Suchergebnisse für „Antinationale Schriften III“ – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org Für die soziale, antipolitische und antinationale Selbstorganisation des Proletariats! Mon, 23 Sep 2024 19:53:23 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=5.7.1 https://swiderstand.blackblogs.org/wp-content/uploads/sites/1128/2022/05/cropped-28385945-32x32.png Suchergebnisse für „Antinationale Schriften III“ – Sozialer Widerstand https://swiderstand.blackblogs.org 32 32 Neue Broschüre: Antinationale Schriften V https://swiderstand.blackblogs.org/2020/12/20/neue-broschure-antinationale-schriften-v/ Sun, 20 Dec 2020 01:05:38 +0000 http://swiderstand.blackblogs.org/?p=306 Unsere neue Broschüre „Antinationale Schriften V“ (ca. 133 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

Extreme RechtsnationalistInnen in heutigen Demokratien
1. Demokratische Nationen
2. Die Relativität von „extrem“ und „rechts“ im Nationalismus
3. Demokratisch-faschistische Sozialreaktion
4. Rechtsnationale Parteien in der BRD
5. Rechte Regierungen
6. Rechtsreaktionäre Straßenbewegungen
7. Rechtsnationalistischer Terror
8. Wie der linksbürgerliche Antifaschismus den Rechtsnationalismus stärkt
9. Revolutionärer Kampf gegen die Nation

Kritik des bürgerlichen Internationalismus
1. Der Internationalismus der Nationen
2. Der Imperialismus erkämpft das Menschenrecht
3. Das Völkerrecht als zwischenstaatliche Benimmregeln
4. Die Institutionalisierung des bürgerlichen Internationalismus: Die UNO
5. Politisch korrekter Multikulti-Internationalismus
6. „Proletarischer Internationalismus“ = bürgerlicher Linksnationalismus
7. Antinational-sozialrevolutionärer Universalismus

Der globale Konkurrenzkampf der Nationalismen (2018-2020)
I. Ökonomische Konkurrenz und Wirtschaftskriege
1. Freihandelskonkurrenz und Protektionismus
2. Wirtschaftskriege
3. Politisch motivierte Wirtschaftssanktionen
II. Politisch-diplomatische Konflikte und Propagandakriege
1. Imperialistische Einmischung in andere Nationen
2. Poltisch-diplomatische Auseinandersetzungen und Propagandakriege rund um
das Coronavirus
III. Aufrüstung, Säbelrasseln und Krieg
1. Wettrüsten und militärische Präsenz
2. Gewaltsame Grenzkonflikte
3. Aggressionen unterhalb der Schwelle eines offiziellen Krieges
4. Das Gemetzel in Syrien
5. Der Krieg in Libyen
6. Die Gewalt in Jemen
IV. Nationalstaatliche Konflikte im westlich-imperialistischen Bündnissystem
1. Auseinandersetzungen zwischen den USA und der EU
2. Konflikte innerhalb der NATO
3. Streitigkeiten in der EU
4. Der Austritt Großbritanniens aus der EU
V. Nationalistische Auseinandersetzungen innerhalb von Staaten beziehungsweise
besetzten Gebieten
1. Türkischer Rechtsnationalismus und kurdischer Linksnationalismus
2. Zionismus und palästinensischer Nationalismus
3. Nationalistischer Zank in Großbritannien

 

Die Relativität von „extrem“ und „rechts“ im Nationalismus

RechtsnationalistInnen vertreten das „extrem“, was die politische Mitte in „gemäßigt“-patriotischer Form zelebriert und viele „radikale Linke“ ausgliedern und auf bestimmte Staaten des Auslandes projizieren: Die Hingabe zur Nation. Die politische Mitte und die Linke bekämpfen die „extreme Rechte“ von nationaldemokratischen Positionen aus. Ökoliberale vertreten in Deutschland keinen „arisch-weißen“ Blut-und-Boden-Nationalismus, sondern einen demokratisch-antifaschistischen Verfassungspatriotismus. Mit „Nie wieder Auschwitz!“ auf den Lippen führte der erste grüne Außenminister der BRD, Joschka Fischer, 1999 die deutsche Nation in ihren ersten „richtigen“ Krieg nach 1945. Es ging gegen Serbien und um das nationale Selbstbestimmungsrecht des Kosovo auf einen eigenen Mafia-Staat. Das Führen dieses Krieges galt übrigens nicht als „extrem“. Und schon gar nicht war es „rechts“. Sondern das war die Wahrnehmung politischer Verantwortung für die Menschenrechte. Der Kriegsgegner wurde nicht rassistisch beleidigt, so etwas machen nur RechtsextremistInnen. Es wurde lediglich festgestellt, dass die regierenden Charaktermasken Serbiens irgendwie den deutschen Nazis von einst ähnelten. Der serbische Kriegsgegner war extrem nationalistisch! Aber die Grünen sind das doch nicht. Die wollen eine offene Welt – und treten offensiv für die Interessen der multikulturellen und sexualtoleranten deutschen Nation ein. Kriege führen für die Nation und kapitalistische Interessen, das haben ökoliberale VerfassungspatriotInnen – für das deutsche Grundgesetz, gegen Menschenrechtsverletzungen im Ausland! – nicht schlechter drauf als „extreme RechtsnationalistInnen“. Die Grünen sind da sogar einige Schritte voraus. Immerhin haben sie schon Kriege in staatlicher Verantwortung mitorganisiert, die AfD bisher noch nicht.

Wir haben weiter oben die demokratische Nation als staatliche Zwangsgemeinschaft aus Kapital und Lohnarbeit beschrieben. Dieser dienen Grüne und SozialdemokratInnen nicht weniger patriotisch als die rechtsnationale AfD. Auch das „sozialistische“ Kuba ist eine solche Zwangsgemeinschaft aus Kapital und Lohnarbeit. Das Proletariat wird jedoch auf Kuba noch vorwiegend vom „sozialistischen“ (= kapitalistischen) Staat ausgebeutet. Viele „radikale Linke“, die mit der deutschen Nation nicht so viel anfangen können, projizieren ihre heißen patriotischen Gefühle auf Kuba. Das nennen diese LinksnationalistInnen dann „proletarischen Internationalismus“ (siehe Kapitel 6 der Schrift Kritik des bürgerlichen Internationalismus).
Ökoliberale Grüne und kubaverliebte Linke sind also nicht weniger national als die Naziformationen NPD, „Die Rechte“ und „Der III. Weg“. Nur eben anders national. Von einem proletarisch-revolutionären Klassenstandpunkt aus sind allerdings die Unterschiede zwischen „gemäßigten PatriotInnen“ und „extremen RechtsnationalistInnen“ recht unerheblich. Beide binden das Proletariat an den Nationalstaat. Und der „proletarische Internationalismus“ des Marxismus-Leninismus ist nichts anderes als widerlicher Linksnationalismus! Die Übergänge zwischen „gemäßigt“ und „extrem“ sowie zwischen „rechts“, „mittig“ und „links“ sind im Nationalismus sehr fließend.
Auch wenn dies so ist, gibt es jedoch gewisse Unterschiede zwischen einem liberal-multikulturellen Verfassungspatriotismus, wie er von mittig-linken NationaldemokratInnen vertreten wird, und einem rassistisch durchsetzen Nationalismus. Ersterer integriert zum Beispiel „Afrodeutsche“ in die Nation, letztere grenzt sie rassistisch aus. Aber da die Nation als solche sozialreaktionär ist, ist es auch sowohl die Integration in diese als auch die Ausgrenzung aus dieser.

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Neue Broschüre: Antinationale Schriften III https://swiderstand.blackblogs.org/2018/09/25/antinationale-schriften-iii/ https://swiderstand.blackblogs.org/2018/09/25/antinationale-schriften-iii/#respond Tue, 25 Sep 2018 20:27:59 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=153 Unsere neue Broschüre „Schriften zum Imperialismus“ (ca. 124 Seiten) von Soziale Befreiung ist da. Die Broschüre könnt Ihr hier für 5-€ (inkl. Porto) über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de oder direkt bei uns auch als E-Book bestellen.

Inhalt

Einleitung

Afrika im Fadenkreuz der Imperialismen
I. Kolonialismus
1.Vorindustriekapitalistische Sklaverei
2. Britischer Kolonialismus
3. Französischer Imperialismus
1. EU-Imperialismus
2. Britischer Neokolonialismus
3. Französischer Neokolonialismus
4. US-Imperialismus
5. Deutscher Imperialismus
6. Chinesischer Imperialismus

III. Staatskapitalistischer Imperialismus
1. Sozialökonomischer Imperialismus
2. Militärischer Imperialismus

Beispiel Afrika: Nationale „Befreiung“ als Teil der kapitalistischen Sozialreaktion
I. Allgemeine Betrachtung
1. Der grundsätzlich sozialreaktionäre Charakter der Nation
2. Die sozialökonomische Schwäche des schwarzafrikanischen Kapitalismus
3. Afrika und die mögliche soziale Revolution

II. Konkrete Länderbeispiele
1. Ägypten
2. Algerien
3. Simbabwe
4. Südafrika

Nationalismen in Europa
I. EUropäischer Chauvinismus
1. EU: Das kontinental-imperialistische Zweckbündnis europäischer Nationalstaaten
2. Nationale Konkurrenz innerhalb der EU
3. Brüsseler/Berliner „Sparprogramme“ gegen das Proletariat
4. Der britische Austritt aus der EU

II. Spaltungsnationalismen innerhalb europäischer Staaten
1. Der schottische Salonnationalismus
2. Der katalanische Nationalismus
3. Rechtsnationaler Rassismus in Europa

Simbabwe

Im Verlauf des 15. Jahrhunderts konkurrierte portugiesisches Handelskapital gegen muslimisches an den Königshöfen auf dem Territorium des heutigen afrikanischen Staates Simbabwe. Als der portugiesische Imperialismus die mosambikanische Küste zu seiner Kolonie machte (siehe Kapitel I.5 der Schrift Afrika im Fadenkreuz der Imperialismen) und den swahilischen Küstenhandel unterband, verlor das Shona-Reich seine führende Bedeutung. Die aus dem Kongogebiet stammenden Nguni-Gemeinschaften wanderten im 17. Jahrhundert in das Gebiet südlich des Sambesi ein, am bekanntesten die Zulu in Südafrika. Auf dem Territorium des heutigen Staates Simbabwe war es die Nguni-Gemeinschaft der Ndebele (Matabele) die 1835 unter ihrem König Mzilikazi das Land eroberten und die Shona unterwarfen. Der letzte Shona-Staat der Changamire-Dynastie war durch Bürgerkriege stark destabilisiert und wurde von den neuen europäischen und afrikanischen politischen Subjekten bei ihren Machtspielchen einfach übergangen. Das Territorium des Matabele-Reiches entsprach fast dem des heutigen Staates Simbabwe.
Seit der Gründung der portugiesischen Niederlassungen in Angola und Mosambik, beanspruchte Portugal das Binnenland des südlichen Afrika von der West- bis zur Ostküste. Der portugiesische Imperialismus verfügte aber nicht über die materielle Gewalt, um diesen Anspruch auch in der Wirklichkeit umzusetzen. So stellten im 19. Jahrhundert britische sowie kapholländische (burische) Jäger, Missionäre und Händler die portugiesischen Ansprüche auf das Binnenland unter Berufung auf das Weiterbestehen des arabischen SklavInnenhandels in Frage. Sie begannen auch in das Gebiet nördlich des Limpopo einzudringen.
Der britische Kolonialpolitiker Cecil Rhodes erwarb 1888 vom Ndebele-König Lobengula Schürfrechte. Im Jahre 1889 bekam er eine Lizenz für die British South Africa Company, mit der Rhodes sich 1893 – durch Abteilungen der Kappolizei und angeheuerte Abenteurer unterstützt – das Matabele-Königreich und Gebiete nördlich des Sambesi aneignete. Dieser britische Kolonialpolitiker trieb die Besiedlung sowie die Edelmetall- und Mineralverarbeitung voran. Die Subjekte des britischen Imperialismus stießen dabei 1896/97 auf den verzweifelten, aber letztlich erfolglosen Widerstand der Ndebele und der Shona.
Rhodes Territorium wurde schließlich im Jahre 1911 in Nordrhodesien (heute der Staat Sambia) und in Südrhodesien (Simbabwe) geteilt. 1923 wurde Südrhodesien eine selbstverwaltete britische Siedlungskolonie. Die Agrarfläche wurde im Jahre 1930 in weiße und schwarze Siedlungsgebiete aufgeteilt, wobei durch den strukturellen Rassismus die schwarzafrikanische Landwirtschaft in die die ertragsarmen Gegenden abgedrängt wurde. 1950 erhielt mit der von Joshua Nkomo geführte National Democratic Party, die für eine völlige Unabhängigkeit des Landes kämpfte, auch der schwarzafrikanische Nationalismus in Südrhodesien eine politische Basisorganisation. Im Jahre 1953 wurden Nord- und Südrhodesien wieder vereint und mit Njassaland (heute der Staat Malawi) zur Föderation von Rhodesien und Njassaland unter Führung von Roy Welensky verbunden. Doch diese Föderation wurde schon 1963 wieder aufgelöst. Danach erklärten „die Weißen“ von Südrhodesien im Jahre 1964 den von ihnen beherrschten Staat als Rhodesien einseitig für sich als politisch unabhängig. Dass war quasi eine weißafrikanische Nationsbildung gegen den britischen Imperialismus – in rassistischer Abgrenzung von den SchwarzafrikanerInnen. So ähnlich wie in Südafrika (siehe Kapitel II.4 dieses Textes). Nicht von ungefähr wurde die weißafrikanische Nationsbildung in Rhodesien auch vom südafrikanischen Apartheidstaat aktiv unterstützt.
Im benachbarten Nordrhodesien und im Njassaland ergriffen schwarzafrikanische Politbonzen die Staatsmacht und wurden regierende Charaktermasken von so verstandenen schwarzafrikanischen Nationen. Im Gegensatz dazu erklärte in Rhodesien eine weiße Minderheitsregierung unter Ian Smith am 11. November 1965 einseitig die Unabhängigkeit. Doch diese wurde vom britischen Imperialismus nicht anerkannt. Großbritannien verzichtete jedoch auf die gewaltsame Wiederherstellung des Status Quo. Die Mehrzahl der schwarzafrikanischen Politbonzen von Rhodesien ging daraufhin ins Exil nach Sambia (das ehemalige Nordrhodesien) oder wurde vom weißrassistischen Regime eingeknastet. Zwischenstaatliche Verhandlungen zwischen dem britischen Imperialismus und dem weißnationalistischen Rhodesien scheiterten 1966 und 1968. Daraufhin verlangte Großbritannien vom internationalen Schiedsgericht der Nationalstaaten, der UNO, Wirtschaftssanktionen gegen Rhodesien. Die UNO verhängte auch tatsächlich im Mai 1968 voll verbindliche Sanktionsmaßnahmen. Allerdings verhinderten der britische und der US-Imperialismus 1970, dass die UNO ihre Sanktionen auf die Hauptunterstützer Rhodesiens, Portugal und Südafrika, ausweitete. Die weißafrikanischen NationalistInnen riefen 1970 Rhodesien als Republik aus, die jedoch nur von Südafrika anerkannt wurde.
Rhodesien war wie Südafrika eine Apartheid-Demokratie, in welcher „die Weißen“ eingeschlossen und „die Schwarzen“ ausgegrenzt wurden. Wobei sich das Zensuswahlrecht Rhodesiens aber im Gegensatz zu Südafrika nicht offen rassistisch auf die Hautfarbe berief, sondern sich an Einkommen und Bildung orientierte. Offiziell war Unabhängig von der Hautfarbe jeder Bürger Rhodesiens wahlberechtigt, der das Registrierungsformular ausfüllen konnte und ein bestimmtes Einkommensniveau erreichte. In der realen Praxis schloss dieses Wahlsystem die schwarzafrikanische Bevölkerung von politischer Beteiligung weitgehend aus. So ließen sich stets nur einige tausend SchwarzafrikanerInnen registrieren, obwohl theoretisch einige zehntausend wahlberechtigt gewesen wären. Im Jahre 1970 wurde für die SchwarzafrikanerInnen ein eigenes Wählerregister geschaffen und für diese 16 Abgeordnete zugesprochen, deren Anzahl mit dem Anstieg der schwarzafrikanischen Mehrheitsbevölkerung ebenfalls steigen sollte. Die Anforderungen wurden jedoch von den weißafrikanischen NationalistInnen Rhodesiens so hoch angesetzt, dass die politische Machteroberung von schwarzafrikanischen Politbonzen im Namen der „schwarzen Mehrheit“ auf Jahrzehnte ausgeschlossen werden sollte. Realistische Prognosen gingen damals davon aus, dass nach dieser Herrschaftstechnik die Machteroberung schwarzafrikanischer Politbonzen zwischen 2030 und 2070 eingetreten wäre. Die rhodesische Apartheid-Demokratie war also nicht ganz so grobschlächtig rassistisch wie die südafrikanische. So stellten Schwarzafrikaner die Mehrheit der Berufssoldaten (wenn auch der Offiziere erst ab 1977, ebenfalls galt die Wehrpflicht nur für „Weiße“) sowie der paramilitärischen Polizei. AfrikanerInnen mit schwarzer Hautfarbe waren ebenfalls in Wirtschaft und Verwaltung eingebunden.
Doch die Machteroberung schwarzafrikanischer Politbonzen im Namen der „schwarzen Bevölkerungsmehrheit“ erfolgte schon wesentlich früher als nach der weißafrikanischen Wahlarithmetik vorgesehen war. So lange wollten nämlich die schwarznationalistischen Politbonzen nicht warten. Und so bildeten sich politisch-militärische Organisationen zur Erkämpfung einer schwarzafrikanischen Nationsbildung im Gegensatz zur weißrassistischen. Das war zum Beispiel die 1961 von Joshua Nkomo gegründete Zimbabwe African Peoples Union (ZAPU, Afrikanische Volksunion von Simbabwe). Die ZAPU war am Anfang am sowjetischen Staatskapitalismus orientiert und wurde 1962 von der amtierenden britischen Kolonialregierung verboten. Oder zum Beispiel die 1963 gegründete Zimbabwe African National Union (ZANU), die damit ebenfalls bereits gebildet wurde, als das damalige Südrhodesien noch Kolonie des britischen Imperialismus war. Im Gegensatz zur prosowjetischen ZAPU, von der sie eine Abspaltung darstellte, orientierten sich die Politbonzen der ZANU zuerst am Maoismus und dem chinesischen Staatskapitalismus. Unnötig zu erwähnen, dass sowohl ZANU als auch ZAPU als nationalistische und prostaatskapitalistische Parteien von Anfang an absolut sozialreaktionär waren.
Nachdem das weißnationalistische Rhodesien ab Mitte der 1960er Jahre faktisch die politische Unabhängigkeit vom britischen Imperialismus erkämpft hatte, hatte der schwarzafrikanische Nationalismus in diesem Regime seinen neuen Hauptfeind. ZANU und ZAPU führten dann auch ab 1966 einen Guerillakrieg gegen die staatlichen Strukturen Rhodesiens. Allerdings blieben die militärischen Aktionen der relativ wenigen und unerfahrenen Guerillakämpfer zunächst sporadisch und gering. Doch zwischen 1973 und 1974 wurde der Guerillakrieg von der mosambikanischen Provinz Tete aus geführt und bekam auf diese Weise eine hohe außenpolitische Wirkmächtigkeit. Dadurch reifte bei den regierenden Charaktermasken des südafrikanischen Imperialismus, welche das damals in Rhodesien amtierende Smith-Regime unterstützten, der Entschluss, das letztgenannte besser durch ein alternatives, stabileres und aus Pretoria gesteuertes Machtsystem zu ersetzen und in den Einflussbereich ihrer Afrikapolitik einzubinden. Auch in der weißen Bevölkerung Rhodesiens wuchs die Unzufriedenheit mit der Regierung.
Der britische und der US-Imperialismus hatten ein Interesse daran den BürgerInnenkrieg zwischen weiß- und schwarzafrikanischen Nationalismus in Rhodesien zugunsten einer friedlichen Übergabe der politischen Macht an schwarze Politbonzen als angebliche InteressenvertreterInnen der Bevölkerungsmehrheit zu beenden. So fand unter dem Vorsitz Großbritanniens die Rhodesien-Konferenz 1976 in Genf statt, bei der die regierende Charaktermaske des weißrassistischen Rhodesiens, Ian Smith, mit den schwarznationalistischen Politbonzen der ZANU und ZAPU verhandelte. Inzwischen war die ehemalige portugiesische Kolonie Mosambik ein prostaatskapitalistischer unabhängiger Nationalstaat geworden (siehe dazu die Kapitel I.5 und III.2 der Schrift Afrika im Fadenkreuz der Imperialismen sowie Kapitel I.2 dieses Textes). Nun konnten ZANU und ZAPU ihren Guerillakrieg vom mosambikanischen Boden aus führen. Der Guerillakrieg schwächte die Infrastruktur und die Ökonomie Rhodesiens. Durch die Installierung der prostaatskapitalistischen Regimes in Angola und Mosambik, die besonders vom kubanischen Imperialismus offensiv unterstützt wurde, hatte die Führungsmacht des privatkapitalistischen Westblockes, die USA, ein Interesse daran, die Flamme des BürgerInnenkrieges zu löschen, um zu verhindern, dass durch ein Sieg im Guerillakrieg auch in Rhodesien eine prosowjetische Regierung entstehen würde. Deshalb übte Washington Druck auf das weißnationalistische Regime in Rhodesien aus, sich schließlich „friedlich“-diplomatisch wegverhandeln zu lassen. Gleichzeitig schränkte das südafrikanische Apartheid-Regime die Unterstützung für das rhodesische Regime ein. Das Kräfteverhältnis hatte sich stark zu Ungunsten des weißafrikanischen Nationalismus verschoben. Doch die Rhodesien-Konferenz scheiterte schließlich im Dezember 1976 an dem Zank der schwarznationalistischen Politbonzen der ZANU und ZAPU.
Aber das weißnationalistische Regime von Ian Smith war nicht mehr zu halten. Deshalb begann es von innen zu zerfallen. Als Reaktion auf die Verhandlungsergebnisse der Rhodesien-Konferenz in Genf traten am 3. Juli 1977 einige Mitglieder der Regierungspartei aus der Rhodesian Front aus und gründeten kurz darauf eine ultrarechte Partei, die Rhodesian Action Party. Darauf reagierte die regierende Charaktermaske Ian Smith mit der Auflösung des Parlaments und mit Neuwahlen für 85.000 Weiße und einen sehr kleinen Kreis „schwarzer“ Wähler. Doch auch dieses Manöver verstärkte nur die Instabilität des weißnationalistischen Regimes. Dem US-Imperialismus war klar, dass dessen Ersetzung durch ein schwarznationalistisches Regime nicht mehr lange auf sich warten würde, also versuchte er Einfluss auf die gegeneinander konkurrierenden schwarzen Politbonzen zu bekommen. Der Präsident Tansanias, Julius Nyerere, versuchte seinen imperialistischen Einfluss in der Region zu erhöhen, indem er zwischen den konkurrierenden schwarzafrikanischen NationalistInnen Rhodesiens vermittelte. Auch ein einheimischer „schwarzer“ Politbonze, Abel Muzorewa, begann den schwarzafrikanischen Nationalismus im Interesse einer Verhandlungslösung zu zähmen. Das südafrikanische Apartheid-Regime begann nun militärisch in Rhodesien auf eigene Faust zu intervenieren. Der prochinesische schwarze Politbonze Mugabe wandte sich daraufhin hilfesuchend an Peking, was wiederum den prosowjetischen schwarzafrikanischen NationalistInnen nicht passte, die selbstverständlich Hilfe in Moskau suchten.
Der politischen und militärischen Führung Rhodesiens wurde langsam bewusst, dass der Krieg gegen den schwarzafrikanischen Nationalismus militärisch nicht gewinnbar war. Ian Smith nahm Verhandlungen zu „moderaten“ und konservativ eingestellten schwarzen Politbonzen auf, die nicht in den Guerillakrieg involviert waren, um diesen Krieg durch diese gemäßigten schwarzen NationalistInnen, afrikanische Nachbarstaaten sowie westliche Länder – insbesondere des britischen Imperialismus – auch ohne direkte Einbeziehung der Guerillabewegungen beenden zu können. So fanden zwischen Dezember 1977 und März 1978 mehrere Geheimtreffen zwischen Ian Smith und den schwarzafrikanischen Politbonzen Muzorewa, Sithole und Chirau zu Verfassungsfragen statt. Am 3. März 1978 war es dann so weit, Smith schloss eine Vereinbarung mit drei schwarzen Führern unter Führung Bischof Abel Muzorewa zur Bildung einer Übergangsregierung. Diese Übergangsregierung sollte auf eine Konfliktlösung zugunsten der europäischen SiedlerInnen hinarbeiten, wozu es allerdings wegen des weiterhin tobenden Guerillakrieges zu spät war. Im Rahmen der Übereinkunft spielte natürlich die Hauptherrschaftstechnik der Demokratie, die Parlamentswahlen nach allgemeinen Wahlrecht, eine wichtige und herausragende Rolle. In diesen gewann im April 1979 Muzorewa. Die neue Verfassung trat am 1. Juni 1979 in Kraft und der Staat wurde in Simbabwe-Rhodesien umbenannt. Die neue Regierung mit Muzorewa als Regierungschef nahm die Arbeit auf. An der Regierung war auch Ian Smith als Minister ohne Geschäftsbereich beteiligt.
Doch da an der Bildung der Übergangsregierung die schwarznationalistischen Guerillaorganisationen eben nicht beteiligt waren, konnte die erstere auch keinen Frieden organisieren. Auch die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen und die internationale Anerkennung konnte die neue Regierung nicht erreichen. Der britische Imperialismus unternahm durch eine von ihm organisierte Friedenskonferenz in Londoner Lancaster House ab 12. September 1979 eine wichtige diplomatische Initiative zu einer Befriedung des Konflikts im Interesse der Kapitalvermehrung. Die Patriotic Front der schwarznationalistischen Guerillaorganisationen und die Übergangsregierung von Simbabwe-Rhodesien unterzeichneten nach mehreren Wochen schließlich auf der Konferenz einen Waffenstillstand. Auch sollten mal wieder Wahlen zur Ermächtigung der regierenden Charaktermasken eines international anerkannten Staates Simbabwe stattfinden. Der Weg über die internationale Anerkennung eines afrikanischen Staates Simbabwe führte über die diplomatische Rückgängigmachung der weißnationalistischen Unabhängigkeitserklärung Rhodesiens aus dem Jahre 1965. Das simbabwisch-rhodesische Parlament nahm im Dezember 1979 die einseitige Unabhängigkeitserklärung von Rhodesien aus dem Jahr 1965 zurück. Vorübergehend wurde noch für eine kurze Zeit die britische Kolonie Südrhodesien wiederhergestellt.
Die Neuwahlen vom Februar 1980 gewann Robert Mugabe und seine ZANU-PF. Am 18. April 1980 konnten die schwarzafrikanischen NationalistInnen die politische Unabhängigkeit von Simbabwe feiern. Auch dieser afrikanische Staat war selbstverständlich ein struktureller Klassenfeind der Lohnabhängigen. Als solcher geriet er auch bald in den Klassenkampf. So streikten im Oktober 1981 landesweit über 1.000 Krankenpflegerinnen und LehrerInnen. Der Staat inhaftierte 200 Streikende. Dadurch bewies sich durch sehr handfeste materielle Gewalt, dass die schwarzafrikanischen Politbonzen eben nicht die Interessenvertreter des schwarzen Proletariats waren und dass nationale „Befreiung“ Teil der kapitalistischen Sozialreaktion ist.
Auch der blutige Konkurrenzkampf zwischen den Politbonzen ging weiter. So explodierte am 18. Oktober 1981 eine Bombe in der Parteizentrale der ZANU. Anfang Februar 1982 wurden von den Repressionskräften der regierenden ZANU mehrere Waffenlager ausgehoben, die nach der Regierungspropaganda vom politischen Konkurrenzverein ZAPU angelegt worden sein soll. Nun tobte ein blutiger Konkurrenzkampf zwischen ZANU und ZAPU. Die zu diesem Zeitpunkt noch in der Regierung von Simbabwe sitzenden Vertreter der ZAPU wurden von den ZANU-Politbonzen herausgeworfen. Der Terror der ZANU gegen die politische Konkurrenz richtete sich auch gegen die unbeteiligte Zivilbevölkerung. Im Jahre 1987 ging das ZANU-Regime wieder blutig gegen die ZAPU-Konkurrenz vor. Nach dem Terror erfolgte 1988 die Vereinigung von ZANU und ZAPU zur ZANU-PF (Afrikanische Nationalunion von Simbabwe – Patriotische Front). Die ZANU hatte die Konkurrenzpartei ZAPU quasi aufgefressen.
In Osteuropa war in den 1940er Jahren das Fressen der sozialdemokratischen Parteien durch die „kommunistischen“ der Beginn einer staatskapitalistischen Entwicklung. Nun, in Simbabwe hatte eine prochinesische Partei eine prosowjetische geschluckt. Außerdem befanden wir uns Ende der 1980er Jahre, also in einer Zeit der Todeskrise des sowjetisch-osteuropäischen und des asiatischen Staatskapitalismus beziehungsweise dessen Transformation in den Privatkapitalismus, so zum Beispiel China, zu der die ZANU und der Staat Simbabwe sehr gute Beziehungen hatten. Und doch war die ZANU-PF durch das Schlucken ihrer alten Konkurrentin dermaßen berauscht, dass sie beschloss, die Wahlen von 1990 zu einer Abstimmung über die Einführung einer Einparteienregierung und die Verankerung des „Sozialismus“ in der Verfassung zu machen. 1990 brach aber der osteuropäische Staatskapitalismus vollständig zusammen und die Sowjetunion röchelte nur noch so vor sich hin (zur UdSSR und deren Satelliten hatte Simbabwe trotz der prochinesischen Ausrichtung der ZANU sehr gute außenpolitische Beziehungen), während China kurz vor seiner Offensive in der Privatisierung des Kapitals stand. Ganz schlechte internationale Rahmenbedingungen für einen simbabwischen Staatskapitalismus also. So unterblieb das mit dem „Sozialismus“ in der Verfassung des Staates und der offensichtlichen Errichtung einer Einparteiendiktatur. Trotz dem Gefasel über „Sozialismus“ der ZANU-Politbonzen in den 1980er Jahren, blieb Simbabwe ein privatkapitalistisches Land, wenn auch der Staat Anteile von Unternehmen übernahm oder ganze Betriebe verstaatlichte, mit einem Mehrparteiensystem. Und nach dem Zusammenbruch des sowjetisch-osteuropäischen Staatskapitalismus warfen sich die schwarzafrikanischen NationalistInnen in die Arme der globalen Finanzorganisation des westlich-privatkapitalistischen Blockes, IWF und den von dieser verordneten „Sparprogrammen“ auf Kosten des Proletariats.
Wie wir weiter oben beschrieben haben, wurde Simbabwe letztendlich nicht durch einen militärisch siegreichen Guerillakrieg ein unabhängiger kapitalistischer Nationalstaat, sondern durch Verhandlungen mit der Übergangsregierung von Simbabwe-Rhodesien und dem britischen Imperialismus. Diese Verhandlungslösungen schützten die weißafrikanischen SiedlerInnen und deren politisch-parlamentarischen Vertretung im schwarz-national „befreiten“ Simbabwe. So sah das Abkommen mit Großbritannien vor, dass im simbabwischen Parlament 20 „weiße“ und 80 „schwarze“ Abgeordnete sitzen sollten. Die weißafrikanische Partei des Ian Smith, die Republikanische Front, benannte sich im April 1984 in Konservative Allianz um und speilte die Rolle einer rechtsdemokratischen Oppositionspartei, die jedoch auch teilweise in die Regierungspolitik integriert wurde. Allerdings spalteten sich am 4. März 1982 neun weiße Abgeordnete von der Republikanischen Front ab, um als „Unabhängige“ mit dem ZANU-Regime zu kooperieren.
Die WeißafrikanerInnen stellten im national „befreiten“ Simbabwe weniger als 1 Prozent der Bevölkerung dar, verfügten aber weiterhin bis in die 1990er Jahre hinein über 70 Prozent des urbanen Landes zur marktwirtschaftlichen Nutzung. Im oben beschriebenen Lancaster-House-Abkommen zwischen britischen Imperialismus und schwarzafrikanischen Nationalismus war vereinbart worden, dass mensch die weißafrikanischen SiedlerInnen nicht entschädigungslos enteignen würde, sondern gegen Bezahlung dazu bringen wolle, auf Land zugunsten schwarzafrikanischer Landloser zu verzichten. Doch dies geschah nicht. Der Staat Simbabwe hoffte vergebens auf britisches Geld, um den WeißafrikanerInnen Land abzukaufen. Doch 2000 ging das schwarznationalistische Regime zur gewaltsamen Bodenreform über. Diese gewaltsame Bodenreform war durch und durch sozialreaktionär. Das Regime schürte schwarzafrikanischen Rassismus gegen die weißen SiedlerInnen zum Systemerhalt und das durch die gewaltsame Bodenreform gewonnene Land wurde außer an landlose schwarze BäuerInnen oft auch an PolitikerInnen und Militärs sowie an Präsident Mugabes Verwandte und FreundInnen verteilt, die von Agrarwirtschaft keine Ahnung oder keine Lust zu ihr hatten und sich nun in den ehemaligen Villen der Weißen breit machten. Die Bodenreform führte zu einer Krise der Agrarproduktion, weil die schwarzen BäuerInnen keine systematische Unterstützung durch den Staat bekamen.
In den 1980er Jahren gehörte Simbabwe zu den am stärksten industrialisierten Staaten Afrikas. Bis Ende der 1990er Jahre entwickelte sich die kapitalistische Ökonomie Simbabwes zur Freude seiner regierenden Charaktermasken. Die jedoch ab Ende der 1990er Jahre unfähig darin waren, dass Nationalkapital weiter beschleunigt zu vermehren. So gilt die simbabwische Nationalökonomie heute als „eine der ärmsten Volkswirtschaften der Welt“. (Wikipedia, Stichwort: Wirtschaft Simbabwes.) Die Wirtschaftsleistung dieses afrikanischen Staates sank von Ende der 1990er Jahre bis heute um mehr als 50 Prozent. Ein Ausdruck des ökonomischen Niederganges war die Hyperinflation ab 2007. Im November 2008 erreichte diese Hyperinflation in Simbabwe mit 79,6 Milliarden Prozent (kein Rechtschreibfehler!) ihren Höhepunkt. Daraufhin wurde im Jahre 2009 der Simbabwe-Dollar faktisch abgeschafft und durch ausländische Währungen ersetzt, jedoch erst 2015 offiziell aus dem Verkehr gezogen. Zusätzlich zu Hyperinflation wurde das simbabwische Nationalkapital von August 2008 bis Juni 2009 von einer alle Provinzen des Landes erfassenden und 4000 Tote fordernden Cholera-Epidemie geschwächt. Beruht schon die beschleunigte Vermehrung des Nationalkapitals auf der Ausbeutung des Proletariats, so stürzt die kapitalistische Krise unzählige Menschen in das „unproduktive“ Elend der Erwerbslosigkeit. So ist es auch in Simbabwe. „Es wird (…) davon ausgegangen, dass die Arbeitslosigkeit bei 94 % liegt.“ (Wikipedia, Stichwort: Wirtschaft Simbabwes.)
Simbabwe war offiziell eine Mehrparteidemokratie – die wir SozialrevolutionärInnen genau so konsequent bekämpfen wie alle anderen Staatsformen auch –, die sich aber immer stärker zur persönlichen Diktatur Mugabes entwickelte. Dies war wiederum nur eine besondere politische Form der sozialen Diktatur des Kapitals. Eine besonders widerliche sozialreaktionäre Kampagne des Mugabe-Regimes war die gegen Homosexualität zu Beginn der 1990er Jahre. Mugabe stellte Homosexualität als „unnatürlich“ und „unafrikanisch“ dar. Er diffamierte Homosexuelle als „minderwertiger als Schweine“. Seit den 1990er Jahre konnten in Simbabwe Homosexuelle mit zehn Jahren Gefängnis bestraft werden. Ab 2006 wurden auch Küssen und Händchenhalten zwischen Schwulen repressiv durch Gefängnis geahndet. Das sozialreaktionäre Regime wies auch im Jahre 2001 erstmals Jugendliche zum National Youth Service in Lager ein, wo sie im Sinne des Staates politisch und militärisch „geschult“ wurden, dass heißt eine ideologische Gehirnwäsche verpasst bekamen. Im Jahre 2005 führte das Mugabe-Regime regelrecht Krieg gegen die Armen, indem es Slumsiedlungen niederwalzen ließ.
Die soziale Unzufriedenheit mit dem Mugabe-Regime konnte auch in Simbabwe von einer politischen Oppositionspartei in kapitalismuskonforme Bahnen gelenkt werden. Es ist immer und überall das gleiche Lied: Die politischen Oppositionsparteien stellen die sozialen Verwerfungen des Kapitalismus als Problem einer falschen Regierung da. Ihre politische Konkurrenz regiert und macht alles falsch. Wenn sie, die jetzige politische Opposition regieren würde, wäre alles besser. In Simbabwe sang dieses Lied seit 1999 das von Morgan Tsvangirai geführte Movement for Democratic Change (MDC), seit 2005 Movement for Democratic Change – Tsvangirai (MDC-T). Das MDC-T war auch wegen dem Widerkäuen demokratischer Sonntagsideale wie Freiheit und Menschenrechte beim westlichen Imperialismus sehr beliebt, während das Mugabe-Regime dort immer unbeliebter wurde. So wurde Simbabwe im Jahre 2002 aus dem vom britischen Imperialismus dominierten Commonwealth wegen Verletzungen von Menschenrechten und der Verschiebung der Wahlen 2002 sowie Wahlfälschung suspendiert. Ab 2002 zogen sich auch die westlichen Geldgeber und Handelspartner weitgehend aus dem afrikanischen Land zurück, wodurch der Einfluss des chinesischen Imperialismus auf Simbabwe stieg. Im Jahre 2003 verließ das Mugabe-Regime den Commonwealth.
Bei der Präsidentschaftswahl im März 2008 gewann Tsvangirai vom MDC-T in der ersten Runde mit 47,9 Prozent mehr WählerInnenstimmen als Mugabe. Der vom Westen geliebte Musterdemokrat wurde jedoch vom Regime drangsaliert, worauf er sich von der zweiten Runde zurückzog. Dadurch gewann Mugabe diese zweite Runde der Präsidentschaftswahl. Mugabe machte jedoch als alter/neuer Präsident im Februar 2009 Tsvangirai zum Ministerpräsidenten einer Einheitsregierung. Die politische Integration des Vorzeigedemokraten in das Regime war von Mugabe ein geschickter Schachzug, um Tsvangirai zu entzaubern. Die Präsidentschaftswahl von 2013 wurde von Mugabe abermals klar, und die gleichzeitige Parlamentswahl von seiner ZANU-PF mit einer Zweidrittelmehrheit gewonnen.
Mugabe war lange Zeit die Personifizierung der korrupten schwarzafrikanischen Politbonzenschicht Simbabwes. Aber im November 2017 wurde er doch vom Militär durch einen Putsch entmachtet. In den internen Machtkämpfen der Polit- und Militäreliten ging es um die Nachfolge von Mugabe. Seine Ehefrau Grace hatte den Ehrgeiz Vizepräsidentin zu werden. Mugabe kam dem am 6. November 2017 nach und entließ den bisherigen Vizepräsidenten Emmerson Mnangagwa. Der besaß jedoch das Vertrauen des Militärs, welches am 15. November 2017 faktisch putschte und die Macht übernahm. Am 19. November wurde Mugabe als Vorsitzender der ZANU-PF abgesetzt; am 21. November trat er als Präsident zurück, nachdem das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet hatte. Drei Tage später wurde Mnangagwa neuer Präsident von Simbabwe.

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Neue Broschüre: Die revolutionäre Nachkriegskrise in Deutschland (1918-1923) https://swiderstand.blackblogs.org/2014/11/25/neue-broschuere-die-revolutionaere-nachkriegskrise-in-deutschland-1918-1923/ https://swiderstand.blackblogs.org/2014/11/25/neue-broschuere-die-revolutionaere-nachkriegskrise-in-deutschland-1918-1923/#respond Mon, 24 Nov 2014 22:12:38 +0000 http://swiderstand.blogsport.de/?p=97 Unsere neue Broschüre: „Die revolutionäre Nachkriegskrise in Deutschland (1918-1923)“ (ca. 122 Seiten) von Soziale Befreiung (Hg.) ist da. Die Broschüre könnt Ihr für 5-€ (inkl. Porto) hier über Onlinemarktplatz für Bücher booklooker.de bestellen.

Inhalt

Einleitung
1. Das deutsche Kaiserreich
2. Marxismus und Anarchismus vor dem Ersten Weltkrieg
3. Die weltgeschichtliche Periode zwischen 1914 und 19451
4. Die Novemberrevolution
5. Die Formierung der revolutionären und konterrevolutionären Kräfte
6. Die Januarkämpfe in Berlin
7. Die Bremer „Räterepublik“
8. Das Hamburger Rätesystem
9. Massenstreiks und bewaffnete Kämpfe
10. Generalstreik und Märzkämpfe in Berlin
11. Die Bayerische „Räterepublik“
12. Stärken und Schwächen der Rätebewegung von 1918/19
13. Die „K“PD gegen die „Ultralinken“
14. Der Kapp-Putsch
15. Die Rote Ruhrarmee
16. Die Herausbildung der FAUD (S), des Unionismus und der KAPD
17. Die Märzkämpfe von 1921
18. Die angeblich „revolutionäre Situation“ von 1923
19. Das geistige Erbe der revolutionären Nachkriegskrise

Die weltgeschichtliche Periode zwischen 1914 und 1945

Um die weltgeschichtliche Bedeutung der revolutionären Nachkriegskrise in Deutschland zu verstehen, ist es zum einen notwendig sie als Teil der europäischen Nachkriegskrise zu betrachten und zweitens erforderlich die letztgenannte im Rahmen der Periode zwischen 1914 und 1945 zu analysieren. Wir wollen dies in dieser Broschüre relativ kurzgefasst tun. Die interessierten LeserInnen seien auf die ausführlicheren Darstellungen dieser welthistorischen Periode in der Broschüre Klassenkämpfe in Griechenland (2008-2013), Soziale Befreiung, Bad Salzungen 2013, S. 10-18 und in dem Text Imperialistischer Krieg und proletarischer Klassenkampf in: Nelke, Schriften zum Klassenkampf III, 2014, S. 58-90 verwiesen. Während der erstgenannte Text sich stärker auf die sozialökonomischen Bedingungen dieser Periode konzentriert, legt die zweite Schrift mehr Wert auf die Schilderung der Klassenkämpfe in diesem Zeitraum.
Wie wir weiter oben schon ausführten, werden die objektiven Bedingungen einer revolutionären Situation stark von der weitgehend blinden Bewegung der Kapitalvermehrung bestimmt. Zur Kapitalvermehrung verwandelt der Kapitalist sein Geldkapital in produktives Kapital, indem er Produktionsmittel als sachliches produktives Kapital kauft und die menschlichen kleinbürgerlichen und proletarischen Arbeitskräfte anmietet. Die Arbeitskräfte sind im kapitalistischen Produktionsprozess nichts anderes als menschliches produktives Kapital, die mit Hilfe der Produktionsmittel das Warenkapital produzieren. Der Wert dieses Warenkapitals entspricht der durchschnittlichen gesellschaftlich notwendigen Herstellungszeit dieses Produktes. Allerdings wird der Preis einer Ware auch durch das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Markt bestimmt, der Warenpreis ist also in der Regel höher oder niedriger als der Warenwert.
Bei der Produktion des Tauschwertes/des Preises des neuen Produktes, übertragen die Arbeitskräfte den Wert der Produktionsmittel auf die neuentstehende Ware. Gleichzeitig fügen sie während ihrer Arbeitszeit dem neuen Produkt Neuwert zu. In einer selbstreproduktiven Arbeitszeit produzieren sie einen Wert, der ihrem eigenen Lohn entspricht, während sie in einer Mehrarbeitszeit Mehrwert für die Bourgeoisie produzieren. Das Verhältnis zwischen den Löhnen und dem Mehrwert ist die Mehrwertrate, die in Prozenten angegeben wird. Sie ist die Ausbeutungsrate des Proletariats.
Für die Bourgeoisie dagegen ist die Profitrate, das Verhältnis zwischen Lohn- und Produktionsmittelkosten auf der einen und dem Mehrwert auf der anderen Seite wirklich praktisch wichtig. Außerdem verschwindet in der theoretischen Kategorie der Profitrate die kapitalistische Ausbeutung des Proletariats, während die für alle SozialrevolutionärInnen wichtige Kategorie der Mehrwertrate diese Ausbeutung offenbart. Durch die Erhöhung der Arbeitsproduktivität, bei der viele ursprüngliche Funktionen des menschlichen produktiven Kapitals zu Funktionen der sachlichen Produktionsmittel werden, steigen die Kosten für das sachliche produktive Kapital tendenziell relativ schneller als die Profitmasse. Die Folge ist ein tendenzieller Fall der Profitrate.
Zum tendenziellen Fall der Profitrate gibt es eine wichtige Gegentendenz und eine wichtige Kompensationsmöglichkeit. Die Gegentendenz ist die Erhöhung der Ausbeutung des Proletariats, was die Mehrwertrate anwachsen lässt. Doch die Erhöhung der Mehrwertrate trifft sowohl auf biosoziale Schranken als auch auf den klassenkämpferischen Widerstand des Proletariats. Der tendenzielle Fall der Profitrate führt also potenziell zu einer Verschärfung der Klassenkämpfe. Die Kompensationsmöglichkeit zum tendenziellen Fall der Profitrate ist die Erhöhung der Profitmasse. Ein größeres Kapital erzielt auch eine höhere Profitmasse. Die wachsende Konzentration und Zentralisation des Kapitals ist also eine wichtige Kompensation zum tendenziellen Fall der Profitrate. Sie setzt sich vor allem in der Konkurrenz durch. Größeres und ökonomisch potenteres Kapital frisst massenhaft kleineres und kriselndes. So verschärft der tendenzielle Fall der Profitrate die kapitalistischen Konkurrenzkämpfe.
Der tendenzielle Fall der Profitrate führt zu einem tendenziellen Fall der Kapitalvermehrungsrate. Auf den Warenmärkten verwandeln die KapitalistInnen ihr Warenkapital in Geldkapital zurück. Durch den vom Proletariat erzeugten Mehrwert haben sie jetzt mehr Geld als vor dem erloschenem Produktionsprozess. Ein Teil des Geldes setzt die herrschende kapitalistische Klasse in Konsumgüter für ihre biosoziale Reproduktion um, den anderen Teil investiert sie in noch mehr Produktionsmittel und in noch mehr lebendige Arbeitskräfte, also in die Kapitalvermehrung. Die Kapitalvermehrungsrate ist das Verhältnis zwischen dem bereits fungierendem Kapital und dem neu angelegten. Durch den tendenziellen Fall der Profitrate wird auch ein erheblicher Druck auf die Kapitalvermehrungsrate ausgeübt.
Es lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene Perioden der Kapitalvermehrung unterscheiden: die beschleunigte Vermehrung des Kapitals und die strukturelle Kapitalvermehrungskrise. In beiden Perioden vermehrt sich das Kapital zyklisch, also durch Aufschwung und Krise hindurch. Doch während der strukturellen Kapitalvermehrungskrise sind die zyklischen Aufschwünge weniger expansiv wie in der Periode der beschleunigten Kapitalvermehrung. Dafür werden die Krisen häufiger und tiefer…
Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren besonders sowohl die USA als auch das deutsche Kaiserreich in einer Periode der beschleunigten Kapitalvermehrung. Doch die allgemeinen Tendenzen der Kapitalvermehrung ließ auch diese beiden Länder durch den tendenziellen Fall der Profitrate in den Zustand der strukturellen Kapitaluntervermehrungskrise hinabgleiten. Diesen Zustand hatte der westeuropäische und US-amerikanische Kapitalismus im Jahre 1914 erreicht (siehe über das Sinken der Kapitalvermehrungsrate in den USA: Nelke, Imperialistischer Krieg und proletarischer Klassenkampf, a.a.O., S. 58 und 61).
Die Periode der strukturellen Kapitaluntervermehrung zwischen 1914 und 1945 in Westeuropa und in den USA ist stark durch das Dreiecksverhältnis aus Krise, Krieg und Klassenkampf geprägt. 1914 befanden sich alle wichtigen Nationalkapitale in einer zyklischen Krise, welche zugleich auch die strukturelle Kapitaluntervermehrung zum Ausdruck brachte. Die Kapitalvermehrung ist sowohl durch die Nachfrage auf den Märken bestimmt, zugleich bestimmt aber auch die Kapitalvermehrung die Marktnachfrage. Sie bestimmt direkt die Nachfrage nach Produktionsmitteln und vermittelt über den Konsum der Bourgeoisie und des Proletariats auch indirekt die Nachfrage nach Konsumgütern. Eine sinkende Kapitalvermehrungsrate ist also mit einer sinkenden Nachfrage nach Produktionsmitteln, ein potenzieller Anstieg der Arbeitslosigkeit, ein Sinken der Profite und Löhne sowie eine sinkende Nachfrage nach Konsumgütern geprägt. Die Kapitale haben wachsende Schwierigkeiten auf den verschiedenen Märkten ihr Waren- in Geldkapital umzuwandeln und dadurch ihre Profite zu realisieren. Die strukturelle Kapitalvermehrungskrise ist dadurch die Quelle für zyklische Profitrealisationskrisen. Der Erste Weltkrieg erzeugte massenhaft eine dritte Nachfrage: die staatliche Nachfrage nach Zerstörungsmitteln. Dadurch kompensierten Rüstung und Erster Weltkrieg und deren Nachfrage nach Zerstörungsmitteln die rückgehende Nachfrage nach Produktionsmitteln und Konsumgütern.
Der Erste Weltkrieg hatte für die direkt teilnehmenden und die offiziell „neutralen Staaten“ unterschiedliche sozialökonomische Auswirkungen. Auch relativ und absolut schwache Nationalkapitale wie das spanische konnten sich sozialökonomisch durch den Ersten Weltkrieg stabilisieren, indem sie die kriegführenden Staaten mit notwendigen Waren versorgten. Aber die größte Kriegsgewinnerin waren die USA. Bevor sie 1917 in den Krieg direkt einstiegen, belieferten sie England und Frankreich mit Zerstörungs- und Lebensmitteln. Dadurch geriet das US-Nationalkapital aus einer Krise geradezu in ein Kriegsboom (siehe dazu ausführlicher: Nelke, Imperialistischer Krieg und proletarischer Klassenkampf, a.a.O., S. 78-80). Gleichzeitig wurden durch den Ersten Weltkrieg die europäischen Hauptkonkurrenten der USA nachhaltig geschwächt.
Bei den am Krieg teilnehmen europäischen Staaten profitierten zwar die privaten Einzelkapitale von dem imperialistischen Gemetzel, aber die Nationalkapitale gerieten durch den blutigen Sog auch in schwere Krisen. Fast alle kriegsteilnehmenden Staaten verschuldeten sich im Ersten Weltkrieg. Deutschland war der größte Verlierer des Ersten Weltkrieges, aber die privaten deutschen Einzelkapitale gehörten zu den Kriegsgewinnern. Die Profite in der deutschen Metallindustrie stiegen während des Ersten Weltkrieges um durchschnittlich 175 Prozent und in der Chemischen Industrie sogar um 200 Prozent. Die Konzentration und Zentralisation des Kapitals nahm in Deutschland während des blutigen Gemetzels ebenfalls enorm zu. Großunternehmen wie die AEG oder Siemens wurden noch größer, während viele kleinere Handwerksbetriebe und Unternehmen, welche Konsumgüter produzierten, massenhaft in eine prekäre Situation gerieten.
Durch den Ersten Weltkrieg konnte mit seiner starken Nachfrage nach Zerstörungsmitteln die zurückgehende Nachfrage nach Produktionsmitteln und Konsumgüter, die eine Folge der strukturellen Kapitalvermehrungskrise war, kompensiert werden. Der Erste Weltkrieg war auch eine Folge der Zunahme des Konkurrenzkampfes der Nationalkapitale, die letztendlich auch durch den tendenziellen Fall der Profit- und Kapitalvermehrungsraten verschärft wurde.
Gleichzeitig war der Erste Weltkrieg ein ultrarepressiver Klassenkampf von oben, den die Weltbourgeoisie gegen das globale Proletariat führte. Das Weltproletariat massakrierte sich gegenseitig für die Profite des Weltkapitals. Durch den nationalistischen Taumel zu Beginn des Krieges und durch die Integration des größten Teiles der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung in die Nationalkapitale gelang es der Bourgeoisie der kriegführenden Staaten den Klassenkampf des Proletariats zuerst einzudämmen. Die soziale Verelendung des Proletariats im Verlauf des blutigen Gemetzels führte aber zu dessen Ende wieder zu einer Verschärfung des Klassenkampfes und mündete schließlich in der europäischen revolutionären Nachkriegskrise (1917-1923).
Schauen wir uns den globalen Prozess, bei dem der Erste Weltkrieg zuerst zu einer Eindämmung des proletarischen Klassenkampfes und dann zu dessen Verschärfung führte, etwas genauer an. Besonders das letzte Jahrzehnt vor 1914 war global durch die Zunahme von Klassenkämpfen – besonders von Massenstreiks –geprägt. Große Massenstreiks entwickelten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Belgien und Schweden zur Durchsetzung des allgemeinen Wahlrechts. Das gewaltigste Beispiel des zunehmen Klassenkampfes war jedoch die russische Revolution von 1905 mit ihren dynamischen Massenstreiks. Auch die ArbeiterInnenräte entstanden in dieser Revolution zum ersten Mal. Die Sowjets (russisch für Räte) von 1905 waren viel unmittelbarer ein Ausdruck des selbstorganisierten Klassenkampfes als die während der europäischen revolutionären Nachkriegskrise, die leider von BerufspolitikerInnen der „ArbeiterInnenparteien“ weitgehend beherrscht wurden. Doch leider konnte diese Revolution von 1905 noch einmal vom Zarismus niedergeschlagen werden.
Der Erste Weltkrieg führte dann wie gesagt global zuerst zur Eindämmung und dann wieder zur Verschärfung des Klassenkampfes. Eröffnet wurde die europäische revolutionäre Nachkriegskrise im Jahre 1917 durch die Februarrevolution (nach dem alten russischen Kalender) in Russland. Das junge und sehr klassenkämpferische Proletariat Petrograds fegte den Zarismus hinweg. Es entstand eine Doppelherrschaft durch die in Räten organisierten ArbeiterInnen und Soldaten auf der einen und der provisorischen Regierung auf der anderen Seite. Die BerufspolitikerInnen der sozialdemokratisch-menschewistischen und der „sozialrevolutionären“ Partei saßen sowohl in der proprivatkapitalistischen Regierung als auch in den Räten. Durch diese Auspallancierung glaubten Menschewiki und „SozialrevolutionärInnen“ eine weitere Radikalisierung des Proletariats und der BäuerInnen verhindern zu können. Doch da die provisorische Regierung den imperialistischen Krieg weiterführte und unwillig und unfähig zu einer Bodenreform war, radikalisierten sich zwischen Februar und Oktober 1917 sowohl das Proletariat als auch die BäuerInnen.
Doch das Proletariat in Russland war sozial noch zu schwach und geistig unreif, um sich revolutionär aufheben zu können. Es war noch in der Minderheit, die kapitalistische Industrialisierung hatte erst begonnen. Außerdem hatten auch die klassenkämpferischsten ArbeiterInnen während der russischen Revolution noch kein klares antipolitisches Bewusstsein. So wurden die ArbeiterInnenräte von den PolitikerInnen der „ArbeiterInnenparteien“ dominiert. Doch die russische Bourgeoisie erwies sich ebenfalls 1917 als zu schwach, um sowohl mit der monarchistischen Konterrevolution als auch mit dem klassenkämpferischen Proletariat fertig zu werden. Diese soziale Schwäche von Bourgeoisie und Proletariat wurde von der Bürokratie des radikalen Flügels der russischen Sozialdemokratie, der bolschewistischen Partei, ausgenutzt. Durch eine geschickte Propaganda, die allen alles versprach, gelang es den bolschewistischen BerufspolitikerInnen in den Räten immer stärker zu werden, um dann im Oktober 1917 (ebenfalls nach dem alten russischen Kalender) die politische Macht zu erobern. Ihre Herrschaft nannte die bolschewistische Parteibürokratie demagogisch „Sowjetrepublik“. In Wirklichkeit begann die Ausschaltung der Räte gleich mit der politischen Machtübernahme durch den Bolschewismus. Die Oktoberrevolution war der Höhepunkt der antifeudal-antiprivatkapitalistischen Revolution und zugleich der Umschlagmoment in die staatskapitalistische Konterrevolution. Weil der staatskapitalistische Bolschewismus am besten den Bedürfnissen der Vermehrung des russischen/sowjetischen Nationalkapitals entsprach, konnte er sich auch im BürgerInnen- und imperialistischen Interventionskrieg (1918-1921) gegen alle sozialreaktionären und -revolutionären GegnerInnen durchsetzen und danach die Sowjetunion durch unvorstellbaren Terror zur Industrienation „gestalten“. Die russische Revolution wurde vom Bolschewismus im März 1921 durch die konterevolutionäre Niederschlagung des Kronstädter Aufstandes beendet (siehe dazu ausführlicher: Nelke, Schriften zur russischen Revolution, Soziale Befreiung, Bad Salzungen 2012).
Neben dem russischen Zarismus und dem deutschen Kaiserreich überlebte auch die österreichisch-ungarische Doppelmonarchie nicht den Ersten Weltkrieg und die revolutionäre Nachkriegskrise. Da besonders die so genannte „Ungarische Räterepublik“ im Jahre 1919 auch auf die damalige Situation in Deutschland einwirkte –besonders auf die „Bayerische Räterepublik“ (siehe das entsprechende Kapitel in dieser Broschüre) – wollen wir hier auf die Radikalisierung des Klassenkampfes in Ungarn infolge des Weltkrieges kurz eingehen. Eine ausführlichere Darstellung dazu können die interessierten LeserInnen in unserem Text Klassenkämpfe in Ungarn (1918-1989) in Schriften zum Klassenkampf II, Bad Salzungen 2013, S. 6-16 finden.
Im ungarischen Teil der Doppelmonarchie führten die verschärfte Ausbeutung und das wachsende soziale Elend des Proletariats ab 1915/16 zu einer Zuspitzung des Klassenkampfes. Auch in Ungarn stand die Sozialdemokratie auf der Seite der Kriegstreiber. Die sich anbahnende Niederlage im Krieg radikalisierten große Teile des Proletariats und des KleinbürgerInnentums. Mit Hilfe der Doppelmonarchie ließ sich 1918 nicht mehr erfolgreich der Klassenkampf von oben führen. Das Proletariat und große Teile des KleinbürgerInnentums konnten und wollten nicht mehr so leben wie bisher. So reifte objektiv eine revolutionäre Situation in Ungarn heran – ähnlich wie im deutschen Kaiserreich. Ausdruck der reifenden revolutionären Situation in Österreich-Ungarn und in Deutschland waren die Massenstreiks in diesen Ländern Januar/Februar 1918. Das ungarische politische Personal der Doppelmonarchie hatte sich im Verlauf des imperialistischen Gemetzels und des proletarischen Widerstandes dagegen zerschlissen. Nun mussten die ungarischen DemokratInnen – einschließlich der Sozialdemokratischen Partei Ungarns (SPU) – ran, um zu versuchen den Großgrundbesitz und das relativ schwach entwickelte Privatkapital in Ungarn zu retten.
Die wachsenden Widerstände gegen das Blutbad des Krieges führten im Oktober 1918 zu einer Zersetzung der ungarischen Armee. Am 25. Oktober bildete sich der Zentrale Soldatenrat, in welcher der radikalmarxistische Flügel der Sozialdemokratie eine große Rolle spielte. Ebenfalls am 25. Oktober wurde eine neue demokratisch-nationalistische Regierung unter Einschluss der SPU gebildet – um dem proletarischen und kleinbürgerlichen Widerstand zu brechen. Dieser demokratische Flügel produzierte auch viel Nationalismus zur Formierung eines von Österreich unabhängigen Ungarns. Mit dieser demokratisch-nationalistischen Politik konnte die neue Regierung unter dem liberalen Grafen Mihaly Karolyi sich aber nur eine kurze Zeit halten. Am 29. Oktober entwickelte sich in Budapest ein Generalstreik. In dem zuspitzenden Klassenkampf entwickelten sich auch in Ungarn die Organe der proletarischen Selbstorganisation während der revolutionären Nachkriegskrise, die ArbeiterInnenräte. Aber auch in diesem Land waren sie dominiert von den sozialdemokratischen BerufspolitikerInnen, was die Räte als Organe des selbstorganisierten Klassenkampfes stark deformierte. Die Doppelmonarchie konnte am 31. Oktober durch eine gewaltige proletarische Straßenbewegung in Budapest, die sich einen Tag davor zu entwickeln begann, gestürzt werden, doch nun übernahm es die Demokratie als neue Staatsform den Klassenkampf von oben zu organisieren. Am 3. November 1918 unterzeichneten Österreich und Ungarn einen Waffenstillstand mit der Entente und am 16. desselben Monats wurde die von Österreich unabhängige Ungarische Republik proklamiert.
Doch die ungarischen KleinbäuerInnen verlangten von der linksdemokratischen Regierung eine Bodenreform, die diese nicht durchführen wollte und konnte, da auch die ungarische Bourgeoisie zu stark sozial mit den GroßgrundbesitzerInnen verschmolzen war. Diese kleinbürgerliche Agrarbewegung verjagte die GroßgrundbesitzerInnen und setzte in der Landwirtschaft kleinbürgerlich-individuelles und kleinbürgerlich-kollektives Eigentum (Genossenschaften) durch. So entwickelte sich auf dem Land eine kleinbäuerliche Massenbewegung, die massenhaft nach einer kleinbürgerlichen Warenproduktion – einschließlich von Genossenschaften – strebte. Auch die lokalen ArbeiterInnenräte gingen zu Fabrikbesetzungen über. Durch die kleinbürgerliche Agrarbewegung und den proletarischen Klassenkampf war es der privatkapitalistischen Demokratie nicht möglich sich zu stabilisieren. Am 20. Februar 1919 entwickelten sich bewaffnete Kämpfe zwischen dem demokratischen Regime und dem klassenkämpferischen Proletariat.
Das nutzte die staatskapitalistische Sozialreaktion unter dem Firmenschild der „Ungarischen Räterepublik“. Am 21. November bildete sich die prostaatskapitalistische „Kommunistische“ Partei Ungarns („K“PU), welche nach bolschewistischem Vorbild die kleinbäuerliche und proletarische Unzufriedenheit mit der Demokratie auszunutzen begann. Doch ohne eine kurze staatskapitalistische Wende der zuvor proprivatkapitalistischen SPU wäre die so genannte „Räterepublik“ nie möglich gewesen. Zur kurzfristigen staatskapitalistischen Wende der ungarischen Sozialdemokratie kam es aufgrund des imperialistischen Druckes der Entente, welche die Aufgabe von Teilen Ungarns verlangte. Diesem Druck konnte das privatkapitalistisch-demokratische Regime nicht länger widerstehen und trat am 20. März 1919 zurück. Die SPU verschmolz mit der „K“PU unter Führung des „kommunistischen“ Bürokraten Bela Kun am 21. März. An diesem Tag wurde auch die „Ungarische Räterepublik“ als staatskapitalistisches Regime proklamiert. In dieser seltsamen „Räterepublik“ löste sich der Zentrale Arbeiterrat in Budapest selbst auf und übertrug die Legitimation an die sich formierende staatskapitalistische Regierung.
Die „ungarische Räterepublik“ war von Anfang an wesentlich radikaler staatskapitalistisch ausgerichtet gewesen als das bolschewistische Lenin/Trotzki-Regime. Während letzteres ein paar Monate zwischen Bourgeoisie und Proletariat schwankte und erst im Frühsommer 1918 die gesamte Großindustrie verstaatlichte, ging das ungarische Bela-Kun-Regime bereits ein paar Tage später nach seiner Bildung, am 27. März 1919, zur Verstaatlichung aller Banken und aller Industrie-, Bergbau- und Verkehrsunternehmen mit über 20 Beschäftigten über. Am 3. April 1919 folgte die Verstaatlichung aller Handelsunternehmen mit über 10 Beschäftigten. Noch krasser war der staatskapitalistische Kurs in der Landwirtschaft. Während der bolschewistische Oktoberstaatsstreich 1917 die durch die bäuerliche Agrarbewegung geschaffenen Fakten legitimierte, was bis zur Zwangskollektivierung ab Ende der 1920er Jahre zu einer kleinbäuerlichen Privatwirtschaft in Sowjetrussland führte, verstaatlichte die „Ungarische Räterepublik“ am 3. April 1919 alle landwirtschaftliche Betriebe über 100 Joch (57,5 Hektar). Dadurch vernichtete das staatskapitalistische Regime die GroßgrundbesitzerInnen und die Groß- und MittelbäuerInnen als soziale Schichten, ohne die KleinbäuerInnen und das Landproletariat für sich gewinnen zu können. Die Massen stützten das staatskapitalistische Regime nicht gegen die privatkapitalistische Sozialreaktion, als es am 1. August auch mit Hilfe rumänischer Truppen gestürzt wurde. Die ungarische Sozialdemokratie löste sich wieder vom Partei-„Kommunismus“. Der privatkapitalistisch-konterrevolutionäre Terror beendete die revolutionäre Nachkriegskrise in Ungarn.
Auch in Deutschland führte der Erste Weltkrieg zu einer verschärften Ausbeutung und Verelendung des Proletariats. Die ArbeiterInnenklasse wurde durch das imperialistische Blutbad völlig neu zusammengesetzt. Während viele deutsche männliche Arbeiter zum Wohle des Weltkapitalismus in Uniform gesteckt und gegen ihre ausländischen Klassenbrüder gehetzt wurden, nahmen viele Frauen und Jugendliche ihren Platz in den Fabriken ein, die jetzt größtenteils Zerstörungsmittel für das große Abschlachten von Menschen produzierten. Auch neue Industriekomplexe wie zum Beispiel die chemischen Werke in Leuna entstanden während des Krieges. Die Neuproletarisierung von Kräften, welche die Erfahrungen des Kriegselends machen mussten und nicht durch sozialdemokratische Tradition behindert wurden, trug entscheidend zur Radikalisierung des Klassenkampfes während des Krieges und zur revolutionären Nachkriegskrise bei.
Nachdem auch in Deutschland durch die Burgfriedenspolitik der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung –die deutsche Gewerkschaftsbewegung verzichtete während des Ersten Weltkrieges auf Streiks – zu Beginn des imperialistischen Gemetzels der Klassenkampf abflaute, wurde er ab 1916 verschärft. Es entwickelten sich mehrere wilde Streiks in der Rüstungsindustrie. Der Höhepunkt des Klassenkampfes in Deutschland während des Ersten Weltkrieges waren die unabhängig und gegen den Willen der Gewerkschaftsbürokratie organisierten Massenstreiks Ende Januar 1918 – mit den Berliner RüstungsarbeiterInnen als Schwerpunkt. Organisiert wurden sie von ehrenamtlichen GewerkschaftsfunktionärInnen um Richard Müller, die sich „Revolutionäre Obleute“ nannten. Die Streiks richteten sich pazifistisch – und nicht revolutionär – gegen den Krieg und waren auf eine Demokratisierung des Staates – statt dessen Zerschlagung – ausgerichtet. Richard Müller, der Zeit seines Lebens ein radikaler Sozialdemokrat blieb, sorgte auch dafür, dass SPD-PolitikerInnen in die Streikleitung gewählt wurden. Das war seine Tendenz der Anpassung an die konterrevolutionäre SPD, die er auch während der revolutionären Nachkriegskrise beibehielt.
Trotz all dieser Schwächen der Massenstreiks vom Januar/Februar 1918 gab dieser Klassenkampf einen Vorgeschmack auf die kommenden revolutionären Ereignisse (siehe ausführlicher zu Deutschland während des Ersten Weltkrieges: Nelke, Imperialistischer Krieg und proletarischer Klassenkampf, a.a.O., S. 63-71).
Bevor wir diese jedoch ausführlicher beschreiben, wollen wir noch die geistige Radikalisierung der marxistischen Intellektuellen in Deutschland während des Ersten Weltkrieges und die sozialökonomische Situation in diesem Land als die objektiven und die subjektiven Bedingungen der revolutionären Nachkriegskrise genauer unter die Lupe nehmen.
Die meisten radikalmarxistischen Intellektuellen waren vor dem Ersten Weltkrieg in der Sozialdemokratie desorganisiert. Sie waren objektiv das revolutionäre Feigenblatt einer sozialreformistischen – also sozialreaktionären! – Partei. Eine rühmliche Ausnahme war der spätere rätekommunistische Intellektuelle Franz Pfemfert, der schon vor 1914 das staatstragend-nationale Wesen der deutschen Sozialdemokratie in deutlichen Worten hart auseinandernahm. Seit Februar 1911 brachte er die radikale Zeitschrift Die Aktion heraus. Unsere heutigen antinationalen Positionen haben wir SozialrevolutionärInnen auch Pionieren wie Pfemfert zu verdanken. Auf die kapitalistische Zivilisationsbarbarei des Ersten Weltkrieges reagierte er mit der Gründung der kleinen, aber wichtigen Antinationalen Sozialistischen Partei (ASP).
Aber auch innerhalb der Sozialdemokratie radikalisierten sich die marxistischen Intellektuellen und ArbeiterInnen. Der radikale Marxist Karl Liebknecht überwand im Dezember 1914 als erster und einziger Reichstagsabgeordnete der SPD die Fraktionsdisziplin und stimmte gegen die Kriegskredite. Im März 1915 ging Otto Rühle mit Liebknecht diesen Weg. Die radikalen MarxistInnen um Luxemburg und Liebknecht lehnten den imperialistischen Krieg aus revolutionärer Perspektive klar und grundsätzlich ab. Im März 1916 schlossen sich viele von ihnen zum Spartakusbund zusammen. In der SPD entwickelte sich neben dem Spartakus-Bund auch eine gemäßigtere Oppositionsgruppe, der sich schließlich auch Kautsky und Bernstein anschlossen. Diese Strömung befürwortete das globale Gemetzel zwar als „nationalen Verteidigungskrieg“, verurteilte aber dessen imperialistischen Charakter und richtete sich gegen jede Annexionsbestrebungen. Diese schwammige Haltung war natürlich objektiv reaktionär. Anfang 1916 trennte sich im Reichstag diese gemäßigte Oppositionsströmung als „Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft“ von der SPD-Fraktion. Im April 1917 schlossen sich die Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft und der Spartakusbund zur Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) zusammen. Der Spartakusbund behielt zwar seine organisatorische Selbständigkeit, objektiv muss aber dessen Mitgliedschaft in diesem sozialdemokratischen Verein ganz klar als eine konservative Tendenz – besonders von Rosa Luxemburg – betrachtet werden. Und dass in einer Zeit, die den konsequenten Bruch mit der Sozialdemokratie erforderte.
Genau aus diesem Grunde blieb ein Teil der radikalen MarxistInnen vom Spartakusbund organisatorisch getrennt. Das waren zum Beispiel die „Bremer Linke“ um die von Johannes Knief und Paul Fröhlich herausgegebenen Zeitung Arbeiterpolitik und die Gruppe um die in Berlin erscheinenden Lichtstrahlen um Julian Borchardt. Die Bremer und Berliner radikalen MarxistInnen schlossen sich Ende 1915 zu den Internationalen Sozialisten Deutschlands (ISD) zusammen. Diese Organisation war in wesentlichen Punkten – zum Beispiel im Bruch mit der Sozialdemokratie – konsequenter als der Spartakusbund. Die Hamburger MarxistInnen um Heinrich Laufenberg und Fritz Wolffheim unterstützten zwar die ISD, aber sie lehnten deren Internationalismus ab. Sie formulierten schon während des Krieges ihre reaktionäre nationalbolschewistische Ideologie (siehe dazu die beiden Kapitel Das Hamburger Rätesystem und Die Herausbildung der FAUD (S), des Unionismus und der KAPD).
Der radikale Marxismus wurde dann während der revolutionären Nachkriegskrise wie der Anarchosyndikalismus der geistige Überbau einer sich weiter radikalisierenden starken Minderheit des Proletariats. Die objektiven Bedingungen dieser revolutionären Gärung war die zerrüttete sozialökonomische Situation und die starke Verelendung des Proletariats zwischen 1918 und 1923. 1919 lag die deutsche Industrie- und Agrarproduktion um rund 14 Prozent unter dem Stand von 1914. Dem deutschen Personal der Bourgeoisie gelang nach dem Zusammenbruch des Kaiserreiches 1918/19 nicht die Stabilisierung des Geldsystems. Die zuerst galoppierende Inflation ging 1922/23 in eine Hyperinflation über, welche den sozialen Rahmen für den Putschismus der „K“PD im Jahre 1923 gab (siehe dazu das Kapitel Die angeblich „revolutionäre Situation“ von 1923). So lag der Kurs der deutschen Reichsmark zum US-Dollar im August 1923 bei 1 zu 4.600.000 und im November 1923 gar bei 1 zu 4,2 Billionen. Die Löhne wurden zuerst wöchentlich, dann täglich und schließlich mehr Mal am Tag ausgezahlt. Die Ersparnisse der ProletarierInnen und KleinbürgerInnen schmolzen zu Nichts dahin. Erst im November 1923 konnte die Inflation aufgehalten werden. Damit endete die revolutionäre Nachkriegskrise in Deutschland und die Periode der relativen Stabilisierung des westeuropäischen und US-amerikanischen Privatkapitalismus begann.
Doch die relative Stabilisierung des westeuropäischen Kapitalismus dauerte nicht lange. Im Jahre 1929 „brach“ die Weltwirtschaftskrise „aus“. In dieser Weltwirtschaftskrise kam die strukturelle Kapitalvermehrungskrise in zyklischer Form zum Ausdruck. Sie war im Wesentlichen eine Profitproduktionskrise, die jedoch auf der Marktoberfläche als Profitrealisationskrise, als Schwierigkeiten das Waren- in Geldkapital umzuwandeln, sichtbar wurde. Der tendenzielle Fall der Profit- und der Kapitalvermehrungsraten äußerte sich in einer nachlassenden Nachfrage nach Produktionsmitteln und über die Zunahme der Arbeitslosigkeit auch durch eine Zusammenziehung der Konsumgüternachfrage. Doch die Krise ist zugleich auch die Lösung der Krise. Wie wir bereits oben beschrieben haben, wird der tendenzielle Fall der Profitrate kompensiert durch eine Erhöhung der Profitmasse über eine verschärfte Konzentration und Zentralisation des Kapitals. Größere Kapitale erzielen eine größere Profitmasse und kleinere Kapitale und unprofitable Kapitale unterliegen im Konkurrenzkampf. Außerdem musste eine so tiefe weltweite zyklische Krise wie die von 1929 auch zu einer gewaltigen körperlichen Vernichtung von nichtverkäuflichen Waren und Stilllegung von Produktionskapazitäten führen.
Auch die Entwertung des sachlichen produktiven Kapitals in der zyklischen Krise trägt zur Stabilisierung der Profitrate bei. Eine Entwertung des sachlichen produktiven Kapitals erhöht die Rate zwischen den Kosten der Produktion und den Profiten, die Profitrate. So war es auch in der Weltwirtschaftskrise. Mit Zunahme der Arbeitslosigkeit übte das Kapital auch einen gewaltigen Druck auf die Reallöhne aus. Deshalb kam es auch zu einer Zunahme des reproduktiven Klassenkampfes im Zuge der Weltwirtschaftskrise. Doch das europäische Proletariat – besonders das deutsche – hatte die gewaltigen Niederlagen der revolutionären Nachkriegskrise noch zu sehr in Erinnerung, als dass es sozialpsychologisch zu einem neuen revolutionären Versuch fähig gewesen wäre. Dazu kam die völlige Degeneration der institutionalisierten ArbeiterInnenbewegung. Zu dieser gehörte in Westeuropa und in den USA jetzt auch der moskauhörige Partei-„Kommunismus“. SPD und „K“PD und die Gewerkschaften organisierten in Deutschland die kampflose Kapitulation gegenüber den Nazis.
Der von diesen ausgelöste Zweite Weltkrieg war von allen Seiten ein imperialistisch-reaktionärer. Auschwitz, Hiroshima und Dresden sind die Synonyme des zivilisationsbarbarischen Terrors des Weltkapitals – einschließlich der staatskapitalistischen Sowjetunion – gegen die proletarische und kleinbürgerliche Zivilbevölkerung. Der Zweite Weltkrieg war ein ultrabrutaler Klassenkrieg von oben, in dem der globale Kapitalismus die strukturelle Kapitalvermehrungskrise löste und die Bedingungen für den Nachkriegsaufschwung schuf. Die Konzentration und Zentralisation des Kapitals beschleunigte sich im Zweiten Weltkrieg gewaltig. Die Entwertung des produktiven Kapitals wurde durch die physische Vernichtung von Produktionsanlagen durch den Krieg ergänzt. Diese Zunahme der Konzentration und Zentralisation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals bei der Zerstörung von Teilkapitalen im Krieg setzte das begonnene „Reinigungswerk“ der Weltwirtschaftskrise fort. So wurden im Blutbad des Zweiten Weltkrieges auch die Bedingungen für das bundesdeutsche „Wirtschaftswunder“ geschaffen…

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Klassenkämpfe in Oberschlesien (1913-1919)
Globale Klassenkämpfe (2021/2022)
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Die Krise der biosozialen Reproduktion

Kritik der Globalen Politik I
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Aufstieg und Niedergang des US-amerikanischen Kapitalismus 2. Teil: Imperialismus, innere Konflikte und mögliche Todeskrisen
Aufstieg und Niedergang des US-amerikanischen Kapitalismus 1. Teil: Expansion und Krise
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