Für den 09.01.2016 ruft das Bündnis gegen Abschiebungen Münster zu einer antirassistischen Demonstration unter dem Motto „Come together for equal rights!“ auf. Die Demo richtet sich gegen die rassistische Asylpolitik der Bundesregierung und fordert ein bedingungsloses Bleiberecht für alle! Im Aufruf heißt es u.a.:
Migrationssteuerung durch soziale Entrechtung. Das ist das neue Motto der deutschen Bundesregierung im Zuge der Asylrechtsverschärfungen die dieses Jahr im Rekordtempo durchgepeitscht wurden. Durch die diskriminierenden Mittel der Lagerpflicht, Residenzpflicht, Sozialleistungskürzungen, Arbeitsverbote und konsequent unmenschlich durchgeführten Abschiebungen schafft es eine Regierung die behauptet sich an die UN-Menschenrechtskonventionen, UN- Kinderrechtskonventionen und die eigene Verfassung zu halten, ein ungeahntes Ausmaß an Menschenrechtsverletzungen gesetzlich zu verankern.
Diese Asylrechtsverschärfungen – die schärfsten seit der de-facto Abschaffung des Grundrechts auf Asyl 1993 – gehen einher mit einem massiven Anstieg rechter Gewalt und rassistischer Ressentiments. Kaum ein Tag vergeht ohne rassistisch motivierte Angriffe auf Menschen oder Unterkünfte für Geflüchtete. Keine Woche vergeht ohne Dutzende Aufmärsche von Rassist*innen jeglicher Coleur, die teils in pogromartigen Ausschreitungen enden. Hinzu kommen unzählige Gelegenheiten für Rassist*innen, ihre Parolen in Talkshows und sonstigen Medienformaten als „konservative Meinung“ auszugeben und sich im Falle von Kritik sogleich als Opfer vermeintlicher Zensur darzustellen. Eine Taktik, die insbesondere der AfD einen immensen Aufschwung bescherte. Der deutsche Mob ist 2015 in Volksfeststimmung – mit SixPack und Benzinkanister.
Das ansonsten so beschauliche Münsterland stellt diesbezüglich keine Ausnahme dar. Auch wenn rassistische Mobilisierungen für Demonstrationen bislang nicht erfolgreich waren, gab es 2015 mindestens 10 Fälle massiver rechter Gewalt im Münsterland. Die Dunkelziffer der Fälle dürfte deutlich höher liegen. Polizei und Justiz begegnen diesen Taten entweder mit Ignoranz oder lassen rassistischen Täter*innen gegenüber größtmögliche Milde walten. Wie das Bündnis gegen Abschiebungen es treffend in seiner Stellungnahme „Es gibt kein ruhiges Münsterland“ formulierte:
Da in diesem Jahr bundesweit sage und schreibe bereits vier Urteile bei 222 Anschlägen verkündet wurden, dürfen die allermeisten Täter*innen im Münsterland damit rechnen, unbehelligt von Polizei und Justiz gewalttätig gegen asyl- und schutzsuchende Menschen vorzugehen.
Angriffe auf geflüchtete Menschen in Europa, der BRD und im Münsterland sind jedoch keine Phänomene einiger weniger „verirrter“ Täter*innen. Sie sind vielmehr eingebettet in gesellschaftliche Diskurse und politische Debatten auf internationaler, nationaler sowie kommunaler Ebene.
Gleichzeitig erlebten wir 2015 auch eine bislang ungekannte Welle der praktischen Solidarität mit Geflüchteten. Tausende vernetzten und organisierten sich um Geflüchtete im Alltag zu unterstützen. Sei es durch Spenden, Sprachkurse, die Begleitung bei Behördengängen, Rechtsberatung – der Slogan „Refugees Welcome“ wurde in diesem Sommer auf vielfältige Art und Weise umgesetzt. Damit diese Solidarität angesichts der deutschen Asylpolitik nicht zum Feigenblatt wird, muss sie politisch werden. Dafür müssen Kämpfe verbunden und Vorbehalte abgebaut werden. Einen Ansatz lieferte die Autonome Antifa 170 aus Dortmund in ihrem Aufruf „Antifa supports Refugees Welcome“ im September 2015:
Es ist dabei wichtig, konkrete Hilfe für Geflüchtete und politische Interventionen nicht gegeneinander auszuspielen. Um es ganz klar zu sagen: Es ist richtig und wichtig, Kleidung, Spielzeug und Deutschkurse für Geflüchtete zu organisieren. Der abschätzige Blick derjenigen, die sich aus ihrem militanten Selbstverständnis zu fein sind, solche Hilfe als essentiellen Teil des Kampfes gegen Rassismus zu würdigen, ist nicht weniger reaktionär als das Gejammer der Leute, die Gewaltfreiheit um jeden Preis wollen und noch der Intervention in Heidenau vorwerfen, der “Sache” zu schaden. Wir brauchen einen positiven Bezug der verschiedenen Aktionsformen untereinander, wollen wir uns nicht isolieren und marginalisieren lassen.
Die von den Rassist*innen beschworene „Flüchtlingskrise“ ist nicht zuletzt eine Krise der Festung Europa. Deren Mauern wurden 2015 von Hunderttausenden couragierter Menschen ins Wanken gebracht, indem sie ihr Recht auf Bewegungsfreiheit gegen alle Widerstände der Friedensnobelpreisträgerin EU und ihrer Anrainerstaaten durchsetzten. Für eine kurze Zeit waren Grenzen offen und das unmenschliche Dublin-System faktisch außer Kraft gesetzt. Entwicklungen, die noch vor Kurzem utopisch erschienen.
Bereits seit Jahren organisieren sich Migrant*innen in und außerhalb von Europa im Kampf um gleiche Rechte. Viele dieser Kämpfe bleiben jedoch unsichtbar, viel zu oft wird zwar für die gleichen Ziele, aber nicht gemeinsam gekämpft. Es gilt, antifaschistische und antirassistische Gruppen nicht nur untereinander, sondern mit den Betroffenen selbst und ihren Kämpfen zu vernetzen.
Ziel der Demonstration am 09.01.2016 ist es auch, genau so eine Vernetzung im Münsterland in Gang zu bringen. Sie kann ein weiterer Schritt sein, gemeinsam gegen rassistische Asylpolitik, xenophobe Stimmungsmache und rechte Gewalt aktiv zu werden. Lasst uns gemeinsam auf die Straße gehen, einander zuhören und gemeinsam aktiv werden! One struggle, one fight! Wir gegen Nazis, heißt, kein Mensch ist illegal!
Demonstration „Come together for equal rights!“
09.01.2016 / 15.00 Uhr / Bremer Platz / Münster