Die extreme Rechte in Ungarn heizt die Stimmung an. Mehr als 1.000 Faschisten marschierten in einem Roma-Viertel auf. Die Bewohner protestierten.
Mehr als 1.000 Rechtsextremisten sind am Mittwochabend in der ostungarischen Stadt Miskolc gegen die Roma-Bevölkerung in der Plattenbau-Siedlung Avas aufmarschiert. Aufgerufen zu der Kundgebung hatte die rechtsradikale Parlamentspartei Jobbik (Die Besseren).
Unter den Teilnehmern waren auch uniformierte Mitglieder der verbotenen, paramilitärischen Ungarischen Garde. Der Jobbik-Vorsitzende Gabor Vona erklärte in seiner Ansprache unter Anspielung auf die allgemein höhere Geburtenrate unter Roma: „Wer nicht arbeitet, soll nicht Kinder in die Welt setzen.“ Continue reading Rechtsextremer Aufmarsch in Ungarn: Mit Fahnen und Fackeln gegen Roma
Category Archives: Analyse und Kritik des Antiziganismus
„Die Erinnerungsarbeit ist jung“
GEDENKEN Kommende Woche wird in Berlin ein Sinti-und-Roma-Mahnmal eingeweiht. Marian Luca vom Roma-Zentralrat fordert, die NS-Erinnerung mit aktueller Unterstützung für Europas Roma zu verbinden
taz: Herr Luca, der Bau eines Mahnmals für die Sinti und Roma hat sich unter anderem wegen des Streits um die Inschrift „Zigeuner“ oder „Sinti und Roma“ verzögert. Warum war das dem Zentralrat so wichtig?
Marian Luca: „Zigeuner“ war doch die Brandmarke der Nazis, und mit dieser Propagandasprache wurde der Massenmord begründet. Dieser Begriff steht für den massiven und schmerzhaften Bruch in unserer Identitätsgeschichte. Auch wurde das Wort „Zigeuner“ im Deutschland nach 1945 nur noch in diskriminierender Absicht verwendet. Ein Mahnmal mit dieser alleinigen Inschrift ist undenkbar. Continue reading „Die Erinnerungsarbeit ist jung“
Asylbewerber kommen nach Essen – Anwohner protestieren
Am Mittwoch kommen die ersten Roma im Essener Stadtteil Bedingrade an. Sozialdezernent Peter Renzel beruhigt: Die Bleibe in der Turnhalle sei keine dauerhafte Unterkunft. Die „Antifa“ wirft Bürgern, die gegen die Unterbringung protestieren wollen, Rassismus vor.
Heute sollen die ersten der bis zu 60 Asylbewerber in der Turnhalle des ehemaligen Schulzentrums Bedingrade an der Lohstraße ankommen – nur übergangsweise, wie Sozialdezernent Peter Renzel gestern unterstrich. Bis zum 31. Oktober, so sei es vereinbart, sollen die Menschen – im Wesentlichen Roma aus Serbien und Mazedonien – Bedingrade wieder verlassen haben. Doch ob diese Nachricht die aufgebrachten Nachbarn vor Ort beruhigen kann, ist zweifelhaft.
Gestern waren Bürger in den Straßen unterwegs, um Unterschriften gegen die Unterbringung zu sammeln. Gleichzeitig hat sich die „Anitfa Essen“, die sich den Aylbewerbern sehr verbunden weiß, rüde zu Wort gemeldet: „Anwohner und Lokalpolitiker betreiben rassistische Stimmungsmache gegen die neue Flüchtlingsunterkunft, heißt es in einer Mitteilung. Continue reading Asylbewerber kommen nach Essen – Anwohner protestieren
Hunderte Roma demonstrieren gegen Rassisten-Marsch in Ostungarn
Anschließend marschiert rechtsextreme Jobbik-Partei
In der ostungarischen Stadt Miskolc haben am Mittwoch 600 Roma gegen einen Aufmarsch der rechtsextremen Jobbik-Partei demonstriert. Sie riefen Parolen wie „Nieder mit Jobbik!“ und „Wir sind hier zuhause!“ Auf Spruchbändern hieß es: „Wir wollen Frieden, Gerechtigkeit und ein Ungarn ohne Nazis“. Es handelte sich um eine der größten Demonstrationen der diskriminierten Roma-Minderheit in Ungarn seit Jahren. Die Polizei hatte die Kundgebung unter der Bedingung genehmigt, dass sie vor Beginn des Jobbik-Aufmarschs zu Ende sein müsse.
Quelle: Die Welt
Stand: 17.10.2012
Missbrauchsdebatte schürt Rassismus
Ein Großteil der Flüchtlinge aus Serbien und Mazedonien sind Angehörige der Roma-Minderheit. Diese werden in ihren Herkunftsländern massiv diskriminiert.
Die aktuelle Debatte um Asylsuchende aus Serbien und Mazedonien geht einher mit einer pauschalen Denunziation von Roma. So redet der deutsche Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich von „Asylmissbrauch“ und fordert die Einschränkung der Visafreiheit für Serbien und Mazedonien. Sekundiert wird diese pauschale Diskreditierung der Asylsuchenden von zahlreichen Landesinnenministern, die Asylschnellverfahren, Leistungskürzungen und ähnliches fordern.
PRO ASYL unterstützt die heutige Erklärung mehrerer Roma-Organisationen über die Situation von Roma in den Herkunftsländern, die heute veröffentlicht wurde. Darin fordern die Organisationen ein Ende der Hetze gegenüber Roma. Zudem dürfen Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien nicht vom Recht auf Asyl ausgeschlossen werden. Sie haben ein Recht auf eine Einzelfallprüfung.
Die Situation der Roma in Serbien und Mazedonien ist äußerst prekär. Nach Aussagen der serbischen Regierung (2008) leben circa 60 Prozent der geschätzten 450 000 Roma in Serbien in unsicheren und unhygienischen Lebensverhältnissen; 30 Prozent haben keinen Zugang zu Trinkwasser; 70 Prozent keinen Zugang zur Kanalisation. Studien belegen, dass Romakinder in Sonderschulen mit einem Anteil von mehr als 30 Prozent deutlich überrepräsentiert sind. Umfragen zufolge gelten sie als die meist diskriminierte Bevölkerungsgruppe in Serbien, eine Diskriminierung, die sich insbesondere im Zugang zum Arbeitsmarkt deutlich macht.
Auch die EU-Kommission stellt fest, dass Roma in allen Balkanstaaten einer umfassenden Diskriminierung ausgesetzt sind, die sie an der Ausübung grundlegender Rechte wie beispielsweise dem Zugang zu Bildung und Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmarkt hindert.
Eine solche umfassende Diskriminierung und soziale Ausgrenzung kann durchaus zur Schutzgewährung führen. Das oberste Asylgericht in Frankreich hat im November 2011 entschieden, dass die Lebensverhältnisse der Roma in Serbien menschenunwürdig sind und ihnen deshalb ein Schutzstatus gewährt werden muss. Das nun geforderte Schnellverfahren ist inakzeptabel: In einem fairen Verfahren muss die Situation im Einzelfall geklärt werden.
PRO ASYL kritisiert die aktuellen Äußerungen der Innenminister gegenüber Roma als Stimmungsmache auf dem Rücken der Betroffenen und fordert die Rückkehr zu einer sachlichen Debatte.
Zahlreiche EU-Berichte und Berichte von Menschenrechtsorganisationen beleuchten die Lage der Roma in Serbien und Mazedonien:
Weiterführende Links und Quelle: Pro Asyl
Stand: 15.10.2012
»Rassistische Hetze«
Flüchtlingsorganisationen prangern Kampagne gegen Roma anMigrantenorganisationen kritisieren eine neuerliche Welle »rassistischer Hetze« gegen Flüchtlinge. Die Kampagne werde maßgeblich von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und seinem niedersächsischen Amtskollegen Uwe Schünemann (CDU) getragen, heißt es in einer gestern veröffentlichten Erklärung. Leidtragende seien vor allem Roma aus Serbien und Mazedonien.
Friedrich hatte in der Bild-Zeitung angekündigt, die Asylverfahren beschleunigen und die Visumpflicht für Serben und Mazedonier rasch wieder einführen zu wollen. Damit reagierte er auf die wachsende Zahl von Asylbewerbern aus diesen beiden Ländern. Friedrich sprach von Asylmißbrauch, weil die Betroffenen wüßten, daß sie kaum Chancen auf Anerkennung in Deutschland hätten. »Da liegt die Vermutung nahe, daß sie eher aus wirtschaftlichen Gründen kommen und nicht, weil sie Schutz vor Verfolgung suchen.«
Auch Schünemann warf Asylbewerbern aus Serbien und Mazedonien Mißbrauch des Asylrechts vor. Bei dieser Gruppe gebe es einen »100prozentigen Mißbrauch des Asylrechts und von Sozialleistungen«, da die Anerkennungsquote null betrage, sagte der CDU-Politiker der Bild am Sonntag: »Viele sagen bei der Aufnahme ganz offen, daß sie nach Deutschland kommen, weil sie gehört haben, daß es hier jetzt mehr Geld gibt.«
Schünemann meinte wahrheitswidrig, die Aufnahmelager in ganz Deutschland seien bereits jetzt überfüllt. Die Bundesregierung müsse dafür sorgen, daß die Asylverfahren bei offensichtlichem Mißbrauch innerhalb von 30 Tagen gerichtsfest abgeschlossen würden.
Offensichtlicher Mißbrauch? Ende August stellte die EU-Kommission in ihrem dritten Bericht zur Visa-Liberalisierung erneut fest, daß die Roma in allen Balkanstaaten einer umfassenden Diskriminierung ausgesetzt sind, die sie an der Ausübung grundlegender Rechte wie beispielsweise dem Zugang zu Bildung und Ausbildung, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmarkt hindert. Continue reading »Rassistische Hetze«
Antiziganistisch verzerrte Wahrnehmung und Wirklichkeit – ein Lehrstück aus der „Leipziger Volkszeitung“
Das Gegenteil von gut ist manchmal auch „gut gewollt“. Das illustriert eindrücklich der Artikel „Zwischen Nobelkarosse und Camper“ aus der Feder von Drago Bock, der am 14.07.2009 in der „Leipziger Volkszeitung“ erschienen ist.
Eine Gruppe Roma aus Spanien macht offenbar regelmäßig Halt auf dem Festplatz in Wurzen. Dass war für den Journalisten Drago Bock Anlass einmal vorbeizuschauen. Nicht Anlass, sondern der Grund für sein schiefes Porträt der Campierenden, war aber offenbar die Suche nach der Bestätigung seiner Klischees. Über Roma bzw. dieser Gruppe zugeordneten Menschen existieren seit Jahrhunderten Klischees und Vorurteile, die wenig bis gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben. Diese „Zigeuner-Bilder“ legen sich über die Wahrnehmung und verformen sie. Der Rassismus gegen Roma, der auch als Antiziganismus bezeichnet wird, besteht nicht nur aus Ablehnung und Anfeindung, sondern auch aus solchen „Zigeuner-Bilder“, die zum Teil erst einmal nicht direkt negativ sind.
Der Journalist gibt gleich zu Anfang als eine Art Bürgeranwalt die Beschwerden eines Teils der Anwohnerschaft wieder. Die Roma hätten den Wald als Toilette verwendet („Schamlos hätten dort die Roma ihr Geschäft verrichtet.“). Es wird nicht hinterfragt, ob das stimmt bzw. ob überhaupt die Roma-Gruppe dafür verantwortlich ist. Diese Klagen sind für ihn der Grund einmal bei dem Lager vorbeizuschauen. Hier wird er freundlich empfangen und ein Camp-Mitglied erklärt, dass sie auf eigene Kosten einen Müllcontainer von der Stadt bestellt haben.
Statt einmal nach dem Leben der Roma und der individuellen Lebensgeschichte zu fragen, ist der Journalist verwundert über den scheinbaren Reichtum, dem er begegnet („Auch er trägt eine
Rolex-Uhr am Handgelenk.“). Obwohl die Gesprächspartner den ersten Eindruck korrigieren, so liest man in der Berichterstattung doch deutlich Zweifel aus dem Bericht. Die Rolex ist „Keine echte, wie er sagt.“. Das „wie er sagt“, illustriert aber deutlich den Zweifel.
Offenbar ist Drago Bock durch die Wirklichkeit an die Grenzen des Klischees vom „dreckigen Zigeuner“ gestoßen und ersetzt das durch ein anderes Klischee, nämlich das vom durch unlautere Mittel zu Reichtum gelangten „Zigeuner“, die über „schnittige Limousinen“ und Rolex-Uhren verfügen. Continue reading Antiziganistisch verzerrte Wahrnehmung und Wirklichkeit – ein Lehrstück aus der „Leipziger Volkszeitung“
Merkel eröffnet Denkmal für Sinti und Roma
20 Jahre nach den ersten Überlegungen wird das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma am 24. Oktober eröffnet. Bei der Übergabe durch Bundeskanzlerin Angela Merkel werden Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU), der Regierende Klaus Wowereit (SPD), der Vorsitzende des Zentralrats der Sinti und Roma, Romani Rose, der Zeitzeuge Zoni Weisz, und der ausführende Bildhauer Dani Karavan sprechen. Neumann begrüßte die Umsetzung des Denkmals. „Opferverbänden und Politik ist es gemeinsam gelungen, mit dem Denkmalentwurf eine für alle Opfergruppen angemessene Form des Gedenkens an die nationalsozialistischen Verbrechen an Sinti und Roma zu finden.
“ Der Bund finanziert den Bau mit 2,8 Millionen Euro. Das Land Berlin hat das Denkmalgrundstück zur Verfügung gestellt. Die Betreuung übernimmt die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Nach Angaben des Deutschen Historischen Museums wurden von den erfassten rund 40 000 deutschen und österreichischen Sinti und Roma über 25 000 ermordet. Insgesamt seien europaweit etwa 220 000 bis 500 000 Sinti und Roma dem Rassenwahn zum Opfer gefallen.
Quelle: Der Tagesspiegel
Stand: 09.10.2012
Aktionstage gegen die Abschiebungen von Roma und anderen Flüchtlingen vom 28. – 30.September ein Karlsruhe / Baden-Airpark – Kundgebung mit Irie Révoltés
Seit mehr als zehn Jahren wurden tausende Menschen aus dem Balkan unfreiwillig und teilweise mit roher Polizeigewalt vom Flughafen Baden Airpark abgeschoben. Der Flughafen stellt sämtliche Logistik, das alte Terminal und die Transportmittel der Abschiebemaschinerie zur Verfügung.
Seit dem 21. April 2010 ist das Regierungspräsidium Karlsruhe, neben der Zentralen Ausländerbehörde Bielefeld, für die Abschiebungen von mehr als 15.000 Personen, davon etwa 11.000 Angehörige von Roma-Gemeinschaften zuständig. Mehr als die Hälfte der Betroffenen sind Kinder und Jugendliche, alte und kranke Menschen. Dank anhaltender Proteste wurden immer wieder Abschiebungen verhindert. Neben Roma-Organisationen haben sich Flüchtlingsgruppen, UNICEF, der Europarat, zahlreiche gesellschaftliche Gruppen und Persönlichkeiten immer wieder gegen die Abschiebepraxis gestellt.
Hinsichtlich der aktuellen Abschiebungen von Angehörigen der Roma-Minderheiten entwickelt sich der Baden Airpark zu einem regelrechten Roma-Abschiebe-Flughafen. Die Armut und Verzweiflung, die sich durch den Balkankrieg für die Roma um ein vielfaches verschlimmert hat, werden von den Behörden offiziell ausgeblendet. Im Kosovo, in Serbien und Mazedonien herrscht für die Roma-Minderheiten eine unerträgliche Lebenssituation.Rassistische Übergriffe gegenüber Roma, Unterdrückung und gesellschaftliche Ausgrenzung gehören zum Alltag.
Nach einem UNICEF-Bericht haben zwei Drittel der Roma-Haushalte nicht genügend zu essen. Bis zu 40 % der Kinder gehen nicht zur Schule, 20 % der Kinder sind krank. Kinderarbeit ist Alltag. Viele haben keinen Strom, kein Wasser und keine Toilette in ihrem Haushalt. Von „Wohnen“ kann nicht die Rede sein. Hinsichtlich dieser verzweifelten Lebenssituation kommen viele hierher, in der Hoffnung, ihren Kindern eine bessere Zukunft zu bieten. Doch anstatt humanitäre Hilfe zu leisten, wirft die deutsche wie auch die EU-Politik den Roma Asylmissbrauch vor. Länder wie Serbien und Mazedonien werden massiv unter Druck gesetzt, den „Asylmissbrauch“ einzudämmen. Mit einer Flugblatt- und Plakatkampagne wird in Serbien Stimmung gegen die Ärmsten der Armen gemacht. Anfang des Jahres machte der serbische Jusitzminister einen Vorschlag zur Strafverfolgung von sog. „Asylmissbrauch“. Mazedonien hat bereits ein Gesetz erlassen, das den Behörden den Entzug des Reisepasses nach einer Abschiebung erlaubt. Abgeschobene müssen in Mazedonien mit einer Strafe zwischen 2.000 und 3000 Euro rechnen. Alles Maßnahmen, die mit europäischen Menschenrechtsstandards unvereinbar sind.
Die Veranstalter der Aktionen am Baden Airpark fordern: Schluss mit der öffentlichen Diskriminierung der Roma sowie anderer ethnischer Minderheiten! Abschiebungen tragen zu keiner Lösung der Flüchtlingsfrage bei. Diesem Land würde es besser anstehen, die Abschiebungen auszusetzen und insbesondere den Kindern und Jugendlichen eine Perspektive zu bieten – auch hinsichtlich der Schuld, die sich Deutschland in der Vergangenheit speziell gegenüber Roma aufgeladen hat. Die EU muss die Abschiebungen stoppen, um eine dauerhafte Lösung der Flüchtlingsfrage zu erreichen. Sie muss die Menschen nach besten Möglichkeiten unterstützen und ihnen alle Rechte zum Schutz von Minderheiten garantieren. Die derzeitige Politik jedoch hat derzeit offenbar anderes im Sinn…die nächste Abschiebung vom Baden Airpark findet am Donnerstagmorgen, den 18. Oktober 2012 statt. Wir rufen daher zur kritischen Beobachtung auf.
Sofortiger Abschiebestopp! Kein Mensch ist illegal!
Weitere Informationen unter:
Indymedia &
Stop Deportation
Die Bühne als Ghetto
Das bekannte Sziget-Festival in Budapest präsentiert seit einigen Jahren eine Bühne mit Roma-Musik. Sponsoren machen einen Bogen um die Gypsy-Künstler.
Ein Gipsy-Musiker ist eben etwas völlig anderes als ein Gipsy-Nachbar«, sagt Marina Pommier. »Die Ungarn tanzen zu Roma-Musik und lieben die Roma, solange sie auf der Bühne stehen.« Roma auf die Bühne zu bringen, ist Pommiers Job. Die französische Kulturwissenschaftlerin kuratiert das Programm im Roma-Zelt auf dem Sziget-Festival, das vom 8. bis zum 13. August in der ungarischen Hauptstadt Budapest stattgefunden hat. Es ist mit 450 000 Besuchern eines der größten Musikfestivals in Europa. Und obwohl die Ticketpreise mit bis zu 225 Euro für viele Ungarn unbezahlbar geworden sind, ist das Festival ein nationales Großereignis: Die Armee unterhält Rekrutierungsstände, große Unternehmen präsentieren sich den jungen Besuchern als Arbeitgeber, die Regierung schreibt ein Grußwort für das Programmheft.
Dass die Roma-Bühne seit Jahren zu dem Festival gehört, ist keine Selbstverständlichkeit. »Ziel der ungarischen Regierungspolitik ist es, die Roma zu vertreiben«, hat Ernö Kallai, der parlamentarische Ombudsmann für Minderheitenrechte in Ungarn, 2011 in einem Bericht geschrieben. Danach wurde sein Amt abgeschafft. Dabei hatte Kallai nur die Details dessen zusammengetragen, was Menschenrechtsorganisationen und die EU seit langem beklagen: Organisierte Rechtsextremisten, Bürgermobs und die etablierten Politiker der rechtsextremen Partei Jobbik sowie der nationalistischen Fidesz führen einen Feldzug gegen die größe Minderheit im Land. Mindestens 700 000 Roma leben in Ungarn, sie stellen fast sieben Prozent der Bevölkerung. Rund 70 Prozent von ihnen sind den Statistiken der EU-Kommission zufolge arbeitslos. Continue reading Die Bühne als Ghetto