telegram-Nutzer Marcus Rupprecht zeigt sich in Mütze und Schal der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“. Andere Nutzer posieren vor Reichsflaggen oder in Thor Steinar Kleidung. Wiederum andere sind auch Teil der verschwörungsideologischen Telegram-Gruppe „Soldaten & Reservisten“, die gleichgesinnte Militaristen vernetzen soll.

„Bielefeld steht auf“-Mitglied posiert mit Waffe

Seit dem Zuwachs an Mitgliedern hat der Grad an Reichsbürger-Propaganda für die Gruppe um Rüdiger Hoffmann (staatenlos.info) massiv zugenommen. Mittendrin fürchtet sich der Zahnarzt Dr. Oliver Samson (Minden) vor einem Einsatz des SEK am 17.12.21 und fordert zur Strategieentwicklung auf. Samson nahm wiederholt an regionalen und überregionalen verschwörungsideologischen Demos teil und gab dem rassistischen Video-Blogger Matthäus Westfal (Aktivist Mann) ein 2-stündiges Interview.

Und sind die jetzt rechts?

Immer wieder wird versucht, sich an der Verfassungsschutz-Kategorie „Rechtsextremismus“ abzuarbeiten. Wir lehnen diese Kategorie und den darin enthaltenen Extremismusbegriff mit den zugehörigen Rechts-Links-Gleichsetzungen ab. Aber weil die Frage immer wieder aufkommt, möchten wir die Chat-Gruppe und die Demos von „Bielefeld steht auf“ diesbezüglich zu bewerten. Natürlich sind die Veranstaltungen von „Bielefeld steht auf“ keine Neonazi-Aufmärsche. Aber sie sind Aufmärsche von Menschen, die sich tagtäglich in digitalen Echokammern voller menschenfeindlicher und antisemitischer Mythen befinden und sich diesen Mythen verbunden fühlen. Und in dieser Menschenfeindlichkeit eben auch Anschluss für Neonazis, AfDler und Reichsbürger bieten, und zwar ganz problemlos. Und das kann durchaus als rechts bezeichnet werden.

Kriegel (Mitte rechts) am 03.12.21 bei „Bielefeld steht auf“

Sich allein an der Anwesenheit bekannter Neonazis abzuarbeiten verkennt die Gefahr und Brisanz der verschwörungsideologischen Radikalisierung, die wir gerade alle live beobachten können. Dennoch an dieser Stelle ein kleiner Hinweis für die offenbar mit der korrekten Einschätzung überforderte Bielefelder Polizei: am 03.12.21 haben in Bielefeld sehr wohl bekannte Neonazis teilgenommen. Der ehemalige Reservist Heinz „Charlie“ Kriegel nahm mit seinem Kumpel Dennis Seibert an der Großdemo teil.

Kriegel beim Neonaziaufmarsch vom III. Weg am 03.10.20 in Berlin / Quelle: Recherche Netzwerk Berlin

Kriegel musste Anfang diesen Jahres die Reservistenkameradschaft RK 36 Alt-Bielefeld verlassen, nachdem wir in einer Recherche auf Kriegel (früher Vorsitzender der RK 36) und Michael Reinert (bis zu unserer Recherche Vorsitzender der RK 36) und ihre neonazistischen Aktivitäten aufmerksam gemacht haben.

Über den Telegram-Kanal „Team Heimat“ mit über 35.000 Abonnent*innen wurde der NW-Artkel bundesweit zur Werbung genutzt

Es braucht dringend eine kritische und inhaltlich korrekte mediale Berichterstattung zu diesen Veranstaltungen! Die unkritische Erstberichterstattung konnte zur Bewerbung der Gruppe „Bielefeld steht auf“ in den verschwörungsideologischen Telegramkanälen bundesweit genutzt werden. Die Gruppierung und ihre Anhänger*innenschaft müssen konsequent als das benannt werden, was sie inhaltlich ausmacht: verschwörungsideologisch, antisemitisch und menschenfeindlich!

 

 

 

 

Stellungnahme als PDF zum Download!

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Der Osning-Verlag – Geschichtsrevisionismus aus Bielefeld https://rkowl.blackblogs.org/2021/09/14/der-osning-verlag-geschichtsrevisionismus-aus-bielefeld/ Tue, 14 Sep 2021 07:11:46 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1283 Continue reading Der Osning-Verlag – Geschichtsrevisionismus aus Bielefeld ]]> In der Culemannstraße 12, 33604 Bielefeld, sitzt seit 2006 der kleine „Osning-Verlag – Verlag für Politik und Zeitgeschichte“. Der Verlagsleiter Gerhard Hubatschek leitet den Verlag von Garmisch-Partenkirchen aus. Geschäftsführer ist der Bielefelder Anwalt Wolfgang Schlüter. Während Schlüter in den lokalen Medien immer wieder als „Initiator des Hermannslaufs“ und „Arminiusforscher“ gewürdigt wird, ist über seine Tätigkeit beim Osning-Verlag bisher öffentlich nichts bekannt. Das wollen wir heute ändern – denn der Osning-Verlag vertreibt neben lokalpatriotischer und germanophiler Arminius-Literatur ausschließlich militaristische, rechtspopulistische und geschichtsrevisionistische Bücher!

Die Betreiber

Wolfgang Schlüter, Geschäftsführer des Osning-Verlags

Geschäftsführer Wolfgang Schlüter, Jahrgang 1934, ist Rechtsanwalt und Notar a.D. mit eigener Kanzlei in der Detmolder Straße 43 (Bielefeld). Der frühere Fallschirmjäger und heute Offizier der Reserve Schlüter ist auch Präsident des Vereins Arminiusforschung e.V.. Stellvertretender Vorsitzender des Vereins ist der Lehrer Frank Böning aus Oerlinghausen. Böning nahm in der Vergangenheit an Treffen der neonazistisch-neuheidnischen Artgemeinschaft teil und verfügt über diverse Kontakte in die organisierte völkische Neonazi-Szene. Schlüter und Böning haben 2008, 2018 und 2020 gemeinsam Bücher zu dem in der rechtsnationalistischen Szene sehr beliebten Varus-Mythos herausgebracht, in welchen sie anhand archäologischer Funde Thesen zu der Verortung der Schlacht präsentieren. Dabei werden die archäologischen Befunde mit Versatzstücken völkischer und nationalistischer Ideologie angereichert. Im Klappentext des 2020 im Osning-Verlag erschienenen Buches „Und die Schlacht war doch im Teutoburger Wald“ heißt es bspw.: „Es ist nicht leicht in heutiger Zeit wissenschaftlich zu suchen und zu forschen: der Mainstream der political correctness straft jeden mit Schweigen, der sagt, was nicht passt, mehr noch: der Mutige wird beargwöhnt“. 2003 und 2006 tritt Schlüter als Redner bei der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen in Bielefeld auf, Titel der Veranstaltung 2006 „Die Sudetenfrage“. Die Burschenschaft ist schon lange regional (und darüber hinaus) für ihre neonazistischen und profaschistischen Umtriebe bekannt – für Schlüter kein Hindernis! In der Normannia Nibelungen sind Neonazis und Faschisten organisiert, führende Köpfe von Hammerskin-Netzwerk und Identitärer Bewegung. So ist mit Hendrik Stiewe einer der führenden Köpfe des Hammerskin-Netzwerkes Alter Herr der Normannia. Nils Hartwig, Mitbegründer der Identitären Bewegung in NRW und heute AfD-Funktionär, ist ebenso Teil der Normannia.

Arnold Riedenklau jr., Kanzlei-Partner von Schlüter und Pandemie-Leugner

2008 gibt Schlüter gemeinsam mit dem ehemaligen Realschullehrer Wolfgang Lippek das Buch „Die Schlacht – Varuskatastrophe – Plausible Gründe“ im Osning-Verlag heraus. Lippek referiert am 17.01.2009 bei der Normannia Nibelungen zu dem Buch.

 

Seine Kanzlei teilt Schlüter unter anderem mit dem Anwalt Arnold Riedenklau junior. Riedenklau jr. betreibt seit 2020 einen eigenen coronaleugnerischen Telegram-Kanal und vertritt verschiedene Personen aus dem lokalen Querdenken-Spektrum vor Gericht. Auf seinem Telegram-Kanal „Riedenklau Rechtsanwalt“ teilt der Anwalt und Notar beständig pandemieleugnerische und verschwörungsmythologische Quellen wie den Corona-Ausschuss, Dave Brych oder Boris Reitschuster.

Header der am 13.09.2021 offline genommenen Website des Osning-Verlages

Verlagsleiter Gerhard Hubatschek lebt in Garmisch Partenkirchen und leitet von dort die Osning-Verlagsgeschäfte. Hubatschek blickt ebenfalls auf eine steile Bundeswehrkarriere zurück. Unter dem damaligen Verteidigungsminister Manfred Wörner setzte sich Oberst Hubatschek 1983 im Planungsstab des Verteidigungsministeriums für die Rehabilitierung des Wehrmachtsansehens innerhalb der Bundeswehr ein und sprach in diesem Kontext von dem „gültigen Erbe“ der Vergangenheiti. Er wollte die „spezifischen soldatischen Normen“ in der Bundeswehr wiederbelebenii. Der damalige Reformkurs, an dem Hubatschek maßgeblich mitarbeitete, wurde Spiegel-Recherchen zufolge durch den von Wehrmachts- und Waffen-SS-Generälen gegründeten Verbandes deutscher Soldaten (VdS) angestoßen, die in dem 1980er Jahren zunehmend an Einfluss gewannen. 2004 untersagte die Bundeswehr jede Zusammenarbeit mit dem revanchistischen VdS. Bezüglich seines pro nationalistisch und chauvinistisch politischem Kurs hat sich bei Hubatschek nichts geändert. In den 1990er Jahren war Hubatschek Chefredakteur der „Soldat und Technik“. In der damals unter Soldaten unentgeltlich verteilten Zeitschrift lies Hubatschek keinen Zweifel an seiner Ablehnung gegenüber demokratischen und progressiven Einflüssen in der Bundeswehriii. Nebenbei stellte er Beiträge für die Braunzonen-Zeitschriften Criticon und Ostpreußenblatt (heute Preußische Allgemeine Zeitung). Das Magazin Criticon war bis in die frühen 2000er eine der wichtigsten Medien der Neuen Rechten. Auch als Redner bei rechtsnationalistischen Burschenschaften trat Hubatschek auf. Dem Fachjournalisten Anton Maegerle zufolge veröffentlichte Hubatschek ebenfalls in der nationalistischen „Zuerst!“, welche seit 2009 von dem neonazistischen Verleger Dietmar Munier herausgegeben wird.

2019 bezieht Hubatschek in einen Leserbrief an die rechtskonservative Junge Freiheit Stellung im Streit zwischen Dieter Stein und Götz Kubitschek um Björn Höckes Buch „Nie zweimal in denselben Fluß“iv. Er mahnt die AfD zu propagandistischen Mäßigung, um sich die Koalitionschancen nicht zu vermiesen. „Es gibt nur einen Weg: Das ist der überlegener Kompetenz und des Gewinnens von Terrain in der bürgerlichen Gesellschaft. Das Feld, betont nationale Positionen zu vertreten, ist im Gesamtprogramm der AfD groß genug und auch gut verankert“.

Vertrieb

Harald Thomas, Inhaber Book-today

Der Vertrieb der Bücher aus dem Osning-Verlag wird von der Firma Book-today übernommen. Inhaber der Firma ist Harald Thomas. Oberstleutnant a.D. Thomas ist heute Mitglied und Chronist der Kameradschaft ehemalige Soldaten, Reservisten und Hinterbliebene Bonn (KERH Bonn). 2018 wurde Thomas von dem deutschen Bundeswehrverband (DBwV) mit der silbernen Verdienstnadel ausgezeichnet. 1995 gründete Harald Thomas die rechtsnationalistische und geschichtsrevisionistische Deutsche Militärzeitschrift (DMZ). Seit 2003 gehört die DMZ defacto zu dem neonazistischen Verlagsimperium von Dietmar Munier. Die DMZ setzt sich zum Ziel, junge Bundeswehrangehörige und Reservisten sowie Militär-Interessierte mit der nationalsozialistischen Erlebnisgeneration in Kontakt bringen. Entsprechend finden sich in der DMZ neben geschichtsrevisionistischen Texten auch Heldenverehrungs-Texte zu Mitgliedern der Wehrmacht und Waffen-SS. Das Ziel ist die Vermittlung einer völkisch-nationalistischen Geschichtspolitik. Zuvor war Thomas Geschäftsführer des rechtsnationalistischen Schulungszentrums Nationaleuropäisches Jugendwerk e.V. (NEJ), das 1973 von einem NPD-Mitglied gegründet wurde und als Vernetzungsort vom intellektuellen Neonazismus und Neuer Rechter gewertet werden mussv.

Die Autoren

Rainer Thesen

Rainer Thesen, Jahrgang 1946, ist Oberst der Reserve, Anwalt und glühender Apologet von NS-Kriegsverbrechen. So hielt er im Jahr 2006 bei der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, Sektion Nürnberg, einen Vortrag zu dem Thema: »Erschießungen von Geiseln, Sühnegefangenen und sonstigen Zivilpersonen im II. Weltkrieg«. 2008 war er neben einschlägig bekannten rechten Szeneanwälten wie Klaus Goebel und Christian Stünkel an der Verteidigung des Kriegsverbrechers und NS-Gebirgsjägers Josef Scheungraber beteiligt. Als Scheungraber wegen des von ihm befehligten Massakers in Falzano di Cortona des 10-fachen Mordes für schuldig befunden wurde, erlitt Thesen einen Schwächeanfall. Ebenfalls 2008 vertrat Thesen den Kameradenkreis Gebirgstruppe e.V. gegen den damaligen Bundessprecher der VVN-BdA, nachdem die VVN-BdA den Kameradenkreis Gebirgstruppe als Organisation mit NS-Tradition bezeichnet und die Mitgliedschaft von NS-Kriegsverbrechern in dem Kameradenkreis kritisiert hattevi.

Auf der Seite des Osning-Verlags führt Thesen die Verteidigung Scheungrabers als klar als Beleg seiner thematischen Expertise an. Er publiziert im Osning-Verlag geschichtsrevisionistische Bücher mit Verlagsleiter Gerhard Hubatschek und dem bekannten Wehrmachts-Fan Klaus Hammel, in denen historisch nicht haltbare Ansichten zu der Entlastung der deutschen Kriegsschuld im Fokus stehen. Als Einzelautor veröffentlicht Thesen rechtspopulistische Bücher mit Titeln wie „Deutschland stürzt ab – die Selbstaufgabe der Deutschen“ (2018) und „Einspruch – Gegen Politikversagen und Meinungsdiktatur“ (2018), in denen er gegen den Islam, Gendermainstreaming und Antifaschismus hetzt. 2017 referierte Thesen bei der Herbsttagung des vom Verfassungsschutz beobachteten geschichtsrevisionistischen Verein Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt e.V. (ZfI)vii.

Alexander Dugin und Dieter Farwick (rechts) bei der Normannia Nibelungen (Foto v. Keinealternative.blogsport.de)

Dieter Farwick, Jahrgang 1940, ist Brigardegeneral a.D. und arbeitete mit Gerhard Hubatschek schon 1983 in dem genannten militärischen Planungsstab an der Rehabilitation des Wehrmachtsansehens. Farwick meldet sich regelmäßig zu sicherheitspolitischen Themen zu Wort, z.B. in der rechtskonservativen Jungen Freiheit oder der Preußischen Allgemeinen Zeitung. Vor Berührung mit Personen aus dem organisierten nationalistischen Spektrum schreckt er in keiner Form zurück. So trat er 2012 bei der radikal-völkischen und vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft Danubia in München auf. 2013 referierte Farwick bei der 9. Ideenwerkstatt der rechtsnationalistischen Burschenschaft Normannia Nibelungen. Ab 2013 engagierte sich Farwick für die AfD. Er trat als Redner auf und positionierte sich auch in den Folgejahren zu innerparteilichen Konflikten. 2015 frohlockte er: „Wegen des Versagens der Altparteien in nahezu allen Politikfeldern hat eine starke AfD die – vermutlich letzte – historische Chance, die Altparteien zu einem fundamentalen Kurswechsel zu zwingen“viii. 2017 trat er bei der Straßburger Burschenschaft Germania aufix. In den letzten Jahren publiziert Farwick bei dem nationalkonservativ-neurechten Blog Conservo, seit 2021 verstärkt zu Themen der pandemieleugnerischen Bewegung. Farwick ist Beisitzer in dem neurechts-konservativen Thintank Studienzentrum Weikersheim.

HeinzMagenheimer

Heinz Magenheimer, Jahrgang 1943, ist ein österreichischer Militärhistoriker und bekannter Geschichtsrevisionist. Er ist der prominentesten Vertreter der wissenschaftlich eindeutig widerlegten Präventivschlagsthese. Magenheimer behauptet seit nunmehr 30 Jahren, der von NS-Deutschland verübte Überfall auf die Sowjetunion sei lediglich ein unabwendbarer Abwehrschachzug gewesen. Magenheimer bemüht sich damit eine Rechtfertigung des deutschen Vernichtungskrieges in Ost-Europa zu liefern. 1998 verfasste er gemeinsam mit Heinz Schön die Festschrift „Wagnis Wahrheit“ (Kiel, 1998) für den Holocaustleugner David Irving. Er setzte sich öffentlich gegen die Wehrmachtsausstellung ein, veröffentlichte vielfach in der DMZ und hielt Vorträge bei explizit neonazistisch-geschichtsrevisionistischen Zusammenkünftenx und rechtsnationalistischen Burschenschaftenxi. 2012 gab er der Zuerst! ein Interview und lobte die Stärke und den Heldenmut der Wehrmacht. Durch seine Lehr- und Publikationstätigkeit trägt er eine Mitverantwortung für die lange ausbleibende militärhistorische Auseinandersetzung mit der Wehrmacht und ihrer Beteiligung an der Shoa in Österreich. Magenheimer veröffentlichte 2000 und 2006 geschichtsrevisionistische Bücher beim Osning-Verlag. Der Holocaust-Leugner Germar Rudolf zitiert einen Text Magenheimers aus der Jungen Freiheit: „In diesem Sinne ist ‘Revisionismus’ das Salz in der Wahrheitsfindung“xii.

Klaus Hammel bei einem Vortrag bei der nazistischen GfP

Klaus Hammel, Jahrgang 1939, Oberst a.D. war 37 Jahre hochrangiges Mitglied der Bundeswehr und zuletzt Stabschef der Gebirgsdivision. Seit der Pensionierung 1997 publizierte er in der militaristischen Gebirgstruppe, in der neurechten Jungen Freiheit und der profaschistischen Sezessionxiii. Zwischen 2003 und 2008 war Hammel Leiter der sogenannten „militärhistorischen Geländebesprechungen“ in den Dolomiten, wo er aktive Berufs- und Zeitsoldaten militärhistorisch ausbildete. 2004 verfasste Hammel gemeinsam mit 3 weiteren Obersten a.D. ein Verteidigungsschreiben für den bekannten Geschichtsrevisionisten und Ex-General Gerd Schultze-Ronhof. In dem Schreiben lobte er Schultze-Ronhof als „von allen fachlich wie menschlich hochgeschätzter ehemaliger Truppenführer unserer Armee“ und bescheinigte ihm „sorgfältiges Analysieren und tiefergehendes Nachdenken“xiv. 2008 wurde Hammel von Verteidiger Rainer Thesen im Scheungraber-Prozess (siehe Abschnitt Rainer Thesen) als militärischer Sachverständiger bestellt. 2011 nahmen Hammel und Thesen an einer Diskussionsrunde des Vereins „Freunde des bayrischen Armee-Museumsin Ingoldstadt teil, in der sie eine Wehrmachts-kritische Austellung als „manipulierend“ und „unwissenschaftlich“ angriffen und geschichtsrevisionistische Positionen vertratenxv. Hammel ist 2. Vorsitzender des pro militaristischen Vereins. 2017 geriet der Verein regional in die Presse, da auf der Internetseite explizite geschichtsrevisionistische und neonazistischen Inhalte verbreitet wurdenxvi.

2012 veröffentlicht Hammel das Buch „Der Krieg in Italien 1943-45“ im Osning-Verlag.

2014 tritt Hammel bei der rechtsnationalistischen und vom Verfassungsschutz beobachteten Burschenschaft Danubia in nchen auf. 2015 war Hammel Redner bei der Winterakademie des von Götz Kubitschek betriebenen Instituts für Staatspolitik in Schnellrodaxvii. 2016 veröffentlichen Hammel und Thesen gemeinsam das Buch „Die ungleiche Ahndung von Kriegsverbrechen: Zweierlei Recht – zweierlei Urteil“ im Osning-Verlag. Darin beklagen Hammel und Thesen ausgiebig die juristische (über Jahrzehnte verschleppte) Ahndung von NS-Kriegsverbrechen und KZ-Aufsehern und stellen dem plump andere Kriegshandlungen der alliierten Streitkräfte gegenüber. Die beiden Autoren relativieren so die Schuld deutscher NS-Kriegsverbrecher. Thesen widmet sich im Besonderen der geschichtsrevisionistischen Dekonstruktion des Ansehens der italienischen Resistenza. Hammel resümiert seinen Buchbeitrag: „Die Soldaten der siegreichen Armeen haben ‚normale Kriegsverbrechen‘ im gleichen Umfange begangen wie die besiegten Deutschen“. Das Buch wird auch durch Kubitscheks Antaios-Verlag vertrieben.

2017 trat Hammel bei der nazistischen Gesellschaft für freie Publizistik (GfP) als Redner auf. Die GfP gilt als größte nazistische Kulturvereinigung Deutschlands, ihr besonderer Schwerpunkt ist die Verbreitung geschichtsrevisionistischer Inhalte sowie die Vernetzung intellektueller Kräfte in der nazistischen und nationalistischen Szenexviii.

Hammel nahm wiederholt an Veranstaltungen des geschichtsrevisionistischen ZfI teil und trat dort 2016 als Referent auf. Sein geplanter Auftritt 2019 musste ausfallen, da die Stadt Ingolstadt dem ZfI die Nutzung der geplanten Räumlichkeiten verweigertexix.

Jürgen Reichardt trägt sich ins Goldene Buch der Gemeinde Windischenleibach ein

Jürgen Reichardt, Jahrgang 1938, ist Generalmajor a.D. und blickt auf 38 Jahre Bundeswehrkarriere zurück. Er war 1982 Sprecher des Bundesverteidigungsministers Manfred Wörner – zur selben Zeit, in der Hubatschek und Farwick in besagtem Planungsstab unter Wörner aktiv waren. Von 2000 bis 2014 war Reichardt Präsident des Bayrischen Soldatenbundes 1874 e.V. (BSB), einem der größten Zusammenschlüsse ehemaliger Soldaten bundesweit. In der sechsmal jährlich herausgegebenen Zeitschrift Treue Kameraden wurden unter Reichardts Präsidentschaft Publikationen aus dem neonazistischen Spektrum positiv und zustimmend besprochen, bspw. 2005 das Buch „Freispruch für die Deutsche Wehrmacht“. Die lobhudelnde Rezension wurde von dem Geschichtsrevisionisten Gerd Schultze-Ronhof verfasstxx. Reichardt selbst offenbarte in der Zeitschrift seine ungezügelte Begeisterung für Wehrmacht und SS. 2008 empörte sich Reichardt in der Treue Kameraden über den Scheungraber-Prozess und rechtfertigte das Massaker von Falzano di Cortona: „Auch unsere Soldaten können heute noch in Situationen geraten, in denen sie aus Angst, Kurzschluss oder Wut, etwa über eine grausame Behandlung gefangener Kameraden, überreagieren“xxi. Der Text wurde auch in der Zeitschrift des Kameradenkreis der Gebirgstruppe von Wehrmacht und Bundeswehr veröffentlichtxxii.

In seinen Leitartikeln rechtfertigte Reichardt immer wieder die Ermordung von Zivilist*innen durch die Wehrmacht als legitime Kriegshandlung. Hinter neueren progressiven politischen Ereignissen wie bspw. Atomprotesten wittert Reichardt beständig kommunistische Verschwörungenxxiii. Unter Reichardts Führung wurde in die Zielformulierung des BSB die Formulierung aufgenommen, die BSB sei eine „Heimat“ für jeden, „der die Verdienste und Opfer der Wehrmacht nicht leugnexxiv. 2012 distanzierte sich der bayrische Bundeswehrverband explizit von Reichardts Postionen zur Wehrmacht. In der Treue Kameraden Mai/Juni 2021 kommentiert Reichardt die „Wir gegen Extremismus“-Kampagne des Reservistenverbandes. Zu seinem Unmut geht es in der Kampagne nicht gegen bspw. „Kommunismus, Gendersprache […] Unkameradschaftlichkeit“ (S. 54), sondern für eine demokratische und zumindest nicht faschistische Kultur innerhalb der Reserve. „Sie [die Kampagne] ist in höchstem Maße unsoldatisch“ (S. 55). Bis heute ist Reichardt Ehrenpräsident des BSB. Er ist überdies Präsident der Arbeitsgemeinschaft Reservisten-, Soldaten und Traditionsverbände in Bayern (ARST).

Kontakt in die organisierte nazistische Szene scheut Reichardt nicht. Als aktiver Soldat schrieb er 1997 in der Verbandszeitschrift der Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (OdR): „Wer – in welcher Situation auch immer – anständig zu bleiben wusste, Treue zeigte, wo ein anderes Verhalten auch nicht zum Schaden gereicht hätte, und Tapferkeit, wo Feigheit vielleicht sicherer gewesen wäre, der dient uns auch heute noch als Vorbild und genießt unseren Respekt“. Die OdR ist ein Zusammenschluss deutscher Elite-Soldaten aus Wehrmacht und Waffen-SS. 2010 gab Reichardt der DMZ ein Interview. Reichardt ist zudem Beisitzer im Verein „Freunde des bayrischen Armee-Museums, in dem Klaus Hammel 2. Vorsitzender ist (siehe Abschnitt Klaus Hammel).

2008 veröffentlicht Reichardt das Buch „Hardthöhe Bonn. Im Strudel einer Affäre“ im Osning-Verlag.

Dirk W. Oetting, Jahrgang 1938 (verstorben März 2020), war Brigadegeneral a.D. und Jurist. 2009 brachte Oetting das revisionistische Buch „Kein Krieg wie im Westen: Wehrmacht und Sowjetarmee im Russlandkrieg 1941-1945“ im Osning-Verlag heraus. Das Buch verharmlost und relativiert gezielt die Verbrechen der Wehrmacht bei den Feldzügen gegen die Sowjetunion und kriminalisiert die russische Zivilbevölkerung sowie russische Partisan*innen als brutal und terroristisch. Neben dem Osning-Verlag publizierte Oetting das Buch 2011 auch in dem rechtsnationalistischen Ares-Verlag aus Österreich. Das Buch wird auch im Nordland-Verlag und WB-Versand vertrieben, welche beide von Neonazi-Kader Thorsten Heise betrieben werden.

Dieter E. Kilian

Dieter E. Kilian, Jahrgang 1941, ist ein ehemaliger Oberst i.G. und hat zwei Bücher im Osning-Verlag veröffentlicht. 2005 erschien das Buch „Elite im Halbschatten: Generale und Admirale der Bundeswehr“. 2015 folgte dann die überarbeitete und aktualisierte VersionFührungseliten – Generale und Admirale der Bundeswehr 1955 – 2015“ im Osning-Verlag. In dem Buch liefert Kilian zum 60-jährigen Bestehen der Bundeswehr eine Art Generalabrechnung mit führenden Militärs, Verteidigungsministern und Politiker*innen, gespickt mit persönlichen Anekdoten. Er unterstellt der Bundeswehr ein mangelndes Traditionsbewusstsein, welches er dem „Haufen zumeist ungedienter, links bis extrem links orientierter und bisweilen sogar auf der Lohnliste der Bundeswehr stehender Wissenschaftler und Journalisten“ zuschreibt, „der die Wehrmacht zum Inbegriff des Bösen stigmatisierte“xxv. Als Begründung führt er unter anderem die Entlassung zweier Generäle im Jahr 1976 an, nachdem diese den Nazi und Wehrmachtsoffizier Hans-Ulrich Rudel zu einem Traditionstreffen des Aufklärungsgeschwaders 51 eingeladen und seine Teilnahme im Anschluss vehement verteidigt hatten. Rudel war der höchstdekorierte Soldat der Wehrmacht, 1948 gründete er das nationalsozialistische Kameradenwerk, das NS-Tätern bei der Flucht über die sogenannten Rattenlinien aus Deutschland half. Rudel war u.a. an dem Schutz der Identität des KZ-Arztes Josef Mengele beteiligt.

Steinmetz Buch wird auch in der Zuerst! und der Aula gelobt

Michael C. Steinmetz veröffentlicht 2016 das Buch „Wege in den 2. Weltkrieg“ im Osning-Verlag. In dem Buch stellt Steinmetz die Behauptung auf, der II. Weltkrieg sei vor allem auf amerikanische und britische Kriegstreiberei zurück zu führen und NS-Deutschland trage keine Hauptverantwortung am Ausbruch des II. Weltkriegs. Auf der Internetseite des Osning-Verlags werden zur Bewerbung von Steinmetz‘ Buch Rezensionen aus der neonazistischen Zuerst! und der antisemitischen und rassistischen Zeitschrift Die Aula zum download angeboten.

Screenshot von der Internetseite des Osning-Verlages. Hier wird direkt zu den Rezensionen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung, im Hardthöhen Kurier, in der Aula und in der Zuerst! sowie zum Interview in der Aula verlinkt

Hier wird also nicht einmal der Versuch unternommen, sich von der neonazistischen Szene abzugrenzen, im Gegenteil! Auch ein Interview mit Steinmetz in der Aula (November 2017) wird beim Osning-Verlag zum download angeboten. Darin behauptet Steinmetz, die USA wolle in Europa „Nationen, Kulturen und Rassen“ auflösen, um Europa so besser regieren zu können. Der NS-Staat bezeichnet Steinmetz als eine überlegene Nation mit „ungeheurer Macht“. „Das Solidaritätsgefühl in einem Staat mit gleicher Sprache, Kultur und Herkunft ist dem Konglomerat einer multikulturellen Mischgesellschaft mit den entsprechenden inneren Dauerkonflikten eindeutig überlegen“. In dem Interview offenbart Steinmetz neben seiner NS-Verehrung auch seinen biologistischen Rassismus.

Das Buch wird (neben dem Osning-Verlag und daran angegliedert Book-today) durch verschiedene explizit neonazistische Versände vertrieben. Da wäre der Deutsche Buchdienst von dem völkischen Neonazi und HDJ-Funktionär Dankwart Strauch zu nennen, der Nation & Wissen Versand von NPD-Kommunalpolitiker Marko Beutler und der Zeitreisen-Verlag von Marc Meier zu Hartum (Führer der Anti-Antifa-Gruppe Volkswille, die in den 1990er Jahren Mordanschläge auf Linke vorbereitete). Oder auch der Kopp-Verlag von Jochen Kopp, bei dem rechtsesoterische, nationalistische und verschwörungsmythologische Literatur sowie Prepper-Bedarf vertrieben wird.

Robert Winter veröffentlicht zwei Bücher im Osning-Verlag. 2017 wird das revisionistische Buch „Massenmord unter dem Sowjetstern 1917–1953. Tatorte. Tatgeschehen“ herausgebracht. Winter reiht sich mit dem Buch in den Kreis selbst-referenzieller Geschichtsrevisonist*innen ein, die vermeintlich historische Beweisführung unter dem Rückverweis auf andere Autor*innen dieser Szene betreiben. Ziel ist bei Winter, durch die Betonung sowjetischer Kriegsführung und Exekutionen das historische Ausmaß der Shoa zu schmälern.

2018 erscheint der Titel „Das Fremde im Land“ im Osning-Verlag. Das Buch wird in einer Rezension des Osning-Autors Dieter Farwick in die politische Tradition Thilo Sarazzins gestellt und damit ist auch schon eine Menge zum Inhalt gesagt. Wie viele Bücher aus dem Osning-Verlag ist der Titel in der kritischen Öffentlichkeit bisher kaum bekannt – wie Farwick frohlockt, laufen die Publikationen des Osning-Verlags „offenbar unter dem Radarschirm der ‚Tugendwächter‘“xxvi. Winter hetzt auf 136 gegen Geflüchtete, den Islam und die Medien. Vertrieben wird Winters Buch „Das Fremde im Land“ durch die neonazistischen Versande Deutscher Buchdienst und Klosterhaus-Versand, der von der neonazistischen Aktivistin Holle Grimm gegründet wurde und nun durch ihre ehemalige Sekretärin Magret Nickel fortgeführt wird.

Fazit: Der Fisch stinkt vom Kopf

Der Osning-Verlag bietet einem Freundeskreis einflussreicher ehemaliger Militärs mit geschichtsrevisionistischen Überzeugungen eine publizistische Heimat. Von der Öffentlichkeit unbeachtet konnten hier über Jahre hinweg rechtspopulistische und geschichtsrevisionistische Bücher veröffentlicht werden. Der Geschäftsführer Wolfgang Schlüter wird in den lokalen Medien als Initiator des Hermannslaufs und Historiker gewürdigt, kein Wort findet sich zu seiner publizistischen Tätigkeit oder seinen Auftritten bei rechtsnationalistischen Burschenschaften. So wurde dem Osning-Verlag über Jahre in Bielefeld und Garmisch-Partenkirchen eine Rückzugsfläche geboten – damit ist nun Schluss! Diverse Autoren des Osning-Verlags blicken auf über 30-jährige Bundeswehrkarrieren zurück. Sie hatten Posten inne, welche einen entscheidenden Einfluss auf die Akzeptanz (bis hin zur Verehrung) der Wehrmacht und SS und nationalistischer bis hin zu nationalsozialistischer Ideologie in der Truppe hatten. Sie setzten sich gegen progressive und demokratische Bildung in der Bundeswehr ein und treten noch heute als Apologeten der Wehrmacht auf! Sie stehen symptomatisch für das rechtsnationalistische Strukturproblem in der deutschen Bundeswehr! Jürgen Reichardt, einer der Osning-Autoren und damals Chef des Heeresamtes, wies 1998 in einem Interview mit dem Ärzteblatt jedes Problem mit rassistischer und neonazistischer Ideologie in der Bundeswehr zurück. „Ich muß wiederholen, daß die politische Grundeinstellung der Wehrpflichtigen und Soldaten in Ordnung ist und gar nicht verändert zu werden braucht“xxvii. Die immer neuen Enthüllungen rechter Netzwerke und rechtsterroristischer Verdächtiger aus den Reihen der Bundeswehr sind ein bitterer Beleg der von Reichardt, Hubatschek und Farwick jahrzehntelang forcierten rechten Corps-Haltung. Auch nach ihrer Pensionierung publizieren sie in militärischen, von der Bundeswehr mitfinanzierten Zeitschriften, die z.T. unentgeltlich unter Soldat*innen verteilt werden und haben so weiterhin ideologischen Einfluss auf aktive Soldat*innen. Über Reservisten-Verbände vernetzen sie sich bis heute auch mit Politiker*innen und militärischen Funktionär*innen.

Diverse Autoren des Osning-Verlags treten bei rechtsnationalistischen Burschenschaften bis hin zu neonazistischen Vereinigungen wie der GfP auf. Sie sind Teil eines selbst-referenziellen Netzwerks deutschsprachiger geschichtsrevisionistischer Autoren, die NS-Verbrechen systematisch verharmlosen und das Andenken der Wehrmacht hochhalten. Ergänzt werden ihre Bücher durch germanophile und völkisch beeinflusste Ansichten zur Varus-Schlacht sowie rechtspopulistische Streitschriften zur aktuellen Politik. Als Reaktion auf unsere Recherche zu dem Osning-Autoren Frank Böning hat der Osning-Verlag seine Internetseite am 13.09.2021 aus dem Netz genommen. Dieser Schachzug macht deutlich, wie wenig Wolfgang Schlüter und dem Osning-Verlag an kritischer medialer Aufmerksamkeit gelegen ist. Der Osning-Verlag ist lange genug unter dem Radarschirm geflogen – er muss als das benannt werden, was er ist: militaristisch – geschichtsrevisionistisch und rechtspopulistisch – und absolut abschaffenswert!

 

 

 

 

 

PDF zum Download

 

 

 

ihttps://www.spiegel.de/politik/zurueck-zur-legende-vom-besonderen-sterben-a-707727ab-0002-0001-0000-000014022820

iihttps://www.wissenschaft-und-frieden.de/seite.php?dossierID=023

iiihttps://nrw-archiv.vvn-bda.de/bilder/Militarismus.pdf

ivhttps://www.jf-archiv.de/archiv19/201912031572.htm

vhttps://www.apabiz.de/archiv/material/Profile/NEJ.htm

vihttps://nrw-archiv.vvn-bda.de/bilder/Dokumentation_Kameradenkreis_Gebirgstruppe.pdf

viihttps://www.zfi-ingolstadt.de/downloads/zfi-heft-4.pdf

viiihttp://keinealternative.blogsport.de/2015/06/13/farwick-versus-petry/

ixhttps://tuebingenrechtsaussen.wordpress.com/2017/06/02/ex-brigadegeneral-referierte-bei-burschenschaft-germania-strassburg/

xhttps://www.doew.at/erkennen/rechtsextremismus/neues-von-ganz-rechts/archiv/oktober-2006/magenheimer-bei-deutschen-rechtsextremisten

xihttp://danubia.de/referentenliste/

xiiGermar Rudolf (2005). Kardinalfragen an Deutschlands Politier. S. 97.

xiiihttp://www.ag-friedensforschung.de/themen/Bundeswehr/tradition4.html

xivhttps://dserver.bundestag.de/btd/16/113/1611383.pdf

xvhttps://www.donaukurier.de/lokales/ingolstadt/Ingolstadt-wochennl402011;art599,2485262

xvihttps://www.sueddeutsche.de/bayern/ingolstadt-unterstuetzer-des-armeemuseums-verbreiten-rechtsradikale-thesen-1.3705573

xvii https://staatspolitik.de/chronik-2015/

xviii http://www.gfp-netz.de/Kongresse/Kongress_2017/body_kongress_2017.html

xixhttps://www.zfi-ingolstadt.de/referenten/index.php

xxhttps://dserver.bundestag.de/btd/16/012/1601282.pdf

xxihttps://www.regensburg-digital.de/in-treue-fest-zur-wehrmacht/12092012/

xxii https://www.friedenskooperative.de/friedensforum/artikel/die-bundeswehr-am-rechten-rand

xxiii Ebd.

xxiv https://www.regensburg-digital.de/wehrmacht-bundeswehrverband-stellt-verhaltnis-zu-soldatenbund-klar/13092012/

xxv https://www.faz.net/aktuell/politik/politische-buecher/militaerische-fuehrung-unterst-sprach-zum-oberst-13712142.html

xxvi https://99thesen.com/2018/11/29/wann-gehoert-deutschland-dem-islam/#more-8397

xxvii https://www.aerzteblatt.de/archiv/9285/Bundeswehr-Natuerlich-gibt-es-Themen-die-man-scheut

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