faschismus – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org Für die soziale, antipolitische und antinationale Selbstorganisation des Proletariats! Mon, 23 Sep 2024 20:02:47 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://swiderstand.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1128/2022/05/cropped-28385945-32x32.png faschismus – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org 32 32 Für die globale Vernetzung von revolutionären AnarchistInnen und antileninistischen KommunistInnen! https://swiderstand.blackblogs.org/2024/07/31/fuer-die-globale-vernetzung-von-revolutionaeren-anarchistinnen-und-antileninistischen-kommunistinnen/ Wed, 31 Jul 2024 03:49:40 +0000 https://swiderstand.blackblogs.org/?p=758 Die massenmörderische Krisen- und Kriegsdynamik des globalen Kapitalismus schreit geradezu nach einer planetaren Vernetzung der revolutionären AnarchistInnen und antileninistischen KommunistInnen. Das Weltproletariat wird erbarmungslos von der Weltbourgeoisie verheizt. Der Klassenkampf des Proletariats wird noch immer innerhalb des reproduktiven Rahmens des Kapitalismus geführt, dessen Perspektive für die ProletarierInnen nur Ausbeutung, Arbeitslosigkeit, staatliche Elendsverwaltung, eine sich vertiefende ökosoziale Kriese und Krieg beziehungsweise einen asozialen Frieden bedeuten kann.

Die globale institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung (Gewerkschaften und politische Parteien) ist der bürokratische Ausdruck der den Kapitalismus reproduzierenden Grenzen des proletarischen Klassenkampfes. Die bürgerlich-bürokratischen Partei- und Gewerkschaftsapparate integrierten sich mehrheitlich in den Kapitalismus und wurden Fleisch von seinem Fleische. Anarchosyndikalismus und Parteimarxismus (Linke Sozialdemokratie, Marxismus-Leninismus, Trotzkismus und Linkskommunismus) sind entweder selbst Teil des kapitalistischen Problems oder außerstande eine revolutionäre Alternative zu Kapital, Staat und institutionalisierter ArbeiterInnenbewegung zu entwickeln.

Letzteres trifft besonders auf den Linkskommunismus zu. Er ist aufgrund seines Antiparlamentarismus, seiner Gewerkschaftsfeindlichkeit und seiner Ablehnung der nationalen Befreiung/Selbstbestimmung zu radikal, um sich in den Kapitalismus zu integrieren, aber zu parteimarxistisch-ideologisch borniert, um den konterrevolutionären Charakter des staatstragenden Bolschewismus ab 1917 zu erkennen und zu begreifen, dass die politische Partei grundsätzlich eine bürgerlich-bürokratische Organisationsform ist, die nur den Kapitalismus reproduzieren, aber eben nicht revolutionär überwinden kann. Das peinliche Rumgeeiere in der Staatsfrage – der berühmt-berüchtigte „Halbstaat“, den die LinkskommunistInnen in der Revolution aufmachen wollen –, ist eine antirevolutionäre Tendenz. Erstens kann es nur ganze Staaten geben und zweitens sind die immer konterrevolutionär!

Eine globale Vernetzung der revolutionären AnarchistInnen und antileninistischen KommunistInnen als organisatorisch-inhaltliche Alternative zu Anarchosyndikalismus und Parteimarxismus ist also absolut notwendig. Die Antipolitisch-Sozialrevolutionäre Tendenz (AST) strebt mittelfristig eine globale Föderation dieser revolutionären Kräfte an.

Keine bürokratisch-zentralistische und ideologisch-dogmatische „Internationale“!

Wir streben keine bürokratisch-zentralistische Internationale an, mit einem riesigen globalen Apparat, der die einzelnen Sektionen in den verschiedenen Nationen anführt. Nein, die globale Vernetzung der revolutionären AnarchistInnen und antileninistischen KommunistInnen, die wir mittelfristig und geduldig mit euch zusammen aufbauen wollen, soll klar und eindeutig mit der bürokratisch-zentralistischen und ideologisch-dogmatischen Tradition der parteimarxistischen (sozialdemokratischen, marxistisch-leninistischen und trotzkistischen) vier Internationalen brechen. Selbstverständlich soll sie sich auch von internationalen anarchosyndikalistischen und linkskommunistischen Zusammenschlüssen unterscheiden.

Die globale Vernetzung soll die unterschiedlichen theoretisch-kulturellen Ursprünge und Traditionen nicht einebnen, sondern produktiv zusammenführen. Sie soll praktische Gemeinschaftserlebnisse von Individuen und Kleingruppen sowie die inhaltliche Diskussion zwischen ihnen ermöglichen und damit Vereinzelung überwinden. Ganz auf der kollektiven Solidarität der Individuen und Gruppen beruhen. Einzeln und frei wie ein Baum, dabei geschwisterlich wie ein Wald!

Natürlich ist dabei auch eine Beliebigkeit zu verhindern. Die Vernetzung von revolutionären Gruppen und Individuen kann kein Selbstzweck, sondern muss die gemeinsame praktisch-geistige Vorbereitung auf die mögliche Weltrevolution sein.

Diskussionsgrundlage für einen inhaltlichen Minimalkonsens einer globalen Föderation von revolutionären AnarchistInnen und antileninistischen KommunistInnen

Damit die globale Vernetzung der revolutionären AnarchistInnen und antileninistischen KommunistInnen eine klare organisatorisch-inhaltliche Alternative zu Parteimarxismus und Anarchosyndikalismus werden kann, muss sie auf klaren Grundprinzipien beruhen. Die AST schlägt zur Diskussion folgende Punkte vor.

1. Für die revolutionäre Aufhebung der Warenproduktion. Die Warenproduktion basiert auf global voneinander getrennten kleinbürgerlichen und kapitalistischen Wirtschaftseinheiten, die ihre Produkte mittels der Ware-Geld-Beziehung austauschen müssen. Das Geld ist der verselbständigte Ausdruck des Tauschwertes. Basis des Tauschwertes ist der Produktionswert, die durchschnittliche, gesellschaftlich notwendige Herstellungszeit einer Ware. Je höher der Produktionswert einer Ware ist, umso höher ist in der Regel auch ihr Tauschwert. Außerdem wird der Tauschwert auch durch die Marktkonkurrenz aus Nachfrage und Angebot bestimmt.

Indem das sich revolutionär selbst aufhebende Proletariat die Produktionsmittel und die soziale Infrastruktur in gesamtgesellschaftliche Verfügungsgewalt überführt und den Staat zerschlägt, schafft es die Voraussetzungen für die Aufhebung des Tauschwertes. Überwindung des Tauschwertes heißt, dass in der klassen- und staatenlosen Gemeinschaft die Produkte nicht getauscht – auch nicht durch einen Naturaltausch ohne Geld! – sondern gesamtgesellschaftlich kollektiv-solidarisch verteilt werden. Die Individuen sind keine passiven Objekte der gesamtgesellschaftlichen Leitung und Planung der Produktion sowie der Verteilung der Produkte, sondern deren aktive Subjekte.

RevolutionärInnen kritisieren jegliche „Vergesellschaftung“ innerhalb von Warenproduktion und Staat als Scheinalternative. GenossInnenschaften und „selbstverwaltete“ Betriebe innerhalb des Kapitalismus sind im besten Falle kleinbürgerlich-kollektive Formen der Warenproduktion und gehen fließend in Kapitalgesellschaften über.

2. Für die revolutionäre Zerschlagung aller Staaten. Staaten sind grundsätzlich sozialreaktionäre Gewaltapparate von Klassengesellschaften. Im Kapitalismus sind die Staaten die politischen Gewaltapparate der Kapitalvermehrung. Es kann keine „progressiven“ oder „sozialistischen“ Staaten geben. Das sich selbst revolutionär aufhebende Proletariat muss den Staat zerschlagen! Die „Halbstaaten“ einer angeblichen „Übergangsgesellschaft“, die der Linkskommunismus herbeiphantasiert, kann es nicht geben. Zwischen dem kapitalistischen Staat und der klassen- und staatenlosen Gemeinschaft gibt es keine staatsförmige „Übergangsgesellschaft“, sondern „nur“ die mögliche revolutionäre Zerschlagung des Staates! Den Staat zu zerschlagen, heißt die gesamtgesellschaftlich-kollektive Organisation des Lebens ohne Gewaltapparate und BerufspolitikerInnen.

Da das Proletariat eines Landes, einer Gruppe von Ländern, eines Kontinents unmöglich mit der sozialen Revolution warten kann, bis ihre Klassengeschwister weltweit so weit sind, kann die Weltrevolution nur eine permanente Kette der Zerschlagung der Nationalstaaten sein. In der Weltrevolution wird es also sowohl schon mögliche klassen- und staatenlose Gemeinschaften als auch noch kapitalistische Staaten geben. Der revolutionäre Kampf gegen die Konterrevolution – sowohl von marodierenden Banden als auch von Staaten – beruht auf der kollektiven Militanz des sich selbst revolutionär aufhebenden Proletariats beziehungsweise der klassen- und staatenlosen Gemeinschaft, aber nicht auf von der Gesellschaft getrennten Gewaltapparaten. Letztere wären der reproduzierte Staat. In der Praxis wird es schwer werden, notwendige revolutionäre Gewalt gegen die Konterrevolution auszuüben, ohne den Staat zu reproduzieren. Aber der reproduzierte Staat ist die Konterrevolution! Deshalb kompromissloser Kampf gegen die linkskommunistische Ideologie von dem „Halbstaat“ in der angeblichen „Übergangsperiode“ zwischen Kapitalismus und Kommunismus! Die Weltrevolution ist erst zu Ende, wenn alle kapitalistischen Staaten revolutionär zerschlagen sind.

3. Gegen die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung (Gewerkschaften und politische Parteien). Gewerkschaften sind der bürokratisch entfremdete Ausdruck des reproduktiven Klassenkampfes des Proletariats innerhalb des Kapitalismus. Im frühen Kapitalismus ging die Bourgeoisie noch total repressiv gegen den proletarischen Klassenkampf vor. Streiks und Gewerkschaften waren absolut verboten. Doch große Teile der herrschenden Klasse erkannten in einem sozialen Lernprozess – auch aufgrund des Druckes des klassenkämpferischen Proletariats – dass in einer Klassengesellschaft der Klassenkampf nicht effektiv absolut zu verbieten ist. So wurde in den verschiedenen Staaten der reproduktive Klassenkampf und die Gewerkschafen unter bestimmten Bedingungen legalisiert. Der Klassenkampf wurde verrechtlicht und damit tendenziell entradikalisiert. Die Gewerkschaften wurden durch das durch staatliche Gesetze regulierte Tarifvertragssystem, gesetzlich-sozialpartnerschaftliche Betriebsräte und das Sitzen von Gewerkschaftsbonzen in den Aufsichtsräten der Konzerne zu Co-Managerinnen der kapitalistischen Ausbeutung.

Die meisten Gewerkschaften sind durch einen antagonistischen Klassengegensatz geprägt. Auf der einen Seite die bürgerlich-bürokratischen Apparate der hauptamtlichen FunktionärInnen – die sozial nicht (mehr) zum Proletariat gehören – und auf der anderen die ehrenamtlichen FunktionärInnen und die lohnabhängige Basis als Manövriermasse. Die Haupttendenz der Gewerkschaftsapparate ist es, sich vollständig in den kapitalistischen Staat zu integrieren.

Gewerkschaften können grundsätzlich nur einen reproduktiv-sozialreformistischen Klassenkampf um höhere Löhne, für kürzere Arbeitszeiten und eine geringere Arbeitsintensität sowie gegen die Angriffe von Kapital und Staat innerhalb des Kapitalismus, aber eben keinen revolutionären für die klassen- und staatenlose Gesellschaft führen. Selbstverständlich gibt es zwischen ihnen große Unterschiede. So gibt es total sozialreaktionäre Gewerkschaften, die völlig in die jeweiligen Staaten integriert sind und auch deren imperialistischen Kriege unterstützen, aber auch Basisgewerkschaften, die gegen Aufrüstung, Waffenhandel und Krieg einen pazifistisch-reformistischen Klassenkampf führen.

Die Behauptungen des Anarchosyndikalismus, es könne revolutionäre Gewerkschaften geben und er würde sie aufbauen, hat er durch seine eigene Praxis widerlegt. Durch seine Anpassung an das Tarifvertragssystem, gesetzlich-sozialpartnerschaftliche Betriebsräte und das reformistische Bewusstsein der Mehrheit des Proletariats wurde der Anarchosyndikalismus selbst zu einer Strömung des globalen Gewerkschaftsreformismus. Gewerkschaften sind die Organisationsform des reproduktiven Klassenkampfes innerhalb des Kapitalismus, aber eben keine revolutionären zur dessen Zerschlagung. Gewerkschaften können nicht revolutionär und revolutionäre Klassenkampforganisationen (siehe Punkt 5) keine Gewerkschaften sein!

In nichtrevolutionären Zeiten können RevolutionärInnen einfache Mitglieder von Gewerkschaften sein. Aber sie dürfen keine neben- oder hauptamtlichen Funktionen in ihnen übernehmen. Gewerkschaften müssen grundsätzlich durch revolutionäre Klassenkampforganisationen, die sich allerdings erst möglicherweise in der sozialen Revolution herausbilden können, ersetzt werden. Berits im reproduktiven Klassenkampf innerhalb des Kapitalismus entwickelt sich die proletarische Selbstorganisation als Alternative zur Gewerkschaftsbürokratie (siehe Punkt 5). Völlig in den kapitalistischen Staat integrierte Gewerkschaftsapparate, die auch imperialistische Kriege unterstützen, müssen aktiv in der sozialen Revolution zerschlagen werden!

Politische Parteien bildeten sich ab dem 19. Jahrhundert zu zwar nicht absolut notwendigen, doch weit verbreiteten Basiseinheiten der bürgerlichen Politik. Parlamentarische Demokratien sind pluralistische Mehrparteiendiktaturen. In ihnen konkurrieren die politischen Parteien in Form von freien Wahlen um die Beherrschung des Staatsapparates. Freie Wahlen machen aus ProletarierInnen Stimmvieh, dass ihre strukturellen KlassenfeindInnen, die BerufspolitikerInne,n dazu ermächtigt, entweder den kapitalistischen Staat zu regieren oder systemloyal zu opponieren. Neben den Demokratien gab und gibt es noch faschistische und marxistisch-leninistische (siehe Punkt 4) Einparteiendiktaturen.

Politische Parteien sind klassengespalten in bürgerlich-bürokratische Apparate aus hauptamtlichen FunktionärInnen sowie BerufspolitikerInnen und -ideologInnen auf der einen und der kleinbürgerlich-proletarischen Basis auf der anderen Seite. Mensch kann zwischen kleinbürgerlich-radikalen Protest-/Aufstandsparteien und großbürgerlichen Systemparteien unterscheiden.

Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bildeten sich sozialdemokratische Massenparteien als politischer Flügel der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung. Einige von ihnen betrogen sich selbst und das Proletariat mit einer „revolutionären“ Ideologie, die aber nicht mit ihrer Praxis des parlamentarischen Sozialreformismus übereinstimmte, sondern diese verschleierte. Sie nahmen an Wahlen teil und integrierten sich immer stärker in das parlamentarische System. Die bürgerlich-bürokratischen Apparate der sozialdemokratischen Parteien strebten als Haupttendenz an, von der Bourgeoisie voll anerkanntes Regierungspersonal des kapitalistischen Staates zu werden.

Für die europäische Sozialdemokratie kam dieser Moment im Jahre 1914, den Beginn des Ersten Weltkrieges und der europäischen revolutionären Nachkriegskrise (1917-1923). Die meisten europäischen sozialdemokratischen Parteien unterstützten den Ersten Weltkrieg auf der Seite ihres jeweiligen Nationalstaates. Nur pazifistische und radikale Teile der Sozialdemokratie waren gegen die Kriegsbeteiligung. Während der europäischen revolutionären Nachkriegskrise wurde die Sozialdemokratie – besonders die deutsche SPD – offen konterrevolutionär, die blutig das klassenkämpferisch-revolutionäre Proletariat niederschlug. Heute ist die Sozialdemokratie vollständig in den Kapitalismus integriert.

Infolge der europäischen revolutionären Nachkriegskrise spaltete sich der radikale Flügel der Sozialdemokratie weltweit sowohl als Partei-„Kommunismus“ als auch als Rätekommunismus ab. In einigen Nationen entstanden marxistisch-leninistische Parteidiktaturen (siehe Punkt 4). In hochentwickelten privatkapitalistischen Demokratien integrierten sich marxistisch-leninistische und trotzkistische Parteien in das parlamentarische System. Indem Marxismus-Leninismus und Trotzkismus an parlamentarischen Wahlen teilnehmen, helfen sie dabei die Demokratie als Diktatur des Kapitals praktisch-geistig zu reproduzieren und die ProletarierInnen zum Stimmvieh abzurichten und braven demokratischen StaatsbürgerInnen zu erziehen.

Die sich vernetzenden Gruppen des revolutionären Anarchismus und des antileninistischen Kommunismus lehnen die politische Partei als Organisationsform des klassenkämpferischen Proletariats und der revolutionären Minderheiten ab. Ihre Kleingruppen sind weder Gewerkschaften noch politische Parteien und sie streben es auch nicht an, es zu werden.

4. Revolutionärer Antileninismus. Die politische Machtübernahme der bolschewistischen Partei im Oktober 1917 – nach dem alten russischen Kalender – stellte keine „proletarische Revolution“ dar, wie der Parteimarxismus einschließlich des Linkskommunismus behauptet, sondern der Prologder staatskapitalistischen Konterrevolution. Das sozialreaktionäre Lenin-Trotzki-Regime zerschlug die Sowjets als Organe der klassenkämpferischen Selbstorganisation des Proletariats. Ab der Verstaatlichung der Großindustrie im Frühsommer 1918 war es staatskapitalistisch. Es folgten weitere sozialreaktionäre politische Machteroberungen von marxistisch-leninistischen Parteiapparaten und die Herausbildung staatskapitalistischer Regimes in Euroasien, Afrika und auf Kuba.

Die ultrazentralistischen und überbürokratischen staatskapitalistischen Produktionsverhältnisse begünstigten die ursprüngliche, nachholende und beschleunigte Industrialisierung von einstigen Agrarnationen, aber auf Dauer konnten sie nicht der Konkurrenz des hochentwickelten Privatkapitalismus standhalten, weshalb sich in den marxistisch-leninistischen Staatsparteien proprivatkapitalistische Reformfraktionen entwickelten und die politische Macht eroberten. Diese transformierten dann den Staats- in den Privatkapitalismus. In der Sowjetunion und in Osteuropa zerfielen die marxistisch-leninistischen Parteidiktaturen. In China, Vietnam und auf Kuba wurde und wird das Kapital unter der Herrschaft der marxistisch-leninistischen Parteien privatisiert.

5. Für die klassenkämpferische Selbstorganisation und die revolutionäre Selbstaufhebung des Proletariats. Das Proletariat kann nur in klassenkämpferischer Selbstorganisation seine Interessen und Bedürfnisse gegen Kapital und Staat durchsetzen. Die klassenkämpferische Selbstorganisation richtet sich bereits im reproduktiven Klassenkampf innerhalb des Kapitalismus gegen die bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparate. Besonders in längeren Arbeitsniederlegungen, die offiziell von den Gewerkschaften geführt werden, entwickeln sich teilweise Formen der Doppelherrschaft. Auf der einen Seite die Selbstorganisation der Basis und auf der anderen die bürgerlich-bürokratischen Gewerkschaftsapparate. Die höchste Form nimmt die Selbstorganisation der Lohnabhängigen im reproduktiven Klassenkampf in gewerkschaftsunabhängigen wilden Streiks an. Ist die Arbeitsniederlegung relativ kurz und sind die Belegschaften verhältnismäßig klein, reicht oft bereits die informelle Selbstorganisation der Lohnabhängigen. Dauert der wilde Streik jedoch länger und/oder stehen größere beziehungsweise mehrere Belegschaften in ihm, dann werden offizielle Organe der klassenkämpferischen Selbstorganisation, gewerkschaftsunabhängige Streikkomitees, notwendig.

Revolutionäre Kleingruppen orientieren sich auf die klassenkämpferische Selbstorganisation des Proletariats, lehnen aber den Anspruch auf dessen „Führung“ ab. Ihre Funktion ist es praktisch-geistige Impulse zur Radikalisierung des Klassenkampfes zu geben. Wohl wissend, dass der Hauptimpuls zur Radikalisierung des Proletariats dessen eigener praktischer Kampf ist. RevolutionärInnen lehnen jede Stellvertreterpolitik gegenüber dem Proletariat einschließlich des Guerillakrieges getrennt vom Klassenkampf ab.

In außerordentlichen Situationen kann sich der proletarische Klassenkampf zur sozialen Revolution radikalisieren. Dann ist die revolutionäre Klassenkampforganisation notwendig. Wir verstehen darunter die Organisation der Revolution. Diese wird sowohl durch die informelle Aktion des Proletariats als auch durch offizielle Organe der klassenkämpferischen Selbstorganisation geprägt sein. Die Aufgabe der revolutionären Klassenkampforganisation wird die Aufhebung der Warenproduktion (Punkt 1) und die revolutionäre Zerschlagung des Staates (Punkt 2) sein. Gelingt dies, dann transformiert sich die revolutionäre Klassenkampforganisation in die klassen- und staatenlose Gemeinschaft. Die revolutionäre Klassenkampforganisation ist also die Selbstaufhebung des Proletariats als Prozess.

Diese revolutionäre Organisation des Proletariats kann nur die Warenproduktion aufheben und den Staat zerschlagen, wenn sie ganz auf der kollektiv-solidarischen Selbstorganisation der Klasse ohne bürokratische Apparate und BerufspolitikerInnen beruht. Hauptamtliche Gewerkschafts- und ParteifunktionärInnen sowie BerufspolitikerInnen haben in der revolutionären Klassenkampforganisation des Proletariats nichts zu suchen! Revolutionäre Kleingruppen der vorrevolutionären Zeit gehen in der revolutionären Klassenkampforganisation auf. Diese kann nur die klassen- und staatenlose Gesellschaft gebären, wenn sie bereits mit deren Organisationsprinzipien schwanger geht.

Wir wissen nicht, wie die zukünftige revolutionäre Klassenkampforganisation aussehen wird. Die ArbeiterInnen- und Soldatenräte der europäischen revolutionären Nachkriegskrise (1917-1923) waren nur potenziell und tendenziell revolutionär. Sie hatten sich noch nicht das klare Ziel der Aufhebung der Warenproduktion und der revolutionären Zerschlagung des Staates gestellt. Und sie wurden zum Beispiel in Russland zuerst von menschewistischen und „sozialrevolutionären“ BerufspolitikerInnen deformiert, die versuchten die Sowjets in den proprivatkapitalistischen Staat zu integrieren. Später wurden bolschewistische BerufspolitikerInnen in den Sowjets immer stärker. Die Bolschewiki forderten demagogisch: „Alle Macht den Sowjets!“ Als sie dann mit Hilfe der Sowjets die politische Macht erobert hatten, zerschlugen sie diese als Organe des selbstorganisierten Klassenkampfes. Daraus gibt es nur eine Lehre zu ziehen: BerufspolitikerInnen raus aus der revolutionären Klassenkampforganisation! Allen politischen Parteien – auch den linkskommunistischen – und Gewerkschaften einschließlich der anarchosyndikalistischen, die die Führung des revolutionären Proletariats anstreben, muss ordentlich auf die Finger geklopft werden!

6. Revolutionäre Kritik des Antifaschismus. SozialrevolutionärInnen bekämpfen die Demokratie kompromisslos – so wie alle anderen Staatsformen. Sie kämpfen gegen FaschistInnen, Nazis sowie Militärputsche und -diktaturen, aber verteidigen niemals die Demokratie. So wie der Antifaschismus im Zweiten Weltkrieg und im spanischen BürgerInnenkrieg demokratische Regimes gegen faschistische Staaten und Militärputsche unterstützte und damit das große kapitalistische Massaker am Weltproletariat mit organisierte, ist er auch heute in den verschiedenen Gemetzeln Teil der Rechtfertigungsideologien und Mobilisierung für die Demokratie. RevolutionärInnen lehnen Einheits- und Volksfronten mit bürgerlichen Kräften – einschließlich der Sozialdemokratie, des Marxismus-Leninismus und des Trotzkismus gegen den Neofaschismus ab. Sie bekämpfen ihn auf klassenkämpferisch-revolutionärer Grundlage.

Das ist die Lehre aus dem spanischen BürgerInnenkrieg (1936-1939), bei dem die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung – von den StalinistInnen und SozialdemokratInnen über die linkssozialistische POUM bis zur anarchosyndikalistischen CNT – mit anderen bürgerlichen Kräften eine Volksfront bildete, gegen die die Generäle unter Franco putschten. Die Volksfront führte sowohl einen innerkapitalistischen und sozialreaktionären BürgerInnenkrieg gegen die putschenden Generale als auch einen Klassenkampf von oben gegen das Proletariat und den linken Flügel der Volksfront (POUM und Basis der CNT). Den Klassenkampf von oben gewann die Volksfront, während sie den BürgerInnenkrieg gegen Franco verlor. RevolutionärInnen mussten sowohl die Volksfront als auch die putschenden Generäle bekämpfen.

7. Gegen nationale „Befreiung“/Selbstbestimmung/Autonomie. Die Nationen sind Zwangs- und Scheingemeinschaften aus Kapital und Lohnarbeit. Ihr organisierender Kern ist der Nationalstaat. Nationen beruhen ökonomisch auf der erfolgreichen Vermehrung des Nationalkapitals, politisch auf der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols und ideologisch auf den Nationalismus. Der Letztgenannte integriert die Lohnabhängigen in die jeweiligen Nationalstaaten und spaltet das Weltproletariat. Dieses wird in der globalen Interaktion der Nationen – sowohl kooperative Konkurrenz als auch konkurrenzförmige Kooperation – erbarmungslos verheizt. Die ProletarierInnen werden durch den Nationalismus in blutigen Gemetzeln aufeinandergehetzt – im Interesse des Weltkapitalismus.

RevolutionärInnen bekämpfen die nationalistische Benachteiligung und Unterdrückung von kulturellen, sprachlichen und religiösen Minderheiten sowie den Rassismus gegen Menschen mit bestimmten Hautfarben. Aber auch dagegen, dass aus diesen Minderheiten durch nationalistische Politik neue Nationen geformt werden. Für die dann entweder Autonomie in bestehenden Nationalstaaten verlangt und durchgesetzt (wie zum Beispiel „die KurdInnen“ im Nordirak und in Syrien) oder einen neuen unabhängigen Nationalstaat aufgemacht werden. Nationale „Befreiung“/Selbstbestimmung und Autonomie kann nur Kapital und Staat reproduzieren, aber eben nicht überwinden. Gegen nationalistische Unterdrückung hilft keine nationale „Befreiung“, sondern nur die soziale Befreiung von der Nation durch die mögliche Weltrevolution und die globale klassen- und staatenlose Gemeinschaft. In der globalen Konkurrenz der Nationen unterstützen die RevolutionärInnen keinen, sondern bekämpfen alle.

8. Gegen den Pazifismus. Der (klein)bürgerliche Pazifismus tritt für den bürgerlichen Frieden sowohl innerhalb der als auch zwischen den kapitalistischen Staaten ein. Doch dieser ist lediglich die nichtmilitärische Form der Konkurrenz aller gegen alle. Er ist asozial und gewalttätig. Im Inneren beruht er auf dem staatlichen Gewaltmonopol und in der Außenpolitik auf Aufrüstung. Der bürgerliche Frieden innerhalb des Kapitalismus ist nicht die Alternative zum Krieg, sondern dessen Quelle.

Der Pazifismus verlangt die freiwillige, kooperative und nennenswerte Abrüstung der kapitalistischen Staaten. Doch die ist aufgrund der globalen Konkurrenz illusorisch. Es kann nur eine wirkliche Abrüstung geben: die Zerschlagung aller Staaten durch die mögliche globale Revolution. Kompromissloser Klassenkrieg! Weltproletariat gegen Weltbourgeoisie!

9. Grundsätzliche Kritik sowohl des kapitalistischen Patriarchats als auch der bürgerlichen Frauenemanzipation im Kapitalismus. Für den revolutionären Kampf gegen das kapitalistische Patriarchat. Das kapitalistische Patriarchat ist sowohl klassenübergreifend als auch klassenspezifisch. Frauen sind innerhalb der Bourgeoisie (Kapitalistinnen, Managerinnen, Berufspolitikerinnen und Spitzenbeamtinnen) unterrepräsentiert, während die Proletarierinnen einer sexistischen Extrauausbeutung unterworfen werden. So sind zum Beispiel Frauenlöhne durchschnittlich niedriger als Männerlöhne. Ein Ausdruck des kapitalistischen Patriarchats ist auch, dass die meisten biosozialen Reproduktionstätigkeiten (einkaufen, reinigen der Wohnung, Pflege von kranken und/alten Menschen, Beaufsichtigung und Erziehung von Kindern…) sowohl innerfamiliär als auch durch Lohnarbeit durchschnittlich hauptsächlich von Frauen verrichtet werden. Weitere Aspekte des kapitalistischen Patriarchats sind die Degradierung der Frauenkörper zum Sexualobjekt – besonders in Pornographie und Prostitution –, patriarchal-sexistische Gewalt gegen Frauen einschließlich von Femiziden sowie staatliche Repression gegen Abtreibungen.

Der (klein)bürgerliche Feminismus kämpft für Gleichberechtigung von Frauen und Männern innerhalb des Kapitalismus und damit der Klassenspaltung. Er erkämpfte in seiner Geschichte das Frauenwahlrecht, die Zulassung von Frauen zu bestimmten Berufen und immer mehr Berufspolitikerinnen und Wirtschaftsmanagerinnen. Und auch die sexistische Extraausbeutung der Frauen konnte abgemildert werden. Die völlige Durchsetzung der bürgerlichen Frauenemanzipation innerhalb des Kapitalismus würde bedeuten, dass Frauen innerhalb der Bourgeoisie nicht mehr unterrepräsentiert und die Proletarierinnen nicht mehr sexistisch extra ausgebeutet werden sowie die biosozialen Reproduktionstätigkeiten gleichmäßig unter den Geschlechtern, aber ungleichmäßig zwischen den Klassen verteilt werden. Die Durchsetzung von Punkt eins ist wahrscheinlicher als der Punkte 2 und 3. Jedoch haben die Proletarierinnen nichts davon, wenn sie von mehr Politikerinnen regiert, von Kapitalistinnen ausgebeutet und von Chefinnen herumkommandiert werden. Der bürgerliche Feminismus führt geradewegs zur „feministischen Außenpolitik“ kapitalistisch-imperialistischer Staaten…

Auch wenn der (klein)bürgerliche Feminismus es noch so sehr leugnet: es gibt auch weiblichen Sexismus gegen Männer. Klar, die bürgerliche Kleinfamilie ist grundsätzlich – auch von ihrer Geschichte her – patriarchal und vom männlichen Sexismus geprägt. Aber es gibt auch zwischenmenschliche Beziehungen, in denen Frauen Männer unterdrücken. Und auch sexuelle Belästigung von Männern durch Frauen. Dieser weibliche Sexismus kommt auch teilweise im (klein)bürgerlichen Feminismus zum Ausdruck. Zum Beispiel wenn in der feministischen Ideologie teilweise unterschwellig anklingt, aber manchmal auch offen behauptet wird: Frauen sind die besseren Menschen. Oder wenn einige Feministinnen gegen trans Frauen als „Männer in Frauenkleidern“ hetzen. Das ist nicht „nur“ transfeindlich, sondern auch sexistisch gegen Männer. RevolutionärInnen bekämpfen den weiblichen Sexismus genauso konsequent wie den männlichen.

RevolutionärInnen stellen der bürgerlichen Frauenemanzipation im Kapitalismus grundsätzlich den revolutionären Kampf gegen das Patriarchat gegenüber. Durch die soziale Revolution sowie die klassen- und staatenlose Gemeinschaft können viele biosoziale Reproduktionstätigkeiten, die im Kapitalismus hauptsächlich innerfamiliär und von Frauen verrichtet werden, auf freiwilliger Grundlage vergesellschaftet und auf alle Geschlechter fair verteilt werden. Nur durch die revolutionäre Aufhebung der Ware-Geld-Beziehung sowie des sozialen und sexuellen Elends kann auch die Prostitution überwunden werden. Ihr staatliches Verbot, die Teile des Feminismus fordern, können diese nur in den Untergrund treiben und das Leben der Prostituierten erschweren.

10. Gegen heterosexuelle und geschlechtliche Normierungen – aber auch gegen die verlogene staatliche „Regenbogentoleranz“ und kleinbürgerliche Identitätspolitik. RevolutionärInnen bekämpfen sowohl die staatliche Repression gegen Menschen, die der heterosexuellen und binären Geschlechternorm nicht entsprechen – homo-/bisexuelle, nichtbinäre und trans Menschen – in jenen Ländern, wo diese besteht, als auch die verlogene „Regenbogentoleranz“ von in dieser Frage liberaleren Nationen und Staatenbündnisse. Grundsätzlich braucht der Kapitalismus keine heterosexuellen und geschlechtlichen Normierungen. Solange Schwule, Lesben, nichtbinäre und trans Menschen durch fleißige Produktion und aufgeschlossenem Konsum das Kapital vermehren sowie brave StaatsbürgerInnen sind, ist für den modernen Liberalismus alles in Ordnung. Liberale Staaten und Staatenbündnisse wie die Europäische Union (EU) machen auch die „Regenbogentoleranz“ zur imperialistischen Waffe gegen Staaten, mit denen sie aus anderen Gründen konkurrieren und die repressiv die heterosexuelle und geschlechtliche Normierung durchsetzen.

RevolutionärInnen unterschieden zwischen biologischen Geschlechtern, sozialen Geschlechterrollen und individuellen Geschlechtsidentitäten. Soziale Geschlechterrollen wollen sie durch die soziale Revolution aufheben (siehe Punkt 9), während sie alle individuelle Geschlechtsidentitäten tolerieren, solange die sich nicht gegen andere richten. Soll jede/r nach seiner/ihrer Fasson glücklich werden. Aber RevolutionärInnen wissen auch, dass im Kapitalismus alle Identitäten – unter anderem „Nation“, Hautfarbe, Religion, biologisches Geschlecht, soziale Geschlechterrolle und individuell Geschlechtsidentität sowie sexuelle Orientierung – zu Kostümen im Konkurrenzkampf aller gegen alle werden. Der rechtskonservativ-neofaschistische Konkurrenzchauvinismus gegen „AusländerInnen“, „Nichtweiße“, Homosexuelle, nichtbinäre und trans Menschen genau wie die linksliberale Hetze gegen „cis-Männer“ und „alte, weiße Männer“ – damit die jungen, „nichtweißen“ Frauen innerhalb von KleinbürgerInnentum und Bourgeoisie ordentlich Karriere machen können. RevolutionärInnen bekämpfen sowohl die rechtskonservativ-neofaschistische als auch die linksliberale Identitätspolitik als Konkurrenzchauvinismus und Spaltung des Weltproletariats.

11. Grundsätzliche Kritik des bürgerlichen „Umweltschutzes“ innerhalb des Kapitalismus. Für die Reinigung des Planeten von kapitalistischem Dreck! Das kapitalistische Produktionsverhältnis, in dem sich alles um die grenzenlose Vermehrung des Tauschwertes/Geldes dreht, ist absolut sozialreaktionär und zerstörerisch gegen die pflanzliche und tierische Mitwelt. Die massenhafte Vergiftung, Zubetonierung, Vermüllung und Entwaldung unseres Planeten, der Klimawandel und das massenhafte Artensterben sind lebensgefährliche Ausdrücke der vom Kapitalismus permanent produzierten sozialökologischen Krise. Die technokratischen Versuche der kapitalistischen Staaten den Klimawandel zumindest einzudämmen, verschärfen diese Krise nur. Elektromobilität statt Verbrennungsmotor! Auf dass der lebensgefährliche, ressourcenverschwenderische und zerstörerische, aber eben auch sehr profitable Individualverkehr weiter reproduziert wird. Und Wälder für neue Autobahnen weichen müssen. Eindämmung des Klimawandels durch Windräder in „Naturschutzgebieten“! So sehen die „Lösungen“ der kapitalistischen Technokratie aus.

Auch die klassenübergreifende Umweltbewegung ist aus sich heraus nicht in der Lage, die kapitalistische Vernichtung der pflanzlichen und tierischen Mitwelt sowie den Klimawandel aufzuhalten. Nur die mögliche Weltrevolution kann durch die Überwindung der kapitalistischen Produktions- und Konsumtionsverhältnisse die ökosoziale Krise eindämmen. Dies spricht nicht dagegen, dass RevolutionärInnen an lokalen Bewegungen gegen konkrete kapitalistische Naturzerstörungen teilnehmen, um radikalisierende Impulse zu geben. Aber sie müssen immer die strukturelle kleinbürgerliche Beschränktheit auch der radikalsten klassenübergreifenden Umweltbewegung kritisieren. In der institutionalisierten Umweltbewegung, also in den verschiedenen kleinbürgerlichen Vereinen, haben RevolutionärInnen grundsätzlich nichts verloren.

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Neue Broschüre: Analyse und Kritik der Warenproduktion https://swiderstand.blackblogs.org/2023/07/26/neue-broschuere-analyse-und-kritik-der-warenproduktion/ Wed, 26 Jul 2023 22:26:30 +0000 https://swiderstand.blackblogs.org/?p=642 Unsere neue Broschüre „Analyse und Kritik der Warenproduktion“ (ca. 139 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

Gebrauchs-, Produktions- und Tauschwert

I. Gebrauchs- und Produktionswert – allgemeine Kategorien der menschlichen Produktion

1. Der Gebrauchswert

2. Der Produktionswert

II. Der Tauschwert – besondere Kategorie der Warenproduktion

1. Die Entwicklung des Tauschwertes mit der Produktion für den Austausch

2. Tausch- und Gebrauchswert in der Warenproduktion

3. Tausch- und Produktionswert in der Warenproduktion

4. Der Mehrwert – ein ganz besonderer Teil des kapitalistisch produzierten Tauschwertes

5. Das Dreiecksverhältnis Tausch-, Gebrauchs-, und Produktionswert in der Warenproduktion

III. Kritik der marxistischen Begriffsverwirrung

1. Keine klare Unterscheidung zwischen Produktions- und Tauschwert

2. Nicht Doppel-, sondern Dreifachcharakter der Ware

Warenproduktion

I. Kleinbürgerliche Warenproduktion und kapitalistischer Handel

1. Kleinbürgerlich-selbstproduktives Eigentum an den Produktionsmitteln

2. Die embryonale Ausbeutung von Lohnarbeit in der kleinbürgerlichen Warenproduktion

3. Kapitalistischer Waren- und Geldhandel.

II. Kapitalistische Warenproduktion

1. Von der kleinbürgerlichen zur kapitalistischen Warenproduktion

2. Kapitalistische Warenproduktion auf Basis der Sklaverei

3. Kapitalistische Warenproduktion auf Basis der Lohnarbeit

4. Die Krisendynamik der industriekapitalistischen Warenproduktion

Die Entwicklung des Geldes als Verselbständigung und Abstraktion des Tauschwertes

1. Der noch nicht verselbständigte Tauschwert beim Naturaltausch

2. Die Herausbildung des allgemein anerkannten Tauschmittels

3. Die Funktionen des Geldes

4. Produktions- und Tauschwert des Metallgeldes

5. Gold als Weltgeld

6. Die Emanzipation des Buch- und Papiergeldes gegenüber der metallischen Basis

Ware-Geld-Beziehungen als verdinglichte gesellschaftliche Verhältnisse

1. Freie Marktsubjekte und Konkurrenzindividuen

2. Warenästhetik

3. Geldfetischismus

Die politische Organisation der industriekapitalistischen Warenproduktion

1. Politische Macht und Ohnmacht der Bourgeoisie in der eurasischen Übergangsperiode zum Industriekapitalismus

2. Staatlich garantierte freie Marktsubjektivität

3. Wirtschaftlicher und politischer Liberalismus

4. Die Integration der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung in den demokratischen Staat

5. Die extreme Mitte, Rechts- und Linksreaktion

6. Staatsinterventionismus und (klein)bürgerlicher Konkurrenzindividualismus

7. Der Nationalismus der freien Marktsubjekte und Konkurrenzindividuen

8. Sozialökonomische Aspekte des Imperialismus

Praktisch-geistige Reproduktion oder revolutionäre Aufhebung des Tauschwertes?!

I. Die marxistische und anarchistische Reproduktion des Tauschwertes

1. Inkonsequenzen des klassischen Marxismus

2. Die marxistisch-leninistische Verstaatlichung der Warenproduktion

3. Der Trotzkismus als eine oppositionelle staatskapitalistische Ideologie

4. Marktsozialismus

5. Die anarchistische Reproduktion der Warenproduktion

II. Die kommunistische Überwindung des Tauschwertes

1. Objektive Voraussetzung: ein großer Anteil des Weltproletariats an der globalen Bevölkerung

2. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die revolutionären Tendenzen des reproduktiven Klassenkampfes

3. Objektiv-subjektive Voraussetzung: revolutionäre Situationen

4. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die revolutionäre Klassenkampforganisation

5. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die antipolitische Zerschlagung des Staates

6. Objektiv-subjektive Voraussetzung: die gesamtgesellschaftliche Verfügungsgewalt über Produktionsmittel

7. Objektiv-subjektive Voraussetzung und Folge: die klassen- und staatenlose Weltgemeinschaft

III. Inkonsequenzen auf einem richtigen Weg

1. GIK, Grundprinzipien kommunistischer Produktion und Verteilung

2. Guenther Sandleben, Gesellschaft nach dem Geld

Geldfetischismus

Die verdinglichte menschlich-gesellschaftliche Ware-Geld-Beziehung produziert notwendigerweise ein falsches Bewusstsein, den Geldfetischismus. Das tote Ding Geld bekommt in der Ideologie der Marktsubjekte – und auch ProletarierInnen sind als VermieterInnen ihrer Arbeitskraft und als KäuferInnen von Lebensmitteln kleinbürgerliche Marktsubjekte – eine lebendige Gestalt. Es bekommt Eigenschaften von lebendigen Menschen angedichtet. Dieser Geldfetischismus kommt auch in Alltagssprüchen zum Ausdruck. Zum Beispiel in diesem: „Geld regiert die Welt.“ Geld kann nicht regieren. Es sind kapitalistische GeldbesitzerInnen, die die Welt regieren, aber nicht das tote Ding Geld. Es ist der menschliche Besitz des Geldes, die Macht demonstriert. Die Macht, sich Arbeitskräfte zu mieten, Prostituierte sexuell zu benutzen oder sich Regierungsentscheidungen zu kaufen. Es sind die gesellschaftlichen Beziehungen der Menschen in einer kapitalistischen Warengesellschaft, die dem toten Ding Geld eine solche Macht verleihen. Und auch kapitalistische GeldbesitzerInnen werden von der Ware-Geld-Beziehung und deren Krisen mehr beherrscht, als dass sie umgekehrt die Ware-Geld-Beziehung beherrschen.

„Geld muss arbeiten!“ lautet eine Weisheit der kapitalistischen Warenproduktion. Sie ist durch und durch falsches Bewusstsein, wie sie aber notwendigerweise von der verdinglichten menschlich-gesellschaftlichen Ware-Geld-Beziehung produziert wird. Geld kann nicht arbeiten. Es sind produktionsmittelbesitzende KleinbürgerInnen und Lohnabhängige, die materiell-praktisch Waren und warenförmige Dienstleistungen produzieren, deren Verkauf dann das Geld vermehrt. In der kapitalistischen Warenproduktion vermehren die ProletarierInnen durch ihre Lohnarbeit das Geld der Bourgeoisie. „Geld muss arbeiten“ lenkt von der Ausbeutung des proletarischen Menschen durch die menschlichen Produktionsmittel- und GeldbesitzerInnen ab. „Arbeitendes“ beziehungsweise „sich vermehrendes Geld“ ist die Umwandlung des Geldkapitals in menschliches produktives Kapital, das dann für die Bourgeoisie noch mehr Geld produziert. Die wirkliche Produktivität der LohnarbeiterInnen wird durch den Geldfetischismus zur scheinbaren Produktivität des Kapitals beziehungsweise der Bourgeoisie. Dies wird auch durch die Bezeichnung „kapitalistische WarenproduzentInnen“ für KapitalistInnen deutlich. Doch KapitalistInnen produzieren keine Waren, sondern lassen diese von ihren Lohnabhängigen produzieren und verkaufen. Der positive Geldfetischismus, der in dem Satz „Geld muss arbeiten“ so „wunderbar“ zum Ausdruck kommt, verschleiert also die kapitalistische Ausbeutung der Lohnarbeit.

Zum negativen Geldfetischismus neigen dagegen weltweit Millionen ProletarierInnen, die am Ende des Geldes noch so viel Monat übrighaben. Die nicht wissen, wie sie die wichtigsten Dinge bezahlen sollen und deshalb nachts nicht schlafen können. Viele fluchen dann laut oder leise: „Scheiß Geld!“. Doch es ist nicht das tote Ding Geld, was sie bedrückt, es sind die verdinglichten menschlich-gesellschaftlichen Verhältnisse, die sie dazu sozialökonomisch zwingen, ihre Arbeitskraft gegen Geld zu vermieten, um sich dafür dann die notwendigsten Lebensmittel zu kaufen. Es ist die kapitalistische Produktionsweise, die die grenzenlose Vermehrung des Geldes zum Hauptzweck des ganzen Geschehens macht. Deren Tendenz dafür ProletarierInnen überauszubeuten, so dass deren biosoziale Reproduktion gefährdet ist. So dass diejenigen, die ganz viel Geld für die Bourgeoisie produzieren, in der Regel relativ – und nicht gerade selten auch absolut – wenig selbst davon haben. Der Fluch „Verdammtes Geld!“ lenkt von den Gesetzmäßigkeiten der kapitalistischen Warenproduktion nicht weniger ab wie der positive Geldfetischismus.

Der negative Geldfetischismus reagiert sich wütend und hasserfüllt am Geld ab, während die anderen politökonomischen Kategorien der bürgerlichen Gesellschaft bejaht und begrüßt werden. So ist es bei vielen linken und rechten IdeologInnen gang und gebe die „Realwirtschaft“ – also die kapitalistische Warenproduktion – gegen die böse Finanz- und Bankenwelt auszuspielen. Als ob nicht die ganze „Realwirtschaft“ notwendig vom Ziel befeuert würde, das Geld grenzenlos zu vermehren. Wer zwischen Banken und der „Realwirtschaft“ als zwischen „böse“ und „gut“ unterscheidet, ist objektiv ein/e Demagoge/in.

Der negative Geldfetischismus wird von den untereinander konkurrierenden Marktsubjekten – einschließlich der ProletarierInnen – gegenseitig moralisierend als ethischer Überbau des Konkurrenzkampfes in Stellung gebracht. Die jeweils anderen denken nur an das Geld! So kann die sozialökonomische Tatsache, dass fast alle Menschen im Kapitalismus die verdinglichte Ware-Geld-Beziehung leben und gezwungenermaßen ihr Leben, Tun, Denken und Fühlen mehr oder weniger vom Geld bestimmt ist, ausgeblendet, von sich selbst als Marktsubjekt abgelenkt und moralisierend-gehässig auf die jeweils anderen gelenkt werden. Der negative Geldfetischismus verband sich mit dem Antijudaismus und richtete sich mörderisch-hasserfüllt gegen „die Geldjuden“. Die kleinbürgerliche und kapitalistische Warenproduktion badete sich in Judenblut, wodurch auch „arische“ KleinbürgerInnen und Bourgeois ihr Geld auf Kosten der jüdischen Konkurrenz vermehren konnten.

Für die Nazis waren die Juden eine geldgierige „Rasse“. Hier ein Zitat von Hitler, welches das ziemlich gut veranschaulicht. So schrieb er am 16. September 1919: „Der Antisemitismus als politische Bewegung darf nicht und kann nicht bestimmt werden durch Momente des Gefühls, sondern durch die Erkenntnisse von Tatsachen. Tatsachen aber sind: Zunächst ist das Judentum unbedingt Rasse und nicht Religionsgemeinschaft. Und der Jude selbst bezeichnet sich nie als jüdischen Deutschen, jüdischen Polen oder etwa jüdischen Amerikaner, sondern stets als deutschen, polnischen oder amerikanischen Juden. Noch nie hat der Jude von fremden Völkern, in deren Mitte er lebt, viel mehr angenommen als die Sprache. Und damit ergibt sich die Tatsache, dass zwischen uns eine nichtdeutsche, fremde Rasse lebt, nicht gewillt und auch nicht imstande, ihre Rasseneigenarten zu opfern, ihr eigenes Fühlen, Denken und Streben zu verleugnen, und die dennoch politisch die gleichen Rechte besitzt wie wir selber. Bewegt sich schon das Gefühl des Juden im rein Materiellen, so noch mehr sein Denken und Streben. Der Tanz ums Goldene Kalb wird zum erbarmungslosen Kampf um alle jene Güter, die nach unserem inneren Gefühl nicht die höchsten und einzig erstrebenswerten auf dieser Erde sein sollen.

Sein Mittel zum Kampf ist jene öffentliche Meinung, die nie ausgedrückt wird durch die Presse, wohl aber immer durch sie geführt und gefälscht wird. Seine Macht ist die Macht des Geldes, dass sich in Form des Zinses in seinen Händen mühe- und endlos vermehrt, und den Völkern jenes gefährlichste Joch aufzwingt, dass sie seines anfänglichen goldenen Schimmers wegen so schwer in seinen späteren traurigen Folgen zu erkennen vermögen. Alles was Menschen zu Höherem streben lässt, sei es Religion, Sozialismus, Demokratie, es ist ihm alles nur Mittel zum Zweck, Geld- und Herrschgier zu befriedigen. Sein Wirken wird in seinen Folgen zur Rassentuberkulose der Völker.“

Hier sehen wir deutlich, wie der Kleinbürger Hitler den negativen Geldfetischismus mit der „wissenschaftlichen Rassenlehre“ verknüpfte. Die eigene kleinbürgerliche Konzentration auf das Geld wurde auf die „anderen“, die Juden und Jüdinnen, projiziert und diese Objekte der eigenen Projektion fanatisch bekämpft. Nun ja, indem die Nazis 1933 von der Mehrheit der deutschen Bourgeoisie als ihre offiziellen Folterknechte und Mordbuben gemietet wurden, konnten nicht wenige Nazibonzen ihre Taschen mit Geld füllen. Durch die „Arisierung der deutschen Wirtschaft“ konnten „arische“ KapitalistInnen auf Kosten der enteigneten jüdischen Bourgeoisie ihr Geld vermehren. Negativer Geldfetischismus als Moment des Konkurrenzkampfes im Rahmen der Geldvermehrung.

…..

Der Wirtschaftsliberale Silvio Gesell hatte nichts gegen die kapitalistische Warenproduktion an sich, als negativer Geldfetischist reagierte er sich am zinstragenden Bankkapital ab. Als ArbeiterInnen galten ihm fast alle Klassen und Schichten der kapitalistischen Gesellschaft, von den KönigInnen bis zu den HilfsarbeiterInnen – nur die von Kapitalzinsen Lebenden galten ihm als SchmarotzerInnen. Das war die alte Gegenüberstellung des „produktiven“ Kapitals, das in der Industrie und im Handel angelegt war, gegen das „schmarotzende“ zinstragende Kapital. Diese Ideologie, die nicht nur von Gesell produziert wurde, unterschlägt, dass im Kapitalismus nur das Proletariat und das KleinbürgerInnentum produktiv sind. Erstere vermehrt durch dessen Arbeit das Kapital der Bourgeoisie. Der Zins, von dem einige Angehörige der Bourgeoisie leben, ist lediglich ein Teil des Mehrwertes, der durch die Ausbeutung des Proletariats entsteht. Auch unterschlug Gesell, dass es auch dem Industrie- und Handelskapital um die Vermehrung des Tauschwertes, also des Geldes, geht. Gießkannen, Panzer und pazifistische Bücher werden nur hergestellt, wenn ihre Produktion und Verkauf den KapitalistInnen mehr einbringen als das ganze kostet. Allerdings verband Gesell seinen negativen Geldfetischismus nicht mit dem Antijudaismus, er stellte also das zinstragende Kapital nicht als „jüdisches“ dar. Total reaktionär war seine Ideologie trotzdem, weil sie die Quelle des kapitalistischen Geldreichtums, die Ausbeutung des Proletariats im Produktionsprozess, verdunkelte. Gesell war also ein Freund der kapitalistischen Warenproduktion und ein negativer Geldfetischist. Er kam auf die Idee ein „Schwundgeld“ oder „Knochengeld“ zu schaffen, das Geld sollte also aus einem Material geschaffen werden, das seine Substanz verlieren würde und deshalb nicht gehortet werden könnte.

Auch der kommunistische Anarchist Erich Mühsam (siehe Kapitel I.5 der Schrift Praktisch-geistige Reproduktion oder revolutionäre Aufhebung des Tauschwertes) triftete teilweise in negativen Geldfetischismus ab. Er schrieb über die Geldtheorie von Gesell: „…seine Geldtheorie dagegen scheint berufen, nicht, wie er annahm das Wirtschaftsregulativ der freiheitlichen Gesellschaft zu werden, wohl aber das Übergangsverfahren vom kapitalistischen Währungssystem zum geldlosen Kommunismus zu ermöglichen.“ (Erich Mühsam, Ein Wegbahner. Nachruf zum Tode Gesells 1930, in: Klaus Schmitt (Hg.), Silvio Gesell. Marx der Anarchisten? Texte zur Befreiung der Marktwirtschaft vom Kapitalismus und der Kinder und Mütter vom patriarchalischen Bodenunrecht,Karin Kramer Verlag, Berlin 1989, S. 297.) Der letzte Satz ist natürlich Unsinn. Mühsam zeigt sich hier als negativer Geldfetischist, der sich am Ding Geld abreagiert, anstatt darüber nachzudenken wie die verdinglichten Tauschverhältnisse der Warenproduktion, also die Ware-Geld-Beziehungen durch eine klassen- und staatenlose gesamtgesellschaftliche Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel aufgehoben werden kann (siehe Kapitel II.6 des Textes Praktisch-geistige Reproduktion oder revolutionäre Aufhebung des Tauschwertes).

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Neue Broschüre: Krieg und Frieden in der kapitalistischen Internationale https://swiderstand.blackblogs.org/2022/05/31/krieg-und-frieden-in-der-kapitalistischen-internationale/ Tue, 31 May 2022 22:42:48 +0000 http://swiderstand.blackblogs.org/?p=344 Unsere neue Broschüre „Krieg und Frieden in der kapitalistischen Internationale“ (ca. 136 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

I. Die kapitalistische Internationale und das Weltproletariat
1. Das globale Kapitalverhältnis
2. Kapitalistische Globalisierung
3. Das Weltproletariat
4. Die internationale institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung
5. Die Notwendigkeit einer globalen antipolitisch-sozialrevolutionären Strömung
6. Die mögliche Weltrevolution

II. Allgemeine Betrachtung über Krieg und Frieden
1. Krieg und Frieden innerhalb des Weltkapitalismus
2. Kooperation und Konkurrenz in der kapitalistischen Internationale
3. Krisendynamik, Krieg und Klassenkampf

III. Der Krieg in der Ukraine
1. Vorgeschichte und BürgerInnenkrieg
2. Der russische Angriffskrieg
3. Der indirekte Krieg des westlichen Imperialismus gegen Russland
4. Internationale Reaktionen und Folgen
5. Die Mobilmachung der deutschen Nationaldemokratie
6. Klassenkampf gegen den Krieg!
7. Die Kriegs- und Friedenslinke des Kapitals

Vorgeschichte und BürgerInnenkrieg

Der erste Kalte Krieg endete mit dem nationalistischen Zerfall der Sowjetunion Ende 1991, aus dem Russland als größter Nachfolgestaat hervorging. Der Westen intervenierte gegen den Widerstand Russlands imperialistisch in Jugoslawien, er unterstütze alle innerjugoslawischen Nationalismen die gegen den serbischen Nationalismus, der unter jugoslawischer Maske agierte, gerichtet war. So wurde Jugoslawien nationalistisch-imperialistisch in sieben Nationalstaaten zerschlagen. Durch den imperialistischen Krieg von 1999 half die NATO der albanisch-nationalistischen UÇK die ehemalige serbische Provinz, die vorwiegend von „AlbanerInnen“ bewohnt war, abzuspalten. Ab 2008 ist der Kosovo ein „selbständiger“ Nationalstaat, dessen politische Unabhängigkeit von Serbien von EU und NATO unterstützt wurde. SozialrevolutionärInnen mussten währen der Jugoslawien-Kriege in den 1990er Jahren alle Nationalismen, Jugoslawien und den westlichen Imperialismus bekämpfen.

Der westliche Imperialismus nutzte die sozialökonomische und politische Schwäche Russlands während der Transformationskrise der 1990er Jahre auch zur expansiven Ostausdehnung seiner Bündnissysteme EU und NATO. So traten am 12. März 1999 Tschechien, Polen und Ungarn der NATO bei. Am 29. März 2004 folgten Estland, Lettland, Litauen, Bulgarien, Rumänien, Slowakei und Slowenien. Der Beitritt von Albanien und Kroatien am 1. April 2009 zum westlichen Militärbündnis war imperialistischer Ernst, aber kein Aprilscherz. Montenegro trat am 5. Juni 2017 der NATO bei. Am 27. März 2020 wurde auch Nordmazedonien Teil dieses imperialistischen Kriegsbündnisses. Russland lehnte die Osterweiterung des westlichen Militärbündnisses von Anfang an ab, konnte sie aber realpolitisch nicht verhindern. Die Osterweiterung der EU erfolgte in folgenden Schritten: Am 1. Mai 2004 traten Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechien sowie Ungarn bei. Es folgten am 1. Januar 2007 Bulgarien und Rumänien. Die imperialistische Osterweiterung von NATO und EU schränkte die Macht des russischen Imperialismus stark ein. Schließlich war Osteuropa davor die Einflusszone des sowjetischen Imperialismus, die sich Moskau im Zweiten Weltkrieg erobert hatte.
Doch die imperialistische Ostexpansion von EU und NATO stieß bereits im Jahre 2008 in Georgien auf die erbitterte Gegenoffensive des russländischen Imperialismus. Das nun privatkapitalistische Russland hatte seine Transformationskrise überwunden und konnte sich wieder stabilisieren. Georgien ging genau wie Russland aus dem nationalistischen Zerfall des sowjetischen Imperialismus hervor. Allerdings gab es auch in Georgien nationalistischen Zank. So spaltete sich bereits 1990 Südossetien faktisch von Georgien ab, was aber von den meisten Staaten nicht anerkannt wurde, weshalb es völkerrechtlich als Teil der georgischen Nation gilt. 1990 wurde dieser Streit zwischen Georgien und Südossetien auch militärisch ausgetragen, wobei Russland auf Seiten Südossetiens intervenierte. Im Juni 1992 schlossen Russland und Georgien ein Waffenstillstandsabkommen, aufgrund dessen „Friedenstruppen“ – wieder einmal trat der imperialistische Frieden bewaffnet auf, anders ist er auch gar nicht zu haben –, bestehend aus georgischen, südossetischen und russischen Soldaten, in Südossetien stationiert wurden. In der Nacht vom 7. zum 8. August 2008 versuchte der inzwischen prowestliche georgische Imperialismus, der Richtung NATO strebt, Südossetien militärisch zurück zu erobern, wobei es auch zu Gefechten mit den russischen „Friedenstruppen“ kam. Nun schlug der russische Imperialismus militärisch zurück. Innerhalb von fünf Tagen nahmen russische Truppen Südossetien ein und rückten auf georgisches Staatsgebiet vor. Das prowestliche Georgien fuhr eine erhebliche Niederlage ein. Der russische Imperialismus erkannte am 26. August 2008 dann auch Südossetien und Abchasien – ein weiteres Gebiet, dass sich faktisch von Georgien abgespalten hatte, aber von den meisten Staaten nicht als eigenständiges politisches Subjekt anerkannt wurde – als unabhängig von Georgien an. So wie der westliche Imperialismus die Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien anerkannte. Das imperialistische Eingreifen des Kremls in Georgien führte aber nur zu einer kurzen Verstimmung zwischen dem Westen und Russland.
Im Streit um die Ukraine ab 2013 entzündete sich der zweite Kalte Krieg zwischen Russland und dem Westen. Die Ukraine lavierte lange zwischen der EU und Russland. Ab einem bestimmten Punkt war dieses Lavieren nicht mehr möglich, weil jedes Lager sie im alleinigen Einflussgebiet haben wollte. Moskau wollte die Ukraine gerne in den vom russischen Imperialismus dominierten eurasischen Wirtschaftsblock integrieren. Das war die Zollunion aus Russland, Belarus und Kasachstan. Die EU wollte mit der Ukraine ein Assoziierungsabkommen abschließen, um sie wirtschaftlich vollständig zu dominieren. Doch das Janukowitsch-Regime entschied sich, auch wegen Druck aus Russland, im November 2013 dieses Abkommen mit der EU nicht zu unterzeichnen. Die EU und die USA unterstützten anschließend eine sozialreaktionäre Protestbewegung auf dem Maidan gegen Janukowitsch. Diese bestand aus einem prowestlich-neoliberal-demokratischen und einem ultranationalistisch-faschistischen Flügel. Wir bezeichnen die Maidan-Bewegung deshalb als demokratisch-faschistische Sozialreaktion. SozialrevolutionärInnen bekämpften sowohl das Janukowitsch-Regime und den Kreml als auch den westlichen Imperialismus und die prowestlich-nationalistische Opposition in der Ukraine. Letzterer gelang Ende Februar 2014 das Janukowitsch-Regime zu stürzen und durch ein prowestliches zu ersetzen. Dieses neue prowestliche Regime wurde von der NATO systematisch aufgerüstet. Am 21. März 1914 unterzeichneten die EU und die Ukraine den politischen Teil des Assoziierungsabkommens und am 27. Juni 2014 das Abkommen selbst.
USA und EU waren sich ab 2013 in der Gegnerschaft zum Janukowitsch-Regime und zu Moskau sowie in der tatkräftigen Unterstützung der Maidan-Bewegung einig, aber sie konkurrierten auch gegenseitig um Einfluss in der Ukraine. Während der deutsche Imperialismus, der ökonomisch die EU dominiert, den Ex-Boxer Witali Klitschko unterstütze, der nach dem politischen Machtwechsel Bürgermeister von Kiew wurde, sponsorte Washington Arsenij Jazenjuk, dem späteren Ministerpräsidenten der Ukraine. Die USA zeigten Berlin mal wieder die lange Nase.
Moskau ging nach dem Sturz von Janukowitsch zur Gegenoffensive über. Der russländische Imperialismus annektierte im März 2014 die ukrainische Halbinsel Krim als Stützpunkt seiner Schwarzmeerflotte und unterstützte im ukrainischen BürgerInnenkrieg ab April dieses Jahres die prorussischen „Volksrepubliken“ – auch nach ihrem geographischen Ort „Donbass-Republiken“ genannt – Donezk und Lugansk. Diese waren Ausdruck der mentalen Spaltung der ukrainischen Bevölkerung. Im Westen des Landes war diese eher prowestlich und ukrainisch-nationalistisch, was sie zur Manövriermasse der inländischen demokratisch-faschistischen Maidan-Sozialreaktion und des westlichen Imperialismus machte, aber im Osten eher prorussisch, was von Moskau genutzt wurde. Die „Volksrepubliken“ waren aber kein Kunstprodukt des russischen Imperialismus, sondern entstanden aus der inneren Dynamik des beginnenden BürgerInnenkrieges zwischen ukrainisch-nationalistisch-prowestlichen und prorussischen Kräften. SozialrevolutionärInnen mussten in diesem BürgerInnenkrieg überall auf der Welt sowohl das prowestliche Regime in Kiew als auch die prorussischen „Volksrepubliken“ bekämpfen.
Der BürgerInnenkrieg in der Ukraine war von Anfang an auch ein Stellvertreterkrieg zwischen dem westlichen und dem russischen Imperialismus. Das Kiewer Regime war auch ohne formelle Mitgliedschaft in EU und NATO fest in den westlich-imperialistischen Block integriert, während die „Donbass-Republiken“ vom Kreml politisch, finanziell, wirtschaftlich und militärisch unterstützt wurden. Am 14. April 2014 wurde auf der Website des ukrainischen Präsidenten der Ukas 405/2014 veröffentlicht. In diesem wurden die ukrainischen Streitkräfte zu einer „antiterroristischen Operation“ gegen die „Volksrepubliken“ aufgerufen. Anfang Mai 2014 setzte der ukrainische Staat gegen die von der „Volksrepublik Donezk“ kontrollierte Stadt Slawjansk zum ersten Mal Artillerie ein. Wochenlang wurde die Stadt beschossen.
Anfang Juli 2014 begann der ukrainische Staat eine Militäroffensive gegen die „Donbass-Republiken“. Das ukrainische Militär war natürlich besser ausgerüstet und ausgebildet als die „Volksfreiwilligen“ des Donbass. So gelang den Streitkräften des Kiewer Regimes im Juli 2014 einen Großteil der Gebiete der „Volksrepubliken“ zurück zu erobern. Doch dann griff der russische Imperialismus in den BürgerInnenkrieg ein. Moskau entsandte in einer geheimen Aktion Militär in den Donbass, um eine Niederlage der „Volksrepubliken“ zu verhindern. Für den russischen Imperialismus kämpften in der Ukraine gut ausgebildete SoldatInnen ohne Hoheitsabzeichen. Die Kreml-Propaganda sprach von Genozid des ukrainischen Regimes an der Donbass-Bevölkerung.
Durch das Eingreifen Moskaus wurde die Offensive des ukrainischen Staates gegen die „Volksrepubliken“ zum Stehen gebracht. Was machen Staaten noch mal, wenn sie militärisch nicht weiterkommen? Richtig, sie führen Friedensgespräche und handeln Abkommen aus. So wurden dann zwischen dem Regime in Kiew und den „Volksrepubliken“ im September 2014 und im Februar 2015 die beiden Waffenstillstandsabkommen Minsk I und Minsk II abgeschlossen. Die drei Garantiemächte dieses Waffenstillstandes waren Deutschland, Frankreich und Russland. Dieser Waffenstillstand wurde von beiden Seiten immer wieder gebrochen. So starben in dem ukrainischen BürgerInnenkrieg im Donbass bis zur Invasion des russischen Imperialismus im Februar 2022 über 14.000 Menschen. Nach Angaben des russischen Ermittlungskomitees – also nach der Kreml-Propaganda – vom Februar 2022 starben etwa 2.600 ZivilistInnen im Donbass. Der in Minsk II versprochene besondere Status für die nicht vom ukrainischen Regime kontrollierten Donbass-Gebiete wurde nicht umgesetzt. Auch verhängte der ukrainische Staat ab Anfang Dezember 2014 einen vollständigen Wirtschafts- und Finanzboykott gegen die „Donbass-Republiken“. Diese begannen am Tropf des Kremls zu hängen. Außerdem verteilte Moskau an die Menschen in den „Volksrepubliken“ russische StaatsbürgerInnenschaften. Auf diese Weise war die imperialistische Einmischung Russlands in der Ukraine auch mit dem Propagandagrund des „Schutzes von russischen StaatsbürgerInnen“ abgesichert. Kurz vor der imperialistischen Invasion des Kremls in der Ukraine, forcierte das Kiewer Regime seine militärischen Angriffe gegen die „Donbass-Republiken“.
Die demokratisch-faschistische Sozialreaktion in der Ukraine, die sich auf dem Maidan gebildet und das Janukowitsch-Regime gestürzt hatte, bewährte sich auch im BürgerInnenkrieg. Der Faschismus in der Ukraine agierte als äußerste rechte Fraktion des demokratischen Herrschaftssystems. Freie Wahlen legitimierten weiterhin die politische Herrschaft. Allerdings gingen die demokratischen Repressionsorgane gewalttätig gegen prorussische und politisch linke Kräfte vor. So wurde die „Kommunistische“ Partei faktisch in die Illegalität getrieben. Die Verwendung ihrer Symbole wurde mit Haft bestraft. In diesem ideologischen Klima wurden zwei Mal prowestliche Nationaldemokraten an die Spitze des Staates gewählt. Am 25. Mai 2014 der Oligarch Petro Poroschenko und im Mai 2019 Wolodymir Selenskij.
Die ukrainische Nationaldemokratie ging auch nach dem prowestlichen Staatsstreich im Februar 2014 zur Zwangsassimilation der Russischsprechenden und der Diskriminierung der russischen Sprache über. Etwa 30 Prozent der Bevölkerung der Ukraine betrachteten Russisch als ihre Muttersprache. So trat im Januar 2022 ein diskriminierendes Sprachengesetz in Kraft. Selbst propagandistische UnterstützerInnen der Ukraine im Westen wie zum Beispiel die FAZ-Kulturkorrespondentin Kerstin Holm, zeigten ihre Bestürzung über den nationalistischen Kulturkampf in der Ukraine gegen die russische Sprache. Sie schrieb am 18. Januar 2022 in ihrer Zeitung, dass mit diesem Gesetz „traditionell russischsprachige Städte“ nun „vom Westen des Landes kulturell assimiliert“ würden. (Zitiert nach: Harald Projanski, Nicht dialog-, nicht friedensfähig, in: junge Welt vom 19./20. März 2022, 13.)
Die ukrainische Nation besteht seit dem Zerfall der Sowjetunion im Jahre 1991. Wie alle Nationen ist auch die ukrainische ein Kunstprodukt der kapitalistischen Politik. Durch die langjährige territoriale Verbindung des Landes mit Russland/der Sowjetunion ergab sich für den russischen Imperialismus die Möglichkeit, die Existenz einer ukrainischen Nation überhaupt zu leugnen. Dieser großrussische Chauvinismus war Teil der Kriegspropaganda des Kremls ab Ende Februar 2022. Der heutige ukrainische Nationalismus wiederum bezieht sich positiv auf den faschistischen ukrainischen Nationalismus, der während des Zweiten Weltkrieges auf der Seite des deutschen Imperialismus gegen die Sowjetunion kämpfte und dabei massenmörderisch gegen die russische, polnische und jüdische Bevölkerung vorging. Nicht wenige ukrainische NationalistInnen kollaborierten während des Überfalls des deutschen Imperialismus auf die UdSSR mit den Hitlerfaschisten. Die SS Galizien war blutige Verkörperung dieser Kollaboration. Der Führer der ukrainisch-nationalistischen Nazikollaborateure von der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), Stepan Bandera, ist nicht nur für den heutigen faschistischen Flügel des ukrainischen Nationalismus, sondern auch für viele prowestliche DemokratInnen ein Nationalheld, während er für nicht wenige heutige ostukrainisch-prorussische Kräfte ein „Verräter“ darstellt. In einem Lied der OUN-Milizen hieß es: „Die Juden werden wir abschlachten, die Polen erdrosseln, aber die Ukraine müssen wir erkämpfen.“ So sangen sie nicht nur, so handelten sie auch. Die OUN war eindeutig an Hitlerdeutschland ausgerichtet, auch wenn die deutschen Nazis Bandera drei Jahre einsperrten, nachdem er am 30 Juni 1941 die Unabhängigkeit der Ukraine proklamiert hatte.
Doch der heutige prowestliche und antirussische demokratische Nationalismus braucht die OUN als Teil seiner Gründungsmythologie. So schrieb die ukrainische Kyivipost in einer „Top Ten der Lügen des Kremls“: „Faschisten sind keine Banderisten, und Banderisten sind keine Faschisten. Wäre Stepan Pandera, Führer der Organisation Ukrainischer Nationalisten, ein Faschist gewesen, er würde doch wohl keine drei Jahre von 1941 bis 1944 in einem deutschen Nazigefängnis verbracht haben (…)“ (Zitiert nach Thomas Eipeldauer, Faschistische Hegemonie, in: junge Welt vom 8./9. März 2014, S. 11.) Die Argumentation ist natürlich ziemlich fadenscheinig. Denn natürlich verhafteten die FaschistInnen auch FaschistInnen, so wie StalinistInnen StalinistInnen liquidierten und DemokratInnen heute noch repressiv gegen DemokratInnen vorgehen.
Nachdem der sowjetische Imperialismus Deutschland 1945 besiegt hatte, war der bewaffnete ukrainische Nationalismus aber noch nicht am Ende. Bis in die 1950er Jahre hinein kämpften die ukrainischen NationalistInnen in der Westukraine bewaffnet gegen den sowjetischen Imperialismus. Letzterer krönte seinen militärischen Sieg über die westukrainischen NationalistInnen mit der Ermordung Banderas. 1959 wurde der ukrainische Nationalist in München durch einen KGB-Agenten liquidiert.
Und auf diese faschistische Tradition kann die heutige ukrainische Nationaldemokratie nicht verzichten. In den ukrainischen Schulbüchern wurde Bandera als ein Nationalheld dargestellt. Obwohl der heutige Präsident der Ukraine Selenskij selbst Jude ist, konnte auch er nicht auf diesen faschistischen Teil der nationalistischen Traditionspflege verzichten. Diese ist ein starker politideologischer Ausdruck der demokratisch-faschistischen Sozialreaktion in der Ukraine.
Im BürgerInnenkrieg gegen prorussische Kräfte und die „Donbass-Republiken“ wurde die demokratisch-faschistische Sozialreaktion in der Ukraine zur mörderischen Realpolitik. Ukrainische Oligarchen finanzierten am Anfang des BürgerInnenkrieges den Aufbau des faschistischen Bataillons „Asow“. Es wurde als „Sondereinheit der Miliz“ zur materiellen Gewalt, dass am 9. Mai 2014 in Mariupol Feiern von prorussischen Kräften zum Siegestag des sowjetischen Imperialismus im Zweiten Weltkrieg brutal zusammenschoss. Später wurde „Asow“ auf Regimentsstärke aufgestockt und der dem ukrainischen Innenministerium unterstellten Nationalgarde angeschlossen. Auf diese Weise wurden FaschistInnen institutioneller Teil der ukrainischen Nationaldemokratie.
Die demokratisch-faschistische Sozialreaktion in der Ukraine zeigt auch mal wieder den prokapitalistischen Charakter des Antifaschismus. Die Demokratie gegen den Faschismus verteidigen? In der Ukraine verteidigt sich die Nationaldemokratie mit Hilfe des Faschismus gegen in- und ausländische FeindInnen! Der Antifaschismus diente wiedermal als Rechtfertigungsideologie für einige LinksreaktionärInnen, um die prorussischen „Volksrepubliken“ und den Kreml gegen Kiew und den westlichen Imperialismus zu unterstützen (siehe Kapitel III.7).
In den Monaten vor der imperialistischen Invasion Russlands in der Ukraine begann Moskau militärisch und diplomatisch aufzurüsten. Der Kreml konzentrierte Truppen an der ukrainischen Grenze und verlangte ultimativ vom westlichen Imperialismus ein Ende der NATO-Osterweiterung, worauf dieser selbstverständlich nicht einging. Der kollektive Westen wiederum warnte Moskau vor einer militärischen Invasion in der Ukraine und drohte mit einer harten Antwort. Die europäischen Imperialismen Deutschland und Frankreich waren durch Minsk I und Minsk II direkt in der diplomatischen Betreuung des ukrainischen BürgerInnenkrieges eingebunden. Aber beide Abkommen hatten ja lediglich zu einem Krieg niederer Intensität, aber nicht zu einem stabilen bürgerlichen Frieden in der Ukraine geführt. Moskau bestand in den Monaten vor seinem Angriffskrieg auf diplomatische Verhandlungen mit Washington. Doch die Diplomatie konnte den imperialistischen Interessengegensatz zwischen dem Westen und Russland nicht mehr ausbalancieren. So knallte es wie bereits 2013/14 im Februar 2022 abermals in der Ukraine.

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Inhalt

Einleitung

I. Die Transformation zum Privatkapitalismus
1. Der Kapitalismus
2. Der sowjetisch-osteuropäische Staatskapitalismus
3. Die Todeskrise des sowjetisch-osteuropäischen Staatskapitalismus
4. Die Privatisierung des Kapitals
5. Das soziale Elend der Transformation
6. Die pluralistisch-demokratische Mehrparteien-Diktatur

II. Die Stellung Russlands und Osteuropas im Weltkapitalismus
1. Russland und Osteuropa in der globalen Offensive des Privatkapitals
2. Die relativ untergeordnete Integration Russlands und Osteuropas in den Weltkapitalismus
3. Die Ostexpansion von NATO und EU
4. Vom sowjetischen zum russischen Imperialismus
5. Russland und der Westen: Von der bedingten Kooperation zum zweiten Kalten Krieg

III. Klassenkämpfe
1. Das Proletariat als Manövriermasse der proprivatkapitalistischen Kräfte
2. Klassenkämpfe in der Privatwirtschaft
3. Klassenkämpfe im staatlichen Sektor
4. Die mögliche soziale Revolution in Russland und Osteuropa

Die Privatisierung des Kapitals

In den Nachfolgestaaten der Sowjetunion und Jugoslawiens sowie in den anderen Ländern Osteuropas transformierte sich die Staatsbourgeoisie in die privatkapitalistische Bourgeoisie. In Russland rekrutierten sich die neuen PrivatkapitalistInnen aus der Wirtschaftstechnokratie und aus dem „kommunistischen“ Politbonzentum – besonders aus dem Komsomol, dieser jungen Garde des Privatkapitals. Karl-Heinz Gräfe schrieb darüber: „Die Moskauer Soziologin Olga Krystanovskaja ermittelte (Stand 1994), dass während der Perestroika (1985-1991) der Kern der neuen wirtschaftlichen Elite vor allem aus folgenden sozialen und politischen Gruppen kam: 23 Prozent waren Direktoren größerer Betriebe und Angestellte in Ministerien (Promysleniki), 17 Prozent Komsomolfunktionäre, 15 Prozent Beschäftigte von Forschungseinrichtungen, 8 Prozent Angehörige aus wichtigen Ministerien sowie der obersten Schicht der Kultur- und Wissenschaftsintelligenz.“ (Karl-Heinz Gräfe, Die Herausbildung des oligarchischen Kapitalismus in Russland, in: Z., Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 99, September 2014, S. 34/35.)

Die erste Welle der Privatisierung des russischen Kapitals erfolgte von 1992 bis 1994. In dieser Phase sollten 20.000 von 25.000 Mittel- und Großbetrieben privatisiert werden. Um die Privatisierung des Kapitals nicht als das erscheinen zu lassen was sie war, nämlich die Geburt von PrivatkapitalistInnen als Kern der russischen Bourgeoisie, wurde vom Jelzin-Regime das Märchen vom „Volkskapitalismus“ inszeniert. So konnten die Belegschaften Anteile ihrer Betriebe erwerben. Diese Anteile lagen bei 40 Prozent. Außerdem waren 25 Prozent nicht handelbare Anteilsscheine auf mögliche Gewinnbeteiligungen der Firmen, die in Form von Dividenden ausgezahlt wurden. Dadurch wurde die Anzahl der sich in den Händen der Belegschaften befindenden stimmberechtigten Aktien auf 15 Prozent reduziert. Die übrigen 60 Prozent blieben in Besitz des russischen Staates oder wurden privatisiert. Außerdem waren die Belegschaftsaktien nicht namentlich gebunden, sie konnten also ohne Probleme weiter verhökert werden. Selbstverständlich entstand durch diese Art „Volkskapitalismus“ ein ungleiches Verhältnis zwischen dem Betriebsmanagement und den lohnabhängigen Belegschaften. Er begünstigte natürlich die ManagerInnen. Oft kauften die letzteren der Belegschaft ihre Aktien wieder ab und entwickelten sich so zu PrivatkapitalistInnen. Auch wurden durch die Hyperinflation – die wir weiter unten genauer beschreiben werden – der Nominalwert der Anteilsscheine faktisch wertlos, so dass viele Lohnabhängige diese unter ihrem Wert weiterverkauften.
Bis in den April 1994 wurden 80 Prozent der zu privatisierenden Betriebe in Aktiengesellschaften umgewandelt. Die Entstaatlichung des russischen Kapitals wurde erfolgreich organisiert. Im Jahre 1995 trug der Staat nur noch 55 Prozent zum russischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Die meisten Privatfirmen gingen aus der Entstaatlichung des Kapitals hervor. Der Anteil neu gegründeter Privatunternehmen an der Wertschöpfung betrug lediglich 20 Prozent.
Die erste Welle der Privatisierung des russischen Kapitals war mit der Liberalisierung der Wirtschaft verbunden. Dazu gehörte auch die Freigabe der Preise, die vorher vom Staat zentralbürokratisch festgelegt wurden. Bereits am 2. Januar 1992, also am zweiten Tag nach der Auflösung der Sowjetunion, gab der russische Staat die Verbraucherpreise – bis auf wenige Lebensmittel (Brot und Milch) sowie Dienstleistungen (öffentliche Verkehrsmittel) – frei. Die Folge war eine Hyperinflation. Diese betrug im Jahre 1992 874 Prozent und 1993 307 Prozent.
Auch das staatliche Außenhandelsmonopol wurde durch die privatkapitalistische Liberalisierung der Wirtschaft gebrochen. Privatfirmen beteiligten sich am Außenhandel. Hier waren die Übergänge von legalen ökonomischen Prozessen und Wirtschaftskriminalität besonders fließend. Der russische Staat vergab Lizenzen an private Kapitale zum Import von Technologie und Know-how. Durch den Erhalt der Lizenzen verfügten die Privatfirmen über gewisse Privilegien. So konnten sie zum Beispiel ausländische Währungen erwerben, um damit den Import ausländischer Waren zu finanzieren. Sowohl die Vergabe als auch der Entzug der Lizenzen durch die russische Regierung erfolgte nach undurchsichtigen Kriterien. Nach verschiedenen Schätzungen wurden zwischen 1992 und 1994 20 Prozent der gesamten russischen Erdöl- und 1/3 der der Metallproduktion aus Russland rausgeschmuggelt. Zur Drehscheibe dieses Schmuggels entwickelte sich das Baltikum.
Im Zuge der Transformation entwickelten sich in Russland auch Privatbanken. Neben den privatisierten staatlichen Banken gründeten sich auch neue private Geldinstitute. Deren Anzahl stieg bis 1995 auf über 2.500 an. Das Finanzkapital vermehrte sich überwiegend durch den Handel mit Devisen und russischen Staatsanleihen. Auch bildeten sich internationale Joint Ventures. So war die deutsche Dresdner Bank durch ihre Tochtergesellschaft Dresdner Kleinwort schon in den frühen 1990er Jahren auf dem russischen Kapitalmarkt vertreten. Die österreichische Raiffeisenbank gründete 1996 ihre Niederlassung in Russland.
Zwischen 1995 und 1997 entwickelte sich die zweite Privatisierungswelle in Russland. Diese wurde von der russischen Regierung mit Verpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) begründet. Als sich der russische Staat immer stärker verschuldete, bekam er vom IWF Kredite. So wurde die zweite Privatisierungswelle mit der Konsolidierung des russischen Staatshaushaltes begründet. Denn die Kreditvergabe des IWF an Russland war wie üblich mit Forderungen nach Etatkürzungen und Privatisierungen verbunden. Auf diese Weise trug der IWF zur weltweiten Offensive des Privatkapitals bei (siehe Kapitel II.1) – und zur globalen Verelendung des Proletariats. Das Jelzin-Regime konnte sich wiederum bei der ideologischen Rechtfertigung der zweiten Privatisierungswelle hinter dem IWF verstecken.
Bei dieser zweiten Welle der Privatisierung des russischen Kapitals konnten Privatbanken Aktienpakete staatlicher Unternehmen erwerben, indem sie dem Staat Kredite zur Haushaltsfinanzierung anboten. Dies geschah in so genannten Pfandauktionen (Aktien-Kredit-Swaps, AKS), die den Beteiligten viele Manipulationsmöglichkeiten bot. Ausländisches Kapital war dabei nicht zugelassen. So mästete der russische Staat auch durch die AKS ein einheimisches Privatkapital. Die Mindestangebote für die zu ersteigernden Betriebe waren sehr niedrig angesetzt. Auch durften die russischen Banken, die die Auktion organisierten, selbst mitbieten. Außerdem besaßen sie das Recht, die Gebote der Konkurrenz aus technischen Gründen zu disqualifizieren. Auf diese Weise wurden bis 1998 zwölf Aktienpakete verkauft. Der russische Staat nahm durch diese Privatisierung des Kapitals rund 700 Millionen Dollar ein.
Die Mehrheit der Aktienpakete übernahmen Banken. Deren Gebote gingen nicht 15 Prozent über das Mindestgebot hinaus. In einem Großteil der Fälle entsprach das noch nicht einmal dem Wert von zwei Jahresgewinnen der ersteigerten Firmen. Ein Beispiel für die zweite Welle der Privatisierung ist jene des Bergbau- und Metallurgiekonzerns Norilsk Nikel. Die Auktion wurde von der Oneksimbank durchgeführt. Erworben wurden 51 Prozent von der Norilsk Nikel – ebenfalls von der Oneksimbank, für lediglich 170 Millionen Dollar. Dagegen betrug der Jahresgewinn des Konzerns 1995 rund 3. Milliarden Dollar.
Der russische Staat war in der ursprünglichen Privatisierung des Kapitals dessen Gewaltapparat sowohl gegen konkurrierende Kapitalfraktionen, die eine langsamere und „behutsamere“ Entstaatlichung der Ökonomie anstrebten (siehe Kapitel I.6), als auch gegen das klassenkämpferische Proletariat (III.4). Nachdem die ziemlich „wilde“ Privatisierung durch die AKS eine mächtige und superreiche Schicht von Oligarchen als herrschendem Kern der russischen Bourgeoisie hervorbrachte, verbot der Staat diese im Jahre 1997. Bei der Durchführung der Privatisierungen in den 1990er Jahren erwies sich der russische Staat als politischer Gewaltapparat der entstehenden PrivatkapitalistInnen – und besonders deren mächtigsten Fraktion, den Oligarchen. Diese bekamen im Jelzin-Regime auch immer mehr politische Macht (siehe Kapitel I.6).
Typisch für die gewaltige sozialökonomische Macht der russischen Oligarchen sind große Finanzholdings, die verschiedene Industriebranchen miteinander verbinden. Ihre wirtschaftliche Macht beruht vorwiegend auf Banken beziehungsweise Finanzholdings, Rohstofffirmen und Medienkonzerne. Letzteres bedeutete, dass die Oligarchen auch eine große Rolle in der kapitalistischen Ideologieproduktion spielten. Innerhalb des privatisierten russischen Kapitals kam es zu einer enormen Konzentration und Zentralisation der sozialökonomischen Macht, welche auch nach imperialistischer Expansion verlangte (siehe Kapitel II.4).
Der russische Staat verschuldete sich gewaltig beim privatisierten Finanzkapital, welches wiederum von den Oligarchen beherrscht wurde. Um das Finanzkapital zu mästen, deregulierte der russische Staat den Bankensektor in den 1990er Jahren weitgehend. Ab 1996 wurden die staatlichen Vorschriften für den Devisenhandel weiter gelockert. Doch die Haupteinnahme des Finanzkapitals war die Spekulation mit russischen Staatsanleihen, mit dem die Banken allerdings ihren politischen Gewaltapparat in den Bankrott trieben. So gab das Jelzin-Regime zur Finanzierung seines Staatshaushaltes ab 1993 so genannte kurzfristige russische Staatsanleihen (GKO) aus. Sie waren mit einer ungewöhnlich kurzen Laufzeit verzinst, was die regierenden Charaktermasken des politischen Gewaltapparates dazu sozialökonomisch zwang, sich immer wieder aufs Neue zu verschulden – um alte Schulden begleichen zu können. Der russische Staat verblutete finanziell und das private Finanzkapital war ein verdammt gieriger Vampir. Dieses Finanzkapital, was von der Verschuldung des russischen Staates lebte, war vorherrschend russländisch-national. Der Anteil des ausländischen Finanzkapitals an der Spekulation mit russischen Staatsanleihen betrug lediglich 20 Prozent. Von 1994 bis 1997 brachten die GKO eine jährliche Rendite von 100 Prozent.
Bis zur russischen Finanzkrise von 1998 (siehe Kapitel II.2). Im Anschluss an diese Krise kam es zu einer Zunahme der politischen Regulierung der russischen Sozialökonomie. Und innerhalb des russischen Privatkapitalismus entwickelten sich wieder stärkere staatsinterventionistische und -kapitalistische Tendenzen (siehe Kapitel I.6).
Wie in Russland entwickelten sich in Osteuropa in den 1990er Jahren einheimische PrivatkapitalistInnen heraus – bis auf in Ostdeutschland, wo sich die westdeutsche Bourgeoisie das meiste privatisierte Kapital aneignete (siehe weiter unten in diesem Kapitel).
Im staatskapitalistischen Polen gab es den größten Privatsektor innerhalb des osteuropäischen Einflussgebietes des sowjetischen Imperialismus. So gab es kleinbürgerlich-kleinkapitalistisches Privateigentum in der Landwirtschaft, in industriellen Kleinbetrieben, Reparaturwerkstätten, Handel und Touristik. 1980/81 entwickelte sich die proprivatkapitalistische Gewerkschaft Solidarnosc als bürokratisch entfremdeter Ausdruck des proletarischen Klassenkampfes gegen den polnischen Staatskapitalismus (siehe Kapitel III.1). Um eine Invasion des sowjetischen Imperialismus in Polen zu verhindern, ging die inländische Staatsbourgeoisie schließlich mit der Verhängung des Kriegsrechtes gegen das klassenkämpferische Proletariat und Solidarnosc vor. Als 1985 Gorbatschow der neue Boss im Kreml wurde, setzte sich 1988 auch innerhalb der polnischen Staatsbourgeoisie die proprivatkapitalistische Fraktion – verkörpert in der Person von Mieczlaw F. Rakowski – durch. Sowohl der Solidarnosc-Apparat als auch der proprivatkapitalistische Flügel der Staatsbourgeoisie nutzten den proletarischen Klassenkampf und die Illusionen der Lohnabhängigen in Marktwirtschaft und Demokratie, um das Kapital zu privatisieren. Am Runden Tisch beschlossen Solidarnosc und der Rakowski-Flügel der Herrschenden Anfang 1989 die Transformation zum Privatkapitalismus.
Bei den teilweise freien Wahlen – siehe zu diesem demokratischen Herrschaftsmechanismus Kapitel I.6 – zum Parlament am 4. Juni 1989 konnte die Opposition die politische Macht erringen. Polnischer Ministerpräsident wurde einer der wichtigsten Solidarnosc-Berater, Tadeusz Mazowiecki. Diese Regierung organisierte die Privatisierung des Kapitals per Schocktherapie. Während es im Jahre 1990 in Polen noch mehr als 8.500 Staatsbetriebe gab, waren es 2014 noch 249.
Während der Todeskrise des osteuropäischen Staatskapitalismus zerfiel die Tschechoslowakei in die zwei privatkapitalistischen Staaten Tschechische Republik und Slowakische Republik. Über die wilde Form der Privatisierung des Kapitals in Tschechien schrieb Ilona Svihliková: „Für den Transformationsprozess spielte der Staat eine entscheidende Rolle. Die Regierung lehnte zwar aus ideologischen Gründen staatliche Eingriffe als ,soziales Ingenieurwesen‘strikt ab, führte aber gleichzeitig massive Eingriffe durch. Die Form und Geschwindigkeit des Privatisierungsprozesses und die Eigentumsübertragungen veränderten die ökonomische und soziale Struktur des Landes radikal. Die Privatisierung wurde nicht als Instrument, sondern als Ziel an sich präsentiert: Je schneller alles privatisiert wurde, desto besser für die Wirtschaft. Dabei war die so genannte ,Kleine Privatisierung‘eigentlich keine Privatisierung, da die Interessenten nur die Berechtigung erwerben konnten, z. B. ein kleines Ladengeschäft zu betreiben. Die Form dieser Privatisierung war so ,erfolgreich´, dass sie die Voraussetzung für das systematische Eindringen der ausländischen Handelsketten schuf.
Den wichtigsten Schritt stellte die Kuponprivatisierung dar. Die – zumindest offiziell propagierte – Idee bestand darin, einen ,Volkskapitalismus‘zu schaffen, in dem jeder Bürger Aktionär werden sollte. Vaclav Klaus zeigte sich gegenüber ausländischen Investoren abgeneigt und widersetzte sich dem Verkauf von Skoda an den deutschen Volkswagen-Konzern. Die aus der Kuponprivatisierung hervorgegangenen Kleinaktionäre hatten keinerlei Einfluss auf das Handeln der Betriebe. Sie verfügten weder über die notwendigen Informationen noch hatten sie entsprechende Erfahrung. Zudem waren sie unglaublich zersplittert. Die Rolle der Privatisierung wurde im Übrigen verzerrt. Ihr Sinn sollte eigentlich nicht darin bestehen, so schnell wie möglich neue Eigentümer zu finden, sondern das Verhalten der Betriebe zu verändern. Vorteile hatten natürlich jene Personen, die besser als die normalen Bürger über den wirklichen Stand der Betriebe informiert waren, und die so genannten Investitionsfonds, die zumeist von Banken gegründet worden waren. Die Banken befanden sich aber (noch) im Staatseigentum. Der Konzentrationsprozess vollzog sich schnell, da die meisten Bürger Bargeld bevorzugten und der Ausverkauf des nationalen Reichtums der sozialen ,Abfederung‘diente. (Anmerkung von Nelke: Das Gerede vom nationalen Ausverkauf ist ein Klassiker des Rechts- und Linksnationalismus.) Milos Pick konstatierte, dass sich sehr schnell eine neue Machtpyramide herausgebildet hatte: etwa 500 Familien kontrollierten die ganze Wirtschaft, ohne sie zu besitzen. Damit ist eigentlich ein neues ,ökonomisches Politbüro‘entstanden, das nie gewählt wurde. (Anmerkung von Nelke: Hier wird wieder fleißig demokratisches Untertanentum reproduziert. Für die DemokratInnen ist Herrschaft legitim, solange die Herrschenden von den Herrschaftslosen durch freie Wahlen legitimiert werden, siehe dazu auch Kapitel I.6.) ,Extreme Konzentration der ökonomischen Macht, extrem abgehoben von hochgradig zersplittertem Streubesitz – das ist das Ergebnis der Kuponprivatisierung‘(M. Pick, Stát blahobytu, nebo kapitalismus? My a svet v ére neoliberlismu 1989-2006, Grimmus, Vsen 2009, S. 42.)
Jan Stráský, ein ehemaliger Mitarbeiter von Václav Klaus, hat 2013 in einem sehr kritischen Interview nach all den Jahren offen zugegeben, dass die Privatisierung als ein Prozess organisiert wurde, bei dem man ,das Licht ausschaltete´, damit die ,Fähigsten‘den Reichtum unter sich verteilen konnten. Er beschreibt in dem Interview (Rozkradena rebublika?, Ekonom, c. 14, 2013, str. 6-7) die Methoden, mit denen das gemacht wurde. Andere Kritiker betonen die Bedeutung der Amnestie, die Václav Klaus kurz vor Ende seiner Amtszeit als Präsident Anfang 2013 erließ: Diejenigen, die sich durch die Privatisierung bereichert hatten und die die Politik und Medien beherrschen bzw. besitzen, sollten nie juristisch belangt werden. Die Geschwindigkeit, mit der die Privatisierung durchgesetzt wurde, war entscheidend: Es ging darum, möglichst schnell eine ,Elite‘zu schaffen, die den Prozess der neoliberalen Politik tragen würde.“ (Ilona Svihliková, Der Übergang zum Kapitalismus in der Tschechischen Republik, in: Z., Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 99, a.a.O., S. 75-77.)
Im Gegensatz zu den meisten nachsowjetischen und osteuropäischen Nationalstaaten wurde die Transformation zum Privatkapitalismus in Belarus nicht „wild“ und mittels einer neoliberalen Schocktherapie durchgeführt. Dort setzten die regierenden Charaktermasken auf einen etatistischen Staatsinterventionismus, in dem auch Staatsfirmen weiterhin eine große Rolle spielten. Schleichend wuchs aber auch dort der Privatsektor.
Die Institution, die das einstige ostdeutsche Staatskapital vorwiegend im Interesse der westdeutschen Bourgeoisie privatisierte oder per Betriebsschließungen vernichtete – auf diese Weise wurde Konkurrenz aus dem Wege geräumt – war die Treuhandanstalt (THA). Ihr Erfinder war der kleinbürgerliche Demokrat aus der einstigen DDR-Opposition Wolfgang Ullmann, der am Runden Tisch – an dem die gewendeten DDR-Regime-Parteien und die kleinbürgerliche Opposition zusammensaßen und tagträumten, während der bundesdeutsche Imperialismus die nackten Tatsachen des Anschlusses schuf – einen typischen „Dritten Weg“ zwischen Privat- und Staatskapitalismus ausklügelte, wobei selbstverständlich alle politökonomischen Kategorien der bürgerlichen Gesellschaft reproduziert wurden: Ware, Geld, Kapital, Lohnarbeit und Staat. So sollte in die Treuhandanstalt nach Herrn Ullmann das gesamte DDR-Staatskapital eingebracht werden und durch Anteilsscheine ein Viertel davon an die ostdeutsche Bevölkerung privatisiert werden. Die restlichen Dreiviertel sollten Staatseigentum bleiben beziehungsweise zur Begleichung von Schulden und Restitutionsansprüchen verwendet werden. Privateigentum an Produktionsmitteln? Aber sicher doch, aber das privatisierte Staatseigentum sollte schön an die kleinen Leute und nicht an die großen Konzerne gehen. Das waren die KleinbürgerInnenträume eines „Dritten Weges“, der mit der sozialrevolutionären Alternative zum Kapitalismus, die gesamtgesellschaftliche Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel in einer klassen- und staatenlosen Gesellschaft, nicht das Geringste zu tun hatte. Die bundesdeutsche Bourgeoisie, die die kleinbürgerlichen politischen Oppositionellen als nützliche IdiotInnen zur Destabilisierung des SED-Regimes genutzt hatte, schob beim imperialistischen Anschluss Ostdeutschlands die kleinbürgerlichen TagträumerInnen einfach beiseite und schuf harte Fakten.
Durch die „freien Wahlen“, die selbstverständlich die ostdeutschen Marionetten des westdeutschen Politbetriebes gewannen, waren dann die Machtverhältnisse zur Privatisierung des ostdeutschen Staatskapitals im Hauptinteresse der westdeutschen Bourgeoisie klar. Am 17. Juni 1990 wurde mit der Mehrheit der Regierungsparteien der DDR dann das „Gesetz über die Privatisierung und Reorganisation des volkseigenen Vermögens (Treuhandgesetz)“ beschlossen. Die Treuhandanstalt wurde zum verlässlichen Instrument der Privatisierung und Plattmachung der ostdeutschen Wirtschaft. So wurden 85 Prozent des Produktivvermögens an westdeutsches oder an ausländisches Kapital verkauft. Siemens zum Beispiel kaufte von der Treuhand 16 ehemalige DDR-Betriebe zum Schnäppchenpreis von insgesamt 250 Millionen D-Mark. Wir sind keine kleinbürgerlichen ostdeutschen RegionalistInnen. Auch eine Privatisierung, welche stärker eine ostdeutsche Kapitalbildung gefördert hätte, wäre aus revolutionärer Sicht natürlich genauso zu kritisieren gewesen wie die vorwiegende reale Übernahme der ostdeutschen Wirtschaft durch westdeutsches Kapital.
Jörg Roesler schrieb über die Privatisierung des ostdeutschen Kapitals im Interesse der westdeutschen Bourgeoisie: „Die entscheidenden dauerhaften Veränderungen in der Wirtschaft in Richtung kapitalistischer Produktionsverhältnisse vollzogen sich in den (ab Oktober 1990) Bestandteil der Bundesrepublik werdenden ,neuen Bundesländern‘(NBL) auf dem Gebiet der Eigentumsverhältnisse. (Anmerkung von Nelke: Roesler meint hier die Transformation vom Staats- zum Privatkapitalismus. Für Roesler war die DDR nicht staatskapitalistisch, sondern „sozialistisch“.) Mit dem 1. Juli 1990 hatte die Treuhandanstalt (THA) als nunmehr reine Privatisierungsbehörde ihre Arbeit aufgenommen. Sie übernahm die Verantwortung für die Transformation von 8.500 Betrieben mit 45.000 Betriebsteilen und 4,1 Millionen Beschäftigten, d.h. für 40 Prozent aller Beschäftigten in der DDR. Als sie Ende Dezember 1994 ihre Tätigkeit nach der Durchsetzung von mehr als 15.000 Privatisierungen einstellte, war in den NBL in der Industrie – im beträchtlichen Maße auch in der Landwirtschaft – an Stelle des staatssozialistischen (= staatskapitalistischen, Anmerkung von Nelke) privatkapitalistisches Eigentum getreten. Nur im geringen Maße wurde Staatseigentum rekommunalisiert.
Die übergroße Mehrheit (ca. 85 Prozent) der Betriebsverkäufe ging – gemessen an der Zahl der Arbeitsplätze – an Unternehmen in den alten Bundesländern. Seitens der von der Bundesregierung über das Finanzministerium gesteuerten, vom Bundestag und den Landtagen der NBL kaum kontrollierten, THA waren nach Einschätzung des SPD-Politikers Sigmar Gabriel Übernahmekonditionen ausgelobt worden ,die für manche Unternehmer unbestreitbar einen hohen Reiz ausübten, in die neuen Bundesländer zu wechseln´. Diese günstigen Bedingungen galten nicht für ausländische Unternehmen, die die Bundesregierung eher fernzuhalten trachtete. An sie wurden aus dem Fonds der Staatsbetriebe 1.860 Betriebe bzw. Betriebsteile mit knapp 10 Prozent der Beschäftigten verkauft, überwiegend an Firmen aus den USA, Frankreich und Großbritannien.
Den Gedanken, auch ostdeutschen Managern die Möglichkeit zu geben, sich in ,Unternehmer-Eigentümer‘zu verwandeln, hatte die Bundesregierung zunächst nicht ernsthaft erwogen. Erst Ende 1991/Anfang 1992, als die THA nicht mehr umhin konnte, zu akzeptieren, dass für ganze Gruppen von kleinen und mittleren Betrieben Ostdeutschlands von westdeutscher Seite kein Interesse bestand, korrigierte die Bundesregierung ihre Haltung und stimmte der Privatisierung auf dem Wege des Management-Buy-Out (MBO) bzw. Management-Buy-In (MBI) zu. Insgesamt handelte es sich um 2.100 Betriebe. Gemessen an den Beschäftigten betrug deren Anteil allerdings lediglich 6 Prozent. Da die meisten früheren ,Wirtschaftskapitäne‘aus Ostdeutschland nicht genügend Startkapital besaßen, waren sie bestrebt, sich mit westdeutschen Mittelstands-Unternehmen gleicher Branche zusammen zu tun, die über Investitionsmittel und über ausgebaute Vertriebswege verfügten (MBI). Für die rein ostdeutschen MBO-Betriebe erwiesen sich die materiellen Anforderungen vielfach als zu groß, so dass sie nach wenigen Jahren liquidiert oder an westdeutsche Unternehmen verkauft werden mussten. Für die MBI steht als erfolgreichstes Unternehmen die Sektkellerei Rotkäppchen in Freyburg/Unstrut, für das Schicksal der MBO das aus dem VEB Florena Waldheim hervorgegangene zunächst sehr erfolgreiche Unternehmen Florena Cosmetic GmbH, das 2002 vom Hamburger Beiersdorf-Konzern übernommen wurde. Ähnlich dem Schicksal der MBO war das der erst 1972 verstaatlichten privaten und ,halbstaatlichen‘Unternehmen, die die THA 1990/91 reprivatisiert hatte – insgesamt knapp 3.000 kleinere Unternehmen.
Zur Herausbildung einer eigenen spezifischen Kapitalistenklasse ist es in der DDR demnach, wenn überhaupt, nur marginal gekommen. Es dominiert in Ostdeutschland eine kleinteilige Wirtschaftsstruktur. Damit waren auch keine nennenswerten Möglichkeiten zur Vermögensanhäufung durch ostdeutsche Unternehmer gegeben. Anders als in einigen Ländern Osteuropas sind ,Oligarchen‘in der Ex-DDR nicht anzutreffen. Der gewerbliche Mittelstand rekrutiert sich aus dem – bis 1989 überwiegend privat gebliebenen bzw. genossenschaftlich arbeitenden Handwerk, sowie aus den nach 1990 weiterhin überwiegend genossenschaftlich arbeitenden Landwirten, auf deren Betriebe die THA in der Regel keinen Zugriff erhalten hatte. Dazu gehört auch ein Teil der ehemals leitenden Angestellten von Ladengeschäften, Gaststätten, Hotels, Apotheken, Buchhandlungen und Kinos, die per Kreditaufnahme in Zusammenhang mit der bereits 1990/91 von der THA durchgeführten ,kleinen Privatisierung‘Eigentümer geworden waren.“ (Jörg Roesler, Ostdeutschland seit 1990, in: Z., Zeitschrift Marxistische Erneuerung Nr. 99, a.a.O., S. 55-57.)

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Inhalt

Einleitung

1. Nationalkapitalistische Demokratien als politische Diktaturen

2. Nationalkapitalistischer „Sozialismus“

3. Globale Kooperation und Konkurrenz zwischen privat- und
staatskapitalistischen Nationen

4. Die mühsame Herausbildung des antinationalen Kommunismus

5. LinksdemokratInnen sind strukturelle NationalistInnen

6. Nationaldemokratischer Antifaschismus

7. Nationalkapitalistischer „Antiimperialismus“

8. Linksnationale Hetze gegen unsere migrantischen Klassengeschwister

9. „Weltoffenheit“ als politisch korrekter Nationalismus

10. EU-Patriotismus und nationale Austrittsbewegungen

Nationalkapitalistischer „Antiimperialismus“

Imperialismus ist die sozialökonomische, politisch-diplomatische, ideologisch-propagandistische und militärisch-kriegerische Expansion der Nationalkapitale und -staaten. Sozialrevolutionärer Antiimperialismus ist der konsequente Kampf gegen alle Nationalismen und für die globale klassen- und staatenlose Gesellschaft. Linksnationaler „Antiimperialismus“ ist dagegen die Unterstützung von Nationalismen, die noch keinen eigenen Staat hervorgebracht haben, wie der katalanische und der palästinensische, oder „progressiver Regierungen“ gegen den westlichen Imperialismus. Immer seitenverkehrt zum westlichen Imperialismus lehnen linksnationale „AntiimperialistInnen“ manchmal allerdings auch nationale „Befreiung“ ab. So verteidigten viele von ihnen in den 1990er Jahren Serbien/Jugoslawien gegen separatistische Nationalismen und den NATO-Krieg, während SozialrevolutionärInnen alle kriegführenden Seiten bekämpften.
Dieser linke „Antiimperialismus“ ist nicht „nur“ nationalkapitalistisch, sondern auch proimperialistisch. Er unterstützt Imperialismen gegen andere. So unterstützte der linksnationale Proimperialismus in der Vergangenheit die staatskapitalistische Sowjetunion und/oder das maoistische China. Der moskautreue Partei-„Kommunismus“ (D„K“P) verteidigte den sowjetischen Imperialismus von Anfang bis zum Ende. Die MaoistInnen der MLPD stehen hinter Moskau bis 1956, der „Entstalinisierung“ der UdSSR durch Chruschtschow, und hinter Peking bis zum Tod Maos. Die „K“PD/ML stellte sich hinter das staatskapitalistische Albanien, das 1960 mit Moskau und 1978 mit Peking brach und sich in Jugoslawien imperialistisch einmischte, indem es den kosovoalbanischen Nationalismus unterstützte. Gemeinsames Band der verfeindeten MarxistInnen-LeninistInnen ist es jedoch, die imperialistische Eroberung Osteuropas als Vorgarten des sowjetischen Imperialismus während des Zweiten Weltkrieges als antifaschistische Befreiung hochzujubeln. Und auch der Trotzkismus verteidigte „kritisch“ die „bürokratisch entarteten ArbeiterInnenstaaten“ gegen den privatkapitalistischen Imperialismus.
Doch während „radikalere“ MarxistInnen-LeninistInnen und TrotzkistInnen wenigstens den heutigen privatkapitalistischen russischen und chinesischen Imperialismus bekämpfen, sitzen D„K“P und junge Welt tief in den Arschlöchern der Moskauer und Pekinger Machthaber. Die widerliche junge Welt verteidigt sogar die blutige Niederschlagung der Studierendenbewegung – an deren Rande auch einige ArbeiterInnenaktivistInnen agierten – durch China im Juni 1989, die 421 Menschen das Leben kostete. Damals war die Transformation vom Staats- zum Privatkapitalismus schon im vollen Gange, aber noch lange nicht beendet. Die Studierenden verlangten von den regierenden Partei-„KommunistInnen“ nicht nur „Marktwirtschaft“, sondern auch Demokratie als Staatsform. Die Auseinandersetzung war also eine innerhalb der proprivatkapitalistischen Sozialreaktion. SozialrevolutionärInnen hätten am Rande der Studierendenbewegung antikapitalistische Positionen vertreten müssen. (Siehe zu den damaligen Ereignissen: Nelke, Der chinesische Kapitalismus. 2. Teil. Von 1979 bis heute, Soziale Befreiung 2016, S. 77-82.)
Der Linksreaktionär Gerhard Feldbauer verteidigte in der jungen Welt vom 4. Juni 2019 das partei-„kommunistische“ Massaker an der prodemokratischen Studierendenbewegung. Seine „antiimperialistische“ Rechtfertigung der Blutorgie des chinesischen Imperialismus: „Hätte die chinesische Führung vor 30 Jahren der Konterrevolution nachgegeben, hätte das zu einem verheerenden Bürgerkrieg mit Millionen Toten führen können, der die Welt in unvorhersehbarer Weise destabilisiert hätte. Mit der Verteidigung ihrer Unabhängigkeit und ihres eigenständigen Weges zu einer sozialistischen Gesellschaft hat die Volksrepublik auf dem Tiananmen-Platz (der Ort des Massakers, Anmerkung von Nelke) dieser brandgefährlichen Entwicklung auf internationaler Ebene Einhalt geboten. Auf dieser Grundlage ist sie heute ein Sicherheitsfaktor für Nordkorea, Verbündete bei der Verteidigung der Unabhängigkeit Kubas und Venezuelas sowie anderer Staaten in Lateinamerika, Afrika und Asien. Damit ist die Volksrepublik heute ein Hoffnungsträger, der den USA in ihren Weltherrschaftsstreben einen Riegel vorschiebt.“ (Gerhard Feldbauer, Es drohte ein Bürgerkrieg, in: junge Welt vom 4. Juni 2019, S. 6.) China, Kuba, Venezuela und deren „antiimperialistischer“ Schwanz sind Teil des nationalkapitalistischen Alptraums, Herr Feldbauer!
Diese linksnationalen ProimperialistInnen verteidigen oder verharmlosen auch die Annexion der Krim durch das Putin-Regime 2014 oder dessen militärische Unterstützung Syriens ab 2015. Besonders widerliche „AntiimperialistInnen“ nennen die Annexion der Krim durch Russland eine Befreiung. So gaben Ralf Rudolph und Uwe Markus im Jahre 2017 ein Buch heraus, was sie „Die Rettung der Krim“ nannten. Mit „Rettung“ war die imperialistische Annexion der Halbinsel durch Russland gemeint. Der jungen Welt gefiel das so gut, dass sie dieses proimperialistische Machwerk am 7. August 2017 mit einem Vorabdruck von Teilen daraus würdigten.
„Kritische“ FreundInnen des russischen Imperialismus raunen stattdessen, dass die Annexion der Krim „völkerrechtlich fragwürdig“ gewesen sei. Nun, das Völkerrecht als Sammelsurium zwischenstaatlicher Benimm-Regeln interessiert uns nicht die Bohne. Mit dem „Völkerrecht“ unter dem Arm den Imperialismus zu kritisieren überlassen wir kleinbürgerlichen IdealistInnen. Wir bekämpfen den kapitalistischen Imperialismus, weil er im Interesse der Bourgeoisie die ProletarierInnen im Frieden und Krieg gegeneinander aufhetzt. Große Teile des linksnationalen „Antiimperialismus“ bekämpfen dagegen nur den westlichen Imperialismus. Diese unterstützen den russischen und chinesischen Imperialismus als Feinde ihrer Feinde. Für diese Schwachmaten ist ein Imperialismus, der sich gegen den Westen richtet, ein „Antiimperialismus“. So schrieb der junge-Welt-Autor Reinhard Lauterbach mit Bezug auf Russland von einem „erzwungenen Antiimperialismus“. (Reinhard Lauterbach, Erzwungener Antiimperialismus, in: junge-Welt-Beilage XXIV. Internationale Rosa Luxemburg Konferenz vom 12./13. Januar 2019, S. 8/9.) Gemeint ist damit, dass die Offensive des westlichen Imperialismus gegen Russland, die besonders in der Ostausdehnung von EU und NATO zum Ausdruck kam, Russland zur Gegenoffensive veranlasste. Doch diese Gegenoffensive Russlands ist imperialistisch und eben kein „erzwungener Antiimperialismus“, Herr Lauterbach!
Sozialrevolutionärer Antiimperialismus kämpft auch nicht für Frieden zwischen den Nationalstaaten, sondern bereitet den möglichen proletarischen Klassenkrieg gegen diese vor. Der bürgerliche Frieden ist lediglich der nichtmilitärische Konkurrenzkampf zwischen den Nationen und absolut asozial-gewalttätig. Er ist eine besondere Form des kapitalistischen Klassenkrieges gegen das Proletariat. Das kapitalistische Pack schlägt und verträgt sich – immer auf Kosten des Proletariats. Und zu diesem Pack, zur linken Fraktion des Kapitals, gehört auch die D„K“P. Diese forderte im Wahlkampf zum Europaparlament 2019 „Frieden mit Russland!“ Doch der Frieden unserer Ausbeuter ist der gemeinsame Klassenkrieg gegen uns! Der reaktionäre Nationalpazifismus der D„K“P ist nur die andere Seite der Medaille des linksnationalen Militarismus, mit dem Kriege angeblich „fortschrittlicher“ Staaten unterstützt werden.

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Neue Broschüre: Globale Klassenkämpfe (2017-2019) https://swiderstand.blackblogs.org/2019/06/12/neue-broschuere-globale-klassenkaempfe-2017-2019/ https://swiderstand.blackblogs.org/2019/06/12/neue-broschuere-globale-klassenkaempfe-2017-2019/#respond Tue, 11 Jun 2019 22:38:43 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=161 Unsere neue Broschüre „Globale Klassenkämpfe (2017-2019)“ (ca. 126 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) auch als E-Book über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

1. Die globale Ausbeutung der Lohnarbeit

2. Die internationale Verwaltung des „unproduktiven“ proletarischen Elends

3. Die Dynamik des weltweiten Klassenkampfes

4. Auseinandersetzungen in der Textilindustrie

5. Konflikte in der Metall- und Montageindustrie

6. Klassenkämpfe im Personen- und Güterverkehr

7. Kämpfe im Gesundheitswesen

8. Klassenkonflikte im Bauwesen

9. Soziale Auseinandersetzungen im Reinigungsgewerbe

10. Klassenauseinandersetzungen im Bergbau sowie im Chemie- und Energiesektor

11. Kämpfe in der Agrar- und Lebensmittelbranche

12. Konflikte im Gaststätten- und Hotelgewerbe

13. Klassenkämpfe bei Banken und Versicherungen

14. Konflikte im Handel

15. Auseinandersetzungen in der Ideologie-Produktion

16. Klassenauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst

17. Branchenübergreifende Klassenkämpfe

18. Knastkämpfe

19. Soziale Protestbewegungen

Klassenkonflikte im Bauwesen

In der chinesischen Bauindustrie erkranken sehr viele LohnarbeiterInnen an Staublunge. Dies gehört zum produktiven Elend, das den kapitalistischen Reichtum vermehrt. Die BauarbeiterInnen ziehen sich die Staublunge durch Sandstrahlen und bei Bohr- und Sprengarbeiten bei total unzureichendem Arbeitsschutz zu. Anfang November 2018 erhielten BauarbeiterInnen aus Leiyang Entschädigung für ihre Erkrankung. Der Kampf für die Entschädigung begann im Jahre 2009. Ein Vorarbeiter aus Leiyang erstritt sich vor Gericht rund 14.000 USD Entschädigung von seinem ehemaligen Ausbeuter. Durch diesen Erfolg ermutigt ließen sich 170 ArbeiterInnen aus Leiyang ärztlich auf Staublunge untersuchen, um ebenfalls Entschädigung fordern zu können. Bei über hundert wurde Staublunge festgestellt. Aber nur 17 von ihnen konnten einen formalen Arbeitsvertrag vorweisen. Die ProletarierInnen ohne formalen Arbeitsvertrag sollten laut dem „Angebot“ der Regierung von Shenzhen nur rund 4500 USD Entschädigung erhalten. Daraufhin fuhren die Erkrankten nach Shenzhen und organisierten Sitzproteste vor den Regierungsämtern. Durch diesen Protest erreichten sie, dass BauarbeiterInnen ohne formalen Arbeitsvertrag mit einer Staublunge ersten Grades eine „humanitäre“ Entschädigung von 10 800, bei einer zweiten Grades 15 400 und bei einer dritten Grades 20 000 USD bekommen sollten. Die BauarbeiterInnen mit Arbeitsvertrag bekamen für eine Staublunge dritten Grades 46 200 USD Entschädigung.
Das Baustellenproletariat war durch Nachbarschaftskontakte gut vernetzt. Der relative Erfolg des Protestes der BauarbeiterInnen von Leiyang ermutigte auch andere an Staublunge erkrankte Klassengeschwister. So traten auch die ProletarierInnen aus Zhangjiajie in den Klassenkampf. 80 von ihnen besetzten den Eingangsbereich des Behandlungszentrums für Arbeitserkrankungen in Shenzhen. Sie erreichten dadurch ähnliche Entschädigungen wie ihre Klassengeschwister aus Leiyang. Seit diesen Klassenauseinandersetzungen aus dem Jahre 2009 sind viele weitere ArbeiterInnen an Staublunge erkrankt. Durch ihren Protest konnten diese durch den kapitalistischen Arbeitsprozess erkrankten ProletarierInnen nach langen Konflikten kleine Entschädigungssummen durchsetzen. Der juristische Kampf um Entschädigungszahlungen für an Staublunge erkrankte ProletarierInnen mit formalen Arbeitsvertrag dauerte in der Regel zwei bis viereinhalb Jahre. Die BauarbeiterInnen aus Leiyang konnten im November 2018 auch übergangsweise Entschädigung für KollegInnen durchsetzen, die keinen formalen Arbeitsvertrag besaßen.
Auch auf Israels Baustellen ist es sehr gefährlich. So starben nach Angaben der Kontrollbehörden zwischen 2010 und 2015 insgesamt 180 Lohnabhängige bei Arbeitsunfällen. Im Jahre 2016 gab es 80 Todesfälle an der Arbeit, davon 36 auf den Baustellen des Landes. Bis Oktober 2017 registrierte die Behörde bereits 199 schwere Unfälle auf Israels Baustellen, die 36 ProletarierInnen nicht überlebten. Der Verband Kav La Oved (Arbeiternotruf) ging allerdings von noch höheren Zahlen aus. So berichtete dieser der linksreaktionären Zeitung junge Welt, dass er allein in der dritten Oktoberwoche von 14 schwerverletzten ArbeiterInnen erfahren habe. (Eva Casal, Tödliche Arbeit, in: junge Welt vom 26. Oktober 2017, S. 7.) Eine häufige Ursache der Arbeitsunfälle sei ein Sturz aus großer Höhe. Für das israelische Nationalkapital ist die Gesundheit der BauarbeiterInnen nicht so wichtig. Im Jahre 2017 gab es für die rund 13.000 Baustellen landesweit 18 InspektorInnen.
Kav La Oved und andere Verbände stellten seit 2015 die sozialreformistische Forderung an den israelischen Staat, für strengere Auflagen für den Arbeitsschutz zu sorgen. Das ist in der Tat allgemein eine Funktion des politischen Gewaltapparates der Kapitalvermehrung. Denn zu viele Arbeitsunfälle sind ein Hindernis für die biosoziale Reproduktion der LohnarbeiterInnen. Für die Einzelkapitale stellt der Arbeitsschutz ein Kostenfaktor dar, weshalb es dazu neigt sehr verschwenderisch mit der Gesundheit und dem Leben der Lohnabhängigen umzugehen. Deshalb muss im langfristigen Interesse der Kapitalvermehrung der Staat die Bosse der Privatwirtschaft dazu zwingen, doch etwas mehr Geld in den Arbeitsschutz zu investieren. Doch das Privatkapital übt natürlich auch immer einen gewissenGegendruck auf den Staat aus.
Als der israelische Staat dann im Oktober 2017 einen Entwurf einer Verordnung zum Arbeitsschutz vorstellte, kritisierte Kav La Oved am 17. Oktober, dass diese Vorlage einseitig die Interessen der Baubourgeoisie berücksichtige. Der Verband bemängelte vor allem, dass auch künftig keine empfindlichen Strafen für Firmen vorgesehen seien, die die Sicherheitsbestimmungen missachteten. Ja, der staatliche Sozialreformismus zum Schutz der biosozialen Reproduktion der Lohnabhängigen als langfristige Bedingung der Kapitalvermehrung kann strukturell kaum mehr als Flickschusterei sein. Im Fall des Staates Israel kommt noch hinzu, dass er eine Apartheid-Demokratie ist, die an der Gesundheit und dem Leben von palästinensischen Lohnabhängigen – gut ein Drittel der BauarbeiterInnen sind PalästinenserInnen aus den besetzten Gebieten, ein weiteres Drittel PalästinenserInnen mit israelischer Staatsangehörigkeit – nur sehr gering interessiert ist. Dieser Entwurf einer Verordnung zum Arbeitsschutz vom Oktober 2017 war sogar eine Verschlechterung. So war in diesem vorgesehen, dass nach dem ersten bei einem Bauunternehmen festgestellten Verstoß gegen den Arbeitsschutz nur eine Abmahnung erfolgen sollte, während die Höhe der in Folge verhängten Geldstrafen sogar gegenüber früher um 20 bis 40 Prozent sinken sollte. Im ersten Jahr nach Inkrafttreten sollte sogar ganz auf Strafen verzichtet werden.
In der Türkei entwickelte sich im September 2018 an der Baustelle des neuen Flughafens in Istanbul, die vom Firmenkonsortium Istanbul Grand Airports AS (IGA) betrieben wurde, ein Ausstand, nachdem an dieser zuvor mindestens über 50 ArbeiterInnen bei Unfällen ihr Leben verloren hatten und viele weitere verletzt wurden. Es gab auch eine hohe Dunkelziffer. So berichtete die Tageszeitung Cumhuriyet im Februar 2018 über rund 400 Tote auf der Baustelle, von denen der politische Gewaltapparat des türkischen Nationalkapitals gerade einmal 37 bestätigte. Der damalige Vorsitzende der BauarbeiterInnengewerkschaft Insaat-Is, Mustafa Akyol, erklärte, dass den Familien der Verunglückten Schweigegelder gezahlt worden seien. Nach Gewerkschaftsangaben schalteten die Ambulanzen ihre Sirenen nicht mehr an, um die anderen ArbeiterInnen nicht auf Unfälle aufmerksam zu machen. Außerdem waren die ArbeiterInnen mit Bettwanzen in ihren Unterkünften und schmutzigem Essen konfrontiert. Die durchschnittliche Arbeitszeit betrug 12 Stunden, wegen unzureichender Transportmöglichkeiten waren auch Arbeitszeiten von 14 Stunden keine Seltenheit.
Gegen diese sehr schlechten Arbeitsbedingungen trat das Istanbuler Flughafen-Bauproletariat am 14. September 2018 in den Ausstand. Mindestens 3.000 ArbeiterInnen von 30.000 legten die Arbeit nieder. Auslöser des Streiks war der Unfall eines Shuttlebusses, bei dem 17 Lohnabhängige verletzt wurden. Die Streikenden fassten handschriftlich 15 Forderungen zusammen. Diese betrafen die katastrophalen Sicherheitsbedingungen, die unhygienischen Bedingungen in den Schlafcontainern, die seit teilweise sechs Monaten nicht gezahlten Löhne, ungenießbares Essen sowie lange Wartezeiten auf die Busse zur Baustelle.
Das türkische Regime schlug diesen Protest brutal nieder. Militärbullen attackierten die Streikenden mit Wasserwerfern und Reizgas. Die offiziellen Hooligans des Erdogan-Regimes überfielen das Containerlager der BauarbeiterInnen in der Nacht zum 15. September. Sie nahmen 561 Lohnabhängige in Gewahrsam. Gegen 24 so genannte RädelsführerInnen, die mehrheitlich Mitglied bei den beiden BauarbeiterInnengewerkschaften Insaat-Is und Dev-Yapi-Is waren, wurde später Untersuchungshaft angeordnet.
Nachdem selbst der erste Bullenbericht des türkischen Staates keine strafbaren Handlungen der Streikenden nennen konnte, diffamierten die Bosse des Baukonsortiums und die Ideologieapparate die klassenkämpferischen BauarbeiterInnen als „TerroristInnen“ und „Provokateure“. Die nationalistische Hetze des türkischen Nationalkapitals wurde dadurch erleichtert, dass überdurchschnittlich viele KollegInnen kurdischer Abstammung waren. So heizte die türkische Bourgeoisie ihren Klassenkampf von oben nationalistisch auf – selbstverständlich bekämpfen wir SozialrevolutionärInnen im Gegensatz zur internationalen Linksreaktion auch den kurdischen Nationalismus kompromisslos. Die türkische Militärpolizei und Antiterroreinheiten waren seit dem Ausstand mit Panzerwagen auf der Baustelle anwesend. Durch den türkisch-nationalen Militarismus glich die Baustelle einem Arbeitslager. In der letzten Septemberwoche 2018 steckte das Erdogan-Regime drei weitere BauarbeiterInnen in Untersuchungshaft, nachdem rund 400 KollegInnen mit Trillerpfeifen in den Protest dagegentraten, dass Transporter zu ihren Wohnheimen ausfielen.
Die inhaftierten KlassenkämpferInnen schrieben aus dem Gefängnis: „Bauarbeiter sind keine Sklaven. Es ist kein Verbrechen für die eigenen Rechte einzutreten. Die wahren Schuldigen sind die Bosse von IGA, die uns Arbeiter zu unmenschlichen Arbeitsbedingungen verdammt haben.“ (Zitiert nach: Nick Brauns, Erdogans Arbeitslager, in: junge Welt vom 2./3. Oktober 2018, S. 15.) Diesem Baukonsortium gehören fünf Konzerne mit sehr guten Verbindungen zur Regierungspartei AKP an. Auch deutscher produktiver Kapitalexport brachte Erdogans Arbeitslager zum Gedeihen. So befand sich die Deutsche Post AG, die bis 2019 ein großes DHL-Express-Sortierzentrum betrieb, unter den größten Investoren.

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Vortrag bei der Literatrurmesse https://swiderstand.blackblogs.org/2016/11/12/vortrag-bei-der-literatrurmesse-4/ https://swiderstand.blackblogs.org/2016/11/12/vortrag-bei-der-literatrurmesse-4/#respond Sat, 12 Nov 2016 15:49:21 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=135 Wir veröffentlichen den Vortrag, den wir auf der Linke Literaturmesse im Rahmen der Vorstellung der Broschüre „Der spanische BürgerInnenkrieg (1936-1939)“ in Nürnberg, den 5. November 2016 halten wollten.

Wir möchten heute die Broschüre Der spanische BürgerInnenkrieg (1936-1939) kurz vorstellen und dann ihre wichtigsten Argumente in Thesenform unterstreichen. Die Broschüre besteht aus drei Texten. Erstens aus dem Text Der spanische BürgerInnenkrieg als innerkapitalistischer Konflikt, der die grundlegende Analyse der damaligen Ereignisse enthält. Zweitens der Schrift Die antifaschistische Volksfront gegen das Proletariat, welche die Hauptthesen des ersten Textes durch Einzelanalysen der an der Volksfront beteiligten Kräfte, also des Stalinismus, des Anarchosyndikalismus und der linkssozialdemokratischen POUM. Beim Stalinismus und Anarchosyndikalismus wird in diesem Text auch ausführlich auf die Lügen, Verdrehungen und Rechtfertigungen ihrer heutigen VertreterInnen eingegangen. Auch der Trotzkismus, der zwar die antifaschistische Volksfront kritisiert hat, aber im Krieg gegen Franco doch letztendlich auf deren Seite stand, wird in dieser Schrift kritisiert. Der dritte Text Frauen im Klassenkampf und BürgerInnenkrieg beschreibt die große Aktivität von Frauen, besonders von Proletarierinnen, in dieser Zeit des BürgerInnenkrieges.

Kommen wir nun zu den Hauptargumenten der Broschüre in Thesenform. Die erste These lautet: Wer die Demokratie gegen den Faschismus und artverwandte Systeme verteidigen will, muss auch den Kapitalismus gegen das Proletariat verteidigen. Die Demokratie ist nur in den Köpfen linker KleinbürgerInnen ein großes emanzipatorisches Ideal. In der Realität ist die Demokratie eine reaktionäre Staatsform des Kapitals, die sich in der Geschichte als blutige Feindin des Proletariats erwiesen hat, sich noch immer erweist und sich auch in der Zukunft bis zur möglichen Weltrevolution als solche erweisen wird. Auch in Spanien war die Verteidigung der Demokratie gegen den Franquismus notwendigerweise mit konterrevolutionärem Terror gegen das klassenkämpferische Proletariat verbunden.

Sehen wir uns diesen Terror des Franquismus und Antifaschismus in Spanien etwas genauer an. Spanien war in den 1930er Jahren ein sehr rückständiges kapitalistisches Land. Auf dem Lande herrschten die GrundbesitzerInnen, welche das Landproletariat gnadenlos ausbeuteten. Oft wurde auf dem Land nur ein Naturallohn statt eines Geldlohnes gezahlt. 1931 wurde Spanien Republik. Diese war natürlich wie alle Staatsformen sozialreaktionär, sowohl die republikanisch-sozialdemokratischen als auch die rechten Regierungen. Sie organisierten einen brutalen Klassenkampf von oben. Auch die Volksfrontregierung von 1936 war sozialreaktionär und organisierte den Klassenkampf von oben. Die Volksfront war ein besonders schmutziges Bündnis zwischen den RepublikanerInnen einerseits und den SozialistInnen und den StalinistInnen andererseits. So war es abgemacht, dass die RepublikanerInnen allein und ohne die Parteien der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung regieren sollten. Dadurch übernahmen die letzteren die erste Zeit keine unmittelbare Verantwortung für die Regierungspolitik und konnte als loyale Unterstützerin der Volksfront das Proletariat besser unter Kontrolle behalten. Schon bald entwickelte sich der Klassenkampf zwischen Proletariat und Volksfront.

Der Putsch der Generäle begann am 17. Juli in Spanisch-Marokko und erfasste am 18. Juli 1936 bereits viele Garnisonen in Spanien. Das Militär war das wichtigste Machinstrument der herrschenden Klassen. Als große Teile dieser Armee putschten, stand das Volksfront-Regime nackt da. Große Teile der GroßgrundbesitzerInnen und der Bourgeoisie gaben durch den Militärputsch den republikanischen RegierungspolitikerInnen zu verstehen: „Ihr habt darin versagt, das Proletariat ruhig zu halten. Jetzt packt euren Koffer!“ Und die republikanischen RegierungspolitikerInnen schickten sich auch an, vor den Generälen zu kapitulieren. Die Regierung belog die kleinbürgerlich-proletarische Bevölkerung über die Ausmaße des Militärputsches. Schließlich wollte das Volksfront-Regime nicht, dass sich das kleinbürgerlich-proletarische „Volk“ in den Familienkrach der herrschenden Klassen einmischte. Der Staatspräsident Azana entließ am 19. Juli 1936 die Regierung Quirogas und ernannte Martinez Barrios, dem führenden Politiker der Republikanischen Union zum neuen Ministerpräsidenten. Diese neue Regierung versuchte die Bewaffnung des Proletariats zu verhindern und mit den putschenden Generälen zu verhandeln.

Doch das Proletariat mischte sich am 19. Juli 1936 in den Familienkrach der kapitalistischen Sozialreaktion ein – wenn auch leider nicht so konsequent-bewusst, dass es gegen den Kapitalismus einen revolutionären Klassenkrieg führte. Aber es kämpfte gegen das putschende Militär. So kämpften schlecht bewaffnete ArbeiterInnen verbittert-entschlossen gegen die franquistische Sozialreaktion. Sie gingen erfolgreich gegen die Kasernen vor.
Die Organe der proletarischen Selbstorganisation, die durch den Klassenkampf vom 19. Juli 1936 entstanden sind, waren also vollkommen von der antifaschistischen Ideologie und Praxis der Klassenkollaboration mit der demokratischen Bourgeoisie verseucht. Das behinderte schon den Kampf gegen den Franquismus und gab diesem einen zunehmend reaktionären Charakter, doch für die soziale Revolution waren diese Organe total ungeeignet.

Der proletarische Klassenkampf vom 19. Juli 1936 gegen den Militärputsch nahm also keinen revolutionären Charakter an, sondern blieb im defensiv-reproduktivem Rahmen des Kapitalismus und schlug in die antifaschistische Konterrevolution der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung um. Und der Antifaschismus kämpfte verdammt schlecht gegen die faschistisch-franquistische Sozialreaktion – aber er war verdammt gut darin, das Proletariat von der wirklichen sozialen Revolution abzuhalten.

Die antifaschistische Volksfront aus republikanischen Parteien und den Organisationen der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung verteidigte im BürgerInnenkrieg die demokratisch-parlamentarische Form des Kapitalismus sowohl gegen die putschenden Generäle als auch gegen das klassenkämpferische Proletariat. Der Antifaschismus ist die Ideologie und Praxis der Verteidigung der Demokratie gegen den Faschismus und artverwandter Regierungsformen wie zum Beispiel den Franquismus. Doch die Demokratie ist ebenfalls eine politische Ausdrucksform der sozialreaktionären Diktatur des Kapitals. Die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung reproduzierte und reproduziert die kapitalistische Klassengesellschaft in Form von bürgerlich-bürokratischen Apparaten und einer proletarischen Basis. Diese bürgerlich-bürokratischen Apparate sind strukturell unfähig und unwillig dazu die soziale Revolution zu organisieren, aber sie müssen aus Eigeninteresse die sozialreaktionäre Demokratie gegen den Faschismus bzw. artverwandte Regimes, welche die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung zerschlagen wollen, verteidigen. Doch ein Kampf gegen faschistische und artverwandte Strömungen, der von demokratischen Positionen aus erfolgt, kann nur inkonsequent sein – dafür muss er sich aber mit konterrevolutionärer Konsequenz gegen das Proletariat richten.

Besonders Moskau wollte während des spanischen BürgerInnenkrieges der demokratischen Bourgeoisie in und außerhalb Spaniens seine konterrevolutionäre Verlässlichkeit demonstrieren – und die durch den Militärputsch enorm geschwächten RepublikanerInnen brauchten Stalin als erfahrenen Henker gegen das Proletariat. So verlangte Stalin in einem Brief an dem damaligen spanischen Ministerpräsidenten Caballero von diesem das Privateigentum an Produktionsmitteln unbedingt zu schützen. Der Stalinismus brachte die konterrevolutionäre Konsequenz des Antifaschismus nur am stärksten zum Ausdruck, so wurde er zur Avantgarde der republikanisch-demokratischen Konterrevolution.
Dass die Sowjetunion in Spanien das Privateigentum an den Produktionsmitteln gegen das Proletariat verteidigte, hatte in den sozialen Verhältnissen des sowjetischen Regimes seine Wurzeln. Auch die Sowjetunion war ein kapitalistischer Staat. In der UdSSR wurden zwar 1918 durch die Verstaatlichung der Großindustrie die PrivatkapitalistInnen enteignet, aber der Staat trat an deren Stelle. Die ProletarierInnen vermieteten in der Sowjetunion ihre Arbeitskraft an den Staat. Dieser beutete das Proletariat ähnlich wie die PrivatkapitalistInnen aus, die herrschende Klasse der Partei-, Staats- und WirtschaftsbürokratInnen lebte von dieser Ausbeutung. Sowjetrussland war seit 1918, also schon unter Lenin und Trotzki, ein staatskapitalistisches Land. Auch in den äußeren Beziehungen zu anderen Staaten, betrieb die Sowjetunion eine typische kapitalistische Außenpolitik. Ihr Verhältnis zu den privatkapitalistischen Ländern war von Kooperation und Konkurrenz geprägt – beides auf Kosten des Weltproletariats. Das sowjetische Proletariat wurde nicht nur vom Staat gnadenlose für die ursprüngliche Industrialisierung ausgebeutet, sondern auch in imperialistischen Kriegen verheizt. Zur Zeit des spanischen BürgerInnenkrieges strebte die staatskapitalistische Sowjetunion mit den privatkapitalistischen Demokratien ein Bündnis gegen den Faschismus an. Um die Angst dieser Demokratien vor der angeblich „revolutionären“ Rolle Moskaus zu zerstreuen, betrieben die StalinistInnen in Spanien während des BürgerInnenkrieges eine offen proprivatkapitalistische Politik. Und dies bedeutete in erster Linie Terror gegen das klassenkämpferische Proletariat und den linken Flügel der Volksfront, besonders die linkssozialdemokratische Partei POUM. Auch die CNT und die POUM saßen in der Volksfront-Regierung. Doch Staat und Regierung können im Industriezeitalter nur die politischen Verwalter des Kapitalismus sein. So war es auch in Spanien. Die POUM beteiligte sich in Katalonien vom September bis Dezember 1936 an der Regionalregierung, was eindeutig konterrevolutionär war.

Noch heute erzählen uns die IdeologInnen des Anarchosyndikalismus die Märchen über die angeblich antikapitalistischen Kollektive während des spanischen BürgerInnenkrieges. Doch es waren Kollektivierungen im Rahmen von Kapital und Staat. Frauen haben übrigens in diesen famosen Kollektiven weniger Lohn bekommen als Männer. Ja, die Ideologie von der „Arbeiterkontrolle“, die in Wirklichkeit die Kontrolle des Kapitals über das Proletariat verschleierte, war die besondere Spezialität der CNT-Konterrevolution. Die anrchosyndikalistische CNT organisierte auf diese „kollektivistische“ Weise den Kapitalismus, als viele PrivatkapitalistInnen ins Lager der putschenden Generäle geflohen waren und das klassenkämpferische Proletariat in größte Wallung geraten war. Die Lohnarbeit blieb in den von der CNT und der sozialdemokratischen UGT kontrollierten Betrieben erhalten. Wir haben es also mit einer Art von Gewerkschaftskapitalismus zu tun. Die CNT war also zu Beginn des Militärputsches eine verdammt wichtige Konterrevolutionärin, die das reaktionäre Volksfront-Regime durch „Kollektivierungen“ im Rahmen von Staat und kapitalistischer Warenproduktion am Laufen hielt. Wir SozialrevolutionärInnen kritisieren diese „Kollektivierungen“ ganz klar als Anarchokapitalismus, während die republikanisch-stalinistische Konterrevolution in ihrem Verlauf bestrebt war diese anarchokapitalistischen Experimente zu beenden und das Privateigentum an den Produktionsmitteln wiederherzustellen. So erforderte der konsequente Schutz des Privateigentums an Produktionsmitteln die konterrevolutionäre Frontstellung gegen den CNT-Anarchokapitalismus.

Besonders in der Landwirtschaft ging ja die CNT gegen den Großgrundbesitz vor – um dann die Landbevölkerung in Form von „Kollektiven“ im Interesse des kapitalistisch-antifaschistischen Krieges auszubeuten. Diese Kollektive waren nichts anderes als kleinbürgerlich-kollektive Formen der Warenproduktion. Die StalinistInnen, die selbst in der UdSSR eine brutale Zwangskollektivierung durchgezogen hatten, waren während des spanischen BürgerInnenkrieges die Avantgarde einer nicht weniger brutalen Zwangsentkollektivierung. Sie organisierten privatbesitzende BäuerInnen in der Gewerkschaft UGT – die sie auch sonst immer erfolgreicher unterwanderten – gegen die kleinbürgerlich-kollektive Warenproduktion. Besonders in Aragon, wo die CNT sehr stark war, ging die stalinistische Konterrevolution im August 1937 massiv gegen die kleinbürgerlichen Kollektive vor. Landwirtschaftliche Kollektive, Unternehmen unter gewerkschaftskapitalistischer UGT/CNT-Kontrolle und Genossenschaften in den Städten wurden vom republikanisch-stalinistischen Block massiv zerstört. So wurden die anarchokapitalistischen Experimente in der Fleisch- und Molkereiwirtschaft in Katalonien im Juni 1937 beendet und die Betriebe den früheren PrivateigentümerInnen zurückgegeben.

Teil der republikanisch-stalinistischen Konterrevolution war auch die polizeiliche Besetzung der Telefonzentrale von Barcelona, das unter CNT-Kontrolle stand, Anfang Mai 1937. Doch das Proletariat organisierte die Gegenwehr und schlug zurück. CNT und POUM taten alles, um das kämpfende Proletariat Barcelonas wieder von den Barrikaden und an die Arbeit zu bringen. So endeten die Maikämpfe 1937 mit einer Niederlage.

Fazit: Die antifaschistische Volksfront verteidigte die privatkapitalistische Demokratie inkonsequent gegen den Franquismus und wesentlich konsequenter gegen das klassenkämpferische Proletariat. Weil die antifaschistische Volksfront die Konterrevolution gegen das Proletariat gewann, verlor sie den Krieg gegen Franco. Die Mehrheit der spanischen Bourgeoisie stand im Lager Francos. Damit hatten die demokratisch-republikanischen BerufspolitikerInnen das Vertrauen ihrer sozialen Hauptbasis verloren. Die RepublikanerInnen waren bestrebt, das Vertrauen der Bourgeoisie wiederzugewinnen. Also gingen sie mit Hilfe der StalinistInnen mit ganzer Härte gegen das klassenkämpferische Proletariat und den linken Flügel der antifaschistischen Volksfront vor, um der Bourgeoisie damit zu sagen: Seht her, ihr bracht Franco nicht! Doch Franco war ein noch konsequenterer Reaktionär. So rief die Bourgeoisie den demokratischen PolitikerInnen und den StalinistInnen durch ihre Praxis zu: Wir brauchen euch nicht!

Die zweite These lautet: Der spanische BürgerInnenkrieg war als innerkapitalistischer Konflikt reaktionär auf beiden Seiten. Auch die französische und die britische Bourgeoisie, um deren Gunst die gesamte Volksfront – einschließlich der „Anarcho“-DemokratInnen der CNT – buhlte, neigte eher Franco zu. Doch die beiden Demokratien verdeckten zu Beginn des innerkapitalistischen Konfliktes in Spanien ihre deutlichen Sympathien für die putschenden Generäle hinter Phrasen der „Nichteinmischung“. Dazu riefen sie auch die anderen imperialistischen Mächte auf. 27 Staaten – einschließlich des italienischen, deutschen und sowjetischen Imperialismus – gründeten dann auch am 9. September 1936 das „Non-Intervention-Comitee“. Unter dieser Maske der „Nichteinmischung“ unterstützten der italienische und deutsche Faschismus zuerst geheim die putschenden Generäle. Doch nach und nach ließ besonders der italienische Faschismus diese Maske fallen. Er hatte in den spanischen BürgerInnenkrieg von Anfang an interveniert. Bereits am 15. Juli 1936, also zwei Tage vor dem offiziellen Putschbeginn, beförderten italienische Flugzeuge Francos nordafrikanische Truppen von Spanisch-Marokko nach Spanien.

Auch der Nationalsozialismus, die deutsche Variante des Faschismus, griff in den BürgerInnenkrieg ein. Ab dem 28. Juli 1936 half auch das Hitler-Regime mit 88 Transportmaschinen Ju52 dabei Francos Truppen aus Marokko nach Spanien zu bringen. Doch die Hauptinterventionsmacht der deutschen Nazis während des Spanienkrieges stellte die Legion Condor dar. Mit ihren insgesamt während des gesamten Kriegsverlaufes 25.000 Mann brachte diese Legion Terror und Schrecken nach Spanien. Der spanische BürgerInnenkrieg wurde für die deutsche Luftwaffe eine wichtige Schule für den geplanten Zweiten Weltkrieg. Die blutigste Terrorleistung der Legion Condor war am 26. April 1937 die Bombardierung der baskischen Stadt Gernika (spanisch: Guernica).

Der sowjetische Staatskapitalismus intervenierte dagegen auf Seiten des antifaschistisch-konterrevolutionären Volksfront-Regimes in den BürgerInnenkrieg. Dadurch begann der sowjetische Imperialismus die spanische Republik zu beherrschen, seine Schergen wurden zur Avantgarde der antifaschistischen Konterrevolution. Zur imperialistischen Beherrschung des demokratischen Volksfront-Regimes wurde Jan Karlowitsch Bersin als Militärberater und Alexander Orlow als Vertreter des sowjetischen Geheimdienstes NKWD nach Spanien geschickt. Der sowjetische Imperialismus lieferte Waffen an das spanische Volksfront-Regime. Die spanische Republik zahlte dafür mit 60 Prozent ihres Goldschatzes. Insgesamt kämpften auch 2.064 BürgerInnen der UdSSR für die Interessen des sowjetischen Imperialismus im spanischen BürgerInnenkrieg.

Das strategische Ziel des Kremls war damals mit den Demokratien Frankreich und Großbritannien ein antifaschistisch-imperialistisches Bündnis zu schmieden. Dieser sozialreaktionär-imperialistischen Zielstellung waren auch die Internationalen Brigaden, welche die „Kommunistische“ Internationale ab Ende September für Spanien schuf und die ab November 1936 einsatzbereit waren, untergeordnet. Unter ihnen mögen ja relativ viele subjektiv ehrliche Menschen gewesen sein, die ernsthaft gegen Franco kämpfen wollten, aber objektiv waren die InterbrigadistInnen nichts anderes als Schachfiguren im imperialistischen Spiel Moskaus. Nachdem Großbritannien und Frankreich im September 1938 die Tschechoslowakei durch das Münchner Abkommen an die Nazis ausgeliefert hatten, wurde Stalin klar, dass aus einem antifaschistisch-imperialistischen Bündnis mit diesen beiden Demokratien erst mal nichts werden würde. Also versuchte auch er mit den Nazis zu paktieren. Das erste Angebot Moskaus an die Nazis wurde auf dem spanischen Schlachtfeld gemacht. Im November 1938 verließen die Internationalen Brigaden Spanien.

Ja, im Gegensatz zur konsequenten Konterrevolution von oben gegen das Proletariat führten die StalinistInnen nur einen inkonsequenten Krieg gegen Franco – um dann nach dem spanischen BürgerInnenkrieg 1939 einen imperialistischen Pakt mit Hitler einzugehen, bei dem sich der sowjetische Imperialismus finnische Gebiete, einen Teil Polens, Bessarabien (früherer Teil Rumäniens) und das ganze Baltikum (Estland, Lettland und Litauen) einverleibte. Als die deutschen Nazis dann 1941 die UdSSR überfielen, kam global das demokratisch-staatkapitalistische Bündnis gegen den Faschismus zustande, was die StalinistInnen schon vergeblich zu Beginn des spanischen BürgerInnenkrieges angestrebt hatten. Eine Sternstunde des Antifaschismus als reaktionär-imperialistische Kriegsideologie.

Zurück zum spanischen BürgerInnenkrieg. Objektiv haben die ProletarierInnen für den Unterschied zwischen den Folterkellern des sowjetischen NKWD und denen Francos gekämpft. Damit wollen wir nicht die subjektiv ehrliche Motivation der SpanienkämpferInnen besonders in den Internationalen Brigaden in Abrede stellen, aber wir wehren uns auch dagegen, dass mit Verweis auf sie der revolutionären Kritik des Antifaschismus der Mund gestopft wird. Auch die antifaschistische PartisanInnenbewegung hat im Zweiten Weltkrieg ähnlich wie im spanischen BürgerInnenkrieg klassenkämpferische ProletarierInnen und bewusste RevolutionärInnen ermordet. Ja, wer politideologisch das Kanonenfutter für das innerkapitalistische Gemetzel organisiert, kann nur blutig-repressiv gegen RevolutionärInnen vorgehen. Nur einige anarchistische Gruppen, Abspaltungen des Trotzkismus sowie der Links- und Rätekommunismus haben sich konsequent der Kriegslogik des Kapitals, zu der damals auch der Antifaschismus gehörte, widersetzt. Der spanische BürgerInnenkrieg war der Prolog des Zweiten Weltkrieges, in dem der Weltkapitalismus den Massenmord am Weltproletariat organisiert hat. Wer sagt, dass die antifaschistischen Alliierten das kleinere Übel zu den faschistischen Massenmorden gewesen seien, sagt damit indirekt, dass Hiroshima das kleinere Übel zu Auschwitz sei. Wer sich in dieser antifaschistischen Logik verrannt hat, ist unfähig zum wirklichen antikapitalistischen Kampf und taugt nur noch zum antifaschistischen Feigenblatt des Kapitals. Der sozialrevolutionäre Universalismus kämpft konsequent dagegen den Leichenberg der einen Seite des imperialistischen Krieges gegen den anderen aufzurechnen. Die damaligen RevolutionärInnen aus den oben genannten Spektren haben alle Seiten des imperialistischen Krieges bekämpft, dafür wurden sie sowohl vom Faschismus als auch vom Antifaschismus blutig verfolgt. Noch heute hetzen große Teile des Antifaschismus, der zu nichts anderem taugt als den Kapitalismus zu reproduzieren, gegen die damaligen GenossInnen, diese mutigen Frauen und Männer des antikapitalistischen Widerstandes, die auch in der Zeit des größten Triumpfes des kapitalistischen Gemetzels den Kampf nicht aufgaben. Für die damaligen und heutigen SpeichelleckerInnen des Kapitals waren und sind sie dagegen nur „Ultralinke“.

Die dritte These zieht die wichtigste Lehre des spanischen BürgerInnenkrieges, nämlich, dass das Kapital nicht nur manchmal hinter dem Faschismus steht, sondern mindestens ebenso häufig hinter dem Antifaschismus. Auch die Hauptströmungen des heutigen Antifaschismus verteidigen die Demokratie, und sind damit eindeutig objektiv sozialreaktionär. Radikalere Strömungen der Antifa behaupten teilweise subjektiv ehrlich mit Hilfe des Antifaschismus auch den Kapitalismus bekämpfen zu wollen. Wir sagen: Nur andersherum wird ein Schuh daraus, der für einen sozialrevolutionären Weg taugt. Nur ein Antikapitalismus, der Faschismus und Antifaschismus als den rechten und den linken Flügel des Kapitals bekämpft, ist auch eine wirklich revolutionäre Antwort auf das Erstarken des Rassismus.

Wir wollen den reaktionären Charakter auch des Großteils des heutigen Antifaschismus an drei neueren Beispielen belegen. So ist die verteidigungspolitische Sprecherin der Linkspartei Christine Buchholz auch bei den RechtstrotzkistInnen von Marx 21 aktiv. Frau Buchholz initiierte auch im März 2016 die staatsantifaschistische Kampagne „Aufstehen gegen Rassismus“, die sich so richtig schön beim linken Personal der Bourgeoisie, also bei SPD, Grünen und der Gewerkschaftsbürokratie, einschleimt. Sie richtet sich gegen die AfD. Allerdings organisieren die Linkspartei, die Grünen und die SPD als Regierungsparteien (die ersten Zwei zurzeit nur in einigen Bundesländern, die SPD regiert im Bund mit der CDU/CSU zusammen) den offiziellen elitären Nationalismus und damit auch den asozialen Umgang mit Flüchtlingen mit, während die AfD noch keine Regierungsverantwortung hat und bis jetzt nur pöbelt, während ihre Anhänger Teil des rassistischen Straßenmobs sind. „Aufstehen gegen Rassismus“ – mit Leuten zusammen, die den elitären Nationalismus organisieren. Ja, Frau Buchholz, Sie sind tief im Herzen des demokratischen Deutschlands angekommen. Deshalb haben ihre Initiative des Staatsantifaschismus auch sofort führende PolitkasperInnen der Grünen und SPD mitunterzeichnet. Unter ihnen auch die sozialdemokratische Familienministerin Manuela Schwesig. Das passt. Schließlich ist ihr Ministerium für die Finanzierung und Organisierung des Staatsantifaschismus zuständig.

Große Teile der Antifa agieren „gegen Nazis“ offen als verlängerter Arm von Kapital und Staat – und das linke Käseblatt junge Welt findet das ganz normal, wie folgender Artikel vom September 2015 unter Beweis stellt. Zitat: „,Hetze ist keine Meinung, sondern ein Straftatbestand´, sagte der Aktivist einer Gruppe aus Österreich am Mittwoch im ,Morgenmagazin´ der ARD. Er und seine Mitstreiter schauen sich seit einiger Zeit intensiv im Netz nach rechtsextremen Kommentaren um und versuchen, die oft anonymen Autoren ausfindig zu machen. Aus nachvollziehbaren Gründen will die Gruppe selbst unerkannt bleiben. 400 Freizeitfahnder sollen sich mittlerweile auf die Suche nach verkappten Neonazis gemacht haben. Was sie an Informationen herausbekommen, stecken sie dem jeweiligen Arbeitgeber und auch dem österreichischen Verfassungsschutz.“ Zitatende (Gerrit Hoekman, Rechte Gesinnung vor den Latz knallen, in: junge Welt vom 30. Juli 2015, S. 15.) Den Rest des Artikels, der ein unkritisches Abfeiern des antifaschistischen Spitzeldienstes für Kapital und Staat darstellt, schenken wir uns. Selbstverständlich muss gegen rassistische Hetze im Internet etwas getan werden, mensch kann die RassistInnen zum Beispiel besuchen und ihnen einen körperlichen Verweis erteilen. Aber bei Kapital und Staat petzen gehen und diese zur Repression auffordern – das zeigt den ganzen reaktionären Charakter des Staatsantifaschismus.

Dieser Artikel des linksbürgerlichen Käseblattes junge Welt ist sehr aufschlussreich. Er zeigt, dass große Teile der Antifa als verlängerter Arm von Kapital und Staat agieren und dass eine vom bundesdeutschen Staat als „linksextrem“ ausgewiesene Zeitung das für ganz normal hält. Es ist ja auch die Normalität der linken Fraktion des Kapitals, wozu auch die junge Welt eindeutig gehört.

Auch das dritte Beispiel hat es in sich. So sitzt der Präsident des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, im Stiftungsrat der staatsantifaschistischen Amadeu-Antonio-Stiftung. Auf Kritik reagierte diese Stiftung indem sie behauptete, dass Kramer als Thüringer Geheimdienstchef ein ganz anderes Amtsverständnis als seine Kollegen habe. In Thüringen stellt die Linkspartei den Regierungschef Bodo Ramelow. Dort herrschen weder eine Räterepublik noch nordkoreanische Zustände. Nein, es ist alles so wie in der übrigen BRD. Deshalb überwacht auch der Thüringer Verfassungsschutz in diesem Bundesland Teile der sozialdemokratischen Linkspartei, unter anderem die so genannte „Kommunistische“ Plattform dieser Partei.

Der um sich greifende Rassismus in diesem Land ist auch Ausdruck davon, dass der Klassenkampf sehr unterentwickelt ist. So gedeihen auch im Proletariat der erbarmungslose Konkurrenzkampf aller gegen alle unter anderem um Jobs und Wohnungen. Mit diesem Konkurrenzkampf wachsen auch die chauvinistischen Ideologien als dessen geistiger Ausdruck wie Sozialdarwinismus, Nationalismus, Rassismus und Sexismus. Gerade weil der Rassismus eine chauvinistische Ideologie des Konkurrenzkampfes ist, ist ihm auch mit einem abstrakten Humanismus, der die Hauptideologie des kleinbürgerlichen Antirassismus ist, nicht beizukommen. RevolutionärInnen stellen dem Rassismus und dem abstrakten Humanismus, der in hilflosen Parolen wie „Herz statt Hetze“ zum Ausdruck kommt, die konkreten gemeinsamen sozialen Interessen des Proletariats gegenüber, also der arbeitenden und erwerbslosen, der „inländischen“ und „ausländischen“ Menschen, die getrennt sind von den Produktionsmitteln. Weil der Klassenkampf in diesem Land noch viel zu gering und zersplittert ist, mag diese Position manchmal noch abstrakter erscheinen als der abstrakte Humanismus. Wir können den Klassenkampf nicht aus den Boden stampfen wie eine Antifademo, er hat seine eigene Dynamik. Aber wenn er sich entfaltet, dann wirkt er auch tausendfach stärker als der abstrakte Humanismus. Langfristig kämpfen RevolutionärInnen für einen branchenübergreifen Klassenkampf, für eine proletarische Straßenbewegung, in der Betrieb und Straße fest miteinander zu einer dynamischen Einheit verschmolzen sind. Der Kern einer solchen Bewegung kann nur der Massenstreik sein, die aus den Betrieben und Büros auf die Straßen und öffentlichen Plätze strebenden Lohnabhängigen. Dort vereinen sie sich mit den Erwerbslosen und Geflüchteten zu machtvollen Demonstrationen. Die streikende ArbeiterInnenklasse muss im Interesse der Gesamtbewegung auch soziale Forderungen der unterdrücktesten Schichten des Proletariats, wie der Frauen, der Erwerbslosen, Obdachlosen und Geflüchteten aufstellen. Die nichtlohnarbeitenden Teile des Proletariats dürfen natürlich nicht passiv bleiben, sondern müssen aktiver Teil einer solchen sozialen Bewegung werden. Nur eine solche proletarische Bewegung kann auch konsequent dem Rassismus entgegentreten. Sie hätte auch eindeutig revolutionäre Perspektiven.

Nur mit einer solch klaren Perspektive einer möglichen Zuspitzung des Klassenkampfes kann mensch heute schon der rechten und der linken Fraktion des Kapitals konsequent entgegentreten. Wir bekämpfen Nazis und den Staatsantifaschismus als rechten und linken Flügel des Kapitals. Den klassenübergreifenden „breiten Bündnissen“ des Antifaschismus, die von subjektiv ehrlichen aber objektiv fehlgeleiteten AktivistInnen bis zu den Politschranzen und linken Hofnarren des Kapitals reichen, stellen wir bereits heute den konkreten Klassenkampf gegen Rassismus gegenüber. So konnten durch den Klassenkampf der PilotInnen schon Abschiebungen Geflüchteter verhindert werden. Nämlich durch ihre Weigerung zu fliegen. Auch die Schulstreiks gegen den Staatsrassismus weisen in die richtige Richtung. Letztendlich kann nur ein einheitlich kämpfendes Proletariat auch alle rassistischen Spaltungslinien überwinden und alle Apartheid-Sondergesetze gegen so genannte „AusländerInnen“ aufheben – mit der Perspektive einer sozialen Revolution, welche den Kapitalismus zerschlägt und den Weg für eine klassen- und staatenlose Gesellschaft freimacht.

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Die reaktionärsten Teile des Antifaschismus verhinderten eine revolutionäre Veranstaltung https://swiderstand.blackblogs.org/2016/11/08/die-reaktionaersten-teile-des-antifaschismus-verhinderten-eine-revolutionaere-veranstaltung/ https://swiderstand.blackblogs.org/2016/11/08/die-reaktionaersten-teile-des-antifaschismus-verhinderten-eine-revolutionaere-veranstaltung/#comments Tue, 08 Nov 2016 17:22:53 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=134 Teile des VVN-BdA Nürnberg-Fürth haben am 5. November 2016 auf der Linken Literaturmesse in Nürnberg mit anderen Vertreterinnen des Volksfrontantifaschismus – der in ganz „breiten Bündnissen“ offen mit der Bourgeoisie paktiert – und fehlgeleiteten Jugendlichen eine Veranstaltung der „Sozialen Befreiung“ zum spanischen BürgerInnenkrieg mit provokativen Methoden aufgrund ihrer personellen Überlegenheit verhindern können, nachdem sie in einer Abstimmung unter den VerlegerInnen über das Verbot unserer Veranstaltung eine Niederlage einstecken mussten. Wir möchten hier betonen, dass nicht alle Teile des Antifaschismus sich an der provokativen Kampagne gegen uns beteiligt und die Veranstalter der Linken Literaturmesse nichts damit zu tun haben. Die linke Fraktion des Antifaschismus fordern wir auf, sich scharf von der provokativen Sprengung unserer Veranstaltung zu distanzieren. Mit ihr sind wir auch in Zukunft bereit einen harten, aber fairen Meinungsstreit zu führen.

Der „Sieg“ des Volksfrontantifaschismus gegen eine kleine Gruppe der revolutionären Minderheit war sehr billig. Solche „Siege“ pflastern den Weg der kommenden Niederlagen. Denn das Paktieren mit dem politischen Personal der Bourgeoisie und das repressive Verhalten gegen RevolutionärInnen bilden eine dialektische Einheit. Auf diese Weise sind nicht die Nazis und schon gar nicht der Kapitalismus zu bekämpfen. Obwohl auch der Volksfrontantifaschismus behauptet antikapitalistisch zu sein, ist das eine ideologische Behauptung, die nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Er
ist die linke Fraktion des Kapitals. Die reaktionärsten Teile des Antifaschismus haben einen sehr billigen „Sieg“ errungen, der aber keine Niederlage für uns darstellt. Denn wir wollten auf der Literaturmesse die reaktionären Tendenzen des Antifaschismus zur Sprache bringen. Und genau
das haben wir getan – mit oder ohne Veranstaltung. Nur der Klassenkampf gegen den Kapitalismus kann letztendlich die Nazis stoppen. „Antifaschistische Siege“ von der Sorte wie auf der Nürnberger Linken Literaturmesse nutzen dagegen nur der kapitalistischen Reaktion.

Soziale Befreiung und Gruppe Sozialer Widerstand

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Neue Broschüre: Schriften zum Klassenkampf VI https://swiderstand.blackblogs.org/2016/09/20/neue-broschuere-schriften-zum-klassenkampf-vi/ https://swiderstand.blackblogs.org/2016/09/20/neue-broschuere-schriften-zum-klassenkampf-vi/#respond Tue, 20 Sep 2016 10:32:17 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=130 Unsere neue Broschüre: „Schriften zum Klassenkampf VI“ (ca. 124 Seiten) von Soziale Befreiung (Hg.) ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

Inhalt

Einleitung

Klassenkampf und Straßenbewegungen

1. Soziale Straßenbewegungen als Teil des proletarischen Klassenkampfes
2. Soziale und politische Straßenbewegungen
3. LehrerInnen und SchülerInnenbewegung
4. Proletarischer Klassenkampf und soziale Straßenbewegungen in der Weltrevolution

Die Instrumentalisierung des Proletariats in Machtkämpfen der Herrschenden

1. Polen
2. Iran

Konkurrenz, Straßenrassismus, Antifa und Klassenkampf

1. Der permanente Konkurrenzkampf
2. Elitärer Nationalismus und Straßenrassismus in der BRD
3. Staatsantifaschismus
4. Antirassismus/Antifaschismus als kleinbürgerliche Straßenbewegung
5. Proletarischer Klassenkampf und sozialrevolutionärer Universalismus

Die Bewegung gegen Bullenterror in den USA

1. Der Bullenterror
2. Der Bullenterror als Teil des Klassenkrieges von Oben
3. Die Bewegung gegen den Bullenterror

Der Bullenterror als Teil des Klassenkrieges von Oben

„Mit der sogenannten Wirtschaftskrise und der ständig wachsenden Arbeitslosigkeit der jungen Schwarzen, die in manchen Gegenden 50 Prozent erreicht, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Gegenwehr. Es gab also eine Eskalation. In vielen Vierteln, auch in Latinovierteln, ist die Polizei eine Besatzungsarmee, die dieselben Waffen benutzt wie im Irak und Afghanistan. Mit den war on terror wurde die Polizei seit 2001 immer stärker militarisiert. Sie wird seit vielen Jahren von der Armee ausgebildet und ist mit denselben Waffen ausgerüstet, deshalb herrscht in vielen Vierteln praktisch dasselbe Level an Polizeibrutalität wie vielleicht in den Vierteln von Kabul oder im Irak.
Die USA sind um den Krieg herum organisiert. Krieg im Irak, in Afghanistan, Militärbasen in der ganzen Welt, und dann der Jemen und indirekt Syrien usw. (…) All dies wirkt sich auf das Verhalten der Polizei aus. Wenn du Immigrant bist oder in einem armen Viertel lebst, können sie dir Sonntagmorgens die Wohnungstür aufbrechen und mit gezogener Waffe reinkommen unter dem Vorwand, nach Waffen oder Drogen zu suchen. Die Polizei behandelt die jungen Schwarzen wie feindliche Kämpfer: shoot first and ask later (erst schießen, dann fragen), genauso, wie sie es in den Vierteln im Irak lernen. Und sie genießen dabei dieselbe Straflosigkeit, sie können hier wie dort tun, was sie wollen. Die Linie zwischen Polizei und Armee verschwimmt immer mehr: dieselben Taktiken, dieselbe Ausbildung, dieselbe Bewaffnung.“ (Silvia Federici, Zitiert nach Ferguson zeigt das Ende der politischen Vertretung. Interview mit Silvia Federici und George Caffentzis, 1.12.2014, in: Wildcat 97, Winter 2014/2015, S. 11.)
Der oben beschriebene Bullenterror ist Teil des Klassenkrieges der Bourgeoisie gegen das besonders hart ausgebeutete und unterdrückte schwarze Proletariat in den USA. Schwarze Lohnabhängige bekommen in den USA noch immer durchschnittlich bei der Vermietung ihrer Arbeitskraft weniger Geld als ihre weißen KollegInnen. Zum Beispiel war der Lohn schwarzer ArbeiterInnen 2012 durchschnittlich um 13,7 Prozent niedriger als der ihrer weißen KollegInnen. Auch die Arbeitslosigkeit ist höher. So betrug nach offiziellen Angaben des US-Arbeitsamtes Ende 2014 die Arbeitslosigkeit unter AfroamerikanerInnen 10,7 Prozent, während sie unter Weißen 4,6 Prozent ausmachte. In den Schwarzen-Ghettos sind die Grenzen zwischen den untersten Schichten der ArbeiterInnenklasse und den nichtlohnarbeitenden Schichten des Proletariats sehr fließend. Afroamerikanische ArbeiterInnen haben oft zwei oder drei Billigjobs, um sich über Wasser zu halten. Kleinkriminalität wie Drogenhandel und blutige Bandenrivalität in den Schwarzen-Ghettos sind Folge der rassistischen Extraausbeutung und -unterdrückung des afroamerikanischen Proletariats. Was in den USA offiziell unter dem Namen „Kriminalitätsbekämpfung“ läuft, ist in Wirklichkeit ein brutaler Klassenkrieg von oben gegen das nichtlohnarbeitende schwarze Proletariat, der geradezu mörderisch ist. Das zu erkennen, heißt nicht vor den asozialen und destruktiven Tendenzen der Kriminalität die Augen zu verschließen, aber diese müssen immer mit dem strukturellen Rassismus im Zusammenhang gesehen werden. Der mörderische Bullenterror gegen die afroamerikanische Bevölkerung ist eine Mischung aus Sozialdarwinismus und Staatsrassismus. Und es darf auch nicht vergessen werden, dass große Teile des erwerbslosen schwarzen Proletariats sich durchschlagen, ohne in die Kriminalität zu geraten. Doch im strukturellen Raster der Bullen ist jeder schwarze Proletarier ein potenzieller Krimineller.
Dass einige Schwarze zum politischen Personal der US-Bourgeoisie gehören, ändert nichts daran. Die formale Aufhebung der „Rassentrennung“ in den USA hat die rassistische Extraausbeutung und -unterdrückung des afroamerikanischen Proletariats ebenfalls nur modernisiert, aber eben nicht aufgehoben. Die faktische „Rassentrennung“, also das Weiße und Schwarze in unterschiedlichen Wohnvierteln leben, nahm in den letzten Jahrzehnten eher noch zu. Auch in Chicago war das so. So stieg der Anteil der Schwarzen, die in Stadtteilen mit mehr als 90% afroamerikanischer Bevölkerung lebten, von 40,7 Prozent im Jahre 1960 auf 53,7 1970, 60,7 1980 und auf 62,9 Prozent im Jahre 1990. Wir sehen also, dass die 1980er Jahre in Chicago vollkommen in der rassistischen Kontinuität lagen. Und doch wurde die Stadt in den 1980er Jahren (1983-1987) von einem schwarzen Bürgermeister, von Harold Washington, regiert. Dass die rassistische Kontinuität nicht durch schwarze PolitikerInnen durchbrochen werden kann, liegt nicht in erster Linie daran, dass ihre Regierungszeiten nur relativ kurze Perioden bleiben können, sondern dass sie zum politischen Personal des US-Nationalkapitals gehören, welches auch von der Extraausbeutung des schwarzen Proletariats lebt. „Schwarze“ Politik kann wie „weiße“ nur kapitalistisch sein, nur die revolutionäre Aufhebung der Politik, also die Zerschlagung der USA durch das Proletariat kann auch den strukturellen Rassismus aufheben. Wenn die schwarzen ProletarierInnen sich nicht mehr verarschen lassen wollen, müssen sie mit der „schwarzen“ Politik brechen, so wie die weißen ProletarierInnen mit der „weißen“ Politik brechen müssen, wenn sie sie sich sozial befreien wollen.

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Die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung verteidigt(e) den demokratischen Kapitalismus https://swiderstand.blackblogs.org/2016/08/30/die-institutionalisierte-arbeiterinnenbewegung-verteidigte-den-demokratischen-kapitalismus/ https://swiderstand.blackblogs.org/2016/08/30/die-institutionalisierte-arbeiterinnenbewegung-verteidigte-den-demokratischen-kapitalismus/#respond Tue, 30 Aug 2016 16:56:14 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=129 Wir veröffentlichen hier den vierten abschließenden Teil des Textes „Der spanische BürgerInnenkrieg als innerkapitalistischer Konflikt“ aus der Broschüre „Der spanische BürgerInnenkrieg (1936-1939)“. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

CNT Barrikade am La Rambla Promenade. Barcelona Mai 1937

Die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung verteidigt(e) den demokratischen Kapitalismus

Nachdem wir im vorigen Kapitel die Niederlage des republikanisch-stalinistischen Blockes im BürgerInnenkrieg schilderten, wollen wir jetzt die erfolgreiche Konterrevolution dieses Blockes gegen das klassenkämpferische Proletariat beschreiben. Diese Konterrevolution entsprach sowohl den allgemeinen Entwicklungstendenzen des Antifaschismus als auch der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung. Der Antifaschismus ist die Ideologie und Praxis der Verteidigung der Demokratie gegen den Faschismus und artverwandter Regierungsformen wie zum Beispiel den Franquismus. Doch die Demokratie ist ebenfalls eine politische Ausdrucksform der sozialreaktionären Diktatur des Kapitals. Die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung reproduzierte und reproduziert die kapitalistische Klassengesellschaft in Form von bürgerlich-bürokratischen Apparaten und einer proletarischen Basis. Diese bürgerlich-bürokratischen Apparate sind strukturell unfähig und unwillig dazu die soziale Revolution zu organisieren, aber sie müssen aus Eigeninteresse die sozialreaktionäre Demokratie gegen den Faschismus bzw. artverwandte Regimes, welche die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung zerschlagen wollen, verteidigen. Doch ein Kampf gegen faschistische und artverwandte Strömungen, der von demokratischen Positionen aus erfolgt, kann nur inkonsequent sein – dafür muss er sich aber mit konterrevolutionärer Konsequenz gegen das Proletariat richten.
Besonders Moskau wollte während des spanischen BürgerInnenkrieges der demokratischen Bourgeoisie in und außerhalb Spaniens seine konterrevolutionäre Verlässlichkeit demonstrieren – und die durch den Militärputsch enorm geschwächten RepublikanerInnen brauchten Stalin als erfahrenen Henker gegen das Proletariat. So verlangte Stalin in einem Brief an dem damaligen spanischen Ministerpräsidenten Caballero von diesem das Privateigentum an Produktionsmitteln unbedingt zu schützen. Der Stalinismus brachte die konterrevolutionäre Konsequenz des Antifaschismus nur am stärksten zum Ausdruck, so wurde er zur Avantgarde der republikanisch-demokratischen Konterrevolution. Aber auch die sozialdemokratische PSOE, die „anarcho“-demokratischen CNT und FAI sowie die POUM waren Teil dieser demokratisch-antifaschistischen Konterrevolution. Letztere bildeten den libertären und marxistischen Schwanz der sozialreaktionären Volksfront. Doch die erfolgreiche Konterrevolution richtete sich auch gegen ihre schwächlichen VertreterInnen. Der kleinbürgerlich-anarchistische Moralismus kann dieses Verhalten seines einstigen antifaschistischen Bündnispartners nur mit „Intoleranz“ erklären. Ja, blutige Intoleranz gegen das Proletariat war und ist das Markenzeichen der Konterrevolution, so wie „Toleranz“ gegenüber dieser Konterrevolution das Markenzeichen sozial- und „anarcho“-demokratischer Schleimer ist!
Da es keine im Proletariat verankerte sozialrevolutionäre Strömung in Spanien im Juli 1936 gab, die wichtige Impulse für den Sturz des Volksfront-Regimes und den revolutionären Klassenkrieg gegen die putschenden Generäle geben konnte, war die Antwort des republikanisch-stalinistischen Blockes auf den reproduktiv-defensiven Klassenkampf des Proletariats die Zerschlagung aller Keime von dessen Selbstorganisation. Als erstes musste das Proletariat im republikanischen Hinterland entwaffnet werden. Wenn auch vorerst die antifaschistische Ideologie in den Köpfen der bewaffneten ProletarierInnen die Bourgeoisie und ihre politischen Handlanger schützte – sehr verlässlich war dieser Schutz nicht. So wurde im Oktober 1936 die Abgabe aller Gewehre und Maschinengewehre im Hinterland an das Volksfront-Regime dekretiert. Dieses Dekret wurde allerdings in der Praxis so ausgelegt, dass die institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung, die ja fast vollständig in das Volksfront-Regime integriert war, weiterhin Lizenzen für Gewehre und Maschinengewehre für Betriebswachposten und Bauernkomitees vergeben konnte. Doch auch damit war am 15. Februar 1937 Schluss. Der bürgerlich-stalinistische Block war jetzt so stark, dass er die Abgabe aller Gewehre und Maschinengewehre an die Regierung verlangte. Am 17. März 1937 verlangte das Volksfront-Regime von allen Parteien und Gewerkschaften der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung ihre Mitglieder im Hinterland absolut zu entwaffnen und die Waffen innerhalb von 48 Stunden zu übergeben. Am 17. April 1937 wurde diese Anordnung auch auf Katalonien übertragen. So entwaffneten die Nationalen Republikanischen Garden – die umgetaufte Guardia Civil – die ProletarierInnen Barcelonas. Während der letzten Aprilwoche 1937 wurden dreihundert ArbeiterInnen, alle Mitglieder der CNT und im Besitz von Waffenlizenzen ihrer Organisation, entwaffnet. Die konsequente Entwaffnung des Proletariats durch den republikanisch-stalinistischen Block führte also auch zu Angriffe auf den linken Flügel der Volksfront, der darauf mit opportunistischer Anpassung an die antifaschistische Konterrevolution reagierte.
Mit der Entwaffnung des Proletariats im Hinterland waren auch die waffentechnische Unterversorgung der POUM- und CNT-Milizen und eine Aufrüstung der Polizei verbunden. Der konterrevolutionäre Kampf gegen den linken Flügel der Volksfront war dem republikanisch-stalinistischen Block eben wichtiger als der militärische Sieg gegen Franco. Denn das letztere war nur ein innerkapitalistischer Konflikt, während das Überleben des Kapitalismus in schweren Krisenzeiten eine totale Konsequenz im Klassenkampf von oben erfordert – einschließlich seiner ultrarepressiven Übertreibungen. Der republikanisch-stalinistische Block festigte das bürgerliche Regime nach dem Beginn des Militärputsches im Juli 1936 durch eine massive Aufrüstung der Polizei gegen das Proletariat. Jene Bullen, die zu den putschenden Generälen übergelaufen waren, wurden mehr als ersetzt. Die Nationale Republikanische Garde und die Asalto-Garden wurden bald vollständig von der Front abgezogen, um den demokratischen Kapitalismus gegen den proletarischen Feind zu schützen. Auch die ehemals kleine Zollgruppe wurde massiv zu einer 40.000 Mann zählende Gruppe aufgerüstet. Neben der Polizei wirkte der sowjetische NKWD im Verborgenen mit Geheimgefängnissen, Folterungen und Morden gegen das klassenkämpferische Proletariat und den linken Flügel der Volksfront. Auch baute der NKWD maßgeblich den republikanischen Geheimdienst Servico de Investigación Militar (SIM) auf. Außerdem rekrutierte der stalinistische Antifaschismus bei seinen schmutzigen Machenschaften gegen das Proletariat auch noch jenes kleinbürgerliche sowie kriminell-lumpenproletarische Milieu, das sonst als klassische soziale Basis des Faschismus gilt. Gegen die Presse des linken Flügels der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung ging der republikanisch-stalinistische Block mit einer strengen Zensur vor.
Diese aufgerüstete Konterrevolution stand in einer dialektischen Entsprechung zu der schlechten Bewaffnung der CNT- und POUM-Milizen. So schrieb George Orwell in Mein Katalonien: „Eine Regierung, die Jungen von 15 Jahren mit 40 Jahre alten Gewehren an die Front schickt und die stärksten Männer und die neuesten Waffen in der Nachhut behält, fürchtet die Revolution offenkundig mehr als die Faschisten. Daher die kraftlose Kriegspolitik der vergangenen sechs Monate und daher der Kompromiss, mit dem der Krieg ganz sicher enden wird.“ Orwell beschrieb auch die schlechte Bewaffnung an der Aragon-Front. Nach seiner Meinung war die Infanterie „weit schlechter ausgerüstet als das Ausbildungskorps einer englischen Public-school“, mit „abgenutzten Mausergewehren, die meist nach fünf Schüssen Ladehemmungen hatten; in etwa ein Maschinengewehr für fünfzig Männer; und eine Pistole oder ein Revolver für etwa dreißig Männer. Diese im Stellungskrieg so notwendigen Waffen wurden nicht von der Regierung ausgegeben und konnten nur illegal und unter großen Schwierigkeiten gekauft werden“. (Zitiert nach Felix Morrow, Revolution und Konterrevolution in Spanien, a.a.O., S. 210/211.)
Die bewusste Unterversorgung der CNT- und POUM-Milizen im BürgerInnenkrieg war Teil der republikanisch-stalinistischen Konterrevolution. Während sie diese Milizen bewusst mit Waffen unterversorgten, verleumdeten die StalinistInnen gleichzeitig CNT und POUM, sie seien unfähig, ja schlimmer noch, sie würden insgeheim mit den FaschistInnen im Bunde stehen… Noch heute behauptet die nachstalinistische Sozialreaktion solche bewussten Lügen, wie wir im Kapitel Stalinistische Mordbuben und Folterknechte unseres Textes Die antifaschistische Volksfront gegen das Proletariat ausführlich darstellen werden. Doch CNT und POUM waren als Organisationen der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung dazu unfähig für eine wirkliche ArbeiterInnenmiliz als Organ eines revolutionären Klassenkrieges zu kämpfen, deshalb mussten sie ihre eigene proletarische Basis in einem reaktionären innerkapitalistischen Krieg verheizen, der auch noch bewusst ineffektiv geführt wurde. CNT und POUM kämpften nicht gegen die republikanisch-stalinistische Konterrevolution, sondern sie machten nur schwächliche „Gegenvorschläge“, wie jenen von einer Armee eines bürgerlichen Regimes, das aber unter „Arbeiterkontrolle“ stehen sollte.
Ja, die Ideologie von der „Arbeiterkontrolle“, die in Wirklichkeit die Kontrolle des Kapitals über das Proletariat verschleierte, war die besondere Spezialität der CNT-Konterrevolution. Dass diese „Arbeiterkontrolle“ nichts anderes als CNT-Gewerkschaftskapitalismus und Staatssyndikalismus war, werden wir noch ausführlich im entsprechenden Kapitel unserer Schrift Die antifaschistische Volksfront gegen das Proletariat unter die Lupe nehmen. Die CNT organisierte auf diese „kollektivistische“ Weise den Kapitalismus, als viele PrivatkapitalistInnen ins Lager der putschenden Generäle geflohen waren und das klassenkämpferische Proletariat in größte Wallung geraten war. Die CNT war also zu Beginn des Militärputsches eine verdammt wichtige Konterrevolutionärin, die das reaktionäre Volksfront-Regime durch „Kollektivierungen“ im Rahmen von Staat und kapitalistischer Warenproduktion am Laufen hielt. Wir SozialrevolutionärInnen kritisieren diese „Kollektivierungen“ ganz klar als Anarchokapitalismus, während die republikanisch-stalinistische Konterrevolution in ihrem Verlauf bestrebt war diese anarchokapitalistischen Experimente zu beenden und das Privateigentum an den Produktionsmitteln wieder herzustellen. So erforderte der konsequente Schutz des Privateigentums an Produktionsmitteln die konterrevolutionäre Frontstellung gegen den CNT-Anarchokapitalismus.
Besonders in der Landwirtschaft ging ja die CNT gegen den Großgrundbesitz vor – um dann die Landbevölkerung in Form von „Kollektiven“ im Interesse des kapitalistisch-antifaschistischen Krieges auszubeuten. Die StalinistInnen, die selbst in der UdSSR eine brutale Zwangskollektivierung durchgezogen hatten, waren während des spanischen BürgerInnenkrieges die Avantgarde einer nicht weniger brutalen Zwangsentkollektivierung. Sie organisierten privatbesitzende BäuerInnen in der Gewerkschaft UGT – die sie auch sonst immer erfolgreicher unterwanderten – gegen die kleinbürgerlich-kollektive Warenproduktion. Besonders in Aragon, wo die CNT sehr stark war, ging die stalinistische Konterrevolution im August 1937 massiv gegen die kleinbürgerlichen Kollektive vor. Landwirtschaftliche Kollektive, Unternehmen unter gewerkschaftskapitalistischer UGT/CNT-Kontrolle und Genossenschaften in den Städten wurden vom republikanisch-stalinistischen Block massiv zerstört. So wurden die anarchokapitalistischen Experimente in der Fleisch- und Molkereiwirtschaft in Katalonien im Juni 1937 beendet und die Betriebe den früheren PrivateigentümerInnen zurückgegeben.
Teil der republikanisch-stalinistischen Konterrevolution war auch die polizeiliche Besetzung der Telefonzentrale von Barcelona, das unter CNT-Kontrolle stand, Anfang Mai 1937. Doch das Proletariat organisierte die Gegenwehr und schlug zurück. CNT und POUM taten alles, um das kämpfende Proletariat Barcelonas wieder von den Barrikaden und an die Arbeit zu bringen. Nur die spanischen TrotzkistInnen, die im Frühjahr 1937 aus der POUM herausgeworfen wurden, und der linke Flügel der CNT, die sich im Frühjahr 1937 herausgebildeten Freunde Durrutis, traten für den revolutionären Sturz des Volksfront-Regimes ein. Allerdings unterstützten beide Gruppierungen auch „kritisch“ den kapitalistisch-antifaschistischen Krieg des Volksfront-Regimes. Auch waren sie zu schwach, um den revolutionären Kampf in Barcelona entscheidende Impulse zu geben. So endeten die Maikämpfe 1937, die wir ausführlich im Text Die antifaschistische Volksfront gegen das Proletariat beschreiben werden, mit einer Niederlage.
Die trotzkistische Ideologie-Produktion behauptet mit felsenfester Sicherheit, dass während der Maikämpfe in Barcelona 1937 ein revolutionärer Sturz des Volksfront-Regimes möglich gewesen wäre. Doch es hätte an der „revolutionären Partei“ gefehlt. Die spanischen TrotzkistInnen wären noch zu schwach gewesen, um das Proletariat zum Sieg zu führen. Mal abgesehen davon, dass der siegreiche Trotzkismus Spanien nur ein staatskapitalistisches Regime hätte bescheren können, traten die spanischen TrotzkistInnen auch während der Maikämpfe in Barcelona sehr inkonsequent auf. Sie kämpften zwar für einen revolutionären Sturz des Volksfront-Regimes, aber sie hörten dennoch keine Sekunde auf, dessen kapitalistisch-antifaschistischen Krieg zu unterstützen. Außerdem schürte der Trotzkismus während der Barrikaden-Kämpfe Illusionen in den linken Flügel der Konterrevolution, in CNT und POUM (siehe dazu ausführlicher das Kapitel Der trotzkistische Einheitsfront-Antifaschismus im Text Die antifaschistische Volksfront gegen das Proletariat). Wir müssen also feststellen – bei allem Respekt gegenüber dem Mut der spanischen TrotzkistInnen –, dass auch der Trotzkismus keine sozialrevolutionäre Strömung, sondern eine kleinbürgerlich-radikale mit starken sozialreaktionären Tendenzen gewesen ist. Die Freunde Durrutis söhnten sich nach den Maikämpfen von 1937 mit der CNT-Führung wieder aus.
Im Gegensatz zu den TrotzkistInnen, die völlig undialektisch davon reden, dass ein Sieg möglich gewesen wäre – wenn, ja wenn es nur eine „revolutionäre Partei“ gegeben hätte – betrachten wir die Existenz bzw. Nichtexistenz sozialrevolutionärer Strömungen im engen Zusammenhang mit dem allgemeinen Klassenbewusstsein des Proletariats. Während der revolutionären Nachkriegskrise in Deutschland bildeten sich der parteiförmige Linkskommunismus (KAPD) und der Rätekommunismus als relativ starke Strömungen heraus – doch das Proletariat erwies sich dennoch als geistig und praktisch zu schwach, um sich revolutionär aufzuheben. Das hatte den Sieg der demokratischen Konterrevolution zur Folge, die schließlich in die nationalsozialistische Sozialreaktion überging, während die siegreiche bolschewistische Konterrevolution gegen den Kronstädter Aufstand von 1921 folgerichtig ab 1923 im Sieg des Stalinismus als dessen konsequentester Ausdruck gipfelte. Die Siege der privatkapitalistischen und staatskapitalistischen Konterrevolution in den beiden ehemaligen Hauptherden des revolutionären Aufschwunges in Europa nach dem Ersten Weltkrieg verschlechterten die Klassenkampfbedingungen auf dem ganzen Kontinent. In Spanien gab es weder eine links-, noch eine rätekommunistische Strömung, was als ein allgemeiner Ausdruck des relativ schwachen Klassenbewusstseins des Proletariats in Spanien gewertet werden muss. Selbst der kleinbürgerliche Radikalismus, die Freunde Durrutis und die spanischen TrotzkistInnen, waren zu schwach, um Impulse für einen republikweiten Klassenkampf gegen das Volksfront-Regime zu geben. Auch war ihre anarchosyndikalistische bzw. parteimarxistische Ideologie-Produktion ganz bestimmt nicht die geistige Garantie für eine siegreiche soziale Revolution.
Nein, wir gehen nicht davon aus, dass bei einer Existenz einer wirklichen sozialrevolutionären Strömung im Mai 1937 der Sieg über die antifaschistische und franquistische Konterrevolution wie gegen die zu erwartende ausländische Intervention möglich gewesen wäre. Denn dessen Existenz hat selbst in Deutschland zwischen 1918 und 1923 unter wesentlich besseren Bedingungen nicht zur revolutionären Selbstaufhebung des Proletariats geführt. Die Nichtexistenz einer bewussten sozialrevolutionären Strömung und die Schwäche selbst des kleinbürgerlichen Radikalismus während des spanischen BürgerInnenkrieges sind ein eindeutiges Indiz dafür, dass eine siegreiche Revolution in Spanien nicht möglich war. Benutzt das ja nicht als Alibi für euer konterrevolutionäres Verhalten, ihr erbärmlichen Sozial- und „Anarcho“-DemokratInnen! Ein/e Revolutionär/in muss immer konsequent gegen die Konterrevolution kämpfen. Auch die schlechtesten Bedingungen können nicht als Ausrede dazu dienen, sich der Konterrevolution anzupassen oder gar ein Teil von dieser zu werden.
Gehen wir von der Existenz einer bewussten sozialrevolutionären Strömung aus, die in den Maitagen 1937 wichtige Impulse für eine Verschärfung des Klassenkampfes gegeben hätte. Nach unserer Meinung wäre dann ein heroischer und bewusster Kampf gegen die antifaschistische und franquistische Konterrevolution herausgekommen, der höchstwahrscheinlich nicht siegreich geendet hätte. Aber bevor die mögliche Weltrevolution vielleicht irgendwann einmal siegt, zeigen die heroischen Niederlagen dem globalen Proletariat den Weg!
Fazit: Das klassenkämpferische Proletariat Spaniens wurde zwischen dem faschistisch-franquistischen Hammer und dem demokratisch-antifaschistischen Amboss zerschlagen. Weil es der antifaschistischen Ideologie und Praxis erlag, die unwillig und/oder unfähig dazu ist den demokratischen Kapitalismus zu bekämpfen und selbst den Faschismus nicht wirkungsvoll bekämpfen kann, dafür aber ein Krebsgeschwür für den proletarischen Klassenkampf darstellt. Parteimarxismus und Anarchosyndikalismus verteidigten in Spanien den demokratischen Kapitalismus – gegen das klassenkämpferische Proletariat und Franco. Weil sie den ersten Kampf siegreich beendeten, wurden sie von Franco besiegt. Das ist die Dialektik der Konterrevolution in Spanien.
Noch heute werden in unzähligen kapitalistisch-reaktionären BürgerInnenkriegen (Syrien, Ukraine, Libyen…) und zwischenstaatlichen Konflikten die ProletarierInnen verheizt, verstümmelt und ermordet. Dies ist jedoch „nur“ die militärische Form des kapitalistischen Krieges gegen das Proletariat, der allerdings auch in seiner ökonomischen Form absolut mörderisch ist. Wer zählt die Verhungerten, erfrorenen Obdachlosen, durch „Arbeitsunfälle“ Ermordeten, „Berufskranken“, von Bullen misshandelten und ermordeten klassenkämpferischen LohnarbeiterInnen?! Dieser Krieg wird noch immer viel zu einseitig vom Kapital geführt. Noch immer entwaffnen die Sozial- und „Anarcho“-DemokratInnen aller Schattierungen mit ihren Phrasen über Menschenrechte und Demokratisierung nicht etwa die Bourgeoisie, sondern das Proletariat. Denn es gibt nur zwei Menschenrechte die absolut gelten: Das Menschenrecht auf Eigentum (einschließlich staatliches und genossenschaftliches) an Produktionsmitteln und das Menschenrecht auf Ausbeutung des faktisch eigentumslosen Proletariats. Alle anderen Menschenrechte gelten dagegen – darunter auch das auf körperliche Unversehrtheit und das auf Leben – nur relativ, also so gut wie gar nicht im reaktionären Krieg des Kapitals gegen das Proletariat. Wenn die Sozial- und „Anarcho“-DemokratInnen Menschenrechte für die Proletarisierten einfordern und für „mehr Demokratie“ eintreten, helfen sie dabei diese geistig zu entwaffnen. Revolutionärer Klassenkampf als einzig wirksamer Widerstand heißt dagegen die Menschenrechte der Bourgeoisie anzugreifen und die Demokratie als Diktatur des Kapitals durch die proletarische Klassendiktatur zu zerschlagen!
Die kleinbürgerliche politische Linke – einschließlich des „Anarcho“-Syndikalismus – ist strukturell dazu unfähig, aus der Vergangenheit irgendetwas zu lernen. So ist sie heute immer noch das, als dass sie sich schon im spanischen BürgerInnenkrieg zeigte: strukturell sozialreaktionär. Diese reaktionären Linken zu verachten und zu bekämpfen ist kein Ausdruck von SektiererInnentum – sondern eine Notwendigkeit des Klassenkampfes. SozialrevolutionärInnen müssen sich kollektiv und individuell in einem Geist der absoluten Intoleranz gegen alle Charaktermasken und Lakaien des Kapitals erziehen! Egal ob gegen große oder kleine, bewusste oder unbewusste, linke oder rechte, faschistische oder antifaschistische, „marxistische“ oder „anarchistische“!

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