Am gestrigen Samstag, 24.03.2012, demonstrierten in Bad Neuenahr mehr als 300 Menschen gegen Neonazis und das sogenannte “Braune Haus”. Getragen wurde das breite Bündnis von antifaschistischen Gruppen aus der Region. Insgesamt unterstützten das “Bündnis 24.März 2012” über 70 Gruppen und Einzelpersonen.
Transparent am Anfang der Demo des Bündnis 24 März 2012 – Auch in der Provinz! – Keine Stadt – Keine Strasse – Kein Haus, den Nazis!
Im Vorfeld
Die Situation um die antifaschistische Demonstration war im Vorfeld unübersichtlich, da die ursprüngliche Anmeldung der Demonstration vom 02.02.2012 die Behörden angeblich nicht erreichte. Erst eine erneute Anmeldung der Demonstration wurde akzeptiert. Zeitgleich sollte ein Naziaufmarsch in Ahrweiler stattfinden, dessen Anmeldung kurzfristig zurückgezogen wurde, da dessen Anmelder, einer der führenden Köpfe des “Aktionsbüro-Mittelrhein”, derzeit in Untersuchungshaft sitzt. Trotz der Großrazzia gegen die Neonazis des “Aktionsbüro-Mittelrhein” und der unklaren Ausgangslage hielt das Bündnis an einer breiten und offensiven Mobilisierung fest.
Darüber hinaus wurde die Demonstration bereits vor Wochen von einer Vertreterin der lokalen SPD in der Presse diffamiert. Sie schwadronierte in einem Presseinterview von “Krawalltouristen”. Eine Konsequenz daraus war es für Teile des bürgerlichen Spektrums eine eigene Kundgebung anzumelden, die “Extremisten” ausschloss. Unklar bleibt allerdings, wen genau sie mit “Extremisten” meinten. Die Piratenpartei? Jugendverbände wie beispielsweise die Falken oder die grüne Jugend? Oder gar die stellvertretende Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Frau Eveline Lemke? Sie alle fanden sich auf der Unterstützer_innenliste der antifaschistischen Demonstration wieder.
Zum Tag
Bei strahlendem Sonnenschein fanden sich auf dem Bahnhofsvorplatz in Bad Neuenahr gegen Mittag etwa 300 Menschen ein. Trotz mehrfacher Kommunikation des Bündnisses eine kraftvolle und bunte Demonstration durchführen zu wollen, hatte die Polizei wohl der Presse nicht entnommen, dass bei dieser Demonstration von dem Bündnis keinerlei Eskalation ausgehen sollte. Anreisende Antifaschist_innen wurden bereits am Bahnhof Bad Neuenahr von Polizeihunden ohne Maulkorb begrüßt und dabei rechtswidrig von der Polizei abgefilmt.
Biologisch abbaubare Naturkauschuk Luftballons in Pink der Antifaschistische Aktion mit nicht reaktiven Helium gefühlt
An der Auftaktkundgebung wurden pinke Luftballons verteilt und eine Vertreterin vom DGB betonte in ihrer Rede, dass sie nicht verstehe, warum es zwei Veranstaltungen und nicht eine gemeinsame Veranstaltung gegen Rechts an diesem Tag in Bad Neuenahr gebe. In einem weiteren Redebeitrag der Antifa Ahrweiler wurde die lokale Naziszene und Vorbehalte bürgerlicher Gruppen in der Zusammenarbeit mit Antifaschist_innen thematisiert.
Danach zog eine lautstarke Demonstration mit Sprechchören wie “Nationalismus raus aus den Köpfen” und “Siamo tutti antifascisti” Richtung Stadtzentrum. Über den Lautsprecherwagen wurden Passant_innen über den Anlass der Demonstration aufgeklärt. Viele Menschen schlossen sich spontan der Demonstration an, so dass diese bereits vor der ersten Zwischenkundgebung am Rathaus auf über 300 Menschen anwuchs.
Transparent in viele Sprachen: Das Problem heisst Rassismus – Break the silence
Am Rathaus folgten ein Redebeitrag der VVN BdA Mainz und ein Redebeitrag der Antifa Bonn Rhein/Sieg über Alltagsrassismus. Nach dieser ersten Zwischenkundgebung zog die Demonstration lautstark weiter durch Bad Neuenahr in Richtung Weinbergstraße. An der Ecke der Straße mit dem Blick auf das “Braune Haus” gab es einen Redebeitrag der Antifa Koblenz und der Antifaschistischen Initiative Andernach zu den Themen “Rheinwiesenlager”, Geschichtsrevisionismus und dem Naziaufmarsch in Remagen.
Anschließend zog die Demonstration weiter durch ein Wohngebiet und überquerte eine Bahnstrecke. Hierbei wäre es fast zu einem tragischen Zwischenfall gekommen. Trotz mehrfacher Hinweise von Demonstrant_innen an die Polizei über einen heranfahrenden Zug, handelte diese nicht. Zu sehr waren die Polizist_innen auf die Demonstrant_innen fixiert, anstatt ihre Aufgabe wahrzunehmen und die Bahngleise zu beobachten. Erst als sich die Bahnschranken schlossen hielt es die Polizei für notwendig zu reagieren. Zu diesem Zeitpunkt standen mehrere Polizist_innen und Demonstrant_innen auf dem Bahnübergang. Nur dem besonnenen Verhalten der Demonstrant_innen ist es zu verdanken, dass niemanden etwas passierte. Die Polizei handelte an dieser Stelle grob fahrlässig.
Laute Antifa-Demo meets bürgerliche Kundgebung
Auf dem Rückweg zog die Demonstration lautstark an der bürgerlichen Kundgebung vorbei und lud die Teilnehmer_innen ein, sich der antifaschistischen Demonstration anzuschließen. Sprechchöre der Antifademo zogen die Aufmerksamkeit der Teilnehmer_innen nach sich, wurden jedoch leider von einem Teilnehmer der Kundgebung mit dem Mittelfinger quittiert. Bei der Abschlusskundgebung gab es einen weiteren Redebeitrag von einem Mitglied des Stadtrats aus Remagen und einem Redebeitrag zur Mobilisierung für eine Demonstration am 31.03. in Frankurt, die im Rahmen des internationalen Aktionstag gegen Kapitalismus, M31, stattfindet.
Im Anschluss der Demonstration kam es durch überzogenes Vorgehen, zu einem kurzem Gerangel mit der Polizei, da diese Personalien eines Menschen feststellen wollte, der angeblich eine Ordnungswidrigkeit begangen hätte. Nachdem sich die Situation beruhigt hatte, reisten die Demonstrant_innen ab.
Wir dulden keinen Naziterror
Fazit
Das “Bündnis 24. März 2012” konnte sein Ziel, mit der Demonstration ein entschlossenes Zeichen gegen Neonazis zu setzen, erreichen. Trotz aller Unklarheiten im Vorfeld beteiligten sich über 300 Demonstrant_innen in einem breiten Bündnis von autonomer Antifa bis ver.di Jugend bei schönstem Frühlingswetter an einer rheinland-pfälzischen Provinzdemo. Das lässt für zukünftige Aktionen in der Region hoffen. Erfreulicherweise schlossen sich auch viele Passant_innen, junge Familien und Teile des Friedensbündnis Remagen der antifaschistischen Demonstration spontan an. Die befürchteten Bilder um die “Krawalltouristen” blieben aus, wenn auch die Polizei sich zum Schluss nicht ganz von einer Deeskalation überzeugen lies. Leider verwehrten sich dennoch auch an diesem Tage große Teile der lokalen Zivilgesellschaft und der bürgerlichen Kundgebung der Demonstration. Hier besteht für das “Bündnis 24. März” Aufklärungsbedarf, dass einen konsequenten Antifaschismus in der Region etablieren, und dabei über punktuelle Anlässe hinausgehen möchte. Mit der erfolgreichen Demonstration ist ein erster Schritt getan. Vielen Dank an alle Teilnehmer_innen und Unterstützer_innen unserer Demonstration! Ein besonderer Dank an alle Menschen, die einen weiten Weg nach Bad Neuenahr auf sich genommen haben!
Pressemitteilung des Bündnis 24. März 2012 –
ARD Tagesschau 13.3.2012 – Razzia gegen das rechtsextremistische Aktionsbüro Mittelrhein
Antifa Demo 24.3.2012 Bad Neuenahr-Ahrweiler