Strategie und Zukunft der Linkspartei

Heute findet unter dem Titel “Eine starke LINKE ist möglich und wird gebraucht!
Zehn Herausforderungen eines solidarischen Aufbruchs” eine aus meiner Sicht  wichtige Online-Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) zur Zukunft der Linkspartei statt. Ich werds zeitlich auch kaum schaffen, sie live zu schauen, ihr könnt sie aber hier nachschauen: –> LINK

Warum ist die Veranstaltung wichtig?

Die momentane Lage der Linkspartei ist wirklich desaströs, und die Wahlniederlagen sind nur ein Symptom davon. Nachdem Sahra Wagenknecht auf dem Feld Migration rumgemäht hat, ist mit dem internen Sexismus-Skandal der Linkspartei nun auch das Feld Geschlechterverhältnisse betroffen.

Gleichzeitig kommt die Linkspartei mit ihren politischen Forderungen kaum durch in die politische Öffentlichkeit: weder während Corona mit ihrer Kritik der neoliberalen Strukturierung des Gesundheitssektors – nun während des Russland-Ukraine-Krieges mit ihrer friedenspolitischen, anti-militaristischen Position zu Krieg. Gleichzeitig ist die Linkspartei in Berlin, die den Enteignen Volksentscheid massiv unterstützt, in einer untergeordneten Rolle in einer Koalition mit der Berliner SPD, die das Enteignen-Ergebnis ignoriert und kleinarbeitet. Kompliziert alles.   

Es gibt jetzt unterschiedliche interne Versuche innerhalb der Linkspartei, eine Analyse ihrer Krise zu betreiben, um daraus zielorientiert eine neue Strategie zu bestimmen. Ich unterstütze diesen Prozess als Nicht-Parteimitglied ausdrücklich – die APO braucht aus meiner Sicht eine starke Linkspartei, sie muss nur links sein. Und ein fortgesetzter Kollaps der Linkspartei würde aus meiner Sicht zu einem Teil-Kollaps von Bewegungsstrukturen führen, die politische Stützpunkte im Staat bzw. parlamentarischen Betrieb brauchen, um ihre Forderungen adressieren zu können – jedoch ohne ihre Autonomie dabei zu verlieren.

Neue Debatte

Es gibt jetzt zwei Publikationen der RLS, die diesen Strategieprozess gut anstossen: 

A) eine Analyse des Wähler*innenpotentials der Linkspartei von Mario Candeias von Ende Mai kommt u.a. zu folgendem Schluss: “Dass DIE LINKE für mehr Sozialismus eintreten soll, dem stimmen 54 Prozent der potenziellen Wähler*innen zu, und dies quer zu den Einkommensklassen. Vor allem Frauen unterstützen diese Ausrichtung mit 63 Prozent. Je jünger die Befragten sind, desto häufiger stimmen sie dieser Forderung zu (bei den U40: 71 %). Dass DIE LINKE stärker für eine Alternative zum Kapitalismus eintreten soll, dafür sprechen sich Gewerkschafter* innen mit 76 Prozent viel deutlicher aus als Nicht-Gewerkschaftsmitglieder. Bei der Forderung nach mehr Sozialismus ist das Verhältnis 62 zu 53 Prozent.

Fazit: Es ist also durchaus ein stabiles Potenzial für eine sozial-ökologisch ausgerichtete linke Partei mit sozialistischer Perspektive vorhanden, entsprechende Konzepte und Kampagnen vorausgesetzt. Die Ausschöpfung dieses Potenzials gelingt bisher nicht. Damit dies möglich wird, müssen zunächst die parteiinternen Probleme gelöst und die harten internen Auseinandersetzungen befriedet werden. Nur so können Ausstrahlungskraft und Glaubwürdigkeit gemeinsam zurückgewonnen werden.” –> LINK ZUR STUDIE

Daneben gibt es nun B) eine Analyse der Arbeitsgruppe «Zukunft der Partei DIE LINKE» der Rosa-Luxemburg-Stiftung, die 10 Thesen für eine neue Strategie der Linkspartei entwickelt hat. Dazu ist die Veranstaltung heute Abend.

Aus der Ankündigung: “Die Lage der Partei DIE LINKE ist durch einen schreienden Widerspruch geprägt: Sie verfügt über ein starkes Potential von knapp einem Fünftel der Wahlbevölkerung und wird doch immer weniger gewählt. Sie hat in den letzten zehn Jahren 30.000 neue, vornehmlich junge Mitglieder gewonnen und ist trotzdem nicht auf der Höhe der Zeit. Ihre sozialen Forderungen werden breit unterstützt, sie selbst aber nicht. Und dies gerade von denen nicht, die des sozialen Schutzes am meisten bedürfen und für die Gerechtigkeit im Zentrum steht.

Die Suche nach Alternativen zum Kapitalismus ist für mehr als ein Drittel der Bevölkerung wichtig, aber nicht die sozialistische Partei DIE LINKE. Die Partei will «die» LINKE sein, vertrat aber in allen zentralen Fragen der letzten Jahre (Migration, Klima, Corona, Ukrainekrieg) gegensätzliche Positionen. Diese Widersprüche stellen die Existenz der Partei DIE LINKE in Frage. Unübersehbar ist, dass der Aufbau eines strategischen Führungszentrums von Partei und Bundestagsfraktion die nächste und dringlichste Herausforderung ist. Die damit verbundene Aufgabe muss 2022 gelöst werden, wenn die Partei DIE LINKE eine Zukunft haben soll. DIE LINKE wird dringend gebraucht – doch dafür muss sie sich neu begründen.” –> LINK

Ich bin gespannt, wohin dieser Prozess führt.