Vielleicht erinnert ihr euch nach an Ava und Ralph, zwei Personen, die nach der Blockade des Kohlekraftwerks Jänschwalde durch die Aktionsgruppe „Unfreiwillige Feuerwehr“ fast drei Monate anonym in Haft saßen. Das Urteil von 4 Monaten Haftstrafe wegen Nötigung, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und Störung öffentlicher Betriebe wurde vom Landgericht bestätigt. Jetzt verwarf das Oberlandgericht die eingelegte Revision, das Urteil wird also rechtskräftig. Damit steht auch zu befürchten, dass vor dem Amtsgericht Cottbus die Prozesse gegen weitere 18 Personen beginnt, denen vorgeworfen wird an der Blockade beteiligt gewesen zu sein.
Nach der Verhandlung vor dem Landgericht Cottbus im Juni/Juli 2023, gingen die Anwält*innen von Ava und Ralph in Revision. Das Landgericht Cottbus hatte sich dem Urteil des Amtsgerichts Cottbus aus dem November 2022 angeschlossen und die beiden ebenfalls zu 4 Monaten Haft ohne Bewährung wegen Hausfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung und Störung öffentlicher Betriebe verurteilt.
Jetzt, im Mai 2024 folgte die Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg (OLG), dieses hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen. In der Revision ging es unter anderem um die Frage, inwiefern Ava und Ralph als volljährig angesehen werden dürfen und ob es rechtens war, dass die beiden nach Ewachsenenstrafrecht verurteilt wurden. Das OLG meint dazu nur, dass das Landgericht ja schon so einschätzen können wird, ob die beiden erwachsen aussehen oder nicht („optische Reifezeichen“). Vor allem aber, dass die „‚reflektierten Erklärungen‘ der Angeklagten (insbesondere zum Klimaschutz und zur Klimakrise)“ in den beiden Prozessen „von deren ‚geistiger Reife‘ zeuge“, so das OLG.
Heißt das also, man kann nur reflektiert über die Klimakrise reden wenn man erwachsen ist? Und heißt das im Umkehrschluss auch, dass man im Zweifel härter bestraft wird, wenn man die Zusammenhänge der Klimakrise gut und strukturiert wiedergeben kann? Wenn es also Zweifel an der Volljährigkeit von Angeklagten gibt, entscheidet Wissen über die Klimakrise also im für eine härtere Strafe? Das klingt alles ganz schön absurd, aber auch bezeichnend für den Umgang der Justiz mit Klimaaktivismus.
Auch ein weiterer Punkt der Revision in dem es um die Kalkulation der Schadenssumme ging, wurde als unbegründet fallen gelassen. Auf der Website energy-charts.info ist öffentlich einsehbar wie viel Strom die einzelnen Kraftwerksblöcke zu welchem Zeitpunkt produziert haben. Eine solche Grafik wollte die Verteidigung im Prozess als Beweismittel einführen um zu zeigen, dass der von der LEAG berechnete Schaden nicht mit den tatsächlich produzeirten Strommengen zusammenpasst. Das Gericht lehnte den Antrag aber ab und berief sich nur auf die „plausiblen“ Schätzungen der LEAG. Ach, das ist doch schön, wenn man sich selber aussuchen darf in welcher Höhe man geschädigt wurde!
Von den 4 Monaten Haftstrafe haben Ava und Ralph schon fast 3 Monate in Untersuchungshaft verbracht. Wegen des 2/3-Grundatzes (höchstens zwei Drittel der Haftzeit sollen in Untersuchungshaft verbracht werden) wurden die beiden damals dann anonym aus der JVA entlassen. Unklar ist noch, ob die beiden jetzt tatsächlich wieder für die letzten Wochen Haft eingeladen oder gesucht werden. Egal ob JVA oder Untergrund, wir halten zusammen und werden weiter für Klimagerechtigkeit kämpfen! Für uns steht fest, der Kampf für Klimagerechtigkeit wird immer auch ein Kampf gegen Staat und Justiz sein. Ob die Justiz unsere Aktionen jetzt gut oder schlecht findet, hat wenig mit ihrer Notwendigkeit zu tun!
Jetzt wo das Urteil gegen die ersten zwei Angeklagten rechtskräftig ist, stehen vermutlich auch die Prozesse gegen die anderen 18 Angeklagten an. Termine gibt es noch keine.
Viele Prozesse kosten leider auch viel Geld, deshalb freuen wir uns immer über Spenden für Anwält*innen, Prozesskosten und eventuelle Geldstrafen, und natürlich auch, falls ihr Lust habt bei euch vor Ort eine Soli-Party oder ähnliches zu veranstalten. Unsere Kontodaten findet ihr hier:
Konto: Spenden & Aktionen IBAN: DE29 5139 0000 0092 8818 06 BIC: VBMHDE5F Betreff: "Unfreie Feuerwehr"]]>
Auch im Gericht wurde direkt zu Beginn 200€ Ordnunsgeld wegen Nicht-Aufstehens verhängt. Dafür hatte Ava zur Veranschaulichung der Sachlage etwas „Kohle“ und eine Feuerwehr zur Löschung der Klimakrise mitgebracht und wurde von einem Chor aus Ta-Tü-Tata unterstützt.
Bei der Zeugenbefragung der LEAG beanstandete die Verteidigung, dass die Rechtsabteilung der LEAG die Zeugen vorbereitet habe und forderte die Staatsanwältin als Zeugin zu vernehmen um zu klären welche Kontakte sie mit der LEAG dazu hatte.
Diesen und alle weiteren Anträge der Verteidigung lehnte das Gericht als rechtlich irrelevant ab und forderte mehr Respekt. Darauf antwortete Ava, dass alle Menschen Respekt verdienen, nicht aber die Institutionen.
Zum Plädoyer der Staatsanwaltschaft stimmte das Publikum „Wehrt euch, leistet Widerstand“ an. Dabei gab es aber auch nicht viel zu verpassen, weil die Staatsanwaltschaft einfach wiederholte, dass sie alle Tatbestände erfüllt sehe und dazu noch eine deutliche kriminelle Energie, aufgrund derer und einer potentiellen Fluchtgefahr auch noch ein Haftbefehl beantragt wurde.
Die Verteidigung widersprach der Staatsanwaltschaft. Hausfriedensbruch sei wegen mangelnder Umfriedung, nicht erfüllt, die Nötigung wegen fehlendem Zug, die Gemeinschaftlichkeit wegen fehlender nachgewiesener Absprachen. Die Sachbeschädigung sei wenndann von den Cops ausgegangen. Die Störung öffentlicher Betriebe sei nicht erwiesen, da weder die Schadenssumme noch ob Industrie oder private Haushalte Abnehmer*innen seien, geklärt wurden. Außerdem schade das Kraftwerk der Gesundheit der Bevölkerung und in Anbetracht der Klimakrise auch jeglicher Exsistenzgrundlage.
Weiterhin ging die Verteidigung auf die öffentliche Wahrnehmung und Stimmungsmache gegen Klimaaktivist*innen ein. Außerdem wurde die U-Haft als Erzwingungshaft kritisiert. Abschließend plädierte die Verteidigung auf Freispruch und Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts.
Ava und Ralph gingen in ihrem Schlusswort auf die Haftbedingungen ein und forderten Haftentschädigung. So meinte Ralph unter anderem: What the Fuck is los? Soll ich der Staatsanwaltschaft noch vertrauen, die mit der LEAG quatscht und mich in eine acht Quadratmeter Zelle sperren will? Auch betonten sie erneut: Die Klimakrise untergräbt die Demokratie! Niemand kann bestreiten, dass die Klimakrise keine unmittelbare Gefahr für Leib und Leben darstellt!
In der Verkündung des Urteils scheint es aber, als habe die Kammer gar nicht so genau zugehört.Im Namen des Volkes, so der Vorsitzende Richter am Landgericht Cottbus Hanning, ergeht folgendes Urteil: Die Berufungen werden verworfen. Haftbefehl wird abgelehnt. Fluchtgefahr besteht nicht. Es bleibt also beim Urteil des AG Cottbus. Vier Monaten Haft ohne Bewährung!
Dabei sprach er noch ganz am Ende von dem Tagebau, obwohl es doch die ganze Zeit ums Kraftwerk ging. Ein*e Zuschauer*in korrigiert ihn und wird noch mit dem Stuhl aus dem Saal und bis zur Kundgebung getragen. Hätte die Kammer mal den ersten Antrag zur Verlegung in den Tagebau zugestimmt, hätte sie den Unterschied zum Kraftwerk vielleicht erkannt.
Mit diesem Urteil ist es aber noch lang nicht vorbei. In dem Prozess gegen Ava und Ralph läuft gerade die Revision und 18 weitere namentlich bekannte Personen sind mittlerweile mit den gleichen Tatvorwürfen angeklagt.
Hier folgt jetzt die Berichterstattung auf Twitter zum Prozess:
9.20: Der Prozess von #Ava und #Ralph in Cottbus hat gerade begonnen. In diesem #Thread tickern wir über die Verhandlung. Die beiden sind nach wie vor anonym. Zu Beginn wurde Beantragt die Verhandlung in den #Tagebau zu verlegen. #GerichteSindZumEssenDa#KohleausstiegOst
Der Kammer sei das Kraftwerk #Jänschwalde und der Tagebau bekannt und beabsichtigt Videos einzuführen, woraus sich ergibt, wie es dort aussieht. So der Beschluss des Gerichts. Die Verhandlung wird folglich nicht verlegt.
Richter verliest das #Urteil des Amtsgerichts. Damals wurden die beiden zu 4 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.
Verteidigung merkt an, die für den Tatbestand des hausfriedensbruch notwendige umfriedung sei nicht gegeben. Außerdem bezweifelt die Verteidigung die Rechtmäßigkeit der Strafanzeige. Auch eine Sachbeschädigung habe laut der Verteidigung nicht stattgefunden. Angeklagt sind die beiden wegen #Nötigung, #Sachbeschädigung, #Hausfriedensbruch und #StörungÖffentlicherBetriebe. Wir sagen -> alles nicht haltbar!
Obwohl der Gerichtssaal nur halb voll ist wurden von den drei Vertreter*innen vom @presse_rbb nach langer Diskussion nur der Kameramensch reingelassen.
Es sei zu klären, ob das Kraftwerk Jänschwalde für die Versorgung der Stadt Cottbus überhaupt notwendig sei. Verteidigung merkt an dass die Blockade gerechtfertigt, angemessen und notwendig war, um die Klimakrise zu bekämpfen im Sinne des #rechtfertigerNotstand
Durch die Aktion wurden 4000 t Kohle nicht verbrannt und somit CO2 in Hohem Ausmaß eingespart. Es wird auf den rechtfertigen Notstand Freispruch des AG #Flensburg verwiesen!
Es sei im Urteil des AG auch nicht ersichtlich, inwiefern die Blockade der Gleise die Versorgung der Bevölkerung gefährdet hat.
10.45 Uhr: kurze Pause
Es werden Videos von der Blockade gezeigt. Zahlreiche Zuschauer nehmen neben den Angeklagten Platz, um die Videos auf der Leinwand sehen zu können
Der Verteidiger macht darauf aufmerksam, dass ein Förderband bereits lief, als sich die Aktivistis angekettet unter dem Band befanden. Ein Zuschauer ergreift das Wort und verkauft #Popcorn. Wenn Sie sich nicht ruhig verhalten werden sie des Saales verwiesen droht der Richter.
@mark_feilitzsch beantragt, einen Ortbesuch des Gerichts, um die nicht vorhandene #Umfriedung zu begutachten. Das weißt die Staatsanwälte zurück und behauptet es müsste das Gelände auch gar nicht lückenlos umfriedet sein.
Der Richter stellt fest, dass Zuschauer vor dem ehrwürdigen Gericht auf dem Boden sitzen. Der Richter droht mit Räumung.
Der erste Zeuge wird angehört. Er ist Abteilungsleiter von der #Leag an der Strombörse in Prag. Am Tag der Blockade sollte er den Strom von der #Leag verkaufen. Laut ihm musste die Minderleistung stattdessen zugekauft werden. 4,5 Millionen Euro für Rückkäufe wurden aufgewendet. Am Tag der Blockade sollten bei Volllast eigentlich 41000 MW am Strommarkt verkauft werden
12.20 Uhr: Mittagspause
Die Polizei fordert eine weitere Orner*in für die Versammlung vor dem Gericht. #Ava und #Ralph wollen sie nicht akzeptieren…
Im Publikum sitzt auch die Rechtsanwältin von der #LEAG, hat auch die Akte und ist immer wieder in regem Austausch mit der Staatsanwaltschaft. Auf Nachfrage wer sie denn sei: „Ich bin die Öffentlichkeit, Aliasname Maria“
12.50 Uhr: Die Verhandlung geht wieder weiter
Die Mitarbeiterin der LEAG, die sich in der Pause mit der Staatsanwältin absprach und fleißig Notizen vom Prozess macht, wurde von der Verteidigung darauf angesprochen worüber sie gesprochen haben. Sie verweigerte zunächst jede Auskunft. Die Verteidigung verlangte deshalb eine dienstliche Stellungnahme, um zu klären, ob die Staatsanwältin mit der Leag-Justiziarin über das Verfahren gesprochen haben.
Zwei Zeug*innen von der #LEAG und drei von der Polizei wurden bereits angehört
14.25 Uhr: erneute pause
Verteidigung stellt Beweisantrag, um den Geschäftsführer des Heizkraftwerks Cottbus zu laden.
Mitarbeiter der Leag hatten im Prozess vor dem Amtsgericht fälschlich behauptet, dass die Versorgung von Cottbus mit fernwärme gefährdet gewesen sei. Auf die Falschaussagen der leag Mitarbeiter stütze sich das Amtsgericht bei der verurteilung von #ava und #Ralph im November 2022
Die Verteidigung führt nun verschiedene Zeitungsartikel in den Prozess ein, die sich kritisch mit dem Betrieb des Kraftwerks #Jänschwalde auseinandersetzen und belegen, dass die Aktion der unfreiwilligefeuerwehr.black… in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde.
Die Verteidigung fordert ein sozialwissenschafliches Gutachten, dass die große Bedeutung von Aktionen zivilen Ungehorsams belegen. Geladen werden soll Simon Theune.
15.30 Uhr: Ein Mitarbeiter der #LEAG kam gerade nach vorne und forderte die Staatsanwältin zu einer möglichst hohen Strafforderung auf. Untermauert mit ein paar ordentlichen Batzen Scheinen. Das wars für heute. Wir sehen und hören uns am 12.7. in #Cottbus wieder! #KohleausstiegOst
Am 23.06 und 12.07. (korrigiertes Datum!) müssen Ava und Ralph wieder vor Gericht erscheinen. Es wird ein Berufungsverfahren gegen die beiden vor dem Landgericht in Cottbus geben. Zeigt euch solidarisch, kommt zum Verfahren, macht Soli-Aktionen in Cottbus, bei LEAG, dem nächsten Gericht, wo es euch sonst einfällt oder unterstützt auf andere Weise. Schreibt uns gern von euren Aktionen.
Ab 8:30 Uhr gibt es eine Kundgebung vor dem Landgericht (Gerichtsstraße 3,4). Der Prozess beginnt um 9:00 Uhr.
Vielleicht erinnert ihr euch – Im September 2022 wurde durch die Gruppe „Unfreiwillige Feuerwehr“ ein Kohlekraftwerk blockiert, der Klimakiller Jänschwalde. Die betreibende Firma LEAG behauptete einen Schaden von 3,2 Millionen Euro für Produktionsausfälle. Ava und Ralph weigerten sich ihre Personalien bekannt zu geben und saßen für drei Monate in Untersuchungshaft.
Im November 2022 wurde gegen die beiden verhandelt und eine Haftstrafe von 4 Monaten beschlossen, ohne Bewährung vor allem auf Grund der Anonymität. Es gelang dann allerdings sie nach drei Monaten frei zu bekommen. Ihre Haft war geprägt von zahlreichen Schikanen, wie langer Quarantäne, Verweigerung von Telefonaten mit Anwältinnen, veganem Essen und ähnlichem.
18 weitere Personen haben inzwischen Post bekommen. Ihnen wird vorgeworfen bei der Blockade angekettet gewesen zu sein oder dabei unterstützt zu haben (Hausfriedensbruch, Nötigung, Störung öffentlicher Betriebe, Sachbeschädigung). Es wird also noch viele Gelegenheiten geben uns gegen die Repression aufzulehnen, uns gegenseitig zu unterstützen und Soli-Aktionen zu machen.
Schreibt uns falls ihr euch vorstellen könnt einen Info-Abend zu organisieren, wir kommen gerne bei euch vorbei. Es braucht natürlich auch Geld für Anwält*innen etc. und deshalb ist jeder Soli-Tresen hilfreich. Lasst uns zeigen das sich unsere Bewegung nicht einschüchtern lässt und wir uns gegen Repression gemeinsam wehren.
]]>Ihr fragt euch eventuell, wie wir so plötzlich rausgekommen sind. Dazu hier eine versucht hilfreiche kurze Erklärung.
Nachdem die ersten Haftbefehle ja am 20.11. ausgelaufen wären, hat das Amtsgericht Cottbus am Tag unserer Verhandlung (17.11.) zwei neue, unbefristete Haftbefehle erlassen, um uns weiter in Haft halten zu können. Gerechtfertigt haben sie das damit, dass das weitere Verfahren (falls es Berufungen gäbe, was ja jetzt auch der Fall ist) bzw. die Vollstreckung der Haftstrafe nur so sichern zu können, da wir ohne Identität angeblich nicht geladen werden könnten. (Unangefochten werden Urteile erst nach einer Woche rechtskräftig, sodass wir ohne neuen Haftbefehl für eine Woche raus gedurft hätten, bevor die restlichen 4 Monate abzusitzen wären.)
Gegen diese Haftbefehle wurden Haftbeschwerden eingelegt, in denen es unter anderem darum ging, dass 1. die Weiterführung der U-Haft aus verschiedenen Gründen unverhältnismäßig sei (komplizierteres Ding u. a. aus Zweidrittel-Regelungen, Resozialisierungsgrundsätzen, etc.) und 2. unsere Anonymität alleine kein Grund sei, von einer Fluchtgefahr auszugehen, weil wir ja im Verfahren auf einen Freispruch hoffen würden. Würden wir zur Berufungsverhandlung nicht erscheinen, müssten wir noch viel eher (als bei Nicht-Erscheinen) damit rechnen, rechtskräftig und evtl. auch zu einer höheren Haftstrafe als 4 Monaten verurteilt zu werden. Zudem könnte unsere Berufung einfach verworfen werden, wodurch es für uns noch viel schlechter aussähe. So wird in den Haftbeschwerden argumentiert, wieso wir also gar kein Interesse daran hätten, die Berufung schleifen zu lassen.
Es gab noch das Problem, wie wir ohne Adressen angeblich nicht geladen werden könnten. Das ließ sich aber leicht lösen, indem wir Ladungsvollmachten zu Protokoll gaben, sodass Ladungen für uns auch an unsere Anwältinnen zugestellt werden können. Dadurch gelten wir rein rechtlich als geladen, sobald unsere Anwältinnen geladen wurden.
Und auch wenn niemand damit gerechnet hat: Den Haftrichter hat das überzeugt. Die Staatsanwältin zwar nicht, aber sie muss erst mal damit leben. Eine Berufungsverhandlung kann also trotzdem stattfinden, die Geschichte ist noch nicht vorbei.
Der springende Punkt – über den wir als Bewegung vorsichtig freuen können – dabei ist: Unsere Anonymität allein ist jetzt – durch ein Landgericht so beschlossen – kein Grund mehr für Fluchtgefahr. Ihr könnt euch selbst überlegen, was ein genialer und evtl. weitreichender Beschluss das sein kann für die Zukunft. Wir freuen uns jedenfalls erst mal sehr.
Kämpferische Grüße,
Ralph & Ava
Wir freuen uns, aber natürlich ist die Repression noch nicht vorbei, auch auf die anderen Beteiligten, die Personalien angegeben haben warten wahrscheinlich etliche Strafverfahren. Wir informieren euch dann hier weiter darüber.
]]>Morgen um 12 Uhr ist am Landgericht Cottbus eine Haftprüfung angesetzt, d.h. das Gericht entscheidet daüber, ob die beiden bis zur Berufungsverhandlung weiter in Untersuchungshaft bleiben müssen oder freikommen. Wir drücken die Daumen!
]]>Die Postkontrolle wurde aufgehoben, d.h. Briefe kommen innerhalb von 2-4 Tagen bei mir an und werden, zumindest theoretisch, nicht mehr von der Staatsanwaltschaft gelesen. Praktisch würd ich mir da aber nicht sicher sein, ob die JVA nicht doch mal irgendwo reinguckt und wieder zuklebt. Streifen Tesa kann helfen, dass ich‘s zumindest mitkriege, aber am besten ist, einfach weiterhin so zu schreiben, als würde mitgelesen werden. Auch wenn‘s doof ist.
Zum Inhalt: Die Schließer*innen sind bei der Postausgabe um einiges strenger als die Stationsleiterin, welche mir meine Briefe während der Postkontrolle persönlich ausgehändigt hat. Das machen jetzt wieder die Schließer*innen, also kann‘s gut sein, dass Dinge, die zuvor durchkamen jetzt nicht mehr ankommen. Das ist sowieso immer sehr personal-abhängig alles…
Was gar keine Chance hat: Gegenstände aller Art (Stifte, Blöcke etc), Umschläge, unbeschriebenes Papier, Bücher, Zines, Origami-Kunstwerke, Pflanzenteile, etc.
Glückssache: Zeichnungen, ausgedruckte Artikel (aber echt seeehr selten), generell alles was Drucktinte, Filz- und Buntstift enthält.
Es hilft wenn auf solchen Sachen handgeschriebene, persönliche Worte sind (am Rand oder so) und wenn gedruckte Briefe unterschrieben werden (Kringel ö.ä. reicht).
Easy: Handgeschriebenes Wort auf normalem Papier, Briefmarken. Vielen Dank übrigens für die ganzen Marken. Das ist sehr super, weil ich immer schwer kalkulieren kann, wieviele ich brauche beim Einkauf. Und sehr dickes sorry, wenn ich mich dafür in den Briefen nicht bedanke – bei der Postausgabe wird immer alles einmal ausgeschüttelt zur Kontrolle auf Verbotenes und danach ist es oft schwer zu rekonstruieren, wer was geschickt hat …
Es hilft wenn Briefinhalt und Absendeadresse auch aufm Brief, nicht nur dem Umschlag steht, aber meistens krieg ich die Umschläge auch ausgehändigt.
Hört sich trist an, aber ich bin wirklich so unendlich dankbar für jeden Brief <3 Das ist wirklich toll, danke danke danke. Alles, was eine Absendeadresse hat wird beantwortet, das ist mindestens genauso gut wie Briefe bekommen. =)
Da die meisten anderen reingeschickten Beschäftigungsmöglichkeiten ja nicht ankommen und ich aber mittlerweile viel Freude daran habe, mich mit Kurzgeschichten rauszuträumen, freu ich mich über kleine Aufhängerchen in der Richtung, also Überschriften, Schlagworte, Anfangs-/Endsätze etc. Ich hätte auch total Lust, mal mit jemanden „duales Schreiben“ auszuprobieren, also ihr schickt n kleinen Absatz, ich schreib weiter und schick‘s zurück, und so weiter. (Nur bitte keine Weihnachtsgeschichten, das wird bitter genug hier drin).
Vielen vielen Dank für all die Unterstützung!
Widerständige
Grüße,
Ava
In diesem zweiten Artikel zu Haftbedingungen wollen wir euch über die Umstände im Knast informieren und euch dazu ermutigen Dienstaufsichtsbeschwerden zu schreiben. Eine Anleitung wie ihr das anonym oder auch mit Klarnamen machen könnt, findet ihr weiter unten im Bericht.
Den ersten Teil zu den Haftbedingungen haben wir hier verlinkt: https://unfreiwilligefeuerwehr.blackblogs.org/2022/10/23/aktuelle-haftbedingungen/
Ab und an kommen wir über Briefe an Informationen von „drinnen“ aus dem Knast. Da es in diesem Artikel um zum Teil um sehr persönliche Themen geht, haben wir einige Passagen gekürzt und uns dazu entschlossen nicht kenntlich zu machen, welche Teile von Ava, Carlo oder Ralph stammen.
Es folgen ein paar weitere Einblicke zu den alltäglichen Schikanen, die sich Justizbeamt*innen bzw. die gesamte dahinter stehende Institution ausdenken:
Wir sind so stinkwütend über die Haftbedingungen und sehen viele Gründe uns in Form von Dienstaufsichtsbeschwerden direkt an die Verantwortlichen dieser Schikane zu richten.
Schreibt Faxe, Briefe oder Emails an folgende Adressen. Dienstaufsichtsbeschwerden können form- und fristlos eingereicht werden. Ihr könnt auch gerne direkt anrufen und eure Meinung sagen.
Um anonym Faxe zu verschicken, könnt ihr euch mit einer Müll-Emailadresse einen Account bei einem Online-Fax-Anbieter einrichten. Das geht z.B. hier: https://fax.pdf24.org
Telefonnummer JVA Luckau-Duben: 035456 673-0 oder 035456 673-300
Telefax: 035456/673216
Mail: [email protected]
Telefonnummer JVA Cottbus-Dissenchen: 0355 4888-0
Fax: 0355 4888-222
Mail: [email protected]
Ministerium der Justiz
Telefon: 0331 8660
Fax: 0331 866-3080
Mail: [email protected]
Hier als Beispiel mal eine Dienstaufsichtsbeschwerde, die Leute aus unserem Umfeld gestellt haben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Hiermit möchte ich mich bei Ihnen beschweren, da Sie unrechtmäßig mit den Gefangenen Ralph 757/22/9 und Ava 289223 / Bez. UWP156282 umgehen.
Die drei sollen endlich veganes und tierleidfreies Essen bekommen. Es ist eine Zumutung, dass die drei bis vor kurzem nicht einmal richtiges Vegetarisches Essen bekommen haben und Ihnen Fisch serviert wurde!!! Pfui-Teufel!!! Die armen Fische, die dafür sterben mussten!!!!!!
Wussten Sie eigentlich, dass auch in der Eier und Milch-Industrie die Tiere getötet werden?? Die Männlichen Tiere, weil man sie nicht weiter für Milch und Ei ausbeuten kann und die Weiblichen, wenn sie nicht mehr genug leisten. Demnach sind Milch und Eier nicht vegetarisch. Verstehen Sie das???
Vegan wären z.B. Gemüseeintöpfe ohne Wurst, Couscous-Salat mit Kichererbsen oder Nudeln mit Tomatensoße. Bitte nehmen Sie diese Gerichte in ihrem Reportoire auf. Vielen Dank.
Außerdem ist es eine Zumutung, dass die Inhaftierten nicht telefonieren dürfen und Anwält*innen-Telefonate mitgehört werden. Die Spitze des Eisberges ist es aber, dass Anwält*innen-Telefonate nun komplett verweigert werden!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Für Tier- und Menschenrechte!!! Gegen ihre bisherige Arbeitsweise!!!!!
Ich möchte über den weitere Bearbeitung meiner Beschwerde informiert werden.
Bitte handeln sie schnell! Es ist eilig!!!
Mit freundlichen Grüßen,<Vorname Nachname>
Oder diese hier:
DIENSTAUFSICHTSBESCHWERDE IN DREI FÄLLEN
Sehr geehrte Damen und Herren,
Dies ist eine Dienstaufsichtsbeschwerde. Ich beschwere mich über den Umgang mit den Gefangenen der Kraftwerksblockade Jänschwalde. Genauer gesagt, wegen dem Umgang mit Carlo, Ralph und Ava, wobei Carlo mittlerweile freigelassen wurde.
Ralph 757/22/9, Carlo 288/22/4 und Ava 289223
Mir ist zu Ohren gekommen, dass mindestens drei Sachen gehörig falsch laufen, bzw. liefen:
1. Keine unbeaufsichtigten Telefonate mit dem Anwalt/ der Anwältin und mittlerweile gar kein Telefonat mehr. Warum?
2. Keine Telefonate mit Kontaktpersonen. Wieso?
3. Kein veganes Essen. Weshalb?
Schreiben Sie mir schnell zurück und beantworten Sie meine Fragen. Das wichtigste ist aber, dass Sie ihren Umgang verändern.
Bis dann. <Vorname Nachname>
Und gerne auch poetisch (warum soll das ganze keinen Spaß machen?):
]]>Dienstaufsichtsbeschwerde.
Ava und Ralph retten die Erde.
Jetzt sitzen sie im Knast.
Und ihr nutzt Macht und zeigt wie ihr sie hasst.
Das ist ziemlich beschissen.
Ja das lasse ich euch wissen.
Vegetarisches Essen ist ohne Fisch.
Das käme bei mir nie auf den Tisch.
Das Essen soll sein ohne Tier.
Ja das wünsche ich mir.
Sie sollen telefonieren dürfen mit dem Anwalt.
Das was ihr macht ist psychische Gewalt.
Ihr scheißt auf Grundrechte.
Ihr seid zwar Menschen, aber Schlechte.
Prüft diese Fälle mit Eile.
Ich ende mit dieser Zeile.
PS: Es geht um Ralph 757/22/9 und Ava 289223 – aber streng genommen auch um alle anderen!!!
Wie von Springer-Blättern nicht anders zu erwarten, werden mal wieder Worte falsch wieder gegeben und aus Kontexten gerissen. Von Frau Rottmanns Darstellung: „Später vergleicht sie [ich] sich und andere Protestler noch mit Sophie Scholl – deren Protest gegen die Nazis sei auch erst Jahrzehnte danach gewürdigt worden.“ , möchte ich mich ausdrücklich distanzieren. Die ist nämlich Bullshit.
Meine Worte im Gericht lauteten: „Eine Frau, die – und es ist mir sehr wichtig, das zu betonen – in sehr anderen Verhältnissen lebte und kämpfte als wir, aber deren Worte trotzdem Gültigkeit behalten haben, ist Sophie Scholl. Sie wusste: Das Gesetz ändert sich, das Gewissen nicht.
Heute ist es anders herum: Das Gesetz steht still, während das kaum noch an sich halten kann angesichts der sich dramatisch verschlechternden Zustände.“
Das ist mein gesamter Absatz zu diesem Thema . Damit vergleiche ich mich weder direkt, noch indirekt mit Sophie Scholl, sondern nehme Bezug auf eines ihrer Zitate und wandle dieses ab.
Das momentane gesellschaftliche Debattenklima ist voll von Vergleichen mit dem Nationalsozialismus und es gibt wenig rhetorische Mittel, die mich mehr anwiedern. Sie sind verharmlosend gegenüber den Verbrechen des Nationalsozialismus und verhöhnen ihre Opfer und Betroffenen und ihre Familien. Im Traum würde mir nicht einfallen, meinen Aktivismus und meine Situation mit der von Widerstandskämpfer*innen im Dritten Reich zu vergleichen.
Auch wenn ich der „Rechts“-auffassung dieses Staates in vielen Punkten widerspreche, ist es ein ungemeines Privileg, unter welchen Bedingungen ich hier verurteilt und inhaftiert werde. Das zu betonen heißt nicht, Stiefel zu lecken, sondern darauf hinzuweisen, von was für einem himmelweiten Unterschied wir hier sprechen. Wir reden von ein paar Monaten bei Vollverpflegung, nicht dem Todesurteil. Wir reden von Paragraphen, die überhaupt nicht für Fälle wie meinen geschrieben wurden und nicht von solchen, die eigens dafür geschaffen wurden jeden Widerstand im Keim zu ersticken. Wir reden von faschistischer Diktatur vs. parlamentarischer Demokratie, an derer Theorie und Praxis zwar mehr als genug Kritik zu üben ist, die ungerecht und autoritär ist, aber die sich dennoch ein gewisses Maß an „Rechts“-staatlichkeit auf ihre blöden Fahnen schreibt, von der andere Aktivist*innen nur träumen können.
Mir in den Mund zu legen, ich würde diese zwei Welten miteinander vergleichen, ist grob falsch, journalistisch inkompetent und ziemlich beleidigend. Dieser und ähnliche Artikel sind darum zu korrigieren. Danke Tschüss.
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