Der Nürnberger AfD-Vorsitzende Matthias Vogler schein um sein öffentliches Bild sehr bemüht, sein Social-Media-Auftritt wenig spontan zu sein. Besonders wenn man sich Posts, wie das anlässlich der Kommunalwahl geführte Interview mit Gregor Badeda¹, der ebenfalls für die AfD für den Stadtrat kandidierte, auf seiner Facebook-Seite ansieht, erkennt man: Dieser Mann, lernt für seine Partei sogar die Hälfte des Texts für ein knapp einminütiges Video auswendig. Nichts wird hier dem Zufall überlassen, nichts bleibt authentisch. Das ergibt Sinn, denn wie er Ende 2019 in der Bewerbungsrede für seine zweite erfolglose Kandidatur für den Bundesvorstand der AfD erklärt, ist diese für ihn „die erste und die einzigste (sic!) Partei“² und stets scheint er bereit, für diese auch um Mandate zu ringen, diese dann aber nicht zu erhalten. Sein Name, sein Gesicht fanden sich in den letzten Jahren auf etlichen Wahlplakaten an und auf den Nürnberger Straßen. Dass ein regelmäßiges Auftreten in der Öffentlichkeit und auf Social Media notwendig sind, um die Sympathiepunkte zu sammeln, die doch für Persönlichkeitswahlen so essentiell sind, hat er verstanden. Umgesetzt wird das ganze, doch mit Mitteln, die mehr als nur kritikwürdig sind.

„Any publicity is good publicity!”

Scheint sein Motto zu sein und so schickt er sich regelmäßig an, mit doch eher fragwürdigen Aktionen politische Statements zu setzen. So auch am 8. Mai 2020, als er, laut eines Facebook-Posts, Burka und selbst aus Wahlplakaten gebastelte Schilder tragend durch Nürnberg und Lauf an der Pegnitz zog, um die spannende Frage zu stellen: „Spaziergang mit Burka, eine Islamisierung findet nicht statt?“.³ Inwiefern ein nicht-muslimischer Mann in einer Burka das Symbol für eine angeblich stattfindende Islamisierung darstellt bleibt unklar, doch seine Ursprungsfrage scheint er sich schon seit längerem zu stellen. Am 17. Dezember 2018 teilte er zu genau dem Thema einen Artikel der Zeitung WELT, der die halal Zertifikation des Schokoladenherstellers Toblerone thematisierte, offensichtlich, ohne auch nur den ersten Absatz dessen gelesen zu haben, um reißerisch zu behaupten: „Damit die Muslime auch diese essen können werden halt die Tiere gequält um halal zu sein.“⁴. Wer sich die Inhaltsangabe von Toblerone schon einmal angesehen hat, könnte hier ins Stocken geraten, denn Fleisch (angenommen Vogler bezieht sich, wie viele seiner GesinnungsfreundInnen, auf das Schächten von Tieren, welches eine Voraussetzung ist, dieses als koscher oder halal bezeichnen zu können) ist in Schokolade gar nicht enthalten. Auch der Autor des Artikels, der hier so vorschnell geteilt wurde, erklärt bereits im ersten Absatz, dass keine der Zutaten verändert werden musste, um zertifiziert zu werden. Skandalisierung ohne materielle Grundlage, dafür mit einem guten Schuss Rassismus, scheint seine Aktivitäten in den Sozialen Medien gut zu beschreiben.

Natürlich durfte ein Matthias Vogler auch auf der Demonstration der „Corona-Rebellen“/Widerstand 2020 am 16. Mai 2020 auf der Wöhrder Wiese nicht fehlen, seine Anwesenheit wird er auch kaum verleugnen wollen oder können, schließlich setze er doch selbst noch am gleichen Tag einen Facebook-Post mit Bildern ab, die dies belegen⁵. Dass ein AfD-Vorsitzender dort erscheint, ist definitiv erwartbar und wäre kaum eines genaueren Blicks wert, gäbe es nicht einen markanten Unterschied zwischen seinem Post und der Realität der Veranstaltung. Er behauptet „Extremisten und sonstige waren nicht zu sehen.“

We call bullshit!

Nicht nur waren auf der Demonstration Mitglieder der neonazistischen Kleinstpartei der III. Wegs und Nazi-Hooligans vertreten, auch prominente Mitglieder der Nürnberger NPD waren präsent. Verschiedene antifaschistische Gruppen und Presseformate berichteten darüber. Dass Vogler diese nicht gesehen haben will, ist unmöglich, gibt es doch Fotografien von ihm, wie er mit einem von ihnen spricht.

Frank Auterhoff (Weißes T-Shirt, Brille, links im Bild) wurde 2018 auf Grund eines rassistischen Facebook-Posts wegen Volksverhetzung verurteilt⁶. Er ist auf Grund eines NPD YouTube Kanals zu mäßiger Bekanntheit gelangt und sprach unter anderem auf der rechtsextremen Demonstration für die inhaftierten Shoa-LeugnerInnen Ursula Haverbeck, Horst Mahler, Monika Schaefer und den im NSU-Prozess angeklagten Ralf Wohlleben im Sommer 2018 in Nürnberg⁷. Auf Grund seiner Bekanntheit in Nürnberg ist es unwahrscheinlich, dass Vogler nicht wusste, dass er sich mit einem verurteilten Volksverhetzer, lokaler NPD-Prominenz, einem Rechtsradikalen unterhielt oder dass dieser gar anwesend war.

Worüber die beiden sich unterhielten ist unklar, vielleicht über die deutschen Opfer des zweiten Weltkrieges oder den „Merkeltoten, bedingt durch Grenzöffnungen“, welche Vogler selbst öffentlich betrauert⁸ oder über den besten Zeitpunkt rassistische Posts abzusetzen?

Klar ist, sie kennen sich, sie unterhalten sich, sie scheinen einander nicht abgeneigt zu sein. AugenzeugInnen bestätigten, das freundschaftliche Gespräch dauerte länger als zehn Minuten, war also kein fremdelndes Zunicken mit genuscheltem „Hallo“ zweier Menschen, die sich auf einer Demo treffen, die sie inhaltlich nicht delegitimieren wollen, aber eigentlich tiefgreifende programmatische Differenzen haben.

Der Nürnberger Kreisverband der AfD ist seit Längerem wahrlich nicht für seine „gemäßigten“ Führungspersönlichkeiten bekannt. Voglers Vorgänger als Kreisvorsitzender, Martin Sichert, zum Beispiel, fiel sogar der eigenen Partei schon 2014 durch Liebäugelein mit dem Rechtsradikalismus auf, weshalb von der damaligen Parteispitze ein Ausschluss angestrebt wurde.⁹ Stattdessen wurde Sichert jedoch von der Partei zum Bayerischen Landesvorsitzenden und Bundestagskandidaten für den Wahlkreis Nürnberg-Nord gewählt und zog in den Bundestag ein. Selbst der Verfassungsschutz hielt ihn, einige Jahre nach der AfD selbst, laut Informationen der WELT¹⁰, Sichert als Mitglied des national-konservativen Flügels, für einen Beobachtungsfall.

Ob Matthias Vogler ihm auch in diese Fußstapfen folgen will?