Tag Archives: Konsum

Kann man Nachhaltigkeit kaufen?

Wie oft stellen wir uns die Frage: Welches Produkt soll ich kaufen und unter welchen ökologischen und sozialen Bedingungen wurde dieses hergestellt? Billig oder teuer? Marke oder No-Name? Regional produziert oder globale Lieferketten? Können wir etwas Gutes tun, indem wir unseren Konsum verändern?

Fakt ist, dass heutzutage viele ihr Konsumverhalten sozial und ökologisch gerecht gestalten wollen. Unsere Möglichkeiten sind dahingehend auch unbegrenzt, wir finden für jedes konventionelle Produkt eine Bio/Fairtrade/Vegane-Alternative. „Politik mit dem Einkaufskorb“ so nennen viele diese Lebenseinstellung. Wir brauchen fairen und nachhaltigen Welthandel und es ist wichtig das zu unterstützen. Denn der Markt richtet sich nach den Konsument*innen, das heißt auch Nachhaltigkeit lässt sich kapitalistisch Vermarkten, also mit dem Ziel von Wachstum und Gewinn. Schwer vorstellbar das alles was grün gelabelt ist auch wirklich Nachhaltig ist.

Auch nachhaltig scheinende Produkte sind im Kapitalismus hergestellt. Die einen unter besseren Bedingungen und die anderen unter schlechteren. Das ist wichtig zu wissen für ein klimagerechtes Handeln. Der Kapitalismus schafft es, jegliche Wirtschafts- und Gesellschaftsform für sich zu gewinnen und der Kapitalismus ist ein Phänomen, welches durch Wachstum und Konkurrenz lebt. Doch Wachstum und Konkurrenz ist das, was dem Planeten und der Menschheit am meisten schadet. Jährlich verbrauchen wir weit mehr Ressourcen als der Planet in derselben Zeit reproduziert. An diesem Punkt ist es hervorragend, wenn alle die Möglichkeiten haben, sich zu bilden und nachhaltigen Konsum zu unterstützen, dies auch tun. Viele Umweltverbände, auch der BUND, haben das Thema „Konsum“ längst für sich entdeckt und werben immer wieder damit den eigenen Konsum zu überdenken. Die Kritik wird auch in einem angemessenen Rahmen laut. Doch muss diese Kritik alle Menschen mit einbeziehen, nicht nur die, die es sich leisten können Demeter Produkte zu kaufen. Eben diese Menschen werden leider zu oft vergessen. Nachhaltigkeit kostet nicht wenig Geld. Als kleines Beispiel: Für ein Biobrot werden gerne mal vier bis fünf Euro bezahlt, während das konventionelle Produkt nur die Hälfte kostet. Doch nicht nur Lebensmittel sind teurer, für Nachhaltigkeit muss man immer draufzahlen. Das heißt „Politik mit dem Einkaufskorb“ ist keine Sache, die man von allen erwarten kann, im Gegenteil es ist ein Privileg.

Die Forderung „System Change, not Climate Change“ wird auf der Straße mit Demonstrationen, Aktionen und Rebellion erkämpft  und in alternativen Ideen zu den bestehenden Verhältnissen gelebt. Wir brauchen diese Alternativen um zu verhindern, das sich der Kapitalismus als alternativlos darstellt. Denn das ist die Stärke dieses Systems.

Um die anfänglichen Fragen wieder aufzugreifen: Nein. Der Kapitalismus ist niemals klima- und sozialgerecht. Wir können höchstens Produkte kaufen, die besser sind als andere, besser in Form von: „nachhaltiger“, „fairer“ oder „regionaler“. Da dieses Privileg nur einem kleineren Teil der Menschheit vorbehalten ist, müssen wir dafür sorgen das Nachhaltigkeit nicht teuer oder eine „nice to have“ Option ist. Nachhaltigkeit bedeutet auch Gerechtigkeit. Die Frage was Gerechtigkeit ist beantworten nicht Politiker*innen, Kapitalist*innen oder andere Vertreter*innen der bestehenden Verhältnisse, sondern diejenigen, die unter der Abwesenheit von Gerechtigkeit leiden.

Veränderung muss her – Wir haben es satt!

Wir haben die aktuelle Agrarpolitik satt! Wir haben Massentierhaltung satt! Wir haben das Artensterben satt!

Dafür sind wir am 18. Januar mit 27000 Menschen und 170 Traktoren in Berlin auf die Straße gegangen. Unsere Forderungen an die Bundesregierung: artgerechte Tierhaltung, weniger Fleischkonsum, Klimaschutz, Pestizidausstieg und gutes Essen zu fairen Preisen. Verkleidet als Bienen, Maiskolben, Hühner und Kühe sind wir mit diversen selbstgebastelten, bunten Schildern durch die Straßen gezogen und haben lautstark auf die nötige Agrarreform aufmerksam gemacht.

Um eine zukunftsfähige, faire und vor allem nachhaltige Landwirtschaft gewährleisten zu können, muss sich vieles grundlegend ändern.

„Verlust der Artenvielfalt in Deutschland: Der Pestizideinsatz muss verboten werden.“ Die Dringlichkeit dieser Forderung geht beispielsweise aus dem „Bericht zur Lage der Biodiversität“ hervor, den der UN-Biodiversitätsrat am 6. Mai 2019 veröffentlichte und wurde auch von den Aktivist*innen auf der Demo gefordert. Dort heißt es, „dass eine Ertragssteigerung auf einer zuvor „mittelintensiv“ genutzten Fläche um 85% fast ein Viertel der zuvor heimischen Arten verschwinden lässt.“ „Aus den Berichten von wissenschaftlichen Einzelveröffentlichungen […] gehe hervor, dass die Intensivierung der Produktion auf landwirtschaftlichen Flächen tatsächlich spürbare Verluste der Artenvielfalt nach sich ziehe.“ So top agrar-online über die Auswirkungen der industriellen Landwirtschaft auf das Artensterben.[1] Doch das ist noch nicht alles. Auch die exzessive Güllenutzung stellt eine Bedrohung für die Artenvielfalt und den Menschen dar. Verantwortlich dafür ist zum größten Teil die Agrarindustrie, die in der Massentierhaltung so viel Gülle produziert, dass z.B. Nitrat, welches bei Gülledüngung entsteht von Pflanzen nicht mehr aufgenommen werden kann und so in unser Grundwasser und in jegliche Ökosysteme gelangt. Heutzutage werden zwei Drittel des Trinkwassers in Deutschland dem Grundwasser entnommen. Weniger als ein Drittel unseres Wassers ist nicht mit Nitrat belastet.

Deutsche Landwirtschaft und globale Probleme.

Unsere Art des Landwirtschaftens verursacht jedoch auch außerhalb Deutschlands drastische Probleme. Um ausreichend Futtermittel für die etwa 745 Millionen Tiere, die pro Jahr allein in Deutschland in Massentierhaltung leben und sterben, bereitstellen zu können, werden riesige Flächen des Regenwaldes abgeholzt. Der Regenwald reguliert maßgeblich unser globales Klima und ist zeitgleich Lebensraum für Millionen von Tieren und Pflanzen.

Nun ist die Demo einen Monat her und es ist an der Zeit, dass sich alle immer wieder erinnern ihr Konsumverhalten zu überdenken, auf die Straße zu gehen und für Klimagerechtigkeit zu kämpfen. Sei es öfter Fleischfreie Alternativen zu wählen, ökologische statt konventionelle Landwirtschaft zu unterstützen oder den Protest gegen den Umgang mit unserem Planeten in die Öffentlichkeit zu tragen. Auf der Website des „Wir Haben Es Satt“ Bündnis findet ihr Infos zu Aktionen für klimagerechte Landwirtschaft.

Gastbeitrag von Marisol.

 

[1] https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/welchen-anteil-traegt-die-landwirtschaft-am-artensterben-11531586.html

Primark eröffnet in Kiel nicht unwidersprochen

Seit dem 6.11.2019 gibt es in Kiel eine Primark-Filiale. Die Eröffnung und die folgenden Tage werden untermalt sein mit Protest gegen die Modekette. Verschiedene kleine Aktionsgruppen, Extinction Rebellion und die BUND-Jugend haben bereits Aktionen in der Kieler Innenstadt geplant oder durchgeführt.

Im April 2013 stürzte in Bangladesh ein neungeschössiges Fabrikgebäude ein und begrub über tausend Arbeiter*innen unter sich. Primark gehörte zu den Konzernen die in der Fabrik Rana Plaza produzieren ließen. Primark produziert unter menschen-unwürdigen Verhältnissen, die Kleidung hat eine fatale Ökobilanz und dann betreibt die Kette auch noch ein absolut perverses Greenwashing. Des Weiteren verfolgt Primark eine sogenannte fast-fashion Strategie. Das heißt: Kleidung wird quantitativ hergestellt, um sie eine Saison zu tragen und danach wegzuschmeißen. Mehr als genug Gründe, um Protest zu äußern. Doch sollte nicht vergessen werden, dass fast alle Textilkonzerne gleich oder ähnlich wie Primark produzieren, um dann ihre Produkte auch noch viel teurer zu verkaufen. Dass der Kauf von solchen Textilien kapitalistische Verwertungslogiken bestätigt und nicht gerade zu besseren Umständen führt, ist klar. Was in der Kritik oft ausgespart wird: Es gibt viele Menschen die sich keine qualitative und teure Kleidung leisten können. Denn Menschen leiden nicht nur Tausende Kilometer entfernt unter Ausbeutung und systematisch kapitalistischen Druck -auch hier in Europa. Beispielsweise schlecht bezahlte Lohnarbeit oder ALG II zwingen Menschen, billige Produkte zu kaufen.

Der Protest ist also meiner Meinung nach vollkommen legitim. Jedoch sollte er gegen alle Textilkonzerne, die Menschenrecht und Umwelt/Klima ihren Profiten, geführt werden. Gleichzeitig müssen wir gemeinsam Alternativen schaffen und nutzen. Kleine nachhaltige und faire Unternehmen supporten und einfach second-hand kaufen.

Termine

Silent Line #noPrimark der BUND-Jugend

Datum: 8.11.2019, 15 bis 17 Uhr / 16.11.2019, 12 bis 14 Uhr

Ort: Innenstadt, Kiel
Adresse: Holstenstraße 37, 24103 Kiel