Stein 34 bleibt! Widerstand gegen einen Entmietungsprozess in Halle (Saale). 2023-02-19T18:07:51Z https://stein34.blackblogs.org/feed/atom/ WordPress stein34bleibt <![CDATA[Presseübersicht zu unserer Demo]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=333 2023-02-19T18:07:51Z 2023-02-19T17:59:46Z Am Samstag, den 18.02.2023, hat die Initiative “Stein34bleibt” in Halle zu einer Demonstration unter dem Motto “Stein 34 war, ist und wird sein! Mietkämpfe führen und unterstützen – Alle Häuser bleiben!” aufgerufen. Dem Aufruf sind etwa 100 Menschen gefolgt, es gab zahlreiche Redebeiträge von Initiativen und Betroffenen. Wir danken allen Teilnehmer:innen und denen, die Demo unterstützt haben. Untenstehend dokumentieren wir eine Liste von Presseberichten über unsere Demo, die wir in den nächsten Tagen noch ergänzen werden. Im Laufe der Zeit werden wir außerdem einzelne Redebeiträge dokumentieren.

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stein34bleibt <![CDATA[Radiobeitrag zur Demo]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=327 2023-02-12T16:59:00Z 2023-02-12T11:40:52Z STEIN 34 WAR, IST UND WIRD SEIN

In den vergangenen Monaten tauchte an verschiedenen Stellen in Halle (Saale) immer wieder eine Parole auf: “Stein 34 bleibt!” Gemeint ist die Große Steinstraße 34 in der nördlichen Innenstadt von Halle. Ende 2021 ist das Haus verkauft worden und soll nun gewinnbringend saniert werden. Das Ganze geht auf Kosten der Bewohner:innen. Die sollen raus und sehen sich mit einer Reihe von Entmietungsmaßnahmen konfrontiert. Eine große WG ist bereits ausgezogen – aber es gibt nach wie vor zwei Mietparteien im Haus, die bleiben wollen.

Ein Radiobeitrag erklärt die Hintergründe und ruft zur Demo am 18.02. in Halle auf.

Download

Kurzinfos zur Demo
Demo-Aufruf

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stein34bleibt <![CDATA[Mietkämpfe führen und unterstützen!]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=322 2023-01-29T15:34:05Z 2023-01-29T15:33:20Z STEIN34 WAR, IST UND WIRD SEINALLE HÄUSER BLEIBEN

Große Demo gegen Entmietung und Vermieten überhaupt, kommt mit auf’n Spaziergang einmal durch Halle am Samstag, den 18.02.2023, Start 14 Uhr am Riebeckplatz

Einige von euch werden es mit Sicherheit mitbekommen haben: Nach einem Rechtsstreit mit dem neuen luxussanierungswütigen Vermieter Jonas Bien ist die letzte WG in der Großen Steinstraße 34 in Halle im Dezember ausgezogen. Ist das Haus jetzt also leer? Nein! Es gibt noch zwei Mietparteien, die bleiben wollen. Wir, die Gruppe Stein34bleibt!, zeigen uns solidarisch mit ihnen. Sie sind nicht allein.

Entmietung ist nicht nur ein Thema für die Menschen in der Stein34: Leider gibt es allein in Halle unzählige Häuser, die vor ähnlichen Problemen stehen. Stein34bleibt heißt deshalb auch Reil48 bleibt, Reideburgerstraße bleibt, Joliot-Curie-Platz bleibt und Südpark bleibt!

Bereits im letzten Jahr sind wir durch die Stadt gezogen, um auf steigende Mieten, Entmietung und schwindende Freiräume aufmerksam zu machen. Diese Probleme bestehen nach wie vor. Es ist notwendig, sich weiter zu organisieren, Vernetzungen auszubauen und Mietkonflikte sichtbar zu machen. Gleichzeitig gilt es zu benennen: Das Problem ist die kapitalistische Warenlogik, die auch vor dem Wohnraum keinen Halt macht und die Abhängigkeiten und Notlagen erzeugt.

Deshalb wollen wir am 18. Februar auf die Straße gehen. Kommt mit uns mit und seid laut! • Zum ausführlichen Aufruf

DEMO DURCH DIE STADT am Samstag, den 18.02.2023, Start 14 Uhr am Riebeckplatz, Halle (Saale)

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stein34bleibt <![CDATA[STEIN34 WAR, IST UND WIRD SEIN]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=320 2023-01-29T15:22:08Z 2023-01-29T15:16:22Z ALLE HÄUSER BLEIBEN

Große Demo gegen Entmietung und Vermieten überhaupt, kommt mit auf’n Spaziergang einmal durch Halle am Samstag, den 18.02.2023, Start 14 Uhr am Riebeckplatz 

Einige von euch werden es mit Sicherheit mitbekommen haben: Im letzten Jahr gab es einen Rechtsstreit zwischen den Bewohner*innen der WG und dem neuen Eigentümer der Großen Steinstraße 34 in Halle. Im Dezember ist die Stein34-WG nun ausgezogen. Ist das Haus jetzt also leer? Nein! Es gibt noch zwei Mietparteien, die ihre Wohnungen behalten wollen und die sich aktuell auf eine erneute Baustelle vorbereiten. Wir, die Gruppe Stein34bleibt!, zeigen uns solidarisch mit ihnen. Sie sind nicht allein.

Entmietung ist nicht nur ein Thema für die Menschen in der Stein34: Leider gibt es allein in Halle unzählige Häuser, die vor einem ähnlichen Problem stehen. Stein34bleibt! heißt deshalb auch Reil48 bleibt, Reideburgerstraße bleibt, Joliot-Curie-Platz bleibt und Südpark bleibt!

Bereits im letzten Jahr sind wir durch die Stadt gezogen, um auf steigende Mieten, Entmietung und schwindende Freiräume aufmerksam zu machen. Seitdem ist viel passiert und es scheint an der Zeit für eine aktuelle Bestandsaufnahme. Wenn Ihr Euch also fragt: Was macht Jonas Bien, Eigentümer der Stein34, eigentlich gerade? Sind die Herolds, Eigentümer der Breiten Str 28, noch im Business oder haben sie schon an Isihome verkauft? Oder für die Pragmatischeren: Wie kann es sein, dass neben den Mieten auch die Nebenkostenabrechnung stetig steigt? Hat die Belvona GmbH im Südpark endlich auf die Vorwürfe reagiert? Dann kommt zu unserem Stadtspaziergang.

Um diese und andere Fragen hörbar zu diskutieren, wollen wir am 18. Februar auf die Straße gehen. Kommt mit uns mit und seid laut!

Warum vermieten unfair ist

Mieten im Kapitalismus, das heißt für den eigenen Wohnraum bezahlen. Dabei ist es (quasi) egal, wie lange du schon in deiner Wohnung wohnst, wie viel du bezahlen kannst oder wie sehr du an der Wohnung hängst: Wenn der*die Eigentümer*in die Miete erhöhen will oder sogar Eigenbedarf anmeldet, musst du draufzahlen oder gehen. 

Das ist ganz und gar kein fairer Deal zwischen Gleichberechtigten: Die Vermieter*innen sitzen letztlich am längeren Hebel. Wenn saniert werden soll und Mieter*innen dem im Weg stehen, haben Eigentümer*innen zahlreiche Mittel an der Hand, sich den lästigen Bewohner*innen zu entledigen. Was sich oft anfühlt wie ein individuelles Problem (“Dann kann ich es mir halt nicht mehr leisten”; “Ich will nicht auf einer Baustelle wohnen, also ziehe ich halt aus”), hat System: Das ist Entmietung.

Entmietung ist, wenn auf einmal Bauarbeiter*innen Schutt in deinen Hinterhof schmeißen. Entmietung ist, wenn die Klingel abmontiert wird und deshalb keine Post mehr ankommt.Entmietung ist, wenn Wasser und Strom willkürlich abgestellt werden und die Hausverwaltung leider gerade nicht erreichbar ist. Entmietung ist zermürbend.

Natürlich gibt es Mittel und Wege, sich (z.B. juristisch) als Mieter*in zur Wehr zu setzen. Doch in der Realität ist das meist nicht ganz so einfach: Wo man wie wohnt ist für die Meisten an erster Stelle keine aktive Entscheidung, sondern ein Grundbedürfnis, ohne das nichts läuft. Wird aus dem Zuhause ein Krisenherd, wird daraus schnell eine existenzielle Bedrohung. Sich gegen die eigene Verdrängung zu wehren braucht Zeit, Wissen, Nerven und Geld. 

Mal eben umziehen kann schon allein aus Kostengründen nicht für alle die Lösung sein. Außerdem ist Zuhause eben nicht nur irgendeine Wohnung, sondern das sind auch die etwas verschrobenen Nachbar*innen, die erinnerungsträchtigen Wände, der Späti um die Ecke, der vertraute Blick aus dem Fenster und die nervig klemmende Haustür. Liebgewonnenes verlassen zu müssen, ist alles andere als leicht.

Wie auch immer, zugrunde liegt der ganzen Sache das Mietsystem in einer kapitalistisch organisierten Gesellschaft. In dieser wird es immer einen Interessengegensatz geben zwischen denen, die vermieten und denen, die mieten. Die einen verdienen am Grundbedürfnis der anderen. Im Kapitalismus sind Häuser nicht einfach lebensnotwendige Dächer überm Kopf und bestenfalls ein Zuhause, sondern eben auch Quelle von Profit, Wertanlagen und Spekulationsobjekte. So wird Wohnraum zur Ware. Dazu gehört auch, dass sich im Kapitalismus die Kohle für Miete, Strom, Heizung, Wasser, Essen und alles erstmal “verdient” werden muss: dass man lohnarbeiten muss, um leben zu können. Dass diese Arbeit nicht unter selbstgewählten Bedingungen stattindet, oft an Nerven und Gesundheit zehrt und mit einem existenziellen Druck verbunden ist. Ob der Chef dich kündigt oder das Jobcenter die Bearbeitung des Weiterbewilligungsantrags verzögert, all das ist mit der Frage verbunden: wie willst du dann deine Miete bezahlen?

Nicht verzagen, Banner tragen 

Was also tun, wenn selbst die Wand, die du pessimistisch anstarren könntest, zu teuer wird? Verzagen? Nein! 

Wie so oft hilft auch hier Solidarität. Es macht einen Unterschied, eine Kündigung alleine oder im Beisein von Freund*innen zu öffnen. Es hilft, wenn Menschen Geld sammeln für zusätzliche Nebenkosten; wenn es jemanden gibt, der*die unkompliziert (und schnell!) zu Mietfragen beraten kann und es hilft, dem Unmut gemeinsam Luft zu machen!

Denn es mangelt nicht an Alternativen: Gutes Wohnen für alle ist keine ganz neue Forderung und vor allem keine unerreichbare. Wohnen sollte ein Grundrecht sein, das ohne Profitmaximierung realisiert werden kann. Wie das funktionieren könnte, damit haben sich bereits zahlreiche schlaue Köpfe beschäftigt. Wir als Stein34bleibt! Gruppe haben im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe “Zur Wohnungsfrage” versucht, diesen Diskurs auch nach Halle zu bringen (wenn ihr euch dafür interessiert, schaut doch mal auf unserem Blog vorbei!).

Gleichzeitig haben wir als Gruppe Stein34bleibt festgestellt, dass Vernetzung und eine kontinuierliche Organisierung rund um die Mietfrage in unserer Stadt längst nicht in dem Maß vorhanden ist, wie es nötig wäre. Als Gruppe und Bekanntenkreis sind wir zu klein, um in dieser Stadt etwas im größeren Maßstab verändern zu können. Auch deshalb gehen wir an die Öffentlichkeit: Wir wollen unsere Erfahrungen und Erkenntnisse teilen, wollen eine Vernetzung voranbringen und brauchen das Wissen und die Unterstützung von anderen. Dafür muss das Problem benannt werden und wir müssen sichtbar werden.

In vielen Aspekten stehen wir noch am Anfang, aber wir wissen: Wohnraum darf keine Ware sein! Wir fordern warme, klimafreundliche Wohnungen mit Wasser und Strom und allem, was es braucht. Es braucht eine bedürfnisorientierte Ökonomie statt Profit- und Warenlogik. Wir wollen ein gutes Leben für Alle!

Kommt am 18.2.23 um 14 Uhr zum Riebeckplatz (Halle) zum Stadtrundgang gegen Entmietung und Vermieten überhaupt.

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stein34bleibt <![CDATA[Bericht zur Schlüsselübergabe der Stein34-WG]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=314 2023-01-12T16:50:00Z 2023-01-12T16:44:26Z Wie man eine Wohnung, aber nicht den Kampf aufgibt
(geht nur mit Unterstützung)

Am 2. Januar hat die letzte WG in der Großen Steinstraße 34 ihre Wohnung und die Schlüssel abgeben müssen. Hier folgt ein Bericht der Übergabe. 

Glücklicherweise mussten die Bewohner:innen diesen Gang nicht alleine beschreiten. Ab 16 Uhr hatten sich um die 20 solidarische Menschen vor der Stein34 zum Cornern eingefunden. Für die Übergabe kam dann eine Angestellte der Hausverwaltung “Immobiliencenter Halle” vorbei. Das ist eine relativ kleine Firma, die die Stein34 seit dem Kauf durch Jonas Bien Anfang 2022 verwalten soll und vor allem dadurch auffällt, dass sie sich gar nicht oder nur nach langer Wartezeit auf Mängelanzeigen und Fragen von Mieter:innen der Stein34 zurückmeldet. 

Die Angestellte der Hausverwaltung machte den WG-Bewohner:innen gleich zu Beginn deutlich, dass sie bloß keinen Ärger und nur die Zählerstände in der Wohnung ablesen wolle. Sie meinte, dass sie die Mängel an der Wohnung nicht interessieren würden, “da diese 10 Seiten füllen könnten und das Haus ja eh komplett saniert wird”. Tja, das stimmt. Sie wirkte auf uns aus nachvollziehbaren Gründen ziemlich nervös. Auf Nachfrage erzählte sie, dass sie eigentlich in der Buchhaltung der Hausverwaltung arbeite und normalerweise nicht für Wohnungsübergaben zuständig sei. Unserem Eindruck nach wurde hier eine mehr oder weniger unbeteiligte Person zu einem sehr unangenehmen Termin vorgeschickt. 

Die WG-Bewohner:innen gingen dann mit der Hausverwaltungsangestellten gemeinsam durch alle Zimmer der Wohnung. Dabei sprachen sie mit ihr über das Vorgehen des Vermieters Jonas Bien, kritisierten das Verhalten der Hausverwaltung gegenüber den anderen beiden Mietparteien und fragten sie, wie sie zu der Situation stünde. Sie vermied es, wie zu erwarten, sich deutlich zu positionieren, machte sich aber Notizen und versprach, die Kritik an ihre Chefin weiterzuleiten. Tenor war: ich mache hier nur meinen Job und kann nix machen, denn ich habe nix zu sagen

Interessant wurde es gegen Ende, als die Mieter:innen mit der Hausverwalterin über steigende Mieten und Nebenkosten sprachen. Unter diesen selbst zu leiden beklagte die Angestellte nämlich. Leider konnte sie aber nicht überzeugt werden, sich uns im Kampf gegen Entmietung und für Wohnraum für alle anzuschließen.

Nachdem alle Zählerstände abgelesen, alle Zimmer kontrolliert, alle Schlüssel übergeben und Unterschriften getätigt wurden, verließen die nun Ex-Bewohner:innen die Wohnung mit Tränen in den Augen. Die Hausverwalterin schloss die Wohnungstür hinter ihnen. Im Treppenhaus warteten die 20-30 Freund:innen, die vorher vorm Haus gecornert hatten, eine fing an zu rufen: “Die Häuser denen, die drin wohnen!” und alle stimmten ein. Für die Mieter:innen war das sehr wichtig und bewegend. 

Nun war die Wohnungstür zu und der Hausflur voll mit skandierenden Menschen, die keine Anstalten machten, sich zu bewegen. Die Hausverwalterin wurde etwas ungehalten und schrie, dass die Leute das Haus verlassen sollten. Als nichts passierte drohte sie damit anderenfalls die Bullen zu rufen. Daraufhin setzten sich die Menschen in Bewegung, dem traurigen Anlass angemessen in sehr langsamen andächtigen Schritten, Stufe für Stufe, rufend und klatschend das Treppenhaus hinunter und aus der Stein34 raus. 

Die Hausverwalterin haute schnell ab, dann wurde noch ne Weile vor dem Haus Musik gehört und in Erinnerungen geschwelgt. Der Tag hat uns als Stein34bleibt-Zusammenhang nochmal deutlich vor Augen geführt, wie enorm wichtig es ist, Menschen in ihren Mietkämpfen nicht alleine zu lassen. Danke an alle, die am 2.Januar dabei waren!

An dieser Stelle ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass wir zwar eine Wohnung in der Stein34 verloren haben, aber immer noch 2 Mietparteien im Haus wohnen! Die wohnen da seit Jahrzehnten und wollen bleiben, sie wehren sich gerade auf juristischem Weg dagegen, aus dem Haus gedrängt zu werden. Ihnen muss all unsere Unterstützung gelten! 

Der Kampf um die Stein34 ist noch nicht vorbei. Außerdem gibt’s genug andere Häuser in Halle, um die wir weiter kämpfen wollen. Vermieten bleibt ein scheiß Prinzip. Die Häuser denen, die drin wohnen! 

Kommt zur großen Demo am 18.02.

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stein34bleibt <![CDATA[Diskussion mit dem Mieterbund Halle?]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=311 2022-12-15T10:54:43Z 2022-12-15T10:54:38Z Mieterbund reagiert auf unseren offenen Brief – und weist erneut jegliche Kritik zurück

Am 07.12.2022 hat die Gruppe “Stein 34 bleibt” einen offenen Brief an den Mieterbund Halle veröffentlicht. Darin haben wir einerseits eine Kritik am Mieterbund formuliert, die aus den Erfahrungen des Mietkonflikts in der Großen Steinstraße 34 resultierte. Auf der anderen Seite haben wir unsere Bereitschaft zum Dialog betont: Wir formulierten Fragen, an deren Klärung wir ein offenes und ehrliches Interesse haben.

Am 09.12.2022 hat die Mitteldeutsche Zeitung über die aktuelle Situation in der Stein34 berichtet und auch unsere Kritik am Mieterbund mit aufgenommen. In diesem Artikel wird auch die Vorsitzende des Hallischen Mieterbundes, Ellen Schultz, zitiert, die von der MZ um eine Stellungnahme gebeten wurde. Erneut hat Frau Schultz jede Kritik von sich gewiesen. Wir wollen darauf unsererseits eine Erwiderung formulieren.

In unserem offenen Brief haben wir unter anderem kritisiert, dass die DMB-Rechtsschutzversicherung nicht für Wohngemeinschaften ausgelegt ist. Zu diesem Umstand wird Frau Schultz zitiert: “Natürlich können auch Wohngemeinschaften bei uns versichert sein.” Damit hat Frau Schultz jedoch nicht auf das von uns angesprochene Problem reagiert. Wir haben nicht bestritten, dass Bewohner:innen einer Wohngemeinschaft Mitglied des Mieterbundes sein können. Voraussetzung für eine Übernahme von Kosten durch die DMB-Rechtsschutzversicherung ist jedoch, dass jede einzelne Person der Wohngemeinschaft Mitglied des Mieterbunds ist. Das kann für WG’s deshalb ein Problem darstellen, weil hier Einzug, Auszug und das Mietverhältnis oftmals informell geregelt werden. Ein mündlicher Untermietvertrag – wie er gerade in lange existierenden WGs vorkommt ist – reicht zum Beispiel nicht aus. Damit werden Mitglieder einer WG vom Mieterbund bzw. auch der Rechtsschutzversicherung anders behandelt als etwa Familienmitglieder, die gemeinsam eine Wohnung bewohnen, bei denen schließlich auch keine eigenständige Mitgliedschaft notwendig ist. 

Der Stein34 ist das auf die Füße gefallen: Am Ende wäre für die Verhandlung der Räumungsklage nur ein Sechstel der drohenden Gerichtskosten übernommen worden, weil nur für die einzige Hauptmieterin die Versicherung gegriffen hätte. Ärgerlich war, dass dies erst am Ende herausgekommen ist. Die WG hätte sich eine Beratung am Anfang gewünscht, bei der die Bedingungen und Möglichkeiten gemeinsam und solidarisch hätten abgewogen werden können. Auf diese Kritik hat – soweit sie von der MZ zitiert wird – Frau Schultz überhaupt nicht reagiert.

Weiterhin behauptet der Mieterbund laut MZ zum konkreten Fall der Stein34-WG: “Die Räumungsklage [gegen die WG in der Stein34] sei aufgrund einer unerlaubten Untervermietung angestrengt worden, von der man als Mieterbund keine Kenntnis gehabt habe”. Hier übernimmt Frau Schultz einfach die Argumentation des Eigentümers. Dieser hatte tatsächlich seine fristlose Kündigung damit begründet, dass in der WG unerlaubte Untervermietung stattgefunden hätte. Der Mieterbund Halle wusste von Anfang an von dieser Begründung. Und es war ein Anwalt des Mieterbunds, der in der Rechtsberatung selbst dargelegt hat, dass dies ein vorgeschobener Grund sei und vor Gericht keinen Bestand haben könne. Nach dieser Rechtsauffassung – wie auch der des Anwalts Max Malkus, der die WG vertreten hat – hat es keine unerlaubte Untervermietung in der WG gegeben. Es war diese Rechtsberatung des Mieterbunds, die die WG-Bewohner:innen dazu bewogen hatte, der fristlosen Kündigung nicht klein beizugeben und sich auf die Verhandlung der Räumungsklage einzulassen. Warum Frau Schultz nun das Gegenteil behauptet und sich auf die Argumentation des klagenden Vermieters zurückzieht, bleibt uns ein Rätsel. Dies macht erneut die Frage auf, ob es hier tatsächlich um die Interessen von Mieter:innen geht.

Die hier diskutierten Aspekte mögen als Detailfragen erscheinen. Dahinter steht aber die größere Frage, die wir eigentlich in unserem Offenen Brief aufgemacht haben: Stellt sich der Mieterbund solidarisch und parteiisch auf die Seite von Mieter:innen, wenn diese mit einem Mietkonflikt zu tun haben? Oder sind die Mitglieder des Mieterbunds mit einem bürokratischen Vereinswesen und undurchsichtigen Regelwerk konfrontiert, das ihre Situation weiter kompliziert macht und über das sie vom Mieterbund nicht im Sinne eines gemeinsamen Interesses aufgeklärt werden? Diese Fragen bleiben weiter zu diskutieren. Und dass wir damit nicht allein stehen, haben mehrere Reaktionen auf unseren Offenen Brief in den sozialen Netzwerken gezeigt.

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stein34bleibt <![CDATA[Gruppe “Stein 34 bleibt” kritisiert den Mieterbund Halle]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=309 2022-12-09T10:04:06Z 2022-12-09T10:04:03Z Am 07.12.2022 hat die Gruppe “Stein 34 bleibt” einen offenen Brief an den Mieterbund Halle e.V. veröffentlicht. Darin werden Kritikpunkte formuliert und ein gemeinsamer Dialog angeregt. Bei Radio Corax haben zwei Mitglieder der Gruppe ihre Kritikpunkte erläutert. Das Interview kann untenstehend nachgehört oder hier heruntergeladen werden.

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stein34bleibt <![CDATA[Offener Brief an den Mieterbund Halle e.V.]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=297 2022-12-09T09:51:45Z 2022-12-08T12:43:04Z Wir veröffentlichen hier den Offenen Brief, den die Gruppe “Stein 34 bleibt” am 07.12.2022 an den Mieterbund Halle und an PressevertreterInnen geschickt hat.

Sehr geehrte Damen und Herren des Mieterbunds Halle,

wir, die Gruppe “Stein 34 bleibt”, wenden uns mit einem Offenen Brief an Sie. Wir wollen mit diesem Brief sowohl Kritik formulieren, als auch zu einer Diskussion anregen und die Bereitschaft zum Dialog signalisieren. Wir wenden uns mit dem Brief gleichzeitig an die Mitglieder des Mieterbunds Halle und an eine interessierte Öffentlichkeit der Stadt Halle.

Stein34 bleibt!

Vor knapp einem Jahr begann die Auseinandersetzung um die Große Steinstraße 34 (kurz: „Stein34“), einen Altbau in der nördlichen Innenstadt von Halle. Anfang 2022 wechselte der Eigentümer des Hauses. Der neue Vermieter machte schnell klar, dass er sanieren wollte. Das halbe Haus stand da schon leer, die drei verbliebenen Mietparteien sollten ausziehen, doch sie wollten bleiben. Wir haben uns als Gruppe unter dem Motto „Stein34 bleibt“ zusammengefunden, um diese Mieter:innen in ihrem Kampf um ihr Zuhause zu unterstützen.

Mieterbund weist Kritik zurück, „Stein34“ Mieter:innen sind weiter dialogbereit

Alle Mietparteien der “Stein34” (bzw. Einzelpersonen aus den jeweiligen Wohnungen) sind langjährige Mitglieder im Mieterbund Halle e.V. Als der Konflikt mit dem neuen Vermieter begann, nahmen die Mieter:innen Beratungen in Anspruch. Die einzige Wohngemeinschaft im Haus ist vom Mieterbund jedoch unzureichend beraten und nicht auf elementare Klauseln hingewiesen worden, die Bedingungen für eine Übernahme von Kosten durch die an den Mieterbund angeschlossene „DMB Rechtsschutz-Versicherung AG“ sind.

Im Oktober haben wir das auf unserer Pressekonferenz kritisiert. Auf Nachfrage der Mitteldeutschen Zeitung hat der Mieterbund Halle alle unsere Kritikpunkte zurückgewiesen und stattdessen behauptet, die Hauptmieterin der WG habe „schlichtweg die Mitgliedschaftsbedingungen ignoriert“.

Wir wollen das nicht so stehen lassen. Das soll aber nicht der Beginn einer Schlammschlacht sein. Die (ehemaligen) Bewohner:innen der „Stein34“ wünschen sich weiterhin Dialog mit dem Mieterbund. Dieser Brief versucht für einen solchen einen Anfang zu machen. Zu diesem Zweck fassen wir nochmal zusammen, was in der Auseinandersetzung um die „Stein34“ passiert ist.

Der Rechtsstreit der „Stein34“-WG

Eine der Mietparteien in der „Stein34“ ist eine Wohngemeinschaft mit einer einzigen Hauptmieterin. Auf Nachfrage ihrer Mitbewohner:innen hatte der Mieterbund Halle mitgeteilt, dass Untermietverträge für eine Mitgliedschaft nicht ausreichen würden. Deswegen war die Hauptmieterin Anfang 2020 als einzige Mitglied im Mieterbund geworden.

Im März 2022 hat die WG eine fristlose Kündigung vom neuen Vermieter erhalten und befand sich ab dem Zeitpunkt mit ihm im Rechtsstreit. Sie ließ sich von Max Malkus, einem externen Anwalt (der also nicht standardmäßig mit dem Mieterbund zusammenarbeitet), vertreten. Die Vertretung durch externe Rechtsbeistände ist in den Geschäftsbedingungen des Mieterbunds ausdrücklich erlaubt.

Auf die Kündigung folgten im April 2022 unangekündigte Bauarbeiten im Haus. Dagegen legte die WG auf Raten des Anwalts zwei einstweilige Verfügungen ein. In diesem Zeitraum sprach die Hauptmieterin persönlich mit Angestellten des Mieterbundes in dessen Geschäftsräumen, um die mögliche Kostenübernahme der Klagen durch die Rechtsschutzversicherung zu erfragen. Ihr wurde in einem Gespräch im April auf Nachfrage versichert, dass ihr Anwalt die erste einstweilige Verfügungsklage versenden könne bevor der Versicherungsschutz geklärt sei. Ihr wurde mitgeteilt, dass dieses Vorgehen bei einstweiligen Verfügungen so üblich sei, da es darum gehe, schnell zu handeln.

Auf die erste einstweilige Verfügung folgte im Mai 2022 eine zweite auf Stopp der unangekündigten Bauarbeiten. In der Zwischenzeit hatte der Vermieter zusätzlich eine Räumungsklage gegen die WG eingereicht. Es liefen also drei verschiedene Klagen parallel. Im Juli erfuhr die WG bei einem erneuten Besuch beim Mieterbund, dass dieser noch keine Unterlagen über diese Prozesse an die Rechtsschutzversicherung gesandt hatte. Als Grund wurde angegeben, dass die dafür zuständige Mitarbeiterin im Urlaub sei. Daraufhin kontaktierte die WG selbstständig die Rechtsschutzversicherung telefonisch und erfuhr dabei, dass die Versicherung überhaupt keine Kenntnisse über die Rechtsstreitigkeiten um die “Stein34” hatte. Es stellte sich heraus, dass der Mieterbund keine der Unterlagen des Rechtsstreits an die Versicherung weitergeleitet hatte.

Mitarbeiter:innen des Mieterbunds erklärten die Nicht- Weiterleitung später damit, dass sie auf die Zusendung von fehlenden Dokumenten durch die Hauptmieterin der WG gewartet hätten. Das wusste allerdings die Mieterin nicht, denn bei ihr wurde vom Mieterbund diesbezüglich nicht nachgefragt.

Mitarbeiter der Rechtsschutzversicherung erklärten sich am Telefon selbst erstaunt über das Vorgehen des Mieterbunds Halle. Die WG schickte die Unterlagen schließlich selbst an die Versicherung, weil das Vertrauen in den Mieterbund erschüttert war. Da die Dokumente erst so spät die Versicherung erreichten, waren aber vorgegebene Fristen verstrichen und die Versicherung übernahm keine Kosten für die einstweiligen Verfügungen und daraus folgende Klagen.

Rechtsschutzversicherung ist nicht für WGs ausgelegt

Für Wohngemeinschaften ist die Rechtsschutzversicherung nicht ausgelegt. Sie haftet immer nur für den selbst bewohnten Teil einer Wohnung der Person, die selbst Mitglied im Mieterbund ist und einen Rechtsstreit führt. Das betrifft meist nur die jeweiligen Hauptmieter:innen. Für die Räumungsklage übernahm die Versicherung im Fall der “Stein34” auch nach wiederholten Bitten nur ein Sechstel der Kosten, weil nur die Hauptmieterin der 6er-WG versichert war. Auch über diese Versicherungsbedingungen für Wohngemeinschaften hatten die Mitarbeiter:innen des Mieterbunds die Hauptmieterin nicht ausreichend aufgeklärt, später verwiesen sie auf die Geschäftsbedingungen der Versicherung.

Dem Eindruck der Mieterin nach hatte der Mieterbund sie ins offene Messer laufen lassen. Ihr Zuhause war akut bedroht, sie befand sich zu Beginn des Rechtsstreits in einer Ausnahmesituation. Was es gebraucht hätte, wäre eine umfangreiche und solidarische Aufklärung über die Bedingungen der Rechtsschutzversicherung durch den Mieterbund – mit Verständnis für die als existenziell-bedrohlich wahrgenommen Situation der Mieterin. Stattdessen wurde von der Mieterin erwartet, selbst alle Klauseln zu kennen.

Ohne Rechtsschutzversicherung steht man als klagende:r Mieter:in vor dem Risiko im Falle einer Niederlage vor Gericht die Gerichts- und Anwaltskosten selbst zu bezahlen. Das sind auch bei kleineren Mietrechtsprozessen schnell mal mehrere Tausend Euro. Unter anderem der fehlende Versicherungsschutz führte schließlich zu der Entscheidung der WG, den Kampf um ihr Zuhause aufzugeben und Ende 2022 doch aus der „Stein34“ auszuziehen.

Mieterbund Halle unterstützte umstrittenen Mietspiegel

Wir sind nicht die Ersten, die dem Mieterbund Halle e.V. mangelnde Unterstützung für die Sache der Mietenden vorwerfen. Anfang dieses Jahres ist in Halle über die Einführung eines Mietspiegels diskutiert worden. Ein erster im Stadtrat eingebrachter Entwurf wurde stark kritisiert. Die Methoden der Erstellung seien undurchsichtig, die einbezogenen Mieten viel zu hoch, am Ende käme eine Durchschnittsmiete heraus, die weit über den tatsächlichen aktuellen Mieten in Halle liegen würde, so einige Punkte der Kritiker:innen.

Der Mieterbund Halle e.V. hat Anfang 2022 – wohlgemerkt: genauso wie Verbände der Vermieter – für den Entwurf gestimmt. Dafür ist er scharf vom Mieterrat kritisiert worden. Dieser warf dem Mieterbund vor, Mietende zu verraten und forderte den Verein auf, Verbesserungsvorschläge für den Mietspiegel einzubringen.

Dies ist nur ein Beispiel, warum wir glauben, dass unsere Kritik nicht unberechtigt ist. Wir wissen außerdem von zahlreichen Mieter:innen, dass wir nicht alleine da stehen mit dem Gefühl, dass beim Mieterbund Halle etwas verkehrt läuft. Als wir die Vorgänge um die „Stein34“ öffentlich gemacht haben, kamen immer wieder Menschen auf uns zu, die von ähnlichen Mietkonflikten zu berichten wussten. Viele von ihnen haben dabei auch erzählt, dass sie sich vom Mieterbund Halle nicht richtig beraten und solidarisch unterstützt fühlten.

Was ist los beim Mieterbund Halle?

Es ist gut, dass es mit dem Mieterbund eine Institution zur Beratung von Mietenden in der Stadt gibt. Zu wissen, dass es eine Institution gibt, die im Fall von Mietkonflikten unterstützen und beraten kann, ist eine große Erleichterung in einer Situation, in der mit dem eigenen Wohnraum ein existenzielles Bedürfnis infrage gestellt ist. Als Gruppe „Stein34 bleibt“ haben wir in unseren öffentlichen Äußerungen immer wieder Mieter:nnen empfohlen, Mitglied im Mieterbund zu werden. Wir wissen dabei, dass die Verwaltung von zahlreichen Mitgliedern, die Vermittlung von Rechtsschutz und Anwält:innen einen enormen Arbeitsaufwand darstellen. Und wir können uns vorstellen, dass es auch beim Mieterbund Halle an Geld, Ressourcen und Mitarbeitenden fehlt, die eine gute Arbeit eigentlich erfordern würden. Vielleicht ist auch eine überlastete Struktur für Missstände verantwortlich? Zuletzt wissen wir, dass der Mieterbund keine Wunder vollbringen und nicht alle Probleme, die Mieter:nnen haben, einfach lösen kann. Auch in der Auseinandersetzung um die „Stein34“ war es klar, dass es aktive Mieter:innen braucht, die ihrerseits die Auseinandersetzung suchen und das Problem angehen.

Und dennoch denken wir, dass unsere Kritik nicht ganz unberechtigt ist und der Mieterbund Halle sich bestimmte Fragen stellen muss.

Wenn sich Mietende in einem Konflikt mit ihrem Vermieter befinden, dann löst dies Angst aus. Nicht selten entsteht durch solche Konflikte eine existenzielle Notsituation. Wir denken, dass es nicht zu viel verlangt ist, wenn der Mieterbund Halle in solchen Konflikten ein grundlegendes Verständnis für die Situation von Mieter:innen zeigt. Dafür braucht es eine Beratung, die die Mieter:innen über die zur Verfügung stehenden Mittel aufklärt und gemeinsam nach Möglichkeiten sucht, wie der Konflikt zugunsten der Mieter:innen gelöst werden kann. Wenn die Position des Mieterbunds Halle stattdessen ist, dass seine Mitglieder von vornherein selbst alle Satzungsklauseln kennen und selbst im Grunde die Lösung schon wissen müssen, entsteht eine paradoxe Situation: Die Mieter:innen sind dann nicht nur mit dem Vermieter, einem komplexen Mietrecht und einer nicht selten unklaren Rechtslage konfrontiert, sondern müssen sich zusätzlich mit der Satzung des Mieterbunds Halle auseinandersetzen und sich vorauseilend in eine Struktur hineindenken, die im Lebensalltag von Mieter:innen eigentlich keine Rolle spielt. Es hängt dann alles vom Wissen ab, das sich Mieter:innen in einer ohnehin anstrengenden Situation selbst aneignen müssen. Wozu ist dann aber der Mieterbund Halle da? Was bedeutet dann überhaupt das Angebot der Beratung?

Der Mieterbund Halle muss sich die Frage stellen, ob er solidarisch an der Seite von Mieter:innen steht und parteiisch für sie eintritt oder ob er eine Struktur ist, die lediglich eine günstige Rechtsschutzversicherung verwaltet und sich selbst am Leben erhält. Eine solidarische Institution ist umso notwendiger in einer Situation, in der Energie- und Nebenkosten steigen und in der eine weitere Zuspitzung auf dem Wohnungsmarkt zu erwarten ist.

Wie könnte eine solidarische Zusammenarbeit aussehen?

Die Gruppe „Stein34 bleibt“ ist ein Beispiel dafür, dass Mieter:innen sich selbst organisieren und einen Mietkonflikt öffentlich und politisch angehen. Als solche Gruppe sehen wir uns nicht in Konkurrenz zum Mieterbund Halle. Im besten Fall ergänzen sich beide Arten der Organisierung. Wir denken, dass ein Austausch notwendig und möglich ist. Wenn unsere Kritik nicht ganz auf taube Ohren stößt, ist vielleicht eine Zusammenarbeit möglich. Wir wollen dem Mieterbund Halle einen Dialog anbieten. Vielleicht ist ein Gespräch möglich, in dem ein gegenseitiges Verständnis hergestellt werden kann? Vielleicht findet sich eine neutrale Person, die so ein Gespräch moderieren kann? Vielleicht ist auch eine öffentliche Auseinandersetzung möglich, in der die verschiedenen Positionen noch einmal diskutiert werden können?

Als Gruppe „Stein34 bleibt“ sind wir grundlegend ansprechbar.

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stein34bleibt <![CDATA[Statement über Mietkämpfe und Repression]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=294 2022-11-03T11:28:10Z 2022-11-03T11:27:50Z Wir dokumentieren hier ein weiteres Statement von unserer Pressekonferenz vom 20.10.2022, das dort von einem Mitglied der Initiative “Stein 34 bleibt” vorgetragen wurde. Die Pressekonferenz zum Nachhören findet sich hier.

Blaulicht am Steintor, oder: Wer ist hier eigentlich kriminell?

Eigentümer von Wohnraum haben einige Mittel in der Hand, um es Bewohner:innen schwer zu machen und ihnen klar zu machen, dass es besser wäre, sie würden sich eine neue Bleibe suchen. Dabei müssen sich die Eigentümer nicht immer an geltendes Recht halten. Unangekündigte Baumaßnahmen; formal unkorrekte Kündigungen, Rechnungen, Mahnungen; zwischenzeitlich Strom, Gas oder Wasser abstellen; Kellertüren aufbrechen oder Klingelschilder herausreißen; usw.. Der Entmietungsprozess in der Großen Steinstraße 34 hat gezeigt: Auch wenn man als Bewohner das Recht auf seiner Seite wähnt – es ist mit viel Aufwand und Kraft verbunden, sein Recht einzuklagen. In der Regel geht es nicht schnell, auch wenn es um dringendste Fragen geht – oft hängt es nur an Formalitäten, dass offensichtliche Rechtsverstöße nicht oder nicht richtig geahndet werden. Das Mittel der einstweiligen Verfügung erfordert einen zeitlichen Aufwand, den Lohnabhängige, Auszubildende oder Studierende nur schwer aufbringen können. Das Ordnungsamt oder das Bauamt sind bei zweifelhaften Maßnahmen des Eigentümers nur schwer zu erreichen und sind nur schwer für den Fall zu interessieren. Der Rechtsübertritt hat für den Eigentümer selten Konsequenzen. Selbst wenn Bewohner:innen rechtliche Erfolge erzielen, ist dies längst Teil der Kalkulation des Eigentümers und die nächsten Schikanen sind schon im Anmarsch.

Anders sieht es mit dem geltenden Recht bei Mieter:innen aus, die sich gegen Entmietungsprozesse wehren und sogar noch kämpferisch an die Öffentlichkeit gehen. Auch das hat der Fall der Großen Steinstraße 34 gezeigt. Bei den meisten Kundgebungen der Initiative und bei der großen Demonstration am 30.04. waren stets Mitarbeiter:innen des Staatsschutzes zugegen, verbargen sich kaum in ihrer Funktion und beobachteten das Geschehen. Der Umstand, dass sich Leute gegen einen Entmietungsprozess zur Wehr setzen und auf grundlegende Ungleichheiten im Mietverhältnis hinweisen – dieser Umstand allein wird offensichtlich als potentiell staatsgefährdend behandelt.

Am 13.05.2022 wurde das Schiefe Haus, nachdem die ursprünglichen Bewohner:innen es verlassen hatten, besetzt. Hier wurden tatsächlich Mittel des zivilen Ungehorsams angewendet – also dieses mal auf der anderen Seite des Eigentums eine Rechtsübertretung. Ganz im Rahmen des geltenden Rechts wurde aus Anlass der Besetzung vor dem Haus eine Kundgebung angemeldet. Dieser Umstand versetzte offensichtlich die Versammlungsbehörde in Halle in Alarmbereitschaft. Denn am nächsten Morgen – es war ein Samstag Vormittag – rief ein eifriger Mitarbeiter der Versammlungsbehörde mehrere Menschen an, die in einem linken oder mietpolitischen Kontext in der Vergangenheit Versammlungen in Halle angemeldet hatten. Es wurden stets die selben Fragen gestellt: Man habe ja sicher von der Besetzung der Breiten Straße 28 gehört, man wolle deshalb nachfragen, ob am Wochenende in Halle noch einmal Anmeldungen von Kundgebungen geplant seien, oder ob man von irgend etwas wisse, das am Wochenende noch passieren werde. Jegliche Hinweise seien willkommen – dabei ginge es natürlich vor allem darum, „polizei-sichere“ Versammlungen zu ermöglichen.

Dieser Vorgang ist schon seltsam. Wenn Bürgerinnen und Bürger eine Versammlung anmelden wollen, dann wenden sie sich an die Versammlungsbehörde. Dass umgekehrt die Versammlungsbehörde initiativ Menschen auf privaten Telefonen anruft, um zu fragen, ob etwas geplant sei, ist eher ungewöhnlich. Dass in Halle die Polizeiinspektion auch die zuständige Versammlungsbehörde ist, wirft die Frage auf, ob hinter solchen Anrufen nicht polizeiliche Interessen stehen. Die Personalunion von Polizei und Versammlungsbehörde führt dabei zu durchaus fragwürdigen Vorgängen. Denn am 14. Mai wurde auch eine Person von der Versammlungsbehörde angerufen, die noch nie Kundgebungen oder Demos in Halle angemeldet hat. Der Grund des Anrufs war ein anderer: Es handelte sich um einen ehemaligen Bewohner des Schiefen Hauses. Anschrift und Telefonnummer hat der Mitarbeiter der Versammlungsbehörde durch eine schnelle interne Recherche erfahren: Der Ex-Bewohner hatte vor Jahren den Diebstahl seines Fahrrads angezeigt und dafür auch seine Handy-Nummer hinterlassen.

Eine solche zweckfremde Nutzung von Daten ist natürlich rechtswidrig. Eine schriftliche Anfrage an die PI Halle wurde mit einer Einladung in die Polizeiinspektion beantwortet, wo man die Perspektive der Polizei gerne erklären könne. Als der ehemalige Bewohner darauf hinwies, dass die Polizeiinspektion kein neutraler Ort für eine Verständigung ist und deshalb auf einer schriftlichen Auskunft beharrte, erfolgte keine Antwort mehr. Ein Antrag auf Datenlöschung blieb bisher unbearbeitet.

Ein weiteres Beispiel. Mitte Mai befindet sich ein Hallischer Bürger auf dem Nachhauseweg. Kurz vor seinem Haus wird er von der Polizei kontrolliert und es werden seine Personalien aufgenommen. Grund der polizeilichen Maßnahme: es handelt sich um ein Haus, das ebenfalls von Entmietung betroffen ist und das bereits größtenteils leergezogen wurde, um eine problemlose Sanierung starten zu können. Die Beamten konnten nicht glauben, dass jemand in einer solchen Bruchbude mit Mietvertrag wohnen würde. Die Konsequenz: Wer Betroffener von einer Entmietungsmaßnahme wird, der ist allein aufgrund dieses Umstandes selber verdächtig.

Dass Stress von Vermietern und Repression des Staates oft Hand in Hand gehen, ist ein Grund mehr zu sagen: Es braucht eine solidarische Organisierung!

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stein34bleibt <![CDATA[Statement vom Schiefen Haus]]> http://stein34.blackblogs.org/?p=292 2022-11-01T10:10:13Z 2022-11-01T10:09:27Z Im Folgenden dokumentieren wir ein weiteres Statement von unserer Pressekonferenz vom 20.10.2022 zum Nachlesen. Die Initiative “Stein 34 bleibt” hat darauf hingewiesen, dass Mietkämpfe nicht je für sich allein stehen – sondern dass es einen lokalen Bezug gibt, in dem sich verschiedene Auseinandersetzungen aufeinander beziehen. Aus diesem Grund hat auf der Pressekonferenz auch ein ehemaliger Bewohner des “Schiefen Hauses” gesprochen.

Statement von Einzelpersonen aus dem Schiefen Haus

Die Auseinandersetzung um die Große Steinstraße 34 hat nicht in einem luftleeren Raum stattgefunden. Zuvor und parallel haben ähnliche Auseinandersetzungen in Halle stattgefunden. Die Gruppe „Stein 34 bleibt“ hat sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit immer wieder auch auf den Mietkonflikt um das „Schiefe Haus“ bezogen. Weil widerständiges Handeln darauf angewiesen ist, längerfristige Erfahrungen fruchtbar zu machen, soll an dieser Stelle auch noch einmal auf das „Schiefe Haus“ eingegangen werden.

Das „Schiefe Haus“ ist ein altes Fachwerkhaus in der nördlichen Innenstadt, das bis April dieses Jahres von etwa 8 Leuten bewohnt wurde. Es war allerdings mehr als eine Wohngemeinschaft: Es war Treffpunkt, Netzwerk-Knotenpunkt, Ort für Kultur und Subkultur, manchmal eine Art halb-öffentliche Kneipe. Aufgrund seiner zentralen Lage und seines eigentümlichen Zaubers sind hier unterschiedlichste Menschen zusammen gekommen, die sich ohne diesen Ort nicht begegnet wären.

Die ursprünglichen Eigentümer hatten eine Zwischennutzung ermöglicht – dafür hatten die BewohnerInnen bauliche Mängel zu akzeptieren. Das war die Bedingung für die eher unkonventionellen Wohnverhältnisse. Diese Bedingungen gerieten ins Wanken, als das Haus im Herbst 2018 verkauft wurde – neue Eigentümer wurden Wohnprojekte Herold. Den BewohnerInnen war klar, dass Veränderungen anstehen würden und auch, dass es gute Gründe für Sanierungsarbeiten gibt.

Anfangs sah es so aus, als ob Herolds daran interessiert wären, mit den aktuellen BewohnerInnen nach gemeinsamen Lösungen zu suchen. Spätestens im Frühjahr 2019 führte der Konflikt um eine kaputte Heizungsanlage zum Abbruch der Gespräche. Seit dem waren die BewohnerInnen mit typischen Entmietungsmaßnahmen konfrontiert: Verweigerung von dringend notwendigen Reparaturen, willkürliche Rechnungen und Abmahnungen, Wasser abstellen, keine Antworten auf Rückfragen in Mietangelegenheiten, usw. Kurze Zeit später folgte die Kündigung. Begründung: Eigenbedarf. Herolds Töchter würden in das Haus einziehen wollen. Die BewohnerInnen wussten, dass dies ein vorgeschobener Grund war, wie sich mittlerweile auch bestätigt hat: Seit April ist das Haus zugenagelt und steht leer. Weil die BewohnerInnen die Kündigung nicht akzeptiert haben, folgte ein Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht. Dieses Gerichtsverfahren war für das Schiefe Haus Anlass, in die Öffentlichkeit zu gehen und die Auseinandersetzung zu politisieren. Das Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht haben die BewohnerInnen gewonnen. Doch es ging in die nächste Runde, vors Landgericht. Hier haben die BewohnerInnen aufgegeben, sich auf eine Einigung eingelassen und sich gegen eine Abfindung rauskaufen lassen. Nach 3 Jahren Mietkampf war die Erschöpfung zu groß. Die BewohnerInnen des Schiefen Hauses haben eine ähnliche Erfahrung gemacht, wie jetzt die BewohnerInnen der Großen Steinstraße 34.

Durch die Kundgebungen des Schiefen Hauses ist Entmietung in Halle zu einem öffentlichen und politischen Problem gemacht worden. Die Erfahrungen des Schiefen Hauses sind sichtbar geworden – das war der Grund, weshalb es zu einer Vernetzung kam, als die BewohnerInnen der Großen Steinstraße 34 mit dem Verkauf ihres Hauses konfrontiert waren. BewohnerInnen des Schiefen Hauses sind in der Gruppe „Stein 34 bleibt“ aktiv geworden und ein Teil der Abfindung konnte im Mietkampf der Stein34 verwendet werden. So hat sich etwas fortgesetzt, wurden Erfahrungen weiter gegeben. Das ist auch der Grund, warum ich auf dieser Pressekonferenz heute sowohl als Mitglied der Initiative „Stein 34 bleibt“ sitze, als auch als ehemaliger Bewohner des Schiefen Hauses.

Entmietungsmaßnahmen treffen Mieterinnen und Mieter an einem sehr wunden Punkt. Der eigene Wohnraum ist eine Existenzgrundlage und als Rückzugsraum auch die Bedingung dafür, aktiv zu werden, sich zu organisieren, in die Öffentlichkeit zu treten. Vermieter können Hebel in Bewegung setzen, die bei MieterInnen Stress, Zukunftsunsicherheit und Angst auslösen. Oft ist dies von Eigentümerseite bewusst kalkuliert. Die Wirkung der Waffen, die beide Parteien anwenden können, sind sehr ungleich. Sich dafür zu entscheiden, sich gegen eine Entmietungsmaßnahme zu wehren, Gerichtsverfahren durchzustehen, an die Öffentlichkeit zu gehen, den Eigentümer unter Druck zu setzen – diese Entscheidung bedeutet, dass es stressiger wird.

Es ist eine Entscheidung, die nicht leicht zu treffen ist: Den Dreck runterschlucken, sich die Scheiße gefallen lassen, lieber ausziehen, dafür mehr Ruhe haben – oder: drin bleiben, kämpfen, den eigenen Wohnraum zu einem politischen Gegenstand machen und sich damit sehr verwundbar zu machen. Aber sich dafür wenigstens nicht alles gefallen zu lassen und im besten Fall Solidarität zu erfahren. Wer sich für den Mietkampf entscheidet, für den wird es stressiger. Aber stressig ist der Umstand der Entmietung selber. Deshalb lohnt es sich, zumindest anzufangen. Man kann wenigstens versuchen, so lange wie möglich drin zu bleiben, es dem Eigentümer so schwer wie möglich zu machen, so viel wie möglich rauszuschlagen. Mancher Erfolg stellt sich auch unerwartet ein. Und nicht jeder muss alle Schritte bis zu Ende gehen – man muss nicht immer unbedingt gewinnen. Schon der Beginn des Mietkampfes und sein öffentliches Bekanntwerden machen es schwerer für die Vermieter. Je mehr Leute damit anfangen, um so eine bessere Ausgangsposition gewinnen wir.

Weil die Entscheidung für den Mietkampf schwierig ist, ist es sinnvoll über Bedingungen und Schwierigkeiten der Organisierung in Mietkonflikten nachzudenken:

Wer sich dafür entscheidet, einen Mietkampf zu führen, ist auf ein Netzwerk angewiesen, das praktische Solidarität leisten kann. Gerade weil man dafür kämpft, worin man wohnt, kann keine Einzelperson und keine WG so eine Auseinandersetzung alleine schaffen. Auf der einen Seite ist eine öffentliche Solidarisierung unglaublich wichtig: Dass die BewohnerInnen merken, dass ihr Problem kein zufälliges, individuelles ist – sondern dass es andere Leute gibt, die das Problem als ein allgemeineres erkennen und den Widerstand befürworten. Auf der anderen Seite reicht diese öffentliche Solidarisierung nicht aus. Sie muss auch auf der Ebene des Alltags stattfinden – und ist dort ungleich schwerer herzustellen. Es braucht Leute, die bereit sind, konkret und kurzfristig zu helfen, wenn es notwendig wird. Es braucht Leute, die bereit sind, sich in die konkrete Problemlage hineinzudenken und dabei zu helfen, strategische Entscheidungen zu treffen. Es braucht Leute, die da sein können, um Ängste und Zweifel aufzufangen. Diese alltägliche Solidarität ist deshalb schwierig herzustellen, weil sie auf einer anderen Ebene angesiedelt ist als herkömmliche politische Arbeit. Die Vereinzelung des Alltags ist hierfür ein Hindernis – es müssen Formen gefunden werden, die zwischen Freundschaft und Aktivismus angesiedelt sind. Im Schiefen Haus und in der Stein34 war diese Art der Solidarität im Ansatz vorhanden. Dass beide Projekte gescheitert sind, zeigt an, dass hier mehr hätte passieren müssen.

Auch wenn es das solidarische Netzwerk braucht, funktioniert ein Mietkonflikt nicht, wenn es nicht Einzelpersonen gibt, die die bewusste Entscheidung treffen, als Betroffene Verantwortung für die Organisierung zu übernehmen und Zeit in den Kampf zu investieren. Hier kommt es auf die Situation an, in der sich die Betroffenen befinden: Lässt es mein Arbeitsverhältnis zu, dass ich mich auf diese energie-fressende Auseinandersetzung einlasse? Dass ich die Kommunikation mit dem Anwalt übernehme? Dass ich mich in die Ebene des Mietrechts hineindenke? Dass ich die Kommunikation mit dem Mieterbund übernehme? Dass ich auf die Schreiben des Vermieters reagiere? Dass ich die entsprechenden Fristen einhalte? Dass ich andere Beteiligte auf einen gleichen Wissensstand bringe? Diese Aufgaben können nur zum Teil von einem solidarischen Netzwerk übernommen werden – denn es ist eine äußerst kleinteilige Arbeit, die oftmals schwer von außen überblickt werden kann. Wer die Entscheidung für den Mietkonflikt fällt, muss sich darüber bewusst sein, dass hier oftmals Schwierigkeiten lauern. Die Verantwortung muss innerhalb der Wohngemeinschaft oder der Hausgemeinschaft aufgeteilt werden und erfordert einen hohen Grad an Verbindlichkeit. Hier liegt ein Potential für Konflikte: Weil innerhalb der Gruppe der Betroffenen die zeitlichen Ressourcen und die Kraftressourcen oft ungleich verteilt sind. Es braucht einerseits einen hohen Grad an Achtsamkeit untereinander – es braucht andererseits leicht zugängliches Wissen über die Erfordernisse der alltäglichen Auseinandersetzung, damit nicht jede Gruppe die gleichen Erfahrungen immer wieder vom Neuen machen muss.

Ein Problem in vielen Mietkonflikten besteht darin, dass unkonventionelle Wohnformen nicht im Einklang mit dem konventionellen Mietrecht stehen. Unzureichende Untermietverträge, vielleicht gar keine vorhandenen Mietverträge für einzelne BewohnerInnen, andere Personen stehen im Mietvertrag als dort tatsächlich wohnen. Solche Umstände können zu bösen Stolperfallen in einem Mietkonflikt werden. Oft führt es dazu, dass einzelne Personen in der alleinigen rechtlichen Verantwortung stehen, während die anderen sich nicht in gleicher Weise an der rechtlichen Auseinandersetzung beteiligen können. Dieses Problem führt immer wieder zu einer Schieflage: Dass man in der Öffentlichkeit nicht über die tatsächlichen Wohnformen in der betroffenen Wohnung sprechen kann, um keine Fehler im Gerichtsverfahren zu machen. Zumindest nach dem Scheitern ist es aber noch einmal wichtig zu sagen: Wir wollen nicht in Parzellenwohnungen leben, wir sind nicht glücklich in den Wohnformen der traditionellen Kleinfamilie, das kollektive Zusammenleben gehört zu unserer Vorstellung von einem guten Leben und oftmals erfordert es unserer Arbeits- und Lebensalltag, dass die tatsächliche Wohnform nicht im Einklang mit dem Mietvertrag steht. Es ist scheiße, dass das Mietrecht es diesen unkonventionellen Wohnformen viel schwerer macht und daran muss etwas verändert werden.

Es braucht inhaltliche Auseinandersetzung. Wir müssen damit rechnen, dass Mietkonflikte in der nahen Zukunft zunehmen werden. Und es ist nützlich, die Gründe dafür zu kennen – auch, um nicht unvorbereitet in kommende Auseinandersetzungen hineinzugehen. Wir müssen uns mit dem Verhältnis von Kapitalismus, Miete und Klassengesellschaft auseinandersetzen. Wir müssen versuchen, die modernen Urbanisierungsprozesse zu verstehen. Wir müssen das Verhältnis von Stadt und Land in den Blick nehmen und wie es sich verändert. Wir müssen uns konkret die Entwicklung von Städten in Ostdeutschland anschauen. In Teilen haben wir diese Auseinandersetzung in unserer Veranstaltungsreihe im Frühjahr vorangetrieben. Es darf nicht dabei bleiben, auch nach dem Auszug der Stein34-WG. Es braucht gegenseitige Bildung und Selbstbildung.

Zuletzt braucht es die Weitergabe von Erfahrungen. Wer schon mal in einem Mietkonflikt war, kennt vielleicht das Gefühl: scheiße, ich bin in einer Situation, die niemand anderes verstehen kann. Wenn man dann Leute trifft, die tatsächlich eine ähnliche Erfahrung gemacht haben, ist es, als würde man eine Geheimsprache sprechen – man weiß ganz genau, von was der andere spricht. Diese Erfahrung muss kollektiviert werden. Die Erfahrungen vom Schiefen Haus und der Stein34 haben gezeigt: Einerseits können wir uns auf den Mieterbund nicht verlassen. Andererseits gibt es eine andere, unabhängige Struktur, die über den einzelnen Mietkonflikt hinaus geht, in Halle noch nicht. Eine Struktur, die beraten und unterstützen kann und die klar und kämpferisch auf der Seite von Mieterinnen und Mietern steht. Auch wenn es in der Initiative „Stein 34 bleibt“ immer wieder Überlegungen dazu gab: die Gruppe wird auch nach dem Auszug der WG nicht alleine dazu in der Lage sein, eine solche Struktur aufzubauen. Deshalb endet dieses Statement mit einem Aufruf: Ob ihr Betroffene oder politisch Interessierte seid: Denkt darüber nach, wo ihr Ansätze zum Aufbau einer solchen Struktur seht und wer sich daran beteiligen könnte. Sprecht uns an, tauscht euch untereinander aus, vernetzt euch. Ein neuer Anlass, zusammenzukommen, könnte die Demonstration am 21. Januar sein. Wir sehen uns!

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