Der Gruppenprozess gegen drei Angeklagte aus Berlin wurde gegen Auflagen eingestellt. Alle weiteren Prozesstermine entfallen damit. Eine
ausführliche Stellungnahme folgt am 13. Dezember.
Wir möchten uns ganz herzlich bei allen Unterstützer_innen bedanken: bei
den Freund_innen, die uns vom Knast abgeholt und mental unterstützt
haben. Danke an alle Solistrukturen, die Geld gesammelt haben, Geld
gespendet haben, andere Angklagte begleitet haben und Berichte
geschrieben haben – auch das war wirklich wichtig für die Vorbereitung
auf den Prozess. Danke an alle, die uns konkret unterstützt haben: bei
den Kundgebungen, im Gerichtssaal, die uns Pennplätze in Hamburg
gestellt haben, die Orte für Infoveranstaltungen zur Verfügung gestellt
haben oder diese besucht haben und die uns Mut zugesprochen haben.
Ein ganz besonders dickes Dankeschön an unsere Soligruppe:
https://g20gruppenprozess.blackblogs.org
Das Gericht hat die Arbeit der verdeckt ermittelnden Polizeibeamten
deutlich kritisiert. Gleich sechs dieser sogenannten „Tatbeobachter“
gaben an, dem Angeklagten gefolgt zu sein – für zuverlässig hielt das
Gericht ihre Angaben jedoch nicht. Die Beamten waren im Gerichtssaal
verkleidet aufgetreten. Auf wesentliche Fragen des Gerichts verweigerten
sie die Aussage, wobei sie sich auf nicht erteilte Aussagegenehmigungen
beriefen. Richter genauso wie Staatsanwältin stellten fest, dass die
Polizei auf diese Weise die gerichtliche Sachaufklärung behindere.
Die AnwältInnen haben dem Gericht ein Video vom Tatort und -zeitraum
präsentiert, dass den Angaben der Polizeizeugen widersprach. Ob die
Zeugen gelogen oder sich geirrt hatten, konnte das Gericht nicht mehr
aufklären. Selbst die Staatsanwaltschaft hatte daher Freispruch
beantragt.
Die Verteidigerin des Angeklagten, Britta Eder aus Hamburg, ist erfreut
über das Urteil: „Meine Erfahrung zeigt, dass in streitigen Prozessen
mit derartigen Tatbeobachtern deren Angaben letztlich nie gerichtsfest
verwertbar sind.“
Der zweite Anwalt, Lukas Theune aus Berlin, weist auf die Deutlichkeit
der Urteilsbegründung hin: „Richter Kloß betonte, dass das Auftreten der
Polizei unseriös und unprofessionell war und auf derartige Polizeiarbeit
keine rechtsstaatlichen Urteile gestützt werden können. Wir hoffen nun,
dass dies auch auf die laufenden und die noch kommenden Prozesse im
Zusammenhang mit dem G20-Gipfel Auswirkungen haben wird.“
Der Angeklagte erhält eine Entschädigung in Höhe von fast 4.000 € für
die zu Unrecht erlittene Untersuchungshaft von über vier Monaten.
Anmerkung:
Tatbeobachter_innen spielten in diesem und spielen in vielen politischen Prozessen eine große Rolle. Was sind „Tabos“ und was können wir dagegen tun? In der dichthalten 3, dem unregelmäßig erscheinenden Antirepressionsnewsletter des Hamburger Ermittlungsausschusses (EA) findet sich ein längerer Text zu dem Thema:
Die Behörde spielt hier „Gedankenpolizei“, die Absichten präventiv erkennen können will und entsprechend bestrafen kann. Der Ausweisungstext enthält auch die Drohung, dass eine Rückkehr nach Deutschland vor Ablauf der Einreisesperre mit bis zu 3 Jahren Freiheitsstrafe bestraft wird.
Die Ausweisungsbegründungen beginnen mit unterstellten Absichtserklärungen, die als solche noch nicht einmal in den Anklageschriften vorkommen, auf die sich die Ausländerbehörde bezieht. Evgenii und Konstantin seien eingereist „um hier an Kundgebungen und/oder Protesten gegen den ab 06.07.2017 terminierten G20-Gipfel in Hamburg teilzunehmen.“ dabei seien sie „polizeilich in Erscheinung getreten“.
Die dann folgenden (bereits fallengelassenen) Strafvorwürfe, garniert die Ausländerbehörde mit inneren Vorgängen des Angeklagten, um ihm Gewaltbereitschaft zu unterstellen: „ … entgegen der Vorstellung Ihres Mandanten wurde der Polizeibeamte hierdurch jedoch nicht ersthaft verletzt“ und „anders als geplant“ seien keine Beamten durch (vor Gericht bereits widerlegte) Flaschenwürfe verletzt worden. Entsprechend schreibt die Behörde: „Das gilt auch unabhängig von der strafrechtlichen Bewertung seines Handelns. Die von ihm begangenen Taten und deren Begleitumstände im Zusammenhang mit den G20-Krawallen sind i.Ü. nach der hier vorliegenden Anklageschrift zweifelsfrei nachgewiesen“.
„Aufgrund der vorliegenden polizeilichen Erkenntnisse muss davon ausgegangen werden, dass Ihr Mandant nach Deutschland gekommen ist, um sich zur Verfolgung politischer Ziele an Gewalttätigkeiten zu beteiligen. Damit stellt er eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar und gefährdet erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland.“
„Ferner besteht auch unabhängig von den tatbestandlichen Vorraussetzungen der §§ 125 ff Strafgesetzbuch und deren konkretem Nachweis – ein erhebliches öffentliches Interesse dahingehend, derartige gewaltsame Ausschreitungen in Deutschland zu vermeiden. Die Fernhaltung von Ausländern, die im Rahmen derartiger Gewaltsituationen angetroffen werden, sich beteiligt haben und/oder nach den Umständen gewaltorientierten Gruppierungen zugerechnet werden müssen, bei denen somit aufgrund ihres persönlichen Verhaltens von einem erheblichen Gefahrenpotential für hohe Schutzgüter auszugehen ist, ist hierfür ein geeignetes und legitimes Mittel“
… „zudem (besteht) ein erhebliches politisches Interesse der Bundesrepublik Deutschland, dass wichtige politische Veranstaltungen gewaltfrei durchgeführt werden können und dass insbesondere eine Gefährdung hochrangiger Staatsgäste, … verhindert wird. Es geht insoweit bei der Bekämpfung von derartig politisch motivierter Gewalt nicht nur um einen bedeutsamen materiellen bzw. körperlichen Schaden von möglichen Gewaltopfern, sondern nicht zuletzt auch um die Vermeidung eines erheblichen politischen Schadens und um den Schutz gewichtiger politischer Belange der Bundesrepublik.“
„Das persönliche Verhalten Ihres Mandanten lässt auf eine gewaltorientierte, politische Gesinnung schließen, bzw. auf eine Gesinnung, die auch die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele einschließt und die Ausübung von Gewalt befürwortet. Dies birgt auch für zukünftige politische Begebenheiten und Veranstaltungen ein fortdauerndes Gefahrenpotenzial, das jedenfalls nicht nach dem G20-Gipfel einfach entfallen sein wird, sondern auch im Hinblick auf zukünftige andere vergleichbare politische Ereignisse, Veranstaltungen oder sonstige Anlässe die von einer politisch motivierten gewaltbereiten Szene aufgegriffen und politisiert werden, weiterhin gegenwärtig sein dürfte, und zwar für einen noch deutlich langfristigen Zeitraum. Im Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit ist im Fall Ihres Mandanten deshalb eine noch deutlich langfristige Fernhaltung gerechtfertigt. Die Frist ist unter spezial- und generalpräventivem Aspekt jedenfalls so zu bemessen, dass sie sowohl Täter vom Bundesgebiet fernhält, solange eine Gefahr von ihm ausgeht, wie auch andere von solchen Taten abschreckt.“
„Eine zu kurze Frist würde dem spezial- und generalpäventiven Zweck der Ausweisung nicht gerecht werden und stünde auch nicht mehr in angemessenem Verhältnis zur Schwere der Ausweisungsgründe.“
Nachdem bereits mehrere Wochen vor dem Gipfel die Grenzen verstärkt überwacht wurden, worunter vor allen Dingen Menschen zu leiden hatten, denen aufgrund ihres Status die Einreise in die BRD verwehrt wird, übernimmt die Ausländerbehörde nun nach den Protesten zunehmend strafrechtliche Aufgaben. Während die Strafgerichte offiziell noch an den Nachweis einer „Schuld“ gebunden sind – was im Fall von Konstantin trotz Aktenmanipulation und Absprachen unter den Polizeizeugen nicht gelang, versuchte die Ausländerbehörde noch während des laufenden Strafverfahrens die Ausweisung umzusetzten – sogar die Staatsanwaltwaltschaft musste schriftlich intervenieren um überhaupt das Verfahren beenden zu können. Von allen Vorwürfen ist bis Redaktionsschluss lediglich ein „Widerstand“ übrig geblieben.
Die Ausländerbehörde erhält gezielt zunehmend strafende Kompetenzen, die am Strafgesetzbuch vorbei laufen. Als Grundlage von Aufenthaltsverboten soll rein präventiv eine vermutete missliebige Gesinnung ausreichen.
Die Innenbehörde ist sich sicher: „Gründe, die dieser Entscheidung – auch unter Berücksichtigung von § 60 AufenthG – entgegenstehen könnten sind nicht ersichtlich“.
Ob dies bei kommenden Protesten mit internationaler Beteiligung öfter passieren wird, ist noch offen. Dass Sachbearbeiter*innen, die täglich für Abschiebungen sorgen, dies begeistert versuchen umzusetzen, verwundert nicht.
Die Hamburger Innenbehörde versucht mit Hilfe der Ausländerbehörde auf diesem Weg das Versammlungsrecht zu untergraben. Wer keine deutschen Papiere hat und sich nicht von vorn herein abschrecken lässt, der*dem soll nach dem Willen der Innenbehörde das Grundrecht auf Versammlung entzo-
gen werden, die*der soll schlicht aus Deutschland verbannt werden. Und wer es trotz Verbannung wagen sollte, sich an Protesten zu beteiligen, soll allein dafür mit Haft belangt werden. All dies selbstverständlich rein präventiv.
Dass wir uns dieser Entwicklung entgegenstellen müssen, liegt auf der Hand. Damit sich diese Machenschaften nicht etablieren und auch in Zukunft internationale Zusammenarbeit möglich ist, müssen wir jetzt laut werden!
Einmal mehr gilt, den Ausländerbehörden mit allen Mitteln das Handwerk legen!
Weitere Infos zum Vorgehen der Ausländerbehörde findet ihr auch beim G20APuA.
Diesen und weitere Texte findet ihr in dichthalten 2.
]]>Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 (G20ApUA) bringt
der Öffentlichkeit Folgendes zur Kenntnis: Beim G20-Gipfel in Hamburg
eingesetzte Polizeibeamt*innen werden von ihren Dienststellen dabei
unterstützt, ihre Aussagen vor Gericht untereinander abzugleichen. In
zumindest einer Dienststelle einer Beweissicherungs- und
Festnahme-Einheit (BFE-Einheit) existieren Aktenordner, in denen die
Vernehmungsprotokolle von vor Gericht geladenen Beamten gesammelt und
anderen vorgeladenen Beamten zugänglich gemacht werden. Das bedeutet:
Ein Beamter, der zu einer Aussage vor Gericht geladen wird, weiß um die
vorhergehenden Aussagen seiner Kollegen – eine unabhängige, der
Wahrheitsfindung dienende Befragung ist also nicht möglich und wird
aktiv verhindert. In einem Fall hat ein Beamter sogar privat einen
Ordner mit Aussagen angelegt. Das LKA Hamburg hat den Beamten sogar
deren Vernehmungsprotokolle ausgehändigt. All dies ist im höchsten Maße
rechtswidrig. „Diese Praxis kollidiert fundamental mit dem Ziel des
Strafverfahrens, mittels zulässiger und tauglicher Beweismittel den
wahren Sachverhalt zu ermitteln. Es findet der Versuch einer verdeckten
Beeinflussung der gerichtlichen Wahrheitsfindung durch die Polizei zu
Lasten der Beschuldigten statt“, sagt Rechtsanwalt Alexander Kienzle.
Paragraph 58 der Strafprozessordnung gebietet, dass „Zeugen einzeln und
in Abwesenheit der später zu hörenden Zeugen zu vernehmen“ sind. Bei der
BFE-Einheit handelt es sich um die Beweissicherungs- und
Festnahme-Einheit 38 der Hessischen Bereitschaftspolizei in Mühlheim am
Main. Die Angaben wurden als Beweis öffentlich in dem Verfahren gegen
Konstantin P. am Amtsgericht Hamburg.
Zum G20ApUA: Der Außerparlamentarische Untersuchungsausschuss G20 hat
sich im November 2017 konstituiert. Wir sind ein Zusammenschluss aus
Einzelpersonen und Gruppen unter anderem aus dem
Recht-auf-Stadt-Netzwerk, dem Archiv der Sozialen Bewegungen, dem
Ermittlungsausschuss (EA), dem Gängeviertel, St. Pauli selber machen,
dem Flüchtlingsrat Hamburg und dem FC/MC mit dem Interesse, die Vorgänge
rund um den G20-Gipfel aufzuarbeiten. Da sich jeden Tag erneut zeigt,
dass von offizieller Seite keine Aufklärung zu erwarten ist – und
schlimmer noch: dass diese aktiv behindert wird –, werden wir das nun
selbst in die Hand nehmen. Viele Fragen sind offen: zur
Eskalationsstrategie der Polizei, zur Gewalt gegen friedliche
Demonstrant*innen, zur Verantwortung von Politiker*innen und
Beamt*innen. Stattdessen will die Stadt verdunkeln, vertuschen,
vergessen machen. „Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine
Denunziation, die ich entschieden zurückweise“: Dieses Zitat des
Bürgermeisters eine Woche nach dem Gipfel gibt die Linie vor, der
Politik und Justiz folgen: Wer nachfragt, ist eine Querulant*in, wer
Fragen stellt, eine Störer*in. Mit allen Mitteln wollen Scholz und Grote
ihr Narrativ der „guten, heldenhaften Polizei“ und der „gewalttätigen
Demonstrant*innen“ durchdrücken, was ihrer Geschichtsschreibung
entgegensteht, wird kriminalisiert und bedroht.
Die Personen und Gruppen im G20ApUA eint ihr Erkenntnisinteresse. Wir
sitzen in den Prozessen und werden Zeugen von mehr als zweifelhaften
Aussagen der beim G20 eingesetzten Beamt*innen. Wir möchten wissen, was
war. Wir möchten wissen, wer die Befehle gab und wie sie lauteten, wer
sie befolgte und wer sich widersetzte. Wer danach die Spuren verwischte
und wer die Hülsen einsammelte.
Der G20ApUA ist auf Mitwirkung der Bevölkerung angewiesen, auf die Hilfe
von Personen, die geschädigt wurden, und auf Hinweise von
Polizist*innen, denen Ereignisse der Gipfelwoche nicht mehr aus dem Kopf
gehen.
Der G20ApUA ist erreichbar unter
[email protected]
https://g20apua.blackblogs.org
Bei anwaltlichen Nachfragen:
Alexander Kienzle
0171 / 4580985
Während des G20-Prozesses gegen den italienischen Aktivisten Alessandro R. am 25. Oktober 2017 kam es zu Polizeischikanen gegen 13 Prozessbeobachter*innen, die teilweise im „Jugend gegen G20“-Bündnis organisiert sind. Während der Frühstückspause der Beobachter*innen im nahegelegenen Café „Brasserie Loco“ stürmten ca. 40 Beamte der Hamburger Bereitschaftspolizei das Lokal. Die Polizei setzte die Beobachter*innen über 1,5 Stunden in einem Hinterzimmer des Lokals fest und unterzog sie einer erkennungsdienstlichen Maßnahme. Die Beamten weigerten sich bis zum Schluss den Grund des Einsatzes zu benennen, nahmen aber von allen Beobachter*innen Personalien, Lichtbilder und Personenbeschreibungen auf. Die Proteste der Jugendlichen, unter denen sich auch zwei Minderjährige befanden, wurden ignoriert. Einem herbeieilenden Anwalt wurde der Zutritt zum Café verwehrt.
Schwer wiegt außerdem, dass die Betroffenen aufgrund des völlig unverhältnismäßigen Polizeieinsatzes an ihrem Recht gehindert wurden, den Prozesstag zu begleiten. Damit ist zweifelhaft, ob eine ausreichende Öffentlichkeit des Verfahrens hergestellt war. Alma Kleen, Bundesvorsitzende der Sozialistischen Jugend Deutschlands – Die Falken und Mitglied im Bündnis, erklärt hierzu: „Es ist ein absoluter Skandal, dass die Polizei junge Menschen grundlos drangsaliert und so an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte hindert. Gerade die massive Polizeigewalt während des G-20-Gipfels und das mehr als fragwürdige Vorgehen der Justiz im Nachhinein zeigen, wie notwendig eine demokratische Öffentlichkeit ist, die staatliche Institutionen beobachtet und kontrolliert. Wir fordern deshalb eine vollständige Aufklärung dieses Einsatzes!“
Schon im Juli geriet das Jugendbündnis ins Visier rechtswidriger polizeilicher Maßnahmen. Damals wurde ein Reisebus der SJD – Die Falken aus Nordrhein-Westfalen von der Hamburger Polizei gestoppt und 44 Jugendliche über 4 Stunden in einer Gefangenensammelstelle festgehalten. Bei den anschließenden Kontrollen mussten sich die mitunter minderjährigen Aktivist*innen teilweise nackt ausziehen und von Beamten abtasten lassen. Im anschließenden Gerichtsprozess erhielten die Falken gegenüber der Hamburger Polizei recht.
Patrick Prügel, Pressesprecher von Jugend gegen G20: „Die Tatsache, dass nur einige Wochen nach dem erfolgreichen Gerichtsprozess gegen die Hamburger Polizei wieder Mitglieder unseres Bündnisses Ziel ungerechtfertigter Polizeimaßnahmen werden ist nicht hinnehmbar. Junge Menschen haben das Recht auf politisches Engagement und demokratische Teilhabe ohne dabei staatliche Repressionen befürchten zu müssen.“
Pressekontakt:
Patrick Prügel
Jugend gegen G20
Telefonisch erreichbar auf Anfrage
[email protected]
www.JugendGegenG20.de
Nachdem die Beschwerde der Verteidigung durch das Gericht bereits am 23. August 2017abgelehnt wurde, legt die 5 Tage vor Prozessbeginn erhobene Strafgebühr nahe, dass es sich um bewusste politische Stimmungmache gegen den Angeklagten und seine Verteidigung handelt.
Wir weisen diesen Angriff entschieden zurück. Kommt alle zu den Kundgebungen vor Prozessbeginn am Mo 16.10. und Di 17.10. jeweils um 8:30 Uhr am Amtsgericht Altona und beobachtet solidarisch den Prozess.
Freiheit für alle! United we Stand!
]]>Das Urteil im ersten Verfahren im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel ist gefallen und man kann es wohl als ein Beispiel von Gesinnungsjustiz bezeichnen. Es handelte sich um ein politisches Verfahren, bei dem es nicht um eine inhaltliche Aufklärung der Vorwürfe ging.
Richter Johann Krieten, als rechter Hardliner bekannt, ging mit seinem Urteil von 2 Jahren und 7 Monaten trotz der schwachen Beweislage weit über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus. Diese begründete ihre Forderung nach einer Haftstrafe von einem Jahr und neun Monaten mit der Mitverantwortung des 21-jährigen Angeklagten durch die ihm vorgeworfene Tat an den „bürgerkriegsähnlichen Zuständen“ am Freitagabend (an dem er sich schon in Haft befand). Die Verantwortung der Polizei für die Verschärfung des Klimas durch wiederholte Schikanen und Übergriffe gegenüber Anreisenden und Camp-Aktivist*innen und den bis zum Angriff der Polizei auf die Welcome-to-Hell-Demo friedlichen Protest seit Beginn der Protestwoche bleibt hierbei unerwähnt.
Der Angeklagte P. soll laut Gericht am Abend des 6. Juli im Schanzenviertel aus einer Gruppe heraus zwei Flaschen auf einen Berliner Bereitschaftspolizisten geworfen haben. Dieser Polizist – der nach eigener Aussage durch die Würfe nicht verletzt wurde – führte dann auch mit Sicherung eines weiteren Beamten die Festnahme des vermeintlichen Werfers durch. Der Tatvorwurf des Widerstands wurde damit begründet, daß der Angeklagte sich in sog. „Embryonalhaltung“ der Festnahme widersetzt habe. P.´s Anwältin erläuterte in ihrem Plädoyer, daß es sich dabei um eine reflexartige Körperreaktion aus Angst und Eigenschutz und keinen aktiven Widerstandsakt handelte.
Von der vermeintlichen Tat oder der Festnahmesituation liegen laut Polizei keine foto- oder videodokumentarischen Aufzeichnungen vor. Allein auf Basis der widersprüchlichen Aussagen der Polizeibeamten wurde der Tatvorwurf des schweren Landfriedensbruches, gefährlicher Körperverletzung, des Widerstands sowie der pünktlich zum G20-Gipfel verschärfte Vorwurf des tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 und 114 StGB) konstruiert. Letzteres diente Richter Krieten als Grund, das Strafmaß auf diese absurde Höhe zu setzen. Auch hat eine falsche Personenbeschreibung der Beamten nicht dazu geführt die eindeutige Identität des Angeklagten anzuzweifeln. Sollte sich dieser Umgang in der prozessualen Praxis etablieren, erhält die Willkür in politisch-motivierten Verfahren einen legalistischen Anstrich.
Zum Auftakt der G20-Verfahren müssen die Länge der Haftstrafe und die scharf formulierte Urteilsbegründung als richtungsweisend für die kommenden Prozesse begriffen werden. Krieten folgt mit diesem Urteil trotz gegenteiliger Behauptung dem aus Politik- und Polizeikreisen geforderten scharfen Vorgehen gegen linke und linksradikale Aktivist*innen und Strukturen. Das Verfahren war eine rechtsstaatliche Farce mit den Merkmalen eines politischen Schauprozesses und läßt für die weiteren Prozesse das Schlimmste befürchten.
Für uns gilt darum umso mehr: Wir lassen niemanden allein. Lasst uns zusammenstehen, lasst uns solidarisch sein!
Rote Hilfe Hamburg, 30.08.2017
Was könnt ihr tun?
Unterstützt die Solikampagne „United we stand!“
Antirepression kostet Geld. Spendet auf eins der folgenden Konten:
für die Verfahren:
Rote Hilfe e.V.
Stichwort G20
IBAN: DE25 2605 0001 0056 0362 39
BIC: NOLADE21GOE
Sparkasse Göttingen
für die Unterstützung der Kampagne vor Ort:
Rote Hilfe e.V.
Ortsgruppe Hamburg
Stichwort: United we stand
IBAN: DE06 2001 0020 0084 6102 03
BIC: PBNKDEFFXXX
Postbank Hamburg
Besucht die Prozesse, kommt zu den Kundgebungen. Termine findet ihr hier.
Werdet Mitglied in der Roten Hilfe! Weitere Infos dazu bei der Roten Hilfe.
]]>Im ersten Verfahren am 28. August steht ein junger Mann aus den Niederlanden vor Gericht, dem schwerer Landfriedensbruch, Widerstand und Körperverletzung vorgeworfen werden. Überraschend dünn bei diesen schwerwiegenden Anklagepunkten erscheint die Beweislage. Es können weder Video- noch Fotomaterial vorgelegt werden, lediglich zwei Polizeibeamte sollen die vorgeworfenen Straftaten bezeugen. Bei der weitreichenden polizeilichen Videodokumentation der Proteste gegen den G20-Gipfel ist das kaum vorstellbar. Trotzdem sitzt der Niederländer seit Anfang Juli in Untersuchungshaft.
Der im zweiten Prozess Angeklagte ist ein polnischer Staatsangehöriger. Er war fernab aller G20-Proteste festgenommen worden und wird seit Anfang Juli unter sehr schwachen Tatvorwürfen in Untersuchungshaft gehalten – angesichts der Konstruktion der Staatsanwaltschaft, die dem nicht vorbestraften Mann lediglich mögliche spätere Straftaten unterstellt, ein rechtspolitischer Skandal.
„Dieser Prozess ist so politisch, wie ein Prozess nur sein kann“, kommentiert Kim König für die Kampagne „United we stand!“. „Die Staatsanwaltschaft behauptet vor aller Welt ernsthaft, wer in einer Stadt, in der irgendwo eine Demonstration stattfindet, Murmeln dabei hat, muss automatisch ein gefährlicher Verbrecher sein. Diese abenteuerliche Anklage, aber auch die Behinderung der Verteidigung in der Gefangenensammelstelle und die Verletzung der Rechte des Gefangenen in der JVA Billwerder belegen den unbedingten Verfolgungswillen des Staates. Er will endlich Verurteilte präsentieren, egal um welchen Preis. Dazu agiert er auch nach einer Art Feindstrafrecht: Eine derart unverhältnismäßige Untersuchungshaft wurde nicht nur gegen die beiden jetzt Angeklagten verhängt, sondern auch gegen viele andere beim Gipfel festgenommene nicht-deutsche Staatsangehörige – und fast nur gegen sie.
Die Tatsache, dass im ersten Verfahren gegen den jungen Niederländer Richter Johann Krieten den Vorsitz hat, lässt uns ein überhartes Urteil befürchten. Krieten hat sich in den vergangenen Jahren mehr als einmal als Hardliner präsentiert.
Diese Anklagen, diese Prozesse sollen eine politische Machtdemonstration des Apparats werden. Dem setzen wir unseren juristischen und politischen Widerstand und unsere Solidarität entgegen, bei diesen und allen weiteren G20-Prozessen. Wir werden die Angeklagten nicht allein lassen. Kommt zu den Kundgebungen am 28. August, um 9 Uhr und am 29. August, um 10 Uhr vor dem Amtsgericht!“
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