Uncategorized https://rkowl.blackblogs.org Sat, 21 Sep 2024 12:59:29 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 Freischar Westfalen – Rechte Aktivisten aus OWL eifern Identitärer Bewegung nach https://rkowl.blackblogs.org/2024/09/21/freischar-westfalen-rechte-aktivisten-aus-owl-eifern-identitaerer-bewegung-nach/ Sat, 21 Sep 2024 12:59:25 +0000 https://rkowl.blackblogs.org/?p=1955 Continue reading Freischar Westfalen – Rechte Aktivisten aus OWL eifern Identitärer Bewegung nach ]]>
Instagram-Account der Freischar Westfalen

Am 15.09.2024 führen sechs rechte Aktivisten in Herford eine rassistische Banneraktion durch. Sie positionieren sich auf dem Banner gegen eine vielfältige und diverse Gesellschaft und stellen einen Kurzfilm ihrer Aktion auf TikTok, Instagram, X (früher Twitter) und Telegram. Die Gruppe nennt sich Freischar Westfalen. Die Polizei ermittelt wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz sowie gegen das Sprengstoffgesetz. Es ist nicht die erste Aktion dieser rechten Kleingruppe, ihre Aktionen laufen immer nach dem gleichen Schema ab. Es geht offenkundig um die Verbreitung rassistischer und queerfeindlicher Positionen. Insgesamt wurden innerhalb der letzten vier Monate sieben Videos von der Gruppe produziert und veröffentlicht. Die Polizei kann zu den Tätern keine näheren Angaben machen. Zeit zu fragen: Wer steckt hinter der Freischar Westfalen?

Freischar Westfalen – Aktionismus für das Internet

Der Name Freischar Westfalen orientiert sich an den nationalistischen und protofaschistischen Freischärler und Freikorps der 1920er Jahre in Deutschland. Nach dem ersten Weltkrieg kämpften die paramilitärischen Freikorps-Einheiten im Auftrag der Reichsregierung insbesondere gegen linke, kommunistische und anarchistische Bewegungen und Aufstände in Deutschland und wurden auch zur Sicherung der Ostgrenzen eingesetzt. Sie zeichneten sich durch ein hohes Maß an Nationalismus, Militarismus und Antisemitismus aus und waren für eine große Zahl politischer Morde verantwortlich. Zu den bekanntesten Mordopfern der Freikorps zählen Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Matthias Erzberger und Walther Rathenau. Zwischen 1918 und 1922 wurden mindestens 354 Menschen durch Mitglieder der Freikorps ermordet. Viele spätere ranghohe NS-Täter waren in Freikorps-Gruppen organisiert. An diese historischen Vorbilder reicht die rechte Kleingruppe weder in Organisation noch in Form heran. Die Namenswahl zeigt die politische Gesinnung der Gruppenverantwortlichen, sowie ein gehöriges Maß an mangelndem Geschichtsbewusstsein und Selbsteinschätzung. Nach Eigenangaben möchte die Freischar Westfalen für die „Bewahrung deutscher Werte, Heimat und Kultur antreten“, in der Praxis bedeutet dies die Produktion von Kurzvideos zur rassistischen und LGBTIQA+feindlichen Agitation. Sieben Videos hat die Kleingruppe seit Mai 2024 produziert, immer in Reaktion auf Ereignisse, die in rechten Social Media-Blasen besonders heiß diskutiert wurden. An den Aktionen beteiligten sich jeweils zwischen drei und sechs Personen. Bei den ersten 3 Aktionen brachten die Freischar-Mitglieder Banner an Brücken im Bielefelder Stadtgebiet an und entzündeten zur Erhöhung der Dramaturgie Rauchfackeln.

Am 23.05.24 teilte die Gruppe auf Telegram ein Kurzvideo mit dem Banner „Deutschland ist Heimat“. Damit griff die Freischar Westfalen ein Vorkommnis an einer Schule in Mecklenburg-Vorpommern im März diesen Jahres auf, welches in rechten alternativen Medien und Social Media in hohem Maß verzerrt und fehl dargestellt wurde.

Daniel Kokott (rechts) mit seinem Sohn Conner und den handsignierten Stolzmonat-Kampagnen-Shirts von Maximilian Krah

Einen Monat später folgte am 23.06.24 eine Banneraktion zu der in rechten Kreisen zelebrierten queerfeindlichen „Stolzmonat“-Kampagne. Seit 2023 versuchen rechte Akteur*innen, gegen die zunehmende Sichtbarkeit von queeren Menschen und das Bekenntnis zur Unterstützung von LGBTIQA+ durch Institutionen und Unternehmen, zu agitieren. Queerfeindlichkeit und Antifeminismus sind ideologische Bindeglieder zwischen konservativen, religiös-fundamentalistischen Kreisen über die AfD bis hin zu organisierten Neonazis. 2024 nutzte der ehemalige AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah die „Stolzmonat“-Kampagne, um die queerfeindlichen Inhalte der AfD und ihrer Vorfeldorganisationen dominant in den sozialen Medien zu platzieren. Er versprach seinen follower*innen, wenn sie entsprechende Inhalte erzeugen und teilen, ein von ihm signiertes Deutschlandtrikot mit dem einschlägigen Stolzmonat-Farbverlauf. Auch die Freischar Westfalen erhielt entsprechende Trikots, wie die Gruppe stolz auf X und TikTok präsentierte. „Hier stellvertretend 2 für die 5 Kameraden die an der Aktion beteiligt waren.“ steht neben dem Bild. Darauf sind Daniel Kokott und sein 14-jähriger Sohn Conner zu erkennen. In dem zugehörigen Video sieht man, wie Conner das Banner mitanbringt und anschließend eine Rauchfackel entzündet, um für die Aufnahme zu posieren.Die Stolzmonat-Aktion der Freischar ist nicht die einzige, an der Kokott seinen 14-jährigen Sohn beteiligt hat. Auch beieiner Solidaritätsaktion für das rechtsnationalistische, verschwörungsideologische Compact-Magazin am 27.07.24übernahm Conner die gleichen Aufgaben.

Michael Sahm, sachkundiger Bürger der AfD Bielefeld, Quelle: https://afd-bielefeld.de/afd-im-rat/sachkundige-buerger/

Nach den rassistischen Ausschreitungen in Großbritannien im Sommer diesen Jahres solidarisierte sich die Freischar Westfalen und veröffentlichten am 17.08.24 ein entsprechendes Video. Auf dem Video sind Daniel Kokott und Michael Sahm zu sehen, wie sie Plakate der „Action Radar Europe“- einer 2023 gegründeten Plattform der Identitären Bewegung, die entsprechende Aktionen und Gruppen europaweit vorstellen und vernetzen soll – im Bielefelder Stadtgebiet anbringen. Michael Sahm ist Mitglied der AfD Bielefeld und für diese als „sachkundiger Bürger“ im Anregungs- und Beschwerdeausschuss der Stadt Bielefeld. Seit Monaten ist Sahm auch bei den Demos der rechten Gruppe „Bielefeld steht auf“ anzutreffen. Er war auch an der Solidaritätsaktion für das Compact-Magazin im Juli beteiligt.

27.07.24, „Bielefeld steht auf“: Michael Sahm rechts am Transparent, links daneben Florian Rust

Sahm beteiligte sich ebenfalls an einer Banneraktion am 25.08.24 in Reaktion auf das Attentat in Solingen. Fünf Personen, darunter Kokott und Sahm, brachten ein Banner mit der Aufschrift „Vielfalt = #Solingen Sichere Heimat statt sicherer Hafen #Remigration“ am Bielefelder Rathaus an und entzündeten Rauchfackeln. Damit positioniert sich die Gruppe gegen den Beschluss der Stadt Bielefeld vom November 2019, in dem Stadtrat sich solidarisch mit Geflüchteten und eine erhöhte Aufnahmebereitschaft und setzt gesellschaftliche Vielfalt und Diversität mit Terrorismus gleich.

Gemeinsame Aktion der Freischar Westfalen mit der Aktion Hermannsland. Beim gemeinsamen Handshake, Daniel Kokott (links) und Lennard Sanner (rechts)

Am 12.09.24 führte die Freischar Westfalen eine gemeinsame Aktion mit der Neonazi-Gruppe Aktion Hermannsland durch. Die Aktion Hermannsland wurde 2021 gegründet und wird von dem Neonazi Lennard Sanner (Horn-Bad Meinberg) angeführt. Auch seine Partnerin Ann-Marie Diedrichs, ist in der Gruppe aktiv. In den letzten Monaten fiel die Gruppe immer wieder durch Störversuche bei Kundgebungen gegen rechts in Detmold und Horn auf. In dem gemeinsamen Video posieren 5 Personen für die Freischar Westfalen und 5 Personen für die Aktion Hermannsland. Auf dem Banner und in dem veröffentlichten Beitext beziehen sich die Gruppen auf die Schlacht am Kahlenberg 1683, bei der die zweite osmanische Belagerung Wiens beendet wurde. Die IB Österreich nutzt das Datum des historischen Ereignisses über Jahre, um in Wien einen Fackelmarsch abzuhalten. In dem Beitext der Freischar Westfalen steht: „Heute, 341 Jahre später, steht der islamische Einfluss wieder vor den Toren Europas! Damals wie heute leisten wir Widerstand.“

Deportations-Fantasien der Freischar Wesfalen

Sie greifen die in neonazistischen und neurechten Kreisen virulente Erzählung einer drohenden Islamisierung Deutschlands auf und inszenieren sich als Verteidiger vor einer (ausgedachten) Gefahr.Auch hier war Conner Kokott teil der Inszenierung. Kokott nimmt sein minderjähriges Kind also mit zu unangemeldeten, illegalen Aktionen, bei denen die Verbreitung von Queerfeindlichkeit und Rassismus die erklärten Zielesind. Und er bringt seinen Nachwuchs gezielt mit gewaltbereiten Neonazis zusammen.

Im Fall der letzten Aktion der Freischar Westfalen vom 15.09.2024 in Herford ermittelt mittlerweile die Polizei wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz sowie gegen das Sprengstoffgesetz. Erneut setzte die Feischar Westfalen gesellschaftliche Vielfalt in rassistischer Manier mit Gewalt gleich. In einer Pressemitteilung schreibt die Freischar dazu: „Wir lehnen diese, eure Vielfalt ab. Sie ist keine Bereicherung, sondern eine Gefahr für unsere Gesellschaft.“

Wer ist Daniel Kokott?

Daniel Kokott im Shirt der „Identitären Bewegung“ bei „Bielefeld steht auf“

Daniel Kokott lebt mit seiner Familie in Leopoldshöhe. Seit dreieinhalb Jahren ist er Teil der rechten verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“, für welche er bei Telegram auch als Admin fungiert und deren Social Media-Auftritte er bespielt. „Bielefeld steht auf“ (BSA) ist eine verschwörungsideologische Gruppe, die seit März 2021 Demos in Bielefeld organisiert. Gestartet hat BSA, wie viele ähnliche Gruppen bundesweit zu dieser Zeit, als Zusammenschluss von Coronaleugner*innen und anderweitig Verschwörungsgläubigen. Von Beginn waren AfDler, Neonazis und Reichsbürger*innen immer wieder Teil der BSA-Demos. Seit der Aufhebung der Coronaschutzmaßnahmen haben die BSA-Demos massiv an Zulauf verloren, es fehlen neue thematische Aufhänger, um neue Leute zu interessieren. Dabei verschiebt sich der inhaltliche Schwerpunkt der Gruppe zunehmend auf Hetze und Propaganda gegen Muslim*innen, Geflüchtete, Politiker*innen der etablierten Parteien und die LGBTIQ+Community. Daran hat Daniel Kokott einen entscheidenden Anteil. Als Admin kontrolliert er den Telegramchat der BSA-Gruppe, entscheidet, welche Äußerungen zum Auschluss von Chat-Mitgliedern führen und welche Inhalte geteilt werden. So werden Mitglieder, die sich kritisch zu rassistischen und nationalistischen Posts äußern, direkt aus der Gruppe verwiesen. Kokott duldet nur rechte und rechtsoffene Mitglieder und Inhalte.

Daniel Kokott, mit „White Boy Summer“ – Shirt

Bei der Plattform X (früher twitter) schreibt Kokott auf dem offiziellen BSA-Account „Nur millionenfache Remigration kann unsere Straßen wieder sicher machen.“ (12.06.24) und greift damit den zentraken Inhalt des Potsdam-Treffens auf. Bei Telegram schreibt er, er wünsche sich eine Gesellschaft ohne Muslim*innen und jede Abschiebung sei eine Rettung für Deutschland. Bei den BSA-Demos betreut Kokott den Tisch mit Stickern und Flyern. Zu finden sind hier neben Anti-Impfmotiven, AfD-Werbematerial, Sticker für die Mobilisierung zum jährlichen Neonaziaufmarsch in Dresden (beziehbar über den Onlinehandel der NPD/Die Heimat), Sticker gegen LGBTIQ+ und Werbematerial des „Bündnis gegen Links“. Das „Bündnis gegen Links“ hat sich als eine Mini-Splittergruppe aus BSA entwickelt in direkter Reaktion auf die Großdemonstrationen gegen rechts, die im Februar bundesweit nach den correctiv-Recherchen zum Potsdam-Treffen stattfanden. Hauptverantwortlich sind BSA-Mitglied Andi und Daniel Kokott.

Andi vom „Bündnis gegen links“ bei „Bielefeld steht auf“

Auf den BSA-Demos und auch anderen Demos der verschwörungsideologischen Szene wie z.B. in Bad Oeynhausen laufen Andi und Daniel Kokott in Shirts der Identitären Bewegung (IB), schreien Parolen der IB und anderer Neonazi-Gruppen in ihre Megafone und tragen ein Banner mit der Großaufschrift „Remigration“. Jeden Monat ziehen Kokott und seine Kameraden in dieser Manier durch Bielefeld. Im Juni unterstützten Kokott und Andi als „Bündnis gegen Links“ einen Wahlstand der AfD in der Bielefelder Innenstadt, Kokott selbst ist immer wieder bei AfD-Infoständen und -Veranstaltungen anzutreffen. Mittlerweile hat sich eine kleine Anzahl fester Unterstützer für das Bündnis gegen Links bei BSA gefunden, darunter zwei Neonazis aus Bielefeld und Mitglieder der AfD Bielefeld, Florian Rust und Michael Sahm.

Daniel Kokott zur „Schwarze Kreuze“ – Aktion bei Telegram

Aber Daniel Kokott betätigt sich nicht nur innerhalb der verschwörungsideologischen Szene, auch in der organisierten Neonazi-Szene versucht Kokott, sich anzubiedern und Verbündete zu finden. Im Jahr 2022 beteiligt sich Kokott an der Neonazi-Aktion „Schwarze Kreuze“. Bei der aus dem Spektrum der Jungen Nationalisten (Jugendorganisation der Neonazi-Partei „Die Heimat“, früher NPD) jährlich organisierten „Schwarze Kreuze“-Aktion handelt es sich um eine Propaganda-Aktion, die Angst und Ablehnung gegen People of Colour und Geflüchtete erzeugen soll. Kokott beteiligte sich an der Aktion und teilte seine Holzkreuze voll Stolz mit den anderen teilnehmenden Neonazis in der entsprechenden Telegram-Gruppe.

In seiner Kleidung, den geschrienen Parolen und auch seinen geteilten Inhalten bei Telegram zeigt Kokott offen seine Bewunderung für die IB. Die IB propagiert seit Jahren den rassistischen und antisemitisch geprägten Mythos eines geplanten Bevölkerungsaustausches und versucht mittels aufmerksamkeitsheischender Aktionen, rassistische und nationalistische Postionen in den gesellschaftlichen Diskurs zu bringen. Auf Instagram folgt Kokott diversen AfD-, Junge Alternative- und auch IB-Accounts, darunter auch die IB-Gruppe „Westfalens Erben aus Bielefeld. Die propagandistischen Aktionen der IB scheinen genau Kokotts Geschmack zu treffen. In Alter, Subkultur(nicht)zugehörigkeit und auch Familienstand ist Kokott für die tatsächliche IB unattraktiv und unpassend, sodann erfand Kokott in diesem Jahr eine eigene Gruppe, die den Videos der IB nacheifert – die Freischar Westfalen. Der Name spiegelt Daniel Kokotts Begeisterung für die nationalistischen und protofaschistischen Freischärler und Freikorps der 1920er Jahre in Deutschland. So hat Kokott auch seinem Profil bei Telegram den Satz „Freikorps voran! Die Grenze brennt!“ zugefügt. Auch die Liste der Accounts, denen Daniel und die Freischar Westfalen folgen, überschneiden sich vielfach. Zahlenmäßig sieht es bei der Freischar eher dünn aus, ein möglicher Grund für die regelmäßige Beteiligung von Kokotts Sohn Conner.

29.06.24, rechte Kundgebung von „Bad Oeynhausen erhebt sich“. Mit dabei am Transparent Daniel Kokott (Mitte) und zwei namentlich noch unbekannte Personen der Freischar Westfalen

Neben den beiden Kokotts und Michael Sahm von der AfD Bielefeld lassen sich zwei weitere Personen ausmachen, die sich wiederholt an den Aktionen der Freischar Westfalen beteiligt haben. Beide sind regelmäßig bei „Bielefeld steht auf“ und darüber hinaus als Neonazis einzuschätzen. Bei einer rassistisch motivierten Mahnwache in Bad Oeynhausen am 29.06.24 (organisiert von „Bad Oeynhausen erhebt sich“) posierten die beiden namentlich unbekannten Freischar-Aktivisten mit Daniel Kokott an einem Banner mit der Großaufschritt „Remigration“ und „Bündnis gegen Links“. An der Mahnwache nahmen auch die Neonazis der Aktion Hermannsland teil.

06.07.24, „Bielefeld steht auf“: vorne rechts unbekannte Person der Freischar Westfalen mit „The White Race“ Shirt und Preussen-Fahne

Der jüngere Neonazi geht seit April 2024 auf regionale Demos der verschwörungsideologischen Szene in Bad Oeynhausen, Detmold und Bielefeld. Wiederholt lief er in einem Shirt mit der Aufschritt „the white race“ und einer großen Preußenfahne bei BSA-Demos mit. Bei einer AfD-Demo am 17.08. in Detmold lief er in seinem von Maximilian Krah signierten Deutschland-Trikot mit. Er ist auch bei Telegram in dem neonazistischen Kanal „Total Marxist Death“ aktiv. Dort werden NS-verherrlichende Inhalte geteilt und immer wieder Videos, die den Rechtsterroristen Anders Breivik verehren und feiern.Breivik beging am 22.07.2011 Anschläge in Oslo und Utoya, bei denen 77 Menschen ermordet wurden. Auch Brenton Tarrant, der in Christchurch 51 Menschen aus antimuslimisch-rassitsicher Motivation ermordete, wird hier gefeiert. In dem Kanal wird in Videos gezielt zu Terror und tödlicher Gewalt gegen Linke, Queers, Jüd*innen und Juden und Geflüchtete aufgerufen. Antisemitismus ist hier nicht durch rechte Verschwörungsmythen verschleiert wie bei BSA, hier wird offen antisemitisch gehetzt, Auch die Videos der Freischar Westfalen werden immer wieder in dem Kanal geteilt.

03.05.24, „Bielefeld steht auf“: unbekannte Person der Freischar Westfalen (links)

Die andere Person, die wiederholt an den Freischar Westfalen-Aktionen teilgenommen hat, besucht die BSA-Demos seit Frühjahr 2022. In den ersten Monaten besuchte der Mann immer zusammen mit dem Bielefelder Neonazi Tim Sauer (früher Die Rechte, heute Die Heimat) die Demonstrationszüge in Bielefeld. Auch an konspirativ organisierten Zusammenkünften überregionaler Neonazi-Strukturen nahm er in der Vergangenheit teil. Seit Monaten bewegt sich der Mann auf den BSA-Demos im Umfeld von Daniel Kokott und des „Bündnis gegen links“.

07.06.24, „Bielefeld steht auf“: unbekannte Person der Freischar Westfalen (vorne rechts)

Das Gefährdungspotenzial der Freischar Westfalen besteht nicht in ihrer Personenanzahl, denn diese ist gering. Auch nicht in ihrer Kreativität, denn die Gruppe bedient sich ausschließlich den Ideen anderer rechtsnationalistischer Gruppen und Aktivist*innen und greift bereits durch andere gesetzte Schlagworte auf. Nichtsdestotrotz erreichen die Videos über die sozialen Netzwerke eine weite Verbreitung und tragen so zur Verbreitung menschenfeindlicher Ideologien bei. Gerade junge Menschen, die sich im Prozess der politischen Meinungsbildung befinden, sollen durch die aktionistischen Videos mit ihren simplen Botschaften angesprochen werden. In einer Zeit, in der die bürgerlichen Parteien sich gegenseitig in autoritären Gesetzesentwürfen und Maßnahmen zur Aushebelung des Grundrechts auf Asyl zu übertrumpfen ver suchen und somit die rechtsnationalistischen und rassistischen Positionen der AfD als legitim erscheinen lassen, wird aus der vielbeschworenen Mitte der Gesellschaft Rassismus und Nationalismus nichts entgegengesetzt. Wenn bürgerliche Parteien über die Abschaffung des Grundrechts auf Asyl sprechen und geschichtsvergessen die Lehren aus der Shoa mit den Füßen treten, erscheinen die Phrasen von Gruppen wie der Freischar Westfalen als legitim. Die Videos von Gruppen wie der Freischar Westfalen können Menschen, die auf der Suche nach politischer Orientierung sind, in rechte Onlineblasen und Echokammern ziehen. An Daniel Kokotts politischem Werdegang, der inzwischen sein eigenes Kind bei illegalen Aktionen mit Neonazis filmt, kann ein zu befürchtender Radikalisierungsprozess gut beschrieben werden. Wir sehen außerdem eine Zunahme rechter Gewalt bundesweit. Es kommt zu Angriffen auf People of Colour, Antifaschist*innen und Queers. Am 07.09.24 wurde ein 21-Jähriger in Preußisch-Oldendrof zusammengeschlagen und schwer verletzt, nachdem er sich in einem Bus gegen rechte Parolen ausgesprochen hatte. Bereits rechtsorientierte Menschen fühlen sich durch die Videos in ihren Ansichten bestärkt und schreiten möglicherweise im nächsten Schritt zur Tat.

Darum gilt, die Freischar Westfalen aus der Anonymität zu holen und ihren Umtrieben ein Ende zu bereiten. Die Bielefelder Stadtöffentlichkeit ist außerdem aufgefordert, die Demos von „Bielefeld steht auf“ als das zu erkennen, was sie sind: rechte Aufzüge, die Verschwörungsgläubige mit Neonazis zusammenbringen und zu einer rechten Radikalisierung beitragen.

Wenn Sie / Ihr Informationen zu den beiden namentlich unbekannten Neonazis habt – oder zu anderen rechten Aktivitäten, Gruppen oder Personen – schreibt uns gerne eine Nachricht: [email protected]

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Bielefeld gibt auf – über eine rechte Massenbewegung, Neonazis und das Schweigen der Bielefelder Zivilgesellschaft https://rkowl.blackblogs.org/2022/11/30/bielefeld-gibt-auf-ueber-eine-rechte-massenbewegung-neonazis-und-das-schweigen-der-bielefelder-zivilgesellschaft/ Wed, 30 Nov 2022 21:22:35 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1733 Continue reading Bielefeld gibt auf – über eine rechte Massenbewegung, Neonazis und das Schweigen der Bielefelder Zivilgesellschaft ]]> Am 04.11.22 hielt die rechte verschwörungsideologische Gruppe „Bielefeld steht auf“ (BSA) erneut eine Großdemonstration in Bielefeld ab. Circa 400 Teilnehmer*innen zogen, ohne jede Form zivilgesellschaftlichen Gegenprotests, durch die Stadt. Darunter auch ca. 25 Personen der neonazistischen und neofaschistischen Szene OWLs. Immer wieder nehmen bekannte Neonazis und organisierte Neofaschisten an den BSA-Demos teil. In einer so großen Zahl wie am 04.11.22 war dies zuletzt am 17.12.21 der Fall. Seit der von uns bereits damals scharf kritisierten Kampagne „Bielefeld nimmt Platz“ ist über die vergangenen Monate hinweg jeglicher Gegenprotest gegen die rechte Großdemo weggebrochen. Nun steht am 03.12.22 die nächste Demo an. Zeit, eine Bilanz zu ziehen.

Bielefeld steht auf: eine rechte Gruppierung und ihre Anhänger*innen

08.10.22 Hannover: Das BSA-Moderatoren Duo André Jesse & Sven mit Matthäus Westfal aka. AktivistMann

Thematisch dominieren in der BSA-Gruppe, wie wir bereits vielfach belegt haben, die systematische Leugnung der Corona-Pandemie, des Klimawandels sowie der Geschlechtervielfalt. Antisemitische Verschwörungsmythen werden seit Beginn im BSA-Telegramchat verbreitet. Dies mischt sich mit refugee-feindlichen, explizit rassistischer Agitation sowie trans- und homofeindlicher Hetze. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine werden auch prorussische Inhalte geteilt, welche allerdings nicht thematisch dominieren. Beiträge der AfD, der Freien Sachsen, der Jungen Nationalisten (JN), des Compact-Magazins und anderer neofaschistischer Aktivist*innen wie Martin Sellner werden unwidersprochen sehr regelmäßig geteilt und von Gruppenmitgliedern durch likes belohnt. Das Organisationsteam besteht unter anderem aus André Jesse undAngela Landwehr, Jesse agiert als Moderator und Versammlungsleiter. Landwehr hat mehrere der Demos angmeldet. Das Organisationsteam löscht als störend empfundene Inhalte schnell und schmeißt Personen aus dem Chat, die die Gruppe oder rechte Positionen klar und anhaltend kritisieren. Störend sind Nachfragen zur Belegbarkeit der geteilten Fake-News, Positionierungen gegen rechte Propaganda oder auch die Akzeptanz der Covid-Impfung. Fake-News, Verschwörungsmythen und Neonazi-Propaganda werden hingegen nicht gelöscht, sie sind der Kerninhalt dieser Gruppe. Dabei ist in den letzten Monaten eine Zunahme der offen neonazistischen und neofaschistischen Beiträge zu beobachten. So werden beispielsweise die aktuellen Werbeposts der JN tagesaktuell bei BSA geteilt, ebenso wie Beiträge des ultranationalistischen Compact-Magazins oder auch ein Interview mit dem Holocaustleugner Horst Mahler. Aber auch schon im Januar konnten Neonazis aus OWL in dem Kanal offen ihre neue Gruppe „Westfalens Eichensöhne“ bewerben.

Auch der Kreis der Organisator*innen radikalisiert sich zusehends. Auf diese zu erwartende Entwicklung haben wir schon ab 2020 hingewiesen. Beispielhaft können hier die BSA-Aktivisten Daniel und Andi genannt werden. Daniel nimmt regelmäßig an den BSA-Demos als Ordner teil und bereist auch überregional rechtsdominierte AntiCorona- und Energieproteste. Als Ordner fällt Daniel immer wieder auch durch aggressives Verhalten gegenüber Journalist*innen und Gegendemonstrierende auf. Im Juli 2022 beteiligte sich Daniel an der Neonazi-Aktion „Schwarze Kreuze“. Jährlich bringen Neonazis bundesweit Mitte Juli schwarze Holzkreuze mit rassistischen Slogans an Ortseingangsschildern an, um gegen Geflüchtete und People of Colour als mutmaßliche Gewalttäter*innen zu agitieren. Daniel brachte in diesem Jahr sechs Kreuze an Ortsschildern in Bielefeld und Herford an. Die Neonazi-Aktion wurde auch bei BSA beworben und lobend erwähnt. Bei Instagram folgt Daniel einschlägigen Neonazi-Organisationen wie der Gruppe „Westfalens Eichensöhne“.

Dauerredner Andi nutzt die BSA-Demos seit ca. einem Jahr als Bühne. In seinen Reden und auch seinen Beiträgen in der Chatgruppe agitiert er massiv gegen Geflüchtete, Antifaschist*innen und LGBTQI*-Personen. Für diese Auftritte tritt er mal kostümiert als Pestdoktor oder Affe, mal im Pullover von Phalanx Europa auf. Phalanx Europa gilt als Kleidermarke der neofaschistischen Identitären Bewegung und vertreibt rechte Szenekleidung mit eindeutigen nationalistischen Botschaften. Andis eigener Aussage nach befindet er sich bereits seit 2018 im „patriotischen Kampf“. Im April 2022 besuchte er einen Auftritt des antimuslimischen Rassisten Michael Stürzenberger in Bielefeld.

Neonazis, bekennende Rassist*innen, Politiker*innen der AfD und Junge Alternative (JA) waren seit Beginn an Teil von BSA. Hier findet keine Unterwanderung oder ein Übernahmeversuch von Neonazis statt, wie zum Teil durch lokale Medien gern behauptet wird (zuletzt in der NW am 24.11.22). Ähnlich wie bei Pegida sind bunt gekleidete Bürger*innen, Angehörige der organisierten Impfgegner-Szene, Reichsbürger und eben auch militante Neonazis fester Bestandteil von BSA. Ihr Bindeglied sind ihre Ideologien: sozialdarwinistische Überzeugungen, Nationalismus, Demokratiefeindlichkeit und eine Ablehnung einer diversen und multikulturellen Gesellschaft.

Neonazis nutzen BSA für Straßenkampfproben

Die Anti-Corona-Demos bieten für organisierte Neonazis, neben den ideologischen Anknüpfungspunkten und darauf basierenden Rekrutierungsmöglichkeiten, eine in Westdeutschland historische Chance der Akzeptanz und dem Schutz durch eine sich bürgerlich begreifende Massenbewegung. Die Akzeptanz besteht in dem vermeintlich „unpolitischen“ Schulterschluss der rechten Bewegung mit allen, die sich bei den Demos versammeln. Alle Teilnehmenden werden als „Erwachte“ begriffen, sie wähnen sich in einer globalen Verschwörung, die nur sie als solche identifiziert haben und die von „dem System“ betrieben wird. Alle, die in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit in der Kritik stehen für rechte, verschwörungsideologische und antisemitische Positionen, werden als ebenfalls Erwachte und Verbündete wahrgenommen. Dies nutzen regional organisierte Neonazis gezielt aus, um sich als Gruppe auf der Straße zu erproben und um sich auf mögliche Auseinandersetzungen vorzubereiten bzw. aktiv darauf hinzuwirken.

Am 17.12.2021 zeigte sich eine ostwestfälische Neonazi-Gruppe, bestehend unter anderem aus Lennard Sanner und Valentin Hassenewert, bei der BSA-Demo. Die Gruppe trat vermummt und aggressiv auf. Als es am Bielefelder Rathaus zu Ausschreitungen gegen die Polizei kam, waren Sanner und die ihn begleitenden Neonazis entscheidend an den Tumulten beteiligt. Am 04.11.22 trat die Neonazi-Gruppe erneut bei der BSA-Demo auf. Die Neonazis waren teilwiese vermummt und mit Quarzhandschuhen bekleidet. Immer wieder verließen einzelne, wie auch Kleingruppen bis zu drei Personen, die Demo und hielten am Rand Ausschau, mutmaßlich nach Gegendemonstrierenden. Überregionale Neonazi-Gruppen, die zur gleichen Zeit wie die „Westfalens Eichensöhne“ aufkamen wie bspw. die „Revolte Rheinland“, nutzen jede Demoteilnahme zur Bewerbung bei Instagram. Die ostwestfälische Neonazi-Gruppe tut dies nicht. Die Demos werden zur Erprobung der im Alltag geübten Straßenkampftechniken genutzt. Da von geplanten gewaltsamen Übergriffen durch die Neonazis auszugehen ist, wundert auch das Ausbleiben der öffentlichen Ausschlachtung der Demoteilnahme nicht.

HDJ-Nachwuchs: Neonazismus und Gewalt als Erziehungsziel

Sommertour der IB 2020: 1. v.l. Martin Küsterarend, 2. v.r. Arne Ulrich

Die genannte Neonazi-Gruppe wirbt online unter zwei Labels um Interessierte: Westfalens Eichensöhne und Aktion Hermannsland. Während die Eichensöhne in ihrer Online-Ästhetik an die Identitäre Bewegung anknüpfen, spricht die Aktion Hermannsland mit völkisch-rassistischer Propaganda eher das klassische Neonazi-Publikum an. Fotos von Aktionen der Eichensöhne belegen die Mitgliedschaft bekannter Sprösslinge der regionalen völkischen Neonazi-Sippen, die bereits in der verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) erzogen wurden. So zum Beispiel Arne Ulrich (Detmold-Berlebeck), Falk Hanusek (Fromhausen) oder auch Erik Steinbiß (Lippstadt). Alle drei entstammen bekannten völkischen Neonazi-Familien, welche allesamt Mitglieder, z.T. in führender Position, in der HDJ waren und überdies in der rassistischen Artgemeinschaft bis heute aktiv sind. Arne Ulrich ist der Sohn des ehemaligen HDJ-Einheitsführers Gerd Ulrich, der ebenfalls am 17.12.21 und am 04.11.22 die BSA-Demos besuchte. Arne Ulrich wurde, ebenso wie Falk Hanusek und Erik Steinbiß, in der HDJ ideologisch und auch körperlich gedrillt. Neonazismus und Gewaltbereitschaft waren erklärte Erziehungsziele der HDJ. Die drei Söhne der Hanusek-Familie, Erik, Thoren und Falk, sind bereits mehrfach in den letzten Jahren durch gewaltsame Übergriffe aufgefallen.

Januar 2022: Die Sporthalle in Berlebeck wurde mit neonazistischen Parolen & Symbolen übersprüht

Arne Ulrich fotografierte sich selbst im Januar 2022 bei einer nächtlichen Graffiti-Aktion, bei der er eine Sporthalle in Berlebeck mit neonazistischen und antisemitischen Parolen, Hakenkreuzen, dem Lambda-Symbol der Identitären Bewegung sowie weiterer neonazistischer Symbolik besprühte. Die Erziehungsziele der HDJ scheinen in OWL erreicht worden zu sein. Am 14.10.2022 fanden bei den Hanuseks in Fromhausen und in Berlebeck polizeiliche Razzien im Zusammenhang mit einem schweren gewaltsamen Übergriff vom 09.10.22 auf zwei Personen statt. Die beiden Angegriffenen wurden bei dem Übergriff schwer verletzt und mussten im Krankenhaus behandelt werden.

Lennard Sanner bei NPD-Demo am 23.11.19 in Hannover (Quelle: Recherche Nord)

Wenn die Neonazi-Gruppe bei den BSA-Demos auftaucht, scheint Lennard Sanner eine Führungsrolle einzunehmen. Sanner (wohnhaft in Horn-Bad Meinberg) ist ein umtriebiger Neonazi, der seit 5 Jahren in regionalen rechten Strukturen auftaucht. 2017 war Sanner für unbekannte Dauer bei der ultranationalistischen Bielefelder Burschenschaft Normannia Nibelungen. Dort machte er auch mit dem Normannen Florian Schürfeld Bekannstschaft. Schürfeld fiel 2017 bei Demos der Identitären Bewegung auf und ist heute ein Bursche der Normannia Nibelungen. Am 04.11.22 begleitete Schürfeld die Neonazis in Bielefeld, wie auch schon am 17.12.2021. Sanner trat in den letzten Jahren regelmäßig bei Neonazi-Veranstaltungen auf, wie z.B. beim Rudolf-Hess-Marsch 2018, bei den Haverbeck-Aufmärschen 2018, dem Neonazi-Festival „Tage der nationalen Bewegung“ 2019 oder auch der Presse-feindlichen Demo der NPD im November 2019. Im Mai 2021 wurde Sanner zu einer Geldstrafe verurteilt, da er auf der besagten NPD-Demo gegen das Kunsturhebergesetz verstoßen hatte. Immer wieder nimmt Sanner an Veranstaltungen der NPD-Nachwuchs-Organisation JN teil. Er pflegt sowohl Kontakte in kameradschaftliche Strukturen, zur Burschenschaft Normannia Nibelungen, zu neonazistischen Parteien wie auch zu der exklusiven und elitären Artgemeinschaft. Mit seiner Partnerin Ann-Marie Diederichs zieht Sanner in Horn-Bad Meinberg eine gemeinsame Tochter groß. Diederichs, selbst in der Neonazi-Szene aktiv, stammt aus einer rechten Göttinger Familie und nahm ebenfalls an Treffen der Artgemeinschaft teil. Für die Aktion Hermannsland gibt sie auch das Instagram-Model.

Valentin Hassenewert

Ebenfalls Teil der Neonazi-Gruppe am 04.11.22 bei der BSA-Demo war Valentin Hassenewert. Hassenewert hat bis zum Sommer eine Lehre zum Zimmerer in Bielefeld gemacht und hat Kontakte in die rechte Fußballszene. Im November 2020 beteiligte er sich an einem Treffen der Identitären Bewegung in Bielefeld. Kurz darauf kommt es zu einer rassistischen Plakataktion der Identitären Bewegung in Bielefeld. Im Winter 2021/2022 besuchte Hassenewert wiederholt BSA-Demos. Am 17.12.21 beteiligte er sich an der Seite von Lennard Sanner an dem Durchbruch am Rathaus. Diese ostwestfälische Neonazi-Gruppe vereint klassischen Neonazismus mit Identitärer Bewegung, sie ist ideologisch gefestigt und gewaltbereit.

Vorne Florian Rust beim Burschentag in Eisenach 2022 (Quelle: Recherche Nord)

Auch Vertreter der JA Bielefeld nahmen an der BSA-Demo am 04.11.2022 teil. Die zeitgleiche Demoteilnahme mit der Neonazi-Gruppe um Sanner erscheint dabei nicht zufällig. Am 17.12.21 wurde die Neonazi-Gruppe von Florian Schürfeld und Florian Rust begleitet. Rust ist Vorsitzender der JA Bielefeld und ebenfalls Mitglied bei Normannia Nibelungen. 2021 und 2022 scheiterte Rust bei den Studierendenparlamentswahlen der Universität Bielefeld kläglich mit einer eignen Wahlliste. Rust nahm an mehreren BSA-Demos teil und war auch am 04.11.22 vor Ort. Die Verflechtung der Jungen Alternative, Normannia Nibelungen und der regional gewaltbereiten Neonazi-Szene ist ein Grund zur Besorgnis. Am 07.11.2021 veranstaltete die JA Bielefeld in dem Burschenschaftshaus einen „patriotischen Liederabend“, zu dem neben Burschen und Alten Herren auch Lennard Sanner und Ann-Marie Diederichs sowie der Bielefelder Neonazi Tim Sauer erschienen. Das Haus der Normannia in der Schloßhofstraße 96 bietet der rechten Szene einen Zufluchts- und Veranstaltungsort mitten in Bielefeld.

Die Bielefelder Öffentlichkeit – ein hoffnungsloser Fall?

Wir haben in vielen Texten auf die ideologische Ausrichtung und personelle Zusammensetzung von BSA deutlichst hingewiesen und die Gefahren, die aus dieser Bewegung entstehen, klar benannt. Wir haben die Teilnahme von Neonazis und rechten Akteur*innen ausführlich und wiederholt dokumentiert und unsere Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Mit unseren Recherchen haben wir immer wieder der polizeilichen Darstellung deutlich widersprochen. Die polizeilichen Pressemitteilungen zu den BSA-Demos waren geprägt von dem Unwillen des Staatsschutzes, diese Bewegung und ihre Akteur*innen korrekt einzuschätzen. Immer wieder wurde die Teilnahme organisierter Neonazis geleugnet, obwohl deren Teilnahme durch vielfältiges Bildmaterial eindeutig belegt ist. Auch bezogen auf die regionale Neonazi-Szene geben die Sicherheitsbehörden immer wieder unhaltbare Einschätzungen ab, welche dann in den lokalen Medien unkommentiert als Wahrheit übernommen werden. Die unkritische Übernahme der Mitteilungen von Verfassungsschutz und Polizei durch Teile der lokalen Medien trägt zu einer Verharmlosung der Sachlage bei. Die ostwestfälische Neonazi-Szene ist nicht verschwunden und sie ist auch nicht kleiner geworden. Sie befindet sich in einer neuen Findungsphase, von Behörden und Zivilgesellschaft unbehelligt. Und die Akzeptanz der rechten, verschwörungsideologischen Gruppe „Bielefeld steht auf“, bietet den Neonazis die Möglichkeit für Anschluss, Straßenpräsenz und neue Rekrutierungspotenziale. Im Jahr 2019 kamen gut 14.000 Menschen in Bielefeld zum Protest gegen 250 Neonazis zusammen. Von dieser Protestbereitschaft scheint nichts mehr übrig zu sein. Die Entscheidung für die Kampagne „Bielefeld nimmt Platz“ im Januar hat sich als fatale Fehlentscheidung erwiesen. Antifaschistische Proteste in anderen Städten zeigen deutlich, dass es einen entschlossenen realen Gegenprotest braucht, um diese rechte Bewegung einzudämmen.

 

Folgend noch den Text als PDF zum Download:

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Polizisten, Soldaten, Söldner, Nazis und niemand will etwas gesehen haben: UNITER NETWORK – In eins verbunden https://rkowl.blackblogs.org/2020/10/06/polizisten-soldaten-soeldner-nazis-und-niemand-will-etwas-gesehen-haben-uniter-network-in-eins-verbunden/ Tue, 06 Oct 2020 19:28:02 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1050 Folgende ausführliche Recherche (Asgaard / Uniter – Komplex) wurde uns zur Veröffentlichung auf unserem Blog von „(((affeu))) anti-fascist film editors union“ zur Verfügung gestellt. Ihr findet die Recherche untenstehend als PDF.

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Vereinssitz der Identitären Bewegung bei Martin Küsterarend in Oberntudorf – Salzkotten https://rkowl.blackblogs.org/2020/10/06/vereinssitz-der-identitaeren-bewegung-bei-martin-kuesterarend-in-oberntudorf-salzkotten/ Tue, 06 Oct 2020 19:15:58 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=1032 Continue reading Vereinssitz der Identitären Bewegung bei Martin Küsterarend in Oberntudorf – Salzkotten ]]> Folgend veröffentlichen wir eine Recherche die uns von der „Rechercheplattform Paderborn“ zugeschickt wurde

 

Im Januar dieses Jahres wurde der Vereinssitz der Identitären Bewegung von Rostock nach Salzkotten verlegt. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Daniel Fiß nicht mehr Vereinsvorsitzender der Identitären ist [1]. Einige Wochen später wurde der Vereinssitz innerhalb des Ortes von der Brockensklee 27 in die Almestraße 10, 33154 Oberntudorf-Salzkotten verlegt [2].

Hier wohnt, wie sowohl vom engstem Familienkreis als auch in einer lokalen Telegram-Gruppe der extremen Rechten (siehe unten) von ihm selbst bestätigt wurde, der seit vielen Jahren in der Identitären aktive Martin Küsterarend. Küsterarend war zunächst im AfD-Umfeld aktiv. So gründete er 2014 – unter anderem zusammen mit David Mühlenbein – den Kreisverband Paderborn der Jungen Alternativen mit [3]. Außerdem besuchte er 2016 auch die AfD-Kundgebung in Paderborn, bei der Björn Höcke sprach. Nach seiner AfD-Zeit wurde er  zunehmend bei Aktionen der Identitären Bewegung gesichtet, unter anderem Anfang 2020 in Bielefeld [4], aber auch vor Kurzem in Köln oder beim sog. Sturm auf den Reichstag bei der Corona-Leugner*innen-Demo in Berlin [5-6].

Küsterarends Weltbild lässt sich auf seiner Facebookseite einfach erkennen. So folgt er dem Alternativen Kulturkongress [7],  der rechtsradikalen Parodieseite ZGI und der us-amerikanischen Faschistin Brittany Sellner. Er ist darüber hinaus in der extrem rechten Szene stark vernetzt. Unter seinen FacebookfreundInnen befinden sich nicht nur ranghohe IB-Kader, wie Kai Alexander Naggert (IB NRW), Armin Fuhrmann (IB Westfalen), Dorian Schubert vom ehemaligen identitären „Hausprojekt“ in Halle oder Robert Timm (IB Berlin), sondern auch Größen aus der lokalen rechten Szene. Dazu gehören unter anderem der Neonazi Dennis Spieker von der Hooligangruppe „Domstädter“ sowie die Vorstandsmitglieder der Jungen Alternative Detmold Julian Hermneuwöhner und Rico Kusnierz.

Außerdem ist Küsterarend unter dem Pseudonym „Madaladin“ Mitglied der Telegram-Gruppe „Patrioten Paderborn“. Hier werden verschiedene menschenfeindliche Inhalte geteilt und sich lokal vernetzt. Küsterarend gab in der Gruppe u.a. auch offen zu, dass er Mitglied der extrem Rechten Identitären Bewegung ist. Neben ihm ist in der Gruppe ebenfalls der Bürgermeisterkandidat der AfD Marvin Weber.

1. https://rechtemedieninfo.blogspot.com/2019/08/identitare-bewegung-deutschland-ibd.html
2. https://www.identitaere-bewegung.de/impressum/
3. https://www.nw.de/lokal/kreis_paderborn/bad_wuennenberg/10052865_Junge-Alternative-gruendet-Kreisverband.html
4. https://twitter.com/ibdoku/status/1227999943165698050
5. https://twitter.com/IbDoku/status/1301910427819847680
6. https://twitter.com/Antifa_Info_Bi/status/1300114750555160577
7. http://www.lotta-magazin.de/ausgabe/online/das-erfurt-des-westens-der-afd

 

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Herford: Stellungnahme zu Marcel Bauersfeld https://rkowl.blackblogs.org/2020/07/19/herford-stellungnahme-zu-marcel-bauersfeld/ Sun, 19 Jul 2020 12:40:59 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=916 Continue reading Herford: Stellungnahme zu Marcel Bauersfeld ]]> Seit nunmehr 4 Woche „demonstriert“ Marcel Bauersfeld vor der Ditib-Moschee in Herford gegen den Muezzin-Ruf. Bauersfeld wird mittlerweile von AfD- Verbänden bundesweit als „mutiger Bürger“ gefeiert. Auch rechte AlteSeit nunmehr 4 Woche „demonstriert“ Marcel Bauersfeld vor der Ditib-Moschee in Herford gegen den Muezzin-Ruf. Bauersfeld wird mittlerweile von AfD- Verbänden bundesweit als „mutiger Bürger“ gefeiert. Auch rechte Alternative Medien beziehen sich auf Bauersfeld und seine Selbstdarstellung im Westfalenblatt als vermeintlich unpolitisch.

Bei Marcel Bauersfeld handelt es sich jedoch um einen bekannten rechten Aktivisten, der mit einer klaren politischen Agenda in Herford auftritt. Bauersfelds Handlungen müssen als das benannt werden, was sie sind: antismuslimisch rassistisch motiviert. Und Marcel Bauersfeld selbst muss als das benannt werden, was er ist: ein rechter Aktivist, der die Nähe zu Neonazis nicht scheut. Seine mediale Darstellung als „unpolitischer, mutiger Bürger“ arbeitet einem rechten Heldennarrativ zu, der derzeit im Internet populär wird.

Folgend gibt es unsere Stellungnahme zu lesen, welche wir auch noch mal an verschiedene Medien geschickt haben.

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Keine Bühne für Xavier Naidoo https://rkowl.blackblogs.org/2020/03/31/keine-buehne-fuer-xavier-naidoo/ Tue, 31 Mar 2020 19:55:30 +0000 http://rkowl.blackblogs.org/?p=726 Continue reading Keine Bühne für Xavier Naidoo ]]> Zusammen mit der „Feministisch Antirassistischen Aktion Bielefeld“ haben wir einen Brief an die Organisator*innen des Soundpark Open Air geschrieben, welche dem rechten Verschwörungstheoretiker Xavier Naidoo im August 2020 im Rahmen eines Open-Air-Konzerts in Bielefeld eine Bühne bieten wollen. Der Brief ging des Weiteren an verschiedene Medien und andere beteiligte Gruppen die dort auftreten sollen. Xavier Naidoo verbreitet seit vielen Jahren antisemitische und homophobe Positionen sowie Gedankengut, welches inhaltlich der „Reichsbürgerbewegung“ zuzuordnen ist. Folgend nun der Brief:

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