Die Ausgrenzung von Sinti und Roma ist in Deutschland stark ausgeprägt. Das zeigt eine neue Studie des Bundes: Jeder Zweite schiebt die Schuld an dieser Diskriminierung auf die Minderheit.
Ein Großteil der Deutschen nimmt Sinti und Roma nicht als gleichberechtigte Mitbürger wahr. Das ist das Ergebnis einer Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Die Befunde seien „dramatisch“, sagte die Behördenchefin Christine Lüders am Mittwoch: „Gleichgültigkeit, Unwissenheit und Ablehnung bilden zusammen eine fatale Mischung, die Diskriminierungen gegenüber Sinti und Roma den Boden bereiten.“
Die wichtigsten Ergebnisse der Erhebung im Überblick:
Jeder dritte Deutschen fände Sinti und Roma als Nachbarn „sehr oder eher unangenehm“.
Keiner Bevölkerungsgruppe wird weniger Sympathie entgegengebracht als Roma und Sinti.
Die Hälfte der Bevölkerung denkt, dass Sinti und Roma durch ihr eigenes Verhalten Feindseligkeit hervorrufen.
Jeder Zweite hält Einreisebeschränkungen für ein probates Mittel, um Probleme im Umgang mit Sinti und Roma zu reduzieren.
Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, zeigte sich besorgt: „Die Studie zeigt, dass es eine hohe Ablehnung von Sinti und Roma gibt und dass tiefsitzende Vorurteile immer wieder reaktiviert werden können.“ Das Feindbild „Zigeuner“ sei in Deutschland hoch virulent.
„Wir alle müssen handeln“
„Die Studie ist ein Warnsignal“, sagt auch Behördenchefin Lüders. Besonders auffällig sei, dass Sinti und Roma in allen sozialen Schichten und über Altersgrenzen hinweg nicht als gleichberechtigt wahrgenommen würden. „Das heißt, wir alle müssen handeln, um die Minderheit besser zu integrieren“, so Lüders.
Um Risiken von Ausgrenzung besser sichtbar zu machen, fordere die Antidiskriminierungsstelle einen regelmäßigen Bericht zu Rassismus und ethnischer Diskriminierung in Deutschland. Durch Öffentlichkeitskampagnen wolle man das Thema besser bekannt machen. „Abschottung bringt uns nicht weiter“, sagt Lüders. „Die Studie hat gezeigt, dass viele überhaupt nichts über Sinti und Roma wissen.“
Nach Meinung des Zentralratsvorsitzenden Rose gab es aber „auch positive Aspekte“ der Studie: „81 Prozent der Befragten wussten, dass Roma und Sinti im Nationalsozialismus verfolgt wurden“. Allerdings weicht das Wissen darüber stark nach Altersgruppen ab (siehe Bilderstrecke). Der Geschichtsunterricht in der Schule müsse das Schicksal der Sinti und Roma umfassender berücksichtigen.
Die Studie „Zwischen Gleichgültigkeit und Ablehnung – Bevölkerungseinstellungen gegenüber Sinti und Roma“ basiert auf einer Forsa-Umfrage. Das Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität in Berlin und das Institut für Vorurteils- und Konfliktforschung ließen dafür 2001 Deutsche befragen.
Quelle: Spiegel.de
Stand: 03.09.2014