Der Aufstieg der Hierarchie (Peter Gelderloos)
Bei der Untersuchung des Ursprungs sozialer Hierarchien und Kontrollsysteme vertreten viele radikale Theoretiker*innen einen materialistischen Standpunkt und führen autoritäres Verhalten auf Überschüsse aus der landwirtschaftlichen Produktion und andere Aspekte des Zivilisationsprozesses zurück. Die Tatsache, dass einige nicht-landwirtschaftliche Jagd-&-Sammel-Gesellschaften hierarchische soziale Strukturen entwickelt haben, stellt einen entscheidenden Widerspruch zur materialistischen Sichtweise dar und ist der Schlüssel… Continue reading Der Aufstieg der Hierarchie (Peter Gelderloos)
Beiß die Hand, die dich füttert, es ist die selbe, die dir die Kehle zudrückt!
Ein Aufruf zur Rebellion gegen die Teuerung des Lebens, die Zerstörung der Umwelt und das technoindustrielle System, das uns in Geiselhaft nimmt.
Seit Monaten haben uns Politik und Medien darauf eingestimmt, haben versucht uns zu verängstigen, haben kaum eine erdenkliche Maßnahme zur Bevormundung von uns, die wir von ihnen regiert werden, gescheut – wir sollen von nun an kalt duschen, in unseren beengten Wohnungen frieren oder uns mit dem Waschlappen waschen, wenn es nach dem Willen der Damen und Herren Politiker geht –, nun ist es soweit. Es fließt kein russisches Gas mehr durch die Pipeline Nord Stream 1, vermelden die Medien. Putin habe Deutschland das Gas abgedreht. Die konkreten Konsequenzen sind bislang kaum abzusehen, aber das seit Wochen und Monaten in den Medien diskutierte Szenario von Energiepreisexplosionen und daraus resultierender, allgemeiner Verelendung und Winter-, ebenso wie sozialer Kälte erscheint nicht gänzlich an den Haaren herbeigezogen. Das Klima in Deutschland wird rauer, politisch ebenso wie sozial.
Während sich die Regierung beeilt, ein sogenanntes “Entlastungspaket” zu schnüren, mit dem weniger diejenigen, denen angesichts der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen buchstäblich der Boden unter den Füßen weggerissen wird, entlastet, als vielmehr befriedet, das heißt eine Weile besänftigt werden sollen, so lange, bis der Politik die Lage oportun erscheint, sie fallen zu lassen, bläst die politische Opposition zum Protest. Und da die herrschende Politik in Deutschland eher dem linken politischen Flügel verbunden ist, sind es besonders die rechtspopulistischen Demagogen, die sich erhoffen, die Unterstützung der Massen zu erlangen. Aber was haben sie anzubieten? Die hohlen Phrasen, dass es die “Ausländer” seien, die dem deutschen Michel auf der Tasche liegen würden und deren Verpflegung oder gar Hofierung – nun, wer diesen Quatsch ernsthaft glauben will, der möge sich mal in eines der zahlreichen Flüchtlingslager begeben und sich ein eigenes Bild der Lage machen, um wieder auf dem Boden der Realität anzukommen – dazu führen würde, dass der brave deutsche Steuerzahler1 ärmer und ärmer wird, wer hat sie eigentlich noch nicht als unhaltbare und lächerliche Lügen durchschaut? Auch dass jene schuld wären, die nicht arbeiten gehen, die vielleicht, ja hoffentlich (!) sogar hier und dort einmal unsere Sklaventreiber um einen Teil ihrer Gewinne aus unserer Arbeit bringen, indem sie sich einfach nehmen, was sie brauchen, ohne zu bezahlen, ist im Grunde eine alte Leier. Sicher, in unserer Sklavenmoral als gehorsame, brave, genügsame und vor allem fleißige Arbeiter*innen, mögen jene, die sich auf die faule Haut legen, ebenso wie jene, die sich mit dem einen oder anderen kleinen Diebstahl von der Tafel unserer Ausbeuter*innen, ja ganz gewiss jene, die sich gelegentlich einmal (versehentlich oder aus Ignoranz) an unserem eigenen mickrigen Lohn für unser Sklavendasein vergehen, mit Verachtung betrachtet. Aber ist das nicht geheuchelt? Wer von uns zieht seine Arbeit wirklich dem Müßiggang vor, wenn er*sie die Wahl dazu hat? Und wen hat es nicht schon einmal in den Fingern gejuckt, sich wenigstens dieses eine Mal die gerechte Portion vom Kuchen einfach zu nehmen, anstatt noch um die letzten Krümel zu betteln? Und wer das nicht von sich sagen kann, der ist vermutlich Teil des Problems. Aber außer jenen allzu billigen Feindbildern, die uns höchstens davon ablenken werden, etwas wirksames gegen die miserablen Verhältnisse unseres Daseins zu unternehmen, was haben uns die Demagogen von Rechts sonst anzubieten? Nichts. Sie sind der gleiche Schlag an Politikern, die uns bevormunden, enteignen und ausbeuten wollen und werden, wie jene, die sich heute auf den Regierungssitzen ihre Ärsche wund sitzen.
Aber was wäre die Lösung? Diese Frage erfordert eine weitere Betrachtung des Problems, eine die weit über die unmittelbaren Belange einer Energieknappheit hinaus geht. Aber wenn wir nicht nur den nächsten Winter überleben wollen und uns dabei zudem weiter von der Gunst irgendwelcher Politiker und Ausbeuter abhängig machen, sondern wenn wir danach streben wollen uns ein für alle Mal von den Fesseln zu befreien, die uns zu einem würdelosen Dasein als Sklaven, die sich gemäß den Interessen der Herrschenden herumschubsen lassen müssen, verdammen, dann müssen wir uns die Zeit nehmen, das Ausmaß unserer Enteignung und Unterwerfung zu begreifen.
Wir haben uns hier in den letzten Jahrzehnten vor allem darin geübt, wegzusehen. Weil man uns Glauben gemacht hat, wir würden zu den Gewinnern des technoindustriellen Systems gehören. Weil wir einer der vielen Lügen aufgesessen sind, die uns eingeredet haben, wir wären etwas Besseres und es wären nicht unseresgleichen, die da in den entlegenen Peripherien der Welt gemetzelt und buchstäblich ausgehungert werden. Weil uns das Hinsehen depressiv gemacht hat und wir gedacht haben, wir könnten ohnehin nichts daran ändern. Vielleicht auch nur, weil wir vollauf damit beschäftigt waren, unsere Kredite abzubezahlen, mit denen wir uns den Einheitstraum eines Eigenheims erfüllt haben. Die Gründe mögen vielfältig sein und natürlich gilt das Gesagte nicht für alle. Natürlich hat es immer auch jene gegeben, die sich selbst in den versklavten und gemetzelten Menschenmassen wiedererkannt haben und die ihr Möglichstes unternommen haben, diese Grausamkeiten aufrichtig zu bekämpfen. Es geht mir auch weniger um einen moralischen Fingerzeig, sondern um etwas anderes. Fakt ist: Wir sind nicht anders als diese Menschen, wir hatten nur das Glück, in den letzten Jahren von den allzu grausamen Gemetzel verschont zu bleiben. Verschont deshalb, weil die Mächtigen in unserer unmittelbaren Nachbarschaft unsere Komplizenschaft damit erkauft haben, dass sie uns ein paar Kanten Brot von ihrer reich gedeckten Tafel hingeworfen haben. Wie dumm und kurzsichtig wir doch gewesen sind.
Vielleicht hätte die Gaspipeline Nord Stream 1 schon sehr viel früher lahm gelegt werden sollen. Nicht von einem Despoten, der diese als politisches und wirtschaftliches Druckmittel gebraucht, sondern von uns selbst. In Solidarität mit jenen, die durch die Förderung von Gas und Öl aus ihrer Heimat vertrieben, deren Umwelt vergiftet und die bei der Arbeit auf den Gas- und Ölfeldern von den reichen Ölunternehmen regelrecht verheizt werden und die davon kaum mehr als Krankheit und Tod haben. Vielleicht … Aber es ist anders gekommen, warum einer nicht eingetretenen Vergangenheit nachtrauern?
Aber nun, wo das Gas nicht mehr fließt, was nun? Die politischen Eliten werden uns erzählen, dass Gas und Öl, ja dass Energie im Allgemeinen alternativlos wäre. Vielleicht werden sie die angespannte Situation des Energiemarkts dazu nutzen, noch sehr viel mehr dieser rotierenden Ungetüme namens “Windräder” in unsere Landschaften zu pflanzen oder in mehr von diesen schwarzen Wüsten namens “Photovoltaik” zu investieren. Vielleicht werden sie neue Atomkraftwerke bauen. Vielleicht werden sie das als einen Vorwand nutzen, offiziell in einen Krieg einzutreten, von dem sie längst Kriegspartei sind. Aber was haben wir von all dem? Wir sind doch stets nur diejenigen, auf deren Rücken diese Machtprojekte ausgetragen werden sollen. Was haben wir davon, dass so ein Vögel-mordendes Ungetüm unsere Landschaft verschandelt? Sind wir es etwa, die die Gewinne einstreichen? Was haben wir davon, dass riesige Flächen mit Solarpanelen zugepflastert werden, auf denen nichts mehr wächst und gedeiht? Was haben wir davon, dass eine tickende atomare Zeitbombe in unserer Nachbarschaft steht und sowohl Luft, als auch Wasser verpestet? Es sind die selben Unternehmen, die selben steinreichen Bonzen, die zuvor Geld mit dem Gas (und Öl), das aus Russland und von anderswo auf der Welt zu uns kam, gescheffelt haben, die auch von all diesen neuen Energieprojekten profitieren.
Aber wir brauchen doch Strom und mit irgendetwas müssen wir ja heizen, oder etwa nicht? Sicher. Aber wozu brauchen wir eigentlich Strom? Um uns nach einem ermüdenden Arbeitstag vor die Glotze oder irgendeines der moderneren Unterhaltungselektronikgeräte zu begeben und dort unser Hirn zu entlüften, bis es an der Zeit ist schlafen zu gehen? Um irgendwo zwischen Internet und Smartphonebildschirm heruzudödeln, auf der Suche nach einer Ablenkung dafür, dass unser Leben tatsächlich so langweilig geworden ist, wie wir vielleicht einmal befürchtet hatten? Und sicher gibt es auch nützliche(re) Geräte, die mit Strom versorgt werden wollen. Aber sind wir je auf die Idee gekommen, die eigentlich geringfügige Menge an Strom, die dafür nötig ist, einfach selbst zu produzieren? Jede*r für sich, oder gemeinsam mit den eigenen Nachbarn? Ohne Windräder und Photovoltaikanlagen, die uns von der Industrie abhängig und uns zu Komplizen bei der neokolonialen Förderung von Rohstoffen machen? Gewiss braucht es kein riesiges Stromnetz, um das bisschen Strom zu erzeugen, das nicht unserer Ablenkung von einem aufregenderen Leben dient. Ein Leben in dem wir selbst hinter den Bildschirmen hervorkommen und der Welt da draußen, ebenso wie einander unvermittelt in die Augen blicken. Das bundesweite und europäische Stromnetz, es dient vielmehr der Industrie, die die darüber transportierte Energie nutzt, um einen Haufen Müll zu produzieren, den keiner braucht und dabei zudem mutwillig unsere Umwelt zu vergiften oder anderweitig zu zerstören. Gewiss, was ich vorschlage ist eine gänzlich andere Lebensweise, als jene der technoindustriellen Zivilisation, aber was hält uns eigentlich davon ab, sämtliche Belange unseres Lebens selbst in die Hand zu nehmen? … Und was ist die Alternative?
Die Alternative wird uns von der Politik gepredigt: Haltet die Füße still, tut was wir sagen und vertraut darauf, dass wir schon alles richten werden. Aber dieser Alternative misstraut ihr doch, sonst wärt ihr schließlich nicht hier auf der Straße. Ihr wisst, dass euch von der Politik die Kehle zugedrückt wird, weiter und weiter und weiter, bis ihr schließlich ebenso ersticken werdet, wie eure Brüder und Schwestern in den entlegenen Regionen dieser Welt, in den Rohstoffminen, auf den Öl- und Gasfeldern und den Ghettos und Lagern, in die man sie gesperrt hat, weil man sie dort nicht mehr brauchte.
Und ihr liegt richtig: Die Politik will euch mit ihren Versprechungen und “Entlastungspaketen” ganz billig abspeisen, damit ihr jetzt nicht rebelliert. Dabei gibt es doch eine sehr viel naheliegendere Lösung für Preissteigerungen von Lebensmitteln und Energie: Warum nicht die Supermärkte plündern, in denen sich einige eine goldene Nase verdienen, weil wir essen müssen. Warum nicht Holz, Gas, Öl- und was man sonst noch zum Heizen benötigen mag, ebenfalls von denen stehlen, die es in Vorbereitung auf militärische Operationen im Ausland oder auch bei der Niederschlagung rebellierender Bevölkerungen im Inland horten? Warum nicht einfach mal die Stromrechnung nicht bezahlen, Stromzähler sabotieren, abgestellten Strom selbst wieder anstellen und nicht zuletzt auch für sich selbst oder gemeinsam mit den eigenen Nachbar*innen eigene Lösungen der Stromerzeugung schaffen, die unabhängig sind, von den großen, wie kleineren Energiekonzernen, die sich selbst an unserem Überleben noch bereichern wollen? Und sollte all das nicht genügen, wäre es dann nicht besser, jene wohlstandsgenährten und bio-gefütterten Politikerschweine zu verspeisen, als uns gegen jene zu richten, die ebenso wie wir unter dem System von Ausbeutung und Unterdrückung leiden, dem eben diese Politiker vorstehen? Gesünder wäre es allemal.
Es liegt in unserer Hand, was als nächstes passiert …
Eine Anarchistin, die ihre Entscheidung bereits getroffen hat.
Michael Dörr: Maschinen, Körper und männliche Identität (1995)
Mit der Neuzeit kommt Bewegung ins Bild der Welt: War in der aristotelischen Physik Ruhe der „natürliche Zustand der Körper“, so hat sich im Trägheitsgesetz, das Isaac Newton 1867 formulierte, Bewegung schon zum gleichwertigen „Zustand der Körper“ aufgeschwungen. Überhaupt ist „Bewegung“ zentraler Gegenstand der neuen Wissenschaft. Auch andere Bereiche beschleunigen: Die Bedarfdeckungswirtschaft des Mittelalters wird… Continue reading Michael Dörr: Maschinen, Körper und männliche Identität (1995)
Was ist grüne Anarchie? Eine Einführung über antizivilisatorisches anarchistisches Denken und Handeln (Green Anarchy Collective)
Diese Einführung ist weder als „Bestimmung der Prinzipien“ für eine anarchistische „Bewegung“ noch als antizivilisatorisches Manifest gedacht. Es ist ein Blick auf einige grundsätzliche Ideen und Begriffe, die das Kollektiv und andere Leute, die sich mit der grünen Anarchie identifizieren, miteinander teilen. Wir haben den Anspruch, und setzen das Bedürfnis voraus, unsere Visionen und Strategien… Continue reading Was ist grüne Anarchie? Eine Einführung über antizivilisatorisches anarchistisches Denken und Handeln (Green Anarchy Collective)
Bezmotivny – Eine Zeitung ohne Motiv, internationalistisch, anarchistisch
Der Name der Zeitschrift erinnert an die Bezmotivny-Anarchisten, die im Russland des frühen 19. Jahrhunderts den Angriff gegen die Bourgeoisie wählten, um den sozialen Frieden zu brechen und den Angriff auf den Staat zu radikalisieren. Den meisten erschien ein gewaltsamer Angriff damals als unprovoziert; das ist auch heute noch so. Das Ziel unserer Zeitung ist es vielmehr, die Momente eines andauernden Krieges zu sammeln, nicht der Resignation zu verfallen und dazu beizutragen, einen Grund aufzuzeigen, der existiert und immer existiert hat.
Bezmotivny – Eine Zeitung ohne Motiv, internationalistisch, anarchistisch
Vorwort zur deutschsprachigen Sonderausgabe
Eineinhalb Jahre nach der ersten Ausgabe dieses Projekts (Nummer 0) haben wir uns entschlossen, uns als Gefährten und Gefährtinnen zusammenzutun, um mit diesem aus Italien stammenden Zeitungsprojekt, der anarchistischen Debatte einen internationalen Anstoß zu geben.
Was ihr hier in den Händen haltet, ist keine reine Übersetzung einer der verschiedenen Ausgaben von Bezmotivny, sondern eine Sonderausgabe, die keine Regelmäßigkeit in Sinn und keine Redaktion. Wir haben keine Ahnung, was passieren wird und was uns erwartet; um ehrlich zu sein, sind wir nicht einmal daran interessiert, es zu wissen. Was wir aber wissen ist, wer wir sind. Wir sind Gleichgesinnte, die sich frei und informell zusammengeschlossen haben, um dem von den italienischen Gefährten und Gefährtinnen initiierten Projekt Kontinuität, Schwung und internationale Reichweite zu verleihen. Wir hielten es für eine gute Idee, einen ersten Schritt zur Internationalisierung einer Zeitung zu machen, die wir nicht als Zeitung, sondern als ein Instrument für Anarchist:innen betrachten, das zur revolutionären Debatte und Propaganda beiträgt. Jede:r kann einen Beitrag leisten, unabhängig davon, ob er oder sie sich auf freiem Fuß befindet, der eigenen Freiheit beraubt ist oder fliehen musste. Wir laden daher Anarchist:innen aus aller Welt ein, dieser Reise eine Stimme und Seele zu verleihen. Indem man Beiträge an die italienische Redaktion einschickt, Übersetzungen macht oder die Texte verbreitet, die in dem vorliegenden Format veröffentlicht wurden oder es könnten auch Ausgaben in mehreren Sprachen entstehen. Jede und jeder auf eigene Weise, entsprechend der freien revolutionären Initiative. Wir hoffen, dass dieses Projekt wächst, dass es die Sprachbarrieren überwindet, dass es die Seelen der mutigen Minderheiten und deren rebellisches Bewusstsein, die im Krieg sind gegen das Bestehende, entflammt. So wie wir hoffen, dass die Saat der Revolte weiterhin ohne Gnade keimt und unseren Feind:innen keinen Aufschub gewährt.
Wir verstehen die anarchistischen und subversiven Druckmedien als eine Waffe, die uns zur Verfügung steht, um unsere Kritik gegen diese berüchtigte Welt, die uns umgibt, zu propagieren. Durch die gedruckten Seiten werden die Bedingungen geschaffen, um die Ideen, die Worte und die Taten zu verbreiten und die widerspenstigen Köpfe zu erschüttern. Es liegt dann am Einzelnen, „die im Kopf erarbeitete und im Herzen bebende Theorie in die Tat umzusetzen“, wobei stets zu bedenken ist, dass Worte und Taten untrennbar miteinander verbunden sind. Um es klar zu sagen: Wir werden sicherlich Repression erfahren, wir werden sicherlich unterdrückt. Der Staat und seine Repression werden uns wahrscheinlich daran hindern wollen weiterzumachen, indem sie uns den Boden unter den Füßen wegziehen, aber wie wir zur Genüge wissen, ist das Leben kurz und es gibt schlimmeres! Für jedes unterdrückte Projekt, für jede gefesselte Hand, für jede zerbrochene Seele wird es immer jemanden geben, der das Werkzeug vom Boden aufhebt. Sei es ein Stift, ein Hammer oder eine Pistole. Diese Ausgabe enthält Übersetzungen einiger Beiträge, die in den ersten zehn Ausgaben der Zweiwochenschrift „Bezmotivny“ in italienischer Sprache erschienen sind und die wir aus individueller Sicht, für besonders interessant halten. Einige Artikel wurden mit der Absicht ausgewählt bestimmte Analysen und Inhalte, die wir als fehlend erachteten, in die deutschsprachige anarchistische Debatte einzubringen.
Als ob die Scheiße, die uns umgibt und die man uns aufzwingen will, nicht schon schlimm genug wäre, erleben wir seit einigen Monaten den Ausbruch eines weiteren Krieges zwischen Staaten. In diesem Fall zwischen Russland und der Ukraine (zumindest vorläufig) und den daraus resultierenden Machtspielen zwischen den verschiedenen Weltmächten, einschließlich eines globalen Aufrüstungswettlaufs, wirtschaftlicher Streitigkeiten, nuklearer Drohungen und opportunistischer Streitigkeiten um die Rohstoffversorgung. All dies natürlich auf Kosten der Unterdrückten und Ausgebeuteten. Nach dem Aufkommen dieser Dynamik hielten wir es für sinnvoll, die Übersetzungen der in den letzten Ausgaben von Bezmotivny veröffentlichten Analysen über den Krieg, hinzuzufügen. Da es sich um eine Zeitung handelt, in der jedes anarchistische Individuum seinen eigenen Beitrag leisten kann und da es sich um Texte handelt, die von Individuen mit ihrem eigenen Gewissen und nicht von einem Redaktionsteam geschrieben wurden, halten wir es für unerlässlich, die lexikalischen Entscheidungen, die von den Verfasser:innen des Originaltextes schwarz auf weiß getroffen wurden, beizubehalten. Damit sollen die Entscheidungen, die individuell sind und bleiben, nicht überbewertet oder geschmälert werden. Wir beziehen uns dabei insbesondere auf die Genderisierung von Namen. Im Text findet ihr verschiedene lexikalische Entscheidungen, die die Vorlieben der Autor:innen widerspiegeln.
Darüber hinaus haben wir uns entschieden, den Horizont zu erweitern und die Rubriken „Schwarze Chronik“, „Knastkorrespondenz“, „Infos über die Inquisition“ nach der zehnten Ausgabe von Bezmotivny zu berücksichtigen. Außerdem hielten wir es für wichtig, einen Beitrag – einer von vielen – aufzunehmen, der in der 18. Ausgabe der italienischen Ausgabe erschienen ist und sich mit der Situation befasst, unter der wir schon viel zu lange im Zusammenhang mit dem so genannten „Gesundheitsnotstand“ leiden.Was wir anregen möchten, ist eine Reflexion über die Inhalte dieser Zeitung, um den Vergleich zwischen den vielen Realitäten, die das anarchistische Denken und Handeln beleben, lebendig zu halten. Die Übersetzer und Übersetzerinnen, fühlen sich denjenigen, die die Texte geschrieben haben, verbunden, aber teilen keine einheitlich Tendenz, die in der Rhetorik einen gemeinsamen Nenner findet.
Für internationale Komplizenschaft.
Es lebe die Anarchie!
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[Es folgt eine Zusammenfassung der in den ersten drei Ausgaben von Bezmotivny in Italien veröffentlichten Beiträgen: Un giornale Senza Motivo (Jahr I, Sonderausgabe – 14. Dezember 2020); Un giornale internazionalista (Jahr I, Ausgabe 1 – 15. Februar 2021); Un giornale anarchico (Jahr I, Ausgabe 2 – 1. März 2021)]
Der Name der Zeitschrift erinnert an die Bezmotivny-Anarchisten, die im Russland des frühen 19. Jahrhunderts den Angriff gegen die Bourgeoisie wählten, um den sozialen Frieden zu brechen und den Angriff auf den Staat zu radikalisieren. Den meisten erschien ein gewaltsamer Angriff damals als unprovoziert; das ist auch heute noch so. Das Ziel unserer Zeitung ist es vielmehr, die Momente eines andauernden Krieges zu sammeln, nicht der Resignation zu verfallen und dazu beizutragen, einen Grund aufzuzeigen, der existiert und immer existiert hat.
Bezmotivny will ein vierzehntägiges Projekt sein – oder wagt es zu sein -, das sich vor allem mit dem befasst, was das Leben und die Existenz der Anarchisten selbst betrifft: die Praxis des Angriffs auf den Staat und seine Glieder und seine Repression. Deshalb werden auf diesen Seiten die subversiven Chroniken der Solidarität und Berichte über die Angriffe gegen unsere größten Feinde erscheinen – der Staat, das Kapital und all diejenigen, die ihre aufgeblähten Bäuche stopfen.
Wir haben uns auch dafür entschieden, uns auf die Veröffentlichung von Texten inhaftierter Gefährten und Gefährtinnen auf der ganzen Welt zu konzentrieren, um zu betonen, wie wichtig es ist, die Debatte unter Anarchistinnen und Anarchisten zu fördern, ob sie nun im Gefängnis sitzen oder nicht. Die Macht versucht wie immer, mit infamen Methoden wie der Zensur, die Bindungen der Gefährten, die Geiseln des Staates sind, zu brechen; wir glauben, dass es wichtig ist, ihre Isolation nicht zuzulassen, sondern sicherzustellen, dass sie weiterhin am anarchistischen Krieg teilnehmen können. Schließlich werden wir die Updates der Prozesse, die Adressen der inhaftierten Anarchisten, von denen wir wissen, und deren Verlegungen veröffentlichen. Wir haben uns dafür entschieden, zusätzlich zu einer E-Mail-Adresse eine Postadresse einzurichten, an die sich alle GefährtInnen wenden können, um sowohl denjenigen, die inhaftiert sind, als auch denjenigen, die freiwillig oder gezwungenermaßen keine telematischen Geräte nutzen, die Möglichkeit zu geben, weiterhin zu schreiben und sich an der anarchistischen Debatte zu beteiligen. Darüber hinaus schlagen wir den GefährtInnen, die diese Annahmen teilen, vor, zu dem Projekt beizutragen, indem sie die Zeitung in mehreren Sprachen und mit der gleichen Periodizität herausgeben und so versuchen, die Idee der Internationalisierung des Wunsches, jede autoritäre Präsenz in der Welt zu zerstören, noch eindringlicher zu machen.
Was den Staat betrifft, so scheint es uns klar zu sein, auch wenn es nicht unbedingt für jeden so ist, dass wir unseren Krieg, den anarchistischen Krieg, nicht auf ein einziges Land reduzieren können. Wenn die Repression gegen Subversive die Grenzen überschreitet, wenn die Staaten sich immer mehr zu Repressalien gegen Anarchisten zusammenschließen, ist es vielleicht gut, sich daran zu erinnern, dass der Feind, auch wenn er sich in vielen Formen zeigt, ein und derselbe ist und an jedem Ort angegriffen werden muss – und kann.
Zunächst einmal erkennen wir als anarchistische Individuen weder Staaten noch Grenzen an. Nur Gefährten aus einem bestimmten Land als Bezugsgemeinschaft anzuerkennen, bedeutet in der Tat, sich den Unterscheidungen anzupassen, die der Menschheit von der Macht auferlegt werden, und die von den Regierungen vorgenommene Einteilung zu unterstützen, nach der es einen Unterschied macht, in einem Gebiet geboren zu sein, das von dem einen oder anderen Staat verwaltet wird. Unbestreitbar gibt es Unterschiede, die von der Regierung, der man untersteht, den spezifischen Gesetzen jedes Staates und dem Ausmaß der Repression, der man ausgesetzt ist, bestimmt werden. Aber im Grunde genommen werden wir überall, wo wir geboren werden oder aufwachsen, mit Polizisten, Richtern und Gefängnissen konfrontiert. Die Erkenntnis, dass die Substanz unseres Kampfes gegen das Bestehende dieselbe ist und es daher von grundlegender Bedeutung ist, gemeinsame Überlegungen anzustellen, kann die Debatte durch den Vergleich zwischen Gefährten mit unterschiedlicher Erfahrungen verstärkt und mit unterschiedlichen spezifischen Situationen konfrontiert werden. Die Vielfalt der Geschichten und Probleme, mit denen wir je nach dem Ort, an dem wir leben, konfrontiert sind, ist ein enormer Reichtum, der uns nur helfen kann, unsere Waffen gegen die spezifischen Formen zu schärfen, die die Macht an jedem Ort annimmt: gerade weil die Macht, die sich verändert, dieselbe bleibt und damit der Kampf gegen sie. Als Anarchisten sind wir notwendigerweise Internationalisten: dies zu vergessen bedeutet, von der Notwendigkeit der Befreiung jedes Lebewesens zur Notwendigkeit der Befreiung der „Völker“ überzugehen, ein Projekt, das in der Tat auf die Bildung neuer Staaten hinausläuft, d.h. neue Polizisten, neue Richter, neue Gefängnisse und Gefangene. Es gibt keine unterdrückten „Völker“, es gibt unterdrückte Individuen: Erstere führen Kriege für die Macht, letztere führen Kriege gegen die Macht.
Darüber hinaus haben wir in den letzten Jahren – zumindest in Europa – eine zunehmende Zusammenarbeit zwischen den Repressionsapparaten der einzelnen Staaten beobachtet. Für das Kapital gibt es trotz der verschiedenen Nationalisierungs- und Internationalisierungsbestrebungen Grenzen, die je nach Bequemlichkeit bestehen oder nicht bestehen. Viele Unternehmen, ob groß oder klein, haben Beteiligungen, Investitionen, Vereinbarungen, Hauptsitze und assoziierte Unternehmen in verschiedenen Staaten. Angesichts der Gegebenheit, dass Polizisten und Waren keine Grenzen anerkennen, kann eine wirksame Antwort unsererseits nur aus einer breiteren Perspektive entstammen, als der der fiktiven Grenzen, die uns auferlegt wurden. Das heißt auch den Gesichtspunkt der Repression zu beachten, damit wir nicht von der Zusammenarbeit zwischen den Bullen überrascht werden, die Beachtung des wirtschaftlichen Aspekte der Unternehmen, die an verschiedenen Orten ihre Niederlassungen und Interessen haben. Aus dieser Perspektive sind sie nämlich den Angriffen der Revolutionäre stärker ausgesetzt.
Diese Ideen sind im Anarchismus nicht neu: Seit dem neunzehnten Jahrhundert liegt der Schwerpunkt auf internationaler Solidarität und grenzüberschreitender Organisation bei gleichzeitiger Wahrung der Unabhängigkeit kleiner Gruppen.
Auch in den letzten Jahren gab es einen Dialog in Wort und Tat zwischen Anarchisten und Anarchistinnen aus allen Kontinenten, unter anderem durch den brillanten Vorschlag der Schwarzen Internationale. Bezmotivny will eine internationalistische Zeitschrift sein, weil die Kenntnis des anarchistischen Denkens und Handelns in der Welt die Perspektive verändert: das Schweigen und die Zensur, die die Macht versucht, der anarchistischen Solidarität aufzuzwingen, verhindert nicht, dass beide da sind, aber die Möglichkeit, mehr und mehr zu reden und zu vergleichen, kann dazu führen, die Angriffe zu intensivieren und die Waffen zu schärfen. Überall auf der Welt gibt es einen heißen Seufzer, der Grenzen überschreitet und eine Lawine auslösen kann, die das Bestehende überwältigt. Gegen ihre Kollaboration mit dem Ziel, uns zu vernichten, kann unsere internationale Komplizenschaft eine wirksame Kraft sein, um die staatlichen Strukturen an der Schläfe zu treffen.
Wir schlagen ein Werkzeug vor, das jedem Anarchisten zur Verfügung steht. Ein Instrument, das mit dem Ziel geschaffen wurde, Diskussionen und Konfrontationen – die, wie wir hoffen, manchmal sehr hitzig sein können – zwischen den verschiedenen Vorschlägen, die aus den vielen Arten, den Anarchismus zu verstehen und zu praktizieren, aus der ganzen Welt stammen, aufzunehmen und zu erleichtern. Doch ähnlich wie in der Kartographie die steilen Hänge der Berge und die bewaldeten Weiten der Täler auf die Landkarten projiziert werden, ist auch die Darstellung der komplexen und vielfältigen Welt der anarchistischen Angriffe auf den Staat auf dem Papier mit gewissen Schwierigkeiten verbunden und erfordert manchmal die Anwendung einiger Tricks in der Entwurfsphase. Um dem unmittelbaren Platzbedarf gerecht zu werden, der sich aus der Begrenzung unserer Zeitung auf acht Seiten ergibt, aber auch, um der Gefahr vorzubeugen, sich angesichts der Fülle des Materials zu verzetteln, ist es notwendig, einige grundlegende Kriterien für die Auswahl der zu veröffentlichenden Nachrichten festzulegen. Wir haben uns daher entschlossen, auf diesen Seiten nur über Aktualisierungen von eindeutig anarchistischen Aktionen zu berichten, die von irgendeiner Art von Bekennerschreiben begleitet werden oder die sich in bestimmte Kontexte oder Zeitrahmen einfügen – zum Beispiel Solidaritätsaufrufe oder Mobilisierungskampagnen -, die den Spielraum für Zweifel und die Schwierigkeit der Interpretation in Bezug auf die Natur und die Motivationen der Aktion selbst verringern. Diese Entscheidung entspricht in erster Linie dem Bedürfnis, nicht in den Fehler zu verfallen, für andere zu sprechen und ihnen im Nachhinein andere Bedeutungen und Interpretationen zuzuschreiben als diejenigen, die die Handlung zum Zeitpunkt ihrer Ausführung beabsichtigt und sich vorgestellt haben. Wir halten es für grundlegend, dass unter den Anarchisten jeder Einzelne das volle und ausschließliche Recht hat, selbst zu entscheiden, ob und in welcher Form er seinen Handlungen Nachdruck verleihen will, ohne dass andere von außen Interpretationen oder Interpretationsschlüssel vorlegen. Die Aufnahme einer Nachricht in eine anarchistische Zeitschrift stellt an sich schon eine sehr präzise Konnotation der Aktion selbst dar, so dass in Fällen, in denen diese Konnotation nicht sofort erkennbar ist, lieber auf eine Veröffentlichung verzichtet wird. Aus denselben Gründen werden wir in jeder Ausgabe versuchen, die Nachrichten über Aktionen und Bekennerschreiben so weit wie möglich nicht mit unserer eigenen redaktionellen Lesart zu überlagern.
Wir wollen mit dieser Entscheidung keine grundsätzliche Ablehnung der Praxis von Aktionen ohne Bekennung implizieren: Anonymität oder Signaturen – gleich welcher Art – erscheinen uns nicht als gegensätzliche Entscheidungen, und wir sind nicht der Meinung, dass das eine automatisch das andere ausschließen sollte. Ob man sich für das eine oder das andere entscheidet, kann von vielen Faktoren abhängen, z. B. von bestimmten Kontexten oder spezifischen Wünschen. Was unsere redaktionelle Arbeit in dieser Zeitung betrifft, so würden wir lieber das Risiko eingehen, eine Aktion nicht zu veröffentlichen, die in die anarchistische Debatte einbezogen werden sollte, als das noch größere Risiko einzugehen, fälschlicherweise etwas hervorzuheben, das – aus welchen Gründen auch immer – nicht zur Veröffentlichung vorgesehen war. Auch wenn wir die Personalisierung von Handlungen nicht um jeden Preis unterstützen wollen, überzeugt uns das Kriterium, dass die Beweggründe und Ziele, mit denen eine bestimmte Handlung durchgeführt wird, nicht relevant sind, überhaupt nicht: Unabhängig davon, was man über die Existenz von Handlungen, die für sich selbst sprechen, denkt oder nicht, ist es schwer zu leugnen, dass einige Handlungen – wie das Anzünden einer Kirche oder die Zerstörung einer 5G-Antenne, um nur einige Beispiele zu nennen – in bestimmten Fällen aus sehr unterschiedlichen und divergierenden Gründen durchgeführt werden können. In Ermangelung von Elementen, die es erlauben würden, die Aktion eindeutig in den Kontext der anarchistischen Kriegsführung einzuordnen, werden wir es vorziehen, sie nicht zu veröffentlichen, auch um keine Verwirrung mit Szenarien zu stiften, die manchmal sehr weit von anarchistischem Gedankengut entfernt, wenn nicht sogar völlig unvereinbar sind. Und schließlich: Wie lässt sich allgemein festlegen, was anarchistisch ist? Um dieser komplizierten Frage gerecht zu werden, haben wir beschlossen, uns hauptsächlich auf das Kriterium der Selbstdefinition zu stützen, da dies die einzige Annahme ist, die alle Facetten einbeziehen und respektieren kann, aus denen sich die individuelle und einzigartige Art und Weise, Anarchismus zu leben, eines jeden zusammensetzt. Wer sich als Anarchist definiert, drückt bereits die Entscheidung aus, sich mit einer bestimmten Welt auseinanderzusetzen und an jede Individualität dieser Welt richtet sich diese Zeitung. Bezmotivny ist eine anarchistische Zeitung, denn sie wird von Anarchisten für andere Anarchisten gemacht. Der Weg, den wir mit dem Projekt dieser Zeitschrift eingeschlagen haben, ist wahrscheinlich nicht einmal der einfachste, aber wir glauben, dass es wichtig ist, so viel wie möglich dazu beizutragen, jeder anarchistischen Individualität einen sicheren und konstanten Raum für die vielen Formen der Diskussion unter Anarchisten zu bieten. Das ist es, was uns interessiert und nachdem wir dieses Bedürfnis geäußert haben, werden wir in dieser Richtung weiterarbeiten, solange diese Zeitung existiert.
Für Zusendungen von Beiträgen und/oder Kritiken und Bestellungen:
oder schreiben an
Bezmotivny c/o
Casella Postale 59,
54033 Carrara (MS) – Italien
Redaktionsschluss ist immer am darauffolgenden Sonntag um 19:00, nach dem Erscheinungsdatum der letzten Ausgabe.
Für finanzielle Unterstützung:
Paolo Arosio
IBAN: IT73Q3608105138262022062031
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Die Versandkosten sind nicht mit inbegriffen
In den kommenden Tagen und Wochen werden Zeitungs-Pakete an etliche Szene-Ort im deutschsprachigen Raum versendet. Guckt bei euren Infoläden nach und hilft beim Verteilen!
Elaine Leeder: Anarcha-Feminismus (1979)
Man sagt, daß Frauen oft Anarchismus praktizieren, ohne es zu wissen, während manche Männer sich selbst Anarchisten nennen, ohne das zu praktizieren. (…) Ein politischer Zwitter? Es gibt eine Anzahl Feministinnen, die den unserer Entwicklung inhärenten Anarchismus erkannt und in Gruppenarbeit begonnen haben, zu lernen und zusammenzuwachsen als Anarcha-Feministinnen. Dieser „Zwitter“ entwickelte sich aus den… Continue reading Elaine Leeder: Anarcha-Feminismus (1979)
Anonym: männerschaften (2019)
Der folgende Beitrag erschien 2019 in dem unserer Meinung nach allzusehr auf politisch korrekte Ausdrucksweise bedachten und stellenweise vielleicht auch sich etwas in Belanglosigkeiten und moralisierenden Ausschweifungen verlierenden „anarchafeministischen Fanzine Nebenwidersprüche“ in einer Ausgabe zu „toxischer Männlichkeit“. Er ererbt diese stilistischen Eigenschaften gewissermaßen aus diesem Kontext und doch wirft er unserer Meinung nach, einige wenig… Continue reading Anonym: männerschaften (2019)
(Griechenland) Brief von Thanos Hatziangelos, Mitglied der „Organisation Anarchistische Aktion“ an Mónica und Francisco
Gefunden auf publicación refractario, die Übersetzung ist von uns
(Griechenland) Brief von Thanos Hatziangelos, Mitglied der „Organisation Anarchistische Aktion“ an Mónica und Francisco
23. August 2022
Gefährt*innen Mónica und Francisco,
Diese Worte kommen zu euch aus einer Zelle, die weit von eurer entfernt ist. Sie tragen dieselben komplizenhaften Gedanken mit sich, die Grenzen und Mauern niederreißen. Die gleiche Hartnäckigkeit und Ungeduld, auf die Pfade des Feuers zurückzukehren. Diese Gedanken sterben nicht jeden Tag in den Bars und Uniformen, die uns trennen. Sie leben weiter mit demselben Bedürfnis nach einem weiteren kohärenten Plan, der die Ordnung und Sicherheit dieser alternden Welt dem Feuer und dem Schießpulver überlässt.
Tag für Tag werden mehr und mehr Teile des Himmels dem Stahlgitter überlassen. Und eine Frage spukt mir immer mehr im Kopf herum: Wird der Beto größer oder neigt er seinen Kopf immer tiefer? Aber das Leben selbst gibt die Antwort. Das Gefängnis wird uns nicht besiegen, Gefährt*innen. Weil wir mit demselben Stolz weitermachen und uns mit ganzem Herzen dem Horizont des Umsturzes verschreiben.
Neue Formationen der direkten Aktion entstehen in den Gebieten, die wir bisher für unwiderruflich präsent gehalten haben. Neue Angriffspläne nehmen Gestalt an, das ohrenbetäubende Bedürfnis, die Exponenten der Gewalt und der Ausbeutung der Unterdrückten anzugreifen, breitet sich in den Metropolen aus.
Die Worte der bewaffneten italienischen Autonomie-Rebellen sind notwendig, um unsere Tyrannen daran zu erinnern, dass die Unsicherheit das Unerträglichste ist.
Wie viele Jahre der Gefangenschaft auch vergehen mögen, wir werden unabänderlich an der Umsetzung der Theorie in die Praxis festhalten und die anarchistische Guerilla mit Stolz verteidigen. Wir sind die Glieder im Zusammenhalt der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft des Widerstands, des Bruchs und der Subversion. Wir werden uns nicht einen Moment lang in die Enge treiben lassen. Denn Wille und Notwendigkeit sind im Angesicht der Gefangenschaft wie die Zeiger einer Uhr: Während die Zeit vergeblich versucht, sie zu trennen, gehen sie ihre individuellen revolutionären Wege, die immer am selben Punkt beginnen und enden.
Ich übermittle euch meine volle Unterstützung und sehe den folgenden Feindseligkeiten mit großer Erwartung entgegen. Unsere ganze Kraft für die internationale Gemeinschaft, eingeschlossen in der anarchistischen Guerilla, und die Faust in der Luft für jede Initiative des Kampfes, die darauf besteht, der Ordnung dieser Welt frontal entgegenzutreten.
Sofortige Freilassung des Gefährten Marcelo Villarroel Sepúlveda!
Wir vergessen nicht die Revolutionäre überall, die die Mauern der proletarischen Gewalt mit ihrem Leben geehrt haben.
●Thanos Chatziangelou, gefangenes Mitglied der Organisation Anarchistische Aktion.
Vierter Flügel, Korydallos-Gefängnis.
18.8.2022
(Chile) Zur aktuellen Situation unserer Gefährtin Mónica Caballero im Gefängnis. Anarchistische und subversive Gefangene
Gefunden auf publicación refractario, die Übersetzung ist von uns
(Chile) Zur aktuellen Situation unserer Gefährtin Mónica Caballero im Gefängnis. Anarchistische und subversive Gefangene
August 28, 2022
Seit ihrer Verhaftung im Juni 2020 ist Mónica in einem besonderen Trakt des Frauengefängnisses von San Miguel. Dieser Trakt ist dadurch gekennzeichnet, dass die Gendarmerie (A.d.Ü., die als Schließer verantwortliche Bullen in Chile) eine direkte Kontrolle über die Gefangenen ausübt und die Sicherheitsvorkehrungen umfangreicher und komplexer sind als im übrigen Teil des Gefängnisses.
Darüber hinaus wird Monicas lächerliche Hofzeit – eine Stunde pro Tag – noch bedrückender, da sie praktisch den ganzen Tag über in geschlossenen Räumen eingesperrt ist.
Es gibt jedoch einen Faktor, der unserer Gefährtin das Leben im Gefängnis besonders schwer macht: Sie ist gezwungen, die Räume mit Frauen zu teilen, die ihre Kinder misshandelt, vergewaltigt und/oder ermordet haben. Monica hat ständig und rund um die Uhr Kontakt zu diesen Personen, eine Situation, die für unsere Gefährtin immer unerträglicher wird. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass Monica sich nicht auf die Ermittlungen und Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft verlässt, sondern dass sie selbst es sind, gemeint sind die anderen Frauen, die ihr abscheuliches Verhalten offen zur Schau stellen und die Aggressionen und Vergewaltigungen an ihren Kindern normalisieren.
In diesem Sinne weisen wir ganz klar darauf hin, dass es sich um eine Strategie der Macht handelt, um Gefährt*innen zu brechen, die ihr Leben dem Kampf gegen die Autorität verschrieben haben, wie es Monica offensichtlich getan hat. Die Macht weiß, dass unsere revolutionäre Ethik mit diesen abscheulichen Verhaltensweisen und denjenigen, die sie begehen, frontal kollidiert, weshalb sie absichtlich diese Art von Provokationen einsetzt, die nach allem, was man hört, eine zusätzliche Bestrafung darstellen.
Wir werden nicht akzeptieren, gemeinsame Räume mit Vergewaltigern zu teilen, deshalb fordern wir den sofortigen Wechsel des Knasttrakts unserer Gefährtin Monica Caballero.
Der Wechsel des Trakts würde auch bedeuten, dass unsere Gefährtin nicht mehr einem besonderen Kontroll- und Überwachungssystem unterworfen wäre, was ihre Situation innerhalb des Knastes zweifellos verbessern würde.
SCHLUSS MIT DEN BESONDEREN KONTROLL- UND STRAFMASSNAHMEN GEGEN MÓNICA CABALLERO!
BIS DIE LETZTE BASTION DER GEFÄNGNISGESELLSCHAFT ZERSTÖRT IST!!!
ANARCHISTISCHE, SUBVERSIVE UND MAPUCHE-GEFANGENE RAUS AUS DEN KNÄSTEN JETZT!!!!
-Francisco Solar.
Módulo 2. Cárcel La Gonzalina – Rancagua.
-Mónica Caballero.
Módulo de connotación pública. CPF San Miguel.
-Marcelo Villarroel.
-Juan Aliste.
-Joaquín García.
Módulo 1. Cárcel La Gonzalina – Rancagua.
Ende August 2022.