Category Archives: Antiziganistische Übergriffe

Romani Child Shot Dead in Bulgaria

A Romani child was shot and killed at approximately 13:00 on Tuesday October 9th 2018, in Montana, Bulgaria. The 17-year-old boy named Goszko was collecting hay with his grandfather when a man fired his weapon multiple times at the boy. The boy died shortly afterwards from his wounds.

“I heard a shot, and the child fell into the cart,” recounted his grandfather. “The horse became frightened and started to run, but I held him back…I saw the shooter, he was targeting me as well. I had seen him before in the woods and he had threatened us then. Some time ago, he also threatened to kill another [person] with a pipe.”

A 38-year-old man has been arrested and is being detained by law enforcement. The suspect is the owner of the property where the boy and his grandfather were gathering firewood. (The police also found dozens of cannabis plants nearby. An unlicensed, illegal firearm was found in the man’s car. Other unlawful weapons and ammunition were also found in later searches.)

This is not the first time that Roma have been shot or killed while collecting firewood or hay. Just last year, a 24-year-old Romani man was shot dead in Breaza, Romania by police officers whilst collecting firewood in the forest. In Bulgaria, this has become all too common an occurrence in recent years.

Last year, a Romani father from Bohot was beaten to death by police while he and his son were out collecting firewood. Officers claimed the action was a result of the Romani men resisting arrest and being in possession of stolen pesticides. Although many areas of Bulgaria have agreements that firewood can be collected from the forests providing tools are not used to harvest it, this often has little bearing on the decision to open fire on Roma ‚caught‘ harvesting wood. An inordinate number of Roma seem to die in Bulgaria’s forests, usually at the hands of police, forest rangers, or local landowners taking violent action against Roma collecting wood, whether it is being harvested legally or illegally.

In 2003, a spate of shootings left many Roma who had been trying to collect wood from the forests either dead or wounded around the country. In February 2003, Severin Sabev Aleksandrov, a 25-year-old Romani man, was shot for collecting firewood in a forest near Vetovo in northern Bulgaria. Forest rangers also shot Emil Tinkov, a 17-year-old Romani boy, in the shoulder as he was leaving the Kumanitsa forest near Krivodol in northwestern Bulgaria. The next month, 28-year-old Angel Simeonov was killed in March 2003 near the town of Samokov with no charges being brought against the perpetrator. The same month, around 10 police officers and forest rangers brutally beat and shot three Romani men in the forest near Lukovit in northern Bulgaria. A day later, a private security guard shot Ivan Anastasiev Ralev, an 8-year-old Romani boy, who was collecting scrap wood to burn in the town of Burgas. He survived but his family refused to press the investigation further for fear of repercussions from the security company who they were neighbours with.

The forests in Bulgaria have become a place where people seem to take the law into their own hands and frontier justice decides whether Roma live or die. This most recent murder of a Romani boy must be investigated properly by law enforcement, and the potential for racial motivation to the killing must be considered. The ERRC and its Bulgarian partners are further investigating the killing and are in contact with the boy’s family.

Source: ERRC
Date: 26.10.2018

Antiziganistischer Flaschenwurf: 10 Monate Haft – Rechtsrock-Klingelton im Gerichtssaal

Wegen eines antiziganistisch motivierten Flaschenwurfs wurde ein 24-jähriger Berliner heute, am 16.10.18, zu einer zehnmonatigen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Ein Mitangeklagter 20-Jähriger, auf den das Jugendstrafrecht angewandt wurde, muss für eine Woche in Arrest. Die beiden waren nach Ansicht des Gerichts die Rädelsführer einer Gruppe von etwa 15 Personen, die am späten Abend des 24.11.2017 einen Zirkus in Berlin-Adlershof angriff und die Mitglieder des Familienbetriebs antiziganistisch beschimpfte, bedrohte und mit Flaschenwürfen attackierte. Da die Flaschen die Opfer nicht trafen, wurden die Angeklagten wegen versuchter gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung bestraft.

Am Abend des 24.11. traf sich der verurteilte 24-jährige John R. mit Freunden, den Mitangeklagten Nico W. (20 J.) sowie Michel S. (25 J.), an einem Supermarkt nahe des Zirkus, um gemeinsam zu Trinken und “ein bisschen zu feiern”. Bereits eine Woche zuvor war nach Zeugenaussagen aus einer ähnlichen Runde, die R. anführte, der Zirkus mit Knallkörpern angegriffen worden.

W. und S. entschlossen sich im Verlauf des Abends, gegen die Zirkuswagen zu urinieren und schlugen massiv gegen eine der Türen. Als deren Besitzer herauskam, wurde er von R. mit der Frage begrüßt, ob er sich noch an ihn erinnere und beschimpft.

Zur Auseinandersetzung stießen zwei weitere Mitglieder des Zirkus und etwa ein Dutzend Freunde der Angreifer hinzu, die sich in der Nähe aufhielten. Neben Beleidigungen wie “Zigeunerpack” drohten Teile der angreifenden Gruppe auch, die Wagen in Brand zu stecken und die Mitglieder des Familienbetriebs “totzuschlagen”. Der Angeklagte S. räumte ein, “Naziparolen” gehört zu haben. Die Opfer der Attacke berichteten vor der Strafkammer des Amtsgericht Tiergarten von etwa sechs Bierflaschen, die auf sie geworfen worden seien. Einer der Würfe konnte R. zugeordnet werden. Ein weiterer, dem sein Opfer nur knapp ausweichen konnte, sei von einem Angreifer ausgeführt worden, der in einem gesonderten Verfahren strafrechtlich verfolgt wird. Die Angreifer flüchteten, nachdem die von den Opfern herbeigerufene Polizei eintraf.

John R. sprach einen der Betroffenen etwa eine Woche nach der Tat erneut vor dem Supermarkt an und drohte, dies sei “seine Stadt und sein Bezirk”. Alle Angeklagten stritten ab, selbst Flaschen geworfen zu haben.

Die Betroffenen, die im Verfahren als Zeugen auftraten, berichteten, noch nie derart massiv angegangen worden zu sein. Antiziganistische Beleidigungen seien hingegen an der Tagesordnung. Während ihres Aufenthalts in Adlershof hätten sie derartige Diskriminierungen aber besonders oft erdulden müssen. Von dem Angriff seien insbesondere die teils sehr jungen Kinder der Familie verängstigt gewesen, die mehrere Wochen unter Schlafstörungen gelitten hätten.

Für Nico W. forderte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer eine Haftstrafe von 6 Monaten auf Bewährung. Da er zum Tatzeitpunkt als Heranwachsender galt, musste entschieden werden, ob die Bestrafung nach dem Jugendstrafrecht noch in Frage käme. Der Vorsitzender Richter Günter Räcke entschied sich für dessen Anwendung und verurteilte W., gegen den in der Vergangenheit unter anderem wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (das Verfahren wurde eingestellt) und Körperverletzung ermittelt worden war, zu einem einwöchigen Arrest, damit er eine “Zellentür ohne Klinke einmal von innen sehen” und sich über sein künftiges Verhalten Gedanken machen könne. Im Jugendstrafrecht steht der Erziehungsgedanke im Vordergrund. Gedanken an Sühne oder Abschreckung sollen bei der Strafzumessung keine Rolle spielen.

Über W.s politische Gesinnung und den Hintergrund der Tat gab ein Vorfall am Ende des Prozesses Aufschluss. Während des Schlusswortes der Staatsanwältin klingelte W.s Handy: zu hören war für einige Sekunden das Gitarrenintro des Lieds “Deutschland den Deutschen” der Band “Böhse Onkelz”.

John R. verbarg seinen Pullover der als rechts geltenden Band “Frei.Wild” erst nach mehrmaliger Aufforderung durch seinen Verteidiger.

Einer der Angeklagten nutzt mutmaßlich ein Facebook-Profil, bei dem er seinen Namen mit dem Zusatz “Arisch” versehen hat. Wie ein weiterer Angeklagter hat er NPD-Seiten mit “gefällt mir” markiert.

Bezüglich des einschlägig vorbestraften R. folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft: Zehn Monate Haft ohne Bewährung. Die antiziganistische Attacke fiel außerdem in den Bewährungszeitraum einer sechsmonatigen Haftstrafe wegen Körperverletzung, deren Vollstreckung nun droht.

Der Mitangeklagte Michel S. wurde freigesprochen, da sich der Verdacht, unmittelbar an der Tat beteiligt gewesen zu sein, im Verfahren nicht bestätigte. Auch die Staatsanwaltschaft plädierte nach der Beweisaufnahme nur noch auf Freispruch.

Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig.

Quelle: JFDA
Stand: 26.10.2018

Roma in Sachsen: Es brennt in Plauen

In Sachsen brennen hintereinander zwei Häuser, in denen Roma wohnen. Zufall, sagt die Staatsanwaltschaft. Wirklich?

Es sind die letzten Tage des Jahres 2017. Julian Walther und sein Freund sitzen gerade im Auto und fahren zu einer Party, als sie eine Gruppe winkender und schreiender Menschen am Rande der Trockentalstraße in Plauen sehen. Alles ist voll Rauch, das ganze Haus brennt. Walther rennt zum Haus, er spürt die Hitze. Der Brand ist an der Eingangstür ausgebrochen und versperrt den Weg. Männer halten Kinder an den Handgelenken aus dem Fenster, Walther fängt einen kleinen Jungen auf und bringt ihn zu den Rettungskräften, die eben eingetroffen sind. Es ist eine Ausnahmesituation, Walther und sein Freund rennen hin und her. Eines der Kinder überschlägt sich beim Sturz aus dem Fenster, das Gesicht eines anderen ist halb verbrannt. Auf der Straßenseite gegenüber versammeln sich Menschen und johlen – unter ihnen Neonazis, die der Polizei bereits wegen rechtsextremer Straftaten bekannt sind, wie sich später herausstellt. Sie fragen die beiden Jungs, warum sie hier helfen. „Lasst die brennen!“, ruft einer. Und: „Sieg Heil!“ In dem Haus wohnen mehrere Romafamilien aus der Slowakei. 42 Menschen werden aus dem Haus evakuiert. 22 von ihnen sind verletzt, vier davon schwer. Eine Schwerverletzte ist Lucia Dunkova, sie will gerade duschen, als sie ihre Familie schreien hört: Feuer! Lucia zieht sich etwas an und rennt aus dem Haus. Ihre Haare brennen, ihre Hände, ihr Gesicht. Und ihr Kind. Sie kann nichts sehen, als sie draußen steht, ihre Augen sind verklebt, aber sie hört ein dumpfes Geräusch. „Schläge“, sagt sie. Die Gruppe der Neonazis greift einen Feuerwehrmann und einen Polizisten an, um sie von den Rettungsarbeiten abzuhalten. Dunkovas Mutter sieht zwei Männer weglaufen. Sie glaubt, dass das die Täter sind. Wenig später wird ein Mann festgenommen: Jens W., 25 Jahre alt, ein ehemaliger Mieter. Er soll den Brand gelegt haben, weil der Vermieter ihn wegen Mietschulden aus dem Haus geworfen hat. Er kommt in Untersuchungshaft. Die Roma ziehen um. Manche kommen in weiteren Häusern desselben Vermieters unter. Einige ziehen in ein Haus in der benachbarten Dürerstraße. Es sind vor allem Frauen und Kinder aus der Slowakei, die kaum Deutsch sprechen. Continue reading Roma in Sachsen: Es brennt in Plauen

Entsetzen In Friesland – Sinti wurden in Zetel rassistisch angefeindet

Die Nachfahren der Auschwitz-Überlebenden Margot Schwarz hatten in Zetel ihre Zelte aufgeschlagen. Sie erlebten nicht nur dumme Sprüche, sondern auch Bedrohungen und Beleidigungen.

Gegen zwei Uhr in der Nacht zu Sonntag hört Patrick Schwarz grölende junge Leute vor seinem Wohnwagen. Sie bölken rassistische Beleidigungen durch die Nacht, immer wieder fällt das Wort „Hitler“. „Sie haben in die Luft geschossen, mit Schreckschusspistolen“, sagt Patrick Schwarz. „Zetel sieht mich so schnell nicht wieder. Ich möchte nicht mehr herkommen. Nicht, weil ich Angst habe, sondern weil ich mich dort nicht mehr wohlfühle.“ Was Patrick Schwarz da erzählt, verschlägt einem den Atem. Vor 75 Jahren haben seine Großmutter und deren Familie in einem Wohnwagen in Zetel gelebt. Sie wurden von den Nazis ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert, und bis auf seine Großmutter Margot Schwarz und den Großonkel Anton Franz kam die ganze Familie im Konzentrationslager ums Leben.

In Bohlenberge hatte die Sinti-Familie damals in einem Wohnwagen gelebt. Und jetzt, 75 Jahre später, schläft der Enkel von Margot Schwarz in einem Wohnwagen im gleichen Dorf und wird von rassistischer Hetze geweckt. Patrick Schwarz, sein Vater Christel Schwarz und viele weitere Mitglieder des Freundeskreises der Sinti und Roma und des Christlichen Missionswerks in Oldenburg waren knapp zehn Tage mit ihrer Zeltmission in Zetel zu Gast. Die Freien Christen hatten, wie viele Jahre zuvor schon, ihre Wohnwagen auf den Markthamm gestellt, um dort Gottesdienste zu halten und mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Nur ein paar Hundert Meter Luftlinie von dem Ort entfernt, an dem ihre Vorfahren von den Nazis verschleppt wurden. Auf dem Markthamm standen Anfang August sieben Wohnwagen, nach und nach sind die Sinti und Roma in der vergangenen Woche nach Oldenburg zurückgekehrt, weil sie ihren Kindern das nicht mehr zumuten wollten. „Ich bin gestern Abend abgereist“, sagt Patrick Schwarz.

Los gingen die Anfeindungen schon, als die Kinder der Sinti mit anderen Kindern, Roma aus Syrien, die in Zetel leben, vor den Zelten Fußball spielten. „Da haben ältere Passanten gesagt: ,Macht Platz, wir sind hier in Deutschland’“, berichtet Patrick Schwarz fassungslos. „Abends haben sich Jugendliche auf dem Markthamm getroffen und haben getrunken, sie haben uns angepöbelt, unsere Frauen belästigt und als Zigeunerweiber beschimpft.“ Da hat er das erste Mal die Polizei gerufen. In der Nacht, in der er die Schüsse gehört hat, hat er sie wieder gerufen, die jungen Leute bekamen von den Polizeibeamten einen Platzverweis. Vorbei war das alles noch nicht. „Jemand hat mit einer Taschenlampe bei meiner Schwester ins Fenster geleuchtet“, sagt Patrick Schwarz. „Und immer wieder war was los. In den zwei Wochen, in denen wir da gestanden haben, konnte ich vielleicht zwei Nächte ruhig schlafen.“ Doch es seien nicht nur junge Erwachsene gewesen, die die Familie beleidigt hätten. „Da waren auch einige ältere Leute, die uns immer wieder beschimpft haben“, sagt der Enkel von Margot Schwarz. In seiner Stimme klingt Bestürzung mit. „Bohlenberge ist doch unser Zuhause. Da fühlt man sich doch heimisch. Wir sind so froh, dass wir das Denkmal bekommen haben, das an das Schicksal unserer Familie erinnert. Aber es stimmt nicht, dass die rassistische Hetze Vergangenheit ist. Ich habe das Gefühl, im Moment wird es immer schlimmer.“

Quelle: Nordwest Zeitung
Stand: 25.08.2018

Roma-Mordserie in Ungarn: Ein vergessenes Hassverbrechen

Vor zehn Jahren begann die Roma-Mordserie in Ungarn. Die überlebenden Opfer sind heute nahezu vergessen, die meisten leben im Elend. Keno Verseck hat mit einigen von ihnen gesprochen.

Einst war Éva Kóka ein lebensfroher Mensch. Zusammen mit ihrem Mann Jenö führte sie ein bescheidenes, aber glückliches Leben. Die beiden Eheleute wohnten im Ort Tiszalök in Ostungarn in einem schönen Haus mit Garten. Sie hatten seit Jahrzehnten feste Arbeitsplätze, er in einem Pharmawerk, sie in einer Holzfabrik. Im Ort wie auf der Arbeit waren sie geachtet und geschätzt.

Dann kam der Tag, der alles änderte. Es war der 22. April 2009.

Am Abend dieses Tages trat Jenö Kóka vor die Haustür, um zur Nachtschicht ins nahe gelegene Pharmawerk zu fahren, wo er seit 38 Jahren arbeitete. Plötzlich traf ein Schuss aus einem Gewehr den 54-Jährigen direkt ins Herz, Jenö Kóka war sofort tot. Der Mörder hatte unweit des Hauses in einem Gebüsch gelauert. „An diesem Abend wurde auch mein Leben zerstört“, sagt Éva Kóka. Continue reading Roma-Mordserie in Ungarn: Ein vergessenes Hassverbrechen

In Europa erstarkt der Antiziganismus – Hassverbrechen und Sondererfassung

Am 2. August, dem »Roma Holocaust Memorial Day«, wird der Ermordung der Sinti und Roma im Nationalsozialismus gedacht. Doch der Antiziganismus in Europa gehört nicht der Vergangenheit an.

In ganz Europa erstarkt derzeit der Antiziganismus, also der Hass auf Roma. Besonders krass manifestriert er sich seit mehreren Monaten in der Ukraine, wo extrem rechte Milizen regelrecht Jagd auf Roma machen. Brutaler Höhepunkt einer Serie gewalttätiger Übergriffe war die Ermordung eines 24jährigen Rom in Lwiw am 23. Juni während eines nächtlichen Angriffs auf eine Siedlung. Dabei wurden außerdem mehrere Roma, unter ihnen Kinder, schwer verletzt. Immer wieder gibt es schwere antiziganistische Gewalttaten in der Ukraine. Zu einer pogromartigen Vertreibung von Roma aus einem Kiewer Park kam es am 7. Juni. Die Täter, Mitglieder der rechtsextremen Miliz »National Druschyna«, waren mit Hämmern und Äxten bewaffnet – die Miliz besteht unter anderem aus Veteranen des Regiments Asow. Dieses ist einer der etwa 80 paramilitärischen Freiwilligenverbände, die gegen die von Russland unterstützten Separatisten im Osten des Landes kämpfen. Continue reading In Europa erstarkt der Antiziganismus – Hassverbrechen und Sondererfassung

Verdrängter Terror

Vor zehn Jahren begingen ungarische Neonazis mehrere Morde an Roma. Bis heute sind die Hintergründe nicht aufgeklärt

Laszlo Bango konnte sich nicht erklären, warum die Männer auf sein Haus geschossen hatten. Warum der Anschlag ausgerechnet seiner Familie galt. »Ich lebe anständig, gehe nicht stehlen«, gab er als Zeuge vor Gericht an, seine Frau und auch er hätten zu jener Zeit beide gearbeitet. Als hätte er das, was in der Nacht zum 21. Juli 2008 geschah, eher verstanden, wenn er damals ohne Arbeit gewesen wäre.

Vor zehn Jahren begannen in dieser Nacht in dem Dorf Galgagyörk, 50 Kilometer nördlich von Budapest, ungarische Neonazis eine Anschlagserie auf Roma-Familien. Ihr Ziel war, wie es in der später von der Staatsanwaltschaft vorgelegten Anklageschrift heißt, »eine Privatarmee aufzustellen und einen Bürgerkrieg zu entfesseln« – und doch wurden sie nicht für Terrorismus verurteilt, sondern für Mord aus niederen Beweggründen. Insgesamt verübten sie über einen Zeitraum von etwas mehr als einem Jahr neun Anschläge auf Roma, sechs Menschen starben, darunter ein fünfjähriges Kind. Sie schossen 78mal, warfen elf Molotowcocktails und gefährdeten das Leben von 55 Menschen. Am 21. August 2009 wurden die Verdächtigen Arpad Kiss, Istvan Kiss, Zsolt Petö und Istvan Csontos verhaftet, am 6. August 2013 drei der vier Angeklagten in erster Instanz zu lebenslanger Haft verurteilt, der vierte erhielt 13 Jahre. Fast acht Jahre nach dem ersten Anschlag wurden die Urteile am 12. Januar 2016 rechtskräftig.

Wie auch im Fall des deutschen »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) sind bis heute viele Fragen offen geblieben. Die Fragen ähneln sich, und kaum jemand stellt sie mehr. Woher hatten die Mörder Geld erhalten? Wie groß war ihr Netzwerk? Wer waren ihre Unterstützer? Was wussten die staatlichen Behörden, der ungarische Verfassungsschutz? Was der Militärgeheimdienst? Wie konnte es zu den unzähligen Fehlern bei den Polizeiermittlungen und im Prozess kommen?

»Die individuelle oder gesellschaftliche Aufarbeitung hat nicht stattgefunden«, sagt Jenö Setet im Gespräch mit junge Welt. Setet ist Rom und Aktivist, sein Verein »Idetartozunk« (»Wir gehören hierher«) kämpft unter anderem auch dagegen an, dass die rassistischen Morde in Vergessenheit geraten. Den damals 36jährigen haben die Angriffe auf die Roma vor zehn Jahren stark geprägt. »Die Zeit der Morde war die schlimmste Zeit meines Erwachsenenlebens. Es hat auch früher Diskriminierung und Ablehnung gegeben, von den staatlichen Behörden beispielsweise. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn Jagd auf einen gemacht wird, man nicht in Sicherheit ist, wenn man allein wegen seiner ethnischen Herkunft zur Zielscheibe wird.« Continue reading Verdrängter Terror

Romany Woman ‚Found With Throat Slashed‘ In Ukraine

Media reports in western Ukraine’s Zakarpattya region say that a 30-year Romany woman was killed in the city of Berehove amid tensions over a series of attacks on Romany community members. The reports quote members of the local Romany community as saying that unidentified attackers slashed the woman’s throat. Ukraine’s National Police said in a statement on July 2 that a woman „with injuries to her throat“ was found on a street in Berehove and that medical personnel were unable to save her life. It did not name the victim or include any information about her ethnicity. Police said they are treating the woman’s death as a „premeditated murder“ but so far have found no evidence that it was a hate crime. „At this point“ police have found nothing to suggest a motive involving „racial or any other type of discrimination,“ the statement said. The woman’s death occurred eight days after police arrested seven people in an adjacent region of Lviv in connection with a deadly June 23 attack on a Romany camp. Police said at the time that a 24-year-old Romany man was killed in the attack in a forest near the city of Lviv, which was carried out by a group of masked men. According to police, four other people were hospitalized with knife wounds as a result of the attack — including a 10-year-old boy, two 19-year-old men, and a 30-year-old woman. That violence was the fifth attack on a Romany camp in western Ukraine in the past two months. In a joint letter to Kyiv authorities on June 14, four groups including Human Rights Watch and Amnesty International condemned what they said was a growing number of attacks by radicals in Ukraine. Ukrainian authorities have „failed“ to respond to most incidents, leading to „an atmosphere of near total impunity that cannot but embolden these groups to commit more attacks,“ the groups said. The letter said that several neo-Nazi and far-right ultranationalist groups, including C14 and Right Sector, were behind at least two dozen attacks or harassment cases against Roma across Ukraine so far during 2018. The Council of Europe rights group estimates there are some 260,000 Roma in Ukraine, whose population is about 48.5 million.

Source: Radio Free Europe/Radio Liberty
Date: 05.07.2018

In Gedenken an Dávid Papp

Dávid war erst 24 Jahre alt, als eine Neonazi-Gruppe am 23.06.2018 eine Roma-Siedlung bei Lviv (Lemberg) stürmte und ihn dort ermordete. Andere dort anwesende Mitglieder der Roma-Minderheit wurden schwer verletzt, unter ihnen auch ein 10-jähriges Kind.

Ich lernte Dávid im Jahr 2000 kennen, als er sechs Jahre alt war. Er ging damals in den Kindergarten in Szernye, einem Dorf im Westen der Ukraine, in dem ich für ein Jahr unterrichtete. David war immer ein sehr ruhiger, lieber und zurückhaltender Junge, inzwischen junger Mann. Ich bin immer noch mit sehr vielen seiner Freunde und Familienmitglieder befreundet. Es ist schwer sie in Trauer und Schock zu sehen.

Auch ich bin geschockt und tief traurig, wenn auch nicht überrascht. Faschismus und Neonazis sind auf dem Vormarsch, nicht nur in der Ukraine. Es liegt an uns allen dagegen etwas zu tun.

Aber erstmal ist es genauso wichtig seine Familie in dieser schweren Zeit zu unterstützen. Ich werde alle hier gesammelten Spenden direkt an seine Schwester übergeben.

Dávid was only 24 years old when a group of neo-Nazis stormed a Roma settlement outside of Lviv, wounded several, and killed him.

I’ve known Dávid since he was six years old, he went to a kindergarten in Szernye, a village in the west of Ukraine, that I was teaching at at the time. Dávid was always a very quiet, friendly and a bit shy boy, now a young man. I’m still friends with so many of his friends and family members, who are devastated.

I’m so sad, even though I can’t say that I’m surprised. Fascism and neo-Nazis are on the rise, not only in Ukraine and it is up to us to do something against that.

But for now it is equally important to support his family in these hard times. I will give all donations to his sister directly.

Quelle/Source: gofundme
Stand/Date: 05.07.2018