Category Archives: Fundstücke

Mahnmal für ermordete Sinti und Roma: Eine gesellschaftliche Baustelle

Mehr als 500 Menschen demonstrierten in Berlin gegen Baupläne der Bahn, die das Mahnmal für Sinti und Roma einschränken könnten.

Als sich der Demozug in Bewegung setzt, wird sichtbar, wer alles gekommen ist, um gemeinsam mit den Selbstorganisationen der Sinti*zze und Rom*nja zu demonstrieren. Ihr Protest richtet sich am Samstag gegen Baupläne von Bundesregierung und Bahn, die den Tunnel für eine neue S-Bahn-Trasse ausgerechnet unter dem Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma im Tiergarten entlang führen möchten. Die Initiativen befürchten daher, dass das Mahnmal im Zuge der Bauarbeiten gesperrt oder sogar teilweise abgebaut werden könnte.

Und sie sind mit dieser Sorge nicht allein: Während der Auftaktkundgebung hatten sich bereits laufend Demo-Teilnehmer*innen rechts und links vom Lautsprecherwagen dazugesellt. Und wie bei einem Fächer, der das ganze Bild erst im aufgespannten Zustand zeigt, reihen sich nun, als es losgeht, Einzelpersonen und als Gruppen erkennbare Teilnehmer*innen hinter dem Lautsprecherwagen ein, bald zieht sich der Zug vom Mahnmal bis zum Brandenburger Tor: Mehr als 500 Menschen sind gekommen – vor einer Woche, bei der ersten Kundgebung, die mehr Aufmerksamkeit auf die Baupläne und das Mahnmal lenken wollte, waren es rund 50 Menschen gewesen. Continue reading Mahnmal für ermordete Sinti und Roma: Eine gesellschaftliche Baustelle

Unser Denkmal ist euer Mahnmal!

Das Mahnmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas ist in Gefahr. Die Deutsche Bahn will den Ort des Gedenkens durch den Bau einer S-Bahn zerstören. Das darf nicht sein. Das Denkmal ist unsere Erinnerung, es darf nicht beschädigt werden! Ebenso muss der Wald um das Mahnmal herum erhalten bleiben. Der Wald ist Teil des Mahnmals und symbolisiert einen Schutzort für die Menschen, die sich vor Verfolgung verstecken mussten. Wir leben in einer Zeit, in der der Rechtsruck sich durch Politik, Institutionen, Medien und durch die Köpfe vieler Menschen zieht. Es ist die Pflicht der kulturellen und politischen Einrichtungen, der Bewegungen und Initiativen und aller Menschen, das Mahnmal zu schützen.

Es wird viele Aktionen geben. Wir werden nicht schweigen. Wir rufen Alle auf, sich zu erheben. Schützt das Mahnmal! Das Mahnmal muss bleiben! Continue reading Unser Denkmal ist euer Mahnmal!

„Unser Dorf ist rechts“

In Heidelberg und Ulm laufen aktuell mehrere Gerichtsverfahren wegen Straftaten, bei denen eine rassistische Motivation vorliegt. An ihnen wird deutlich, welches Ausmaß rechte Gewalt in Baden-Württemberg hat.

Sechs junge Männer müssen sich aktuell vor dem Landgericht Heidelberg verantworten, weil sie bei einem Junggesellenabschied im September 2018 auf türkisch- und portugiesischstämmige Gäste einer Eisdiele in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis) eingeschlagen haben sollen. Mehrere Besucher des Eiscafés erlitten bei dem brutalen Angriff Prellungen und Hautabschürfungen, einem Vater wurde eine Bierflasche auf dem Kopf zerschlagen. Laut Zeugen sollen die Angeklagten „Heil Hitler“ gerufen und den Hitler-Gruß gezeigt haben. Aufgrund von Hygienemaßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie stand zunächst nur die eine Hälfte der Angeklagten – drei Brüder – vor Gericht. Sie haben die Tat gestanden, den politischen Hintergrund der Tat leugnen sie jedoch. Demnach wären die rechten Parolen von den anderen drei Verdächtigten gerufen worden, die erst in ein paar Monaten vor dem Richter erscheinen müssen.

Unter den mutmaßlichen Tätern befindet sich auch ein Mann, der zum Zeitpunkt des Angriffs als Mechaniker bei der Polizei angestellt war. Der Polizeimitarbeiter ist nach Angaben des Innenministeriums mit sofortiger Wirkung freigestellt und von sämtlichen Aufgaben entbunden worden. Neben dieser Verbindung eines Angeklagten in den Polizeiapparat sollte vor allem alarmieren, dass die Medien nach der Tat meist über eine „Massenschlägerei“ berichtet haben. Bei den LeserInnen konnte so der Eindruck entstehen, dass ein Teil der Schuld auf Seiten der Opfer zu finden sei. Der erste Prozesstermin hat diese Darstellung eindeutig widerlegt. Trotzdem ist in der Berichterstattung des SWR noch immer die Rede von einer Schlägerei und nicht konsequent von einem rassistisch motivierten Angriff.

„Die denken alle so“

Ende Mai 2019 standen auf einer Wiese am Ortsrand von Erbach-Dellmensingen bei Ulm mehrere Wohnwagen, die von Roma-Familien bewohnt wurden. Gegen 23 Uhr ist aus einem Kleinwagen eine brennende Fackel auf einen Wohnwagen geschleudert worden, in dem eine junge Frau mit ihrem Kleinkind geschlafen hat. Die Insassen des Autos sollen dabei „Zigeuner, ihr seid hier nicht willkommen“ gerufen haben. Da die brennende Fackel ihr Ziel knapp verfehlte, wurde kein Schaden angerichtet. Wegen versuchten Mordes müssen sich für diese Tat seit vergangener Woche fünf junge Männer vor der Jugendkammer des Landgerichts Ulm verantworten.

Die Angeklagten, von denen vier weiterhin in Untersuchungshaft sitzen, sollen der Fanszene des Fußballvereins SSV Ulm 1846 angehören. Dort wurde vom Fanclub Donau Crew (DC08) bei einem Pokalspiel gegen den 1. FC Heidenheim ein Solidaritäts-Banner mit der Aufschrift „Eingesperrte immer bei uns, stark bleiben Jungs! DC08“ hochgehalten. Dieses Banner wurde kurz nach der Verhaftung der jungen Männer gezeigt, die für den Brandanschlag verantwortlich sind. Am ersten Verhandlungstag haben die Verdächtigen ihre Tat gestanden, den politischen Hintergrund jedoch relativiert. Ebenso unglaubwürdig wie diese Distanzierung von rechten und rassistischen Einstellungen wirkt auf die Beobachter des Prozesses auch die Behauptung, die Gruppe hätte ihre Fackel bewusst auf die Wiese geworfen, den Wohnwagen somit absichtlich verfehlt.

Als die Angeklagten mit Bildern aus ihren Handys konfrontiert werden, auf denen sie vor einer Flagge des deutschen Reiches den Hitlergruß zeigen, meint einer der jungen Männer, dass vergleichbare Aufnahmen bei jedem Zweiten im seinem Dorf zu finden seien. Laut Daniel Strauß, Vorsitzender des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg, haben die Täter bewusst das Ziel verfolgt, die Roma-Familien aus der Ortschaft zu vertreiben. Dabei habe die Dorfgemeinschaft eine zentrale Rolle gespielt: „Der Brandanschlag basiert auf pauschalen und platten Vorurteilen über Sinti und Roma, die in der Dorfgemeinschaft zirkulieren. In Erbach-Dellmensingen ist Antiziganismus in der Mitte der Gesellschaft verankert. Einer der Angeklagten hat offen gesagt: ‚Unser Dorf ist rechts. Die denken alle so.‘ Somit haben die jungen Leute im Grunde jene Erwartungshaltung umgesetzt, die von der Dorfgemeinschaft an sie gerichtet wurde.“

Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert, dass antiziganistische Straftaten besser dokumentiert und verfolgt werden. So sei die Hemmschwelle, Sinti und Roma in Deutschland anzugreifen, sehr niedrig. Dennoch wird Antiziganismus – die Ablehnung von Sinti und Roma – erst seit drei Jahren als eigenständige Kategorie in der polizeilichen Statistik für politisch motivierte Kriminalität erfasst. Seitdem sind die Fallzahlen kontinuierlich angestiegen, Daniel Strauß weist jedoch auf ein großes Dunkelfeld hin. Um Vorurteile gegenüber Sinti und Roma abzubauen, bedarf es aus seiner Sicht einer intensiveren Verankerung des Themas im Lehrplan: „Neben dem nationalsozialistischen Völkermord an den Sinti und Roma und dem gegenwärtigen Antiziganismus müssen an den Schulen auch die geschichtlichen und kulturellen Leistungen der Minderheit thematisiert werden, damit andere Bilder über Sinti und Roma entstehen. Die jungen Leute, die in Ulm vor Gericht stehen, haben die pauschalsten und plattesten Vorurteile im Kopf.“

Schüsse auf eine Gruppe nigerianischer Männer

Wegen gefährlicher Körperverletzung und unerlaubtem Besitz von Munition lief am vergangenen Freitag vor dem Amtsgericht Ulm ein weiteres Verfahren. Angeklagt war ein 51-jähriger Mann, der im August vergangenen Jahres vor dem Bürgerhaus Mitte in der Ulmer Schaffnerstraße ein Treffen nigerianischer Männer attackierte. Bis zu dieser Tat war er als Bote der Stadtverwaltung tätig. Bewaffnet hatte er sich laut Augenzeugen mit einem Schlagring, einem Messer und einer Druckluftpistole, mit der er auf einen Deutschen nigerianischer Herkunft geschossen hat. Der Betroffene, der von seinen Freunden Toy genannt wird, wurde dabei an der Schulter verletzt.

Schon zuvor war der mutmaßliche Täter vor Ort mit rassistischen Äußerungen und Drohungen gegen Migranten aufgefallen. Gegenüber einer Mitarbeiterin des Bürgerhauses hat er unter anderem mit einer Rockergang gedroht, wenn sich weiterhin migrantische Gruppen in den Räumlichkeiten des Gemeindezentrums treffen sollten. Für diese Taten wurde er zu 15 Monaten Haft auf Bewährung und 500 Euro Schmerzensgeld verurteilt. In die Urteilsfindung hat der Richter die politische Ausrichtung des Täters einbezogen, bei dem unter anderem eine Reichskriegsflagge und CDs von rechten Bands gefunden wurden. Obwohl der Täter nur zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, zeigt sich Toy mit der Entscheidung des Gerichts zufrieden. Angesichts seiner körperlichen Schäden hätte er sich jedoch ein deutlich höheres Schmerzensgeld gewünscht.

Da der Täter noch heute in unmittelbarer Nachbarschaft des Bürgerhauses wohnt, sorgen sich manche Nutzer vor weiteren Angriffen. Einige Teilnehmer der nigerianischen Gruppe haben die Gruppe sogar zwischenzeitlich verlassen, auch über räumliche Ausweichmöglichkeiten ist innerhalb der Gruppe diskutiert worden. Toy berichtet davon, dass er nach dem Vorfall große Angst gehabt habe, vor die Tür zu gehen. Trotzdem wolle er sich weiterhin im Bürgerhaus mit seinen Freunden treffen. „Wenn wir uns einen anderen Ort für unser Treffen suchen, hat der Täter sein Ziel erreicht“, meint er. Um dies zu verhindern, habe er sich mit seinen Freunden gegenseitig Mut gemacht, auch vom Bürgerhaus und antirassistischen Initiativen habe er viel Unterstützung erhalten.

Beobachtet wurde der Prozess von Mitgliedern der Initiative Schaffnerstraße, die sich für eine umfassende Aufklärung der Tat einsetzen. Sie kritisieren, dass die rassistische Tatmotivation in der ersten Pressemitteilung der Polizei nicht benannt wurde. Dort ist zunächst nur die Rede von einem Mann, der sich am Lärm durch eine Feier im Bürgerhaus gestört gefühlt habe. Diese Darstellungsweise wurde von einigen Medien zunächst ungeprüft wiedergegeben. Sowohl die rassistischen Äußerungen im Vorfeld der Tat wie auch der gezielte Angriff gegen Migranten sind darin nicht thematisiert worden. Aus einem Angriff, den die Betroffenen als rassistisch motiviert wahrnehmen, wurde demnach ein unpolitischer Streit über eine Ruhestörung.

Rassismus und rechte Gewalt klar benennen

Es sind häufig zivilgesellschaftliche Gruppen wie die Initiative Schaffnerstraße, die dafür sorgen, dass der politische Hintergrund in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Dabei gab es bei allen drei rassistischen Gewalttaten, die nun in Baden-Württemberg zu Gerichtsprozessen geführt haben, von Anfang an genügend Anzeichen für eine politische Tatmotivation.

Gut darauf geachtet wurde beim Brandanschlag in Erbach-Dellmensingen, bei dem Polizei und Medien von Beginn an auf die antiziganistische Motivation hingewiesen haben. Nur wenn die politische Dimension einer Tat im Gerichtsverfahren deutlich wird, können die Gerichte die rassistischen Beweggründe strafverschärfend in ihre Urteilsfindung einbeziehen – wie es laut Strafgesetzbuch bereits seit Jahren der Fall sein soll.

Quelle: Kontext Wochenzeitung

Stand: 20.06.2020

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Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert lückenlose Aufklärung von Polizeigewalt gegen eine Roma Familie in Freiburg

Am Dienstag, dem 28. April 2020, wurden in der Nähe von Freiburg bei einem Einsatz von Polizei- und Ordnungsamt Angehörige einer Roma Familie zum Teil schwer verletzt. Ein 48-jähriger Familienvater erlitt schwere Verletzungen durch Bisse eines Polizeihundes, zwei Frauen und ein weiterer Mann wurden durch Schläge verletzt. Der Polizeieinsatz erfolgte anlässlich einer Bagatelle, bei der es um eine Parkplatzfrage vor der Haustür der Geschädigten gegangen sein soll. Die beteiligten Beamten sollen von Beginn an aggressiv aufgetreten und die Situation vorsätzlich eskaliert haben, in dessen Verlauf ein Polizeihund auf den Mann gehetzt und seine Familienangehörigen mit Faustschlägen traktiert worden seien. Die Verletzungen wurden in einem Krankenhaus behandelt und dokumentiert. Continue reading Zentralrat Deutscher Sinti und Roma fordert lückenlose Aufklärung von Polizeigewalt gegen eine Roma Familie in Freiburg

Corona-Massentests: Familien erheben Vorwürfe

Weil in einem Hochhaus in Göttingen das Coronavirus grassiert, hat das große Testen im Iduna-Zentrum begonnen. Eine Gruppe Bewohner sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Es lief gut an am Freitag im Zentrum des Göttinger Corona-Ausbruchs. Es sei auch gescherzt worden in der Tiefgarage, wo in zwei Zelten Gewissheit gewonnen werden soll über das ganze Ausmaß, heißt es. Dort liegen mit Namen beschriftete Teströhrchen bereit. 605 Röhrchen für 605 gemeldete Bewohner des Iduna-Zentrums, die zum Test müssen. 

In Göttingen ist das Leben in der ganzen Stadt eingeschränkt worden, und das hat sehr viel mit dem Betonklotz zu tun, in dessen Tiefgarage Teams am Freitag die ersten 217 Röhrchen verbraucht haben. Es stand im Raum, den Hochhauskomplex komplett unter Quarantäne zu stellen. Das mildere Mittel ist, alle zu testen. Auch wenn es zur Not mit Zwang durchgesetzt wird.  Continue reading Corona-Massentests: Familien erheben Vorwürfe

*Stellungnahme des Rom e. V. Köln zur geplanten Entfernung, bzw. Verkleinerung des Mahnmals für Sinti und Roma in Berlin durch die Deutsche Bahn*

Schockiert nehmen wir im Rom e. V. zur Kenntnis, dass die Deutsche Bahn (Rechtsnachfolgerin der Deutschen Reichsbahn) plant, das erst 2012 nach langen Jahrzehnten des Kampfes errichtete Denkmal für die ermordeten Sinti und Roma in Berlin für den Bau der S-Bahn zu entfernen bzw. zu verkleinern und an den Rand der geplanten Gleisanlagen zu verdrängen.

Das plant die Deutsche Bahn in beispielloser Ignoranz und mit einer Geschichtslosigkeit die Ihresgleichen sucht.

Laut TAZ-Artikel vom 22.05.2020 fiel man bei der Bahn aus allen Wolken als deutlich wurde, dass sich Widerstand gegen die Pläne formiert. Das macht deutlich „wes Geistes Kind man bei der Bahn ist“. Continue reading *Stellungnahme des Rom e. V. Köln zur geplanten Entfernung, bzw. Verkleinerung des Mahnmals für Sinti und Roma in Berlin durch die Deutsche Bahn*

“We’re Not Coming Out!”: why the overlooked story of Romani Resistance Day still resonates in 2019

It’s been 75 years since Roma and Sinti people in Auschwitz-Birkenau decided to resist an attempt on their lives. But today, Romani people across Europe are still forced to fight for their humanity

On May 16th, 1944, the Auschwitz-Birkenau concentration camp saw a spark. That spark set a whole continent aflame.

That day, SS Guards surrounded the Zigeunerlager, or “Gypsy Camp,” at Auschwitz II–Birkenau with machine guns, ready to liquidate the camp and murder nearly 7,000 people.

The Roma and Sinti prisoners, however, despite being engulfed by the daily reality of death in the camp, chose life. When the SS commando unit called for Roma and Sinti to leave the residential blocks, they were met with prisoners who refused to come out, barricading the doors and fashioning work tools, handcuffs, knives, and rocks into weapons. Continue reading “We’re Not Coming Out!”: why the overlooked story of Romani Resistance Day still resonates in 2019

Ulmer Prozess um Fackelwurf auf Romafamilie: Angeklagte gestehen

Im Prozess um den Brandanschlag auf eine Romafamilie vor knapp einem Jahr in Erbach (Alb-Donau-Kreis) haben alle fünf Angeklagten vor dem Landgericht Ulm die Tat gestanden und sich entschuldigt.

Die jungen Männer haben zum Prozessauftakt eingeräumt, dass sie im Mai 2019 in Erbach-Dellmensingen (Alb-Donau-Kreis) aus dem Auto heraus eine Fackel auf den Wohnwagen der Romafamilie geworfen haben. Die Familie aus Frankreich campierte dort seit zwei Wochen. Im Wohnwagen schliefen zum Zeitpunkt des Angriffs eine Frau und ihr neun Monate altes Baby. Die Fackel blieb etwa zwei Meter vom Wohnwagen entfernt liegen, ein Familienmitglied zog sie weg. Mutter und Kind blieben unverletzt.

 

Prozess um Brandanschlag auf Romafamilie: Angeklagte gestehen
Prozess um Brandanschlag auf Romafamilie: Angeklagte gestehen 3 Min

„Ich schäme mich zutiefst für diese Aktion“, sagte einer der Angeklagten am Montagvormittag. Er und seine Freunde hätten nie vorgehabt, jemanden zu verletzen. Deshalb habe er die brennende Fackel auch nicht auf den Wohnwagen, sondern gezielt daneben geworfen. „Wir waren dumm und haben nicht an die Konsequenzen gedacht“, sagte ein Mitangeklagter. Sie hätten der Familie nur Angst machen wollen. Die Verdächtigen, die zur Tatzeit 17 Jahre bis 20 Jahre alt waren, waren im vergangenen Juli festgenommen worden.

Anklage spricht von fremdenfeindlicher Tat

Den Männern wird versuchter Mord und versuchte schwere Brandstiftung vorgeworfen. Sie hätten in Kauf genommen, dass Menschen in dem Wohnwagen getötet werden.

Die Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen des möglicherweise rechtsextremen Hintergrundes übernommen. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Angeklagten die Tat aus fremdenfeindlichen und gegen Roma gerichteten Motiven begangen haben. Derzeit sind 20 Sitzungstage bis Ende September vorgesehen. Ein Teil der attackierten Familie tritt als Nebenkläger auf.

In Ulm hat am Montag der Prozess um einen Fackelwurf auf den Wohnwagen einer Roma-Familie begonnen (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Stefan Puchner/dpa)
Vertreter der Sinti und Roma und der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg haben vor Beginn der Verhandlung Stellung bezogen.

Verhandlung im Kornhaus

Der Prozess findet wegen der coronabedingten Abstandsregeln nicht im Gebäude des Landgerichts, sondern im Kornhaus in Ulm statt. Vor dem Gebäude protestierten Aktivisten gegen Rassismus. „Der zunehmende Antiziganismus in Deutschland und in Europa bereitet uns sehr große Sorgen“, teilte der Vorsitzende des Landesverbands Deutscher Sinti und Roma, Daniel Strauß, vor der Verhandlung mit.

Quelle: swr.de

Stand: 16.05.2020

#SaveRomafromCorona: Roma-Gemeinschaften vor einer Katastrophe schützen!

In einer Zeit, in welcher der Coronavirus (Covid-19) die ganzen Welt und vor allem die Schwächsten unter uns bedroht, müssten sich die Europäische Union, ihre Mitgliedstaaten, Internationale Organisationen und die Zivilgesellschaft in Solidarität handeln und mit vereinten Kräften alle Menschen in Europa schützen und sich besonders um schutzbedürftige Gruppen kümmern.

Die meisten der geschätzten 12 Millionen Roma in Europa leben unter prekären Zuständen ohne Zugang zu sauberem Wasser, ohne angemessenem Wohnraum, ohne grundlegende Gesundheitsversorgung und ohne finanzielle Mitteln für eine gute Ernährung.[1] Unabhängig von der aktuellen Epidemie sind Menschen mit Romno-Hintergrund bereits aufgrund des Antiziganismus, der spezifischen Form des Rassismus gegenüber Menschen mit Romno-Hintergrund, Diskriminierungen beim Zugang zu angemessenem Wohnraum, Gesundheits- und Sozialdiensten ausgesetzt. Continue reading #SaveRomafromCorona: Roma-Gemeinschaften vor einer Katastrophe schützen!

Roma auf dem Westbalkan und in der Türkei sind durch die COVID-19 Pandemie ernsthaft bedroht

Gemeinsames Statement vom 31.03.2020 des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma mit dem Europäischen Roma Grasswurzel-Netzwerk (ERGO Network, Belgien), Roma Active Albania (Albanien), Otaharin (Bosnien und Herzegowina), Voice of Roma, Ashkali and Egyptians (Kosovo), Advancing Together (Kosovo), Phiren Amenca (Montenegro), RROMA (Nordmazedonien), Romalitico/Romaversitas (Nordmazedonien), Forum Roma Serbia (Serbien), Association of Coordinators for Roma Issues (Serbien), Zero Discrimination Association (Türkei).

  • Roma auf dem Westbalkan und in der Türkei sind durch die COVID-19 Pandemie ernsthaft bedroht.
  • Ein erhöhtes Armutsrisiko, Hungersnöte und rassistische Gewalt stellen eine ernsthafte Gefahr für Roma aber auch für die Gesellschaft insgesamt dar.
  • Wir rufen die Regierungen der betroffenen Länder, die Europäische Union und die einzelnen Mitgliedsstaaten auf die Situation der Roma umgehend und nachhaltig zu verbessern.

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