you can’t be neutral on a moving train
Am 26.03. demonstriert die Assoziation gegen Antisemitismus und Israelfeindschaft NRW um 14:00 Uhr auf dem Bertha-von-Suttner-Platz in Düsseldorf gegen die in den Räumlichkeiten der Volkshochschule gezeigte geschichtsrevisionistische Ausstellung “Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948”.
Aufruf:
you can´t be neutral on a moving train.
Israel und die Nakba.
Bilder einer Ausstellung.
Vom 16. bis 31.3 präsentiert die Düsseldorfer Volkshochschule in ihren Räumlichkeiten die Wanderausstellung „Die Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1948“. Seit einigen Jahren tingelt die vom Verein „Flüchtlingskinder im Libanon“ konzipierte Ausstellung bereits durch Deutschland – und sorgt (berechtigterweise) für einige Kritik.
Der Begriff „Nakba“ stammt ursprünglich von dem syrischen Historiker Constantin Zureiq – einem intellektuellen Befürworter der Ausbildung einer „arabischen Nationalphilosophie“. In seinem bereits 1948 erschienen Werk „The Meaning of the Disaster“ definiert er diesen als politischen Kampfbegriff – als „moralisches Gegengewicht“ – gegen den ungeheuer aufgeladenen Begriff der Shoa.
Die hier gezeigte Ausstellung folgt dieser Linie: Die „Nakba“ wird als nationale Katastrophe konstruiert und implizit werden Analogien zur Vernichtung der europäischen Jüdinnen und Juden gezogen, während der Zionismus gleichzeitig als perfide ideologische Grundlage zur „Landnahme“ und „Vertreibung“ charakterisiert wird. Es wird jedoch völlig außer Acht gelassen, dass nach kontinuierlicher und systematischer Verfolgung der Jüdinnen und Juden, welches in der Shoa kulminierte, es mehr als dringend und nötig war einen jüdischen Staat zugründen. Über Jahrhunderte hinweg zeigte sich, dass kein Staat fähig oder willens war die Jüdinnen und Juden dieser Welt zu schützen. Somit ist aus jeder historisch bewussten und kritischen Hinsicht das Existenzrecht Israels in keinster Weise verhandelbar. Angesichts dieser Grundlage muss die völlig entkontextualisierte und den historischen Fakten widersprechende Darstellung der Ereignisse in der genannten Ausstellung als offen geschichtsrevisionistisch und antijüdisch bezeichnet werden.
Einige Beispiele?
Seit etwa 1936 häuften sich im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina antisemitische Pogrome, die von der palästinensischen Führung mit teils nationalistischer, teils religiös-islamistischer Propaganda angestachelt wurden. In der Wanderausstellung werden diese jedoch euphemistisch als “palästinensisch-arabischer Widerstand“ gefeiert. Der Großmufti von Jerusalem, Amin-al-Husseini, wird aus guten Gründen mit keinem Wort erwähnt: Seine antisemitischen Hetztiraden, seine Verantwortung für die Pogrome und seine offene Kollaboration mit Nazi-Deutschland vor und während des Zweiten Weltkriegs würden das sorgsam geklitterte Geschichtsbild auch empfindlich stören.
Die Darstellung des Israelisch-arabischen Krieges von 1948 beginnt mit der durchaus richtigen Feststellung, dass die palästinensische Führung den UN-Teilungsplan rundheraus ablehnte, während sich Israel einverstanden erklärte. Daraufhin erklärten die arabischen Staaten Ägypten, Syrien, Transjordanien, Saudi-Arabien, Libanon und Irak dem neu gegründeten Staat Israel den Krieg. Soweit, so unleugbar. Hieraus wird jedoch nicht die einzig logische Schlussfolgerung gezogen – dass das kompromisslose Verhalten der palästinensischen und arabischen Führung zumindest mitverantwortlich ist für die Vertreibung von etwa 750000 Palästinensern (die nur im Kontext des Krieges erklärt werden kann). Stattdessen werden die arabischen Staaten im Rahmen dieser Ausstellung perfider Weise für ihr „zu zögerliches militärisches Eingreifen“ gerügt. Dass es während des Bürgerkrieges im britischen Mandatsgebiet ab 1947 zudem viele von arabischen Milizen begangene Massaker in jüdischen Dörfern gegeben hat, wie z.B. 1948 in Kfar Etzion, wird ausgeblendet.
Unerwähnt bleibt im Kontext dieser Ausstellung zudem die konkrete Politik der arabischen Staaten gegenüber den palästinensischen Menschen: Die kriegführenden Staaten forderten die palästinensische Bevölkerung schon vor Kriegsbeginn dazu auf ihre Dörfer zu verlassen, um sie als Manövriermasse gegen Israel in der Hand zu halten. Zudem verweigerten (außer Jordanien) sämtliche arabische Staaten die Anerkennung der palästinensischen Flüchtlinge als gleichberechtigte Staatsbürger. Bis heute leben sie (so beispielsweise in Ägypten und im Libanon) in Lagern – als „Bürger“ zweiter Klasse. So muss man sich vor Augen führen, dass diese Menschen seit über 60 Jahren ohne jegliche rechtlichen Anerkennungen seitens der arabischen Länder unter unzumutbaren Bedingungen in Flüchtlingslagern leben. Obwohl viele von ihnen in diesen Lagern, also auf arabischem Boden, geboren worden sind, werden ihnen jegliche staatsbürgerlichen Rechte verweigert. So sollte an Stelle der unrealistischen und ideologisch motivierten Forderung nach einem „Rückkehrecht“ viel eher die realpolitische Forderung stehen, diese Menschen als arabische Bürger anzuerkennen.
Was aber würde passieren, sollte die ethno-deterministische und im Grunde einer aggressiven Blut-und-Boden-Ideologie verhaftete Forderung nach einer Rückkehr der seit über 60 Jahren (das heißt seit circa drei Generationen) in anderen Ländern lebenden Flüchtlinge politische Wirklichkeit werden? Schon bei der Betrachtung der aufgeführten Zahlen (5 Mio. Flüchtlinge) wird deutlich, dass offenbar die Erwartung vorliegt, dass auch die Nachfahren der damaligen Flüchtlinge (rund 750.000) ein Rückkehrrecht nach Israel hätten, eine Forderung auf Grundlage einer rigiden Blut-und-Boden-Ideologie. Die hier formulierte Kritik bezieht sich nicht auf die Forderung eines Rückkehrrechts für ursprünglich vertriebene bzw. geflüchtete Menschen und Familien, sondern auf die implizierte Ideologie. Die Rückkehr von schätzungsweise 5 Millionen palästinensischen „Flüchtlingen“ ins israelische Kernland hätte ohne jeden Zweifel ein Ende des Staates Israel zur Folge. Jedes weitere Bemühen um Annäherung und ein Gelingen des Friedensprozesses wäre damit endgültig hinfällig. Hierhin eine Forderung nach einer „Reinhaltung“ Israels in einem rassistischen und nationalistischen Sinne zu verstehen, wäre völlig verfehlt. Es steht außer Frage, dass Israel der einzige Staat auf dieser Welt ist, welcher es vermag allen Menschen vor Antisemitismus und darin begründeter Verfolgung Schutz zu bieten. Gerade im arabischen Raum sind Antisemitismus und antisemitisch aufgeladener Antizionismus weitverbreitet und stellen für alle Jüdinnen und Juden eine elementare Gefahr da. Solange dies der Fall ist, muss es einen jüdischen Staat mit einer sicheren jüdischen Mehrheit geben. Freilich ist es zunächst Spekulation, was konkret passieren würde, würden Menschen, die auf Basis antisemitischer Klischees sozialisiert wurden, nach Israel “zurückkehren” können. Doch sollte jeder Mensch mit kritischem Bewusstsein nicht gewollt sein dieses Szenario auf die Probe zu stellen.
Darüber hinaus sollte auch in besonderer Weise dargestellt werden, welche eklatanten Unterschiede zwischen den Vergesellschaftungsforme n der arabischen Staaten und der palästinensischen Verwaltung auf der einen und dem israelischen Staat auf der anderen Seite bestehen. Der Staat Israel hat sich vor dem Hintergrund reiner Negativität gegründet – vor dem Hintergrund einer jahrhundertealten Verfolgungsgeschichte, sowohl in den bürgerlichen Gesellschaften des Westens als auch den arabischen des Nahen Ostens. Es war und ist kein Zufall, dass (neben dem in der deutschen Volksgemeinschaft stets seinen gefährlichsten Aggregatzustand erreichenden Antisemitismus) gerade die arabische Welt einen in weiten Schichten verbreiteten Judenhass seit langem kultiviert und radikalisiert. Wenn die Hamas in ihrem Programm verkündet die „Juden ins Meer werfen“ zu wollen und eben jene Organisation weite Teile der palästinensischen Gebiete kontrolliert bzw. kontrollieren kann, so ist dies nicht Ausdruck eines Widerspruchs sondern einer Zwangsläufigkeit.
Dementsprechend gilt es die konkrete Politik Israels im Kontext seiner Geschichte als Projekt der Überlebenden, als Rettungsinsel der von globalen antisemitischen Angriffen (und damit vom kollektiven Mord) Bedrohten nachzuvollziehen. Israel ist ein kleiner Staat, der sich seit seinem Bestehen vieler Angriffe erwehren musste und der gerade in der Phase seiner äußerlichen und innerlichen Konstituierung mit Sicherheit keine expansionistisch-imperialistischen Ziele verfolgte. Das Ziel das dieser Staat vielmehr seit seiner Gründung verfolgt ist die (endliche) Einlösung des bürgerlichen Glücksversprechens für seine Bewohner. Dies gilt es anzuerkennen, bevor man sich daran macht über Geschichte und Rolle des israelischen Staates zu urteilen oder gar eine Ausstellung zu konzipieren, in der von „Landnahme“, „Terrorakten“ und „Vertreibung“ die Rede ist.
Wem aber dienen eine solche Ausstellung und die darin transportierten Inhalte letztlich? Ähnlich wie Mythen und Stilisierung der deutschen Vertriebenenverbände dient die Instrumentalisierung der Nakba der Manifestation und infernalen Festschreibung eines verlorengegangenen Anspruchs. Sie dient einer rückwärtsgewandten Stabilisierung. Die Angst aus der Geschichte herauszufallen wird auf diese Weise gebannt und der palästinensische Opfermythos zur steten Drohung gegenüber allen, die mit den realen politischen Gegebenheiten leben oder gar zu einem friedlichen Miteinander fortschreiten wollen. So bleibt die permanente Thematisierung der Nakba (zumal in der hier gezeigten Form – als krude Aneinanderreihung historisch einseitiger Auslegungen und bewusst lückenhafter Darstellungen) ein Menetekel über dem Haupt Israels. Und dies gilt es in jedem Falle mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu kritisieren! So ist das Problem nicht die Thematisierung der Vertreibungen, sondern ihre enkontextualisierte und geschichtsrevisionistische Darstellung, die offenkundig dem Zweck dient das Existenzrecht Israels in Frage zu stellen. Noch Jahre nach der „Nakba“ wurden in etwa 800.000 Jüdinnen und Juden aus den arabischen Staaten nach Israel vertrieben. So lange also Antisemitismus und Antizionismus vorherrschen, gilt es, jenseits des historisierten Nakba-Diskurses, praktische Parteinahme für den Staat Israel und für die Sicherheit und Souveränität der israelischen Bevölkerung zu ergreifen!
In diesem Sinne back to where we started:
you can’t be neutral on a moving train…
Assoziation gegen Antisemitismus und Israelfeindschaft NRW // 03/11
Kontakt: [email protected]