Homosexualität im NS

Auf Grund des homosexuellenfeindlichen § 175 wurden zwischen 1933 und 1945 etwa 100.000 Menschen verurteilt, in der Mehrzahl zu Gefängnis- oder Zuchthaushaft. Von den 10.000 bis 15.000 in Konzentrationslagern Inhaftierten überlebten 4.000 bis Kriegsende. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus (NS) gab es weder eine Rehabilitation der Opfer noch eine Verfolgung der Täter. In der Bundesrepublik wurde der § 175 bis 1969 in seiner nationalsozialistischen Fassung beibehalten.
Bis in die 1970er Jahre lag ein „dröhnendes Schweigen“ (Nancy Wagenknecht) über diesem Thema, das erst die homosexuelle Bewegung der 1970er Jahre durchbrach. Trotz dieser sozialen Kämpfe wurde der § 175 erst im Jahr 1994 endgültig aus dem Strafgesetzbuch der Bundesrepublik gestrichen. Vor heute 10 Jahren entschuldigte sich der Deutsche Bundestag bei den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus und es wurden alle Urteile aus der NS-Zeit aufgehoben. Schließlich wurde 2008 ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Berlin-Tiergarten eingeweiht, unweit des Denkmals für die ermordeten Juden Europas.
Die Queere-Debatte über diese Entwicklung der letzten Jahre war heftig. So wurde das Denkmal aus den Reihen des transgenialen CSD – der als eine ausdrücklich politische Demonstration parallel zu den großen CSD-Paraden stattfindet – grundsätzlich abgelehnt. Aktivist_innen sahen es als einen Ausdruck einer identitären Vereinnahmung des Gedenkens und kritisierten Antisemitismus und Opferkonkurrenz die bei Teilen der Lobby für das Denkmal zum Ausdruck kam. Dagegen wurde aus den Kreisen der Zeitschrift „Emma“ Kritik an der Einseitigen Thematisierung der Verfolgung von Schwulen im Denkmalkonzept laut – es sollte zu beginn durch ein Kuckloch zwei sich küssende Männer zeigen – die eine Diskussion über Überschneidungen und Differenzen in der homosexuellenfeindlichen Politik gegenüber Lesben und Schwulen nach sich zog. Das Denkmal bleibt damit bis heute ein umstrittener Ort.
Im Rahmen der Gedenkreihe 27.Januar greift femKo das Thema „Homosexualität im NS“ auf. Zuerst in der Vorführung und Diskussion des Dokumentarfilms „§ 175“ am 09.01.2012 um 19h im Cafe Kabale . Er erzählt die Lebensgeschichten von mehreren Männern und Frauen, die von den Nazis im Rahmen ihrer heterosexistischen Politik verfolgt wurden. Weiter geht es dann am Sonntag den 15.01 um 18h mit der Vorführung des Theaterstücks „Schlachter-Tango“ im Theater im Op , in der sich der Schauspieler Michael Grunert mit der Lebensgeschichte von Ludwig M. auseinandersetzt, der 1936 wegen Homosexualität von der Gestapo verhaftet wurde und – als Jude verfolgt – die Konzentrationslager Buchenwald und Auschwitz überlebte.
Sicher bieten diese spannende Veranstaltungen die Möglichkeit auch einige der oben angedeuteten Diskussionen der letzten Jahre weiterzuführen.

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