On August 2, 1944, Nazis liquidated the concentration camp’s Gypsy section
At twilight on the evening of Aug. 2, 1944, big, wood-sided trucks arrived at the Gypsy family camp of Auschwitz-Birkenau. The prisoners were given sausage and a piece of bread and told that they were being taken to another camp. At first, the trucks drove off in a different direction from the gas chambers and crematoria, but as they doubled back toward the killing factories, the Gypsies began to struggle and fight the guards. “Betrayal!” they screamed. “Murder!”
A Hungarian Jew who heard the clamor from a nearby barrack later said that the memory made her blood run cold. “We heard yelling, German orders, the ever, ever-present German Shepherd dogs barking,” she recalled. “And then, screaming. I never, ever forget that screaming. Terrible screams. They must have known.”
On that August night, Nazis liquidated the Gypsy camp, killing nearly 3,000 Roma and Sinti—the two major groups of European Gypsies—in the gas chambers of Birkenau. They were women and men, elderly people and children, many of whom had been victims of Nazi medical experiments and forced sterilization. Their deaths were among the 20,000 Roma and Sinti who perished at Auschwitz—but a fraction of the hundreds of thousands murdered by the Nazis in mass killings and concentration camps. Continue reading Remembering the Sinti and Roma of Auschwitz
Category Archives: Fundstücke
Ahead of the 70th anniversary of the “Gypsy camp” liquidation at Auschwitz-Birkenau, OSCE/ODIHR Director calls for leaders to speak out against anti-Roma rhetoric, scapegoating
Michael Georg Link, Director of the OSCE Office for Democratic Institutions and Human Rights (ODIHR), speaking ahead of Saturday’s 70th anniversary of the liquidation of the “Zigeunerlager”, or “Gypsy Camp”, at Auschwitz-Birkenau called today on political leaders not only to refrain from scapegoating Roma and Sinti communities, but also to speak out against racist rhetoric in public discourse that can fuel anti-Roma sentiment in society.
“Seventy years after the liquidation of the so-called ‘Zigeunerlager’, where some 23,000 Roma and Sinti were murdered, public discourse still perpetuates old negative stereotypes against these people,” Link said. “In a number of countries in the OSCE region Roma are portrayed as criminals or social outsiders. The crucial role of the media in constructing and perpetuating these negative images has recently been confirmed by a comprehensive study in Germany. These stereotypes must be countered, both to bring justice to the victims of the Roma and Sinti genocide, and to create a better future for Roma today.”
Link underlined the important role of leadership in combatting these attitudes.
“Public figures, and particularly politicians, have a responsibility to lead by example and publicly condemn racist speech targeting Roma and Sinti,” the ODIHR Director said. “The authorities in OSCE participating States should also work to promote non-discriminatory portrayals of Roma and their communities, in order to prevent the perpetuation of negative stereotypes in the media.”
As mandated by the 2003 OSCE Action Plan on Roma and Sinti, ODIHR promotes the official recognition and teaching about the experience of Roma and Sinti during the Holocaust.
“Teaching about the past and the tragedy of the Roma under the Nazi regime is one key to a better understanding their present situation,” Link said. “Roma and Sinti have long suffered from racism and discrimination, and understanding this history is necessary to promote a more tolerant, inclusive society for all.”
Earlier this year, on 2 June, ODIHR hosted an expert meeting on teaching about the Roma and Sinti genocide in the OSCE area, and will publish a report on the subject later this year.
Source: OSCE Office for Democratic Institutions and Human Rights
Date: 01.08.2014
„Adolf hat noch nicht genug von denen umgebracht“
Antiziganismus in Duisburg…
Von Michael Lausberg
Seit der EU-Erweiterung 2007 ist Duisburg so wie auch Dortmund, Berlin, Mannheim und weitere deutsche Städte mit erhöhter Migration aus Bulgarien und Rumänien konfrontiert. Die Zuwander_innen wurden und werden im Diskurs der Mehrheitsgesellschaft homogenisierend meist als (Sinti und) Roma oder in diskriminierender Weise als „Zigeuner“ identifiziert, was in Wirklichkeit nur in manchen Fällen zutrifft. Aufgrund von jahrhundertealten unhinterfragten antiziganistischen[01] Stereotypen wurden und werden sie Opfer von gesellschaftlicher Ausgrenzung. Große Teile der Mehrheitsbevölkerung Duisburgs scheinen aus der jüngeren nationalsozialistischen Vergangenheit wenig gelernt zu haben. Noch vor 80 Jahren sollte nach Vorbild der nationalsozialistischen „Rassenlehre“ Duisburg „zigeunerfrei“ werden.[02]
Antiziganistische Vorurteile wie Nomadentum, Kriminalität, Primitivität, Faulheit usw. entstanden in den vergangenen Jahrhunderten und werden seitdem wie ein „kultureller Code“ in der Gesellschaft von Generation zu Generation weiter tradiert. Wissenschaftliche Studien belegen, dass antiziganistische Einstellungsmuster nicht nur von Anhänger_innen der extremen Rechten vertreten werden, sondern fest verankert in der deutschen Gesellschaft sind.
In einer von der Universität Leipzig untersuchten Verbreitung extrem rechter Einstellungen in der so genannten „Mitte der Gesellschaft“ im Jahre 2014 bejahten 55,4% die Aussage „Ich hätte Probleme damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Gegend aufhalten“.[03] 47,1% forderten, Sinti und Roma sollten aus den Innenstädten verbannt werden. 55,9% waren der Auffassung, Sinti und Roma neigen zur Kriminalität. Aus einer 2011 durchgeführten Studie zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit geht hervor, dass über 40 Prozent der Bevölkerung antiziganistisch eingestellt ist.[04] Diese Einstellungsmuster sind für eine demokratische Republik, die die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und die Gleichheit vor dem Gesetz im Grundgesetz festgeschrieben hat, mehr als beschämend.
Antiziganistischer Hass von der alltäglichen Herabwürdigung bis zur physischen Bedrohung gehört zur bundesrepublikanischen Wirklichkeit. Hier wird nun speziell auf die Ereignisse in Duisburg bis zum Frühjahr 2014 in Duisburg eingegangen. Continue reading „Adolf hat noch nicht genug von denen umgebracht“
Armanis Tod schürt Emotionen
Zwölf Tage sind vergangen, seitdem der acht Jahre alte Armani in Freiburg tot in einem Bach im Stadtteil Betzenhausen in der Nähe des Polizeipräsidiums Freiburg aufgefunden wurde. Seither ermittelt die 50-köpfige Sonderkommission „Bach“ der Kriminalpolizei, denn der Junge ist offenbar eines gewaltsamen Todes gestorben. Bisher hat die Polizei in mehr als 300 Hinweisen noch keine heiße Spur gefunden. Auch der am Dienstag gefundene Fußball war nicht der gesuchte. „Aus ermittlungstechnischen Gründen“ gibt sich die Polizei äußerst zugeknöpft.
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft Freiburg eine Belohnung von 6000 Euro ausgesetzt für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen. Von privater Seite wurden weitere 4000 Euro ausgelobt. Der gewaltsame Tod des Sohnes einer bekannten Sinti-Familie erschüttert und beschäftigt die ganze Stadt. 2000 Menschen hatten sich am Samstag an einem Trauermarsch beteiligt, die Stadtdekane beider Konfessionen und ein buddhistischer Geistlicher haben die Feier mitgestaltet. Dass nicht einmal ansatzweise preisgegeben wird, wie der Junge ums Leben kam, ob es sich um ein Sexualdelikt handelt oder nicht, schürt die Spekulationen. Continue reading Armanis Tod schürt Emotionen
Roma-Morde in Ungarn: Hass statt Gedenken
Fünf Jahre ist die grausame Mordserie in Ungarn her – sechs Roma starben damals. Doch viele würden die rechten Gewalttaten am liebsten vergessen. Im Wahlkampf nutzen Politiker den Fremdenhass für ihre Zwecke.
Die Täter kamen kurz nach Mitternacht. Sie hatten sich durch ein Maisfeld angeschlichen, dann weiter durch den Garten. Nirgends brannte noch Licht, alle Bewohner schienen zu schlafen. Der Angriff dauerte kaum mehr als eine Minute. Die beiden Täter traten die Tür des Hauses ein, einer ging in den vorderen Raum und schoss mit seiner Schrotflinte auf die schlafende Frau. Der andere, im hinteren Raum, feuerte auf das Mädchen. Einige Nachbarn hörten die Schüsse. Sie dachten, jemand spiele mit Böllern. Im Morgengrauen fand eine Verwandte Mutter und Tochter in Blutlachen.
Kisléta, ein kleines ostungarisches Dorf, war am 3. August 2009 der Schauplatz des letzten Mordes einer Anschlagsserie. Rechtsterroristen töteten binnen eines Jahres sechs Roma, darunter einen vierjährigen Jungen. 55 Menschen wurden verletzt, teils lebensgefährlich. Drei Wochen später wurden vier fanatische Rechtsextreme in der ostungarischen Stadt Debrecen gefasst. Continue reading Roma-Morde in Ungarn: Hass statt Gedenken
Grüne fordern klare Signale gegen Roma-Hetze in der Silberhöhe
Die grüne Stadtratsfraktion fordert klare Signale gegen die rechtspopulistische Hetze gegenüber den aus Ost- und Südosteuropa zugezogenen Menschen in der Silberhöhe. Deshalb unterstütze die vorgesehenen Aktionen vom „Halle gegen Rechts – BÜNDNIS für Zivilcourage“.
Die geplanten Aufklärungsmaßnahmen und auch die von der Stadtverwaltung angekündigte Veranstaltung vor Ort könnten dazu beitragen, Vorurteile abzubauen und langfristig ein gutes Zusammenleben zu ermöglichen, meint Ann-Sophie Bohm-Eisenbrandt, Stadträtin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
“Natürlich müssen konkrete Beschwerden grundsätzlich ernst genommen und überprüft werden. Allerdings gibt es laut aktuellen Mitteilungen von Stadtverwaltung, Polizei und HWG – entgegen der aufgestellten Behauptungen – gar keine signifikante Häufung bei Lärmbelästigungen, Diebstählen und Vermüllungen.” Man kritisiere ausdrücklich die Art und Weise wie Bewohner der Silberhöhe durch Facebook-Gruppen und ähnliches Stimmung gegen die
zugezogenen Menschen machen. “Diese trägt Züge menschenverachtender Hetze gegen Minderheiten, bedient lediglich Vorurteile und rassistische Stereotypen, bietet eindeutig Rechtsradikalen eine Plattform und wird bestehende Konflikte nur verschärfen. Notwendig wäre es stattdessen, sich vorurteilsfrei mit der Situation zu beschäftigen und in einen Dialog mit den Menschen einzutreten und jeglichen Formen von Rassismus, Antiziganismus und sonstiger gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit klar und eindeutig entgegenzutreten.”Begrüßt wird von den Grünen zudem, dass die Strafverfolgungsbehörden unmittelbar nach Auftreten der rechtsradikalen Schmierereien vor Ort Ermittlungen aufgenommen haben.
Quelle: Halle Spektrum
Stand: 30.07.2014
Ein Beispiel unter vielen: Abschiebung von Roma in das “sichere Herkunftsland” Mazedonien
Am 3. Juli wurden Serbien. Mazedonien und Bosnien und Herzegowina in einer Abstimmung im Innenausschuss zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt (siehe die Pressemitteilung des Bundestages sowie den Gesetzesentwurf). Dass ein Land sicher ist, kann hierzulande offensichtlich einfach “erklärt” werden, bedarf aber wohl keiner Begründung oder eingehenderen Prüfung. In einem Rechtsgutachten für Pro Asyl kommt auch Dr. Reinhard Marx zu der Ansicht, dass es an einer Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Kriterien für die Einstufung von Staaten als “sicher” fehle. Dr. Karin Waringo zeigt im Rechtsgutachten zu Bosnien und Herzegowina, Mazedonien und Serbien sowie der Quellenanalyse zu Serbien zahlreiche Gründe dafür auf, die gegen die vermeintliche Sicherheit dieser Länder sprechen.
Letztendlich ging es im Bundestag nicht um die Auseinandersetzung mit der tatsächlichen Situation in den Staaten, sondern offensichtlich (gleich an erster Stelle im Gesetzesentwurf) wieder einmal um eine “das Boot ist voll” Rhetorik und die Deutungshoheit darüber, wer aus welchem Grund flüchten darf um in der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich Asyl beantragen zu können.Die beiden Schicksale, die der Journalist Jürgen Weber dokumentiert hat, stehen symptomatisch für eine Praxis, die nicht nur in Mazedonien, sondern auch in Serbien und Bosnien und Herzegowina üblich ist und die gezielt bestimmte Gruppen von der Ausreise ins EU-Ausland abhalten soll.
Anfang Juli reiste Jürgen Weber nach Mazedonien, um das weitere Schicksal der im Mai aus Konstanz abgeschobenen Familie Osmanov und eines bereits im Februar ebenfalls abgeschobenen Paares zu verfolgen. Alle Abgeschobenen sind seit dem Zeitpunkt, als sie ihre Pässe im Rahmen des Asylverfahrens den deutschen Behörden übergaben, nicht mehr in deren Besitz. Die Pässe wurden bei der Abschiebung offensichtlich unmittelbar den mazedonischen Behörden übergeben. Es wird zur Zeit rechtsanwaltlich geprüft, ob diese Praxis gegen geltendes Recht verstößt.
Anhand dieser konkreten Abschiebungen lässt sich gut aufzeigen, wie das “sichere Herkunftsland” Mazedonien insbesondere mit (abgeschobenen) Roma umgeht und sie t.w. bereits an der Ausreise hindert. Mehr dazu im Bericht von bzw. auch im Interview von Radio Dreyeckland mit Jürgen Weber. Im Rahmen seiner Reise übergab der Journalist auch die zuvor bei einer Veranstaltung gesammelten Spenden an die Familie Osmanov.Inzwischen hat sich herausgestellt, dass der bereits im Februar mit seiner Freundin abgeschobene Rom von der mazedonischen Polizei verhaftet und mehrfach zu seinen Fluchtgründen, dem deutschen Asylantrag sowie Kontakten in Deutschland befragt worden ist. Mittlerweile wurde ein Anwalt eingeschaltet; der junge Mann wurde freigelassen.
Anhand dieser Schicksale zeigt sich einmal mehr, welchen Schikanen Geflüchtete ausgesetzt sind und wie ihre Grundrechte – auch in Deutschland – mit Füßen getreten werden.
Quelle + weiterführende Links: Ecoleust
Stand: 30.07.2014
Räumung in Duisburg: Die letzten Roma müssen raus
Duisburg lässt das bundesweit bekannte „Problemhaus“ räumen. Um neue Wohnungen für Familien mit Kindern kümmert sich die Stadt nicht.
Türen fehlen in leer stehenden Wohnungen. Elektroanlagen hängen in der Luft. Den Strom hat der Vermieter längst abstellen lassen. Er mag nicht für die Sanierung des Gebäudes aufkommen, obwohl er lange viel Geld damit verdient hat. Die 47 Wohneinheiten in dem Gebäude „In den Peschen 3–5“ in Duisburg-Rheinhausen sind in einem unfassbar schlechten Zustand.
Als „Problemhaus“ hat der Komplex bundesweit traurige Berühmtheit erlangt. Der Eigentümer hatte hier zwischenzeitlich Wohnraum an 1.400 Menschen aus Südosteuropa vermietet, überwiegend an Roma. In diesen Tagen ziehen die letzten der rund 150 Gebliebenen aus, unter ihnen viele Kinder. Das Haus muss geräumt werden. Die Stadt hat den Bewohnern mitgeteilt, dass sie bis Ende Juli das Gebäude verlassen müssen.
Möglich ist die Räumung wegen eines neues Gesetzes, das der Landtag im April verabschiedet hat. Nun können Kommunen in Nordrhein-Westfalen aus eigenem Antrieb gegen Vermieter vorgehen, die Wohnungen überbelegen oder verwahrlosen lassen. Früher war das nur auf Verlangen des Mieters möglich. Auch in anderen Kommunen wie Gelsenkirchen und Dortmund haben die Stadtverwaltungen von der neuen Möglichkeit Gebrauch gemacht, heißt es aus dem Infrastrukturministerium.
Nach Angaben von Stadtsprecherin Anja Kopka gibt es allein in Duisburg 50 sogenannte Problemhäuser. „Dort ist teilweise die Lage noch schlimmer als In den Peschen“, sagt Pfarrer Heiner Augustin von der Evangelischen Friedenskirchengemeinde in Duisburg-Rheinhausen. „Aber da schaut keiner hin.“ Er hält die Räumungsanordnung für das Haus für richtig. „Es ist vollkommen in Ordnung, dass die Stadt die Wohnungen für unbewohnbar erklärt“, sagt er. Continue reading Räumung in Duisburg: Die letzten Roma müssen raus
Roma in Halle Silberhöhe: Ermittlungen nach fremdenfeindlichen Schmierereien
Seitdem Bürger aus Rumänien und Bulgarien ganz einfach nach Deutschland reisen können, gibt es in einigen Städten Probleme mit den Zuwanderern. Knapp 60 Roma sind in den vergangenen Wochen in den Süden von Halle in den Stadtteil Silberhöhe gezogen. Doch die Stimmung zwischen den neuen und alten Nachbarn ist zum Teil angespannt. Zuletzt haben Unbekannte Fassaden im Stadtteil beschmiert – unter anderem mit fremdenfeindlichen Parolen und Zeichen verfassungswidriger Organisationen. Jetzt ermittelt der Staatsschutz. Der Blick der Behörden richtet sich auf eine Gruppierung, die auf Facebook gegen Ausländer hetzt.
Still liegt der Wohnblock in Halle-Silberhöhe da. Nur vereinzelt sind Menschen zu sehen, ein älterer Mann schaut vom Balkon hinunter, eine Roma-Frau fegt einen Hauseingang, neben ihr spielen vier Kinder. Doch so friedlich ist es nicht immer in der Siedlung, erzählen einige Anwohner. Sie beklagen unter anderem nächtliche Ruhestörungen. Zu viel Lärm, zu viel Müll, Fäkalien in den Büschen. Die meisten haben derlei Vorfälle allerdings bisher nicht selber mitbekommen, sondern kennen sie nur vom Hörensagen.
Von den neuen Nachbarn selbst eine Reaktion hierauf zu bekommen, ist schwierig. Die meisten verstehen kein deutsch. Schließlich erklärt sich ein junger Mann zu einem kurzen Gespräch bereit, auf Spanisch, denn er habe bis vor kurzem noch in Spanien gearbeitet. Auf die Frage, wieso er nach Halle gekommen ist, muss er nur lachen: „Na weil hier das Leben besser ist!“
In Rumänien hätte er keine Arbeit gefunden, erzählt der Mann. Er sei vor einem Monat mit seinem Bruder hergekommen, jetzt arbeite er in einem Landwirtschaftsbetrieb. Von den Diskussionen in der Nachbarschaft hat er noch nichts mitbekommen.
Schmierereien und Protest in Facebook-Gruppe
Doch die Wut der Anwohner bricht sich immer offener ihre Bahn. Am Wochenende wurden Hauseingänge beschmiert, unter anderem mit der Parole „Roma raus“, das S ersetzt durch die Runen der Waffen-SS. Auf einer eigens gegründeten Facebook-Gruppe fielen Wörter wie „Dreckspack“ und „Viehzeug“. Mitglied dieser Gruppe ist auch der hallesche CDU-Bundestagsabgebordente Christoph Bergner – was nun wiederum auf politischer Ebene für Protest sorgt.
Bergner kann das nicht nachvollziehen: „Also, soweit ich darüber urteilen kann, sind diejenigen, die diese Gruppe gegründet haben, Menschen, die nach einer Möglichkeit gesucht haben, die Sorgen der Bevölkerung zu artikulieren und zu bündeln. Wir habens nun leider so, dass es aus der Anonymität des Internets heraus Raum für schreckliche Brutalitäten gibt.“
Einzelne Ansichten verurteilen, das Gesamtanliegen ernst nehmen – das ist Bergners Sicht. Er will die Wogen glätten – wie übrigens auch Polizei und Ordnungsamt, es sind gemeinsame Streifen geplant. Einige Bürger werden das wohl begrüßen, und anderen wird es wohl ziemlich egal sein. „Die sitzen hier am Abend, die unterhalten sich. Die stören mich eigentlich nicht“, sagt ein Anwohner. Ein anderer sagt, er habe selber keine direkten Probleme oder Randale mitbekommen. „Viele Leute fühlen sich halt angestoßen an dem Aufenthalt der Leute.“ Auch solche Stimmen gibt es aktuell in Halle Silberhöhe.
Quelle: MDR
Stand: 23.07.2014
Rassismus als Konsens: „Linke“ in Ungarn macht Wahlkampf auf Rücken der Roma
Álbert Pásztor, der gemeinsame Bürgermeisterkandidat der „linken“ Oppositionsparteien für Miskolc, ist der nächste Offenbarungseid der demokratischen Opposition. Seine martialischen Sprüche zum „Zigeunerproblem“, die er als „realistisch“ verkauft, sollen Wahlerfolge zeitigen, – auf dem Rücken der Roma. Damit kopiert man das „Erfolgsrezept“ der neonazistischen Jobbik. Die Regierungspresse applaudiert und höhnt.
Pásztor war unter den linksliberalen Vorgängerregierungen Polizeichef der drittgrößten ungarischen Stadt Miskolc, die traditionell einen sehr hohen Anteil Roma hat. Er fiel in seinem Job, vor allem 2009 mehrfach durch rassistische Äußerungen zur „Zigeunerkriminalität“ auf, die er jedoch – wie es bei verkappten Rassisten Sitte ist – als „ehrlich“ und „pragmatisch“ gewertet wissen wollte. Kurz gesagt: er machte die örtlichen Roma für fast alle Diebstähle und Raubüberfälle der Gegend verantwortlich, denn „Ungarn“ (lies: Magyaren) würden höchstens Banken und Tankstellen ausrauben, nicht aber Omas, Gärten und Geschäfte. Er wurde von der Regierung abgesetzt, nach „Protesten aus der Bevölkerung“, also aus wahltaktischen Überlegungen, umgehend rehabilitiert.
Pásztor hatte mehrfach einen direkten Zusammenhang zwischen ethnischer Herkunft, daraus folgender „Mentalität“ und der Kriminalitätsstatistik gebastelt, obwohl ihm als Miskolcer die jahrzehntelange, gezielte Asozialisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung der Roma – eben auch aus rassischen Motiven – bekannt gewesen sein musste und die Spezifika der von Roma verübten Straftaten eindeutig materiellen, sozialen und gesellschaftlichen (Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Gesundheitsversorgung, Rechtssicherheit etc.) Ursachen zuzuornden sind. Über die Integration(un)fähigkeit der Roma zu spekulieren, ist so lange schäbig, so lange die Mehrheitsgesellschaft diese Integration verweigert und – auch mit Gesetzen – Bürger zweiter, eigentlich dritter Klasse schafft.
Pásztor ist – auch für das linke Spektrum – kein Einzelfall, rassistische Stereotypen – vor allem gegen Roma – sind in Ungarns Gesellschaft tief verankert, im gesamten politischen Spektrum und in allen Bildungsschichten. Doch eine derartige Person zum gemeinsamen Spitzenkandidaten der maßgeblichen linken Parteien DK, MSZP (E2014-PM hat sich später reserveirt gegeben) zu machen, ist neu und ein klares Signal, dass auch für die „Linke“ die Roma nur ein Objekt politischer Spekulation sind. In einer Aussendung hieß es eindeutig, dass man jemanden als Kandidaten wollte, der „die breitest mögliche Zustimmung der Msikolcer“ erfahre. Rassismus ist dort heute der größtmögliche Konsens.
Ein Mann der zupackt, der „Wahrheiten klar ausspricht“, das scheint für Miskolc der wahltaktisch richtige Ansatz zu sein. Ob es den Roma dort hilft, die unter den Wohltaten der “Nationalen Romastrategie” der Fidesz-Regierung gerade mit der Räumung eines der „Ghettos“ und „Wegziehprämien“ sowie mit dem fortdauernden Jobbik-Terror konfrontiert sind, ohne – außer erniedrigender „Zwangsarbeit“ – eine Perspektive zu bekommen, scheint auch dem „linken“ Lager zweitranging. Mit Pásztor gesteht die „Linke“ ihr Versagen bzw. ihre Ignoranz bei der Roma-Problematik ein als sie selbst an der Macht war. Nun imitiert sie Fidesz, mehr noch, sie geht den Weg Jobbiks.
Pásztor legte jetzt nach und versuchte sein Image zu reparieren. In der „Népszabadság“ zieh er all jene, die ihn kritisierten als Menschen, die „vor Problemen den Kopf in den Sand stecken“ und dass das „Roma-Problem“ auch all jene erfassen wird, die ihn jetzt rassistisch nennen. Inhaltlich versucht sich Pásztor zusammenzureißen und sieht das „Roma-Problem“ im „Mangel an Bildung“ begründet, der wiederum den Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt und der entstand, weil „man ihnen die Chance zur Integration in die Gesellschaft nicht gegeben“ hat. „Unglücklicherweise wurden viele so zu Kriminellen“.
Pásztor warnt im Interview vor „sehr baldigen Hungerunruhen“, denn „es gibt Menschen, die hungern und die werden Geschäfte ausrauben und sich nehmen, was sie brauchen.“ Neben strukturierteren und an Law-and-Order-Standards gebundenen Förderprogrammen macht Pásztor jedoch auch Werbung für einen neuen Weg. Denn was die (gescheiterte) „nationale Romastrategie“, also die Fidesz-Politik versucht, ist ja keine Integration, sondern Assimilisation. Die kann nur schief gehen oder – sollte sie erzwungen werden – in Verbrechen gegen die Menschlichkeit enden. Das „Clan-System“ der Roma, wie es Pásztor im Interview nennt, habe „jahrehundertelang funktioniert“ und die „Mehrheitsgesellschaft sollte bis zu einem gewissen Grad die internen Regeln der Roma-Gemeinschaft tolerieren“.
Das nächste heikle Plaster, das Pásztor aufreisst: die Übernahme „gewachsener Strukturen“, Stammesriten, sozusagen. Ist das nun ethnisch feinfühlig, politisch korrekt, pragmatisch oder schon wieder rassistisch, unterstellt es doch den Roma, für die freiheitlich-demokratische Grundordnung nicht qualifiziert zu sein und hört sich eher nach Reservat als nach Internat an. Fakt ist auch, dass in dem „Vojvoden-System“ (Pásztor) nicht nur Dinge geschehen, die gesetzlich verboten sind, sondern auch dafür sorgen, dass neben der äußeren eine innere Unterdrückung festgeschrieben bleibt.
Wenn Pásztor damit meinte, man müsse die Roma endlich bei den Problemlösungen einbeziehen, ihnen Verantwortung übergeben und das bürgerliche Minimum an Selbstbestimmung gewährleisten, läge er richtig, allein sein „Lösungsvorschlag“ ist dafür völlig ungeeignet – was er wüsste, wenn er sich z.B. einmal mit Roma-Bürgermeistern (ein paar gibt es und auch einige „Best-Practice“-Beispiele) oder Aktivisten darüber unterhalten hätte, die sich nämlich nicht alle hinter Political correct-Floskeln verstecken. Die sind nämlich vor allem damit beschäftigt, – anhand sehr konkreter und kleinteiliger Projekte – allgemeine Grund- und Menschenrechte für alle gegen die Clanstrukturen der „Zigeunerbarone“ durchzusetzen – und gegen die Maßgaben der Regierung. Sie wollen durch Leistung und Perspektiven überzeugen, Hoffnung geben, Widerstände – und eben auch alte Strukturen – aufbrechen.
Passenderweise arbeitet die Orbán-Regierung selbst daran, „jahrhundertealte“ Clan-Strukturen zu revitalisieren, denn ihre ständische Politik zeitigt – vor allem auf dem Lande – auch unter „Magyaren“ immer stärker den Rückfall in die Abhängigkeitsmuster feudaler Strukturen. Pásztor also ist, wie Minister Zoltán Balog oder Heimatdichter Zsolt „Zigeuner sind Tiere“ Bayer, auch nur einer dieser „weißen Männer“, die alles besser wissen, aber nichts besser machen. Doch man kann von Staatsbürgern, die man wie „Wilde“ behandelt oder bezeichnet, kaum die Einhaltung von Normen erwarten. Eine Binsenweisheit, doch an dieser Grundvoraussetzung scheiterte bisher jede „Strategie“ in Ungarn. Freilich wird man die Hühnerdiebe von Omas Garten nicht mit Nächstenliebe und Humanismus allein fernhalten, – ohne diese aber auf lange Sicht schon gar nicht.
Die regierungsnahen Medien triumphieren derweil ob der Auftritte Pásztors, erkennen sie doch das Eingeständnis der „Linken“, dass ihre „political correctness“ an der „Realität“ gescheitert ist und sie daher nun Fidesz kopierten, ja, sich sogar an Jobbik orientierten, in dem sie versuchen, ihre Popularität über Ängste und Ressentiments der Bevölkerung zu erhöhen, wobei man diese Ressentiments notfalls auch selbst steigert. Die „Linke“ seien sich für nichts zu schade und zu blöd, um irgendwie an die Macht zurückzukommen, aber so dumm sei das ungarische Wahlvolk nicht und werde im Zweifel eher das Original wählen als die billige Kopie.
Quelle: Pester Lloyd
Stand: 18.07.2014