auschwitz – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org Für die soziale, antipolitische und antinationale Selbstorganisation des Proletariats! Mon, 29 Jan 2024 01:29:41 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://swiderstand.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1128/2022/05/cropped-28385945-32x32.png auschwitz – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org 32 32 Neue Broschüre: Zionismus und arabischer Nationalismus https://swiderstand.blackblogs.org/2015/05/04/neue-broschuere-zionismus-und-arabischer-nationalismus/ https://swiderstand.blackblogs.org/2015/05/04/neue-broschuere-zionismus-und-arabischer-nationalismus/#respond Mon, 04 May 2015 07:48:21 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=104 Unsere neue Broschüre: „Zionismus und arabischer Nationalismus“ (ca. 121 Seiten) von Soziale Befreiung (Hg.) ist da. Die Broschüre könnt ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

 

Inhalt

Einleitung

I. Europäischer Antijudaismus, Zionismus und palästinensischer Nationalismus vor 1948
1. Von der relativen Assimilation der Juden in Westeuropa zum massenmörderischen Antijudaismus
2. Die Symbiose aus Antijudaismus und Zionismus
3. Osmanisches Reich, britischer Imperialismus, Zionismus, palästinensischer Nationalismus und Faschismus
4. Palästina nach dem Zweiten Weltkrieg

II Israel, der palästinensische Nationalismus und arabische Staaten
1. Der Krieg von 1948/49
2. Der Sechstage-Krieg von 1967
3. Der Krieg von 1973
4. Die Formierung des modernen palästinensischen Nationalismus
5. Der globale Krieg zwischen Israel und dem palästinensischen Exil-Nationalismus
6. Israel und die Besetzten Palästinensischen Gebiete (BPG)
7. Israel, die PLO und Jordanien
8. Israel, der palästinensische Nationalismus und Ägypten
9. Israel, die PLO und der Libanon
10. Israel, der palästinensische Nationalismus und Syrien

III Der sozialreaktionäre Charakter Israels
1. Auschwitz und Israel
2. Israel, das Judentum, der nichtjüdische Prozionismus und der Antijudaismus
3. Israel als eigenwilliger Wachhund des US-Imperialismus
4. Die Vermehrung des israelischen Nationalkapitals
5. Die israelische Apartheid-Demokratie

IV Die sozialrevolutionäre Nullstaatenlösung
1. Die mögliche Formierung des Weltproletariats zum revolutionären Subjekt
2. Die revolutionäre Zerschlagung aller Nationalismen

Von der relativen Assimilation der Juden in Westeuropa zum massenmörderischen Antijudaismus

Das alte Judentum war ein vorindustriekapitalistisches Handelsvolk, deren sozialökonomische Basis sich in der jüdischen Religion ideologisch spiegelte. So wie auch der evangelische Protestantismus – besonders der Calvinismus – die sozialpsychologischen Bedürfnisse der christlichen Bourgeoisie befriedigte. Was war die Funktion von vorindustriekapitalistischen Handelsvölkern wie den Juden? Sie verkörperten bis zum 11. Jahrhundert den verselbständigten Tauschwert, das Geld, in einer Agrargesellschaft, die noch weitgehend von der Naturalproduktion beherrscht war. Im europäischen Feudalismus spielte in der Landwirtschaft das Geld keine Rolle. Die BäuerInnen produzierten fast alles selbst was sie brauchten und die Abgaben an die Feudalherren wurden auch in Form von Naturalabgaben geleistet. Die Feudalherren brauchten allerdings Geld zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nach orientalischen Luxusgütern. Hier kam das Judentum als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk ins Spiel. Es handelte mit Luxusgütern und stellte den Feudalherren durch Wucher Geld zur Verfügung.
Den Christen war es von der Kirche verboten Zins zu nehmen. So betrieben oft Juden im Auftrag und im Interesse der Feudalherren Finanzgeschäfte. Dafür wurden die Juden oft zum Sündenbock für die Misswirtschaft. Das feudale System wusch sich rein, indem es auf den schmutzigen Juden verwies. Die Judenverfolgung hatte auch damals schon – trotz der irrationalen Ideologie, die sie produzierte – einen rationalen, die Herrschaft sichernden Kern. In der ständischen Gesellschaft des Feudalismus wurde der Charakter des Judentums als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk verrechtlicht und zementiert.
Im Gegensatz zu einer Verschwörungslegende des Antijudaismus waren die Juden eben nicht die „ErfinderInnen“ des modernen europäischen Kapitalismus, sondern sie wurden im Gegenteil mit der Herausbildung einer christlichen Handels- , Finanz- und schließlich Industriebourgeoisie ziemlich an den Rand gedrängt und Verfolgungen sowie Vertreibungen ausgesetzt. Zuerst wurden die Juden von einer ab dem 11. Jahrhundert entstehenden christlichen Handelsbourgeoisie aus dem Handel verdrängt. Es blieb ihnen oft nur noch das Wuchergeschäft. Der Antijudaismus ist eine extrem ideologisch verzerrte Widerspiegelung der Tatsachen, dass die Juden durch ihr Handelsmonopol bis zum 11. Jahrhundert den Tauschwert in einer noch vorwiegend von der Naturalwirtschaft geprägten Gesellschaft verkörperten und dann, als das Geld immer stärker den Feudalismus aushöhlte und zerstörte, von einer christlichen Handelsbourgeoisie immer mehr in den Wucher verdrängt wurden. Aber im modernen Kapitalismus verkörpern die Juden nicht mehr und nicht weniger das Geld als alle anderen Sprach-, Religions- und Kulturgemeinschaften auch.
In dem Maße, wie sich in den feudal-bürgerlichen Gesellschaften eine christliche Handelsbourgeoisie, welche auch den Geldhandel betrieb, entwickelte, konnten die Juden ab dem 12. Jahrhundert aus dem Handel verdrängt und vorübergehend vertrieben werden. Vorher nicht, weil das schwerwiegende sozialökonomische Folgen gehabt hätte. Die jüdische Religionsgemeinschaft wurde immer stärker von der anderen Bevölkerung isoliert. Zwischen 1099 und 1291 wurde die jüdische Bevölkerung in Palästina durch Kreuzfahrer und Seldschuken dezimiert. Seit dem 13. Jahrhundert erfolgte die zwangsweise Ansiedlung in geschlossene Stadtviertel (Judengasse, Judenviertel, Judenquartier, Ghetto). So wurden die Juden in den Jahren 1182, 1268 und 1306 aus Frankreich vertrieben. Die Juden wurden also als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk mit der Entwicklung einer christlichen Handelsbourgeoisie zunehmend verdrängt und nach Osteuropa vertrieben. Die Pest von 1348-51 wurde in ganz Europa zu einer barbarischen Judenverfolgung zum Anlass genommen. Sie forderte Zehntausende von Opfern und führte zu einer starken jüdischen Auswanderung, besonders von Deutschland nach Polen. Joachim Kahl bemerkt zu Recht: „So umfassend wurden die Juden ausgerottet, dass die Katastrophe dieser Jahre auf faschistische Pogrome unter Hitler vorausweist.“ (Joachim Kahl, Das Elend des Christentums, Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg, 1968/1993 S. 48.)
Mit der Entwicklung des Industriekapitalismus und der Entstehung moderner demokratischer Rechtsstaaten als den effektivsten politischen Formen der sozialen Diktatur des Kapitals in Westeuropa, bestand für die Juden Westeuropas immer stärker sowohl die Möglichkeit als auch die Notwendigkeit sich als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk aufzuheben und sich in die entstehenden Nationalstaaten zu assimilieren. Bei einer geglückten Assimilation würden die Juden sich sozial in die drei Hauptklassen Bourgeoisie, KleinbürgerInnentum und Proletariat spalten und als Religions- und Kulturgemeinschaft die Religionsfreiheit genießen. Die Juden würden sich durch den Nationalismus in erster Linie als FranzösInnen, EngländerInnen, Deutsche usw. fühlen, und ihr Judentum wäre wie jede Religion Privatsache. Diese Assimilation war auch im 19. Jahrhundert in Westeuropa relativ erfolgreich. Doch diese relative Assimilation war auch in Westeuropa immer wieder durch mal stärkere und mal schwächere Schübe des Antijudaismus geprägt. Besonders das KleinbürgerInnentum – aber auch Teile des Proletariats und der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung – waren durchaus anfällig gegenüber dieser chauvinistischen Ideologie.
In Osteuropa –besonders im zaristischen Russland – war der Kapitalismus zu schwach entwickelt, um das Judentum zu assimilieren. Der Kapitalismus war zwar auch dort Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts schon so stark, dass es massenhaft das jüdische Kleinhandwerk ruinierte, aber eben zu schwach, um das ruinierte jüdische KleinbürgerInnentum vollständig in ein Proletariat transformieren zu können. Das erzeugte in der jüdischen Bevölkerung –besonders im russisch annektierten Teil Polens – eine große Arbeitslosigkeit und ein für das Kapital unproduktives Elend. Zwar entwickelte sich auch ein jüdisches Proletariat, doch das wurde vorwiegend im zugrunde gehenden jüdischen Kleinhandwerk ausgebeutet. Im russisch annektierten Teil Polens verboten die polnischen Berufsgewerkschaften bis zum Sturz des Zarismus den jüdischen ProletarierInnen die Arbeit in der Industrie. Der überlebte Zarismus versuchte sich zu erhalten, indem er die soziale Wut – besonders der BäuerInnen –auf die Juden lenkte. Die Organisation bzw. Duldung antijüdischer Pogrome hatte für den russischen Zarismus eine herrschaftsstabilisierende Funktion. Er schürte auch die antijüdische Verschwörungsideologie nach Leibeskräften und produzierte das antijüdische Machwerk Protokolle der Weisen von Zion. Diese Hetzschrift gehörte international zur Lieblingslektüre aller Judenhasser, unter ihnen auch Adolf Hitler.
Die Nichtintegration der Juden im ökonomisch unterentwickelten Osteuropa hatte drei Folgen: Die Emigration nach Westeuropa, in die USA und nach Palästina, die Entstehung einer besonderen jüdischen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung und die Entwicklung des jüdischen Nationalismus, des Zionismus. Mit den beiden letztgenannten Folgen werden wir uns in den folgenden Kapiteln dieses Teiles auseinandersetzen. Hier wollen wir uns mit der Emigration osteuropäischer Juden und Jüdinnen nach Westeuropa und dem Anwachsen des Antijudaismus als chauvinistischer Reaktion auf die osteuropäisch-jüdische Migration beschäftigen. Die Ankunft jüdischer MigrantInnen aus Osteuropa stärkte auch in Westeuropa den Antijudaismus als reaktionäre chauvinistische Konkurrenzideologie. Mehrere europäische Nationalstaaten versuchten die jüdische Emigration gesetzlich einzuschränken. So erließ Großbritannien 1905 das berüchtigte Fremdengesetz, mit dem den osteuropäischen Juden und Jüdinnen die Migration auf die Insel verunmöglicht wurde.
Die so genannte „jüdische Frage“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestand aus der Nichtassimilation der Juden und Jüdinnen durch den noch schwachen osteuropäischen Kapitalismus und die Rückgängigmachung der relativen Assimilation durch den deutschen Krisenkapitalismus in seiner NS-faschistischen Form und schließlich im antijüdischen Massenmord. Die relative Assimilation der Juden in Westeuropa im 19. Jahrhundert beruhte auf der beschleunigten Kapitalvermehrung. Doch diese beschleunigte Kapitalvermehrung geriet ab 1914 in die strukturelle Profitproduktionskrise. Diese war in erster Linie ein Ausdruck des tendenziellen Falles der Profitrate, dem Verhältnis zwischen den Kosten der kapitalistischen Produktion (Produktionsmittel- und Lohnkosten) und ihren Gewinnen. Diese Profitrate fällt tendenziell durch zwei gesellschaftliche Prozesse. Der eine Prozess ist die zunehmende Mechanisierung und Automatisierung der kapitalistischen Produktionsweise, bei der immer mehr Funktionen der menschlichen Arbeitskräfte (ProletarierInnen, menschliches produktives Kapital) zur Funktion der Maschinerie (sachliches produktives Kapital) werden. Dadurch steigen tendenziell die Produktionsmittelkosten schneller und stärker an als die Gewinne. Die Folge ist ein tendenzieller Fall des Verhältnisses zwischen den Kosten der kapitalistischen Produktion und ihren Gewinnen (Profitrate). Diesem Fall der Profitrate können die KapitalistInnen entgegenwirken, indem sie die Ausbeutungsrate (Mehrwertrate) als Verhältnis zwischen den Lohnkosten und dem vom Proletariat erzeugten Mehrwert, den sich die Bourgeoisie aneignet, erhöhen. In der selbstreproduktiven Arbeitszeit erzeugt das Proletariat einen Wert, der den Lohnkosten entspricht, während es in der Mehrarbeitszeit den Gewinn für das Kapital produziert. Der Kampf um höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten, also der reproduktive Klassenkampf des Proletariats im Rahmen des Kapitalismus, lässt die Mehrwertrate und damit auch die Profitrate sinken. Die KapitalistInnen müssen durch das Senken des Reallohnes sowie durch Arbeitsverdichtung oder unbezahlte Arbeitsverlängerung danach streben, die Mehrwertrate zu erhöhen, die wichtigste Gegentendenz zum Fall der Profitrate. Die strukturelle Profitproduktionskrise führt also zur Verschärfung des Klassenkampfes.
Während die Erhöhung der Ausbeutung des Proletariats die wichtigste Gegentendenz zum tendenziellen Fall der Profitrate darstellt, ist die Erhöhung der Profitmasse bei einer fallenden Profitrate eine wichtige Kompensation. Größere Kapitale erzielen eine größere Profitmasse. Neben dem einfachen Wachstum der Kapitale, führt das Schlucken von kleinerem und kriselndem Kapital durch größeres und ökonomisch potenteres Kapital zur weiteren Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Gerät der Kapitalismus in eine strukturelle Profitproduktionskrise, verschärft sich also der Konkurrenzkampf enorm. Sowohl zwischen KapitalistInnen und KleinbürgerInnen innerhalb der einzelnen Nationalkapitale/Nationalstaaten als auch die imperialistische Konkurrenz zwischen den letztgenannten. Und damit laden sich auch alle chauvinistischen Konkurrenzideologien wie Nationalismus, Rassismus und Antijudaismus auf. Konkurrenz gibt es nicht nur zwischen KapitalistInnen und KleinbürgerInnen, sondern auch zwischen ProletarierInnen auf dem Arbeitsmarkt. Der permanente Konkurrenzkampf innerhalb des Kapitalismus, wozu auch der imperialistische Krieg zwischen Staaten gehört, ist potenziell und tendenziell massenmörderisch und entfesselte während der strukturellen Profitproduktionskrise zwischen 1914 und 1945 seine bisher gewaltigste zivilisationsbarbarische Zerstörungskraft. Dazu gehören die beiden von Deutschland begonnenen Weltkriege, die aber auch von Seiten aller seiner Feinde – einschließlich der staatskapitalistischen Sowjetunion – imperialistisch-reaktionäre Kriege waren, der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden durch den deutschen NS-Faschismus und das atomare Massaker des US-Imperialismus in Japan. Beide Weltkriege waren vor allem ein ultrabrutaler Klassenkampf von oben, bei denen sich die ProletarierInnen zum Wohle des Weltkapitalismus gegeneinander massakrierten. Diese Tatsache zu verschleiern, ist bis auf den heutigen Tag das dreckige Geschäft von Neofaschismus und einem großen Teil des Antifaschismus, der sich auf die Seite der imperialistischen Kriegsgegner des NS-Faschismus stellt. Wer Hiroshima und Auschwitz gegeneinander in Stellung bringt und so relativiert, dem gehört das Maul gestopft!
Sowohl die beschleunigte Kapitalvermehrung als auch die strukturelle Profitproduktionskrise sind durch die Konjunkturzyklen geprägt (Aufschwung und Krise). Allerdings sind in der strukturellen Profitproduktionskrise die Aufschwünge weniger expansiv, dafür aber die Krisen häufiger und tiefer. Der westeuropäische und der nordamerikanische Kapitalismus gerieten ab 1914 in die strukturelle Profitproduktionskrise, die in einer Konjunkturkrise zum Ausdruck kam. Der Erste Weltkrieg war für das globale Rüstungskapital ein gefundenes Fressen und bescherte dem US-Nationalkapital ein Extraaufschwung, während Europa in Blut und organisiertem Chaos versank. Der Krieg führte zur Verschärfung des Klassenkampfes, der in der europäischen revolutionären Nachkriegskrise (1917-1923) mündete, die jedoch der globale Kapitalismus konterrevolutionär löste – dazu gehörte auch der bolschewistische Staatskapitalismus in „Sowjet“-Russland, welcher 1921 die Kronstädter Matrosen als Avantgarde der Revolution massakrierte. Zwischen 1923 und 1929 stabilisierten sich der westeuropäische und der nordamerikanische Kapitalismus etwas – um dann 1929 in der Weltwirtschaftskrise zu landen.
Diese Krise machte in Deutschland den NS-Faschismus als kleinbürgerlich-reaktionäre Massenbewegung im Interesse der Bourgeoisie groß. Der NS-Faschismus war Fleisch vom Fleische des deutschen KleinbürgerInnentums, das durch die Weltwirtschaftskrise massenhaft ruiniert wurde. Die ruinierten KleinbürgerInnen konnten nicht in der ArbeiterInnenklasse aufgehen, da diese selbst unter der Massenarbeitslosigkeit litt. Der Antijudaismus der Nazis entsprach den sozialökonomischen und sozialpsychologischen Bedürfnissen der von der Krise bedrohten KleinbürgerInnen. Wenn jemand vernichtet werden sollte, dann nicht sie, sondern die jüdische Konkurrenz! Kauft nicht bei Juden, sondern bei braven „arischen“ Deutschen! Die KleinbürgerInnen projizierten massenhaft ihren ganzen Hass auf die Juden, ihre eigene Geldgier auf die „Geldjuden“, ihre Angst und Abscheu vor dem klassenkämpferischen Proletariat in den „jüdischen Bolschewismus“, ihre Enttäuschung in die Weimarer „Judenrepublik“ – die sie nicht retten wollte oder konnte – und das angeblich „jüdische“ Bankkapital, bei dem sie massenhaft verschuldet waren.
Keine Klasse beherrscht die Kapitalvermehrung, auch die KapitalistInnen werden von ihr beherrscht. Sie werden vom Aufschwung emporgehoben – und dann in die Krise geschleudert. Für die KleinbürgerInnen fällt die Höhe des Aufschwunges wesentlich niedriger, dafür aber der Fall umso tiefer aus. Von der sozialökonomischen und psychologischen Vernichtung bedroht, wollen sie überleben, indem sie andere vernichten. Eine Zwischenstellung zwischen dem Großkapital, dass es besonders in der Krise massenhaft ruiniert, und dem Proletariat, das es embryonal ausbeutet, einnehmend, lief das KleinbürgerInnentum während der Weltwirtschaftskrise in Deutschland im Interesse der Bourgeoisie antijüdisch und antikommunistisch Amok und machte den NS-Faschismus zu einer Massenbewegung. Als die deutsche Bourgeoisie 1933 den Nazis die politische Macht übergab wurde ihr Antijudaismus zur massenmörderischen Gewalt. Der Antijudaismus wurde wie die Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg und die Zerschlagung der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung (Sozialdemokratie, Gewerkschaften und Partei-„Kommunismus“) zur völkischen Krisenlösungsstrategie der Nazis. Indem die Bourgeoisie ihre Herrschaftsform von der Demokratie zum NS-Faschismus transformierte, entwickelte sich der NS-Faschismus aus einer kleinbürgerlichen Massenbewegung in eine großbürgerliche politische Strömung.
Beim staatlichen Antijudaismus der Nazis verschmolz die kalte technokratische Rationalität der Kapitalvermehrung mit einer überfanatischen irrationalen Vernichtungsideologie und gipfelte schließlich im kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden. Die Verdrängung der Juden und Jüdinnen durch den NS-Staat aus Wirtschaft, Politik und Kultur, eröffnete neue Karrieren für „arische“ Deutsche, besonders für überzeugte Nazis. Die jüdische Bourgeoisie wurde im Interesse ihrer „arischen“ Konkurrenz enteignet, wodurch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals zunahm. So schufen die Nazis massenhaft für das Kapital unproduktive jüdische Armut. Der Kapitalismus vernichtete und vernichtet massenhaft unproduktive Armut, indem er die Armen mehr oder weniger sich selbst überlässt. Ein monströser Massenmord! Die modernen Sozialstaaten in den kapitalistischen Metropolen mildern den Terror gegen das nichtlohnarbeitende Proletariat etwas ab – aber nur SozialdemokratInnen kommen auf die Idee, die Tatsache, dass die entwickelten kapitalistischen Staaten ihre Armen nicht mehr massenhaft verhungern und erfrieren, sondern sie auf niedrigem Niveau dahinvegetieren lassen, als „zivilisatorische Errungenschaft“ zu feiern. Doch die Nazis waren keine SozialdemokratInnen, sie waren konsequente SozialdarwinistInnen. Nachdem sie den Jüdinnen und Juden die sozialökonomische Grundlage ihrer Existenz genommen hatten, vernichteten sie sie physisch. Die Nazis waren die ultrafanatischen Übertreiber jenes kapitalistischen Sozialdarwinismus, der sonst die Menschen durch die unsichtbare Hand des Marktes tötete und noch immer tötet.
Die physische Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden begann mit dem Zweiten Weltkrieg. Das hatte sehr viel mit der ultrafanatisch-antijüdischen ideologischen Verklärung dieses imperialistischen Gemetzels durch die Nazis zu tun. Für diese stellte der Zweite Weltkrieg ein Endkampf zwischen „arischen Herrenmenschen“ und „jüdischen Untermenschen“ dar, wodurch die sozialökonomische Basis des Blutbades als militärischer Konkurrenzkampf zwischen imperialistischen Staaten extrem ideologisch verschleiert wurde. Als diese extrem irrationale Ideologie zur massenmörderischen Gewalt wurde, überlagerte sie auch den rationalen Zweck des Krieges, nämlich die konkurrierenden Staaten militärisch zu besiegen. Deportationszüge mit europäischen Juden in die Vernichtungsstätten erhielten Vorrang gegenüber militärischen Transporten.
Beim kapitalistisch-industriellen Massenmord verschmolz die Rationalität der Kapitalvermehrung untrennbar mit der massenmörderischen Irrationalität des fanatischen Judenhasses. Einige Juden wurden von der SS an das deutsche Kapital (z.B. Krupp) als SklavInnen verkauft, wo das „Judenmaterial“ zu Tode gearbeitet wurde. Aus Geld muss mehr Geld gemacht werden! Dass ist der massenmörderische kategorische Imperativ des Kapitals. Und wenn noch so viele Menschen sterben müssen! Wer zählt die Millionen SklavInnen und LohnarbeiterInnen, die das Kapital in seiner Geschichte weltweit zu tote gearbeitet hat?! Nein, der Massenmord des deutschen NS-Faschismus war kein Zivilisationsbruch, er war der bisher extremste Ausdruck der kapitalistischen Zivilisationsbarbarei.
Auschwitz als Zivilisationsbruch zu bezeichnen, heißt davon zu abstrahieren, dass sich das Kapital nur durch die Auftürmung von Leichenbergen vermehrte und vermehrt. In der Fabrik und auf den Schlachtfeldern unzähliger Kriege wurden in der Geschichte Millionen Menschen zum Wohle der Kapitalvermehrung umgebracht. In einer Geschichte voller Gemetzel ist das größte Gemetzel kein Zivilisationsbruch! Außerdem ist das Gerede vom „Zivilisationsbruch“ extrem eurozentristisch. Im Trikont (Asien, Afrika und Lateinamerika) wurden zum Wohle der europäisch-weißen kapitalistischen Zivilisation Menschen nichtweißer Hautfarbe massenhaft massakriert. Die IndianerInnen Nordamerikas wurden fast ausgerottet. Die Nazis haben ihren Massenmord mitten in Europa organisiert, das war das Neue. Außerdem nutzten sie für ihre Mordorgie die modernen kapitalistischen Produktivkräfte, die immer auch Zerstörungskräfte gegen das arbeitende Proletariat und die Natur waren und sind. Diesen Zusammenhang soll das moralisierende Gerede über den angeblichen „Zivilisationsbruch“ verschleiern. Der klebrige Moralismus dient auch hier der Verteidigung der alltäglichen kapitalistischen Zivilisationsbarbarei und seiner technokratischen Todesfabrikation.
Doch die materialistische Geschichtsbetrachtung zieht den moralisierenden Schleier, den die demokratisch gewendete Bourgeoisie von Auschwitz über den kapitalistisch-industriellen Massenmord als untrennbaren Teil ihrer Vergangenheit legt, erbarmungslos beiseite. Im Gegensatz zu vielen linken KleinbürgerInnen, die sich formal zum Marxismus bekennen, aber zu moralisieren anfangen wenn es richtig wehtut, halten wir gegen das unerträgliche bürgerliche Geschwätz, dass Auschwitz nicht erklärbar sei, daran fest, dass die materialistische Geschichtsbetrachtung auch den kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden erklären kann und muss. Die bürgerlich-idealistische Verklärung und Mythologisierung von Auschwitz dient nur der Bourgeoisie. Das Proletariat braucht Klarheit über die kapitalistische Welt, in der es schuftet, leidet und stirbt – aber eben auch lebt, liebt, lacht und kämpft!
Auschwitz verkörpert auf ideologisch extrem verzerrte Weise den Konkurrenz- und Klassenkampf von oben in einer der krisenhaftesten Zeiten des Kapitalismus, der seine Zivilisationsbarbarei extrem verschärfte, und in Deutschland in NS-faschistischer Form zugleich rational-technokratisch-kalt und irrational-ideologisch durchdrehend die Krise zu lösen versuchte. Durch den Judenhass wurde der Konkurrenzkampf auf völkisch-rassistische Art und Weise gelöst, eine für das Kapital unproduktive jüdische Armut geschaffen und diese technokratisch vernichtet, woran auch das Kapital verdiente. Und nicht nur das Kapital. Nach der Deportation der deutschen Jüdinnen und Juden wurden ihre Haushalte versteigert. An den Versteigerungen nahmen Menschen aller Klassen und Schichten teil. So stärkte sich die „Volksgemeinschaft“ als Scheinrealität und realer Schein durch den rassistischen Ausschluss der Juden als Beutegemeinschaft der Aasgeier. Es darf aber nicht vergessen werden, dass es auch im NS-Faschismus vor dem Zweiten Weltkrieg den Klassenkampf deutscher ArbeiterInnen gab (siehe dazu Imperialistischer Krieg und proletarischer Klassenkampf, in: Schriften zum Klassenkampf III, Soziale Befreiung, Nürnberg 2014, S. 71-78.) Der NS-Antijudaismus stärkte schon während der Weimarer Republik den Kapitalismus ideologisch, indem er den „arischen schaffenden“ Industriekapitalismus gegen das „raffende jüdische Finanzkapital“ ausspielte.
Im Zweiten Weltkrieg triumphierte global der Klassenkampf von oben gegen das Proletariat. Das Proletariat tötete und wurde getötet im Interesse der einzelnen Nationalstaaten, die ihren blutigen Konkurrenzkampf ausfochten. Der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden war Teil des imperialistischen Gemetzels. Der antifaschistische Imperialismus der staatskapitalistischen Sowjetunion und der privatkapitalistischen Demokratien machte vor dem Gemetzel seine Geschäfte mit dem NS-Faschismus auf Kosten des Proletariats, so wie er nach dessen Beginn seinen militärischen Konkurrenzkampf gegen die Nazis zum Leidwesen der proletarisierten und kleinbürgerlichen Menschen ausgefochten hatte. Die imperialistischen Demokratien bombardierten deutsche ZivilistInnen, aber nicht die antijüdischen faschistischen Massenmordzentren.
Auch der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden verkörperte nicht nur auf die Art und Weise den ideologisch extrem verzerrten Klassenkampf von oben, indem er das von den Nazis völkisch-technokratisch geschaffene unproduktive jüdische Elend sehr zum Vorteil einiger Privatkapitale auslöschte. Die Nazis projizierten auch ihren nationalistischen Hass auf den „proletarischen Internationalismus“ der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung auf das gesamte Judentum. Der „proletarische Internationalismus“ war und ist stark beschränkt, weil er nicht konsequent den kapitalistischen Nationalismus hinter sich lässt. Deshalb ist er aus antinational-sozialrevolutionärer Sicht scharf zu kritisieren (siehe dazu die Kapitel I.2 und IV.2). Aber es muss auch bedacht werden, dass der „proletarische Internationalismus“ für viele jüdische ArbeiterInnen und Intellektuelle (Rosa Luxemburg, Karl Radek, Leo Trotzki…) in Osteuropa eine relativ progressive Form war, mit der sie ihre Nichtassimilation und den blutigen Antijudaismus verarbeiten konnten, ohne jüdische NationalistInnen (ZionistInnen) zu werden. Die Nazis projizierten ihren leidenschaftlich-krankhaften Hass gegen den proletarischen Internationalismus auf alle Juden, von denen viele in Westeuropa sich leidenschaftlich-reaktionär zu den Nationen bekannten, in denen sie lebten, oder jüdische NationalistInnen/ ZionistInnen waren. In seiner ersten „großen“ Rede vom 13. August 1920 teilte Hitler seinen ZuhörerInnen mit, dass er ein Judenfeind sei, weil „die Juden international sind, die Gleichheit aller Völker und die internationale Solidarität predigen, (und) es ihr Ziel ist, die Rassen zu entnationalisieren“ (siehe: E. Jäckel, Hitler als Ideologe, Calmann Levy 1973). Der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden richtete sich auch ideologisch extrem verzerrt gegen den proletarischen Internationalismus.

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Neue Broschüre: Schriften zum Klassenkampf III https://swiderstand.blackblogs.org/2014/07/01/neue-broschuere-schriften-zum-klassenkampf-iii/ https://swiderstand.blackblogs.org/2014/07/01/neue-broschuere-schriften-zum-klassenkampf-iii/#comments Tue, 01 Jul 2014 15:27:22 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/2014/07/01/neue-broschuere-schriften-zum-klassenkampf-iii/ Unsere neue Broschüre: „Schriften zum Klassenkampf III“ (ca. 120 Seiten) von Soziale Befreiung (Hg.) ist da. Die Broschüre könnt Ihr für 5-€ (inkl. Porto) hier über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

In­halt

Ein­lei­tung

Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on als Klas­sen­kampf

1. Der ka­pi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­ti­ons­pro­zess als wi­der­sprüch­li­che Ein­heit aus Ka­pi­tal und Lohnar­beit
2. Bür­ger­li­che Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on als Klas­sen­kampf von oben
3. Ar­beits(des)or­ga­ni­sa­ti­on als Klas­sen­kampf von unten
4. Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on als Klas­sen­kampf am Bei­spiel der glo­ba­len Au­to­in­dus­trie
5. Die so­zi­al­re­vo­lu­tio­nä­re Auf­he­bung der Lohnar­beit

Tech­no­lo­gie als Waffe

1. Die ka­pi­ta­lis­ti­sche Tech­no­lo­gie als Waffe der Bour­geoi­sie
2. Der Lud­dis­mus
3. Ra­tio­na­li­sie­rung als so­zi­al­öko­no­mi­sche Kon­ter­re­vo­lu­ti­on
4. An­eig­nung und Sa­bo­ta­ge im Klas­sen­kampf

Im­pe­ria­lis­ti­scher Krieg und pro­le­ta­ri­scher Klas­sen­kampf

I. Krise, Krieg und Klas­sen­kampf (1914-​1945)
1. All­ge­mei­ne Be­trach­tung
2. Mas­sen­streiks gegen den Krieg in Deutsch­land (1914-​1918)
3. Klas­sen­kämp­fe wäh­rend des NS-​Fa­schis­mus
4. Klas­sen­kämp­fe in den USA (1914-​1945)
5. Re­vo­lu­tio­nä­re Po­si­tio­nen zum Zwei­ten Welt­krieg

II. Kal­ter Krieg und Klas­sen­kampf
1. All­ge­mei­ne Be­trach­tung
2. Der Kalte Krieg und der Rä­te­kom­mu­nis­mus
3. Kal­ter Krieg und Klas­sen­kampf in der BRD

Massenstreiks gegen den Krieg in Deutschland (1914-1918)

Als sich der deutsche Imperialismus 1914 anschickte, die Welt neu aufzuteilen, musste die Wirtschaft fit für den Krieg gemacht werden. Die Kapitalbildung musste auf Rüstungsproduktion umgestellt und durch staatliche Eingriffe zentralisiert werden. Es kam zu einer starken Verschmelzung von Staat, Militär und Kapital. Diese enorme, staatsinterventionistische Verschmelzung von ökonomischer und politischer Macht war auch notwendig um den auftretenden ökonomischen und sozialen Krisen entgegentreten zu können. Denn der Krieg, welcher die kapitalistische Krise auf national-imperialistische Weise lösen sollte, führte selbst zu einer Reihe von Krisen.
Eine davon war die Rohstoffkrise, die durch die kriegerische Störung des Welthandels ausgelöst wurde. Der deutsche Staat versuchte das Problem durch die Schaffung von zentralen Planungsinstanzen zu lösen: der „Kriegsrohstoffabteilung“ und später des „Kriegsamtes“. Diese Instanzen verfolgten die Ziele, die knapp werdenden Rohstoffe durch synthetische Ersatzstoffe zu ersetzen und schon lange gemachte Erfindungen endlich in der Rüstungsproduktion umzusetzen.
Doch die Rohstoffkrise, war nicht die einzige, die gelöst werden musste. Da Millionen ArbeiterInnen in den Kriegsdienst des deutschen Imperialismus gepresst wurden, war bald ein Arbeitskräftemangel, vor allem an Facharbeitern, spürbar. Der deutsche Nationalstaat antwortete auf diese Krise mit einem zentralisierten Zuteilungsapparat von Arbeitskraft, dem „Zentralen Arbeitsnachweis“. Der Staat wurde zum Motor einer gewaltigen Umschichtung der ArbeiterInnenklasse in Deutschland.
Durch den „kleinen Belagerungszustand“ wurde die politische Gewalt auf den Militärapparat übertragen. Somit wurde dieser zu einer wichtigen Organisationsinstanz der Arbeit. Die Lohnabhängigen standen einer gewaltigen Militarisierung der Arbeit gegenüber. Besonders wird dies an der Rekrutierung von „FremdarbeiterInnen“ –vorwiegend belgische und polnische ArbeiterInnen – deutlich. Ab Anfang 1915 stellten die deutschen Militärs mit äußerster Brutalität „Zivilarbeiterbataillone“ auf und setzten sie unmittelbar hinter der Front ein. In der belgischen Etappe wurden zum Beispiel 370 000 belgische ArbeiterInnen zwangsrekrutiert. Ihre Tageslöhne lagen mit 30 Pfennig weit unter dem Existenzminimum. Die deutschen Aufseher (Kapos) hatten absolute Macht über die ZwangsarbeiterInnen, straften und schlugen sie bei geringstem Widerstand. Die Barackenlager, in denen die ZwangsarbeiterInnen untergebracht waren, stellten Vorformen der nationalsozialistischen Konzentrationslager dar. Die Ernährung der zwangsrekrutierten ArbeiterInnen war so schlecht, dass zum Beispiel viele litauische ZwangsarbeiterInnen „an Entkräftung“ starben. Die Verpflegungssätze waren: „ein halbes Pfund Brot pro Tag, mittags einen Liter Suppe und morgens und abends je einen Liter warmen Wassers.“ (Schreiben und Denkschrift der Litauischen Taryba an den Reichskanzler von 20. 7. 1917, DZAB, Akten Reichskanzlei, Kriegsakten Kurland, Nr. 2404, abgedruckt in W. Basler, Die Expansionspolitik des deutschen Imperialismus gegenüber Polen und den baltischen Staaten 1914-1918, Habil. Schrift PH Potsdam 1959 (MS), S. 242.) So wurde vom deutschen Imperialismus „im Winter 1916-1917 (…) die gesamte Bevölkerung Litauens mobilisiert, um Arbeitsbataillone zu bilden, durch welche die deutschen Arbeitssoldaten im Lande entbehrlich gemacht und gleichzeitig der Arbeitermangel in Deutschland selber gesteuert werden sollte. Von dieser Zeit an ist die Zahl der Zwangsarbeiter sehr groß.“ (Zitiert nach ebenda, S. 241.)
Die staatliche Organisation der Zwangsarbeit wurde begleitet durch die privatkapitalistische Rekrutierung von Arbeitskräften. Die deutsche Bourgeoisie unterhielt zu diesem Zweck ab 1915 ein „Deutsches Industriebüro“ in Brüssel. Auch die deutschen Junker rekrutierten polnische LandarbeiterInnen durch eine „Feldarbeiterzentrale“. Diese privatwirtschaftliche Rekrutierung von „fremden“ Arbeitskräften führte zum Import von 180 000 belgischen und 130 000 polnischen Lohnabhängigen. Ab 1916 wurde auch diese Rekrutierung in aller Offenheit vom Militärapparat, der III. Obersten Heeresleitung, übernommen. Die Rekrutierung belgischer und polnischer ArbeiterInnen war eine gewaltige Neuzusammensetzung der ArbeiterInnenklasse in Deutschland, die gemeinsam von KapitalistInnen /ManagerInnen, Junkern, PolitikerInnen, Militärs und den Gewerkschaftsbonzen von der „Generalcommission“ organisiert wurde.
Der Rekrutierungsprozess selbst war genauso einfach wie brutal. In den von deutschen Truppen besetzten industriellen Zentren wurde eine Deindustrialisierung durch Demontage und Fabrikstilllegungen betrieben und dadurch eine künstliche Arbeitslosigkeit geschaffen. Durch die Verweigerung einer Arbeitslosenunterstützung wurde die Arbeitsemigration zu einer Frage des physischen Überlebens. Doch da selbst die sozialökonomische Notlage der polnischen und belgischen Bevölkerung nicht ausreichte, um den Hunger des deutschen Kapitalismus nach Arbeitskräften zu stillen, wurden nackte Zwangsmaßnahmen wie Großratien, Massenverhaftungen und vorgetäuschten Massenveranstaltungen, bei denen die Besucher von Militärs festgehalten wurden, organisiert. Die rechtliche Grundlage für diesen Terror schufen die Besatzungsregimes in Polen und Belgien mit „Verordnungen zur Bekämpfung der Arbeitsscheu“. Die zwangsrekrutierten ArbeiterInnen wurden in Viehtransportzügen in Kriegsgefangenenlager in Soltau, Wittenberg, Kassel-Niederzwehre, Güben, Münster, Altengrabow und Meschede transportiert. In diesen Konzentrationslagern wurden die ZwangsarbeiterInnen in „Arbeitswillige“ und „Arbeitsscheue“ gespalten. Die „Arbeitswilligen“ wurden in „Arbeitskommandos“ für Zwangsarbeit innerhalb der Lager organisiert, während die „Arbeitscheuen“ in „Disziplinlagern“ einem Extra-Terror unterworfen wurden. Durch die Gewalt der Lagerkommandanten und ihrer Schergen, durch Hunger, Infektionsseuchen und Entkräftung sind täglich fünf bis sechs Inhaftierte elendig krepiert. Dieser organisierte Massenmord des deutschen Imperialismus gab einen grausigen Vorgeschmack auf den zukünftigen faschistischen Terror. Nach einer gewissen Wartezeit wurden die „Arbeitskommandos“ dann direkt vom Privatkapital als Zwangsarbeiterkolonnen übernommen. Jetzt wurde das menschliche Arbeitsvieh vom Werkschutz terrorisiert und in Barackenunterkünften gehalten. Von dieser Zwangsarbeit profitierten die Großkonzerne in der Eisen-, Stahl-, Chemie- und Elektroindustrie schon im Ersten Weltkrieg massenhaft.
Auch deutsche Arbeiter wurden einer militarisierten Arbeitsorganisation unterworfen. Karl-Heinz Roth schrieb darüber: „Die von den Unternehmern „reklamierten“, also vom Kriegsdienst zurückgestellten professionellen Arbeiter werden an ihrem Arbeitsplatz in Uniform gesteckt und militärischer Aufsicht unterstellt; alles scheinbare Äußerlichkeiten, die eindeutig die Funktion haben, den Arbeiter-Techniker trotz der einsetzenden Verlusts seiner privilegierten Stellung im Produktionsprozess zu einer hinlänglichen Arbeitsmoral anzuhalten.“ (Karl-Heinz-Roth, Die „andere“ Arbeiterbewegung, a.a.O., S. 46.)
Doch nicht nur durch „ausländische“ Kriegsgefangene und zivile ZwangsarbeiterInnen und deutschen Arbeiter in Uniformen wurde die ArbeiterInnenklasse in Deutschland umgruppiert. Der deutsche Imperialismus organisierte auch die massenhafte Ausbeutung der weiblichen und jugendlichen „inländischen“ Arbeitskräfte. Bis zum Herbst 1916 wurden 4,3 Millionen Frauen in der Industrie beschäftigt, während die Anzahl der männlichen Arbeiter mit 4,7 Millionen stagnierte. In der Metallverarbeitung hat sich während des Ersten Weltkrieges die Frauenarbeit verdreifacht und in der Elektroindustrie stieg der Frauenanteil an der Gesamtzahl der Beschäftigten auf 55 Prozent. Karl-Heinz Roth schrieb über die Arbeitssituation der in der Industrie beschäftigten Frauen: „Auch die Arbeiterinnen werden einem rigiden äußeren Drill unterworfen, der sie zu willenlosen Instrumenten einer absurden und kaputtmachenden Arbeitsqual in den Munitionsfabriken machen soll: sie werden oft kaserniert und wie militärische Einheiten kommandiert. Ihre Arbeitsinhalte sind nicht nur vom Produkt her destruktiv, sondern gleichzeitig in hohem Grad monoton: sie werden in der Rüstungsindustrie zum Ziehen und Lochen der Geschosse, zum Zusammenbauen von Zündern, zur Herstellung von Schießbaumwolle und Nitroglyzerin sowie zum Füllen und Stempeln der Granaten herangezogen. Seit 1916 nimmt neben einem wachsenden Anteil von Jugendlichenarbeit die Frauenarbeit auch in der Heeresfahrzeugindustrie, im Waggonbau, in der optischen und elektrotechnischen Industrie und selbst im Schiffbau zu.
So wächst unter der deutschen Arbeiterklasse ein neuer Arbeitertypus heran, der sich allein schon von seiner sozialen Zusammensetzung her nicht mehr im Geringsten mit den Inhalten und den Zielen seiner Ausbeutungssituation zu identifizieren vermag. Die Arbeitsmoral wird mehr und mehr zu einer Angelegenheit der Militäreinheiten der stellvertretenden Generalkommandos, während in den Betrieben die bisherigen historischen Keimformen unternehmerischer Polizeigewalt endgültig zum Werkschutz zusammenwachsen und Hilfspolizeistatus erhalten. Sie haben die traditionelle Meister-Vorarbeiterhierarchie bei der Überwachung der ungeheuer angewachsenen Arbeiterarmee zu verstärken und zu komplettieren.“ (Ebenda, S. 46/47.)
Ein wichtiger, sich im Krieg neu herausbildendender Ballungsort dieser KriegsarbeiterInnenklasse war die Chemieindustrie in Mitteldeutschland, worüber Karl Heinz Roth folgendes schrieb: „Zu Beginn des ersten Weltkrieges war die Basisindustrie der deutschen Sprengstoff- und Munitionsfabriken noch weitgehend auf Chilesalpeter als natürlichen Rohstoff angewiesen. Als sich der Krieg in die Länge zog, gewann in den Produktionsplänen der ,Kriegsrohstoffabteilung‘ bzw. seit 1916 des ,Kriegsamts‘ die Möglichkeit den Salpeter nach dem Haber-Bosch-Verfahren synthetisch zu erzeugen, rasch an Bedeutung. Bei der technologischen Realisierung des gesteigerten Bedarfs schob sich nach erbitterten Konkurrenzkämpfen der Konzern der ,Badischen Anilin- und Sodafabriken‘ in den Vordergrund. Es gelang den Managern des Unternehmens, mit ihrem Werk in Oppau und einem weiteren Bauvorhaben in Mitteldeutschland in der Gegend von Halle-Merseburg die Luftstickstoffindustrie, nach der Teerfarbenindustrie der jüngste Zweig des Chemiekapitals weitgehend zu mobilisieren. Im Herbst 1915 setzte der BASF-Konzern das mitteldeutsche Kombinatskonzept endgültig gegenüber der ,Obersten Heeresleitung‘ durch; seit April 1916 ist eines der gigantischsten Neubauvorhaben der deutschen Chemieindustrie voll angelaufen. Ausgestattet mit der Autorität und den Machtmittel der Generalität, trieben die BASF-Unternehmer es mit brutaler Härte, die alle Möglichkeiten des ,kleinen Belagerungszustands‘ ausschöpfte, voran. In einer einzigen Großaktion wurden die 130 Besitzer des Baugeländes der späteren Leuna-Werke, meistens Kleinbauern und Handwerker aus 27 Dörfern enteignet. Unmittelbar danach, Ende April 1916, konnte die BASF auf einem 4,5 x 2,1 km großen Gelände mit dem Bau beginnen. Die zweite Ausbaustufe war ein Jahr später kaum erreicht, als schon der erste Hochdruckofen für die Ammoniak-Synthese angefahren und die Produktion aufgenommen wurde.
Durch das Leuna-Projekt wurde die mitteldeutsche Arbeiterklasse schlagartig umgewälzt. Innerhalb von zwei Jahren entstand im Raum Halle-Merseburg eine enorm konzentrierte Arbeiterklasse, wobei bis weit über das Kriegsende hinaus neben den Produktionsarbeitern des Ammoniakwerks die Bauarbeiter dominierten. Das Ergebnis des Ammoniak-Booms war ein entzivilisiertes und nur schwer kontrollierbares Proletariat, das alsbald die Kämpfe in der gesamten mitteldeutschen Region (während der revolutionären Nachkriegskrise, Anmerkung von Nelke) anführen sollte. Das Hauptkontingent stellten die Facharbeiter, allesamt ,reklamierte Wehrpflichtige‘, die jederzeit, wenn die Manager der BASF bzw. der Bau- und Montagefirmen es wollten, zum Kriegsdienst zurückgeholt werden konnten. Sie waren auch am Arbeitsplatz uniformiert und unterstanden den Militärgesetzen; eine besondere Einheit des Magdeburger stellvertretenden Generalkommandos, in der Barackensiedlung der Arbeiter stationiert, hatte für ihre Disziplin zu sorgen. Die zweitgrößte Arbeitergruppe waren dienstverpflichtete Arbeiter: Halbbauern-Proletarier, Dorfhandwerker, bankrotte kleine Gewerbetreibende, die sich wegen der relativ hohen Industrielöhne aus der näheren Umgebung hatten anwerben lassen. Hinzu kamen riesige Kolonnen weiblicher Arbeiter, Kriegsgefangener und belgischer Zwangsarbeiter, die innerhalb der schillernden neuen Betriebshierarchie die schwersten und dreckigsten Tätigkeiten zugeschoben bekamen und dafür oft nicht einmal die Hälfte des an die männlichen deutschen Arbeiter gezahlten Lohns erhielten. Ohne Zweifel setzte das BASF-Management alles daran, die derart bunt in und um Leuna zusammen gewürfelte multinationale Arbeiterklasse besonders scharf unter Kontrolle zu halten. Es versuchte von vornherein, die überholte und nicht mehr durchzuhaltende Polarisierung in Facharbeiter und unqualifizierte Handlangerschicht durch eine der aufgefächerten sozialen Zusammensetzung angepasste differenzierte Hierarchie zu ersetzen. Als ruhender Pol der Arbeitsdisziplin waren nicht mehr einfach mehr die professionellen Arbeiter, ohnehin kaum mehr als 40 Prozent des Gesamtarbeiters, sondern eine aus dem Ludwigshafener Stammwerk abgezogene ,Stammbelegschaft‘ ausersehen, die aus qualifizierten und unqualifizierten Arbeiterkategorien bestand. Damit versuchte das Unternehmen der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es auf die seiner unmittelbaren Kontrolle entzogenen Facharbeiter als Stützen der Betriebsdisziplin kaum mehr setzen konnte. Die Ideologie der Professionalität und des Berufsstolzes hatte sich bei ihnen in der Tat in den Schützengräben enorm gelockert. Hinzu kamen Arbeitsbedingungen, die sich von den vor dem Kriegsausbruch üblichen elementar unterschieden: ein ungeheures Durcheinander auf der Riesenbaustelle, auf der gleichzeitig rücksichtslos die Ammoniakanlage angefahren wurde; ein babylonisches Gewirr von Reklamierten in ihren Uniformen, kriegsgefangenen Franzosen und Russen – ebenfalls in ihren alten Uniformen; von Frauen, Jugendlichen und Hilfsdienstverpflichteten, und ein nicht weniger babylonisches Sprachengewirr; die Lockerung der Sexualmoral, da statt der Ehebetten jetzt allenfalls der Gang in die Frauenbaracken zu absolvieren war; und nicht zuletzt die Tatsache, dass der Versuch der Manager und der Militärbehörden immer wieder scheiterte, die Arbeiter, die zu über zwei Dritteln in den Leuna-Barackenkolonien vegetierten, in genauer Entsprechung der Ausbeutungshierarchie getrennt zu kasernieren. So stellten sich denn auch gerade die Barackenlager alsbald als Hochburgen immer neuer Arbeiterrevolten heraus, (…). Mithin war von der Behäbigkeit und der reformistisch-provinziellen Bedachtsamkeit einer professionell beherrschten Arbeiterbewegung in Leuna von Anfang an nicht allzu viel zu spüren. (…) Die Produktion von synthetischem Ammoniak war Funktion einer weit verzweigten, verfahrenstechnisch organisierten und in sich geschlossenen Maschinerie, die einen enormen Aufwand an konstantem Kapital fixierte; sie war der Beeinflussung durch die lebendige Arbeit weitgehend entzogen. Die äußeren Umstände: das Chaos und der Dreck der Baustelle, die massenhafte Kasernierung, die soziale Entwurzelung der Mehrheit des Gesamtarbeiters, taten das ihre dazu, um eine am Produktionsablauf fixierte Arbeitsideologie und Selbstbescheidung der Proletarier gar nicht erst aufkommen zu lassen. Den Kapitalisten blieb nichts anderes übrig, als die Arbeitsmoral von außen her zu stabilisieren: durch die Bewachungseinheiten der Magdeburger Militärverwaltung und durch einen Werkschutz, der das Kommando über die deutschen Reklamierten und die Kriegsgefangenen ergänzte und gewaltsam zusammenfasste. Es ist kein Zufall, dass gerade die Leuna-Arbeiterklasse sich alsbald als zentraler Motor eines qualitativ neuartigen Zyklus von Arbeiterkämpfen entpuppt…“ (Ebenda, S. 51-54.)
An Hand der Ausführungen von Karl-Heinz Roth sehen wir deutlich, dass der Krieg ein mächtiger Motor der wachsenden Konzentration und Zentralisation des Kapitals war und besonders das KleinbürgerInnentum stark beutelte und proletarisierte. Auf diese Weise löst der Kapitalismus seine Profitproduktions- und Profitrealisationskrisen. Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass der Krieg, als er länger andauerte, die soziale Krise innerhalb der bürgerlichen Gesellschaft verschärfte, die zu wachsenden Klassenkämpfen führte. Sozialrevolutionäre ArbeiterInnen und Intellektuelle strebten danach, diese soziale Krise auf die Spitze zu treiben und sie durch die revolutionäre Aufhebung der bürgerlichen Gesellschaft zu lösen. Wenden wir uns nun der sozialen Krise und ihrem revolutionärem Lösungsversuch zu.
Die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung Deutschlands stellte sich während des Ersten Weltkrieges auf die Seite der deutschen Regierung. Die SPD stimmte im Reichstag für die Kriegskredite und die Gewerkschaften verzichteten während des imperialistischen Gemetzels auf Streiks. Und doch entwickelten sich am Ende des Ersten Weltkrieges wilde Massenstreiks ohne und gegen den Willen der Gewerkschaftsbürokratie. Die sozialen Subjekte dieser Massenstreiks waren JungarbeiterInnen und weibliche Arbeitskräfte, da die älteren und männlichen Arbeiter auf dem Schlachtfeld für das Kapital töteten und starben.
Die Integration der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung und die nationalistische Propaganda- und Ideologie-Produktion wirkte sich zuerst lähmend auf den proletarischen Klassenkampf von unten aus. Doch innerhalb und außerhalb der Sozialdemokratie und den Gewerkschaften begann sich eine Antikriegsopposition aus Intellektuellen (Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg, Otto Rühle, Anton Pannekoek, Franz Pfemfert…) und ArbeiterInnen (Gertrud Meyer, Oskar Hippe…) heraus zu entwickeln. Bis zum Sommer 1916 äußerte sich der proletarische und kleinbürgerliche Widerstand nur hin und wieder in Form von Protestaktionen auf der Straße gegen Versorgungsengpässe und örtlich bzw. betrieblich begrenzten Lohnstreiks. Am 1. Mai 1916 veranstaltete die radikalparteimarxistische Spartakusgruppe (Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg) in Berlin auf dem Potsdamer Platz eine Antikriegskundgebung mit einigen tausend TeilnehmerInnen. Die bürgerliche Klassenjustiz reagierte darauf mit der Verhaftung von Karl Liebknecht. Als Liebknecht vor Gericht gestellt wurde, reagierte das Proletariat der Berliner Rüstungsbetriebe beim ersten Gerichtstermin am 28. Juni 1916 mit einem eintägigen wilden Streik. 55 000 ArbeiterInnen legten sehr zur Überraschung der SPD- und Gewerkschaftsbonzen die Arbeit nieder, um die Solidarität mit Liebknecht gegen die bürgerliche Klassenjustiz und den imperialistischen Krieg zu demonstrieren. Auch in Stuttgart und Bremen kam es zu Solidaritätsdemonstrationen mit Liebknecht, während in Braunschweig sogar einige tausend ArbeiterInnen streikten. Der Impuls für den proletarischen Klassenkampf vom 28. Juni 1916 kam von der ArbeiterInnenbasis der Rüstungsbetriebe, wurde von den ehrenamtlichen und linksmarxistischen GewerkschaftsaktivistInnen (Revolutionäre Obleute) aufgegriffen und an die linkssozialdemokratische Parteiopposition – einschließlich der Spartakusgruppe – herangetragen. So organisierte durch den Druck der proletarischen Basis der relativ radikale Flügel der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung die Streiks und Demonstrationen als tatkräftige Solidarität mit Liebknecht. Die bürgerliche Klassenjustiz reagierte auf diesen proletarischen Klassenkampf – besonders in Berlin – mit äußerster Härte. Viele streikende ArbeiterInnen wurden strafweise zur Armee einberufen und 29 linkssozialdemokratische PolitikerInnen – unter ihnen auch Rosa Luxemburg – wurden eingesperrt.
Doch die Repression konnte nicht verhindern, dass es im April 1917 abermals zu einer enormen Zuspitzung des Klassenkampfes kam. Denn der imperialistische Krieg wurde auch auf Kosten des Konsums der proletarischen und kleinbürgerlichen Bevölkerung geführt. Diese hatte immer größere Schwierigkeiten sich Lebensmittel, Heizmaterial und andere Konsumgüter zu besorgen. Es wurden Lebensmittelkarten eingeführt, da teilweise nur etwa 50 Prozent der notwendigen Rationen in die Geschäfte kamen. Die ProletarierInnen und KleinbürgerInnen mussten oft stundenlang – manchmal in Schlangen, die aus Tausenden von Menschen bestanden – nach Lebensmitteln anstehen. Die hundsmiserable Lebensmittelversorgung wurde durch die schlechte Kartoffelernte im Herbst 1916 noch übler. Die Kohlrübe wurde zum Hauptnahrungsmittel, während Brot wegen Getreidemangel mit Stroh gestreckt wurde. Die biosoziale Reproduktion wurde also zu einem ultraharten Überlebenskampf, die soziale Wut wurde größer als die Angst vor Repression. So kam es zu „Butterkrawallen“ und Geschäftsplünderungen durch das hungernde Proletariat und KleinbürgerInnentum.
Als am 15. April 1917 das politische Personal der Bourgeoisie eine Senkung der Brotration ankündigte, reagierte das Berliner Proletariat mit Massenstreiks, an denen noch mehr ArbeiterInnen als im Juni 1916 aktiv teilnahmen. Vom 16. bis 18. April legten in Berlin über 200 000 ProletarierInnen die Arbeit nieder und marschierten teilweise in Demonstrationszügen in Richtung Innenstadt. Doch noch stand das Berliner Proletariat enorm unter dem ideologischen Einfluss der Gewerkschaftsbürokratie. So erreichten die Gewerkschaftsbonzen, dass sich die Streikenden auf Forderungen zur Verbesserung der Lebensmittelversorgung beschränkten. Dadurch gelang es den Gewerkschaftsbonzen und der Bourgeoisie mit ein paar Symbolen – Bildung von Kommissionen zur Lebensmittelversorgung – die Arbeitsniederlegung größtenteils zu beenden. Doch eine radikalisierte Minderheit des Berliner Proletariats setzte den Streik auch nach dem 18. April mit Forderungen nach einem Kriegsende ohne Annexionen und gegen die staatliche Repression fort. Die Militärbehörde ging ab dem 20. April 1917 gegen das klassenkämpferische Proletariat mit strafweisen Einberufungen an die Front vor. Tausende Streikende wurden in das imperialistische Blutbad getaucht, um so ertränkt zu werden. Noch konnte die Bourgeoisie durch diese Methode den Klassenkampf des Proletariats eindämmen. Auch dieser Streik wurde wieder größtenteils durch die Revolutionären Obleute in den Metallbetrieben organisiert. Die Behörden versuchten, indem sie den führenden Mann der Revolutionären Obleute, Richard Müller, bereits vor den Aprilstreiks verhafteten und strafweise zum Militär schickten, das klassenkämpferische Proletariat zu enthaupten. Doch der Massenstreik vom April 1917 zeigte der Bourgeoisie deutlich, dass sie sich verrechnet hatte. Der Klassenkampf blieb im April 1917 nicht auf Berlin beschränkt. Auch in Leipzig legten 30 000 ProletarierInnen die Arbeit nieder, während in Magdeburg und Kiel jeweils 10 000 ArbeiterInnen streikten.
Im August 1917 entwickelten sich noch kleinere Streiks in Leipzig, Merseburg-Halle, Braunschweig und an anderen Orten, aber in der Hauptstadt blieb es ruhig. Im September 1917 veröffentlichte die internationale sozialdemokratische Linke, die so genannte „Zimmerwalder Linke“, ihren Aufruf zu einem internationalen Massenstreik gegen den Krieg. In Russland fegte die Oktoberrevolution von 1917 das demokratische Kerenski-Regime hinweg. Die politische Machteroberung der Bolschewiki war der Höhepunkt der antifeudal-antiprivatkapitalistischen Revolution und zugleich der Umschlagmoment in die staatskapitalistische Konterrevolution. Das Lenin/Trotzki-Regime verstaatlichte im Sommer 1918 die Großindustrie und zerschlug alle Ansätze der proletarischen Selbstorganisation, die sich in und mit den Klassenkämpfen gebildet hatten.
Im Januar/Februar 1918 entwickelten sich schließlich die größten wilden Massenstreiks während des Ersten Weltkrieges in Deutschland, obwohl die Bourgeoisie sowie ihre Hand- und Kopflanger alles taten, um den Klassenkampf einzudämmen, damit die Heimatfront als unerlässliche Bedingung für das Weiterführen des imperialistischen Krieges standhielt. So griffen die Behörden auch in den inneren Machtkampf zwischen KriegsgegnerInnen und KriegsbefürworterInnen innerhalb des Deutschen Metallarbeiterverbandes (DMV) in Berlin ein. Noch beherrschten die KriegsunterstützerInnen die Bürokratie des Berliner DMV. Die offenen Mietlinge der Bourgeoisie Adolf Cohen und Wilhelm Siering waren damals die Berliner Bezirksleiter des DMV. Damals hatten auch noch viele radikalisierte ArbeiterInnen Illusionen darin, dass durch einen Führungswechsel der grundsätzlich sozialreaktionäre Charakter von Gewerkschaften aufgehoben werden könnte. Durch die Verschärfung des Klassenkampfes wackelte der Stuhl der offensichtlichen Agenten der Bourgeoisie innerhalb des Proletariats. Ein Machtwechsel zugunsten der KriegsgegnerInnen innerhalb des DMV erschien möglich. Deshalb verhinderten die Militärbehörden nach den Streiks vom April 1917 in Berlin jegliche Verbandsversammlungen, um diesen Machtwechsel innerhalb der Gewerkschaftsbürokratie zu verhindern.
Richard Müller und Paul Blumenthal von den Revolutionären Obleuten wandten sich an die im April 1917 gegründete SPD-Abspaltung USPD – der auch die Spartakusgruppe angehörte – um diese zu einem Streikaufruf zu bewegen. Die zögerliche USPD-Führung beschloss schließlich die Herausgabe eines Flugblattes, in dem die ArbeiterInnenklasse zum Handeln aufgefordert wurde, aber das Wort Streik nicht vorkam. Doch die Revolutionären Obleute benutzten dieses USPD-Flugblatt nur als politischen Rahmen, in welchen sie die Massenstreiks von Januar/Februar 1918 vorbereiteten. Sie waren halt noch zu sehr in der Tradition der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung gefangen, deren radikalen Flügel sie bildeten.
Die auf diese Weise vorbereteten Massenstreiks entwickelten sich in Berlin am 28. Januar 1918. 400 000 ProletarierInnen produzierten keinen Mehrwert und auch keine Zerstörungsmittel für das imperialistische Blutvergießen mehr, sondern legten die Arbeit nieder, um ein Ende des Krieges ohne Annexionen zu fordern. Die Streikbetriebe entsandten pro 1000 Beschäftige einen Delegierten, sodass am 28. Januar im Gewerkschaftshaus 400 Delegierte zusammenkamen. Richard Müller – er war inzwischen von der Front zurückgekehrt – wurde von der Versammlung, die sich als „Arbeiterrat Groß-Berlin“ bezeichnete, zum Leiter gewählt. Dieser erklärte, dass dieser Streik ein politischer sei und deshalb die Berliner Ortsverwaltung der Gewerkschaft nicht die Führung dieser Arbeitsniederlegung übernehmen könne. Er wollte damit die politische Verantwortung an die sozialdemokratischen Parteien SPD und USPD delegieren, was ihm auch gelang. Damit wurde die proletarische Selbstorganisation im Klassenkampf nicht unwesentlich verwässert. Müller war halt zu sehr in der Tradition der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung gefangen, von der er sich – im Gegensatz zu den rätekommunistischen ArbeiterInnen und Intellektuellen während der revolutionären Nachkriegskrise –auch später nicht befreien konnte.
So wurden in den Aktionsausschuss – die Führung des Streikes – neben einer Arbeiterin und zehn Arbeitern jeweils drei Vertreter von SPD und USPD entsandt. Dass die offen reaktionäre SPD-Führung Einfluss auf den proletarischen Klassenkampf nehmen konnte, verdankte sie auch Müller, der sich hartnäckig dafür einsetzte. Wir heutigen antipolitischen SozialrevolutionärInnen sind eindeutig der Meinung, dass in den Organen des selbstorganisierten Klassenkampfes kein Platz für PolitikerInnen ist – egal wie links sie sich auch gebärden mögen. Nun, ein solches antipolitisches Bewusstsein war selbst bei den damaligen RevolutionärInnen kaum vorhanden, weil die damaligen Erfahrungen mit linker Politik einfach noch nicht ausreichten. Dass also PolitikerInnen in das Organ des selbstorganisierten Klassenkampfes gewählt wurden, war nach den damaligen Gepflogenheiten eine Selbstverständlichkeit, aber die offen sozialreaktionäre SPD konnte erst ihre Politiker entsenden, nachdem Müller intervenierte. Das müssen wir eindeutig als eine sozialreaktionäre Tendenz von ihm kritisieren. So wurde der Konterrevolutionär Friedrich Ebert Mitglied der Streikleitung.

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https://swiderstand.blackblogs.org/2014/07/01/neue-broschuere-schriften-zum-klassenkampf-iii/feed/ 3
Vortrag bei der Literatrurmesse https://swiderstand.blackblogs.org/2013/11/08/vortrag-bei-der-literatrurmesse-2/ https://swiderstand.blackblogs.org/2013/11/08/vortrag-bei-der-literatrurmesse-2/#respond Fri, 08 Nov 2013 00:39:33 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=76 Wir veröffentlichen hier den Vortrag, den unser Genosse Nelke auf der Literaturmesse im Rahmen der Vorstellung der Broschüre „Der Kampf des jüdischen Proletariats (1900-1945)“ in Nürnberg, den 2. November 2013 gehalten hat.

Streik Israel
Mitarbeiter israelischer Fluggesellschaften protestieren gegen das Billigflugabkommen zwischen Israel und der EU AFP

Der Titel dieser Broschüre „Der Kampf des jüdischen Proletariats“ ist bewusst gewählt. Er macht deutlich, dass Juden im 20. Jahrhundert nicht nur Opfer waren, sondern auch selbstbewusste Subjekte des proletarischen Klassenkampfes. Die Broschüre zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus. Erstens wird in ihr nicht der Begriff „Antisemitismus“ benutzt, sondern der ältere Begriff „Antijudaismus“. Wir unterscheiden weiterhin zwischen religiösen und rassistischen Antijudaismus. Der „Antisemitismus“-Begriff wird von uns aus zwei Gründen verworfen. Erstens ist er ungenau. So sind die Juden und Jüdinnen nicht die einzigen Semiten, aber der Begriff „Antisemitismus“ umfasst nur die chauvinistische Feindseligkeit gegen Juden. Zweitens ist der Antisemitismusbegriff zu einer politischen Waffe zionistischer und prozionistischer Kräfte geworden. So gilt im bundesdeutschen Politmainstream bereits eine „unangemessene“ Kritik an Israel als „antisemitisch“. Wie viel Kritik an Israel angemessen ist, entscheiden dann die zionistischen und prozionistischen Kräfte. Die deutsche Bourgeoisie, also die demokratisch gewendete Bourgeoisie von Auschwitz, ist heutzutage fast hundertprozentig prozionistisch, so wie sie zwischen 1933 und 1945 fast hundertprozentig antijüdisch war. „Solidarität mit Israel!“ ist für die deutsche Bourgeoisie taktisch klug und eine gute Waschanlage, um sich vom Dreck und Blut ihrer faschistischen Vergangenheit reinzuwaschen. Doch inzwischen sind die Hände der demokratischen deutschen Bourgeoisie reichlich beschmiert mit neuem Dreck und neuem Blut, wozu auch die mordbübische Solidarität mit Israel gehört. Die so genannten „Antideutschen“ sind in dieser Frage der Lautsprecher der deutschen Bourgeoisie.
Wir SozialrevolutionärInnen üben an Israel und am Zionismus die einzig angemessene Kritik, die für uns möglich ist: Wir sind für die Zerschlagung des Staates Israel durch die soziale Revolution, so wie alle Nationalstaaten als Machtapparate des Kapitals vom Weltproletariat zerschlagen werden müssen, wenn es sich von Ausbeutung und Unterdrückung befreien will. Die soziale Revolution ist die Zerschlagung von Nationalstaaten, aber nicht deren Neugründung. Deshalb bekämpfen wir auch den palästinensischen Nationalismus konsequent antinational. Denn jede bürgerliche Nation ist die Zwangsgemeinschaft aus Kapital und Arbeit. Für Lohnabhängige ist der Staat somit die politische Verlängerung der kapitalistischen Fabrik. Nationale Befreiung reproduziert die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung des Proletariats. So werden jetzt die schwarzen ArbeiterInnen in Südafrika nicht mehr von den Bullen des Apartheit-Regimes massakriert, sondern von den Bullen des ANC-Regimes. Diese grundsätzliche antinationale Haltung ist eine weitere Besonderheit dieser Broschüre. Sie unterscheidet sich eindeutig vom nationalistischen Krampf, der auch von einem Großteil der kleinbürgerlichen politischen Linken produziert wird.
Bevor in der Broschüre der Kampf des jüdischen Proletariats im zaristischen Russland und im unabhängigen Zwischenkriegspolen beschrieben wird, stellen wir die so genannte „jüdische Frage“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar. Das alte Judentum stellte historisch ein vorindustriekapitalistisches Handelsvolk dar, dessen sozialökonomische Basis sich auch in der jüdischen Religion widerspiegelte, so ähnlich wie die materielle Lebensweise der christlichen Handelsbourgeoisie sich im Calvinismus ideologisch widerspiegelte. In der ständischen Gesellschaft des europäischen Feudalismus wurde der Charakter des Judentums als vorindustriekapitalistischem Handelsvolk verrechtlicht und zementiert. Die jüdische Religionsgemeinschaft hob sich durch ihre wachsende Isolation immer stärker von den von ihnen umgebenden Gesellschaften ab. Zwischen 1099 und 1291 wurde die jüdische Bevölkerung in Palästina durch Kreuzfahrer und Seldschuken dezimiert. Seit dem 13. Jahrhundert erfolgte die zwangsweise Ansiedlung in geschlossene Stadtviertel (Judengasse, Judenviertel, Judenquartier, Ghetto) Im feudalen Westeuropa waren die Juden im Mittelalter aus dem Wirtschaftsleben ausgeschlossen. Sie durften kein Land kaufen und wurden den Handwerkszünften ferngehalten. Da es den ChristInnen von der Kirche verboten war Zins für geliehenes Geld einzutreiben, betrieben die Juden auch im Auftrag und Interesse der Feudalherren und der Kirche Geldspekulationen. Zum „Dank“ wurden die Juden dann von der damaligen herrschenden Klasse zum Sündenbock für die Misswirtschaft gemacht. Das Herrschaftssystem wurde reingewaschen, indem auf den gierigen, „schmutzigen“ Juden hingewiesen wurde. Die Judenverfolgung hatte also auch schon damals einen rationalen, herrschaftssichernden Charakter.
Schon im jungen BürgerInnentum entwickelte sich ein zunehmender Konkurrenzkampf zwischen einheimischen StädterInnen und den Juden. In dem Maße, wie sich in den feudal-bürgerlichen Gesellschaften eine christliche Handelsbourgeoisie, welche auch den Geldhandel betrieb, entwickelte, konnten die Juden aus dem Handel verdrängt und vorübergehend vertrieben werden. Vorher nicht, weil das schwerwiegende sozialökonomische Folgen gehabt hätte. So wurden die Juden in den Jahren 1182, 1268 und 1306 aus Frankreich vertrieben. Die Juden wurden also als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk mit der Entwicklung einer christlichen Handelsbourgeoisie zunehmend verdrängt und nach Osteuropa vertrieben. Die Pest von 1348-51 wurde in ganz Europa zu einer barbarischen Judenverfolgung zum Anlass genommen. Sie forderte Zehntausende von Opfern und führte zu einer starken Auswanderung, besonders von Deutschland nach Polen.
Selbstverständlich gab es große Unterschiede zwischen dem feudalen und dem kapitalistischen Antijudaismus. Doch die ideologische Verknüpfung zwischen beiden schuf der Kirchenreformator und Judenhasser Luther. Luther war bekannt für seine Polemiken gegen den (jüdischen) Wucher. Der Herausgeber der Nazizeitung Der Stürmer, Julius Streicher, berief sich also nicht zu Unrecht vor dem internationalen Militärgerichtshof 1946 auch auf Luther.
Die Französische Revolution enthielt mit der verwirklichten rechtlichen Gleichheit bei sozialer Ungleichheit, bei der also ein Milliardär und ein Obdachloser beide das gleiche Recht haben, unter einer Brücke zu schlafen, auch die Möglichkeit der Integration des Judentums in den modernen Kapitalismus. Bei dieser Integration musste sich das alte Judentum als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk in die drei Hauptklassen der bürgerlichen Gesellschaft –Bourgeoisie, KleinbürgerInnentum und Proletariat – auflösen. Diese Integration fand auch mehr oder weniger stark ausgeprägt im Westeuropa des 19. Jahrhunderts statt. Der Antijudaismus behinderte diese Integration.
Diese weitgehende Assimilation war in Osteuropa auf Grund der sozialökonomischen Schwäche des dortigen Kapitalismus nicht möglich. Die in Osteuropa nichtmögliche Assimilation der Jüdinnen und Juden machte diese zum Hassobjekt einer feudal-kapitalistischen Sozialreaktion, besonders im zaristischen Russland und später im „unabhängigen“ Zwischenkriegspolen. Pogrom ist ein russisches Wort, das in die Weltkultur einging. In diesen Pogromen wurden jüdische Geschäfte geplündert, jüdische Frauen vergewaltigt und jüdische Menschen ermordet. Für den Zarismus war die Organisation von Pogromen auch ein Blitzableiter, um die soziale Wut der Bauern, die durch feudale Ausbeutung und durch Unterdrückung des zaristischen Staates geschürt wurde, auf die Juden zu lenken. Auch Dank antijüdischer Pogrome konnte sich der überlebte Zarismus noch bis 1917 halten.
Die Juden in Osteuropa waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wegen ihrer Nichtassimilation durch den ökonomisch noch zu schwachen Kapitalismus weitgehend auf die jüdische Kleinindustrie bzw. dem jüdischen Kleinhandel angewiesen – die immer weniger in der Lage waren, die Menschen zu ernähren und zunehmend von der großkapitalistischen Konkurrenz vernichtet wurde, was zu einer wachsenden Emigration osteuropäischer Jüdinnen und Juden führte. Das führte in Westeuropa bereits vor 1914, aber besonders zwischen den beiden Weltkriegen überwiegend im KleinbürgerInnentum zu einem massiven Anwachsen des Antijudaismus. Der Antijudaismus des 20. Jahrhunderts war nicht mehr vorwiegend religiös geprägt, sondern er wurde rassistisch. Aber nach wie vor war er an den negativen Geldfetischismus geknüpft. Dadurch wurde der Antijudaismus im 20. Jahrhundert zu einer bewusst-unbewussten Form der Sozialdemagogie, da im modernen Kapitalismus das zinstragende Kapital schon lange nicht mehr vorwiegend jüdisch war und ist. Unbewusst nennen wir diese antijüdische Sozialdemagogie insofern, weil den antijüdischen KleinbürgerInnen der sozialpsychologische Mechanismus des Antijudaismus nicht bewusst war –auch den hauptberuflichen DemagogInnen nicht. Alle Menschen sind im Kapitalismus gezwungenermaßen mehr oder weniger „geldgierig“, da in der alles andere dominierenden Ware-Geld-Beziehung das Geld das unmittelbare Tauschmittel ist, mit dem der stoffliche Reichtum der Gesellschaft eingetauscht werden kann und muss. Durch den Antijudaismus können nichtjüdische KleinbürgerInnen ihre eigene notwendigerweise existierende Geldgier auf „die Geldjuden“ projizieren.
Auch der fanatische und massenmörderische Judenhass der Nazis wurde unter anderem vom negativen Geldfetischismus genährt. Obwohl im damaligen Kapitalismus das Finanzkapital schon lange nicht mehr ausschließlich jüdisch war, wurde es von den Nazis in ihrer sozialen Demagogie so dargestellt und rassistisch begründet. Für die Nazis waren die Juden eine geldgierige Rasse.
Aber auch DemokratInnen betrieben im Westeuropa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine massive antijüdische Politik, die sich gegen die osteuropäisch-jüdische Emigration richtete. So beschloss zum Beispiel das britische Parlament im Jahre 1902 das Aliens Exclusion Bill.
Der jüdische Nationalismus, der Zionismus, mit dem Ziel in Palästina einen jüdischen Staat aufzubauen, war eine Reaktion des bürgerlichen Teils des Judentums auf dessen Nichtassimilation in Osteuropa und den wachsenden Antijudaismus in Westeuropa. Wie jeder bürgerliche Nationalismus, der sich noch keinen Staat schaffen konnte, strebte der Zionismus als Ideologie und Politik der jüdischen Bourgeoisie danach, das „eigene“ Kapital und die „eigene“ Arbeit erst noch ursprünglich zu einer nationalen Schicksalsgemeinschaft zu verschmelzen. Er war das Ziel der zionistischen Bourgeoisie das jüdische Proletariat selbstverantwortlich in einem „eigenen“ Staat auszubeuten. Damit war der Zionismus wie jeder Nationalismus objektiv der Hauptfeind des „eigenen“, in diesem Fall des jüdischen Proletariats, und für das Weltproletariat ein Feind unter vielen.
Wie jeder Nationalismus erzeugte der Zionismus den realen Schein und die Scheinrealität einer nationalen Schicksalsgemeinschaft, in diesem Fall zwischen jüdischer Bourgeoisie und jüdischem Proletariat. Der Zionismus hatte für den Weltkapitalismus die wichtige Funktion jüdische ArbeiterInnen überall auf der Welt von der Perspektive des gemeinsamen Klassenkampfes mit ihren nichtjüdischen KollegInnen abzulenken und das jüdische Proletariat für die Neugründung eines zionistischen Nationalstaates zu mobilisieren. Auch so genannte linke Strömungen im Zionismus, wie zum Beispiel die Hashomer Hatzair predigten vor dem nationalsozialistischen Massenmord an den europäischen Juden den jüdischen ArbeiterInnen in der kapitalistischen Welt, dass sie sich vom Klassenkampf fernhalten sollten – und auch vom aktiven Kampf gegen den Antijudaismus.
Durch die ideologische Offensive geistig total verwirrt, ist es bei einem nicht geringen Teil der kleinbürgerlichen politischen Linken in Deutschland Mode, den Zionismus gegen revolutionäre Kritik in Schutz zu nehmen. Er sei eine natürliche Reaktion auf den Antijudaismus. Das ist aufgrund der Tatsache, dass der Zionismus mit den schlimmsten Judenschlächtern systematisch paktierte, um seinen Judenstaat zu verwirklichen, eine sehr grobe Geschichtsfälschung. Der Zionismus trat manchmal in Worten gegen die rassistische Judenfeindschaft auf, aber in der Praxis wurde der erste durch den letzteren gestärkt. Der Judenhass diente den ZionistInnen als Beweis dafür, dass die Assimilation der jüdischen Bevölkerung in die bestehenden Staaten unmöglich wäre und deshalb ein besonderer jüdischer Staat gebraucht würde. So waren der „proletarische Internationalismus“ der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung und die bürgerliche Assimilation der jüdischen Bevölkerung in den westeuropäischen Nationalstaaten die beiden Hauptfeinde des Zionismus. Das sprachen die führenden ZionistInnen auch offen aus. So formulierte der ehemalige Präsident des Jüdischen Weltkongresses und der Zionistischen Weltorganisation, Nahum Goldmann: „Die Gefahr der Assimilation der jüdischen Gemeinschaft unter den Völkern, in deren Mitte sie leben, ist sehr viel ernster als die äußere Bedrohung durch den Antisemitismus.“ (Le Monde, 13.1.1966, zitiert nach Nathan Weinstock, Le sionisme contre israel, Paris 1966, S. 38.) Auch der Gründungsvater des Zionismus, Herzl, kämpfte nicht gegen den Antijudaismus, sondern predigte bereits 1895 die passive Anpassung an ihn, was dann später zum praktischen Programm des Zionismus wurde.
Die ZionistInnen stimmten vor der Staatsgründung Israels mit den Judenhassern darin überein, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland keine Deutschen, in Frankreich keine Franzosen usw. seien. Nun, als proletarische RevolutionärInnen fühlen wir uns auch nicht als Deutsche, Franzosen usw., sondern als Teil des globalen Proletariats, und wir bekämpfen sowohl die Integration von ProletarierInnen in den jeweiligen Nationalstaat, als auch die rassistische Ausgrenzung „ausländischer“ Klassengeschwister. Doch als der Zionismus als jüdischer Nationalismus in der Vergangenheit gegen die Assimilation der jüdischen Bevölkerung in die jeweiligen Nationalstaaten zu Felde zog, begünstigte er eindeutig den Antijudaismus. Ja, einige ZionistInnen paktierten offen mit den Judenhassern. Die Broschüre belegt eindeutig den grundsätzlich sozialreaktionären Charakter des Zionismus und dass dieser bereit war mit dem reaktionärsten Pack zusammenzuarbeiten, angefangen über den Zarismus, dem britischen Imperialismus und den italienischen Faschismus bis hin zu den deutschen Nazis.
Der faschistische Antijudaismus nahm, nachdem er von der deutschen Bourgeoisie 1933 an die politische Macht gebracht wurde, die relativ weitgehende Assimilation der deutschen Juden und Jüdinnen zurück und organisierte während des Zweiten Weltkrieges einen kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Juden. Im Gegensatz zur groß- und kleinbürgerlichen Ideologieproduktion, für die Auschwitz die Symbolisierung des unerklärlichen Bösen darstellt, erläutern wir in dieser Broschüre wie die faschistische Irrationalität, die am brutalsten am industriellen Massenmord an den europäischen Juden und Jüdinnen zum Ausdruck kommt, sich durchaus mit der Rationalität der Kapitalvermehrung verband und sowohl mit dem innerkapitalistischen Konkurrenzkampf als auch mit dem Klassenkampf von oben in enger Verbindung stand. So konnten sich deutsche „arische“ KapitalistInnen und KleinbürgerInnen bei der so genannten Arisierung der deutschen Wirtschaft jüdisches Kapital aneignen. Der faschistische Massenmord an den osteuropäischen Juden beendete auch deren Klassenkampf gegen den Antijudaismus.
Denn eine andere Folge der Nichtassimilation der Jüdinnen und Juden Osteuropas war neben der Entstehung des Zionismus die Herausbildung eines besonderen jüdischen Proletariats in Osteuropa, welches vor und während der russischen Revolution von 1905 oft militante Kämpfe gegen kapitalistische Ausbeutung, staatliche Unterdrückung und mörderischen Antijudaismus in Form der Pogrome führte. Besonders in jenen Gebieten Osteuropas, welche sich der russische Zarismus einverleibt hatte, lebte ein besonders großes und klassenkämpferisches jüdisches Proletariat. Dieses jüdische Proletariat lebte, arbeitete und kämpfte in einem Gebiet, das sich von Litauen im Norden bis zum Schwarzen Meer im Süden und von Polen im Westen bis nach Weißrussland und der Ukraine im Osten erstreckte. Den Kampf dieses Proletariats beschreiben wir in der Broschüre genauer.
Ein bürokratisch und ideologisch entfremdeter Ausdruck dieses jüdischen klassenkämpferischen Proletariats im zaristischen Russland und später im „unabhängigen“ Zwischenkriegspolen war die Existenz einer besonderen jüdischen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung, des Bundes. Wir kritisieren den Bund als eine sozialdemokratische Partei, die auf der einen Seite einen bürgerlich-bürokratischen Apparat und auf der anderen Seite eine proletarische Basis hervorbrachte, also die Klassenspaltung in den eigenen Reihen reproduzierte. Wir erkennen aber an, dass der Bund einen militanten Kampf gegen alle reaktionären Judenhasser führte: gegen den russischen Zarismus, gegen polnische Chauvinisten und gegen den deutschen Faschismus. Der Bund wurde jedoch auch immer jüdisch-nationaler im Verlauf seiner Entwicklung, was wir aus einer antinationalen Haltung heraus klar kritisieren. Auch muss beachtet werden dass auch jüdische Intellektuelle und ProletarierInnen Russlands und Polens außerhalb des Bundes in der russischen und polnischen ArbeiterInnenbewegung wirkten. Es ist bemerkenswert, dass die bekanntesten osteuropäisch-jüdischen Intellektuellen der internationalen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung, Rosa Luxemburg und Leo Trotzki, nicht Teil des Bundes waren. Das lehnten beide auf Grund ihres „proletarischen Internationalismus“ ab. Beide versuchten sich in die jeweiligen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegungen zu assimilieren. Aber beide blieben wegen ihrer Radikalität Außenseiter dieser institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung – und beide waren auch unfähig diese wirklich zu verlassen wie die rätekommunistischen ArbeiterInnen und Intellektuellen. So blieben Luxemburg und Trotzki der kleinbürgerlich-radikale Rand der institutionalisierten Arbeiterinnenbewegung, eines Apparates, der schließlich auch sie ausspuckte und blutig zermalmte.
Der „proletarische Internationalismus“ der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung, welcher natürlich von heutigen SozialrevolutionärInnen scharf dafür kritisiert werden muss, dass er nicht konsequent antinational war, wurde wegen ihrer Nichtintegration in die osteuropäischen Nationen besonders von osteuropäischen jüdischen ArbeiterInnen und Intellektuellen getragen. Bei diesen war der „proletarische Internationalismus“ eine relativ progressive sozialpsychologische Verarbeitung ihrer Nichtassimilation. Bürgerliche NationalistInnen projizierten ihren Hass auf die „vaterlandslosen Gesellen“ zunehmend auf das ganze Judentum. Auch Hitler gehörte zu ihnen. In seiner ersten „großen“ Rede vom 13. August 1920 teilte Hitler seinen ZuhörerInnen mit, dass er ein Judenfeind sei, weil „die Juden international sind, die Gleichheit aller Völker und die internationale Solidarität predigen, (und) es ihr Ziel ist, die Rassen zu entnationalisieren“ (siehe: E. Jäckel, Hitler als Ideologe, Calmann Levy 1973). Damit projizierte Hitler seinen Hass auf die jüdischen InternationalistInnen auf das gesamte Judentum, also auch auf Menschen, die sich in die jeweiligen bürgerlichen Nationalstaaten assimiliert hatten und sich auch in den jeweils herrschenden Nationalismus integriert hatten oder einem jüdischen Nationalismus (Zionismus) frönten. Der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden richtete sich auch gegen den proletarischen Internationalismus. Durch die Staatswerdung des Zionismus und dessen Dominanz im Judentum geriet auch die progressive Tradition jüdischer InternationalistInnen in Vergessenheit. Wir verteidigen kritisch das progressive Erbe der jüdischen InternationalistInnen gegen Antijudaismus und Zionismus.
Nein, die Nazis haben die Ideologie vom „jüdischen Bolschewismus nicht erfunden. Die Führung der deutschen Sozialdemokratie ließ am 15. Januar 1919 Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg durch die Freikorps ermorden. Als ideologische Vorbereitung dieses Mordes veröffentlichte die sozialdemokratische Zeitung Vorwärts am 12. Januar 1919 ein antikommunistisches, rassistisches und antijüdisches Gedicht, in dem die Ideologie vom „jüdischen Bolschewismus“ hochgekocht wurde, indem die beiden bolschewistischen Funktionäre Trotzki und Radek bei ihren kaum bekannten jüdischen Namen benannt wurden: „Ich sah der Massen mörderischer Streife,/ sie folgten Karl, dem blinden Hödur nach,/ sie tanzten nach des Rattenfängers Pfeife,/ die ihnen heuchlerisch die Welt versprach./ Sie knieten hin vor blutigen Idolen,/ bauchrutschend vor der Menschheit Spott und Hohn,/ vor Russlands Asiaten und Mongolen,/ vor Braunstein (Trotzki), Luxemburg und Sobelsohn (Radek)./ O, kehret um ihr aufgehetzten Horden!/ Ihr ruft nach Freiheit, nur um sie zu morden.“ (Vorwärts Nr. 34, 12.1.1919.) Die deutsche Sozialdemokratie als Wegbereiterin des faschistischen Antijudaismus!
Viele jüdische RevolutionärInnen fielen der kapitalistischen Konterrevolution und dem deutschen Faschismus als deren ultrafanatischen Höhepunkt zum Opfer. Ihnen haben wir unsere Broschüre gewidmet. Ihr Kampf gegen Kapitalismus, Antijudaismus und Zionismus ist auch unser Kampf. Nieder mit dem Bündnis aus deutscher Bourgeoisie und dem zionistischen Regime Israels! Hoch, die antinationale Solidarität!

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Die imperialistische Rolle der USA während des zweiten Weltkriegs https://swiderstand.blackblogs.org/2013/05/09/die-imperialistische-rolle-der-usa-waehrend-des-zweiten-weltkriegs/ https://swiderstand.blackblogs.org/2013/05/09/die-imperialistische-rolle-der-usa-waehrend-des-zweiten-weltkriegs/#respond Wed, 08 May 2013 22:07:24 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=60 Wir veröffentlichen hier einen Auszug aus der Broschüre „Drei Kräfte gegen das Proletariat: Der Staat, die Nazis und der Antifaschismus“ über die sogenannten „Antideutschen“. Die Broschüre könnt Ihr für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

In den demokratischen USA wurde die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung nicht zerschlagen. Dort spielten die Gewerkschaften und die moskauhörige Kommunistische Partei während des Zweiten Weltkrieges eine wichtige Rolle, um die ArbeiterInnen ruhig zu halten. Sie übernahmen dadurch eine sehr wichtige Funktion in der Organisation des imperialistischen Gemetzels. Die Neugründung des Gewerkschaftsdachverbandes CIO im Konkurrenz zum Altverband AFL in den 1930er Jahren stehen im engen Zusammenhang mit der Organisation einer effektiveren Kontrolle von Kapital und Staat über die amerikanischen ArbeiterInnen vor und während des imperialistischen Gemetzels.
Betrachten wir die Neugründung der CIO daher etwas genauer. Während des Ersten Weltkrieges wuchs die amerikanische Industrie gewaltig, was vorwiegend eine Folge der Rüstung und des Krieges war. In der Nachkriegszeit profitierte die US-Bourgeoisie von der Schwächung ihrer europäischen Konkurrenz durch Krieg und revolutionäre Nachkriegskrise. Auch die technische Entwicklung war zwischen den beiden Weltkriegen gewaltig. Die Kosten für Produktionsmittel stiegen absolut und relativ zu den Lohnkosten an, was einen nicht unerheblichen Druck auf die Profitrate ausübte. Dies musste und konnte nur durch eine wachsende Ausbeutungsrate der Lohnarbeit ausgeglichen werden. Besonders der sozialökonomische Widerstand in Form von Streiks musste auf ein Minimum gesenkt werden, gerade auch deshalb, weil jeder funktionslose Stillstand der Maschinen zu einem gewaltigen Kostendruck für die KapitalistInnen und ihre ManagerInnen führte.
Neben der gestiegene Arbeitsproduktivität und der absolut und relativ zu den Lohnkosten wachsende Kosten der Produktionsmittel spielte auch die neue Arbeitsorganisation eine wichtige Rolle bei der Neuorganisation des kapitalistischen Produktionsprozesses. Fließbandarbeit wurde zur massenhaften Erscheinung, besonders in der Automobilproduktion. Die FließbandarbeiterInnen waren zum größten Teil unqualifizierte MassenarbeiterInnen. Sie waren also billiger als qualifizierte FacharbeiterInnen. Allerdings war die Fließbandproduktion ein sehr empfindliches System der Arbeitsteilung. Jeder Stillstand eines Bandabschnittes konnte eine ganze Fabrik lahm legen. Das gab den unqualifizierten ArbeiterInnen eine günstige Ausgangsposition im Klassenkampf.
Die MassenfließbandarbeiterInnen wurden vom Gewerkschaftsdachverband AFL weitgehend ignoriert, dieser organisierte in erster Linie qualifizierte FacharbeiterInnen. Das bedeutete, dass die meisten FließbandarbeiterInnen, denen es durch die auf extreme Arbeitsteilung beruhende Organisation der Produktion, relativ leicht war, eine ganze Fabrik lahm zu legen, nicht durch eine Gewerkschaft im Interesse des Kapitals desorganisiert und diszipliniert wurden. Dies hatte Folgen: Die Zahl der von den Gewerkschaften organisierten Streiks fiel immer stärker gegenüber der Zahl von Streiks, die von den ArbeiterInnen selbst und ohne die Gewerkschaften – also wild – organisiert wurden, bis im Jahre 1933 die Gewerkschaften nur noch die Hälfte aller Streiks kontrollierten. Die unqualifizierten FließbandarbeiterInnen mussten also an die Gewerkschaftskette gelegt werden!
Doch die AFL war ein zu verknöcherter Gewerkschaftsverband und mit seiner starren Fixierung auf FacharbeiterInnen für die Organisierung unqualifizierter FließbandarbeiterInnen ungeeignet. Nötig war also ein neuer Gewerkschaftsdachverband. Die US-Regierung unter Roosevelt und einige weitsichtige KapitalistInnen und ManagerInnen spürten dank scharfen bürgerlichen Klasseninstinkts diese Notwendigkeit. So hatte schon im Jahre 1926 der Präsident von General Electirc, Gerard Swope, versucht den AFL-Boss William Green davon zu überzeugen, eine nationale Industriearbeitergewerkschaft der Elektrizitätsarbeiter zu gründen. Er stieß jedoch auf taube Ohren, da in der AFL mehr Fachverbände als Industriegewerkschaften organisiert waren – wieder ein Anzeichen für den verknöchernden Konservativismus der AFL. Mensch lasse sich die Geschichte auf der Zunge zergehen. Ein Kapitalstratege schlägt einen „ArbeiterInnenvertreter“ die Gründung einer Gewerkschaft in seinem Operationsbereich vor, und der Gewerkschaftler lehnt ab! Für den materialistischen Gewerkschaftskritiker eine feine Ironie der Geschichte, für marxistische GewerkschaftsideologInnen allerdings nur schwer erklärbar.
Eben jener General-Electric-Boss Swope erkannte auch, dass in der Ära der Fließbandproduktion es die Produktivität „unannehmbar beeinträchtigt, falls der Großteil unserer Beschäftigten in verschiedenen und miteinander konkurrierender Gewerkschaften organisiert wären“. (Zitiert nach Die Gründung der CIO: Ein Triumph der Bourgeoisie, in: Internationale Kommunistische Strömung, Die Gewerkschaften gegen die Arbeiterklasse, S. 26.) Aber nicht nur die klarsichtigen ManagerInnen des Kapitals erkannten, dass die Zeit der halbzünftlerischen Fachverbände vorbei war und dass die Neuorganisation des kapitalistischen Produktionsprozesses auch eine neue Gewerkschaftsorganisation erforderte, nämlich die Industriegewerkschaft, die auch un- und wenigqualifizierte ArbeiterInnen im Interesse des Kapitals desorganisieren konnte. Diese Erkenntnis hatte sich zum Beispiel auch bei Sidney Hillmann, dem Vorsitzenden der Vereinigten Textilarbeiter, eine der wenigen Industriegewerkschaften in der AFL, durchgesetzt. Hillmann war gegen berufsmäßig organisierte Fachverbände, da diese „keine Möglichkeit des verantwortlichen Handelns im Verhältnis zwischen Arbeitnehmerseite und dem Management“ bieten würden. (Zitiert nach Die Gründung der CIO: Ein Triumph der Bourgeoisie, a.a.O.) Hillmann wurde dann auch einer der Gründer der CIO. Er trommelte unermüdlich für Industriegewerkschaften, da diese sicherstellen könnten, dass nach einem abgeschlossenen Tarifvertrag „jeder Beschäftigte sich für eine umfassende Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber im Interesse der wirkungsvollen Leitung der Industrie einsetzen würde“.
Die weitsichtigsten KapitalmanagerInnen und Gewerkschaftsbonzen setzten sich also für Industriegewerkschaften als wirksamer Kontrolle der ArbeiterInnen ein. Der US-Staat unter Roosevelt, also der ideelle amerikanische Gesamtkapitalist, verwandelte diese klarsichtige Strategie in Gesetze. Es war die Zeit des New Deal, eines bis dahin in den USA unbekannten starken Staatsdirigismus und staatlicher Einmischung in die kapitalistische Warenproduktion, der nichts anderes als ein besonderer nationaler Ausdruck der damaligen internationalen Tendenz zum Staatsinterventionismus war. Im Gegensatz zum totalitären sowjetischen Staatskapitalismus, ruhte der New Deal doch auf der Anerkennung des Privateigentums an Produktionsmitteln. Er war eine staatsdirigistische Tendenz innerhalb des Privatkapitalismus, ähnlich dem Nationalsozialismus in Deutschland, allerdings bei Aufrechterhaltung der politischen Demokratie. Dieser New Deal war eine Antwort auf die soziale Krise (starke Arbeitslosigkeit) im Anschluss an die Weltwirtschaftskrise von 1929, der durch staatliche Beschäftigungsprogramme die Gefahr einer sozialen Revolution bekämpfen sollte. Außerdem war der US-amerikanische Staatsinterventionismus eine Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg, der zu einer noch stärkeren Verschmelzung zwischen Privatkapital und Staat führte.
Auch der staatliche Einsatz für Industriegewerkschaften in Konkurrenz zu den halbzünftlerischen Berufsverbänden wurde zu einer Erscheinung des New Deal. So hieß es in Roosevelts Gesetz zum Nationalen Wiederaufbau der Industrie (NIRA): „Arbeitnehmer sollen das Recht haben, sich zu organisieren und gemeinsam mittels der durch sie selbst gewählten Vertreter zu verhandeln, und sie sollen nicht durch Einwirkungen, Beschränkungen, Zwangsausübung durch ihre Arbeitgeber oder deren Kräfte bei der Bestimmung dieser Vertreter eingeschränkt werden.“ (Ebenda)
Die Industriegewerkschaften wurden in die staatsinterventionistische Wiederaufbauverwaltung (NRA) integriert. Diese NRA war nichts anderes als eine Verwirklichung einer Idee des uns bereits bekannten Manager Swope. Sie war die unter staatlicher Aufsicht durchgeführte Kartellelisierung der nationalen Industrie und fand ihre Krönung im „Nationalen Wirtschaftsrat“, der „die Produktion und den Verbrauch koordinieren“ sollte. Mit Hilfe dieser staatlichen Zentralisierung konnte Roosevelt stärker gegen sich widersetzende Einzelkapitale vorgehen, welche den Ansprüchen des US-Imperialismus am Vorabend des Zweiten Weltkrieges nicht freiwillig entsprechen wollten. Die Industriegewerkschaften wurden zu einem Werkzeug des US-Imperialismus. Die Werber von John L. Lewis‘ United Mine Workers (UMW, Bergarbeitergewerkschaft) traten folgendermaßen gegenüber den ArbeiterInnen auf: „Der Präsident Roosevelt will, dass ihr euch organisiert, es ist unpatriotisch sich zu weigern, sich zu organisieren.“ In Atlanta sangen die UMW-Werber das sehr patriotische Lied: „In nineteen hundred an‘ thirty-three, When Mr. Roosevelt took his seat, He said to President John L. Lewis, “In union we must be”.” (Ebenda.)
Zur Beilegung von Arbeitskonflikten wurde der National Labour Board geschaffen, welcher der Wiederaufbauverwaltung (NRA) unterstellt wurde. Jene Industriegewerkschaft, in welcher die Mehrheit der ArbeiterInnen einer Fabrik organisiert waren, sollte die alleinige und ausschließliche „Interessenvertreterin“ aller ArbeiterInnen dieser Fabrik werden. Im National Labour Board saßen der unverzichtbare Swope und C. Teagle, Präsident der Standard Oil von New Jersey. Die Gründung von neuen Industriegewerkschaften war also das Gemeinschaftswerk von den klarsichtigsten Vertretern des Privatkapitals, des Staates und jener Gewerkschaftsbonzen, welche gegenüber der konservativen AFL eine zeitgemäße aber genauso staatstragende und kapitalismusfreundliche Alternative schaffen wollten.
Der Ausbruch einer vorwiegend spontanen Streikwelle des Jahres 1934 gab den Befürwortern der neuen Industriegewerkschaft bei Kapital und „ArbeiterInnenvertreterInnen“ noch ein zusätzliches Argument in die Hand. John L. Lewis der Vorsitzende der United Mine Workers (UMW): „Man kann sich vorstellen, dass, wenn die gefährliche Lage anhält, sich nicht nur das „Klassenbewusstsein“ entwickelt, sondern auch die Möglichkeit einer Revolution. Aber das kann vermieden werden. Die Arbeitgeber unternehmen nicht viel, um das zu verhindern. Aber die United Mine Workers tun alles in ihrer Macht stehende, um das System funktions- und lebensfähig zu halten, und um dies somit zu vermeiden.“ (Ebenda, S. 27.) Die Industriegewerkschaft als konterrevolutionäres Bollwerk.
Nur konservative Teile der herrschenden Klassen konnten diese wichtige Funktion der Gewerkschaften nicht verstehen. Gegen diese rückwärtsgewandte Fraktion der Bourgeoisie setzte der Staat als ideeller Gesamtkapitalist die Industriegewerkschaften durch. Die staatlichen Instrumente dazu wurde der National Labour Relaitions Board (NLRB), der Nachfolger des NLB, und das Wagner-Gesetz, welcher der Behörde mehr bürokratische Macht gegenüber widerständigen Teilen der herrschenden kapitalistischen Klasse gab. Der NLRB-Boss begründete die Gründung und Durchsetzung von Industriegewerkschaften als eine „Sicherheitsmaßnahme, weil ich die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterschaft in diesem Lande als unser Hauptbollwerk gegen den Kommunismus und andere revolutionäre Bewegungen betrachte.“ (Ebenda.) Der Staat sorgte also für die Durchsetzung der Industriegewerkschaften im Kampf gegen konservative Kräfte innerhalb der KapitalistInnen und ManagerInnen.
Den gleichen Kampf mussten „moderne“ Gewerkschaftsbonzen gegen die Dinosaurier der Gewerkschaftsbewegung führen. Nach dreijährigem bürokratischem Konkurrenzkampf ab 1936 wurde im Oktober 1938 der CIO als Dachverband der neuen Industriegewerkschaften geschaffen. Damalige LinkskommunistInnen analysierten, dass die Spaltung der amerikanischen Gewerkschaftsbewegung entstanden ist „aus einem Konflikt zwischen zwei Bürokratien über die Wahl der Anpassung der Methode an das neue kapitalistische Programm; ein Konflikt, in dem die AFL sicherlich den „Ballast“ darstellte… Lewis, der eine opportunistischere und weniger konservative Haltung als die alten Knacker der AFL hatte, begriff, das neue Methoden der Klassenzusammenarbeit in dem Zeitraum des dekadenten Kapitalismus erforderlich waren.“ (Communisme, Nr. 3, 15. 6. 1937.) Wenn mensch mal vom Durchschimmern der dogmatischen „Dekadenz“-Ideologie mal absieht, die fälschlicherweise davon ausgeht, dass der globale Kapitalismus ab 1914 dekadent sei, können wir dieser Analyse zustimmen.
Als die USA dann in den Zweiten Weltkrieg eintrat, befanden sich dann nicht nur die FacharbeiterInnen, sondern auch unqualifizierte ProletarierInnen unter Gewerkschaftskontrolle. Doch nicht nur die beiden Gewerkschaftsdachverbände AFL und CIO leisteten den US-Imperialismus wichtige Dienste, auch die stalinistische KP der USA tat alles, um die ArbeiterInnen vom Klassenkampf abzuhalten. Red Devil schrieb über die reaktionäre Rolle der institutionalisierten amerikanischen ArbeiterInnenbewegung während des Zweiten Weltkrieges: „Als die USA in den Krieg eintraten, plädierten die Führer der amerikanischen Gewerkschaften AFL und CIO dafür, dass während des Krieges keine Streiks und Arbeitsniederlegungen stattfinden sollten. Sie übernahmen damals die Funktion, die sie auch heute noch innehaben: Sie disziplinierten die Arbeiterklasse und erhielten die Produktion aufrecht. „Die Produktion zu unterbrechen bedeutet der Nation ins Herz zu stoßen“, verkündete die AFL; die CIO erklärte, sie werde „ihre Anstrengungen verdoppeln, um eine ständig steigende Produktionssteigerung zu garantieren.“ Im Radio rief die CIO die Arbeiterklasse gemäß den Erfordernissen des amerikanischen Kapitals dazu auf: „Arbeiten! Arbeiten! Arbeiten! Produzieren! Produzieren! Produzieren!“ Gerade die Gewerkschaften unter kommunistischer Führung trieben diese Politik am weitesten. „Gewerkschaften, die einst eine kompromisslose Haltung gegenüber den Unternehmern eingenommen haben, zeigen sich jetzt versöhnlicher … sie sind die eifrigsten Verfechter der Kooperation zwischen Kapital und Arbeiterklasse.“ (Business Week, 18. März 1944; siehe hierzu Jeremy Brecher, Streiks und Arbeiterrevolten. Amerikanische Arbeiterbewegung 1877 – 1970, S.193 ff.)
Der Verzicht auf den Klassenkampf und der Schwenk auf einen klassenversöhnlerischen Kurs (im Sinne der „Volksfront-Politik) geschah mit Verweis auf den Krieg gegen den „gemeinsamen Gegner“ (Bereits Mitte der 30er hatte die KP verschiedene Organisationen wie die „American Youth for democracy“, etc. initiiert und 1936 war aus dem Kopf der Zeitung der KP, dem „Daily Worker“, Hammer und Sichel entfernt worden.). Eine „National War Labor Board“, bestehend aus Vertretern des Kapitals, der Regierung und der Gewerkschaften, wurde gegründet und regelte die Auseinandersetzungen in der Arbeitswelt. Die Löhne wurden im Interesse „ökonomischer Stabilität“ auf dem Niveau vom 15. September 1942 eingefroren. Die Kritik der Arbeiterklasse an der zunehmenden Ausbeutung und Disziplinierung führte zu wilden Streiks, welche mit Gewerkschaftsführungen konfrontiert waren, welche alles ihnen Mögliche unternahmen, um diese zu beenden und den „sozialen Frieden“ wieder herzustellen.“ (Red Devil, Auschwitz als Alibi. Kritik des bürgerlichen Antifaschismus, Bibliothek des Widerstandes, Lübeck 2001, S. 61.)
Fazit: ProletarierInnen müssen sich gegen Nazis und DemokratInnen verteidigen. Doch die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung verteidigt die Demokratie – konsequent gegen das Proletariat und inkonsequent gegen die Nazis. Damit hilft sie das Proletariat gegenüber Demokratie und Nazis zu entwaffnen. Dass sich die politische Linke mit ihrer prodemokratischen Haltung selbst entwaffnet, ist für proletarische und intellektuelle RevolutionärInnen eher zweitrangig. Dieser Fakt, dass die politische Linke mit ihrem demokratischen Untertanenbewusstsein nicht nur die Niederlagen des Proletariats organisiert, sondern sich selbst schutzlos der Repression von Kapital und Staat ausliefert, kann aber helfen, dass im und durch den Klassenkampf radikalisierte ProletarierInnen wach werden und mit der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung brechen.

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Neue Broschüre: Drei Kräfte gegen das Proletariat: Der Staat, die Nazis und der Antifaschismus https://swiderstand.blackblogs.org/2012/02/29/neue-broschuere-drei-kraefte-gegen-das-proletariat-der-staat-die-nazis-und-der-antifaschismus/ https://swiderstand.blackblogs.org/2012/02/29/neue-broschuere-drei-kraefte-gegen-das-proletariat-der-staat-die-nazis-und-der-antifaschismus/#comments Wed, 29 Feb 2012 19:10:27 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=25 Die geplante Broschüre „Drei Kräfte gegen das Proletariat: Der Staat, die Nazis und der Antifaschismus“ (ca. 106 Seiten) von Soziale Befreiung ist nun erschienen. Die Broschüre könnt Ihr für 5-€ (inkl. Porto) hier über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

1. Der demokratische Staat hält sich ein paar Hausnazi

2. Die Nazis als rechter Flügel der bürgerlichen Politik

3. Der Antifaschismus als linker Flügel der bürgerlichen Politik

4. Nazis und AntifaschistInnen im Dienst der Demokratie

5. Institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung und proletarischer Klassenkampf in Demokratie und Faschismus

6. Der Kampf gegen den Kapitalismus

Kapitel 1. Der demokratische Staat hält sich ein paar Hausnazi

Ende 2011 offenbarte sich nach und nach die Zusammenarbeit von Teilen des demokratischen Staatsapparates mit den neofaschistischen TerroristInnen vom Nationalsozialistischen Untergrund (NSU). Im Mittelpunkt dieser Naziterrororganisation stand das Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe. Doch Bodo Ramelow, Vorsitzender der Thüringer Linksfraktion, ging in einem Interview mit der jW vom 24. Dezember (2011) von „etwa 20 mehr oder minder aktiven Personen in der NSU-Zelle“ aus, die wiederum von rund 140 Personen aus dem Nazimilieu deutschlandweit getragen worden sind“. Auffällig lang waren die Zeiträume zwischen der Veröffentlichung der Namen mutmaßlicher Terrorhelfer, die die Bundesanwaltschaft nach der Aufdeckung der „Zwickauer Zelle“ als Verdächtige oder Beschuldigte führte, und polizeilichen Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen und Festnahmen. Dazwischen vergingen mitunter Tage und Wochen.“ (Markus Bernhardt, Offensichtliche Kumpanei, in der jungen Welt vom 30. Dezember 2011.)
Schon bevor das Neonazitrio in den Nationalsozialistischen Untergrund ging, war es unter relativ guter demokratischer Kontrolle. Begonnen hatten Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe ihre faschistische Aktivität im Thüringer Heimatschutz (THS), welche von deutschen GeheimdienstlerInnen an der langen Leine geführt wurde. Nach Berichten der Berliner Zeitung und der Frankfurter Rundschau vom 16. Januar 2012 hatten deutsche Inlandsgeheimdienste mindestens fünf V-Leute und Informanten im THS. Während die Neonazis die schöne thüringische Heimat schützten, sorgten die Geheimdienste dafür, dass die Interessen der Demokratie innerhalb der Neonaziszene gewahrt blieben. Im Laufe dieser Broschüre werden wir noch ausführlicher beleuchten, dass die Interessen des demokratischen Staates nach Kontrolle der Einwanderung und der eingewanderten Menschen aus dem nichteuropäischen Ausland mit den Interessen der EmigrantInnen in der Regel nicht deckungsgleich sind – dafür aber manchmal die Interessen von Teilen des Staatsapparates mit denen von NeofaschistInnen. Schon bei der Durchsetzung des THS durch die Inlandsgeheimdienste kann von einer gelegentlichen demokratisch-neofaschistischen Kooperation ausgegangen werden.

Das Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hielt sich auf jeden Fall den führenden THS-Funktionär Tino Brandt als V-Mann. Dieser soll für seine Verdienste für die demokratische Verfassung zwischen 1994 und 2001 Honorare von insgesamt 200 000 D-Mark bekommen haben. Brandt riskierte auch ein ziemlich großes Maul und behauptete, er hätte mehr Informationen vom LfV abgeschöpft als geliefert. Nun ja, wir waren nicht dabei und können es nicht beurteilen. Aber es wird schon eine für beide Seiten gedeihliche Zusammenarbeit gegeben haben. Der damalige Chef des thüringischen Verfassungsschutz, Helmut Roewer, war den Nazis gegenüber doch recht aufgeschlossen. 1999 urteilte er öffentlich, dass der Nationalsozialismus „gute und auch schlechte Seiten“ gehabt habe. Naziorganisationen nannte er „unproblematische Gruppen“. In Thüringen konnten DemokratInnen so daherreden, ohne ihren Job zu verlieren. Denn schließlich herrscht in Deutschland Meinungsfreiheit. Seinen Job verlor der oberste Thüringer Schlapphut erst 2000 wegen anderer „Skandale“.

Als am 20. April 2000 ein Anschlag auf die jüdische Synagoge verübt wurde, ermittelte der thüringische Verfassungsschutz erstmal gegen „LinksextremistInnen“, die den Anschlag verübt hätten um einen „rechtsextremen Hintergrund“ vorzutäuschen. Mensch kann hier von einer vereinigten demokratisch-faschistischen Sozialreaktion sprechen.
Außer dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz sollen nach den Informationen von Frankfurter Rundschau und Berliner Zeitung auch das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der Militärische Abschirmdienst (MAD) und noch eine dritte Bundesbehörde ihre V-Leute und InformantInnen im Thüringer Heimatschutz gehabt haben.

Das Neonazitrio Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe ging im Februar 1998 in den Untergrund und bildete die Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Das wird mit großer Wahrscheinlichkeit mit Hilfe des Thüringer Heimatschutzes – also mit Wissen der in ihm tätigen Schlapphüte der verschiedenen Geheimdienste – geschehen sein. Zuvor hatten sie einen funktionsfähigen Sprengsatz in einem Koffer mit aufgesprühtem Hakenkreuz vor dem Jenaer Theater deponiert. Das Neonazitrio soll auch schon im Oktober 1996 „einen Puppentorso an einer Autobahnbrücke der A4 aufgehängt haben, der mit einem Judenstern und der Aufschrift „Bombe“ versehen war“. (Markus Bernhardt, Lügenkonstrukte, in der jungen Welt vom 14. November 2011, S. 3.)

Auch für ihre Taten vor 1998 wurden sie nicht zur Verantwortung gezogen. Glück? Ermittlungspannen? Oder damals schon Deckung durch Teile des Staatsapparates? Ende November 2011 „wurde bekannt, dass die drei Hauptverdächtigen 1998 kurz nach ihrem Untertauchen von Zielfahndern aufgespürt worden waren. Ein Sondereinsatzkommando der Polizei habe die Möglichkeit zum Zugriff gehabt, sei aber im letzten Moment zurückgepfiffen wurden, berichtete der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) am Freitag (den 18. November 2011) unter Berufung auf das Thüringer Landeskriminalamt. Demnach soll es nach dem abgebrochenen Zugriff massive Beschwerden von seiten der Einsatzkräfte gegeben haben.“ (Claudia Wangerin, Schutzschirm für Nazis, in der jungen Welt von 19/20. November 2011, S. 1.) Die Thüringer Neonazis zogen dann nach Sachsen, wo es ihnen auch nicht schlecht ging.

Der NSU ermordete zwischen 2000 und 2007 bundesweit neun Menschen mit griechischen und türkischen Migrationshintergrund und die Heilbronner Polizistin Michele Kiesewetter. Die MigrantInnen wurden alle am hellen Tag bei der Arbeit in kleinen Geschäften erschossen. Auch der 2004 in einer Kölner Einkaufstraße mit überwiegend arabischen und türkischen Geschäften verübte Nagelbombenanschlag soll der NSU verübt haben. Dabei wurden 22 Menschen verletzt. Kein ernstzunehmender Mensch kann glauben, dass es im demokratischen Bullenstaat Deutschland möglich ist ohne die Deckung von Teilen des Staatsapparates über 13 Jahre in den Untergrund zu gehen um dort auch noch zehn Morde zu begehen. Diese Deckung für den NSU übernahmen mit großer Wahrscheinlichkeit der bundesweite, der sächsische und der Thüringer Verfassungsschutz. Aber auch zumindest Teile des hessischen Verfassungsschutzes haben den NSU gedeckt und sind vielleicht sogar direkt in die rassistische Mordserie verwickelt.

Aber schön der Reihe nach. Nachdem Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe im Februar 1998 in den Untergrund gingen, leiteten das Thüringer Landeskriminalamt (LKA) und das Landesamt für Verfassungsschutz unabhängig voneinander Zielfahndungen ein. Dabei informierte der Thüringer Verfassungsschutz auch seinen V-Mann, den Neofaschisten Tino Brandt, über die Observationsmaßnahmen der Polizei. Es kann also davon ausgegangen werden, dass über diese Quelle auch der NSU über die polizeilichen Maßnahmen gegen ihn gut informiert war. Im Jahr 2000 erhielt Brandt auch nach offiziellen Angaben vom Thüringer Verfassungsschutz 2000 D-Mark, was er an das Neonazitrio weiterleiten sollte. Diese sollten sich von dem Geld gefälschte Pässe besorgen. Nach offiziellen Angaben soll dieser Plan jedoch an der Unzuverlässigkeit weiterer V-Leute gescheitert sein, die dieses Geld lieber für sich behielten. Diese offizielle Darstellung kann aber eine bewusste Fehlinformation sein. Das NSU kann also das Geld durchaus auch erhalten und damit dessen rassistischen Terror finanziert haben.

Nach der Frankfurter Rundschau vom 16. Januar 2012 soll ein Ermittlungsbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz offen legen, dass die Vertrauensperson des Militärischen Abschirmdienstes im Thüringer Heimatschutz kurz nach dem Abtauchen von Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe deren Aufenthalt an die MAD-Außenstelle in Leipzig gemeldet habe. Am 16. Januar 2012 hieß es dazu aus dem Verteidigungsministerium, man habe damals mögliche Verbindungen zwischen BundeswehrsoldatInnen und der Naziszene aufspüren wollen. Doch die Erkenntnisse des Militärischen Abschirmdienstes führten nicht zur Ergreifung des Neonazitrios und der staatsbürokratischen Zerschlagung des NSU. Es lag dazu also kein Interesse des demokratischen Staates vor.

Seit 2001 wohnten die drei Neonazis in einer gemeinsamen Wohnung in der Polenzstraße in Zwickau (Sachsen). 2003 war ihr Attentatsversuch auf das Jenaer Theater verjährt. Unmittelbar danach meldete sich das Neonazitrio über einen Rechtsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Gera. „Was genau daraufhin im Behördenapparat geschah, ist unklar. Jedoch dürfte als ausgeschlossen gelten, dass die Staatsanwaltschaft Gera die Verfassungsschutz- und Landeskriminalämter in Thüringen und auch Sachsen nicht über die Meldung und den Aufenthaltsort der drei bekannten rechten Straftäter in Kenntnis gesetzt hat.“ (Markus Bernhardt, Lügenkonstrukte, a. a. O..)

Auch dass der NSU direkt mit dem Verfassungsschutz zusammengearbeitet hat, ist durchaus möglich. So berichtete die Leipziger Volkszeitung am 29. November 2011 unter Berufung auf Hinweise aus dem Thüringer Landeskriminalamt, dass Zschärpe im Dienst des Thüringer Verfassungsschutzes gestanden habe. Als Gegenleistungen für von ihr weitergegebene Informationen ist sie von den Schlapphüten vor Strafverfolgung geschützt worden. Selbst der Anwalt der Naziaktivistin sagte in einem Interview, das Spiegel online am 27. Dezember 2011 veröffentlichte, dass er die Frage, ob Frau Zschäpe an der langen Leine des Verfassungsschutzes geführt wurde, „nicht beantworten“ werde. Nun, manchmal pflegt keine Antwort auch eine Antwort zu sein.
Auch innerhalb der Neonaziszene waren der NSU und deren Zusammenarbeit mit Teilen des demokratischen Staatsapparates wohl bekannt. Ein Neonazi-Aussteiger berichtete der Bild-Zeitung über Beate Zschäpe: „Ich erinnere mich, dass Zschäpe mit einem Kameraden in einem VW zu einem NPD-Treffen anreiste. Viele in der Szene kannten sie (…) Sie trat nie aggressiv auf, aber ihre Ansichten waren aggressiv. Sie war bekannt als Gründungsmitglied der NSU.“ (Zitiert nach Arnold Schölzel, Neue Tarnung, in der jungen Welt vom 17. November 2011, S. 1.) Weiterhin sagte der Naziaussteiger der Bild-Zeitung, dass er von elf Mitgliedern des NSU wisse und dass mensch in der Szene auch über Kontakte zwischen Zschäpe und dem Verfassungsschutz informiert gewesen sei.
Der hessische Verfassungsschutz war über Andres Temme wahrscheinlich noch unmittelbarer in die Morde des NSU verwickelt. Temme war Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes und wurde in seinem Dorf wegen seiner neofaschistischen Gesinnung „Klein-Adolf“ genannt. Er sollte mehrere V-Leute in der deutschen Neonaziszene und bei der türkischen faschistischen Organisation „Graue Wölfe“ geführt haben. Dieser – die demokratische Verfassung des Landes schützende – „Klein-Adolf“ war nur wenige Minuten, nachdem das NSU den Migranten Halit Yozgat ermordete, in dessen Internetcafé, welches auch der Tatort war. „Klein-Adolf“ meldete sich nicht bei den Bullen als Tatzeuge. Angeblich deshalb nicht, weil er im Internetcafé sexuellen Interessen gefolgt sei, von denen seine Lebensgefährtin nichts mitbekommen sollte. Zwei Wochen nach dem rassistischen Mord an Halit Yozgat wurde „Klein-Adolf“ vorübergehend festgenommen und vom Dienst suspendiert. Danach hörte die rassistische Mordserie des NSU auf – der Mord an der deutschen Polizistin fiel aus dem Rahmen heraus. Deshalb gerieten damals auch erst mal Sinti und Roma in Verdacht. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma erklärte dazu, nachdem die neofaschistische Täterschaft wahrscheinlich wurde:
„Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma begrüßt die offenbar bevorstehende Aufklärung des brutalen Mordes und Mordversuchs an einer Polizistin und ihrem Kollegen im Jahre 2007 in Heilbronn. „Wir sind froh, dass jetzt die Wahrheit ermittelt wird – nach der damaligen öffentlichen Brandmarkung von Sinti und Roma im Zuge der Fahndung nach der so genannten „Phantomfrau“, die als Täterin des Mordes zwei Jahre lang gesucht wurde“, erklärte der Vorsitzende des Zentralrats, Romani Rose, am Mittwoch (den 9. November 2011) in Heidelberg. Veranlasst durch Sprecher von Staatsanwaltschaft und Polizei sei unmittelbar nach der Tat eine massive Stigmatisierung der Sinti und Roma betrieben worden, so Rose. Sinti und Roma – unter ihnen auch viele ältere Leute – seien grundlos massiven Polizeikontrollen unterworfen worden.
Das Klischee von der angeblich „umherziehenden Minderheit“ und die althergebrachte Stereotype über „Zigeuner“ veranlassten damals die Behörden, die Minderheit pauschal und landesweit (…) unter Verdacht zu stellen. Dabei beriefen sie sich auf eine am Tatort aufgefundene DNA-Spur der so genannten Phantomfrau, (…). Die Spur war in verschiedenen Teilen Deutschlands, Österreichs und Frankreichs aufgetaucht. Die Behörden sprachen (…) von „Ermittlungen im Zigeuner-Milieu“ und der angeblich „heißesten Spur bei verdächtigen „Sinti-Clans“ und Mitgliedern von „mobilen sozialen Gruppen wie Sinti und Roma, die doch schwer zu fassen sind“ – wie es hieß. Von Seiten des zuständigen Justizministeriums wurde die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft gerechtfertigt. (…)
Die DNA-Spur stellte sich im Jahr 2009 als falsch und als Ermittlungspanne heraus. Das Vorgehen der Behörden in einem solchen spektakulären Fall sei besonders verantwortungslos gewesen, weil bereits früh konkrete Zweifel an der Echtheit der DNA-Spuren bestanden.“ (Zitiert nach der jungen Welt vom 11. November 2011, S. 3.)
Auch hier stellen sich einige Fragen. Wussten Teile des Staatsapparates, dass der Mord an der Heilbronner Polizistin offenbar auf das Konto des NSU ging und nahmen sie die rassistische Stigmatisierung der Sinti und Roma bewusst in Kauf? Allerdings bezweifelten auch Teile des Staatsapparates, dass der Mord an der Polizistin vom NSU begangen wurde. In einer Pressekonferenz am 9. November 2011 stellten Jürgen Georgie, Leiter der Polizeidirektion Südwestsachsen, und der dortige Oberstaatsanwalt dar, dass die Täterschaft des Neonazitrios für den Mord an der Polizeibeamtin Michelle Kiesewetter nicht sicher sei. Dagegen erklärte der Stuttgarter Generalstaatsanwalt Klaus Pflieger, dass die bei dem Mord der Polizisten verwendete Tatwaffe in vom Neonazitrio bewohnten Zwickauer Haus gefunden worden sei.
Auch in späteren Medienberichten wurde meistens davon ausgegangen, dass der NSU auch Kiesewetter ermordet hatte. So soll nach einem Zeitungsartikel von Markus Bernhardt der Chef des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg „Ziercke(,) in einer nichtöffentlichen Sitzung des Bundestagsinnenausschusses Andeutungen gemacht haben, dass es doch Schnittpunkte zwischen der aus Thüringen stammenden Polizistin Michele Kiesewetter, die am 25. April 2007 in Heilbronn erschossen worden war, und ihren vermeintlichen Mördern aus dem „NSU“-Kern gegeben haben. So habe der Stiefvater von K. ein Lokal besessen, in dem eine Veranstaltung von Neonazis geplant gewesen sei, über die sich Uwe Mundlos mit dem Gastwirt unterhalten habe. Zudem soll in dem Lokal jemand mit dem Namen Zschäpe gearbeitet haben. Dabei handele es sich womöglich um einen Verwandten der derzeit inhaftierten rechten Terroristin, hieß es.“ (Markus Bernhardt, Zweifel an Selbstmord, in der jungen Welt vom 22. November 2011, S. 1.)
Auch brauchten sich die drei NSU-AktivistInnen wahrscheinlich gar nicht zu sehr in den „Untergrund“ zu begeben, weil Teile des Staatsapparates ganz offensichtlich kein Interesse hatten, diese aus dem Verkehr zu ziehen. „Bereits im Januar 2007 stießen sächsische Polizisten auf das Zwickauer Versteck der Thüringer Neonazizelle, berichtete Spiegel online am Wochenende (28./29. Januar 2012). In der Wohnung über dem Versteck des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) in Zwickau soll es damals zu einem „mutwillig verursachten“ Wasserschaden gekommen sein. Als die Polizei eine Etage tiefer klingelte, öffnete eine Frau, die ihren Namen mit „Susann E.“ angab. Die Beamten habe sie nicht eingelassen. Um den 10. Januar 2007 herum bestellten die Fahnder sie in die Polizeidirektion in Zwickau zur Vernehmung. Die Zeugin sei tatsächlich gekommen und habe sich knapp 20 Minuten lang befragen lassen. Dabei habe sie sich in Widersprüche verwickelt, doch seien die Beamten nicht misstrauisch geworden. Die Ermittler gehen Spiegel online zufolge davon aus, dass es sich um Beate Zschäpe (…) handelte.“ (Polizei war angeblich nah dran am „NSU“, in der jungen Welt vom 30. Januar 2012, S. 1.)
Die These, dass das „untergetauchte“ Neonazitrio auch weiterhin polizeilich geschützt seiner Versammlungsfreiheit nachgehen konnte, wird auch durch folgenden Artikel in der jungen Welt vom 28. November 2011 genährt:
„Für den 3. Oktober 2008 hatten Neonazis in Geithain bei Leipzig eine Demonstration angemeldet. Die Kleinstadt ist wie viele Orte zwischen Görlitz und Zwickau ein staatlich geförderter Exerzierplatz für das sächsische Modell des Zusammenschlusses von regierenden Konservativen und Neofaschisten im Abwehrkampf gegen „Linksextremismus“. Das Motto des braunen Umzugs lautete: „Revolution ist machbar! Nationaler Sozialismus jetzt!“ Die Linkspartei rief zu einer Gegenaktion auf. Am Feiertag zur Erinnerung an den DDR-Anschluss marschierten dann etwa 200 Neonazis auf, aus einem Lautsprecher grölte: „Revolution, dann schmieden wir deutsche Schwerter neu“. Das berichtet nun Bild am Sonntag (BamS) und veröffentlicht ein bei dem Aufzug gemachtes Bild eines Leipziger Fotografen, der für eine Regionalzeitung in Geithain war. Auf dem Bild soll Beate Zschäpe, (…) zu sehen sein. BamS zitiert einen Ermittler, der sie „von Angesicht kennt“, mit den Worten: „Das ist sie.“ Große Sorge, von der massiv präsenten Polizei festgenommen zu werden, scheint die angeblich Abgetauchte nicht gehabt zu haben.
Der Clou der Geschichte: Zwei Tage später wurde laut BamS bei dem Fotografen eingebrochen. Die Diebe entwendeten zielgerichtet die Datenträger mit den Fotos der Neonazidemonstration. Er hatte allerdings vier Aufnahmen bereits versendet. Seine Anzeige bei der Polizei verlief im Sande; wer an den Fotos interessiert war, blieb ungeklärt. (Anmerkung von Nelke: Waren die Diebe dieser Fotodatei etwa Schlapphüte des Verfassungsschutzes?!)
BamS erinnert daran, dass bei Aufmärschen wie dem in Geithain Polizei und Verfassungsschutz umfassend filmen. Mit der richtigen Haltung zu Sachsen, dessen Ministerpräsident nach drei Wochen sich erstmals zum Neonaziterror äußerte und vor einem „einseitigen“ Bild Sachsens warnte, lässt sich aber spielend „nicht erkennen, was man sieht“ (der SPD-Politiker Thomas Oppermann).“ (asc, Beweismittel des Tages: Zschäpe-Foto, in der jungen Welt vom 28. November 2011, S. 8.)
Am 4. November 2011 überfielen Mundlos und Böhnhardt eine Bank in Eisenach (Thüringen). Noch am selben Tag wurden sie in dieser Stadt tot aus einem ausgebrannten Wohnmobil geborgen. Nach offiziellen Angaben soll Zschäpe nach dem angeblichen Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt das gemeinsame Haus in Zwickau angezündet haben. Am 8. November 2011 stellte sich Zschäpe unter Begleitung eines Rechtsanwaltes den Behörden in Jena. Bei der polizeilichen Durchsuchung des Bauschuttes des ehemaligen Zwickauer Hauses des Neonazitrios wurde die Tatwaffe der so genannten „Döner“-Morde und auch eine DVD gefunden, auf der sich Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe zu der rassistischen Mordserie und dem Anschlag in Köln bekannten. Nun kam die Geschichte ins Rollen, bei dem die Kooperation von Teilen des Staatsapparates mit Neonazis immer offensichtlicher wurde. Da wir uns für eine chronologische Darstellung entschieden haben, wurde von uns schon weiter oben ausführlicher geschildert, was zum großen Teil erst nach dem 4. November 2011 an das Licht kam.
Im Schutt des Zwickauer Hauses sollen nach einem Bericht der Bild-Zeitung vom 14. November 2011 die Bullen auch Ausweispapiere gefunden haben, die eine Verbindung zum Verfassungsschutz nahe legen. Zunächst wurde von offizieller Seite gelogen. So erklärte ein Sprecher des Thüringer Verfassungsschutzes am 8. November 2011, dass die Behörde „seit deren Abtauchen im Jahr 1998 keine Kenntnis“ über den Aufenthalt des Neonazitrios gehabt habe. „Ebenfalls liegen dem Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sie bei der Flucht von staatlichen Stellen Unterstützung erhielten. Gleiches gilt für eine nachrichtendienstliche Zusammenarbeit der Betroffenen und Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz“, so der offizielle Lügenbaron des Thüringer Verfassungsschutzes weiter. (Zitiert nach Markus Bernhardt, Dienste in Erklärungsnot, in der jungen Welt vom 10. November 2011, S. 1.)
Diese offiziellen Lügen können als widerlegt gelten. Doch vieles ist immer noch unklar. Das wird auch in dem schon weiter oben zitierten Zeitungsartikel Schutzschirm für Nazis von Claudia Wangerin deutlich: „Am Selbstmord von Böhnhardt und Mundlos gibt es inzwischen erhebliche Zweifel. „Solche Tätertypen bringen sich in der Regel nicht selbst um“, sagte Hamburgs ehemaliger Innensenator und Expolizeipräsident Udo Nagel in Bild (Freitagsausgabe, 18. November 2011) nachdem er für eine Sondersendung des TV-Senders RTL 2 („Ungeklärte Morde Spezial“) zahlreiche Ermittler und Zeugen befragt hatte. Augenzeugen hätten von einem lauten Streit zwischen mindestens zwei Personen in dem Wohnmobil gesprochen, so der ehemalige Polizeichef.“ (Claudia Wangerin, Schutzschirm für Nazis, in der jungen Welt von 19/20. November 2011, S. 1.)
Ein paar Tage später schrieb Markus Bernhardt: „Der handfeste Skandal um die Verstrickung der Verfassungsschutzämter in das neofaschistische Terrornetzwerk „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) um Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos weitet sich aus. So mehren sich mittlerweile Stimmen, die den angeblichen Suizid der beiden rechten Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt am 4. November in Eisenach in Frage stellen. Bisher war von den Behörden behauptet worden, die beiden Neonazis hätten sich in einem zuvor in Brand gesetzten Wohnmobil selbst erschossen. Im Gegensatz zu zwei Polizeibeamten, die sich dem Wohnmobil genähert und zwei Schüsse gehört haben wollen, behaupten Anwohner, weder zuvor noch während des Brandes Schüsse gehört zu haben. Sie gehen vielmehr davon aus, dass Mundlos und Böhnhardt schon tot waren, als das Wohnmobil in Brand gesetzt wurde.“ (Markus Bernhardt, Zweifel an Selbstmord, in der jungen Welt vom 22. November 2011, S. 1.)
Was ist daraus zu schließen? Wir halten es für möglich, dass einigen Damen und Herren des Verfassungsschutzes die konstruktive Zusammenarbeit mit dem NSU aus den Händen glitt und sich deshalb dazu entschlossen, die beiden Neonazis Mundlos und Böhnhardt zu liquidieren. Für solche extralegalen Methoden hält sich schließlich der Staat seine Geheimdienste. Und die regierenden demokratischen PolitikerInnen im Bund und Ländern gaben sich auch große Mühe, die Geschichte weiter unter den Teppich zu kehren.
De eingerichtete parlamentarische Untersuchungsausschuss des Thüringer Landtages wird wahrscheinlich auch mehr zur Verschleierung als zur Aufklärung der Vefassungsschutz-NSU-Zusammenarbeit beitragen, wenn sie Ostern 2012 ihren Abschlussbericht vorlegt. Auch alle Parteien des Bundestages einigten sich Ende Januar 2012 auf einen gemeinsamen Antrag auf einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. In diesem gemeinsamen Antrag kommt mal wieder sehr schön der antifaschistische Konsens aller DemokratInnen zum Ausdruck
Parlamentarische Untersuchungsausschüsse sind eine der Techniken mit denen die Demokratie ihren totalitären Herrschaftscharakter verbirgt, aber bei genauerer Analyse eben auch offenbart. Denn wer sitzt ausschließlich in den parlamentarischen Untersuchungssauschüssen? BerufspolitikerInnen. Diese soziale Schicht überwacht in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen also sich selbst und den Beamtenapparat. Lassen wir uns nicht davon täuschen, dass neben den RegierungspolitikerInnen auch jene der Opposition die Geschichte der NSU-Verfassungsschutz-Zusammenarbeit untersuchen sollen. Es gehört zu den Herrschaftstechniken der Demokratie dass ein Teil der sozialen Schicht der BerufspolitikerInnen regiert, während der andere Teil konstruktive Opposition spielt. Aber sowohl Regierungs- als auch OppositionspolitikerInnen sind gleichermaßen privilegiert, dass sie die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen des Kapitalismus gestalten. Hohe Regierungs- und OppositionspolitikerInnen sind neben KapitalistInnen und ManagerInnen sowie den Spitzen der zivilen und militärischen Staatsapparate selbst Teil der herrschenden kapitalistischen Klasse, der Bourgeoisie. Und die Bourgeoisie dieses Landes hat kein Interesse daran, dass die teilweise doch recht enge Zusammenarbeit zwischen Teilen ihres Staatsapparates und den von diesem ausgehaltenen Nazis zu offensichtlich wird. Die veröffentlichte Meinung – die von privatkapitalistischen und staatlichen Medien gemeinsam und in Arbeitsteilung produziert wird – hat schon den engen Rahmen der parlamentarischen Untersuchung vorgegeben: Untersucht werden sollen „Fehler und Versäumnisse von Bundesbehörden“ und „Kommunikationsprobleme“ zwischen den Geheimdiensten und den verschiedenen Polizeien, die sich die Bourgeoisie auf Bundes- und Landesebene so hält. Die Aufklärungshoheit der einzelnen Bundesländer wird durch den Untersuchungsausschuss des Bundestages ausdrücklich anerkannt. Es waren aber voraussichtlich in erster Linie die Landesämter für Verfassungsschutz, welche konkret und konstruktiv mit Neonazis zusammenarbeiteten. Außerdem sind die Mitglieder des parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Bundestages bei geheimen Unterlagen zur Verschwiegenheit gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet. Diese Zusammenarbeit soll also vertuscht und nicht aufgeklärt werden.
Nur linke kleinbürgerliche PolitikerInnen können darüber überrascht sein. Im Gegensatz zu ihrer rechten und großbürgerlichen Konkurrenz sind linke kleinbürgerliche PolitikerInnen (noch?) nicht vollständig von der Bourgeoisie anerkannt und können deshalb relativ „radikal“ auftreten. Das gilt aktuell für die Thüringer Landtagsfraktion und die Bundestagsfraktion der Linkspartei. Doch auch die Mehrheit dieser kleinbürgerlichen PolitikerInnen strebt danach großbürgerlich zu werden – also nach vollständiger Anerkennung durch die Bourgeoisie. Deshalb wird sie in den parlamentarischen Untersuchungskommissionen ebenfalls nicht allzu radikal auftreten, um die sozial und politisch Herrschenden nicht allzu sehr zu verärgern.
Denn eines steht trotz vieler Unklarheiten jetzt schon fest: All die oben genannten Fakten zeigen klar, dass der demokratische Staat nicht auf dem rechten Auge blind ist. Er sieht genau hin, wenn er faschistische Strukturen mitfinanziert und mitorganisiert. Der Staat hält sich ein paar Hausnazis. In welchem gesellschaftlichen Zusammenhang diese Tatsache steht, wird im Kapitel Die Nazis als rechter Flügel der bürgerlichen Politik ausführlicher erläutert. Selbstverständlich versuchen die regierenden demokratischen PolitikerInnen und hohe BeamtInnen die Tatsache der organisierten Hausnazihaltung zu vertuschen und zu verschleiern. Es werden nur einige „Pannen“ und „Kommunikationsprobleme“ als Ursachen genannt. Nein, der Fakt, dass Teile des Staatsapparates konstruktiv mit Nazis zusammengearbeitet haben, darf natürlich nicht zugegeben werden. Deshalb verkündete der Generalbundesanwalt Harald Range am 17. November 2011 zu seiner Amtseinführung auch zwei Dinge. Erstens, dass er keine Zeit zur Einarbeitung in diesen Fall brauche und dass er „keine Anhaltspunkte“ dafür sehe, „dass der Verfassungsschutz mit Mitgliedern der Zwickauer Zelle zusammengearbeitet“ habe. Der Mann weiß halt, was die Karriere fördert und was nicht.
Genau so wenig darf über die kapitalistische Funktion der Nazis nachgedacht und geredet werden. Noch viel weniger dürfen proletarisierte Menschen praktische antikapitalistische Konsequenzen aus dieser konstruktiven Zusammenarbeit von Teilen des demokratischen Staatsapparates mit den Nazis ziehen. Um die ganze Geschichte für große Teile des Proletariats unverständlich zu lassen, wird sie mit einer übel riechenden Moralbrühe übergossen. Diese Moralbrühe ist der regierungsoffizielle Antifaschismus des demokratischen Staates. Dieser hat selbstverständlich nichts mit den Nazis zu tun, weil die letzteren das unerklärliche Böse darstellen und der erstgenannte doch alle guten Werte der Menschheit verkörpert: Menschenrechte, Humanismus, Zivilgesellschaft und Demokratie. Also all die schönen Dinge, welche alle guten Menschen gegen die Nazis verteidigen müssen. Deshalb hat „Bundeskanzlerin Angela Merkel (…) das Engagement von Bürgern gegen Fremdenfeindlichkeit als Reaktion auf die Neonazi-Mordserie gelobt. Der Widerstand gegen Rassismus, Antisemitismus sei nicht nur Aufgabe der Behörden, sondern auch der ganzen Zivilgesellschaft.“ (Zitiert aus Freies Wort, vom 19. Dezember 2011, S. 1.) Nun ja, ein Teil der Behörden hilft halt manchmal den Nazis und auch ein Teil der Zivilgesellschaft jagt lieber AusländerInnen als RassistInnen die demokratischen Staatstugenden zu erläutern.
Aber um solche unschönen Fakten zu verharmlosen und zu verkleistern ist halt der staatsoffizielle Antifaschismus da. Fakt ist auch, dass die regierenden DemokratInnen, die eben manchmal auch mit Nazis paktieren, hin und wieder auch Unterstützung von nicht gerade kleinen Teilen der Antifa als kleinbürgerlich-politischer Straßenbewegung bekommen, die in breiten Bündnissen mit demokratischen Politbonzen zusammen „gegen Nazis“ kämpfen wollen. Wir sind der Meinung, dass der Kampf gegen Nazis dem Klassenkampf gegen Kapital und Staat untergeordnet werden sollte und nicht anders herum. Diese Ansicht betonen wir besonders in den Kapiteln Institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung und proletarischer Klassenkampf in Demokratie und Faschismus und Der Kampf gegen den Kapitalismus.
Doch große Teile der kleinbürgerlichen AntifaschistInnen passen sich lieber an die herrschende Demokratie an, trotz der Erfahrung, dass der Staatsapparat manchmal auch gegen die antifaschistische Straßenbewegung repressiv vorgeht. Hin und wieder wird die Antifa aber auch von den regierenden DemokratInnen mit viel Erfolg instrumentalisiert. Das geschah auch in der jüngsten Zeit, wo das Paktieren von Teilen des Staatsapparates mit NaziterroristInnen bekannt wurde. So sagte der oberste Boss des Hamburger Verfassungsschutzes bei einer öffentlichen Veranstaltung in Hamburg-Altona ganz spontan, dass er die Antifa prima finde (siehe junge Welt vom 15. Dezember 2011, S. 4). Über die guten Gründe, die der Beamte hat, die Antifa toll zu finden, schreiben wir in den Kapiteln Der Antifaschismus als linker Flügel der bürgerlichen Politik und Nazis und AntifaschistInnen im Dienst der Demokratie.
In diesen Kapiteln verdeutlichen wir auch, dass die Selbsttäuschungen des Antifaschismus zum antifaschistischen Betrug am Proletariat führen. Die AntifaschistInnen selbst ziehen es vor, sich als arme Opfer von Umarmungsoffensiven des demokratischen Staates zu sehen: „Seit Bestehen der Bundesrepublik gehörten ein aggressiver Antikommunismus und die gegen linke politische Bewegungen gerichtete Repression zur westdeutschen Staatsdoktrin. Im Jahr 2000 wurden allerdings Nazigegner beim vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder ausgerufenen „Aufstand der Anständigen“ Opfer der Umarmungsstrategie selbsternannter Demokraten, derzeit aber werden sie wieder einmal per „Extremismustheorie“ mit Neofaschisten gleichgesetzt: Rot gleich Braun.“ (Markus Bernhardt, Die Wegbereiter, in der jungen Welt vom 2. Januar 2012, S. 3.)

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