israel – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org Für die soziale, antipolitische und antinationale Selbstorganisation des Proletariats! Sat, 15 Mar 2025 22:53:48 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://swiderstand.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1128/2022/05/cropped-28385945-32x32.png israel – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org 32 32 Neue Broschüre: Globale Klassenkämpfe (2023/2024) https://swiderstand.blackblogs.org/2025/03/15/neue-broschuere-globale-klassenkaempfe-2023-2024/ Sat, 15 Mar 2025 22:53:39 +0000 https://swiderstand.blackblogs.org/?p=822 Unsere neue Broschüre „Globale Klassenkämpfe (2023/2024)“ (ca. 138 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Einleitung

1. Kapitalistische Ausbeutung und politische Verwaltung des Weltproletariats

2. Weltbourgeoisie und Weltproletariat

3. Institutionalisierte ArbeiterInnenbewegung und klassenkämpferische Selbstorganisation

4. Kämpfe im Güter- und Personenverkehr (Logistik)

5. Auseinandersetzungen in der Textilindustrie

6. Klassenkonflikte in der Metall- und Elektroindustrie

7. Klassenkämpfe im Gesundheitswesen und in der Pflege

8. Lehrkräfte im Klassenkampf

9. Auseinandersetzungen bei Medien und in der IT-Branche

10. Konflikte auf dem Bau

11. Kämpfe im Handel

12. Klassenauseinandersetzungen in der Finanzbranche (Banken und Versicherungen)

13. Klassenkonflikte im Gastgewerbe

14. Auseinandersetzungen in der Land- und Forstwirtschaft

15. Klassenkämpfe im öffentlichen Dienst und in den Staatsapparaten

16. Konflikte in der Reinigungsbranche

17. Klassenauseinandersetzungen in der Nahrungsmittelindustrie

18. Klassenzusammenstöße in der Rohstoff- und Energiegewinnung

19. Branchenübergreifende Klassenkonflikte

20. Klassenübergreifende größere Sozialproteste

Auseinandersetzungen in der Textilindustrie

In Bangladesch streikten Ende Oktober 2023 in den Städten Ashulia und Gazipur die ProletarierInnen von dutzenden Textilunternehmen. Sie blockierten die Straßen, wie die Polizei mitteilte. Die Repressionskräfte setzten Gummigeschosse und Tränengas gegen die Klassengeschwister ein. Am 30. Oktober 2023 starb ein Mann bei diesen Klassenauseinandersetzungen. Es war Rasel Howlader, ein Arbeiter aus der Textilfabrik Design Express in Gazipur. Außerdem verletzten die Bullen bei einer Schießerei Amirul Islam, der bei Columbia Garments schuftete. Ein weiterer Mensch kam in einer brennenden Fabrik ums Leben. In Gazipur lassen mehr als tausend Betriebe Textilien – viele für westliche Marken – von „ihren“ ProletarierInnen für Hungerlöhne herstellen.

Der Klassenkampf der TextilarbeiterInnen entwickelte sich, als die Bourgeoisie dieser Branche am 22. Oktober 2023 auf der vierten Sitzung des Lohnausschusses eine Erhöhung des Mindestlohnes auf 10.400 BDT (94 US-Dollar) vorschlug. Dieser vorgeschlagene Mindestlohn lag unter den biosozialen Reproduktionskosten. Die Textilgewerkschaften von Bangladesch forderten seit Beginn des Jahres 2023 die Erhöhung des Mindestlohnes von 8.000 BDT (75 US-Dollar) auf 23.000 BDT (215 US-Dollar).

Als sich der offene Klassenkampf in der Textilindustrie Ende Oktober 2023 entfaltete, ging der politische Gewaltapparat auch repressiv gegen FunktionärInnen der Textilgewerkschaften vor. So wurden Ende Oktober 2023 Mossarrof Hossain von BMGGTWF, Jewel Miya von BIGUF und Masud Rana von BGTLWF verhaftet. Die Bullen zeigten weitere GewerkschafterInnen wegen Vandalismus und Körperverletzung an.

Anfang November 2023 ging der militante Klassenkampf weiter und weitete sich geographisch noch aus, wie wir in der Zeitung lesen konnten: „Die Massenproteste von Beschäftigten der Textilindustrie in Bangladesch sind auch am Mittwoch (1. November 2023) weitergegangen. Erneut demonstrierten Tausende Arbeiterinnen und Arbeiter und errichteten Straßensperren in der Hauptstadt Dhaka. Bei Kundgebungen in den nördlichen Vororten Ashulia und Gazipur war es seit Montag (30. Oktober 2023) zu Ausschreitungen und Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Mindestens zwei Menschen starben. Die Behörden sprachen am Mittwoch (1. November 2023) von mindestens 5.000 Demonstrierenden, AFP-Reporter vor Ort setzten die Zahl höher an. In Gazipur kam es der örtlichen Polizei zufolge zu Steinwürfen. Dhaka und seine Vororte sind ein Zentrum der Textilindustrie, H & M, Gap, Adidas oder Puma lassen dort Kleidung herstellen. Der Mindestlohn der Branche liegt umgerechnet bei rund 70 Euro im Monat, die Gewerkschaft fordert eine Verdreifachung.“ (Bangladesch: Proteste in der Textilindustrie, in: junge Welt vom 2. November 2023, S. 1.)

Zum Höhepunkt dieser Klassenauseinandersetzung streikten zehntausende TextilarbeiterInnen in Bangladesch. Die ProletarierInnen legten mehr als 300 Fabriken lahm. 50 Fabriken wurden im Kampf verwüstet. Der Staat konnte diesen Klassenkonflikt nicht nur mit der Peitsche befrieden, so erhöhte er im November 2023 für Dezember dieses Jahres den Mindestlohn von umgerechnet 8.000 BTD (67 US-Dollar) auf 12.500 BDT (105 US-Dollar). Die Erhöhung entsprach der Hälfte der Forderungen der Gewerkschaften. Deshalb ging der Klassenkampf weiter.

In einer Zeitung der deutschen Bourgeoisie, im Manager-Magazin, konnten wir am 11. November 2023 über die Auswirkungen des Klassenkampfes in der Textilbranche von Bangladesch auf die globale Kapitalvermehrung lesen: „Im teils gewaltsamen Streit um höhere Löhne in der Textilbranche in Bangladesch sind am Samstag (11. November 2023) 150 Fabriken auf unbestimmte Zeit geschlossen worden. Sie befinden sich in den wichtigen Industriestädten Ashulia und Gazipur nördlich der Hauptstadt Dhaka, wie die Polizei der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die Hersteller fürchten demnach zum Beginn der neuen Arbeitswoche in dem südasiatischen Land weitere Streiks.

In Bangladesch gibt es seit zwei Wochen heftige und teils gewaltsame Proteste. Die Arbeiter der zahlreichen Textilfabriken des Landes fordern eine Erhöhung ihres Mindestlohns auf umgerechnet mindestens 190 Euro im Monat, was eine Verdreifachung des aktuellen Niveaus wäre. Eine von der Regierung eingesetzte Kommission hatte am Dienstag (7. November 2023) eine Mindestlohnerhöhung um 56,25 Prozent auf 104 Euro ab Dezember angekündigt.

Die Gewerkschaft der Textilarbeiter wies dies als ,inakzeptabel‘ zurück. Die Lohnerhöhung sei nicht mit den steigenden Kosten für Lebensmittel, Wohnungsmieten, Gesundheitsversorgung und Schulgebühren vereinbar. In den vergangenen Tagen kam es erneut zu heftigen Protesten, bei denen eine Frau getötet wurde – der dritte Todesfall seit Beginn der Demonstrationen.

Am Donnerstag (9. November 2023) gerieten 15.000 Arbeiter mit der Polizei aneinander und plünderten rund ein Dutzend Fabriken, darunter die Fabrik Tusuka. Nach Angaben der Polizei wurden wegen des Angriffs auf diese Fabrik Ermittlungen gegen 11.000 Unbekannte eingeleitet. Die Beamten leiten nach großen Protesten häufig Ermittlungen gegen tausende Menschen ein, was laut Kritikern dazu dient, gegen Andersdenkende vorzugehen.“ (https://www.manger-magazin.de/unternehmen/industrie/zara-h-und-m-und-co-150-textilfabriken-in-bangladesch-auf-unbestimmte-zeit-geschlossen-a-cfb97584-3288-42f1-abcf-6c28c79dd4e6.)

Der politische Gewaltapparat setzte gegen das klassenkämpferische Proletariat auch Grenztruppen ein, um den großangelegten Ausstand von TextilarbeiterInnen zu unterdrücken. Die harte Auseinandersetzung zwischen Proletariat und Bourgeoisie in Bangladesch führte auch zu einem vierten Todesopfer. So teilten die Bullen mit, dass am 11. November der 42-jährige Textilarbeiter Jalal Uddin, der Anfang des Monats bei Zusammenstößen mit staatlichen Repressionsorganen verletzt worden war, seinen Verletzungen erlag.

Hannes Koch und Natalie Mayroth schrieben am 26. November 2023 in der taz über die Situation in der Textilindustrie von Bangladesch: „Die Stimmung in Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, ist weiter angespannt. Auch während der Schnäppchenwoche Black Week kam es zu Protesten. Zudem jährte sich am vergangenen Freitag (24. November 2023) der Brand bei Tazreen Fashions, bei dem 2012 mindestens 112 Menschen starben. Näher:innen machten in den vergangenen Tagen auf geschlechtsspezifische Gewalt aufmerksam. (…)

Bangladesch steht wenige Wochen vor den Parlamentswahlen, die ohnehin unruhige Zeiten versprechen. Zwar laufen die Textilfabriken nach heftigen Protesten mit mindestens vier Toten wieder. Doch der Unmut über den neuen Mindestlohn, der ab Dezember gilt, bleibt. Die Proteste begannen im Oktober, als der Verband der Textilhersteller vorschlug, den Mindestlohn nur geringfügig zu erhöhen. Seit 2018 war er nicht mehr gestiegen.

Die Fronten sind verhärtet, wie die Inhaftierung des Gewerkschaftsführers Babul Hossain von der Bangladesh Garment Workers Solidarity zeigt. Hossain rief Kolleg:innen auf, auf eine bessere Arbeitsgesetzgebung und einen höheren Mindestlohn zu dringen. Seine Kollegin Taslima Akter glaubt, er wurde verhaftet, um die Bewegung zu stoppen. Premierministerin Sheikh Hasina kündigte am Sonntag (26. November 2023) ein hartes Vorgehen gegen Brandstifter an, um Leben und Eigentum zu schützen.“ (https://taz.de/Textilwirtschaft-in-Bangladesch/!5972782/.)

Es war also dem Staat durch massive Repression und die minimale Erhöhung des Mindestlohnes gelungen, im Verlauf des Monats November 2023 den Klassenkampf des Textilproletariats zu ersticken. Diese Erhöhung wurde jedoch durch eine Inflation von 9 Prozent wieder aufgefressen. Außerdem überzog der politische Gewaltapparat das klassenkämpferische Proletariat mit Repression. Er leitete mindestens 43 Strafverfahren gegen 20.000 ArbeiterInnen ein. Über hundert Klassengeschwister wurden vom Staat inhaftiert. Im Jahre 2024 wurden 115 TextilproletarierInnen von der bürgerlichen Klassenjustiz inhaftiert. Viele TextilarbeiterInnen wurden von der Bourgeoisie aus den jeweiligen Betrieben rausgeworfen und auf schwarze Listen gesetzt. Dies macht es für sie sehr schwer, einen neuen Job zu finden.

Im April 2024 forderte ein Bündnis aus elf Verbänden und Gewerkschaften der Textilbranche von Bangladesch die Erhöhung des Mindestlohnes auf 25.000 BDT (ca. 215 Euro/235 US-Dollar) pro Monat.

In China legten die Lohnabhängigen der Deli Textile Co Ltd in der Wirtschaftsentwicklungszone Xia Sha im Bezirk Qiantang von Hangzhou (Provinz Zhejiang) am 2. November 2023 die Arbeit nieder. Der Ausstand richtete sich dagegen, dass die Bourgeoisie die Fabrik an einen anderen Ort verlagern wollte – ohne die bisherigen ArbeiterInnen zu entschädigen.

Am 6. November 2023 traten die ArbeiterInnen der Yonglong-Textilfabrik in Shoxing, Provinz Zhejiang, in den Ausstand. Der Klassenkampf entzündete sich, weil sie für die Verlagerung der Fabrik keine Entschädigung erhielten.

Am 25. November 2023 streikten die ProletarierInnen in der Changshu Zhongtang Textile Co Ltd in Suzhou, Provinz Jinagsu, weil das Einzelkapital die Fabrik verlegt hatte, ohne sie zu entschädigen. Der Streik dauerte eine Zeitlang an.

Am 29. November 2023 teilte die Baoyi Shoes Factory in Yangzhou, Provinz Jiangsu mit, dass sie den Arbeitsvertrag mit „ihren“ Beschäftigten zum Ende des Jahres kündigen, aber erst am nach dem 31. Dezember 2023 ein konkretes Abfindungspaket anbieten werde. Die ProletarierInnen waren so wütend, dass sie am 30. November 2023 in den Ausstand traten. Sie forderten von dem Unternehmen sofort eine Abfindung. Am 4. Dezember 2023 war der fünfte Streiktag.

Am 17. März 2024 demonstrierten rund 1.000 WanderarbeiterInnen aus Myanmar in der südchinesischen Provinz Yunnan, die direkt an Myanmar grenzt. Die ProletarierInnen schufteten in den Bekleidungsfabriken Shangcheng und Xinjiaho. Sie forderten vor allem kürzere Arbeitszeiten und einen freien Sonntag. Bei den Protesten ging es aber auch um höhere Löhne. Unsere Klassengeschwister bekamen oft nicht den versprochenen Lohn von 1.000.000 Kyat (umgerechnet 380 US-Dollar), sondern wurden mit deutlich weniger abgespeist. Die chinesische Bourgeoisie reagierte mit staatlicher Repression. So wurde eine Demonstrantin über die Grenze nach Myanmar abgeschoben.

Am 4. September 2024 errichteten Arbeiterinnen im Bezirk Linping, Hangzhu, Provinz Zhejiang, ansatzweise die Diktatur des Proletariats, die keine Staatsform ist, wie der Marxismus behauptet, sondern Gewalt und Zwang der klassenkämpferischen Lohnabhängigen gegen Bourgeoisie und die repressiven Staatsorgane. Die Proletarierinnen nahmen den Textilkapitalisten Shen Jinrong fest. Das war der Besitzer einer Bekleidungsfabrik im Dorf Tunli im Bezirk Linping in Hanzhou. Er floh bereits mehrfach an anderen Orten mit unbezahlten Löhnen. Die Diktatur des Proletariats bildet sich bereits ansatzweise im reproduktiven Klassenkampf, sie ist eine revolutionäre Tendenz. In der möglichen sozialen Revolution muss die proletarische Diktatur Kapital und Staat zerschlagen – und damit prozesshaft in die klassen- und staatenlose Gesellschaft übergehen (siehe auch Kapitel 3).

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Neue Broschüre: Zionismus und arabischer Nationalismus https://swiderstand.blackblogs.org/2015/05/04/neue-broschuere-zionismus-und-arabischer-nationalismus/ https://swiderstand.blackblogs.org/2015/05/04/neue-broschuere-zionismus-und-arabischer-nationalismus/#respond Mon, 04 May 2015 07:48:21 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=104 Unsere neue Broschüre: „Zionismus und arabischer Nationalismus“ (ca. 121 Seiten) von Soziale Befreiung (Hg.) ist da. Die Broschüre könnt ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

 

Inhalt

Einleitung

I. Europäischer Antijudaismus, Zionismus und palästinensischer Nationalismus vor 1948
1. Von der relativen Assimilation der Juden in Westeuropa zum massenmörderischen Antijudaismus
2. Die Symbiose aus Antijudaismus und Zionismus
3. Osmanisches Reich, britischer Imperialismus, Zionismus, palästinensischer Nationalismus und Faschismus
4. Palästina nach dem Zweiten Weltkrieg

II Israel, der palästinensische Nationalismus und arabische Staaten
1. Der Krieg von 1948/49
2. Der Sechstage-Krieg von 1967
3. Der Krieg von 1973
4. Die Formierung des modernen palästinensischen Nationalismus
5. Der globale Krieg zwischen Israel und dem palästinensischen Exil-Nationalismus
6. Israel und die Besetzten Palästinensischen Gebiete (BPG)
7. Israel, die PLO und Jordanien
8. Israel, der palästinensische Nationalismus und Ägypten
9. Israel, die PLO und der Libanon
10. Israel, der palästinensische Nationalismus und Syrien

III Der sozialreaktionäre Charakter Israels
1. Auschwitz und Israel
2. Israel, das Judentum, der nichtjüdische Prozionismus und der Antijudaismus
3. Israel als eigenwilliger Wachhund des US-Imperialismus
4. Die Vermehrung des israelischen Nationalkapitals
5. Die israelische Apartheid-Demokratie

IV Die sozialrevolutionäre Nullstaatenlösung
1. Die mögliche Formierung des Weltproletariats zum revolutionären Subjekt
2. Die revolutionäre Zerschlagung aller Nationalismen

Von der relativen Assimilation der Juden in Westeuropa zum massenmörderischen Antijudaismus

Das alte Judentum war ein vorindustriekapitalistisches Handelsvolk, deren sozialökonomische Basis sich in der jüdischen Religion ideologisch spiegelte. So wie auch der evangelische Protestantismus – besonders der Calvinismus – die sozialpsychologischen Bedürfnisse der christlichen Bourgeoisie befriedigte. Was war die Funktion von vorindustriekapitalistischen Handelsvölkern wie den Juden? Sie verkörperten bis zum 11. Jahrhundert den verselbständigten Tauschwert, das Geld, in einer Agrargesellschaft, die noch weitgehend von der Naturalproduktion beherrscht war. Im europäischen Feudalismus spielte in der Landwirtschaft das Geld keine Rolle. Die BäuerInnen produzierten fast alles selbst was sie brauchten und die Abgaben an die Feudalherren wurden auch in Form von Naturalabgaben geleistet. Die Feudalherren brauchten allerdings Geld zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse nach orientalischen Luxusgütern. Hier kam das Judentum als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk ins Spiel. Es handelte mit Luxusgütern und stellte den Feudalherren durch Wucher Geld zur Verfügung.
Den Christen war es von der Kirche verboten Zins zu nehmen. So betrieben oft Juden im Auftrag und im Interesse der Feudalherren Finanzgeschäfte. Dafür wurden die Juden oft zum Sündenbock für die Misswirtschaft. Das feudale System wusch sich rein, indem es auf den schmutzigen Juden verwies. Die Judenverfolgung hatte auch damals schon – trotz der irrationalen Ideologie, die sie produzierte – einen rationalen, die Herrschaft sichernden Kern. In der ständischen Gesellschaft des Feudalismus wurde der Charakter des Judentums als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk verrechtlicht und zementiert.
Im Gegensatz zu einer Verschwörungslegende des Antijudaismus waren die Juden eben nicht die „ErfinderInnen“ des modernen europäischen Kapitalismus, sondern sie wurden im Gegenteil mit der Herausbildung einer christlichen Handels- , Finanz- und schließlich Industriebourgeoisie ziemlich an den Rand gedrängt und Verfolgungen sowie Vertreibungen ausgesetzt. Zuerst wurden die Juden von einer ab dem 11. Jahrhundert entstehenden christlichen Handelsbourgeoisie aus dem Handel verdrängt. Es blieb ihnen oft nur noch das Wuchergeschäft. Der Antijudaismus ist eine extrem ideologisch verzerrte Widerspiegelung der Tatsachen, dass die Juden durch ihr Handelsmonopol bis zum 11. Jahrhundert den Tauschwert in einer noch vorwiegend von der Naturalwirtschaft geprägten Gesellschaft verkörperten und dann, als das Geld immer stärker den Feudalismus aushöhlte und zerstörte, von einer christlichen Handelsbourgeoisie immer mehr in den Wucher verdrängt wurden. Aber im modernen Kapitalismus verkörpern die Juden nicht mehr und nicht weniger das Geld als alle anderen Sprach-, Religions- und Kulturgemeinschaften auch.
In dem Maße, wie sich in den feudal-bürgerlichen Gesellschaften eine christliche Handelsbourgeoisie, welche auch den Geldhandel betrieb, entwickelte, konnten die Juden ab dem 12. Jahrhundert aus dem Handel verdrängt und vorübergehend vertrieben werden. Vorher nicht, weil das schwerwiegende sozialökonomische Folgen gehabt hätte. Die jüdische Religionsgemeinschaft wurde immer stärker von der anderen Bevölkerung isoliert. Zwischen 1099 und 1291 wurde die jüdische Bevölkerung in Palästina durch Kreuzfahrer und Seldschuken dezimiert. Seit dem 13. Jahrhundert erfolgte die zwangsweise Ansiedlung in geschlossene Stadtviertel (Judengasse, Judenviertel, Judenquartier, Ghetto). So wurden die Juden in den Jahren 1182, 1268 und 1306 aus Frankreich vertrieben. Die Juden wurden also als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk mit der Entwicklung einer christlichen Handelsbourgeoisie zunehmend verdrängt und nach Osteuropa vertrieben. Die Pest von 1348-51 wurde in ganz Europa zu einer barbarischen Judenverfolgung zum Anlass genommen. Sie forderte Zehntausende von Opfern und führte zu einer starken jüdischen Auswanderung, besonders von Deutschland nach Polen. Joachim Kahl bemerkt zu Recht: „So umfassend wurden die Juden ausgerottet, dass die Katastrophe dieser Jahre auf faschistische Pogrome unter Hitler vorausweist.“ (Joachim Kahl, Das Elend des Christentums, Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg, 1968/1993 S. 48.)
Mit der Entwicklung des Industriekapitalismus und der Entstehung moderner demokratischer Rechtsstaaten als den effektivsten politischen Formen der sozialen Diktatur des Kapitals in Westeuropa, bestand für die Juden Westeuropas immer stärker sowohl die Möglichkeit als auch die Notwendigkeit sich als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk aufzuheben und sich in die entstehenden Nationalstaaten zu assimilieren. Bei einer geglückten Assimilation würden die Juden sich sozial in die drei Hauptklassen Bourgeoisie, KleinbürgerInnentum und Proletariat spalten und als Religions- und Kulturgemeinschaft die Religionsfreiheit genießen. Die Juden würden sich durch den Nationalismus in erster Linie als FranzösInnen, EngländerInnen, Deutsche usw. fühlen, und ihr Judentum wäre wie jede Religion Privatsache. Diese Assimilation war auch im 19. Jahrhundert in Westeuropa relativ erfolgreich. Doch diese relative Assimilation war auch in Westeuropa immer wieder durch mal stärkere und mal schwächere Schübe des Antijudaismus geprägt. Besonders das KleinbürgerInnentum – aber auch Teile des Proletariats und der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung – waren durchaus anfällig gegenüber dieser chauvinistischen Ideologie.
In Osteuropa –besonders im zaristischen Russland – war der Kapitalismus zu schwach entwickelt, um das Judentum zu assimilieren. Der Kapitalismus war zwar auch dort Ende des 19. Jahrhunderts/Anfang des 20. Jahrhunderts schon so stark, dass es massenhaft das jüdische Kleinhandwerk ruinierte, aber eben zu schwach, um das ruinierte jüdische KleinbürgerInnentum vollständig in ein Proletariat transformieren zu können. Das erzeugte in der jüdischen Bevölkerung –besonders im russisch annektierten Teil Polens – eine große Arbeitslosigkeit und ein für das Kapital unproduktives Elend. Zwar entwickelte sich auch ein jüdisches Proletariat, doch das wurde vorwiegend im zugrunde gehenden jüdischen Kleinhandwerk ausgebeutet. Im russisch annektierten Teil Polens verboten die polnischen Berufsgewerkschaften bis zum Sturz des Zarismus den jüdischen ProletarierInnen die Arbeit in der Industrie. Der überlebte Zarismus versuchte sich zu erhalten, indem er die soziale Wut – besonders der BäuerInnen –auf die Juden lenkte. Die Organisation bzw. Duldung antijüdischer Pogrome hatte für den russischen Zarismus eine herrschaftsstabilisierende Funktion. Er schürte auch die antijüdische Verschwörungsideologie nach Leibeskräften und produzierte das antijüdische Machwerk Protokolle der Weisen von Zion. Diese Hetzschrift gehörte international zur Lieblingslektüre aller Judenhasser, unter ihnen auch Adolf Hitler.
Die Nichtintegration der Juden im ökonomisch unterentwickelten Osteuropa hatte drei Folgen: Die Emigration nach Westeuropa, in die USA und nach Palästina, die Entstehung einer besonderen jüdischen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung und die Entwicklung des jüdischen Nationalismus, des Zionismus. Mit den beiden letztgenannten Folgen werden wir uns in den folgenden Kapiteln dieses Teiles auseinandersetzen. Hier wollen wir uns mit der Emigration osteuropäischer Juden und Jüdinnen nach Westeuropa und dem Anwachsen des Antijudaismus als chauvinistischer Reaktion auf die osteuropäisch-jüdische Migration beschäftigen. Die Ankunft jüdischer MigrantInnen aus Osteuropa stärkte auch in Westeuropa den Antijudaismus als reaktionäre chauvinistische Konkurrenzideologie. Mehrere europäische Nationalstaaten versuchten die jüdische Emigration gesetzlich einzuschränken. So erließ Großbritannien 1905 das berüchtigte Fremdengesetz, mit dem den osteuropäischen Juden und Jüdinnen die Migration auf die Insel verunmöglicht wurde.
Die so genannte „jüdische Frage“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bestand aus der Nichtassimilation der Juden und Jüdinnen durch den noch schwachen osteuropäischen Kapitalismus und die Rückgängigmachung der relativen Assimilation durch den deutschen Krisenkapitalismus in seiner NS-faschistischen Form und schließlich im antijüdischen Massenmord. Die relative Assimilation der Juden in Westeuropa im 19. Jahrhundert beruhte auf der beschleunigten Kapitalvermehrung. Doch diese beschleunigte Kapitalvermehrung geriet ab 1914 in die strukturelle Profitproduktionskrise. Diese war in erster Linie ein Ausdruck des tendenziellen Falles der Profitrate, dem Verhältnis zwischen den Kosten der kapitalistischen Produktion (Produktionsmittel- und Lohnkosten) und ihren Gewinnen. Diese Profitrate fällt tendenziell durch zwei gesellschaftliche Prozesse. Der eine Prozess ist die zunehmende Mechanisierung und Automatisierung der kapitalistischen Produktionsweise, bei der immer mehr Funktionen der menschlichen Arbeitskräfte (ProletarierInnen, menschliches produktives Kapital) zur Funktion der Maschinerie (sachliches produktives Kapital) werden. Dadurch steigen tendenziell die Produktionsmittelkosten schneller und stärker an als die Gewinne. Die Folge ist ein tendenzieller Fall des Verhältnisses zwischen den Kosten der kapitalistischen Produktion und ihren Gewinnen (Profitrate). Diesem Fall der Profitrate können die KapitalistInnen entgegenwirken, indem sie die Ausbeutungsrate (Mehrwertrate) als Verhältnis zwischen den Lohnkosten und dem vom Proletariat erzeugten Mehrwert, den sich die Bourgeoisie aneignet, erhöhen. In der selbstreproduktiven Arbeitszeit erzeugt das Proletariat einen Wert, der den Lohnkosten entspricht, während es in der Mehrarbeitszeit den Gewinn für das Kapital produziert. Der Kampf um höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten, also der reproduktive Klassenkampf des Proletariats im Rahmen des Kapitalismus, lässt die Mehrwertrate und damit auch die Profitrate sinken. Die KapitalistInnen müssen durch das Senken des Reallohnes sowie durch Arbeitsverdichtung oder unbezahlte Arbeitsverlängerung danach streben, die Mehrwertrate zu erhöhen, die wichtigste Gegentendenz zum Fall der Profitrate. Die strukturelle Profitproduktionskrise führt also zur Verschärfung des Klassenkampfes.
Während die Erhöhung der Ausbeutung des Proletariats die wichtigste Gegentendenz zum tendenziellen Fall der Profitrate darstellt, ist die Erhöhung der Profitmasse bei einer fallenden Profitrate eine wichtige Kompensation. Größere Kapitale erzielen eine größere Profitmasse. Neben dem einfachen Wachstum der Kapitale, führt das Schlucken von kleinerem und kriselndem Kapital durch größeres und ökonomisch potenteres Kapital zur weiteren Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Gerät der Kapitalismus in eine strukturelle Profitproduktionskrise, verschärft sich also der Konkurrenzkampf enorm. Sowohl zwischen KapitalistInnen und KleinbürgerInnen innerhalb der einzelnen Nationalkapitale/Nationalstaaten als auch die imperialistische Konkurrenz zwischen den letztgenannten. Und damit laden sich auch alle chauvinistischen Konkurrenzideologien wie Nationalismus, Rassismus und Antijudaismus auf. Konkurrenz gibt es nicht nur zwischen KapitalistInnen und KleinbürgerInnen, sondern auch zwischen ProletarierInnen auf dem Arbeitsmarkt. Der permanente Konkurrenzkampf innerhalb des Kapitalismus, wozu auch der imperialistische Krieg zwischen Staaten gehört, ist potenziell und tendenziell massenmörderisch und entfesselte während der strukturellen Profitproduktionskrise zwischen 1914 und 1945 seine bisher gewaltigste zivilisationsbarbarische Zerstörungskraft. Dazu gehören die beiden von Deutschland begonnenen Weltkriege, die aber auch von Seiten aller seiner Feinde – einschließlich der staatskapitalistischen Sowjetunion – imperialistisch-reaktionäre Kriege waren, der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden durch den deutschen NS-Faschismus und das atomare Massaker des US-Imperialismus in Japan. Beide Weltkriege waren vor allem ein ultrabrutaler Klassenkampf von oben, bei denen sich die ProletarierInnen zum Wohle des Weltkapitalismus gegeneinander massakrierten. Diese Tatsache zu verschleiern, ist bis auf den heutigen Tag das dreckige Geschäft von Neofaschismus und einem großen Teil des Antifaschismus, der sich auf die Seite der imperialistischen Kriegsgegner des NS-Faschismus stellt. Wer Hiroshima und Auschwitz gegeneinander in Stellung bringt und so relativiert, dem gehört das Maul gestopft!
Sowohl die beschleunigte Kapitalvermehrung als auch die strukturelle Profitproduktionskrise sind durch die Konjunkturzyklen geprägt (Aufschwung und Krise). Allerdings sind in der strukturellen Profitproduktionskrise die Aufschwünge weniger expansiv, dafür aber die Krisen häufiger und tiefer. Der westeuropäische und der nordamerikanische Kapitalismus gerieten ab 1914 in die strukturelle Profitproduktionskrise, die in einer Konjunkturkrise zum Ausdruck kam. Der Erste Weltkrieg war für das globale Rüstungskapital ein gefundenes Fressen und bescherte dem US-Nationalkapital ein Extraaufschwung, während Europa in Blut und organisiertem Chaos versank. Der Krieg führte zur Verschärfung des Klassenkampfes, der in der europäischen revolutionären Nachkriegskrise (1917-1923) mündete, die jedoch der globale Kapitalismus konterrevolutionär löste – dazu gehörte auch der bolschewistische Staatskapitalismus in „Sowjet“-Russland, welcher 1921 die Kronstädter Matrosen als Avantgarde der Revolution massakrierte. Zwischen 1923 und 1929 stabilisierten sich der westeuropäische und der nordamerikanische Kapitalismus etwas – um dann 1929 in der Weltwirtschaftskrise zu landen.
Diese Krise machte in Deutschland den NS-Faschismus als kleinbürgerlich-reaktionäre Massenbewegung im Interesse der Bourgeoisie groß. Der NS-Faschismus war Fleisch vom Fleische des deutschen KleinbürgerInnentums, das durch die Weltwirtschaftskrise massenhaft ruiniert wurde. Die ruinierten KleinbürgerInnen konnten nicht in der ArbeiterInnenklasse aufgehen, da diese selbst unter der Massenarbeitslosigkeit litt. Der Antijudaismus der Nazis entsprach den sozialökonomischen und sozialpsychologischen Bedürfnissen der von der Krise bedrohten KleinbürgerInnen. Wenn jemand vernichtet werden sollte, dann nicht sie, sondern die jüdische Konkurrenz! Kauft nicht bei Juden, sondern bei braven „arischen“ Deutschen! Die KleinbürgerInnen projizierten massenhaft ihren ganzen Hass auf die Juden, ihre eigene Geldgier auf die „Geldjuden“, ihre Angst und Abscheu vor dem klassenkämpferischen Proletariat in den „jüdischen Bolschewismus“, ihre Enttäuschung in die Weimarer „Judenrepublik“ – die sie nicht retten wollte oder konnte – und das angeblich „jüdische“ Bankkapital, bei dem sie massenhaft verschuldet waren.
Keine Klasse beherrscht die Kapitalvermehrung, auch die KapitalistInnen werden von ihr beherrscht. Sie werden vom Aufschwung emporgehoben – und dann in die Krise geschleudert. Für die KleinbürgerInnen fällt die Höhe des Aufschwunges wesentlich niedriger, dafür aber der Fall umso tiefer aus. Von der sozialökonomischen und psychologischen Vernichtung bedroht, wollen sie überleben, indem sie andere vernichten. Eine Zwischenstellung zwischen dem Großkapital, dass es besonders in der Krise massenhaft ruiniert, und dem Proletariat, das es embryonal ausbeutet, einnehmend, lief das KleinbürgerInnentum während der Weltwirtschaftskrise in Deutschland im Interesse der Bourgeoisie antijüdisch und antikommunistisch Amok und machte den NS-Faschismus zu einer Massenbewegung. Als die deutsche Bourgeoisie 1933 den Nazis die politische Macht übergab wurde ihr Antijudaismus zur massenmörderischen Gewalt. Der Antijudaismus wurde wie die Vorbereitung auf den Zweiten Weltkrieg und die Zerschlagung der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung (Sozialdemokratie, Gewerkschaften und Partei-„Kommunismus“) zur völkischen Krisenlösungsstrategie der Nazis. Indem die Bourgeoisie ihre Herrschaftsform von der Demokratie zum NS-Faschismus transformierte, entwickelte sich der NS-Faschismus aus einer kleinbürgerlichen Massenbewegung in eine großbürgerliche politische Strömung.
Beim staatlichen Antijudaismus der Nazis verschmolz die kalte technokratische Rationalität der Kapitalvermehrung mit einer überfanatischen irrationalen Vernichtungsideologie und gipfelte schließlich im kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden. Die Verdrängung der Juden und Jüdinnen durch den NS-Staat aus Wirtschaft, Politik und Kultur, eröffnete neue Karrieren für „arische“ Deutsche, besonders für überzeugte Nazis. Die jüdische Bourgeoisie wurde im Interesse ihrer „arischen“ Konkurrenz enteignet, wodurch die Konzentration und Zentralisation des Kapitals zunahm. So schufen die Nazis massenhaft für das Kapital unproduktive jüdische Armut. Der Kapitalismus vernichtete und vernichtet massenhaft unproduktive Armut, indem er die Armen mehr oder weniger sich selbst überlässt. Ein monströser Massenmord! Die modernen Sozialstaaten in den kapitalistischen Metropolen mildern den Terror gegen das nichtlohnarbeitende Proletariat etwas ab – aber nur SozialdemokratInnen kommen auf die Idee, die Tatsache, dass die entwickelten kapitalistischen Staaten ihre Armen nicht mehr massenhaft verhungern und erfrieren, sondern sie auf niedrigem Niveau dahinvegetieren lassen, als „zivilisatorische Errungenschaft“ zu feiern. Doch die Nazis waren keine SozialdemokratInnen, sie waren konsequente SozialdarwinistInnen. Nachdem sie den Jüdinnen und Juden die sozialökonomische Grundlage ihrer Existenz genommen hatten, vernichteten sie sie physisch. Die Nazis waren die ultrafanatischen Übertreiber jenes kapitalistischen Sozialdarwinismus, der sonst die Menschen durch die unsichtbare Hand des Marktes tötete und noch immer tötet.
Die physische Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden begann mit dem Zweiten Weltkrieg. Das hatte sehr viel mit der ultrafanatisch-antijüdischen ideologischen Verklärung dieses imperialistischen Gemetzels durch die Nazis zu tun. Für diese stellte der Zweite Weltkrieg ein Endkampf zwischen „arischen Herrenmenschen“ und „jüdischen Untermenschen“ dar, wodurch die sozialökonomische Basis des Blutbades als militärischer Konkurrenzkampf zwischen imperialistischen Staaten extrem ideologisch verschleiert wurde. Als diese extrem irrationale Ideologie zur massenmörderischen Gewalt wurde, überlagerte sie auch den rationalen Zweck des Krieges, nämlich die konkurrierenden Staaten militärisch zu besiegen. Deportationszüge mit europäischen Juden in die Vernichtungsstätten erhielten Vorrang gegenüber militärischen Transporten.
Beim kapitalistisch-industriellen Massenmord verschmolz die Rationalität der Kapitalvermehrung untrennbar mit der massenmörderischen Irrationalität des fanatischen Judenhasses. Einige Juden wurden von der SS an das deutsche Kapital (z.B. Krupp) als SklavInnen verkauft, wo das „Judenmaterial“ zu Tode gearbeitet wurde. Aus Geld muss mehr Geld gemacht werden! Dass ist der massenmörderische kategorische Imperativ des Kapitals. Und wenn noch so viele Menschen sterben müssen! Wer zählt die Millionen SklavInnen und LohnarbeiterInnen, die das Kapital in seiner Geschichte weltweit zu tote gearbeitet hat?! Nein, der Massenmord des deutschen NS-Faschismus war kein Zivilisationsbruch, er war der bisher extremste Ausdruck der kapitalistischen Zivilisationsbarbarei.
Auschwitz als Zivilisationsbruch zu bezeichnen, heißt davon zu abstrahieren, dass sich das Kapital nur durch die Auftürmung von Leichenbergen vermehrte und vermehrt. In der Fabrik und auf den Schlachtfeldern unzähliger Kriege wurden in der Geschichte Millionen Menschen zum Wohle der Kapitalvermehrung umgebracht. In einer Geschichte voller Gemetzel ist das größte Gemetzel kein Zivilisationsbruch! Außerdem ist das Gerede vom „Zivilisationsbruch“ extrem eurozentristisch. Im Trikont (Asien, Afrika und Lateinamerika) wurden zum Wohle der europäisch-weißen kapitalistischen Zivilisation Menschen nichtweißer Hautfarbe massenhaft massakriert. Die IndianerInnen Nordamerikas wurden fast ausgerottet. Die Nazis haben ihren Massenmord mitten in Europa organisiert, das war das Neue. Außerdem nutzten sie für ihre Mordorgie die modernen kapitalistischen Produktivkräfte, die immer auch Zerstörungskräfte gegen das arbeitende Proletariat und die Natur waren und sind. Diesen Zusammenhang soll das moralisierende Gerede über den angeblichen „Zivilisationsbruch“ verschleiern. Der klebrige Moralismus dient auch hier der Verteidigung der alltäglichen kapitalistischen Zivilisationsbarbarei und seiner technokratischen Todesfabrikation.
Doch die materialistische Geschichtsbetrachtung zieht den moralisierenden Schleier, den die demokratisch gewendete Bourgeoisie von Auschwitz über den kapitalistisch-industriellen Massenmord als untrennbaren Teil ihrer Vergangenheit legt, erbarmungslos beiseite. Im Gegensatz zu vielen linken KleinbürgerInnen, die sich formal zum Marxismus bekennen, aber zu moralisieren anfangen wenn es richtig wehtut, halten wir gegen das unerträgliche bürgerliche Geschwätz, dass Auschwitz nicht erklärbar sei, daran fest, dass die materialistische Geschichtsbetrachtung auch den kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden erklären kann und muss. Die bürgerlich-idealistische Verklärung und Mythologisierung von Auschwitz dient nur der Bourgeoisie. Das Proletariat braucht Klarheit über die kapitalistische Welt, in der es schuftet, leidet und stirbt – aber eben auch lebt, liebt, lacht und kämpft!
Auschwitz verkörpert auf ideologisch extrem verzerrte Weise den Konkurrenz- und Klassenkampf von oben in einer der krisenhaftesten Zeiten des Kapitalismus, der seine Zivilisationsbarbarei extrem verschärfte, und in Deutschland in NS-faschistischer Form zugleich rational-technokratisch-kalt und irrational-ideologisch durchdrehend die Krise zu lösen versuchte. Durch den Judenhass wurde der Konkurrenzkampf auf völkisch-rassistische Art und Weise gelöst, eine für das Kapital unproduktive jüdische Armut geschaffen und diese technokratisch vernichtet, woran auch das Kapital verdiente. Und nicht nur das Kapital. Nach der Deportation der deutschen Jüdinnen und Juden wurden ihre Haushalte versteigert. An den Versteigerungen nahmen Menschen aller Klassen und Schichten teil. So stärkte sich die „Volksgemeinschaft“ als Scheinrealität und realer Schein durch den rassistischen Ausschluss der Juden als Beutegemeinschaft der Aasgeier. Es darf aber nicht vergessen werden, dass es auch im NS-Faschismus vor dem Zweiten Weltkrieg den Klassenkampf deutscher ArbeiterInnen gab (siehe dazu Imperialistischer Krieg und proletarischer Klassenkampf, in: Schriften zum Klassenkampf III, Soziale Befreiung, Nürnberg 2014, S. 71-78.) Der NS-Antijudaismus stärkte schon während der Weimarer Republik den Kapitalismus ideologisch, indem er den „arischen schaffenden“ Industriekapitalismus gegen das „raffende jüdische Finanzkapital“ ausspielte.
Im Zweiten Weltkrieg triumphierte global der Klassenkampf von oben gegen das Proletariat. Das Proletariat tötete und wurde getötet im Interesse der einzelnen Nationalstaaten, die ihren blutigen Konkurrenzkampf ausfochten. Der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden war Teil des imperialistischen Gemetzels. Der antifaschistische Imperialismus der staatskapitalistischen Sowjetunion und der privatkapitalistischen Demokratien machte vor dem Gemetzel seine Geschäfte mit dem NS-Faschismus auf Kosten des Proletariats, so wie er nach dessen Beginn seinen militärischen Konkurrenzkampf gegen die Nazis zum Leidwesen der proletarisierten und kleinbürgerlichen Menschen ausgefochten hatte. Die imperialistischen Demokratien bombardierten deutsche ZivilistInnen, aber nicht die antijüdischen faschistischen Massenmordzentren.
Auch der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden verkörperte nicht nur auf die Art und Weise den ideologisch extrem verzerrten Klassenkampf von oben, indem er das von den Nazis völkisch-technokratisch geschaffene unproduktive jüdische Elend sehr zum Vorteil einiger Privatkapitale auslöschte. Die Nazis projizierten auch ihren nationalistischen Hass auf den „proletarischen Internationalismus“ der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung auf das gesamte Judentum. Der „proletarische Internationalismus“ war und ist stark beschränkt, weil er nicht konsequent den kapitalistischen Nationalismus hinter sich lässt. Deshalb ist er aus antinational-sozialrevolutionärer Sicht scharf zu kritisieren (siehe dazu die Kapitel I.2 und IV.2). Aber es muss auch bedacht werden, dass der „proletarische Internationalismus“ für viele jüdische ArbeiterInnen und Intellektuelle (Rosa Luxemburg, Karl Radek, Leo Trotzki…) in Osteuropa eine relativ progressive Form war, mit der sie ihre Nichtassimilation und den blutigen Antijudaismus verarbeiten konnten, ohne jüdische NationalistInnen (ZionistInnen) zu werden. Die Nazis projizierten ihren leidenschaftlich-krankhaften Hass gegen den proletarischen Internationalismus auf alle Juden, von denen viele in Westeuropa sich leidenschaftlich-reaktionär zu den Nationen bekannten, in denen sie lebten, oder jüdische NationalistInnen/ ZionistInnen waren. In seiner ersten „großen“ Rede vom 13. August 1920 teilte Hitler seinen ZuhörerInnen mit, dass er ein Judenfeind sei, weil „die Juden international sind, die Gleichheit aller Völker und die internationale Solidarität predigen, (und) es ihr Ziel ist, die Rassen zu entnationalisieren“ (siehe: E. Jäckel, Hitler als Ideologe, Calmann Levy 1973). Der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden richtete sich auch ideologisch extrem verzerrt gegen den proletarischen Internationalismus.

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https://swiderstand.blackblogs.org/2015/05/04/neue-broschuere-zionismus-und-arabischer-nationalismus/feed/ 0
Vortrag bei der Literatrurmesse https://swiderstand.blackblogs.org/2013/11/08/vortrag-bei-der-literatrurmesse-2/ https://swiderstand.blackblogs.org/2013/11/08/vortrag-bei-der-literatrurmesse-2/#respond Fri, 08 Nov 2013 00:39:33 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=76 Wir veröffentlichen hier den Vortrag, den unser Genosse Nelke auf der Literaturmesse im Rahmen der Vorstellung der Broschüre „Der Kampf des jüdischen Proletariats (1900-1945)“ in Nürnberg, den 2. November 2013 gehalten hat.

Streik Israel
Mitarbeiter israelischer Fluggesellschaften protestieren gegen das Billigflugabkommen zwischen Israel und der EU AFP

Der Titel dieser Broschüre „Der Kampf des jüdischen Proletariats“ ist bewusst gewählt. Er macht deutlich, dass Juden im 20. Jahrhundert nicht nur Opfer waren, sondern auch selbstbewusste Subjekte des proletarischen Klassenkampfes. Die Broschüre zeichnet sich durch zwei Besonderheiten aus. Erstens wird in ihr nicht der Begriff „Antisemitismus“ benutzt, sondern der ältere Begriff „Antijudaismus“. Wir unterscheiden weiterhin zwischen religiösen und rassistischen Antijudaismus. Der „Antisemitismus“-Begriff wird von uns aus zwei Gründen verworfen. Erstens ist er ungenau. So sind die Juden und Jüdinnen nicht die einzigen Semiten, aber der Begriff „Antisemitismus“ umfasst nur die chauvinistische Feindseligkeit gegen Juden. Zweitens ist der Antisemitismusbegriff zu einer politischen Waffe zionistischer und prozionistischer Kräfte geworden. So gilt im bundesdeutschen Politmainstream bereits eine „unangemessene“ Kritik an Israel als „antisemitisch“. Wie viel Kritik an Israel angemessen ist, entscheiden dann die zionistischen und prozionistischen Kräfte. Die deutsche Bourgeoisie, also die demokratisch gewendete Bourgeoisie von Auschwitz, ist heutzutage fast hundertprozentig prozionistisch, so wie sie zwischen 1933 und 1945 fast hundertprozentig antijüdisch war. „Solidarität mit Israel!“ ist für die deutsche Bourgeoisie taktisch klug und eine gute Waschanlage, um sich vom Dreck und Blut ihrer faschistischen Vergangenheit reinzuwaschen. Doch inzwischen sind die Hände der demokratischen deutschen Bourgeoisie reichlich beschmiert mit neuem Dreck und neuem Blut, wozu auch die mordbübische Solidarität mit Israel gehört. Die so genannten „Antideutschen“ sind in dieser Frage der Lautsprecher der deutschen Bourgeoisie.
Wir SozialrevolutionärInnen üben an Israel und am Zionismus die einzig angemessene Kritik, die für uns möglich ist: Wir sind für die Zerschlagung des Staates Israel durch die soziale Revolution, so wie alle Nationalstaaten als Machtapparate des Kapitals vom Weltproletariat zerschlagen werden müssen, wenn es sich von Ausbeutung und Unterdrückung befreien will. Die soziale Revolution ist die Zerschlagung von Nationalstaaten, aber nicht deren Neugründung. Deshalb bekämpfen wir auch den palästinensischen Nationalismus konsequent antinational. Denn jede bürgerliche Nation ist die Zwangsgemeinschaft aus Kapital und Arbeit. Für Lohnabhängige ist der Staat somit die politische Verlängerung der kapitalistischen Fabrik. Nationale Befreiung reproduziert die kapitalistische Ausbeutung und Unterdrückung des Proletariats. So werden jetzt die schwarzen ArbeiterInnen in Südafrika nicht mehr von den Bullen des Apartheit-Regimes massakriert, sondern von den Bullen des ANC-Regimes. Diese grundsätzliche antinationale Haltung ist eine weitere Besonderheit dieser Broschüre. Sie unterscheidet sich eindeutig vom nationalistischen Krampf, der auch von einem Großteil der kleinbürgerlichen politischen Linken produziert wird.
Bevor in der Broschüre der Kampf des jüdischen Proletariats im zaristischen Russland und im unabhängigen Zwischenkriegspolen beschrieben wird, stellen wir die so genannte „jüdische Frage“ in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dar. Das alte Judentum stellte historisch ein vorindustriekapitalistisches Handelsvolk dar, dessen sozialökonomische Basis sich auch in der jüdischen Religion widerspiegelte, so ähnlich wie die materielle Lebensweise der christlichen Handelsbourgeoisie sich im Calvinismus ideologisch widerspiegelte. In der ständischen Gesellschaft des europäischen Feudalismus wurde der Charakter des Judentums als vorindustriekapitalistischem Handelsvolk verrechtlicht und zementiert. Die jüdische Religionsgemeinschaft hob sich durch ihre wachsende Isolation immer stärker von den von ihnen umgebenden Gesellschaften ab. Zwischen 1099 und 1291 wurde die jüdische Bevölkerung in Palästina durch Kreuzfahrer und Seldschuken dezimiert. Seit dem 13. Jahrhundert erfolgte die zwangsweise Ansiedlung in geschlossene Stadtviertel (Judengasse, Judenviertel, Judenquartier, Ghetto) Im feudalen Westeuropa waren die Juden im Mittelalter aus dem Wirtschaftsleben ausgeschlossen. Sie durften kein Land kaufen und wurden den Handwerkszünften ferngehalten. Da es den ChristInnen von der Kirche verboten war Zins für geliehenes Geld einzutreiben, betrieben die Juden auch im Auftrag und Interesse der Feudalherren und der Kirche Geldspekulationen. Zum „Dank“ wurden die Juden dann von der damaligen herrschenden Klasse zum Sündenbock für die Misswirtschaft gemacht. Das Herrschaftssystem wurde reingewaschen, indem auf den gierigen, „schmutzigen“ Juden hingewiesen wurde. Die Judenverfolgung hatte also auch schon damals einen rationalen, herrschaftssichernden Charakter.
Schon im jungen BürgerInnentum entwickelte sich ein zunehmender Konkurrenzkampf zwischen einheimischen StädterInnen und den Juden. In dem Maße, wie sich in den feudal-bürgerlichen Gesellschaften eine christliche Handelsbourgeoisie, welche auch den Geldhandel betrieb, entwickelte, konnten die Juden aus dem Handel verdrängt und vorübergehend vertrieben werden. Vorher nicht, weil das schwerwiegende sozialökonomische Folgen gehabt hätte. So wurden die Juden in den Jahren 1182, 1268 und 1306 aus Frankreich vertrieben. Die Juden wurden also als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk mit der Entwicklung einer christlichen Handelsbourgeoisie zunehmend verdrängt und nach Osteuropa vertrieben. Die Pest von 1348-51 wurde in ganz Europa zu einer barbarischen Judenverfolgung zum Anlass genommen. Sie forderte Zehntausende von Opfern und führte zu einer starken Auswanderung, besonders von Deutschland nach Polen.
Selbstverständlich gab es große Unterschiede zwischen dem feudalen und dem kapitalistischen Antijudaismus. Doch die ideologische Verknüpfung zwischen beiden schuf der Kirchenreformator und Judenhasser Luther. Luther war bekannt für seine Polemiken gegen den (jüdischen) Wucher. Der Herausgeber der Nazizeitung Der Stürmer, Julius Streicher, berief sich also nicht zu Unrecht vor dem internationalen Militärgerichtshof 1946 auch auf Luther.
Die Französische Revolution enthielt mit der verwirklichten rechtlichen Gleichheit bei sozialer Ungleichheit, bei der also ein Milliardär und ein Obdachloser beide das gleiche Recht haben, unter einer Brücke zu schlafen, auch die Möglichkeit der Integration des Judentums in den modernen Kapitalismus. Bei dieser Integration musste sich das alte Judentum als vorindustriekapitalistisches Handelsvolk in die drei Hauptklassen der bürgerlichen Gesellschaft –Bourgeoisie, KleinbürgerInnentum und Proletariat – auflösen. Diese Integration fand auch mehr oder weniger stark ausgeprägt im Westeuropa des 19. Jahrhunderts statt. Der Antijudaismus behinderte diese Integration.
Diese weitgehende Assimilation war in Osteuropa auf Grund der sozialökonomischen Schwäche des dortigen Kapitalismus nicht möglich. Die in Osteuropa nichtmögliche Assimilation der Jüdinnen und Juden machte diese zum Hassobjekt einer feudal-kapitalistischen Sozialreaktion, besonders im zaristischen Russland und später im „unabhängigen“ Zwischenkriegspolen. Pogrom ist ein russisches Wort, das in die Weltkultur einging. In diesen Pogromen wurden jüdische Geschäfte geplündert, jüdische Frauen vergewaltigt und jüdische Menschen ermordet. Für den Zarismus war die Organisation von Pogromen auch ein Blitzableiter, um die soziale Wut der Bauern, die durch feudale Ausbeutung und durch Unterdrückung des zaristischen Staates geschürt wurde, auf die Juden zu lenken. Auch Dank antijüdischer Pogrome konnte sich der überlebte Zarismus noch bis 1917 halten.
Die Juden in Osteuropa waren in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wegen ihrer Nichtassimilation durch den ökonomisch noch zu schwachen Kapitalismus weitgehend auf die jüdische Kleinindustrie bzw. dem jüdischen Kleinhandel angewiesen – die immer weniger in der Lage waren, die Menschen zu ernähren und zunehmend von der großkapitalistischen Konkurrenz vernichtet wurde, was zu einer wachsenden Emigration osteuropäischer Jüdinnen und Juden führte. Das führte in Westeuropa bereits vor 1914, aber besonders zwischen den beiden Weltkriegen überwiegend im KleinbürgerInnentum zu einem massiven Anwachsen des Antijudaismus. Der Antijudaismus des 20. Jahrhunderts war nicht mehr vorwiegend religiös geprägt, sondern er wurde rassistisch. Aber nach wie vor war er an den negativen Geldfetischismus geknüpft. Dadurch wurde der Antijudaismus im 20. Jahrhundert zu einer bewusst-unbewussten Form der Sozialdemagogie, da im modernen Kapitalismus das zinstragende Kapital schon lange nicht mehr vorwiegend jüdisch war und ist. Unbewusst nennen wir diese antijüdische Sozialdemagogie insofern, weil den antijüdischen KleinbürgerInnen der sozialpsychologische Mechanismus des Antijudaismus nicht bewusst war –auch den hauptberuflichen DemagogInnen nicht. Alle Menschen sind im Kapitalismus gezwungenermaßen mehr oder weniger „geldgierig“, da in der alles andere dominierenden Ware-Geld-Beziehung das Geld das unmittelbare Tauschmittel ist, mit dem der stoffliche Reichtum der Gesellschaft eingetauscht werden kann und muss. Durch den Antijudaismus können nichtjüdische KleinbürgerInnen ihre eigene notwendigerweise existierende Geldgier auf „die Geldjuden“ projizieren.
Auch der fanatische und massenmörderische Judenhass der Nazis wurde unter anderem vom negativen Geldfetischismus genährt. Obwohl im damaligen Kapitalismus das Finanzkapital schon lange nicht mehr ausschließlich jüdisch war, wurde es von den Nazis in ihrer sozialen Demagogie so dargestellt und rassistisch begründet. Für die Nazis waren die Juden eine geldgierige Rasse.
Aber auch DemokratInnen betrieben im Westeuropa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine massive antijüdische Politik, die sich gegen die osteuropäisch-jüdische Emigration richtete. So beschloss zum Beispiel das britische Parlament im Jahre 1902 das Aliens Exclusion Bill.
Der jüdische Nationalismus, der Zionismus, mit dem Ziel in Palästina einen jüdischen Staat aufzubauen, war eine Reaktion des bürgerlichen Teils des Judentums auf dessen Nichtassimilation in Osteuropa und den wachsenden Antijudaismus in Westeuropa. Wie jeder bürgerliche Nationalismus, der sich noch keinen Staat schaffen konnte, strebte der Zionismus als Ideologie und Politik der jüdischen Bourgeoisie danach, das „eigene“ Kapital und die „eigene“ Arbeit erst noch ursprünglich zu einer nationalen Schicksalsgemeinschaft zu verschmelzen. Er war das Ziel der zionistischen Bourgeoisie das jüdische Proletariat selbstverantwortlich in einem „eigenen“ Staat auszubeuten. Damit war der Zionismus wie jeder Nationalismus objektiv der Hauptfeind des „eigenen“, in diesem Fall des jüdischen Proletariats, und für das Weltproletariat ein Feind unter vielen.
Wie jeder Nationalismus erzeugte der Zionismus den realen Schein und die Scheinrealität einer nationalen Schicksalsgemeinschaft, in diesem Fall zwischen jüdischer Bourgeoisie und jüdischem Proletariat. Der Zionismus hatte für den Weltkapitalismus die wichtige Funktion jüdische ArbeiterInnen überall auf der Welt von der Perspektive des gemeinsamen Klassenkampfes mit ihren nichtjüdischen KollegInnen abzulenken und das jüdische Proletariat für die Neugründung eines zionistischen Nationalstaates zu mobilisieren. Auch so genannte linke Strömungen im Zionismus, wie zum Beispiel die Hashomer Hatzair predigten vor dem nationalsozialistischen Massenmord an den europäischen Juden den jüdischen ArbeiterInnen in der kapitalistischen Welt, dass sie sich vom Klassenkampf fernhalten sollten – und auch vom aktiven Kampf gegen den Antijudaismus.
Durch die ideologische Offensive geistig total verwirrt, ist es bei einem nicht geringen Teil der kleinbürgerlichen politischen Linken in Deutschland Mode, den Zionismus gegen revolutionäre Kritik in Schutz zu nehmen. Er sei eine natürliche Reaktion auf den Antijudaismus. Das ist aufgrund der Tatsache, dass der Zionismus mit den schlimmsten Judenschlächtern systematisch paktierte, um seinen Judenstaat zu verwirklichen, eine sehr grobe Geschichtsfälschung. Der Zionismus trat manchmal in Worten gegen die rassistische Judenfeindschaft auf, aber in der Praxis wurde der erste durch den letzteren gestärkt. Der Judenhass diente den ZionistInnen als Beweis dafür, dass die Assimilation der jüdischen Bevölkerung in die bestehenden Staaten unmöglich wäre und deshalb ein besonderer jüdischer Staat gebraucht würde. So waren der „proletarische Internationalismus“ der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung und die bürgerliche Assimilation der jüdischen Bevölkerung in den westeuropäischen Nationalstaaten die beiden Hauptfeinde des Zionismus. Das sprachen die führenden ZionistInnen auch offen aus. So formulierte der ehemalige Präsident des Jüdischen Weltkongresses und der Zionistischen Weltorganisation, Nahum Goldmann: „Die Gefahr der Assimilation der jüdischen Gemeinschaft unter den Völkern, in deren Mitte sie leben, ist sehr viel ernster als die äußere Bedrohung durch den Antisemitismus.“ (Le Monde, 13.1.1966, zitiert nach Nathan Weinstock, Le sionisme contre israel, Paris 1966, S. 38.) Auch der Gründungsvater des Zionismus, Herzl, kämpfte nicht gegen den Antijudaismus, sondern predigte bereits 1895 die passive Anpassung an ihn, was dann später zum praktischen Programm des Zionismus wurde.
Die ZionistInnen stimmten vor der Staatsgründung Israels mit den Judenhassern darin überein, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland keine Deutschen, in Frankreich keine Franzosen usw. seien. Nun, als proletarische RevolutionärInnen fühlen wir uns auch nicht als Deutsche, Franzosen usw., sondern als Teil des globalen Proletariats, und wir bekämpfen sowohl die Integration von ProletarierInnen in den jeweiligen Nationalstaat, als auch die rassistische Ausgrenzung „ausländischer“ Klassengeschwister. Doch als der Zionismus als jüdischer Nationalismus in der Vergangenheit gegen die Assimilation der jüdischen Bevölkerung in die jeweiligen Nationalstaaten zu Felde zog, begünstigte er eindeutig den Antijudaismus. Ja, einige ZionistInnen paktierten offen mit den Judenhassern. Die Broschüre belegt eindeutig den grundsätzlich sozialreaktionären Charakter des Zionismus und dass dieser bereit war mit dem reaktionärsten Pack zusammenzuarbeiten, angefangen über den Zarismus, dem britischen Imperialismus und den italienischen Faschismus bis hin zu den deutschen Nazis.
Der faschistische Antijudaismus nahm, nachdem er von der deutschen Bourgeoisie 1933 an die politische Macht gebracht wurde, die relativ weitgehende Assimilation der deutschen Juden und Jüdinnen zurück und organisierte während des Zweiten Weltkrieges einen kapitalistisch-industriellen Massenmord an den europäischen Juden. Im Gegensatz zur groß- und kleinbürgerlichen Ideologieproduktion, für die Auschwitz die Symbolisierung des unerklärlichen Bösen darstellt, erläutern wir in dieser Broschüre wie die faschistische Irrationalität, die am brutalsten am industriellen Massenmord an den europäischen Juden und Jüdinnen zum Ausdruck kommt, sich durchaus mit der Rationalität der Kapitalvermehrung verband und sowohl mit dem innerkapitalistischen Konkurrenzkampf als auch mit dem Klassenkampf von oben in enger Verbindung stand. So konnten sich deutsche „arische“ KapitalistInnen und KleinbürgerInnen bei der so genannten Arisierung der deutschen Wirtschaft jüdisches Kapital aneignen. Der faschistische Massenmord an den osteuropäischen Juden beendete auch deren Klassenkampf gegen den Antijudaismus.
Denn eine andere Folge der Nichtassimilation der Jüdinnen und Juden Osteuropas war neben der Entstehung des Zionismus die Herausbildung eines besonderen jüdischen Proletariats in Osteuropa, welches vor und während der russischen Revolution von 1905 oft militante Kämpfe gegen kapitalistische Ausbeutung, staatliche Unterdrückung und mörderischen Antijudaismus in Form der Pogrome führte. Besonders in jenen Gebieten Osteuropas, welche sich der russische Zarismus einverleibt hatte, lebte ein besonders großes und klassenkämpferisches jüdisches Proletariat. Dieses jüdische Proletariat lebte, arbeitete und kämpfte in einem Gebiet, das sich von Litauen im Norden bis zum Schwarzen Meer im Süden und von Polen im Westen bis nach Weißrussland und der Ukraine im Osten erstreckte. Den Kampf dieses Proletariats beschreiben wir in der Broschüre genauer.
Ein bürokratisch und ideologisch entfremdeter Ausdruck dieses jüdischen klassenkämpferischen Proletariats im zaristischen Russland und später im „unabhängigen“ Zwischenkriegspolen war die Existenz einer besonderen jüdischen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung, des Bundes. Wir kritisieren den Bund als eine sozialdemokratische Partei, die auf der einen Seite einen bürgerlich-bürokratischen Apparat und auf der anderen Seite eine proletarische Basis hervorbrachte, also die Klassenspaltung in den eigenen Reihen reproduzierte. Wir erkennen aber an, dass der Bund einen militanten Kampf gegen alle reaktionären Judenhasser führte: gegen den russischen Zarismus, gegen polnische Chauvinisten und gegen den deutschen Faschismus. Der Bund wurde jedoch auch immer jüdisch-nationaler im Verlauf seiner Entwicklung, was wir aus einer antinationalen Haltung heraus klar kritisieren. Auch muss beachtet werden dass auch jüdische Intellektuelle und ProletarierInnen Russlands und Polens außerhalb des Bundes in der russischen und polnischen ArbeiterInnenbewegung wirkten. Es ist bemerkenswert, dass die bekanntesten osteuropäisch-jüdischen Intellektuellen der internationalen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung, Rosa Luxemburg und Leo Trotzki, nicht Teil des Bundes waren. Das lehnten beide auf Grund ihres „proletarischen Internationalismus“ ab. Beide versuchten sich in die jeweiligen institutionalisierten ArbeiterInnenbewegungen zu assimilieren. Aber beide blieben wegen ihrer Radikalität Außenseiter dieser institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung – und beide waren auch unfähig diese wirklich zu verlassen wie die rätekommunistischen ArbeiterInnen und Intellektuellen. So blieben Luxemburg und Trotzki der kleinbürgerlich-radikale Rand der institutionalisierten Arbeiterinnenbewegung, eines Apparates, der schließlich auch sie ausspuckte und blutig zermalmte.
Der „proletarische Internationalismus“ der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung, welcher natürlich von heutigen SozialrevolutionärInnen scharf dafür kritisiert werden muss, dass er nicht konsequent antinational war, wurde wegen ihrer Nichtintegration in die osteuropäischen Nationen besonders von osteuropäischen jüdischen ArbeiterInnen und Intellektuellen getragen. Bei diesen war der „proletarische Internationalismus“ eine relativ progressive sozialpsychologische Verarbeitung ihrer Nichtassimilation. Bürgerliche NationalistInnen projizierten ihren Hass auf die „vaterlandslosen Gesellen“ zunehmend auf das ganze Judentum. Auch Hitler gehörte zu ihnen. In seiner ersten „großen“ Rede vom 13. August 1920 teilte Hitler seinen ZuhörerInnen mit, dass er ein Judenfeind sei, weil „die Juden international sind, die Gleichheit aller Völker und die internationale Solidarität predigen, (und) es ihr Ziel ist, die Rassen zu entnationalisieren“ (siehe: E. Jäckel, Hitler als Ideologe, Calmann Levy 1973). Damit projizierte Hitler seinen Hass auf die jüdischen InternationalistInnen auf das gesamte Judentum, also auch auf Menschen, die sich in die jeweiligen bürgerlichen Nationalstaaten assimiliert hatten und sich auch in den jeweils herrschenden Nationalismus integriert hatten oder einem jüdischen Nationalismus (Zionismus) frönten. Der kapitalistisch-industrielle Massenmord an den europäischen Jüdinnen und Juden richtete sich auch gegen den proletarischen Internationalismus. Durch die Staatswerdung des Zionismus und dessen Dominanz im Judentum geriet auch die progressive Tradition jüdischer InternationalistInnen in Vergessenheit. Wir verteidigen kritisch das progressive Erbe der jüdischen InternationalistInnen gegen Antijudaismus und Zionismus.
Nein, die Nazis haben die Ideologie vom „jüdischen Bolschewismus nicht erfunden. Die Führung der deutschen Sozialdemokratie ließ am 15. Januar 1919 Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg durch die Freikorps ermorden. Als ideologische Vorbereitung dieses Mordes veröffentlichte die sozialdemokratische Zeitung Vorwärts am 12. Januar 1919 ein antikommunistisches, rassistisches und antijüdisches Gedicht, in dem die Ideologie vom „jüdischen Bolschewismus“ hochgekocht wurde, indem die beiden bolschewistischen Funktionäre Trotzki und Radek bei ihren kaum bekannten jüdischen Namen benannt wurden: „Ich sah der Massen mörderischer Streife,/ sie folgten Karl, dem blinden Hödur nach,/ sie tanzten nach des Rattenfängers Pfeife,/ die ihnen heuchlerisch die Welt versprach./ Sie knieten hin vor blutigen Idolen,/ bauchrutschend vor der Menschheit Spott und Hohn,/ vor Russlands Asiaten und Mongolen,/ vor Braunstein (Trotzki), Luxemburg und Sobelsohn (Radek)./ O, kehret um ihr aufgehetzten Horden!/ Ihr ruft nach Freiheit, nur um sie zu morden.“ (Vorwärts Nr. 34, 12.1.1919.) Die deutsche Sozialdemokratie als Wegbereiterin des faschistischen Antijudaismus!
Viele jüdische RevolutionärInnen fielen der kapitalistischen Konterrevolution und dem deutschen Faschismus als deren ultrafanatischen Höhepunkt zum Opfer. Ihnen haben wir unsere Broschüre gewidmet. Ihr Kampf gegen Kapitalismus, Antijudaismus und Zionismus ist auch unser Kampf. Nieder mit dem Bündnis aus deutscher Bourgeoisie und dem zionistischen Regime Israels! Hoch, die antinationale Solidarität!

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Solidarität mit KriegsdienstverweigerInnen aus Israel https://swiderstand.blackblogs.org/2012/04/24/solidaritaet-mit-kriegsdienstverweigerinnen-aus-israel/ https://swiderstand.blackblogs.org/2012/04/24/solidaritaet-mit-kriegsdienstverweigerinnen-aus-israel/#respond Tue, 24 Apr 2012 19:18:42 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=39

Zum ersten Mal in der Geschichte des Staates Israel verweigerte ein Offizier seinen Dienst in der Armee. Yigal Levin, ein ehemaliger Offizier der israelischen Armee, der sich zu einem Anarchist entwickelte und heute ein aktiver Kriegsdienstverweigerer ist. Seit einiger Zeit gilt er offiziell als Deserteur, weshalb ihm auch ein Prozess vor Gericht droht, in dem er bis zu zwei Jahre Haft bekommen könnte. Wir veröffentlichen hier unten seine Erklärung, in dem er seine Gründe äußert, warum er nicht gewillt ist, seinen Dienst in der Armee weiter fort zu führen. Obwohl wir nicht ganz einverstanden sind mit einigen Definitionen von Volk, Staat und Armee in Yigals Erklärung, sind wir trotzdem auf sozialrevolutionärer Basis mit ihm solidarisch. Wir wollen auch betonen, dass Yigal Levin zurzeit nicht der einzig bewusste Kriegsdienstverweigerer in Israel ist. Um den Widerstand gegen den Militarismus in Israel erfolgreich unterstützen zu können, rufen wir dazu auf die Information über ihn und die der anderen KriegsdienstverweigerInnen zu verbreiten. Noch besser wäre für Yigal auch eine direkte materielle Unterstützung in Form von Geld. Hier ist die Nummer für Spenden unter: 143 – 014533210 Webmoney: R265869067550/Z348144549010.

Ich, Yigal Levin (Leutnant Reservist der israelischen Armee, persönliche ID-Nummer 7714506) erkläre, dass ich meinen weiteren Dienst in den Reihen der israelischen Armee verweigere.


Gründe für meine Verweigerung sind:

Die Lüge, die die offizielle Propaganda der israelischen Armee und des Staates Israel forciert. Es ist üblich zu glauben, dass die israelische Armee eine Volksarmee wäre, die aus dem Volk besteht, und das Volk schützt. Diese Meinung wird schon RekrutInnen gleich nach ihrer Einberufung aufgezwungen und wird innerhalb der zwei bzw. drei Jahren immer wider befestigt
In Wirklichkeit ist die israelische Armee einfach eine bürgerliche Armee. Ein Instrument in den Händen der Menschen, die auf die Meinung der Völker pfeifen, die unter ihrer Herrschaft in nahem Osten leben. Offiziell wird es nicht mal verheimlicht. Während ihrer Wehrzeit wird den SoldatInnen eingetrichtert, dass sie (Armee), ein Instrument der Macht(Staat) sind und deswegen nicht denken sollen, sondern nur handeln und ihre Befehlen ausführen sollen. Und das soll eine Volksarmee sein? Dieses seelenlose Instrument?

Keine Verbindungen zu staatlichen Strukturen und Institutionen zu haben. Der Staat repräsentiert weder die wahre Gesellschaft noch das Volk. Die Institutionen des Staates sind die Zecke auf „dem Körper“ des Volkes. Sie verkrüppeln und verunstalten die Gesellschaft. Der Staat ist volksfeindlich, und da die israelische Armee das Instrument in den Händen des Staates ist, so ist sie auch ein volksfeindliches Element.

Ausgehend von den oben genannten Gründen, sehe ich die Fortsetzung meines Wehrdienstes als unethisch und volksfeindlich. Ich wünsche mir nicht mehr, ein Instrument, ein Verräter des Volkes und Heuchler zu bleiben, daher quittiere ich meinen Dienst in den Reihen der israelischen Armee.

Yigal Levin

I, Yigal Levin (or Igor Bakal, reserves Lieutenant, military id number 7714506, as the official documents have it), herby declare my refusal to continue my service in the ranks of the Israeli army.

The reasons for my refusal are the following:

The lies, promoted by the Israeli military’s official propaganda and by the State of Israel. The Israeli army is commonly considered to be “the people’s army”, an army of the people protecting the people. The same view is also imposed upon newly minted conscripts, after their forced recruitment (which already contradicts the principles of a truly popular armed force), for the two or three years of their conscription term. But in fact, the Israeli army is simply a bourgeois army – a tool in the hands of a small clique, which does not give a damn about what the people, i.e. all those living in the part of the Middle East under its control, think. The official propaganda does not even try to hide this. In the course of their military service, soldiers are told that they (the army) are a tool in the hands of those in power (the state) and therefore they should not think for themselves, but only act in compliance with the orders they are given. And this army, this inanimate instrument, calls itself a people’s army?
Unwillingness to collaborate with the organizational structures and the institutions of the state. The state cannot be identified with society or with the people. State institutions are a tick on the “body” of the people. It mutilates and deforms society. And as the Israeli military is a tool in the hands of the state, it similarly works against the people’s interests.

In view of the above, I consider my continued service in the military to be immoral. Not willing to remain a mere tool, a traitor, and a hypocrite, I decided to terminate my participation in it.

Yigal Levin.

אני, יגאל לוין (או, לפי המסמכים הרשמיים, סגן במילואים איגור בקל, מ“א 7714506), מודיע על סירובי להמשיך לשרת בשורות הצבא הישראלי.

להלן הסיבות לסירובי:

השקרים המופצים בתעמולה הרשמית של הצבא ושל מדינת ישראל. מקובל לראות בצבא הישראלי את „צבא העם“, שהעם מרכיב אותו ושמגן על העם. גם את החיילים שמצטרפים לצבא, אחרי שגויסו בכפייה (עובדה שאינה עולה בקנה אחד עם העקרונות של צבא עממי באמת) משכנעים שכך הדבר, ואמונה זו מלווה אותם לאורך שנות שירותם הצבאי. אלא שבפועל, הצבא הישראלי הוא צבא בורגני ככל הצבאות האחרים – כלי בידי קבוצה מצומצמת של אנשים, שדעתו של העם, כלומר של האנשים החיים באותו חלק של המזרח התיכון הנמצא בשליטתה, מעניינת אותם כקליפת השום. התעמולה הרשמית אפילו לא מנסה להסתיר זאת. לאורך השירות נאמר לחיילים שהם (הצבא) רק כלי בידי השלטון (המדינה) ולכן אל להם לחשוב באופן עצמאי; עליהם רק לציית לפקודות. והצבא הזה, הכלי חסר הנשמה הזה, קורא לעצמו „צבא העם“?
אי נכונותי לשתף פעולה עם מוסדות המדינה. המדינה אינה זהה לא עם החברה ולא עם העם. מוסדות המדינה הם עלוקה על „בשרו“ של העם. המדינה מעוותת את החברה ומטילה בה מום. ומכיוון שהצבא הישראלי הוא כלי בידי המדינה, הרי שגם הצבא הוא צבא הפועל נגד העם.

בהתחשב בכך, אני רואה את המשך השירות הצבאי שלי כפעולה בלתי מוסרית. מכיוון שאין ברצוני להישאר בגדר כלי, בגדר בוגד, בגדר צבוע, אני מפסיק בזאת את השתתפותי בו.

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